Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in Schleswig-Holstein
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Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in Schleswig-Holstein
Herausgeber: Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein (LANU) Hamburger Chaussee 25 24220 Flintbek Tel.: 0 43 47 / 704-0 www.lanu.schleswig-holstein.de Ansprechpartnerin: Ismene Mertens, Tel.: 0 43 47 / 704-351 Bei Bedarf sind die Karten 1 bis 3 als PDF- oder Shape-Datei beim LANU erhältlich. in Zusammenarbeit mit dem: NABU Schleswig-Holstein Arbeitsgruppe Fledermausschutz und –forschung (AGF) Färberstraße 51 24534 Neumünster Bearbeitung: Rüdiger Albrecht (LANU) Dr. Wilfried Knief (LANU/Staatliche Vogelschutzwarte Schleswig-Holstein) Ismene Mertens (LANU) Michael Göttsche (AGF) Matthias Göttsche (AGF) Titelfotos (Fotoautor): groß: Nonnengänse vor WEA im Speicherkoog (R. Stecher) links: Der Rotmilan Milvus milvus ist ein Hauptkollisionsopfer an WEA (D. Nill) Mitte: Mit Windenergieanlage kollidierte Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii (A.-K. Mehlhorn) rechts: Großer Abendsegler Nyctalus noctula (H. Matthes) Herstellung: Pirwitz Druck & Design, Kronshagen Dezember 2008 ISBN: 978-3-937937-36-6 Schriftenreihe LANU SH - Natur; 13 Diese Broschüre wurde auf Recyclingpapier hergestellt. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Schleswig- holsteinischen Landesregierung heraus- gegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahl- kampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeit- lichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Partei- nahme der Landesregierung zu Gunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Die Landesregierung im Internet: www.landesregierung.schleswig-holstein.de
Inhalt Vorwort .............................................................................................................................................5 Einleitung ..........................................................................................................................................6 Teil I: Bestehende Regelungen und rechtliche Aspekte 1. Bestehende Regelungen zur Planung von Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein ............................................................................................9 1.1. Regelungen durch Erlasse.....................................................................................9 1.2. Regelungen in der Regionalplanung....................................................................10 2. Artenschutzrecht .................................................................................................13 2.1. Geschützte Arten.................................................................................................13 2.2. Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG.............................................................13 2.2.1. Tötungs- und Verletzungsrisiko ...........................................................................13 2.2.2. Störungsverbot streng geschützter Arten und europäischer Vogelarten ............15 2.2.3. Schutz der Lebensstätten besonders geschützter Arten....................................15 2.3. Privilegierung, Ausnahmen und Befreiungen ......................................................16 2.3.1. Privilegierung für Eingriffe und Bauvorhaben......................................................16 2.3.2. Die Zulassung von Ausnahmen...........................................................................17 2.3.3. Befreiungen .........................................................................................................17 3. Rechtsprechung...................................................................................................17 4. Literatur ...............................................................................................................20 Teil II: Vogelschutz 1. Auswirkung von Windenergieanlagen auf die Vögel ..........................................21 2. Grundsätze zur Vermeidung von Konflikten ........................................................23 3. Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz in Schleswig-Holstein ..........................................................................................23 4. Untersuchungen als Voraussetzung für die Vorhabensentscheidungen .............26 4.1. Erfassung der Avifauna außerhalb von Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz .............................................................................................26 4.2. Erfassung der Avifauna innerhalb von Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz .............................................................................................28 4.2.1. Rastvogelerfassung und Bewertung ...................................................................28 4.2.2. Vogelzug und Wechselbeziehungen zwischen Rastgebieten .............................29 4.3. Regelmäßig zu berücksichtigende Vogelarten ....................................................30 4.3.1. Brutvögel .............................................................................................................31 4.3.2. Brutkolonien von Möwen und Seeschwalben ....................................................37 4.3.3. Gastvögel.............................................................................................................39 5. Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen.........................................................41 5.1. Vermeidungsmaßnahmen ...................................................................................41 5.2. Ausgleichsmaßnahmen .......................................................................................41 6. Anmerkungen zur Kabelanbindung......................................................................42 7. Literatur ...............................................................................................................42 Anhang.................................................................................................................44 3
