Employee Experience: HR muss denken und handeln wie ein Start-up!
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VERBAND nehmenslenker immer stärker davon weg, sich um die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Mitarbeiter zu küm- Employee mern. Sie richten ihr Augenmerk auf das Unternehmenswachstum. Perso- naler müssen sich um das persönliche Experience: HR Wachstum der Mitarbeiter aktiv be- mühen und es begleiten. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass aus „Human muss denken Relations“ ganz schnell „Human Re- sistance“ wird. Aus meiner Sicht ist daher ein Chief People Officer ebenso wichtig wie beispielsweise ein Chief und handeln wie Digital Officer. Wie genau muss sich denn die Kultur verändern? Was läuft derzeit falsch? ein Start-up! Diese Aufgabe liegt in erster Linie beim Management. Es sollte einen klaren nachvollziehbaren Auftrag des Unternehmens für die Zukunft formu- lieren, der alle dazu motiviert, daran Ein Interview von mitwirken zu wollen. Diejenigen, die Silvia Hänig das tun, sollten auch für ihren Beitrag entsprechend belohnt werden. Aber Anlässlich des 10. Personalmanagementkongresses auch für das Management würden sprachen wir mit dem Digital-Analysten und Master- dann andere Performance-Kriterien gelten. Sie sollten danach bewertet mind der Employee Experience Brian Solis darüber, werden können, wie sie Menschen warum gerade in Zeiten des digitalen Umbruchs ein unterstützt haben, ihre Fähigkeiten Perspektivenwechsel für HR so wichtig ist. oder neuen Ideen in die Organisation zu tragen. Die meisten Führungs- und Unternehmenskulturen sind aber da- rauf ausgerichtet, dass nur diejenigen Herr Solis, warum wird es für Organisa- Entscheider sehen und behandeln ihre belohnt werden, die an der Spitze des tionen immer wichtiger zu verstehen, Mitarbeiter immer noch als „Pflichter- Unternehmens sitzen. Ob sie nun ihre wie sich die Mitarbeiter fühlen? füller“, die ihre Aufgaben zu erledigen Businessziele erreicht haben oder Wie Mitarbeiter und auch Kunden und sich bitte nicht um andere Dinge nicht. Eine Incentivierung für die Ent- sich fühlen oder ein Unternehmen zu scheren haben. Um diese Pflichter- wicklung von Mitarbeitern spielt dabei „erleben“, also die viel zitierte Custo- füllung regelmäßig zu kontrollieren, keine Rolle. Damit gibt es auch bisher mer-, beziehungsweise Employee trifft man sich ein paar Mal im Jahr, noch keinen wirklichen Anlass für die Experience, sind wichtige Teile der um die Leistung des Mitarbeiters in Führung, Employee Experience Top- digitalen Transformation. Denn sie Zielerreichungs- oder Performance- down zu fördern. beeinflussen direkt die Innovations- gesprächen zu bewerten. Mit einer Nehmen wir an, ein Personaler hat un- fähigkeit eines Unternehmens. Fühlen ganzheitlichen Förderung des Engage- seren EX Design Workshop besucht. Mitarbeiter sich wohl und können an ments eines Mitarbeiters hat das aber Wie soll er jetzt konkret mit der Um- ihren Aufgaben wachsen, engagieren nichts zu tun. setzung im eigenen Unternehmen sie sich und verhelfen dem Arbeitgeber Und wie genau können die Personaler starten? zu mehr Produktivität. Die Kultur ist dieser Wahrnehmung entgegenwirken, In jedem Fall ist es wichtig, dass je- dafür der Katalysator Nummer eins. um die Employee Experience zu ver- mand intern dafür in den Lead geht. Theoretisch klingt das toll. Aber wie bessern? Das kann ein Personaler sein, oder Foto: Jana Legler weit ist die Praxis? Aufgrund des technologischen Wan- aber auch eine Person aus einem ande- Leider findet in vielen Organisationen dels mitsamt seiner Automatisierung ren Fachbereich. Allerdings sollte man heute genau das Gegenteil statt. Viele und Digitalisierung kommen Unter- sich dabei stets vor Augen führen, dass 98 www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e
