Wahlprogramm zur Landtagswahl 2012 - Ziele des SSW für die Jahre 2012 bis 2017

 
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Wahlprogramm zur Landtagswahl 2012 - Ziele des SSW für die Jahre 2012 bis 2017
Wahlprogramm
zur Landtagswahl 2012

    Ziele des SSW
    für die Jahre 2012 bis 2017

                             Für uns im Norden.
Wahlprogramm zur Landtagswahl 2012 - Ziele des SSW für die Jahre 2012 bis 2017
Inhalt
I. Der SSW –                                 3. Sozialeres Schleswig-Holstein 27
   Hergestellt und erprobt
   in Schleswig-Holstein!               4       3.1 Armut bekämpfen            28
                                                3.2 Kinderbetreuung ver-
                                                    bessern                    29
II. Wahlziele für den 6. Mai 2012       6       3.3 Soziale Hilfen sichern     30
                                                3.4 Arbeitslose aktiv unter-
   1. Mindestens 5 % der                            stützen                    32
      Zweitstimmen                      6       3.5 Pflege und Kranken­
                                                    versorgung verbessern      33
   2. Eine neue Landesregierung         6       3.6 Menschen mit Behinde-
                                                    rung unterstützen          35
   3. Verantwortung für das Land        6       3.7 Demographischen
                                                    Wandel gestalten           36
                                                3.8 Einwanderer integrieren    38
III. Das wollen wir 2012 bis 2017 tun
     und erreichen                       7   4. Klügeres Schleswig-Holstein 39

   1. Nachhaltige Landesfinanzen         7      4.1 Schulreform kitten       40
                                                4.2 Schule entwickeln         41
      1.1 Einnahmen erhöhen       8             4.3 Lehrerbildung verbessern 42
      1.2 Ausgaben begrenzen     10             4.4 Berufsbildung voran-
      1.3 Bundesbelastungen ver­                    bringen                  43
          hindern                 11            4.5 Hochschulen stärken      45
      1.4 Kommunen entlasten     12             4.6 Medienkompetenz
      1.5 Euro-Krise durchstehen 14                 fördern                  46
                                                4.7 Bildungsföderalismus
   2. Perspektiven für ganz                         modernisieren            47
      Schleswig-Holstein                16
                                             5. Gleiches Schleswig-Holstein 48
      2.1 Unternehmen fördern       16
      2.2 Zusammenarbeit ver-                   5.1 Männer und Frauen
          stärken                   19              gleichbehandeln            48
      2.3 Regionale Gleichwertigkeit            5.2 Dänische Minderheit
          anstreben                24               gleichstellen              49
      2.4 Verkehrsprojekte voran­               5.3 Friesische Volksgruppe
          bringen                  26               fördern                    51
5.4 Sinti und Roma schützen   52    8. Natürliches
  5.5 Minderheiten-                      Schleswig-Holstein            70
      und Regionalsprachen
      sichtbarmachen            53      8.1 Naturschutz stärken        70
  5.6 Kompetenzen nutzen        54      8.2 CO2-Endlager verhindern     71
  5.7 Europäische Dimension             8.3 Bus, Bahn und Fahrrad
      beachten                  55          ­fördern                   72
                                        8.4 Landwirtschaft und
6. Buntes Schleswig-Holstein    55           Fischerei verbessern      73
                                        8.5 Verbraucherschutz
  6.1 Kultur pflegen             56          stärken                   75
  6.2 Kulturelle Bildung weiter-
      entwickeln                 58   9. Bürgerfreundliches
  6.3 Kulturelles Erbe                   Schleswig-Holstein            75
      bewahren                   59
  6.4 Denkmäler schützen         60     9.1 Privates schützen          76
  6.5 Gedenkstätten moder­              9.2 Staatliches offenlegen     77
      nisieren                   61     9.3 Bürgern zuhören            77
                                        9.4 Sicherheit geben           78
7. Sauberes Schleswig-Holstein 62       9.5 Strafvollzug reformieren   79
                                        9.6 Kommunen erneuern          80
  7.1 Klimaschutz vernetzen     62      9.7 Daseinsvorsorge
  7.2 Atomausstieg beschleu­                garantieren                81
      nigen                     63
  7.3 Fossile Brennstoffe ­                 Beschlossen auf dem
      aufgeben                  64          außerordentlichen
  7.4 Windenergie fördern       65          SSW-Landesparteitag am
  7.5 Biomasse steuern          66          03.03.2012 in Harrislee
  7.6 Erdwärme und Sonnen­
      energie ausschöpfen       67
  7.7 Stromnetze erweitern      67
  7.8 Energie einsparen         68
  7.9 Energieversorgung kom­
      munalisieren              69
I. Der SSW – Hergestellt und erprobt
   in Schleswig-Holstein
Der SSW begrüßt, dass am 6. Mai 2012           tiven aufgezeigt, wie die großen Pro­
in Schleswig-Holstein vorzeitig ein            bleme des Landes gelöst werden kön­
neuer Landtag gewählt wird. Seit über          nen.
zwei Jahren ist klar, dass die CDU/FDP-
Landesregierung in der Bevölkerung             Die Landtagswahl 2012 findet im
keine Mehrheit hat und durch ein               Schatten der schwersten Wirtschafts-
Wahlgesetz an die Macht gekommen               und Finanzkrise seit Jahrzehnten statt.
ist, das nicht der Landesverfassung            In Zeiten der Krise ist es wichtiger
entspricht. Bei der Landtagswahl in            denn je, Strategien für die wirtschaft­
2009 bekamen CDU und FDP weniger               liche und soziale Entwicklung Schles­
Zweitstimmen als die im Landtag ver­           wig-Holsteins zu entwerfen. Bei den
tretenen Oppositionsparteien zusam­            meisten Problemen ist Schleswig-Hol­
men. Auf eine Verfassungsklage des             stein einer Lösung aber kein Stück nä­
SSW und der Grünen hin hat das Lan­            her als beim Regierungsantritt 2009.
desverfassungsgericht eine Änderung            Die CDU und die FDP haben gemein­
des Wahlgesetzes und Neuwahlen des             sam versagt. Es wird die Hauptaufga­
Landtages bis August 2012 angeordnet.          be der neuen Landesregierung sein,
Dies ist einmalig in der Geschichte der        Schleswig-Holstein wieder aus dieser
Bundesrepublik Deutschland.                    Starre heraus zu führen.

Trotz dieser peinlichen Vorfälle, die im       Der SSW, als Partei der dänischen Min­
Grunde die demokratische Legitimität           derheit und der Friesen, ist in Schles­
der Landesre­gierung in Frage stellen,         wig-Holstein entstanden und im Land
hat die CDU-FDP-Koalition seit 2009            fest verankert. Deshalb wissen wir, wie
die härtesten Spar­maßnah­men in der           wichtig es ist, dass es in der Region
Geschichte Schleswig-Holsteins durch­          genügend Arbeitsplätze gibt, dass die
gesetzt. Die Opposition ist in kein­ster       soziale Sicherung auf hohem Niveau
Weise in diese Beschlüsse eingebun­            erhalten bleibt und dass das Bildungs­
den gewesen, die von harten sozialen           niveau vor Ort den internationalen
Ein­schnitten bis zu diskriminierenden         Anforderungen entspricht. Denn dies
Kürzungen bei den Schul­kindern der            ist die Lebensgrundlage für die Min­
dänischen Minderheit reichten und für          derheiten im Norden. Deshalb vertritt
viele Menschen im Lande fatale Folgen          der SSW auch seit jeher nicht nur die
hatten. Neben dem brutalen Sparkurs            kulturellen Interessen des dänischen
hat die Landesregierung keine Perspek­         und des friesischen Bevölkerungsteils,

SSW   Wah lpro gramm 2012                  4
sondern erhebt stets seine Stimme,           ist natürlich nur ein Teil der Themen,
wenn regionalpolitische und allgemei­        mit denen sich die Landespolitik in
ne gesellschaftspolitische Probleme          den kommenden Jahren beschäftigen
gelöst werden müssen.                        muss, und dies ist nur ein Bruchteil der
                                             politischen Ziele, für die der SSW sich
Der SSW ist seit Jahrzehnten im              einsetzt. Eine umfassende Darstellung
Schleswig-Holsteinischen Landtag             der Ziele des SSW in allen Politikfel­
vertreten und hat als unabhängige            dern finden Sie in unserem Rahmen­
Kraft immer eine wichtige Rolle in der       programm, dass Sie im Internet unter
Landespolitik gespielt. Das wollen wir       www.ssw.de lesen oder beim SSW-
auch in den kommenden fünf Jahren            Landesverband bestellen können.
fortsetzen. Den SSW gibt es nur im
Norden. Deshalb können wir ohne
Rücksicht auf die Bundespolitik oder
andere sachfremde Interessen die
besonderen Belange unseres Landes
vertreten. Wir machen ausschließlich
Politik für uns im Norden. Dabei
orientiert der SSW sich in vielen
Bereichen an anerkannten, gut
funktionierenden skandina­
vischen Vorbildern, so zum
Beispiel in der Sozialpolitik,
in der Bildungspolitik oder
in der Umweltpolitik.