Teil III: Fledermausschutz 1. Einleitung .............................................................................................................46 2. Grundlagen: Zur Lebensweise einheimischer Fledermäuse und zu möglichen Konflikten mit der Windenergienutzung ............................................49 2.1. Kurzer Abriss zur Lebensweise heimischer Fledermausarten ............................49 2.2. Beschreibung der gegenüber Windenergieanlagen empfindlichen Fledermausarten..................................................................................................51 2.2.1. Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) ............................................................51 2.2.2. Teichfledermaus (Myotis dasycneme).................................................................52 2.2.3. Große Bartfledermaus (Myotis brandtii)..............................................................54 2.2.4. Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) ..............................................................54 2.2.5. Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri) ................................................................56 2.2.6. Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) .......................................................57 2.2.7. Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus)...........................................................58 2.2.8. Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) .........................................................58 2.2.9. Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) .......................................................59 2.2.10. Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) ...........................................................60 2.2.11. Braunes Langohr (Plecotus auritus) ....................................................................61 2.3. Fledermausmigration ...........................................................................................62 3. Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Fledermäuse.................................64 3.1. Kollisionen mit Windenergieanlagen ...................................................................64 3.2. Verlust von Jagdgebieten durch den Betrieb von Windenergieanlagen .............67 3.3. Gondeln von Windenergieanlagen als Falle für Fledermäuse .............................68 3.4. Verlust von Lebensräumen durch bauliche Maßnahmen....................................68 4. Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz in Schleswig-Holstein ..............................................................................................69 4.1. Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz.........................69 4.2. Kriterien für zu erfassende Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz ........................................................................................70 5. Empfehlung einheitlicher Untersuchungsstandards in der Windenergieplanung............................................................................................71 5.1. Untersuchungsstandards.....................................................................................71 5.1.1. Untersuchungsraum ............................................................................................71 5.1.2. Lokalpopulation und Migration ............................................................................71 5.1.3. Untersuchungsdesign..........................................................................................71 5.1.4. Untersuchungsmethodik .....................................................................................72 5.1.5. Begriffsdefinitionen .............................................................................................76 5.2. Bewertung ...........................................................................................................77 6. Literatur ...............................................................................................................78 Anhang.................................................................................................................81 Teil IV: Karten Karte 1: Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz...................................91 Karte 2: Brutplätze von Greif- und Großvögeln sowie Brutkolonien empfindlicher Arten außerhalb von Schutzgebieten ...........................................93 Karte 3: Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz.........................95 4
Vorwort Sehr geehrte Leserinnen und Leser, AG Fledermausschutz- und forschung des nach der Ausweisung von “Eignungsgebieten NABU Schleswig-Holstein einbezogen. Sie hat für Windenergienutzung” in den Regionalplä- ihr Wissen zu Fledermausvorkommen in nen des Landes Schleswig-Holstein schienen Schleswig-Holstein eingebracht und die Emp- die zentralen planerischen und fachlichen Pro- fehlungen für Untersuchungsstandards bei blemstellungen geklärt. Modernisierungs- (Re- Fledermäusen formuliert. powering) und Erweiterungsmaßnahmen be- stehender Windparks haben jedoch neue Wegen der Neuregelung des Artenschutzrech- fachliche Fragestellungen aufgeworfen. Um tes zu Beginn des Jahres 2008 wurden alle diesen naturschutz- wie artenschutzfachlichen Untersuchungsstandards in den maßgeblichen Herausforderungen qualifiziert begegnen zu artenschutzrechtlichen Kontext gestellt. können, hat das Landesamt für Natur und Um- welt in Zusammenarbeit mit dem Landesbe- Die “Empfehlungen zur Berücksichtigung tier- trieb für Küstenschutz, Nationalpark und Mee- ökologischer Belange bei Windenergieplanun- resschutz einen Untersuchungsrahmen für gen in Schleswig-Holstein” sollen die Arbeit Vögel an der (West-)Küste entwickelt. der Gutachter, Planer und Planerinnen, der zu- ständigen Behörden und Fachgremien unter- Nachfolgend wurde der Entwurf eines landes- stützen und verstehen sich als naturschutz- weiten naturschutz- und artenschutzfachlichen und artenschutzfachliche Ergänzung zu den Untersuchungsstandards bei der Planung von Vorgaben der Landesplanung in den Regional- Windenergieanlagen erarbeitet. Dieser berück- plänen und den Windkrafterlassen. sichtigt auch die Anforderungen an Untersu- chungen der Vögel im Binnenland und von Allen Mitwirkenden sei an dieser Stelle aus- Groß- und Greifvögeln insgesamt. Weiterge- drücklich für ihre Mitarbeit, auch für das Be- hende und vertiefende Diskussionen und reitstellen von Fotos und ihre kritische Beglei- Abstimmungen fanden auf Arbeitsebene mit tung gedankt! verschiedenen Naturschutzbehörden der Nord- deutschen Bundesländer und den Vogeschutz- Herzlichst Ihr warten der Bundesländer statt. Wertvolle Dis- kussionspartner waren zudem Dr. Hermann Hötker vom Michael-Otto-Institut im NABU und Bernd Hälterlein vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeres- Wolfgang Vogel schutz. Direktor des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein In Schleswig-Holstein ist auch eine Betroffen- heit von Fledermäusen durch Bau und Betrieb von Windenergieanlagen zu erwarten. In die weitere Bearbeitung wurde daher ebenso die Vorwort 5
