Erläuterungen zum Begriff der charakteristischen Masse in den DIN-Normen für Feuerwehrfahrzeuge
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Erläuterungen zum Begriff der charakteristischen Masse in den DIN- Normen für Feuerwehrfahrzeuge Seit einigen Jahren wird in den DIN-Normen für Feuerwehrfahrzeuge der Begriff „charakteristische Masse“ verwendet. Die Einführung des Begriffs der „charakteristischen Masse“ hat den Anwendern und Herstellern einen großen Freiraum für eine mögliche Massenreserve eingeräumt und damit in einem bisher kritischen Punkt die Feuerwehrfahrzeugnormen sehr stark liberalisiert. Es liegt nun an allen Beteiligten, den gewährten Freiraum sinnvoll zu nutzen. Weil es bei der Verwendung dieses Begriffs zu unterschiedlichen Interpretationen gekommen ist, sollen nachfolgend über dessen Bedeutung sowie die Hintergründe, die zur Aufnahme der charakteristischen Masse in den Normen geführt haben, einige Erläuterungen gegeben und damit nachfolgende häufig gestellte Fragen (FAQ) beantwortet werden. Warum wurde im DIN-FNFW der Begriff der charakteristischen Masse eingeführt? Unter anderem wegen der steigenden Anzahl von Ausnahmeanträgen (Abweichungen von normativen Festlegungen), auf dessen Gründe hier nicht eingegangen wird, wurde in Abstimmung mit dem Lenkungsausschuss (LA) des DIN-FNFW vom AFKzV (Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung des AK V der ständigen Konferenz der Innenminister) ein Bedarfskonzept der Fahrzeuge für die Feuerwehren aus Sicht der Länder erarbeitet. Das Konzept wurde mit dem Bericht "Grundsatzdiskussion über die Normung von Feuerwehrfahrzeugen" vorgestellt. Der Lenkungsausschuss (LA) des DIN-FNFW hat daraufhin den FNFW-Fachbereichsausschuss NA 031-04 FBR (ehemals FBA 192) beauftragt, dieses vorgelegte Papier für die künftige Normungsarbeit richtungsweisend umzusetzen. Im FNFW-Fachbereichsausschuss NA 031-04 FBR wurde der Bericht unter Mitwirkung von Vertretern des AFKzV beraten. Auf Grundlage dieses Länderkonzepts wurde im Konsens die "FNFW-Feuerwehrfahrzeug- Typenliste" (siehe Bild 1) erstellt, in der alle Feuerwehrfahrzeugtypen enthalten sind, für die im DIN-FNFW Normen erarbeitet wurden bzw. noch zu erarbeiten sind. Die FNFW- Feuerwehrfahrzeug-Typenliste kann auch auf der Internetseite des DIN-FNFW (http://www.fnfw.din.de) eingesehen werden.
-2- ANMERKUNG: Mit dem Erscheinen von DIN EN 14043 und DIN EN 14044 ist Ende 2005 zu rechnen. Bild 1 ─ FNFW-Feuerwehrfahrzeug-Typenliste Zu jedem genormten Feuerwehrfahrzeug sind in der Typenliste dessen charakterisierenden Eigenschaften aufgeführt. Eine dieser charakterisierenden Eigenschaften ist die charakteristische Masse. Die Einführung des Begriffes der „charakteristischen Masse“ soll entsprechend der nachfolgend aufgeführten Definition dem Anwender bezüglich der Massenreserven für die Beladung nach ortsspezifischen Bedürfnissen einen möglichst großen Freiraum belassen. Damit ist die Erwartung verbunden, dass die Anzahl von Ausnahmeanträgen reduziert wird. Wie ist der Begriff „charakteristische Masse“ definiert? In E DIN 14502-2, „Feuerwehrfahrzeuge - Teil 2: Zusätzliche Festlegungen zu DIN EN 1846-2 und DIN EN 1846-3 (Vorschlag für eine Europäische Norm)“ sowie den einzelnen Fahrzeugnormen ist der Begriff der charakteristischen Masse wie folgt definiert: charakteristische Masse Masse des einsatzbereiten Fahrzeugs, das den Mindestanforderungen der typspezifischen Norm entspricht, einschließlich ─ Art und Umfang der mindestens geforderten technischen Einrichtung und Beladung, ─ der Mannschaft, ─ und gegebenenfalls dem Löschmittelvorrat, zuzüglich einer Massenreserve von mindestens 3 % der charakteristischen Masse für Zusatzbeladungen nach örtlichen Belangen, wobei die charakteristische Masse die zulässige Gesamtmasse des verwendeten Fahrgestells nicht übersteigt. ANMERKUNG 1 Die gegebenenfalls bestehende Differenz zwischen charakteristischer Masse und zulässiger Gesamtmasse des verwendeten Fahrgestells kann für weitere Zusatzbeladungen nach örtlichen Belangen genutzt werden.