In diesem Programm
können Sie lesen,
was der SSW in den
kommenden fünf
Jahren unternehmen
will, um einige der
größten Probleme
unserer Zeit zu lösen
oder zumindest zu mildern. Dieses

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II. Wahlziele für den 6. Mai 2012

1. Mindestens 5 % der                        CDU-FDP-Bündnisses, deshalb set­
   Wählerstimmen                             zen wir uns für einen Regierungs­
                                             wechsel in Schleswig-Holstein ein.
Damit der SSW seine erfolgreiche Poli­
tik im Schleswig-Holsteinischen Land­
tag weiterführen und seine politischen       3. Verantwortung übernehmen
Ziele umsetzen kann, müssen wir im
neuen Landtag so stark wie möglich           Der SSW ist eine unabhängige Kraft,
vertreten sein. Das erste Wahlziel des       die keinem politischen Block angehört.
SSW lautet daher, mindestens 5 % der         Mit unserem skandinavisch geprägten,
Wählerstimmen zu erreichen und da­           pragmatischen Demokratieverständnis
mit trotz verkleinerten Landtags min­        ist es uns in den letzten Jahrzehnten
destens wieder vier Landtagsmandate          immer wieder gelungen, aus der Oppo­
zu erringen, wie schon in den Jahren         sition heraus Verantwortung zu über­
2009 bis 2012.                               nehmen und konkrete Ergebnisse für
                                             die Menschen in Schleswig-Holstein zu
                                             erzielen.
2. Eine neue Landesregierung
                                             Politische Zusammenarbeit beruht für
Der SSW will eine Landesregie­               uns auf inhaltlichen Gemeinsamkeiten
rung, die sich für die Gleichwer­            und nicht auf machtpolitischen Erwä­
tigkeit der Menschen und für die             gungen. Reichen die Gemeinsamkeiten
Gleichwertigkeit der Regionen des            aus, dann ist der SSW bereit, im Rah­
Landes einsetzt. Dies sind ganz              men einer Koalition Regierungsverant­
offensichtlich nicht die Ziele des           wortung für das Land zu übernehmen.

SSW   Wah lpro gramm 2012                6
III. Das wollen wir 2012 bis 2017 tun
     und erreichen
Wir wissen, dass es nicht leicht wird, in       sen. Trotzdem – und gerade deshalb
den kommenden Jahren die Politik in             – will der SSW in den nächsten fünf
Schleswig-Holstein aktiv zu gestalten.          Jahren viel erreichen – gemeinsam
Die aktuelle Finanz-, Schulden- und             mit den Bürgerinnen und Bürgern in
Eurokrise bringt das ganze wirtschaft­          Schleswig-Holstein. Denn nur, wenn
liche Fundament Schleswig-Holsteins             die Politik und die Bevölkerung ge­
in Gefahr. Der Landeshaushalt befindet          meinsam daran arbeiten, dass wir aus
sich nach wie vor in einer äußerst an­          dieser Krise heraus kommen, werden
gespannten Lage. Die Schuldenbremse,            wir es schaffen – und könnten sogar
der auch der SSW im Interesse künf­             gestärkt daraus hervorgehen.
tiger Generationen zugestimmt hat,
setzt unserem Handeln in den kom­
menden Jahren enge Grenzen.                     1. Für nachhaltige Landesfinanzen

Diese schwierige Ausgangslage darf              Das Land Schleswig-Holstein verfügt
aber nicht dazu führen, dass die Politik        über Nettoeinnahmen von rund 9 Mil­
sich nur noch auf fantasieloses Strei­          liarden Euro pro Jahr, hat aber bislang
chen verlegt und den Willen zur politi­         über seinen Landeshaushalt rund 10,3
schen Gestaltung aufgibt. Zum einen,            Milliarden ausgegeben. Dieses struk­
weil es viele Menschen gibt, die mehr           turelle Defizit von 1,3 Milliarden Euro
denn je auf unsere Solidarität und              jährlich konnte zwar schon verringert
Unterstützung angewiesen sind. Zum              werden, trotzdem werden wir auch in
anderen, weil Kürzungen ohne politi­            den kommenden Jahren riesige Un­
sche Ideen vieles schlechter, aber kaum         terschüsse mit Krediten finanzieren
etwas besser machen. Wir müssen es              müssen, wenn wir jetzt nicht endlich
schaffen, die Kürzungen mit neuen               beherzt handeln.
Vorstellungen davon zu verbinden, wie
unser Land auch besser funktionieren            Mit der Verankerung der so genannten
kann – nur dann machen sie wirklich             „Schuldenbremse“ in der Landesver­
Sinn. Der SSW ist bereit, an diesen Re­         fassung hat der Landtag mit breiter
formen mitzuwirken.                             Mehrheit – auch mit den Stimmen
                                                des SSW – beschlossen, den jährlichen
In den kommenden Jahren hat Schles­             Fehlbetrag im Haushalt bis 2020 auf
wig-Holstein keinen Rückenwind und              null zu reduzieren. Erst danach wird es
wir werden nur bergauf laufen müs­              möglich sein, die bis dahin aufgelaufe­

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nen Schulden von über 30 Milliarden           der SSW hat mit der Zustimmung zur
Euro abzubauen. Damit dieses über­            Schuldenbremse Verantwortung für
haupt gelingen kann, müssen wir so­           Schleswig-Holstein übernommen und
wohl die Einnahmen des Landes erhö­           dem Land damit eine geeignete Struk­
hen als auch die Ausgaben reduzieren.         tur für den Schuldenabbau gegeben.

Die Konsolidierung der Landesfinanzen         Doch auch wenn wir das übergeordne­
hat oberste Priorität. Trotzdem wäre es       te Ziel, weniger Schulden zu machen,
falsch, nun die politische Gestaltung         mittragen, halten wir die konkrete
der Lebensbedingungen im Land auf­            Ausgestaltung der Sparmaßnahmen
zugeben und die Politik bis 2020 nur          für unausgewogen. Wir können im Ge­
noch mit dem Rotstift zu machen. Der          genteil feststellen, dass der Grund für
SSW formuliert in diesem Wahlpro­             die Einschnitte der CDU-FDP Landes­
gramm viele Ziele, die sich ohne Geld         regierung im sozialen und kulturellen
nicht umsetzen lassen und zu zusätz­          Bereich nicht zuerst von finanzpoliti­
lichen Ausgaben im Landeshaushalt             schen Erwägungen getragen ist, son­
führen können. Im Folgenden werden            dern einer politischen Grundhaltung
wir darlegen, wie wir uns eine Finan­         geschuldet ist, bei der Sozialabbau
zierung dieser wichtigen sozialen und         und kulturelle Einfalt im Vordergrund
kulturellen Wahlforderungen vorstel­          stehen.
len, ohne die finanzielle Sanierung des
Landes aus dem Blick zu verlieren.      Die Einnahmesituation Schleswig-
                                        Holsteins hat sich seit der Überwin­
Es bleibt unsere Überzeugung, dass      dung der Finanz- und Wirtschaftskrise
man mit einer ausgewogenen und kre­ 2008/2009 stetig verbessert. Auch
ativen Finanzpolitik bessere Ergebnisse die aktuellsten Zahlen belegen diesen
erzielen kann als mit dem Rotstift al­  Trend. Die Entwicklung der Einnahmen
leine.                                  zeigt eindeutig, dass es Spielräume
                                        gibt, um politische Prioritäten zu set­
                                        zen und die Zukunft des Landes zu
1.1. Einnahmen erhöhen                  gestalten. Damit dies auch für kom­
                                        mende Regierungen so bleibt, muss es
Aktuell entwickelt die finanzielle Si­  insbesondere das Ziel sein, die Einnah­
tuation unseres Landes sich positiv.    mesituation des Landes stetig weiter
Ohne Zweifel lastet ein enormer (Alt-) zu verbessern.
Schuldenberg auf dem Land, doch die
Ziele der Schuldenbremse, insbeson­     • Der SSW ist der Auffassung, dass wir
dere das Kernziel der Rückführung des     dringend zu einem gerechteren Steu­
strukturellen Defizits, werden erreicht   ersystem kommen müssen. Hierfür
und mitunter sogar übererfüllt. Auch      brauchen wir eine grundlegende