Einleitung Die Nutzung regenerativer Energien zum gienutzung. Die Anlagenzahl und die Technik Schutz unserer Umwelt ist ein wichtiges politi- entwickeln sich rasant. Die ältesten Anlagen sches Ziel. Die Windenergienutzung hat sich stammen aus dem Zeitraum 1988 – 1991. Sie unter den erneuerbaren Energieträgern in wurden dort errichtet, wo die Windausnutzung Deutschland am schnellsten entwickelt. Sie am effektivsten war, vor allem in den Kögen zählt zu den wichtigsten Quellen der Stromer- an der Nordsee und auf Fehmarn. Diese Anla- zeugung unter den Trägern regenerativer Ener- gen haben bzw. hatten eine Gesamthöhe von gien. Auch wenn die positive Bedeutung der bis zu 50 m und eine Leistung von weniger als Windenergienutzung für den Klimaschutz au- 300 kW. Mit der Weiterentwicklung der Tech- ßer Frage steht, müssen beim Ausbau der nik nahmen die Höhen und die Rotordurch- Windenergienutzung ökologische Belange, ins- messer der Anlagen zu. Lagen die Rotordurch- besondere der Vogel- und Fledermausschutz, messer 1995 bei 32 bis 48 m, liegen sie heute besondere Beachtung finden. bei 60 bis 90 m, die größten bei 126 m. Die neuen Windkraftanlagen sind häufig über Wegen der windhöffigen Lage ist Schleswig- 100 m hoch, die größten Anlagen zurzeit über Holstein besonders geeignet für die Windener- 180 m. Bei aller noch fol- genden kritischen Sicht in Bezug auf die Tierwelt: sie können auch eine ganz eigene Ästhe- tik entwickeln ... (Foto: B. Hälterlein) 6 Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in S-H
Mitte der 90er Jahre wurde auf der Basis von wig-Holstein 2.740 Windkraftanlagen mit einer Kreiskonzepten die Windenergienutzung in Gesamtleistung von 2.274 MW und Ende Schleswig-Holstein erstmalig landesplanerisch 2006 2.717 Windkraftanlagen mit einer Ge- geregelt. Bis dahin waren bereits ca. 1.000 samtleistung von 2.391 MW installiert (DEWI Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 315 2005 und 2006). MW installiert (1995). Zu dieser Zeit hatte die Landesregierung laut Energiekonzept das Ziel Die Landesplanung lenkt durch ihre Regional- angestrebt, 25% des Strombedarfs bis 2010 planung die Windkraftplanung. Bei der Aus- aus Windenergie zu decken. Danach hätten wahl der „Eignungsgebiete für Windenergie- bis 2010 ca. 2.000 Windenergieanlagen mit ei- nutzung“ spielte Mitte der 90er Jahre auch ner Nennleistung von insgesamt 1.200 MW die Frage nach den ökologischen Auswirkun- gebaut werden müssen. Dieses Ziel wurde gen, insbesondere im Hinblick auf den Vogel- bereits Ende 2001 überschritten; 2.305 Anla- schutz, eine Rolle. In Abhängigkeit von der gen produzierten damals bereits ca. 1.343 Windhöffigkeit wurde insgesamt knapp 1% MW. Das neue Ziel ist nun, 50 % des schles- der Landesfläche als solche Eignungsgebiete wig-holsteinischen Strombedarfs - sowohl ausgewiesen. Die Ausweisung erfolgte unter onshore als auch offshore - aus Windenergie der Annahme damaliger Anlagengrößen. zu decken. Bis Ende 2005 waren in Schles- Anzahl der Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein Installierte Windenergieleistung in Schleswig-Holstein 3000 3000 2500 2500 2000 2000 Megawatt Anzahl 1500 1500 1000 1000 500 500 0 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 (Juni '08) (Juni '08) Zeitachse (Jahr) Zeitachse (Jahr) Entwicklung der Anlagenleistung in Schleswig-Holstein 1200 1000 800 Anzahl 600 400 200 0 1 - 80 >80 - 200 >200 - 400 >400 - 750 >750 - 1499 1500 - 3100 >3100 Leistungsklassen (kW) 1996 2002 2007 Abbildung 1-3: Entwicklung von Zahl und Gesamtleistung der Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein seit 1996 (Quelle: Deutsches Windenergie-Institut DEWI GmbH) Einleitung 7
Windenergieanla- gen, wie sie die meisten von uns sicher noch nicht gesehen haben ... (Foto: B. Hälterlein) Die vorhandenen Anlagen außerhalb der aus- empfindlichkeit bzw. ihre Gefährdung vorliegen gewiesenen Eignungsräume haben baurechtli- und populationsökologische Untersuchungen chen Bestandsschutz. Dieser beinhaltet auch zur Beurteilung der Eingriffswirkung nach wie eine Instandhaltung der Anlagen. Nicht ge- vor fehlen, haben einige Empfehlungen vorsor- deckt durch den Bestandsschutz ist der Aus- georientierten Charakter. tausch konstruktiver Teile oder ein Ersatzbau. So stellt sich bei einem beabsichtigten Repo- Umfangreiche Ausschlussgebiete und -kriterien wering regelmäßig die Frage, wie lange die werden bereits verbal-argumentativ in den ak- Altanlagen im Rahmen des Bestandsschutzes tuellen Regionalplänen beschrieben (Regional- noch (wirtschaftlich) weiterbetrieben werden planung, Kapitel 1.2.). Dabei bleiben einige Vo- könnten. gelschutzbelange in den Raumordnungsplänen recht unbestimmt, wie beispielsweise „größe- Die größte Anzahl der Windenergieanlagen re, regelmäßig aufgesuchte Nahrungs- und (WEA) befindet sich heute in den Westküsten- Rastflächen sowie zugeordnete Flugfelder“ kreisen und im Kreis Schleswig-Flensburg. Da- und „Flugkorridore“. Sie werden in den nach- runter befinden sich noch viele kleine alte folgenden Empfehlungen konkretisiert. Die WEA. Die Betreiber streben zunehmend an, Auswirkungen der Windenergienutzung auf die diese durch große leistungsstärkere Anlagen Fledermäuse waren zum Zeitpunkt der Festle- zu ersetzen. Ein Repowering wird nicht nur für gung der Eignungsgebiete nicht bekannt, so Anlagen in Eignungsgebieten für Windenergie- dass sie dort nicht speziell berücksichtigt wur- nutzung angestrebt, sondern auch außerhalb den. Indirekt wurde diese Artengruppe aller- dieser. Unter bestimmten landesplanerischen dings durch den Ausschluss bestimmter Bioto- Voraussetzungen ist ein Repowering an diesen pe für die Windenergienutzung (z.B. Wald) Standorten zulässig. In den Kreisen Dithmar- zumindest teilweise berücksichtigt. Wegen der schen, Nordfriesland und Schleswig-Flensburg besonderen Empfindlichkeit und der besonde- liegen etwa ein Drittel aller Windenergieanla- ren Schutzbedürftigkeit der streng geschützten gen außerhalb der ausgewiesenen Eignungs- Fledermäuse wird in Teil III der Empfehlungen flächen für Windenergie. auf ihren Schutz besonders eingegangen. Damit bei der Ausweisung neuer Standorte für Zusammenfassend sind die Ziele der die Windenergienutzung und bei zukünftigen Empfehlungen: Repoweringvorhaben die Belange des Vogel- • das derzeitige Wissen darzustellen, und Fledermausschutzes, auch im Hinblick auf • bedeutende Vogel- und Fledermauslebens- das besondere europäische Artenschutzrecht, räume, in denen Konflikte zwischen Win- berücksichtigt werden können, werden in den denenergienutzung und Artenschutz mög- hier vorgelegten Empfehlungen die bedeuten- lich sind, zu beschreiben und - soweit den Lebensräume für Vögel und Fledermäuse möglich - kartografisch darzustellen sowie beschrieben und dargestellt. Da nicht für alle • Handlungsempfehlungen zum planerischen Arten gesicherte Erkenntnisse über ihre Stör- Umgang aufzuzeigen. 8 Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in S-H