-3- ANMERKUNG 2 Bei den einzelnen Beladungsgegenständen werden marktübliche Massen zu Grunde gelegt. [E DIN 14502-2:2004-04] Was bedeutet die Anwendung des Begriffs „charakteristische Masse“ in der Praxis? Dies soll am Beispiel des aktuellen Norm-Entwurfs E DIN 14530-17:2005-09 für das Tragkraftspritzenfahrzeug TSF-W erläutert werden. Im genannten Norm-Entwurf wird in Abschnitt 4.2 darauf hingewiesen bzw. gefordert, ─ dass das TSF-W mit einer charakteristischen Masse von 6 500 kg darstellbar ist und ─ dass das TSF-W der Gewichtsklasse L (leicht, max. 7 500 kg) nach DIN EN 1846-1 und DIN EN 1846-2 entsprechen muss (siehe hierzu auch nachfolgende Tabelle 1 dieses Artikels). Das bedeutet, dass beim TSF-W eine Gesamtmasse (GM) von 7 500 kg (siehe Bild 2) nicht überschritten werden darf, aber auch keinesfalls bis zur Obergrenze ausgereizt werden muss. Der angegebene Wert der charakteristischen Masse von 6 500 kg ist dabei keine Restriktion, sondern ein Hinweis an die Anwender und Hersteller zur erwiesenermaßen machbaren Darstellbarkeit des genormten TSF-W mit einer Gesamtmasse von 6 500 kg (siehe Bild 3). Dem Anwender wird somit eine Massenreserve von 1 000 kg (die 3 % Massenreserve aus der Definition noch gar nicht eingerechnet) für eine Beladung nach ortsspezifischen Bedürfnissen belassen. Sofern das verwendete Fahrgestell es zulässt, kann der Anwender diesen großen Freiraum nutzen, ohne den gesetzten Rahmen der Norm zu verletzen. Er muss es aber nicht! Bild 2 ─ TSF-W mit 7,5 t Gesamtmasse Bild 3 ─ TSF-W mit 6,5 t Gesamtmasse (Bildquelle: Rosenbauer International AG Feuerwehrtechnik)
-4- Warum wird der Begriff „charakteristische Masse“ nicht bei allen genormten Feuerwehrfahrzeugen verwendet bzw. auch gemeinsam mit der festgelegten Gesamtmasse? Der gewährte Freiraum stößt dann an seine Grenzen, ─ wenn sich Feuerwehrfahrzeuge gewichtsmäßig an den Obergrenzen der Gewichtsklassen der Normen für die allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen DIN EN 1846-1 und DIN EN 1846-2 bewegen und/oder ─ die Obergrenzen der zulässigen Gesamtmassen nach der EU-Führerscheinrichtlinie berührt sind. Die hiervon betroffenen Feuerwehrfahrzeuge sind in der Typenliste (siehe Bild 1) mit ihrer maximalen Gesamtmasse und nicht mit der charakteristischen Masse angegeben. Sie sind dort mit der Fußnote *) gekennzeichnet. Die festgelegten Fahrzeug-Gewichtsklassen nach DIN EN 1846-1 und DIN EN 1846-2 sind nachfolgender Tabelle 1 zu entnehmen: Tabelle 1 ─ Fahrzeug-Gewichtsklassen nach DIN EN 1846-1 und DIN EN 1846-2 GEWICHTSKLASSE L (leicht) M (mittel) S (super) 2 t < GM ≤ 7,5 t 7,5 t < GM ≤ 14 t GM > 14 t GM = Gesamtmasse nach DIN EN 1846-2 Von der Gewichtsklasse des Feuerwehrfahrzeugs sind nach DIN EN 1846-2 diverse Sicherheits- und Leistungsanforderungen abhängig. Die Anforderungen ändern sich zum Teil, wenn das Fahrzeug in eine andere Gewichtsklasse eingestuft ist. Dies soll am Beispiel der Norm DIN 14530-11:2004-11 für das Löschgruppenfahrzeug LF 20/16 bzw. das Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug HLF 20/16 erläutert werden. In der genannten Norm wird in