SSW   Wah lpro gramm 2012                 8
Steuerreform, die endlich auch stär­     deutsche Staat auf diese Weise auf
  kere Schultern angemessen an der         jährliche Einnahmen in Höhe von 20
  Finanzierung öffentlicher Aufgaben       Milliarden Euro. Die aus einer Mehr­
  beteiligt. Wir fordern, dass der Spit­   wertsteuerreform gewonnenen Mit­
  zensteuersatz angehoben, die vielen      tel müssen in die Steuerfahndung
  Steuerschlupflöcher geschlossen,         oder den Schuldenabbau fließen.
  der Ehegattensplitting-Vorteil zu­
  gunsten von Familien mit Kindern       • Der SSW fordert einen umfassenden
  abgeschafft und die Vermögenssteu­       Ausbau der schleswig-holsteinischen
  er wieder eingeführt werden. Die         Steuer­fahndung. Dies trägt nicht nur
  Einnahmen aus diesen Maßnahmen           zu konkreten Mehreinnahmen bei,
  könnten zielgerichtet denjenigen zu      nach Schätzungen des Finanzminis­
  gute kommen, die dringend mehr           teriums treibt jeder Steuerfahnder
  Unterstützung benötigen.                 rund 1 Mio. Euro im Jahr ein, sondern
                                           verbessert langfristig auch die Zah­
• Die 150 bis 250 Milliarden Euro, die     lungs- und Steuermoral der Bürger
  jährlich in Deutschland vererbt wer­     im Land. Bedingung hierfür ist, dass
  den, müssen höher besteuert wer­         verbesserte Anreize für die Länder
  den. Bisher kommen nur 4 Milliarden      geschaffen werden, Steuerfahnder
  Euro von dieser enormen Summe bei        einzustellen und auszubilden. In der
  den Ländern an. Der SSW will des­        aktuellen Situation rechnet sich die
  halb eine höhere Erbschaftssteuer.       kostenintensive Ausbildung für die
                                           Länder kaum, da die Mehreinnahmen
• Zur Entlastung von denen, die we­        größtenteils in die Kasse des Bundes
  nig verdienen, und im Sinne eines        fließen. Deshalb wird sich der SSW
  gerechteren Steuersystems muss           dafür einsetzen, dass die Grundlagen
  schnellstmöglich eine Reform der         für die Verteilung der Steuereinnah­
  Mehrwertsteuer durchgeführt wer­         men durch Steuerfahndung zuguns­
  den. Der SSW setzt sich dafür ein,       ten der Länder verändert werden.
  dass Schleswig-Holstein im Bundes­
  rat eine entsprechende Initiative er­  • Die schwierige finanzielle Lage des
  greift. Ziel muss sein, endlich unsin­   Landes macht auch ein Nachdenken
  nige und ungerechte Ausnahmetat­         darüber notwendig, ob Verwaltungs­
  bestände abzuschaffen. Es ist nicht      leistungen zukünftig häufiger mit
  einzusehen, dass Hotelübernach­          kostendeckenden Gebühren belegt
  tungen durch einen verringerten          werden sollen. Dabei steht außer Fra­
  Mehrwertsteuersatz subventioniert        ge, dass diese Gebühren sozial ver­
  werden und für Babywindeln der           träglich und ausgewogen erhoben
  volle Mehrwertsteuersatz gezahlt         werden müssen. Zu diesem Zweck
  werden muss. Bisher verzichtet der       müssen überall dort, wo eine Gebüh­

                                       9              Wa h l p ro g ram m 2012   SSW
renpflicht besteht oder eingeführt      1.2. Ausgaben begrenzen
 wird, auch entsprechende Härtefall­
 regelungen greifen können.              Wenn die Sanierung des Landeshaus­
                                         halts gelingen soll, führt mittel- bis
• Die Nutzung von erneuerbaren           langfristig leider kein Weg an Personal­
  Energien in sämtlichen Landes­         einsparungen im Landesdienst vorbei.
  lie­genschaften kann mittel- bis       Pro eingesparte Stelle kann man Per­
  langfristig zur Entlastung des         sonalkosten in Höhe von durchschnitt­
  Landeshaushalts beitragen. 100         lich 60.000 Euro ansetzen. Das heißt,
  Quadratmeter Solarfläche auf dem       wenn man zum Beispiel 1.000 Stellen
  Dach, können je nach Standort und      abbaut ergibt das eine Einsparung von
  Lage selbst bei einer vollständigen    60 Millionen Euro jährlich.
  Kreditfinanzierung sowie Instand­
  haltungsvorsorge und Versicherung        Grundsätzlich müssen Personaleinspa­
  zu einem Reingewinn nach 10 Jahren       run­gen in allen Bereichen möglich
  von rund 20.000 Euro führen. Auf         sein. Im Bildungs­bereich muss die so
  diese Einnahmen können wir nicht         genannte demografische Rendite, also
  verzichten. Der SSW fordert deshalb      die sinkenden Ausgaben wegen sin­
  die Einrichtung eines solaren Dach­      kender Schülerzahlen, aber dafür ge­
  flächenkatasters für die Nutzung von     nutzt werden, das Betreuungsangebot
  Solar- und Photovoltaikanlagen auf       und die Bildungsqualität zu erhöhen.
  landeseigenen Gebäuden.                  Maßgeblich für Personalreduzie­rungen
                                           muss sowohl die Orientierung an
• Mit der zentralen E-Government-Stra- den zu leistenden Aufgaben als auch
  tegie zielt das Land auf die Schaffung die Sozialverträglichkeit dieser Maß­
  von Arbeits­plätzen und mehr Wirt­       nahmen sein.
  schaftswachstum ab. Auch grenzüber­
  schreitende Dienstleistungen sollen      • Der SSW setzt sich für eine perma-
  hierdurch gefördert werden. In erster      nente Aufgabenkritik mit damit
  Linie sollen so wirtschaftsrelevante       verbundenem Personalabbau ein.
  Verwaltungsprozesse optimiert wer­         Angesichts der angespannten Haus­
  den. Der SSW fordert, dass diese Stra­     haltslage muss die Frage, ob und in
  tegie endlich mit dem nötigen Ehrgeiz      welchem Umfang das Land in der
  verfolgt wird, damit die Wettbewerbs­      heutigen Situation Aufgaben wie z.
  fähigkeit der Unternehmen verbessert       B. die Anfertigung von Statistiken
  und der Wirtschaftsstandort Schles­        wahrnehmen soll, regelmäßig ge­
  wig-Holstein insgesamt gestärkt wird,      stellt werden. Durch den Wegfall
  denn dies schafft Steuereinnahmen          einzelner „bürgerferner“ Leistungen
  und verbessert so die finanzielle Situa­   können Kosten reduziert und Mittel
  tion des Landes.                           für wichtige und unverzichtbare