VERBAND welt des Mitarbeiters methodisch zu erreichen. Denn zufriedene Mitarbei- ter bringen am Ende des Tages auch zufriedene Kunden. Dann sind wir ja mit EX Design auf dem richtigen Weg. Noch eine letzte Frage: Wie sollten Personaler ihren Job vor dem Hintergrund des Perspektiv- wechsels künftig verstehen? Wer seine HR-Services von deren Wahrnehmung und Anklang beim Mitarbeiter abhängig machen möchte, „Wer darauf wartet, dass braucht dafür auch das Commitment vom Topmanagement. Personaler soll- ten also in der Lage sein, dem Manage- andere kommen und sa- ment konkret anhand von ROI-Be- rechnungen und Business Cases zu gen, was zu tun ist, befin- verdeutlichen, warum es sich für sie geschäftlich lohnt, in die Mitarbeiter det sich auf der falschen und deren Bedürfnisse zu investieren. Anders ausgedrückt: HR sollte wie ein Seite von Innovation.“ Start-up denken und handeln. Erst wenn es eine Idee inklusive einer be- rechenbaren Grundlage gibt, die das geschäftliche Ziel unterstützen, hat HR man für diese Art Transferleistung sei- Grundlage dafür verstanden werden, gute Argumente für die konsequente ne Komfortzone verlassen muss und Produkte und Services daraufhin aus- Umsetzung von Employee Experience Neuland betritt. Das ist der schwerste zurichten, kann man überhaupt von auf breiter Front. • Schritt, aber anders wird Employee echter Kundenorientierung sprechen. Experience nicht gelingen. Wer dar- Wie Sie selbst wissen, sind die meisten auf wartet, dass andere kommen und davon aber heute noch weit entfernt. sagen, was zu tun ist, befindet sich auf Das zeigen alte, unvollständige und der falschen Seite von Innovation. nicht gepflegte Datensätze über den Das Marketing beschäftigt sich schon Kunden. Allerdings kenne ich dennoch seit einiger Zeit mit Customer Experi- einige wenige Marketingentscheider, ence. Personaler sollen sich nun dem die tatsächlich die Kundendaten ins internen Pendant der Employee Expe- Zentrum ihres Handelns stellen, um rience zuwenden. Können sie dabei ihre Ansprache daran ausrichten. Nun von den Kollegen aus der Vermarktung ist die Analyse von Mitarbeiterdaten lernen? ein recht heikles Thema und mit vielen Wissen Sie, jeder Marketier wird Ihnen rechtlichen Hürden verknüpft. Daher sagen: "Wir sind nah am Kunden."Aber empfehle ich, so wie Sie es im Work- nur die Wenigsten arbeiten auch wirk- shop praktizieren, den Personalern lich ernsthaft daran. Denn erst, wenn Werkzeuge an die Hand zu geben, die die Echtzeit-Daten des Kunden als sie nutzen können, um die Gefühls- au gu st / septem ber 2019 99
VERBAND „Ich bin eine Frau der Taten“ Ein Interview von Silvia Hänig Seit einigen Wochen hat der Bundesverband der Personalmana- ger nun eine neue Chefin. Grund genug, einmal genauer bei der frisch gebackenen Präsidentin nachzufragen, wie sie ihre ersten 100 Tage im Ehrenamt konkret in Angriff nehmen wird. Frau Dransfeld-Haase, Sie haben Ihren wir gemeinsam den Verband weiter Mir geht es hier zunächst darum, mit ersten Personalmanagementkongress Richtung „HR als Gestalter der digita- unseren Aktivitäten ein Bewusstsein als neue Verbandspräsidentin erfolg- len Transformation“ entwickeln. Das bei den angeschlossenen Personalern reich hinter sich gebracht. Wie fühlen bedeutet: Ich möchte auf Basis unserer dafür zu entwickeln, dass es nicht so Sie sich jetzt? strategischen Thementreiber, mit un- weitergehen kann wie bisher. Ich gebe Mir geht es gut, danke. Ich fühle mich seren Mitgliedern, der Politik und den Ihnen ein Beispiel: Nehmen wir den gestärkt für die nächsten Wochen, Medien dauerhaft im Gespräch blei- Einsatz künstlicher Intelligenz. Wir denn wir haben einiges auf dem Zettel. ben, um ein nachhaltiges Personalma- sprechen immerzu darüber, dass Per- Gemeinsam mit meinem neuen Präsi- nagement betreiben zu können. Denn sonalverantwortliche sich als interne diumsteam habe ich bereits die Arbeit genau das werden die Personaler brau- Impulsgeber der digitalen Transforma- aufgenommen, um die ersten Aktivi- chen, wenn sie ihren Bereich intern als tion verstehen sollen. Aber wie können täten aufzugleisen und die richtigen strategischen Wert- und Wachstums sie diese Rolle wahrnehmen, wenn sie Schwerpunkte zu definieren. treiber positionieren wollen. andererseits noch nicht einmal Wissen Was muss man sich genau darunter Das klingt eher nach Zielen für Groß- zum Umgang mit künstlicher Intelli- Foto: Jana Legler (2) vorstellen? konzerne. Was macht Sie so sicher, genz aufgebaut haben? Das passt nicht Wie ich es bereits in meiner Eröff- dass sich auch der Mittelstand damit zusammen. Und hier kommt der BPM nungsrede angekündigt hatte, werden identifiziert? als Drehscheibe für mehr Aufklärung 10 0 www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e