Teil I: Bestehende Regelungen und rechtliche Aspekte 1. Bestehende Regelungen zur Planung von • Bei Windenergieanlagen mit mehr als Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein 100 m Gesamthöhe sind Mindestabstände von der vierfachen Anlagenhöhe minus 200 m einzuhalten von: 1.1. Regelungen durch Erlasse – Nationalparks, Naturschutzgebieten In den „Grundsätzen zur Planung von (auch geplante, soweit die Gebiete Windenergieanlagen“ (Gemeinsamer Rund- einstweilig sichergestellt sind, in Land- erlass des Innenministers, des Ministers für schaftsrahmenplänen ausgewiesen sind Finanzen und Energie, der Ministerin für Na- und/oder ein Verfahren nach § 53 tur und Umwelt und der Ministerpräsidentin LNatSchG alt eingeleitet ist) oder vom 4. Juli 1995) ist festgelegt: – sonstigen Schutzgebieten (u.a. nach • dass die Errichtung von Windenergieanla- Ramsar-Konvention, NATURA 2000-Ge- gen ausgeschlossen ist in: biete) und – Nationalparks, bestehenden und – besonders schutzwürdigen Wasserflä- geplanten Naturschutzgebieten, ge- chen und Strandwällen/Küstendünen. setzlich geschützten Biotopen, ge- schützten flächenhaften Landschafts- • An Gewässern 1. Ordnung und Gewässern bestandteilen oder vergleichbaren mit Erholungsschutzstreifen ist ein Ab- Schutzgebieten (Artenschutzgebiete1, stand von einfacher Anlagenhöhe minus EU-Vogelschutzgebiete u.a.) sowie in 50 m einzuhalten. sonstigen vorrangigen Flächen, soweit diese in bestehenden Landschafts- • Im Kapitel „Höhenbeschränkung auf Grund oder Landschaftsrahmenplänen darge- des regionalen und überregionalen Vogel- stellt sind. Ein Abstand von mindes- zugs“ des Erlasses von 2003 wird ausge- tens 200 m ist einzuhalten. führt: – „Viele Zugvögel und heimische Vogelar- • dass folgende Bereiche von Windenergie- ten bevorzugen Flughöhen zwischen anlagen freigehalten werden sollen: 100 und 150 m. In den Bereichen von – die Halligen und die Geestteile der In- Meer-Land-Übergängen sind darüber hi- seln Amrum, Föhr und Sylt sowie Vor- naus Vertikalbewegungen beim Vogel- deichflächen aller Art, zug durch Steig- und/oder Sinkflüge zu – Landschaftsschutzgebiete (in der Re- beobachten.“ gel) sowie – Nach einem im Auftrag des Landesam- – größere, regelmäßig aufgesuchte be- tes für Natur und Umwelt erstellten vorzugte Nahrungs- und Rastflächen Gutachten (KOOP 2002) ziehen über sowie zugeordnete Vogelflugfelder. Schleswig-Holstein sowohl auf dem Herbstzug als auch auf dem Frühjahrs- In dem Gemeinsamen Runderlass des In- zug etwa 500 Millionen Land- und Was- nenministeriums, des Ministeriums für Um- servögel hinweg: „Hauptzugwege ver- welt, Naturschutz und Landwirtschaft und laufen über Fehmarn/Wagrien und über des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und die Eckernförder Bucht/Schlei zum Verkehr vom 25. November 2003 über nordfriesischen Wattenmeer sowie ein „Grundsätze zur Planung von Windenergiean- deutlich kleinerer Teil über die Lübecker lagen“ (Ergänzung des Gemeinsamen Rund- Bucht Richtung Unterelbe/Dithmarscher erlasses vom 4. Juli 1995) wurden die folgen- Bucht. Im Einzelnen wird auf die Ergeb- den einschlägigen Ergänzungen nisse des Gutachtens verwiesen.“ aufgenommen: – In einer Liste sind die Eignungsgebiete • Mit dem Ziel der Minimierung von Beein- aufgeführt, die im Bereich der Haupt- trächtigungen des Naturhaushaltes und zugwege liegen. In diesen Gebieten soll des Landschaftsbildes sind gegenüber be- bei der Errichtung von Windenergieanla- sonders schutzwürdigen Gebieten grund- gen mit einer Gesamthöhe über 100 m sätzlich Mindestabstände einzuhalten. eine vertiefende Beschreibung und Be- wertung des Vogelzuges erfolgen. 1 Artenschutzgebiete sind mit Artikel 6 zum Landesnaturschutzgesetz vom 6.3.2007 aufgehoben worden. Teil I: Bestehende Regelungen und rechtliche Aspekte 9
Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer mit den angrenzenden Küstengebieten ist eines der herausragenden Schutzgebie- te in Schleswig-Holstein (Foto: B. Hälterlein) 1.2. Regelungen in der Regionalplanung • die Ost- und Nordsee (aber: Option auf Off- Windparks sollen in Räumen mit geringem shore), Konfliktpotential konzentriert werden. Dazu • Europäische Vogelschutzgebiete und FFH- wurden in den Regionalplänen „Eignungsge- Gebiete, bestehende Naturschutz-, Land- biete für Windenergienutzung“ ausgewiesen. schaftsschutz- und Artenschutzgebiete2, Grundsätzlich stimmt die Errichtung von Wind- geschützte Landschaftsbestandteile, energieanlagen in den Eignungsgebieten mit • geplante Naturschutzgebiete, soweit sie in den Zielen der Raumordnung und Landespla- Landschaftsplänen und Landschaftsrah- nung überein. Die Windenergienutzung ist menplänen dargestellt sind, einstweilig si- kleinräumig in den Eignungsgebieten über die chergestellt und/oder ein Ausweisungsver- Bauleitplanung zu steuern. fahren eingeleitet worden ist, • gesetzlich geschützte Biotope, Außerhalb der Eignungsgebiete dürfen keine • Vordeichflächen aller Art, Windkraftanlagen errichtet werden. Aus- • vorrangige Flächen für den Naturschutz, nahmsweise sind dort unter bestimmten Vo- soweit sie in Landschaftsplänen und Land- raussetzungen Repoweringmaßnahmen zuläs- schaftsrahmenplänen dargestellt sind, sig. Allerdings nicht in Gebieten, die in der • alle nordfriesischen Inseln, Halligen und Regionalplanung als besonders zu schützende Vorlandflächen bzw. Vordeichflächen, Gebiete und als „charakteristische Land- • die Elbe, Pufferzone von ca. 1.000 m ab schaftsräume“ ausdrücklich frei von Wind- Elbdeich-Binnenfuß gemessen, Pufferzone energienutzung bleiben sollen. entlang des Elbe-Lübeck-Kanals (Kreise Hzgt. Lauenburg, Stormarn, Pinneberg und Als Ausschlussgebiete zum Schutz der Natur- Steinburg), schutz- und Erholungsbelange werden insbe- • die gesamte Deichlinie entlang der Elbe sondere genannt: und Nordseeküste einschließlich eines • der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches 500 m breiten Streifens binnendeichs so- Wattenmeer, wie der historische Mündungstrichter der 2 Artenschutzgebiete sind mit Artikel 6 zum Landesnaturschutzgesetz vom 6.3.2007 aufgehoben worden. 10 Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in S-H