SSW   Wah lpro gramm 2012              10
Dienste für die Bürgerinnen und Bür­ dass sie weiterhin eine Förderbank
  ger frei werden.                      des Landes mit politisch formulierten
                                        Zielen bleibt. Die Anteile des Landes an
• Die Abstimmungsverfahren zwi-         der HSH-Nordbank müssen, sobald es
  schen Land und Kommunen müssen sinnvoll machbar ist, verkauft werden.
  verbessert werden. Dies gilt beson­   Es ist nicht Aufgabe des Landes, eine
  ders für Untere bzw. Obere Behörden nunmehr internationale Geschäfts­
  und die Frage nach ihren Zuständig­ bank zu betreiben.
  keiten. Wir brauchen einen Wandel
  hin zu mehr Vertrauen der Behörden • Nicht alle Beteiligungen, die das Land
  untereinander. Der Gedanke und die      hält, sind notwendig. Viele Beteili­
  Einsicht darin, dass sich der Ande­     gungen führen auch zu zusätzlichen
  re einer Aufgabe annehmen kann,         Ausgaben, weil Defizite ausgeglichen
  ohne kontrolliert werden zu müssen,     oder Betriebskostenzuschüsse ge­
  muss sich durchsetzen. Dafür geeig­     zahlt oder gar ganze Rettungspakete
  nete Aufgaben können auch in die        geschnürt werden müssen. Das
  ausschließliche Zuständigkeit der       Land sollte daher nur Beteiligungen
  jeweils unteren Ebene gegeben wer­      behalten, die für die Aufgabener­
  den.                                    füllung unbedingt notwendig sind.
                                          Der SSW setzt sich dafür ein, dass
• Der SSW setzt sich für den Abbau        das Land neben der HSH-Nordbank-
  von Doppelstrukturen ein, um un­        Beteiligung unter anderem seine
  nötige und kostspielige doppelte        Anteile an der AKN Eisenbahn AG
  Aufgabenwahrnehmungen zu ver­           und der Kieler Flughafengesellschaft
  meiden. In Verbindung mit einer         veräußert. Eventuelle Einnahmen aus
  Gebiets- und Verwaltungsstruktur-       dem Verkauf von Anteilen sollen zur
  reform in Schleswig-Holstein, bei der   Verringerung der Neuverschuldung
  beispielsweise die Amtsebene weg­       eingesetzt werden.
  fallen könnte und die Gemeinden
  zusammengelegt werden, könnte
  mittelfristig ein Effizienzgewinn von 1.3. Bundesbelastungen verhindern
  mehr als 100 Millionen Euro jährlich
  erreicht werden.                      In der Vergangenheit haben Landesre­
                                        gierungen wechselnder Couleur immer
Schleswig-Holstein hat durch die HSH- wieder aus parteipolitischen Erwägun­
Nordbank Milliardenverluste erlitten    gen heraus im Bundesrat Beschlüssen
und musste die Bank mit Steuergel­      zugestimmt, die das Land finanziell
dern vor dem Ruin retten. Es war ein    belasten. Allein das so genannte
Fehler, die Bank zu privatisieren und   Wachstumsbeschleunigungsgesetz
gleichzeitig den Anspruch zu haben,     von 2009 hat für Schleswig-Holstein

                                       11             Wa h l p ro g ram m 2012   SSW
zu Mindereinnahmen in Höhe von                samen Fonds zur Schuldentilgung
rund 70 Millionen Euro geführt. Hier­         können die öffentlichen Schulden
mit muss Schluss sein. Die kommende           in Deutschland zügig und zielsicher
Landesregierung muss konsequent die           beseitigt werden. Der Altschulden­
Interessen des Landes und der Kom­            tilgungsfonds, der die Schulden des
munen auf Bundesebene wahren.                 Bundes, der Länder und der Kommu­
                                              nen ganz oder teilweise aufnehmen
• Der SSW fordert, dass die Landesre­         könnte, sollte vornehmlich aus zu­
  gierung in Zukunft nur dann im Bun-         künftigen neuen Steuereinnahmen
  desrat finanziellen Belastungen für         gespeist werden. Mehreinnahmen
  das Land zustimmt, wenn zeitgleich          aus einer erhöhten Einkommens­
  und mindestens in gleichem Um­              steuer, einer modifizierten Abgel­
  fang Kompensationen beschlossen             tungssteuer oder einer Mehrwert­
  werden, die direkt unseren Haushalt         steuerreform könnten im Vorwege in
  entlasten. Dieser Grundsatz muss            einen solchen Altschuldentilgungs­
  selbstverständlich auch für Aufga­          fonds fließen. So würden alle nach
  ben gelten, die durch den Bund auf          ihrer Leistungs­fähigkeit an der Schul­
  die Kommunen übertragen werden.             dentilgung beteiligt und gleichzeitig
                                              gäbe es keine Begehrlichkeiten, ver­
• Um die Finanznot des Landes effektiv        meintliche Steuermehreinnahmen
  bekämpfen zu können, will der SSW,          umfangreich zu verausgaben.
  dass Bund-Länder-Anleihen einge­
  führt werden. Es ist nicht einzuse­
  hen, dass der Bund am Kreditmarkt       1.4. Kommunen entlasten
  Geld zu günstigeren Zinsen aufneh­
  men kann als das Land Schleswig-        Die finanzielle Lage der kommunalen
  Holstein, obwohl beide in einem         Ebene ist bedrohlich. Dazu hat auch
  Haftungsverbund sind. Um diese Un­      das Land mit beigetragen, indem es die
  gleichheit in Zukunft zu beseitigen,    Landeszuschüsse erheblich reduziert
  ist es notwendig, gemeinsame Anlei­     hat. Der SSW fordert, dass das Land
  hen am Kapitalmarkt zu platzieren,      seiner finanziellen Verantwortung
  damit könnte das Land Schleswig-        gegenüber den Gemeinden, Kreisen
  Holstein schätzungsweise zwischen       und kreisfreien Städten wieder gerecht
  20 und 40 Millionen Euro jährlich an    wird und diese nicht für die schlechte
  Zinsausgaben einsparen.                 Lage der Landeskasse bestraft.
                                          Durch eine Verwaltungsstrukturreform
• Der SSW fordert, dass die Landes­       kann das Land die Haushalte des Lan­
  regierung die Diskussion um einen       des und der Kommunen entlasten und
  Altschulden­tilgungs­fonds wieder       Verwaltungsabläufe vereinfachen. Um
  aufnimmt. Nur mit einem gemein­         den Kommunen zu ermöglichen, neue

SSW   Wah lpro gramm 2012                12
Aufgaben zu übernehmen und bisheri­         soll im Rahmen des Gutachtens Vor­
ge Aufgaben in eigener Zuständigkeit        schläge gemacht werden, wie der
zu übernehmen, sind größere Gemein­         Kommunale Finanzausgleich gerecht
den unumgänglich. (Siehe auch 9.7)          umgeschichtet und eine angemes­
                                            sene Finanzausstattung der Kommu­
• Der SSW fordert eine schrittweise         nen gewährleistet werden kann, die
  Rücknahme des Eingriffs in den            sich an den tatsächlich erbrachten
  Kommunalen Finanzausgleich. Eine          Leistungen orientiert. Dabei muss
  jährliche Reduzierung dieser Kürzung      unter anderem auch berücksichtigt
  um 20 Millionen Euro ist aus Sicht        werden, dass die kreisfreien Städte
  des SSW angemessen und praktika­          für ihre jeweiligen Regionen ein gro­
  bel. Auf diesem Weg kann der unge­        ßes Angebot an kulturellen und so­
  rechtfertigte Eingriff durch das Land     zialen Einrichtungen vorhalten und
  im Umfang von 120 Millionen Euro          einen großen Teil der sozialen Lasten
  innerhalb von sechs Jahren rück­          der Region vorhalten. Diese zusätz­
  gängig gemacht und die finanzielle        lichen Belastungen werden heute
  Situation der Kommunen stabilisiert       nicht vollständig berücksichtigt. Die
  werden. Hierdurch und durch eine          Ergebnisse des Gutachtens sollen ab
  Gemeindegebietsreform bekommen            2014 in den Finanzausgleich einflie­
  die Kommunen die Luft zum Atmen,          ßen.
  die sie für die Übernahme neuer Auf­
  gaben vom Land brauchen, welches      • Das von der CDU/FDP-Mehrheit
  wiederum das Land entlastet.            2011 beschlossene Gesetz zur Haus­
                                          haltskonsolidierung der Kommunen
• Es gibt Unterschiede in den Finanz­     (Kommunales Haushaltskonsolidie-
  spielräumen zwischen Kommunen           rungsgesetz) schränkt die kommu­
  unterschiedlicher Größen- und           nale Selbstverwaltung ein und wird
  Statusklassen, die sachlich nicht zu    größtenteils durch die Kommunen
  begründen sind. Die Zahlungen des       selbst finanziert. Um Mittel zu erhal­
  Landes orientieren sich an der Ein­     ten, müssen die betroffenen Kom­
  teilung von Kommunen nach dem           munen einen Vertrag mit dem Land
  zentralörtlichen System, ohne die       abschließen und den Vorschlägen
  tatsächlich vorgehaltene Infrastruk­    des Landes folgen. Dadurch verlie­
  tur bzw. die wirklich getätigten Maß­   ren die Kommunen einen Teil ihrer
  nahmen zu beachten. Vor diesem          Selbständigkeit. Gerade diejenigen
  Hintergrund fordert der SSW, dass       Kommunen, die in der Vergangen­
  das Land zügig von einem unabhän­       heit sparsam gewirtschaftet haben,
  gigen Gutachter prüfen lässt, ob der    werden zu weiteren und höheren
  Kommunale Finanzausgleich wirklich      Sparmaßnahmen gezwungen – im
  noch sachgerecht ist. Gleichzeitig      Gegensatz zu denjenigen, die in der