Abschnitt 4.2 gefordert, dass die Gesamtmasse des LF 20/16 und des HLF 20/16 bei Einhaltung der Mindestanforderungen mit Standardbeladung unter Berücksichtigung einer Massenreserve von 420 kg (3% der Gesamtmasse LF 20/16 und HLF 20/16) 14 000 kg nicht überschreiten darf. Das LF 20/16 und das HLF 20/16 müssen der Gewichtsklasse M nach DIN EN 1846-2 entsprechen. Vom zuständigen Arbeitsausschuss NA 031-04-06 AA wurde die Gesamtmasse auf max. 14 000 kg festgelegt, weil dann nach DIN EN 1846-2 lediglich die Anforderungen an die Gewichtsklasse M einzuhalten sind. Über 14 000 kg gelten die Anforderungen der Gewichtsklasse S. Wäre hier die Festlegung der unverbindlichen charakteristischen Masse anstelle der maximalen Gesamtmasse erfolgt, hätte dies zur Folge gehabt, dass die Gesamtmasse des (H)LF 20/16 freigestellt wäre und mehr als 14 000 kg betragen dürfte. Dann wäre das (H)LF 20/16 jedoch ein Fahrzeug der Gewichtsklasse S gewesen, was bei dem vorrangig zu wählenden Allradantrieb (Kategorie 2 nach DIN EN 1846-2) u. a. folgende Auswirkungen hätte: 1) die mindestens einzuhaltende Bodenfreiheit unter der Achse hätte sich von 23 cm auf 25 cm erhöht; 2) die Zeit, um aus dem Stand eine Strecke von 100 m zurückzulegen, würde sich um 1 s von max. 15 s auf max. 16 s erhöhen; 3) die Zeit, um aus dem Stand auf eine Geschwindigkeit von 65 km/h zu beschleunigen, erhöhte sich von max. 30 s auf max. 35 s; 4) die mindestens zu erreichende Endgeschwindigkeit des Fahrzeugs hätte sich um 5 km/h von 85 km/h auf 80 km/h reduziert;
-5- 5) der maximal zulässige Wendekreis wäre um 1 m von 18 m auf 19 m gestiegen. Zu diesen teilweise nachteiligen Auswirkungen für den Anwender käme noch hinzu, dass bei einer Angebotserstellung das zu verwendende Fahrgestell bekannt sein muss, um Aussagen über die Einhaltung der entsprechenden Gewichtsklassenanforderungen treffen zu können. All diese Aspekte haben dazu geführt, dass der Begriff „charakteristische Masse“ nicht bei allen Feuerwehrfahrzeugen verwendet werden kann. Er ist deshalb nur dann sinnvoll verwendbar, wenn sich die erwiesenermaßen machbare Darstellbarkeit der Fahrzeugesamtmasse innerhalb der jeweiligen Gewichtsklasse bewegt und nicht in dessen Grenzbereich liegt. Fazit Wie Eingangs erwähnt hat die Einführung des Begriffs der „charakteristischen Masse“ den Anwendern und Herstellern einen großen Freiraum für eine mögliche Massenreserve eingeräumt und es liegt nun an allen Beteiligten, diesen gewährten Freiraum auch sinnvoll zu nutzen. Dabei sei noch einmal eindringlich daran erinnert, dass der angegebene Wert der charakteristischen Masse keine Restriktion ist, sondern ein Hinweis an die Anwender und Hersteller zur erwiesenermaßen machbaren Darstellbarkeit eines genormten Feuerwehrfahrzeugs. Es muss auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht immer das maximal mögliche, d. h. die Obergrenze der jeweiligen Gewichtsklasse nach DIN EN 1846-2, angestrebt werden. Berlin, 2005-08-30 Dipl.-Ing. Michael Behrens Fachreferent im NA 031 Normenausschuss Feuerwehrwesen (FNFW) im DIN e.V.
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