Eider als wesentliche Leitstrukturen für nen, wie ehemalige Nehrungshaken, Über- den großräumigen internationalen Vogelzug gangsbereiche Marsch/Geest bzw. Niede- (Kreis Dithmarschen). Zugehörig sind ent- rung/Geest, das Schalkholzer Zungenbe- sprechende Rast- und Ausweichgebiete zu cken, der Riesewohld und das Gieselautal bewerten, gerade auch bei Schlechtwetter- auch aufgrund reichhaltiger faunistischer lagen sowie Vogelflugkorridore zwischen Ausstattung (Kreis Dithmarschen), Rast- und Nahrungsgebieten, wie z.B.: • die naturräumlich reich strukturierte Dith- – Friedrichkoogspitze (bis ca. 300 m öst- marscher Geest, da sie über einen verhält- lich der K 17), nismäßig hohen Bestand und eine relativ – Flugkorridor zwischen Neufelder Watt große Vielfalt an vom Aussterben bedroh- und Kudensee-Niederung westlich und ten Vogelarten verfügt (Ausnahme: ein klei- nördlich um den Brunsbütteler Raum, ner Eignungsraum bei Hennstedt und Sü- – Bereich innerhalb und östlich des Spei- derhastedt), cherkoogs Dithmarschen in Verbindung • im Raum Wesselburen und Marne die ver- mit den benachbarten Niederungsgebie- bleibenden großräumigen Durchzugsmög- ten (Miele und Windbergener Niede- lichkeiten zwischen den bestehenden Eig- rung), nungsgebieten für Windenergienutzung – Flugkorridor entlang des Mündungs- (Kreis Dithmarschen), trichters der Eider bis in die Niede- • die Kollmarer Marsch und das LSG „Kö- rungsbereiche der Eider-Treene-Sorge- nigsmoor“ im Kreis Steinburg, Niederung, • die größeren, regelmäßig aufgesuchten, • die Niederungsgebiete und Flussauen, vor bevorzugten Nahrungs- und Rastflächen allem aus Gründen des Wiesenvogelschut- sowie die zugeordneten Flugfelder und zes von der Eider-Treene-Sorge-Niederung • die Schwerpunkträume für Erholung (Pla- bis zur Burger-/Kudener Niederung, nungsraum I) und die regionalplanerisch • die Bereiche mit besonderen landschafts- festgelegten Räume für Tourismus und Er- prägenden geomorphologischen Formatio- holung. In EU-Vogelschutz- gebieten ist die Nutzung von Wind- energie nicht zuläs- sig. Im Umge- bungsbereich ist zu prüfen, ob eine Windenergienut- zung mit den Be- langen empfindli- cher Vögel vereinbar ist (Foto: R. Stecher) Teil I: Bestehende Regelungen und rechtliche Aspekte 11
Folgende charakteristische Landschaftsräu- Landschaftsraum zwischen Linau, Rodau me sind neben den Naturparks von Wind- und dem Goldebeker Mühlenstrom (südlich energieanlagen freizuhalten: Hörup), entlang der eiszeitlichen Abflusstä- • Im Planungsraum I: Die Krückau-Niede- ler von Meynau, Wallsbek und Schafflun- rung mit Pufferzonen, die Talauen von Tra- der Mühlenstrom, Hattstedter Marsch mit ve, Bille und Oberalster, Moore und ihre Arlau-Niederung, Treene zwischen Treia Umgebungsbereiche, großräumige Wie- und Großsolt, Bollingstedter Au zwischen sen- und Weidelandschaften im Bereich Sollerup und Havetoftloit; Arenholzer See- von Mooren, Seen, Fluss- und Bachland- Langsee-Rabenkirchen (entlang der Well- schaften und Räume mit hohem Vielfältig- spanger Au); Halbinsel Eiderstedt, Süder- keitswert. marsch, Eider-Treene-Sorge-Niederung. • Im Planungsraum II: Der Landschaftsraum Oldenburger Graben, die nördliche Seenie- Folgende Ausnahmen werden außerhalb von derung auf Fehmarn und das Tal der Eignungsgebieten für die Errichtung neuer Schwartau (bis zur Lübecker Stadtgrenze). oder die Erweiterung bestehender Windparks • Im Planungsraum III: Die Halbinsel genannt: Schwansen, der Küstenraum von Eckern- • Im Planungsraum I einzelne Anlagen auf förde bis Hohwacht mit einer Pufferzone Helgoland und in der Stadt Oldesloe und von ca. 3 – 4 km, die Eider-Treene-Sorge- der Gemeinde Brande-Hörnerkirchen, Niederung, der Nord-Ostsee-Kanal mit ei- • im Planungsraum II auf Fehmarn und in ner beidseitigen Pufferzone von ca. 1.000 Lübeck-Herrenwyk, m einschließlich des Eiderraums zwischen • im Planungsraum III in der Gemeinde Rendsburg und Nordfriesland. Schwedeneck, • Im Planungsraum IV: Die Landschaftsräu- • im Planungsraum IV im Bereich der be- me Holstenau, Vaaler Moor mit Großem stehenden Windparks in der Gemeinde Moor und Buchholzer Moor (von Ecklack Wesselburener Koog und in der Gemeinde bis Äbtissinnenwisch) und Breitenburger Neuendorf-Sachsenbande bei Wilster so- Moor sowie der durch Waldparzellen und wie auf dem Gelände des Kernkraftwerkes dichtes Knicknetz geprägte Raum zwi- Brunsbüttel und schen der Gemeinde Wacken und A 23 so- • im Planungsraum V auf Pellworm, Nord- wie Störniederung und Krückauniederung strand, Eiderstedt und in Ahrenshöft. mit Marschpufferzonen. • Im Planungsraum V: Gebiete der Wieding- Darüber hinaus ist in allen Planungsräumen harde mit Gotteskoogsee und Wiedau-Nie- das Repowering in vorhandenen Windparks derung / Schmale, Küstenraum nördlich der unter den nachfolgend genannten Vorrausset- B 199 bis zur Staatsgrenze in der Flensbur- zungen möglich; regional kann es noch ge- ger Innen- und Außenförde, Küstenraum sonderte Kriterien geben, die hier nicht aufge- zwischen der Luftlinie Steinbergkirche-Kap- führt sind: peln und der Ostsee, nördlicher und südli- • Die Windparks müssen insbesondere au- cher Förderaum der Schlei (nördlich: von ßerhalb der Ausschlussgebiete und der Schleswig bis Schaalby entlang der B 201, charakteristischen Eignungsräume liegen, bis zur Trasse der ehemaligen Kreisbahn • sie dürfen das Orts- und Landschaftsbild zwischen Schaalby und Süderbrarup, süd- nicht mehr als bisher beeinträchtigen und lich: entlang der Kreisgrenze bei Kappeln • die Anschlussleistung von Windparks darf und südlich Schleswigs bis zur A 7); Hau- nicht wesentlich, d.h. um maximal 50 % ke-Haien-Koog, Langenhorner und Störte- erhöht werden.3 werker Koog, Niederung der Soholmer Au, 3 „Im Entwurf des Landesentwicklungsplanes, der sich zurzeit im Anhörverfahren befindet, ist vorgesehen, dieses Kriterium zukünftig fortfallen zu lassen.“ 12 Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in S-H