                                       13              Wa h l p ro g ram m 2012   SSW
Vergangenheit nicht derartige Maß­       werden und verringert den regionalen
 nahmen ergriffen haben. Der SSW          Einfluss auf die Entscheidungen in
 will daher das kommunale Konsoli­        Brüssel.
 dierungsgesetz wieder rückgängig
 machen.                                  Die Finanzmarktkrise hat mit aller
                                          Deutlichkeit gezeigt, dass die Politik
                                          derzeit von den Finanzmärkten vor sich
1.5. Euro-Krise durchstehen               her getrieben und ihr Handeln von den
                                          Märkten diktiert wird.
Die zukünftige wirtschaftliche Ent­
wicklung in Schleswig-Holstein hängt      Auf Landesebene wird man nicht iso­
stark von der Kooperation mit anderen     liert gegen diese Tendenzen angehen
europäischen Staaten ab. Der größte       können, aber es muss Ziel aller poli­
Teil des Exports der schleswig-hol­       tisch Handelnden sein, das Primat der
steinischen Unternehmen geht in die       Politik und der Demokratie gegenüber
unmittelbaren Nachbarstaaten Däne­        den Finanzmärkten wiederherzustel­
mark, Holland, England und Frankreich     len.
sowie in weitere skandinavische Län­
der. Ein Zusammenbruch der europä­       • Der SSW fordert die Einführung
ischen Zusammenarbeit würde sich           der Finanztransaktionssteuer in
negativ auf die Wachstumsaussichten        Deutschland, die Einnahmen in Milli­
und damit die Arbeitsplätze im Norden      ardenhöhe einbringen würde. Neben
auswirken.                                 dem unmittelbaren Ertragseffekt
                                           einer solchen Transaktionssteuer
Die aktuelle Euro-Krise kann für un­       ermöglicht diese Steuer auch, einen
ser Land dramatische wirtschaftliche       ersten Schritt zur Bändigung der
und soziale Folgen haben. Deshalb          Finanzmärkte zu tun. Der SSW will,
hat Schleswig-Holstein ein ureigenes       dass Schleswig-Holstein sich im
Interesse daran, dass die aktuelle Krise   Bundesrat für eine rigide Regulie-
in der europäischen Zusammenarbeit         rung der Finanzmärkte stark macht.
bewältigt wird. Es muss eine Lösung        Wenn die Politik eingreifen kann, um
angestrebt werden, die die soziale         die Banken zu stützen, dann hat sie
Solidarität zwischen den Völkern Eu­       auch  die Pflicht, dafür zu sorgen, dass
ropas nicht in Gefahr bringt und die       die Finanzindustrie nicht unsere De­
demokratische Legitimität sichert. Die     mokratien zerstört. Die Banken und
Schuldenkrise darf nicht dazu benutzt      Finanzinstitute müssen zur Finanzie­
werden, um die demokratischen Pro­         rung der Krise herangezogen werden
zesse in den EU-Staaten auszuhebeln.       und ihren Beitrag zur Sanierung des
Ein europäischer Bundesstaat wird von      Wirtschaftssystems leisten.
den Bevölkerungen nicht akzeptiert

SSW   Wah lpro gramm 2012               14
• Die betroffenen Länder müssen soli­           massive Zentralisierung bewältigen
  darisch von den anderen EU-Ländern            zu müssen. Die Folge wäre eine wei­
  unterstützt werden, damit sie ihre            tere Spaltung, die auch das Herz der
  Wirtschaft ankurbeln und die Schul­           europäischen Zusammenarbeit zu
  denkrise in den Griff bekommen kön­           zerreißen droht. Auch die EU-Länder,
  nen. Es bringt nichts, nun im besten          die keinen Euro haben, werden durch
  Stile der Weltbank und des IWF neo­           eine solche Entwicklung abgekoppelt
  liberale Reformen durchzudrücken              und die EU real in zwei Teile gespal­
  und allein auf massive Kürzungen              ten.
  und Privatisierungen zu setzen. Diese
  Maßnahmen haben den Effekt ge­            Aus historischen Gründen, aber auch
  habt, dass der letzte Rest an direkter    aus sozialen, wirtschaftlichen und kul­
  staatlicher Wirtschaftspolitik abge­      turellen Gründen ist für den SSW eine
  würgt wurde. Ohne eine funktionie­        sehr enge europäische Kooperation
  rende reale Wirtschaft unter Einbe­       zwischen eigenständigen National-
  zug des staatlichen Sektors wird es       staaten weiterhin der richtige Weg. Die
  dort aber keine Steuereinnahmen,          europäische Idee war ein Friedenspro­
  keine nachhaltige Haushaltskonso­         jekt, das auf die gleichberechtigte Mit­
  lidierung und keine Arbeitsplätze         wirkung aller Länder in Europa baut.
  geben.                                    Wer dieses Projekt nun umdeutet und
                                            einen Weg geht, der nicht mehrheits­
• Der SSW lehnt eine zentralistischere      fähig ist, spaltet die Europäische Union
  Union und eine Spaltung der EU in         und verabschiedet sich von diesem
  Euro- und Nicht-Euro-Staaten ab.          Ziel.
  Man darf aus der aktuellen Eurokri­
  se keinen Imperativ für eine Wirt­        • Die EU und die Eurozone stehen vor
  schaftsregierung, Eurobonds oder            der großen Herausforderung, dass
  gar für die Vereinigten Staaten von         eine größere wirtschaftliche Soli­
  Europa ableiten. Selbst die größten         darität erforderlich ist, ohne dass
  Idealisten kommen nicht um die              eine größere politische Integration
  Realität herum, dass ein allzu for­         Europas möglich wäre. Verbindliche­
  sches Vorgehen die Union als solche         re Regeln, wie die Verankerung von
  bedroht. In den betroffenen Ländern         Schuldenbremsen in den nationalen
  begehrt die Bevölkerung auf. Die            Verfassungen, können ein Weg sein,
  Menschen wollen Zukunftschancen,            um die Neuverschuldung abzubauen
  die ihnen durch das massive Sparen          – durch Kürzungen ebenso wie durch
  geraubt werden. Die Gefahr der Ent­         Einnahmeverbesserungen. Im Zwei­
  fremdung von den gemeinsamen                fel muss die Stärkung der Wirtschaft
  Werten wird noch viel größer, wenn          und ihrer Wettbewerbsfähigkeit,
  man glaubt, die Krise durch eine            welche nachhaltig sowohl für Steu­

                                           15              Wa h l p ro g ram m 2012   SSW
ereinnahmen als auch für Arbeits­         Verbindungen zu anderen Gegenden
 plätze sorgen, Vorrang vor Kürzungen      schafft, die ihre eigenen Stärken ha­
 haben. Deshalb müssen die Länder          ben. Die Zusammenarbeit über Lan­
 auch zyklische Haushaltsdefizite ha­      des- wie Staatsgrenzen hinweg ist aus
 ben dürfen, bis sie sich wirtschaftlich   Sicht des SSW die entscheidende stra­
 erholt haben.                             tegische Perspektive, um Wachstum im
                                           Norden zu schaffen. Unser Ziel muss es
                                           sein, dass wir gemeinsam mit unseren
2. Perspektiven für                        Nachbarn die wirtschaftliche Entwick­
         ganz Schleswig-Holstein           lung in Schleswig-Holstein verbessern.

Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein       In den letzten Jahren hat sich in
ist der Lebensquell unseres Landes.        Schleswig-Holstein eine Wirtschafts­
Die Unternehmen und die vielen For­        politik durchgesetzt, die dabei insbe­
men selbständiger Tätigkeit geben          sondere auf die Boombranchen und
Menschen Arbeit, Lohn und Brot und         Boomregionen schaut. Der SSW steht
generieren die Steuereinnahmen, mit        für eine Politik, die auch das Land zwi­
denen das Land die Schulen oder die        schen den „Leuchttürmen“ im Blick
Polizei finanzieren kann. Unterneh­        behält. Das Grundgesetz verpflichtet
mertum lässt sich aber nicht staatlich     die Politik, für gleichwertige Lebens­
verordnen. Die Politik kann nur die Rah­   verhältnisse in allen Landstrichen zu
menbedingungen dafür schaffen, dass        sorgen. Dieser Auftrag ist für den SSW
Unternehmen in Schleswig-Holstein          als regionale Partei eine besondere
gut wirtschaften können und neue           Verpflichtung.
sich gründen. Dabei steht Schleswig-
Holstein als dünn besiedeltes Flächen­
land mit wenig Großunternehmen vor         2.1. Unternehmen fördern
besonderen Herausforderungen.
                                       Die mittelständische Wirtschaft, ein­
Vor dem Hintergrund der aktuellen Kri­ schließlich des Handwerks und der
se und des schärferen internationalen Kleinbetriebe, ist ein bedeutsamer
Wettbewerbs kommt es mehr denn je Faktor für die Entwicklung des Lan­
darauf an, eine regionale Wirtschafts­ des. Über 90 Prozent der Betriebe in
politik zu entwickeln, die die Wettbe­ Schleswig-Holstein sind mittelständi­
werbsfähigkeit der schleswig-holstei­  sche Unternehmen. Wachstum, Ausbil­
nischen Unternehmen unterstützt.       dungs- und Arbeitsplätze in unserem
Neben der Bereitstellung von Förder­   Land werden zu einem großen Teil dort
möglichkeiten und einer möglichst gu­ geschaf­fen. Wir setzen uns deshalb
ten Infrastruktur kann das Land einen besonders für wirtschafts- und struk­
besonderen Beitrag leisten, indem es   turpolitische Rahmenbedingungen ein,

SSW   Wah lpro gramm 2012              16
die den kleineren und mittleren Unter­    Flensburg, Heide und Lübeck von der
nehmen im Land faire Wettbewerbs­         Landesregierung ebenso engagiert
chancen sichern.                          betrieben wird, wie die Sicherung und
                                          Modernisierung der Kieler Hochschu­
• Der SSW tritt für zusätzliche Inno-     len. Der SSW will eine regional ausge­
  vationshilfen sowie für den Ausbau      wogene Hochschulpolitik in Schleswig-
  des Beratungswesens für Klein- und      Holstein.
  Mittelbetriebe ein.
                                          • Das Mittelstandsförderungsgesetz
• Um neue Märkte zu erschließen oder        muss den heutigen Gegebenheiten
  sich auf alten zu behaupten, müssen       angepasst werden. Schwerpunkt
  die Unternehmen ständig neue und          muss es sein, unnötige Bürokratie
  immer hochwertigere Produkte her­         abzubauen. Die Durchführung von
  stellen. Deshalb kommt der Vermitt­       öffentlichen Aufträgen soll wieder
  lung von neuem Wissen eine große          an sachlichen Kriterien orientiert
  Bedeutung zu. Um den Unterneh­            werden, deshalb muss im Rahmen
  men die Produkt- und Technologie-         der Novellierung der Vorrang für die
  Entwicklung zu erleichtern, fordert       private Leistungserbringung gestri­
  der SSW den verstärkten Austausch         chen werden. Außerdem soll es weit­
  zwischen Forschung und Technolo­          gehend möglich sein, die Aufträge in
  gieentwicklung auf der einen und          Fach- und Teillosen auszuschreiben,
  der mittelständischen Wirtschaft          damit nicht nur große und interna­
  auf der anderen Seite. Insbesondere       tionale Konzerne eine Chance auf
  müssen Modelle der direkten Koope­        öffentliche Aufträge haben.
  ration zwischen Wissenschaft und
  Wirtschaft gefördert werden.            • Das Schleswig-Holsteinische Tarif­
                                            treuegesetz war vorbildlich in der
Hochschulen und Forschungseinrich­          gesamten Bundesrepublik. Dieses
tungen vor Ort sind für Unternehmen         Gesetz, das 2003 auf Initiative des
ein entscheidender Standortfaktor.          SSW entstand, schrieb vor, dass öf­
Deshalb muss das Land weiterhin             fentliche Aufträge nur an Unterneh­
alles unternehmen, um die starke            men vergeben werden, die den bei
Unterfinanzierung der Universitäten         uns ortsüblichen Lohn zahlen. Dies
und Fachhochschulen in Schleswig-           sicherte den Unternehmen Fairness
Holstein zu beseitigen. Für die Un­         im Wettbewerb und den Beschäf­
ternehmen im Norden, Westen und             tigten einen fairen Lohn. Der SSW
Südosten Schleswig-Holsteins ist es         will deshalb, dass umfassende Re­
von entschei­dender Bedeutung, dass         gelungen geschaffen werden sollen,
die Förderung und Entwicklung der           die die weitestgehende Wiederein­
Fachhoch­schulen und Universitäten in       führung der Tariftreue in Schleswig-

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Holstein sichern. Außerdem soll die        stark frequentierten Regionen an
 Vergabe öffentlicher Aufträge an           Nord- und Ostsee dauerhaft einge­
 weitere nachhaltige Kriterien, wie         führt wird. Diese besonderen Ferien­
 Sozial- und Umweltstandards, ge­           regelung, die anstelle der Osterferien
 bunden werden.                             lokale Schulferien am Jahresanfang
                                            außerhalb der Hauptsaison ermög­
• Der Tourismus ist in Schleswig-Hol­       licht, wird derzeit auf Sylt erprobt
  stein ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.    und ist auf den ostfriesischen Inseln
  Vor allem in den strukturschwachen        schon gang und gäbe.
  Regionen an der Westküste und in
  Ostholstein hängen Wirtschaftskraft • Die weltweite Finanzkrise hat die
  und Arbeitsplätze entscheidend da­       Werften massiv in Bedrängnis ge­
  von ab. Wir wollen die touristische      bracht. Länder wie China, Süd-Korea
  Infrastruktur weiter modernisieren.      und Norwegen haben deshalb finan­
  Der SSW will den Tourismus als För­      zielle Maßnahmenpakete für ihre
  derschwerpunkt in der Regionalpoli­      Schiffbauer aufgelegt. Angesichts
  tik erhalten und ausbauen sowie die      der unterschiedlichen Ausgangsla­
  betrieblichen Fördermöglichkeiten        gen bei staatlichen Werftenhilfen
  für touristische Betriebe, insbeson­     ist es sinnvoll, auf derartige Maß­
  dere für größere, innovative Projekte,   nahmen im Ausland mit eigenen
  verbessern.                              Unterstützungsmaßnahmen zu
                                           reagieren. Unsere Werften müssen
• Der SSW will das Tourismusmar-           im Wettbewerb eine Chance haben,
  keting optimieren. Hierfür soll das      damit diese hochtechnologischen
  touristische Marketing mit dem           Arbeitsplätze an den Weften und den
  Regionalmarketing aus dem Bereich        Zulieferunternehmen in Schleswig-
  Landwirtschaft unter dem Dach der        Holstein bestehen können.
  Tourismus-Agentur Schleswig-Hol­
  stein (TASH) zusammengelegt und        • Die Windenergie hat sich längst von
  finanziell gestärkt werden. Die so       einer Öko-Nische zu einem der wich­
  gewonnenen Gelder sowie mögliche         tigsten wirtschaftlichen Standbeine
  Mittel aus dem Europäischen Fonds        Schleswig-Holsteins entwickelt. Es ist
  für regionale Entwicklung (EFRE)         Aufgabe   der Landesregierung, alles
  sollen auch dafür genutzt werden,        dafür zu tun, dass Schleswig-Hol­
  Koordinierungsstellen für den Fahr­      stein einer der führenden Standorte
  radtourismus und den barrierefreien      der Branche bleibt und sich weiter
  Tourismus einzurichten.                  entwickelt. Hierzu gehört sowohl die
                                           Bereitstellung der entsprechenden
• Der SSW setzt sich dafür ein, dass die   Infrastruktur als auch die Förderung
  „Inselferienregelung“ in touristisch     von forschenden Hochschulen als Ko­