VERBAND und Orientierung ins Spiel. Wir müs- „Bevor man mit großen sen uns darauf konzentrieren, dass die Lücke zwischen Wunsch und Wirk- lichkeit im Personalwesen nicht noch Zielen loslegt, sollte man größer wird und wir intern ein gutes Erwartungsmanagement betreiben. zuhören, was anderen Da machen wir keinen Unterschied zwischen Dax-Konzern und Mittel- wichtig ist, wofür sie sich stand – das Thema geht alle an. Verstanden. Und was genau macht Sie engagieren möchten.“ selbst hier so glaubwürdig? Wissen Sie, ich habe bei Nordzucker ja nicht nur den Hut des Personalers die Arbeitsrealität heute einbringen. deren wichtig ist, und wofür sie sich auf, sondern bin ebenfalls für den Da- Stichwort: Arbeit neu denken. Nach engagieren möchten. Derzeit bereiten tenschutz, die interne Revision und der politischen Sommerpause geht wir unsere Klausurtagung für Anfang das Risiko-Management zuständig. es verstärkt weiter. Hier brauchen wir September vor. Da wird dann der ge- Das heißt, Worte und Taten sollten schnell praktische und umsetzbare meinsame Kurs festgelegt. Wie der ge- im Idealfall mit Zahlen untermauert Lösungen. Des Weiteren werden wir nau aussehen wird, verrate ich Ihnen, werden können. Zudem ermöglicht uns um die Mitarbeitergewinnung als wenn es soweit ist. mir mein Aufgabenspektrum Gesprä- Strategiefaktor kümmern. Hier geht Viele Unternehmen befinden sich in che auf Augenhöhe mit anderen Fach- es darum, dem Personaler, der heute wirtschaftlich schwierigen Fahrwas- bereichen sowie einen schnellen Pers- bei knappen Ressourcen mit seinem sern. Stellen müssen in großem Stil pektivwechsel, den man braucht, um bisherigen Rekrutierungs-Baukasten abgebaut werden und die Weiterqua- sich in die Mitarbeiter hineinversetzen nicht mehr weiterkommt, Best Practi- lifizierung von Mitarbeitern lässt noch zu können. Diese Erfahrungen haben ses an die Hand zu geben, von denen sehr zu wünschen übrig. Wie unter- mir in den vergangenen zehn Jahren er profitiert, indem er neue Rekrutie- stützt der BPM seine Mitglieder in geholfen, meine Personalarbeit immer rungswege ausprobiert. diesen schweren Zeiten jenseits von gezielter darauf auszurichten, welchen Was genau tun Sie denn, um Ihr neu- Schönwetter-Themen? Wertbeitrag sie für das Geschäft hat. es Präsidium auf Ihre Agenda einzu Vor diesem Hintergrund ist es wich- Was steht noch auf Ihrem Plan für die schwören? tig, unseren Mitgliedern ein Forum für kommenden Wochen? Ich habe bisher viele Einzelgesprä- den Austausch von Best Practices zu Da steht schon ziemlich viel drauf. che geführt, um die Perspektiven und geben. Diesen Dialog führen wir ins- Zum einen werden wir uns in den Sichtweisen meiner Kollegen noch besondere über unsere Regionalgrup- nächsten Wochen konkret in die Dis- besser zu verstehen. Ich finde, bevor pen, um möglichst viele zu erreichen kussion zur nationalen Ausgestal- man mit großen Zielen loslegt, sollte und niemanden im Regen stehen zu tung des EuGH-Urteils mit Blick auf man erst einmal zuhören, was an- lassen. Es wird immer wichtiger wer- den, eine veränderungsbereite, flexible und neugierige Belegschaft zu formen, die sich schnell an neue Herausforde- rungen anpasst, stetig hinzulernen und sich weiterentwickeln möchte. Genau das müssen wir mit unseren Themen adressieren. Gemeinsam mit der Politik gilt es dafür das Chancen qualifizierungsgesetz weiterzuent- wickeln. Wir müssen dahin kommen, dass sich aufgrund des technologi- schen Fortschritts freigestellte Mit- arbeiter intern sofort weiterqualifi- zieren können und nicht erst lange nach einem neuen Job suchen müssen. • 101
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