Durch Windener- gieanlagen zersie- delte Landschaft (Foto: B. Hälterlein) 2. Artenschutzrecht 2.2. Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG Bei der Planung von Windenergieanlagen muss bedacht werden, dass die Tierarten, die durch den Bau und den Betrieb von Windkraft- 2.2.1. Tötungs- und Verletzungsrisiko anlagen grundsätzlich betroffen sein können, Gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es nicht nur der naturschutzrechtlichen Eingriffs- (u.a.) untersagt, wild lebenden Tieren der be- regelung unterliegen, sondern auch den arten- sonders geschützten Arten nachzustellen, sie schutzrechtlichen Regelungen. Letztere sind zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Ent- sehr komplex, nationale und europarechtliche wicklungsformen der Natur zu entnehmen. Regelungen sind zu beachten. In den neueren Bei der Prüfung des Verbotstatbestandes Entscheidungen des europäischen Gerichtsho- bleibt die Bewahrung des Erhaltungszustan- fes vom 10.1.2006 (Rs. C-98/03) und des Bun- des der betroffenen bzw. der lokalen Populati- desverwaltungsgerichts vom 16.3.2006 (4 A on außer Betracht, allein der Individuenan- 1075.04) und vom 21.6.2006 (9 A 28.05) wur- satz ist von Belang. Die Prüfung des den Konflikte zwischen dem nationalen und Erhaltungszustands ist erst im Rahmen einer europäischen Artenschutz aufgezeigt. Um die Ausnahme (§ 43 Abs. 8 BNatSchG) relevant. sich daraus ergebenden Vollzugsprobleme Das Tötungs- und Verletzungsverbot ist so- rechtssicher zu beheben, ist im Dezember wohl in der Bauphase als auch in der Betriebs- 2007 das Bundesnaturschutzgesetz novelliert phase von Windenergieanlagen zu berücksich- worden. tigen. Während der Bauphase bietet es sich an, durch die zeitliche Steuerung der Bau- maßnahme die Verletzung und Tötung von 2.1. Geschützte Arten Tieren auszuschließen (außerhalb der Brutzeit Sowohl die Artengruppe der Fledermäuse wie relevanter Vogelarten, z.B. bodenbrütender Ar- auch die der Vögel, die grundsätzlich durch die ten). Während der Betriebsphase ist das Tö- Nutzung der Windenergie betroffen sein kön- tungs- und Verletzungsverbot vor allem zu prü- nen, fallen unter das besondere nationale und fen, wenn Windenergieanlagen in wertvollen europäische Artenschutzrecht. Nach § 10 Abs. Vogel- und/oder Fledermauslebensräumen er- 2 Nr. 10 b) aa) BNatSchG sind alle 15 in richtet werden sollen, in denen ein erhöhtes Schleswig-Holstein vorkommenden Fleder- Schlagrisiko besteht. Überschreitet das Tö- mausarten besonders geschützte und gleich- tungsrisiko geschützter Individuen das „all- zeitig gem. § 10 Abs. 2 Nr. 11 b) BNatSchG gemeine Lebensrisiko“, liegt ein Konflikt streng geschützte Arten. Alle heimischen eu- mit der Verbotsnorm vor. Anzunehmen ist ropäischen Vogelarten sind gem. § 10 Abs. 2 dies beispielsweise dort, wo sich das Tötungs- Nr. 10 b) bb) BNatSchG besonders geschützte risiko aufgrund bedeutender Wanderwege, tra- Arten. Einige Vogelarten sind darüber hinaus ditioneller Flugwege oder bedeutender Vor- auch gem. § 10 Abs. 2 Nr. 11 BNatSchG kommen empfindlicher Arten (signifikant) streng geschützte Arten. erhöhen kann. Teil I: Bestehende Regelungen und rechtliche Aspekte 13
Besonders geschützte Arten nach dem europäischen Artenschutzrecht sind der Seeadler (Haliaeëtus albicilla) und die Teichfledermaus (Myotis dasycneme, Fotos: D. Nill) 14 Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in S-H
Das betriebsbedingte Tötungs- oder Verletzungs- • Ruhestätten sind alle jene Orte, an denen risiko kann durch die Wahl eines weniger risi- sich Tiere ohne größere Fortbewegung auf- koreichen Standortes vermieden werden. Eine halten, die als Ruhe- und / oder Schlafplatz Verminderung oder Vermeidung des Tötungs- regelmäßig und örtlich begrenzt genutzt wer- und Verletzungsrisikos kann gegebenenfalls den. Hierzu gehören beispielsweise traditio- durch technische Maßnahmen am Bauwerk, z.B. nelle Kranichschlafplätze, Schlafbaum des durch Festlegen von Abstellzeiten bei bestimm- Rotmilans, Feldgehölze oder Schilfbereiche, ten Windgeschwindigkeiten, in denen ein ver- in denen sich Vögel allabendlich sammeln mehrtes Vorkommen von Fledermäusen erwar- oder Winterquartiere von Fledermäusen. tet werden kann, erreicht werden. Maßnahmen, Nahrungsgebiete beispielsweise von rasten- die noch nicht sicher die Gewähr bieten, dass sie den Kiebitzen und Goldregenpfeifern fallen tatsächlich zur Vermeidung führen, sind durch nicht unter den Schutz (s.o.). Gebiete, die ein entsprechendes Monitoring zu begleiten. In diese Arten regelmäßig zur Ruhe und Gebor- der Genehmigung ist durch Beifügung eines Wi- genheit (z.B. zum Putzen) aufsuchen, können derrufsvorbehalts zu gewährleisten, dass die allerdings als Ruhestätten erachtet werden. Genehmigung entschädigungslos aufgehoben Ebenfalls Ruhestätten sind Orte, an die sich werden kann, wenn sich im Rahmen des Moni- Tiere bei Gefahr oder bei Bedrohung zurück- torings herausstellen sollte, dass die Vermei- ziehen. Hierzu dürften Hochwasserrastplätze dungsmaßnahmen nicht erfolgreich sind und der Limikolen zählen. weder eine Privilegierung nach § 42 Abs. 5 BNatSchG noch eine Ausnahme nach § 43 Abs. Der Schutz der Lebensstätten gilt auch für die 8 BNatSchG möglich ist (Kapitel 2.3). Zeit, in der die Teilhabitate gerade nicht genutzt werden. Voraussetzung ist, dass sie regelmäßig genutzt werden, wie z.B. Nistbäume der Rotmi- 2.2.2. Störungsverbot streng geschützter lane. Der Schutz endet dann, wenn sie ihre Arten und europäischer Vogelarten Funktionalität endgültig verlieren. Nester von § 42 Abs.1 Nr. 2 BNatSchG verbietet, streng ge- Arten, die nur eine Brutperiode genutzt werden, schützte Arten und europäische Vogelarten wäh- sind nach Aufgabe artenschutzrechtlich nicht rend der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, mehr relevant. Nur wenn alle Bruthabitate eines Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheb- Brutreviers außerhalb der Brutzeit beseitigt wer- lich zu stören. Eine erhebliche Störung liegt vor, den, so dass ein Ausweichen in die Umgebung wenn sich durch die Störung der Erhaltungszu- unmöglich ist (z.B. Vernichtung aller Hecken und stand der „lokalen Population“ einer Art ver- Gebüsche), ist dies mit dem Verbot nach § 42 schlechtert. Die Schwelle, ab der es zu einer re- Abs.1 Nr. 3 BNatSchG unvereinbar. levanten Störung kommt, ist schwierig zu benennen und kann nur artspezifisch und im Ein- Verboten ist die Zerstörung von Lebensstätten, zelfall beurteilt werden. Für Rastvögel wird eine d.h. die vollständige Vernichtung. Beim Bau Störung außerhalb der Gebiete mit besonderer von Windenergieanlagen würde dies zum Tragen Bedeutung für den Vogelschutz einschließlich kommen, wenn Nester/Gelege während der der Prüfbereiche im Umfeld der Gebiete in der Brut- und Aufzuchtzeit vernichtet werden. Verbo- Regel nicht auftreten. Nur bei Kranichen sowie ten ist auch die Beschädigung, d.h. eine minder Zwerg- und Singschwänen kann derzeit eine Stö- schwere Einwirkung, die eine Beeinträchtigung rung im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden. der ökologischen Funktionalität herbeiführt. Eine Verlärmung kann eine Lebensstätte