SSW   Wah lpro gramm 2012              18
operationspartner der Unternehmen             struktur ein. Eine Privatisierung des
 in der Region. Für den Standort ist           Sparkassenwesens, wie CDU und
 es auch entscheidend, dass das Land           FDP sie anstreben, ist für uns nicht
 alles unternimmt, um die internatio­          akzeptabel. Für die Menschen vor
 nale Leitmesse der Windenergiebran­           Ort und für die regionale Wirtschaft
 che in Husum zu erhalten. (Siehe              muss es weiterhin Sparkassen und
 hierzu auch 2.3 und 7.4)                      Genossenschaftsbanken geben,
                                               die sich auch um normale Kunden
• Das Internet ist mittlerweile ein            küm­mern und sich der jeweiligen
  wichtiger Standortfaktor und gehört          Region gegenüber verantwortlich
  zur Infrastruktur wie Telefon, Strom         fühlen. Die jüngste Finanz­krise hat
  oder Straßen. Wirtschaftlich ist das         deutlich gezeigt, was vom reinen
  Breitband-Internet wichtig für die           Profitstreben privatrechtlich organi­
  Erschließung von Märkten und An­             sierter Banken zu halten ist. Nur ein
  geboten und sorgt für Wachstum.              öffentlich-rechtliches Bankensystem
  Doch es gibt immer noch Regionen             neben den Privatbanken schafft eine
  in Schleswig-Holstein, in denen es           sichere Alternative für die Bürgerin­
  keine Breitbandversorgung gibt. Hier         nen und Bürger. Deshalb wollen wir
  wurde über Jahre hinweg versäumt,            das schleswig-holsteinische Sparkas-
  insbesondere den ländlichen Raum             sengesetz ändern: Die Sparkassen
  entsprechend zu versorgen. Die               sollen öffentlich-rechtliche Institute
  Mittel, die vom Land bereitgestellt          bleiben und eine Beteiligung Privater
  wurden, sind bereits ausgeschöpft.           in Zukunft wieder unter­bunden wer­
  Durch eine Umschichtung bei den              den.
  Landesmitteln für Regionalentwick­
  lung können aber weitere Mittel frei
  gemacht werden. Für den SSW muss         2.2. Zusammenarbeit verstärken
  der Ausbau der Datenautobahn in
  den ländlichen Raum klare Priorität      Um im globalen Wettbewerb zu beste­
  vor der Sanierung von Feldwegen ha­      hen, braucht Schleswig-Holstein starke
  ben. Außerdem fordern wir, dass ein      Verbündete und Partner. Wechselnde
  Konzept für die Anbindung der „letz­     Landesregierungen haben ihre Wirt­
  ten Meile“ geschaffen wird. Hierfür      schaftspolitik schon seit geraumer Zeit
  müssen mehr Gelder zur Verfügung         auf Hamburg ausgerichtet. Auch viele
  gestellt werden. Der SSW will das        Kommunen im Süden und der Mitte
  Breitbandkompetenz­zentrum perso­        des Landes wollen vom Wirtschaftsle­
  nell aufstocken und regionalisieren.     ben und den internationalen Verflech­
                                           tungen der nord­deutschen Metropole
• Der SSW setzt sich für den Erhalt der    profitieren. Sie schließen sich der „Met­
  öffentlich-rechtlichen Sparkassen­       ropolregion Hamburg“ an, die sich ste­

                                          19              Wa h l p ro g ram m 2012   SSW
tig ausdehnt. Bald schon werden           und der Mitte Schleswig-Holsteins
60 % der Schleswig-Holsteiner inner­      eine wirtschaftliche Perspektive. Der
halb dieses Zusammen­schlusses von        SSW will die Zusammenarbeit zwi­
Hamburg und seinen Nachbarregionen        schen Hamburg und dem südlichen
in Schleswig-Holstein, Niedersachsen      Schleswig-Holstein durch eine en­
und Mecklenburg-Vorpommern leben.         gere Verzahnung von gemeinsamen
Der „Sog“ der Großstadt wird noch von     wirtschaftspolitischen Clustern wei­
der Hoffnung befördert, dass die Achse    ter intensivieren, zum Beispiel durch
zwischen Hamburg und der nordeu­          gemeinsame Clustermanagements.
ropäischen Boomregion Kopenhagen/
Malmö in Zukunft noch viel stärker      • Der SSW lehnt den Nordstaat kate­
wird, nicht zuletzt auch durch die ge­    gorisch ab. Diese Idee ist technokra­
plante Feste Fehmarnbeltquerung.          tisch, bürgerfern, unrealistisch und
Diese Chance muss so weit wie möglich     unhistorisch. Der Nutzen einer sol­
genutzt werden. Der SSW befürwortet       chen Länderfusion steht in keinem
eine enge Zusammenarbeit mit Ham­         Verhältnis zu den Kosten und Nach­
 burg sowohl was öffentliche Aufgaben     teilen.
 als auch die wirtschaftliche Entwick­
lung angeht. Wir lehnen aber eine       Ein weiterer wichtiger Partner
­Fusion der Länder ab.                  Schleswig-Holsteins ist Dänemark.
                                        Die Kooperation von Unterneh­
 • Die Metropolregion Hamburg           men, Forschungseinrichtungen und
   ist heute eine der zentralen wirt­   Wirtschaftsförderern ist für ganz
   schaftspolitischen Referenzgrößen    Schleswig-Holstein interessant. Eine
   für Schleswig-Holstein. Die Zusam­   verstärkte Zusammenarbeit gibt es
   menarbeit von Hamburg und seinen vor allem im nördlichen Grenzland,
   Randgebieten im Rahmen der Me­       zwischen der alten KERN-Region (Kiel-
   tropolregion muss weiter vorange­    Eckernförde-Rendsburg-Neumünster)
   bracht werden.                       und Fünen sowie zwischen der Region
                                        Ostholstein-Lübeck und den dänischen
 • Der SSW setzt sich dafür ein, dass   Inseln Lolland und Seeland. Letzte­
   Schleswig-Holstein und Hamburg       re wird im Rahmen einer Stärkung
   sich in den Bereichen Landespla-     der Fehmarnbelt­verbindung in den
   nung, Wirtschaftsförderung und Ver- nächsten Jahren deutlich intensiviert
   kehrsplanung enger abstimmen und werden. Das Land kann noch vieles tun,
   sich auf gemeinsame Grundsätze       um die Rahmenbedingungen für diese
   verständigen.                        deutsch-dänische Zusammenarbeit zu
                                        verbessern.
 • Die Entwicklung in und um Ham­
   burg bietet großen Teilen des Südens • Der SSW setzt sich für die Einrich­