so verän- dern, dass sie nicht mehr in dem früheren Um- 2.2.3. Schutz der Lebensstätten besonders fang als Brutplatz genutzt wird (z.B. Vertreibung geschützter Arten des Wachtelkönigs). Ebenso kann ein Windpark Nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verbo- so auf eine bedeutende Lebensstätte einwirken, ten, Fortpflanzungs- und Ruhestätten (Lebens- dass sie nicht mehr oder nicht mehr im vorheri- stätten) zu beschädigen oder zu zerstören. Le- gen Umfang als Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätte bensstätten im artenschutzrechtlichen Kontext genutzt werden kann. In Folge könnte es bei- sind bestimmte räumlich begrenzte Teilhabitate spielsweise zur Aufgabe von Horst- oder Brut- einer Tierart (GELLERMANN et al. 2007). Nahrungs- plätzen, Schlaf- oder Hochwasserrastplätzen räume zählen nicht dazu, es sei denn, dass die kommen. Eine Veränderung, die zu keiner Ver- Beeinträchtigung der Nahrungsstätte negative schlechterung führt, ist keine Beschädigung. Auswirkungen auf die o.a. Nutzung der Teilhabi- tate hätte. Als einzige Vermeidungsstrategie zum Schutz der Lebensstätten ist die Verlegung des Standor- Zu betrachten sind folgende Lebensstätten: tes der Anlage möglich. Hier empfiehlt das • Fortpflanzungsstätten dienen der Fortpflan- LANU, die in Teil II und III vorgeschlagenen Ab- zung, wie beispielsweise Nester, Baumhöh- stände zu Lebensstätten empfindlicher Arten len und Nistkästen einschließlich eines be- einzuhalten. grenzten räumlichen Umgebungsbereiches. Teil I: Bestehende Regelungen und rechtliche Aspekte 15
Bei neuen Vorhaben ist zu prüfen, in welchem Maße der Anlagenbetrieb zu Konflikten führen kann (Foto: R. Stecher) 2.3. Privilegierung, Ausnahmen und Da Windenergieanlagen häufig die unter a) ge- Befreiungen nannten Voraussetzungen erfüllen dürften, wird es oft entscheidend darauf ankommen, ob die ökologische Funktion der betroffenen 2.3.1. Privilegierung für Eingriffe und Fortpflanzungs- oder Ruhestätte weiterhin er- Bauvorhaben füllt wird. § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG lässt Der im Zuge der Novellierung des BNatSchG die Festsetzung vorgezogener Ausgleichs- im Dezember 2007 neu eingeführte § 42 Abs. maßnahmen zu, wenn diese zur Wahrung 5 BNatSchG erklärt für Beeinträchtigungen der ökologischen Funktion geeignet und er- europäischer Vogelarten sowie im Anhang IV a forderlich sind. Dabei kann es sich z.B. um die der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführter Tierar- Errichtung von Ersatzquartieren für betroffene ten (u.a. Fledermäuse) die Verbote des § 42 Tierarten handeln. Da hierzu keine allgemein- Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG für nicht gültigen Aussagen getroffen werden können, einschlägig, sofern muss dies im Einzelfall entschieden werden. a) diese als Folge eines nach § 19 zulässigen Eingriffs in Natur und Landschaft oder ei- Ein Freistellen vom Störungs- und Tötungsver- nes nach den Vorschriften des Baugesetz- bot nach § 42 Abs. 5 BNatSchG ist nicht anzu- buchs zulässigen Vorhabens im Sinne des wenden für Tiere, deren Fortpflanzungs- und § 21 Abs. 2 Satz 1 auftreten und Ruhestätten nicht im Wirkbereich des Vorha- b) die ökologische Funktion der von dem Ein- bens liegen. Es gibt also keine Privilegie- griff oder Vorhaben betroffenen Fortpflan- rung für Tiere auf dem Zug oder während zungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zu- der Rastzeit. Soweit das Tötungsrisiko das sammenhang weiterhin erfüllt wird. „allgemeine Lebensrisiko“ überschreitet (Kapi- tel 2.2.1), ist die Zulassung des Vorhabens nur aufgrund einer Ausnahme gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG möglich. 16 Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in S-H
2.3.2. Die Zulassung von Ausnahmen Urteil des VG Stuttgart vom 3.5.2005 Liegen die Voraussetzungen einer Privilegie- Aktenzeichen 13 K 5609/03 rung nicht vor, kommt grundsätzlich die Zulas- Nach einem Urteil des VG Stuttgart kann der sung einer Ausnahme in Betracht. Gemäß Vogelschutz als öffentlicher Belang einer § 43 Abs. 8 BNatSchG kann die zuständige Windkraftanlage sogar dann entgegenstehen, Naturschutzbehörde (das LANU) Ausnahmen wenn das Gebiet nicht als EG-Vogelschutzge- von den Verboten des § 42 BNatSchG zulas- biet gemeldet wurde oder ein so genanntes sen faktisches Vogelschutzgebiet darstellt. Im Ein- a) u.a. aus zwingenden Gründen des überwie- zelnen: genden öffentlichen Interesses einschließ- lich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Das VG entschied, es bestehe kein Anspruch Art, auf Erteilung eines Bauvorbescheides für die b) wenn zumutbare Alternativen nicht gege- Errichtung von zwei Windenergieanlagen (Ge- ben sind und sich der Erhaltungszustand samthöhe 120 m), weil dem Vorhaben ein öf- der Populationen einer Art nicht ver- fentlicher Belang gemäß § 35 Abs 3 Satz 1 Nr. schlechtert, soweit nicht europäisches 5 BauGB entgegenstehen würde – in diesem Recht entgegensteht. Fall die Beeinträchtigung von Schwarz- und Rotmilanen und ihrer Rast- und Nahrungsplät- Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss im ze. Der öffentliche Belang des Vogelschutzes Einzelfall entschieden werden. Zwingende als Unterfall des Naturschutzes stehe hier ent- Gründe des überwiegenden öffentlichen Inte- gegen. Dabei geht das Gericht nicht davon resses liegen nur vor, wenn die Errichtung der aus, dass der Belang des Vogelschutzes erst Anlage am vorgesehenen Standort im öffentli- dann einem privilegierten Vorhaben entgegen- chen Interesse liegt und dieses Interesse stehe, wenn der betroffene Lebensraum als ebenso gewichtig ist wie z.B. das Interesse an faktisches Vogelschutzgebiet i.S.d. Vogel- der Gesundheit der Menschen oder die öffent- schutzrichtlinie zu qualifizieren ist. So eine liche Sicherheit. enge Interpretation des § 35 Abs 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB würde im Widerspruch zu den Zielen und Zwecken der Vogelschutzrichtlinie stehen 2.3.3. Befreiungen (vgl. insb. Art. 3 VGRL). Andererseits kann ei- Eine Befreiung gem. § 62 BNatSchG von den nem privilegierten Vorhaben aber auch nicht artenschutzrechtlichen Verboten kann nur in jegliches Vorkommen geschützter Vogelarten besonderen Härtefällen gewährt werden. Für erfolgreich entgegengehalten werden. Die Fra- den Bau und den Betrieb von Windenergiean- ge des Entgegenstehens ist einer generalisier- lagen wird die andere Voraussetzung - eine ten Betrachtung nicht zugänglich. Sie muss in unzumutbare Belastung im Einzelfall - nicht jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der begründbar