SSW   Wah lpro gramm 2012             20
tung einer permanenten deutsch-             richts an den öffentlichen Schulen
 dänischen Arbeitsmarktkommission            und Berufsschulen in Schleswig-
 zum Abbau von rechtlichen Barrieren         Holstein. Um ausreichend Dänisch­
 in der Sozial- und Steuergesetzge­          kenntnisse in der Grenzregion zu
 bung zwischen Deutschland und               sichern, muss die Landesregierung
 Dänemark ein. Hinweise auf diese            langfristig an allen öffentlichen
 Barrieren können von den Akteuren           Schulen und berufsbildenden Schu­
 der Region Sønderjylland-Schleswig,         len Dänisch als obligatorisches
 zum Beispiel dem Regionskontor              Schulangebot einrichten. Vorausset­
 oder dem Deutsch-Dänischen Ar­              zung für den Ausbau des Dänischun­
 beitsmarktforum, gegeben werden.            terrichts sind die Ausbildung von ge­
                                             nügend Dänisch-Lehrkräften an den
• Der SSW setzt sich für die Erwei­          schleswig-holsteinischen Hochschu­
  terung der deutsch-dänischen               len und mehr Referendariatsplätze
  Hochschulzusammen­arbeit ein, die          für das Fach Dänisch.
  an allen Hochschulen in Schleswig-
  Holstein noch ausbaufähig ist. Das     Der SSW setzt sich dafür ein, dass die
  Land muss die europaweit einma­        Landesregierung die Entwicklung ei­
  ligen, gemeinsamen deutsch-däni­       nes gemeinsamen deutsch-dänischen
  schen Studiengänge der Hochschu­       Logistikzentrums in Padborg aktiv un­
  len in Flensburg und des Campus        terstützt.
  Sønderborg der Syddansk Universitet
  finanziell sichern und deren Ausbau    • Der SSW setzt sich dafür ein, dass
  unterstützen.                            mehr grenzüberschreitende Gesund-
                                           heitsangebote entwickelt werden.
•  Der SSW fordert weitere konkrete        Alle Bewohner des Grenzlandes
   Maßnahmen zur gegenseitigen             sollen Zugang zur medizinischen
   Anerkennung von deutschen und           Versorgung und zu den Gesundheits­
   dänischen Berufsabschlüssen. Es         einrichtungen der gesamten Region
   muss langfristig das Ziel sein, dass    bekommen.
   die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­
   nehmer bei der Anerkennung von        • Die neu wachsende grenzüberschrei­
   Berufsabschlüssen eine Anlaufstelle     tende Zusammenarbeit zwischen
   haben, die alles regeln kann. Das Re­   Ostholstein und Lolland über den
   gionskontor Sønderjylland-Schleswig     Fehmarnbelt hinweg baut auf an­
   bietet sich hierfür an, müsste dazu     deren Voraussetzungen auf als das
   aber weitere Ressourcen bekommen.       landfeste Grenzland in der nördli­
                                           chen Region mit seinen Minderhei­
• Der SSW fordert konkrete Zielsetzun­     ten und seiner besonderen gemein­
   gen zum Ausbau des Dänischunter-        samen Geschichte. Trotzdem kann

                                        21              Wa h l p ro g ram m 2012   SSW
diese neue Kooperation zwischen          • Die Region Sønderjylland-Schleswig
 Schleswig-Holstein und Dänemark            hat sich mit einer neuen organisa­
 von den Erfahrungen in der Region          torischen Struktur gut aufgestellt.
 Sønderjylland-Schleswig und der            In Zukunft werden die Region Syd­
 Kooperation KERN-Region/Fyn profi­         danmark und die Landesregierung
 tieren. Der SSW setzt sich dafür ein,      stärker in die Arbeit der Region mit
 dass das Land diesen Erfahrungsaus-        einbezogen, unter anderem als
 tausch befördert und unterstützt.          Mitglieder im Vorstand. Auch im
                                            Wirtschafts­bereich gibt es bereits
Der SSW begrüßt die jüngste Ent­            gemeinsame Strategien, die um­
wicklung in der deutsch-dänischen           gesetzt werden müssen. Der SSW
Zusammenarbeit. Die Fokussierung            fordert, dass die wirtschaftliche
auf die neue Fehmarnbelt-Connection         Zusammenarbeit durch Umsetzung
darf aber nicht dazu führen, dass die       der Cluster-Strategie und der Wirt-
besonders enge, historisch gewachse­        schaftsentwicklungsstrategie der
ne deutsch-dänische Verbindung an           Region Sønderjylland-Schleswig ver­
der nördlichen Landgrenze niedriger         tieft wird.
priorisiert wird. Wir sehen deshalb
mit großer Sorge, dass die Landesre­      • Zu einer gemeinsamen Wirtschafts­
gierung mit ihrer 2010 beschlossenen        politik gehört, dass die bisherige
„Dänemark-Strategie“ die Ausrichtung        Interreg-Förderung für den nördli­
der deutsch-dänischen Zusammen­             chen Landesteil nach 2013 fortge­
arbeit stark auf den Fehmarnbelt und        führt wird. Der SSW fordert, dass ein
die Achse Hamburg-Kopenhagen                gemein­sames Interreg-Programm
verlagert. Die seit fast 30 Jahren          für ganz Schleswig-Holstein auch ei­
erfolgreiche Zusammenarbeit im              genständige regionale Subprogram­
Grenzland hat angesichts ihres his­         me umfasst, um die ausreichende
torischen Hintergrunds eine eigene          Förderung der nördlichen Zusam­
kulturelle Tiefe und Bedeutung für die      menarbeit zu sichern.
Völkerver­ständigung. Der SSW fordert
deshalb, dass die Landesregierung der • Der SSW fordert konkrete Ziel­
grenzüber­schreitenden Zusammen­            setzungen des Landes zum Aus­
arbeit an der Landgrenze zwischen           bau der grenzüberschrei­tenden
Deutschland und Dänemark weiterhin          Verkehrsinfra­struktur und der
höchste Priorität gibt. Dies schließt ne­   Bahnverbindungen in der Region
ben der Weiterentwicklung der Region        Sønderjylland-Schleswig, damit der
Sønderjylland-Schleswig auch die Ver­       Norden des Landes verkehrspolitisch
tiefung der Zusammenarbeit zwischen         nicht abgehängt wird. Wie dieses
Schleswig-Holstein und der Region           Ziel konkret angesichts der enormen
Syddanmark ein.                             Investitionen in die Hinterlandanbin­

SSW   Wah lpro gramm 2012                22
dungen der geplanten Fehmarnbelt-      skandinavischen Länder sich durchaus
 Querung erreicht werden soll, geht     lohnen, denn dorthin liefern die schles­
 aus der Dänemark-Strategie der Lan­    wig-holsteinischen Unternehmen einen
 desregierung leider nicht hervor.      sehr großen Teil ihres Exports. Vor allem
                                        im Bereich der Ostseekooperation, die
• Die Bewerbung der grenznahen          einmal als eine Art Königsdisziplin
  dänischen Kommune Sønderborg          Schleswig-Holsteins galt, hat die Lan­
  als europäische Kulturhauptstadt      desregierung in den letzten Jahren viel
  2017 hat nicht nur eine kulturpoliti­ zu wenig getan, um das hohe Niveau
  sche sondern auch eine handfeste      vergangener Jahrzehnte zu halten. Hier
  wirtschaftliche Bedeutung für das     sind Wachstumschancen vertan wor­
  gesamte Grenzland. Sie wird von den den, die für die schleswig-holsteinische
  Kreisen Nordfriesland und Schles­     Wirtschaft und neue Arbeitsplätze
  wig-Flensburg sowie der Stadt Flens­ wichtig sind.
  burg unterstützt und muss auch von
  der Landesregierung aus vollen Kräf­ • Der SSW will, dass die Landesre­
  ten gefördert werden.                   gierung die Ostseepolitik wieder
                                          gestaltet und auf diesem für Schles­
• Der SSW will, dass das Regionskon-      wig-Holstein wichtigen Feld nach
  tor Sønderjylland-Schleswig mehr        vorn gerichtet agiert. Dies gilt nicht
  Ressourcen erhält, um Arbeitneh­        zuletzt für die Umsetzung der EU-
  merinnen und Arbeitnehmer in der        Ostseestrategie. Ziel muss sein, dass
  Grenzregion bedarfsgerecht über die     Schleswig-Holstein Verantwortung
  verschiedenen Sozial- und Steuersys­    für die Umsetzung einzelner für un­
  teme zu informieren und zu beraten.     ser Land wichtiger Projekte aus dem
                                          EU-Aktionsplan übernimmt. Die Lan­
Während für unser nördliches Nach­        desregierung muss u.a. bei der Wei­
barland in den letzten Jahren immerhin    terentwicklung der integrierten Mee­
eine Dänemark-Strategie erstellt und      respolitik der EU, in Sachen „Clean
der Kontakt vertieft wurde, haben ande­   Baltic Shipping“ und auf dem Gebiet
re Beziehungen eher brach gelegen. Die    der Sicherheit auf See eine führende
Landesregierung hat zwar – vor allem      Rolle einnehmen. Der SSW fordert,
für die schleswig-holsteinische Gesund­   dass das Parlamentsforum Südliche
heitswirtschaft – die Kontakte nach       Ostsee verstärkt als regionale Platt­
China, Arabien, Russland und auch zum     form der Ostseekooperation genutzt
Vatikan ausgebaut. Die Beziehungen zu     wird und der Ostseeparlamentarier­
unserem europäischen Umfeld haben         konferenz Bericht erstattet.
aber eher brach gelegen. Dabei könn­
ten noch bessere Beziehungen nach       • Die Nordsee-Kooperation birgt eine
Holland, England, Frankreich und in die   wichtige strategische Perspektive für

                                       23              Wa h l p ro g ram m 2012   SSW
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