sein. konkreten Umstände beantwortet werden. Es ist zu prüfen, ob das geplante Vorhaben an dem vorgesehenen Standort mit dem Belang 3. Rechtsprechung des Vogelschutzes kollidiert. In die Abwägung Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die ist sowohl die Privilegierung mit dem gebote- gerichtlichen Entscheidungen zum Themen- nen Gewicht einzustellen, als auch der berühr- komplex „Berücksichtigung der faunistischen te öffentliche Belang entsprechend seiner Belange bei der Windenergieplanung“. Eine allgemeinen Bedeutung und konkreten Beein- jeweils kurze Zusammenfassung weist auf die trächtigung zu gewichten. Bei der Gewichtung wesentlichen Aspekte der Urteile im Hinblick des Vogelschutzbelanges sind im Rahmen der auf die Berücksichtigung der relevanten Fauna Abwägung in erster Linie die Schutzwürdigkeit hin. der betroffenen Vogelart und des betroffenen Raumes sowie die Intensität und die Auswir- kung des Eingriffs zu berücksichtigen. Je Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom schutzwürdiger die betroffene Art und deren 16.3.2006 Aktenzeichen 1 A 10884/05.OVG durch das Vorhaben beeinträchtigter Lebens- Das Oberverwaltungsgericht bestätigt das Ur- raum sind, umso geringere Anforderungen teil des VG Stuttgart vom 3.5.2005. Danach sind an die Schwere des Eingriffs und an die kommt den streng geschützten Vögeln (§ 10 Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des ge- Abs. 2 Nr. 11 BNatSchG) auch außerhalb von schützten Artenbestandes und dessen Schutzgebieten ein besonderer Schutz zu, der Lebensraum zu stellen. die Errichtung von Windenergieanlagen im Be- reich der Horste und Nahrungsgebiete nicht zulässt. Teil I: Bestehende Regelungen und rechtliche Aspekte 17
Die in Frage stehende Mülldeponie ist als ein Urteil des VG Ansbach vom 7.6.2005 attraktiver Rast- und Nahrungsplatz für Aktenzeichen AN 18 K 03.02016 Schwarz- und Rotmilane einzustufen. Es ist Das VG hat entschieden, dass das Störverbot nicht ein vereinzeltes Vorkommen. Bis zu 8 des Art. 4 Abs. 4 der EG-VSCHRL auch für Vo- Tiere wurden gleichzeitig gesehen. Das Unter- gelschutzgebiete anwendbar ist, die noch suchungsgebiet wird nicht als Brutgebiet, son- nicht gemeldet oder förmlich unter Schutz ge- dern als Nahrungsgebiet und als Zugkorridor stellt wurden. Eine Windkraftanlage, die eine auf dem Weg ins Winterquartier genutzt. Der streng geschützte Vogelart möglicherweise Rote Milan ist stärker als andere Vogelarten aus einem solchen Gebiet vertreiben kann, ist gefährdet, Schlagopfer einer WKA zu werden. deshalb nicht genehmigungsfähig. Hier han- Dies wird durch die Bundesdrucksache delt es sich um einen Windpark, der knapp 15/5188 vom 30.3.2005 bestätigt. Der Verlust 1.000 m außerhalb der Schutzzone für Wie- eines Nahrungs-, Rast- oder Brutplatzes hat senweihen errichtet werden sollte. aber gerade bei seltenen und daher streng ge- schützten Tierarten regelmäßig auch negative Auswirkungen auf deren ohnehin erheblich re- Urteil des VG Gera vom 28.04.2005 duzierte Gesamtpopulation. Doch auch wenn Aktenzeichen 4 K 1071/02 GE man eine solche Aufgabe des betroffenen Le- Nach einem Urteil des VG Gera ist ein Bauvor- bensraumes, aufgrund des attraktiven Nah- haben unzulässig, wenn die Ermessensabwä- rungsangebotes auf der nahe liegenden Müll- gung ergibt, dass den Belangen des Natur- deponie, für eher unwahrscheinlich erachten bzw. Artenschutzes ein größeres Gewicht bei- würde, müsste jedenfalls mit gelegentlichen zumessen ist. Dies ist dann der Fall, wenn in Tötungen dieser Greifvögel durch Kollision mit dem vorgesehenen Gebiet eine große Anzahl den WKA gerechnet werden. Das Kollisionsri- von Fledermäusen heimisch ist und diese Fle- siko ist nicht durch entsprechende Schutz- dermauspopulation mit ziemlich hoher Sicher- und Sicherheitsvorkehrungen an WKA auszu- heit durch die Windenergieanlagen Schaden schließen. nehmen würde. Urteil des OVG Koblenz vom 2.2.2006 Urteil des Bayerischen Gerichtshofs vom Aktenzeichen 1 A 11312/04.OVG 30.6.2005 Aktenzeichen 26 B 01.2833 Dem Begehren, zwei Windenergieanlagen in (sehr ausführliches Urteil mit vielen Teilaspek- einem bedeutenden Vogelflugkorridor im Na- ten) heraum zu errichten, wurde nicht stattgege- ben. Die Errichtung der WKA stehe dem öf- Die Errichtung von zwei Windenergieanlagen fentlichen Belang gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 im Donautal ist unzulässig, weil öffentliche Be- Nr. 5 BauGB entgegen. Es handelt sich um ei- lange - hier Belange des Vogelschutzes (Zug- nen bedeutsamen Vogelzugkorridor. Die be- korridor) und eines in Aufstellung befindlichen sondere Bedeutung ergibt sich aufgrund der Raumordnungsziels - entgegenstehen. regionalen Vogelzugverdichtungen. Die Bedeu- tung ist seit vielen Jahren bekannt. Die genau- Das Donautal stellt eine Leitlinie des Vogelzu- en Zuglinien können sich kleinräumig verän- ges in Richtung Südwesten dar. Den Höhenzü- dern, sie sind abhängig von den Witterungs- gen kommt für Thermik segelnde Greifvögel faktoren. Auch wenn ein Gutachter an 8 Tagen und Störche besondere Bedeutung zu. Wie- keine besonders hohen Flugfrequenzen fest- sen und Auen bieten Brut-, Rast- und Über- stellen konnte, andererseits aber an einem winterungsmöglichkeiten. Das Gebiet zeigt für weiteren Tag außergewöhnlich hohe Flugfre- Schwarzmilan und Rotmilan Schwerpunkte ih- quenzen festgestellt wurden, kann die Wertig- res Vorkommens in Bayern. In dem Bereich keit des Zugkorridors nicht bestritten werden. sind außerdem viele EG-Vogelschutzgebiete. Kurze Zählungen sind immer Momentaufnah- men, aus denen letztlich keine abschließend Nur mit gewissen Schwierigkeiten lässt sich gegenteiligen Erkenntnisse hergeleitet werden beurteilen, ob die geplanten WEA im betref- können. Dass mit zwei WKA keine erhebliche fenden Abschnitt die Leitlinienwirkung des Barrierewirkung für den Vogelzug herbeige- Donautals für den Vogelzug beeinträchtigen. führt würde und beim Zug der Kraniche die Eine ungünstige Beeinflussung der Thermik- Anlagen abgestellt werden könnten, wurde segler ist aber nicht auszuschließen. Absolut vom Gericht nicht akzeptiert. Es wurde sei- gesicherte Erkenntnisse über Beeinträchtigun- tens des Landesamtes in neuesten Untersu- gen durch Bau und Betrieb liegen nicht vor chungen Ausweich- und Irritationsverhalten und lassen sich erst nach jahrelangen Untersu- festgestellt. Auswirkungen auf Zug- und Rast- chungen ermitteln. verhalten größerer Trupps von Kiebitzen und Kranichen seien möglich. 18 Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in S-H
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