Erste Ergebnisse einer Nahrungsanalyse des Fischotters Lutra lutra in Ostthüringen

Die Seite wird erstellt Joel Weller
 
WEITER LESEN
Erste Ergebnisse einer Nahrungsanalyse des Fischotters Lutra lutra in Ostthüringen
26                                                                Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 57 (1) 2021: 26 – 33

Roland Müller & Maria Schmalz

Erste฀Ergebnisse฀einer฀Nahrungsanalyse฀des฀
Fischotters฀Lutra lutra฀in฀Ostthüringen
 Zusammenfassung                                                              Abstract
                                                                              First฀results฀of฀a฀food฀analysis฀of฀the฀otter฀Lutra lutra
                                                                              in฀Eastern฀Thuringia

 Im Februar und März 2020 wurden an verschiedenen Gewässern in                In February and March 2020, 39 spraints of the otter Lutra lutra
 Ostthüringen an 36 Probestellen 39 Losungen des Fischotters Lutra            were collected from 36 sampling sites at different water bodies in
 lutra gesammelt und hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Nah-               East Thuringia and analysed with regard to the food components
 rungsbestandteile analysiert. Der Fischotter ernährte sich im Winter         they contain. In the winter, the otter consumes predominantly fish.
 zum überwiegenden Teil von Fisch. 25 Fischarten konnten nachge-              25 fish species could be detected. It consumes almost all fish spe-
 wiesen werden. Er fraß damit fast alle im Gebiet anzutreffenden              cies found in the area. A preference for certain species could not be
 Fischarten. Eine Bevorzugung bestimmter Arten ließ sich nicht er-            detected. Mostly small fish under 15 cm in length or small-sized fish
 kennen. Meist wurden kleine Fische unter 15 cm Länge bzw. klein-             species were consumed. Although 80 % of the sampling sites were
 wüchsige Fischarten gefressen. Obwohl sich 80 % der Probestellen             located near ponds, the proportion of commercial stocked fish
 in der Nähe von Teichen befanden, betrug der Anteil an Fischen, die          from fish farms was only 12 %. A negative impact on protected or
 teichwirtschaftlich genutzt werden, nur 12 %. Ein negativer Einfluss         endangered fish species cannot be proven with the present study.
 auf geschützte oder bedrohte Fischarten ist mit der vorliegenden             In summary, the findings made elsewhere on food composition,
 Studie nicht nachweisbar. Zusammenfassend lässt sich feststellen,            proportion of fish food as well as size and weight of fish consumed
 dass die vorliegende Studie anderenorts getroffene Feststellungen            can also be confirmed in the present study.
 zu Nahrungszusammensetzung, Anteil an Fischnahrung sowie Größe
 und Gewicht gefressener Fische bestätigt.

 Key฀words
 Otter, food analysis, fish remains, fish species range, fish size, biomass

EINLEITUNG                                        Saale und Unstrut dokumentiert wer-                  auf die Biomasse und Fischartenzusam-
                                                  den. Die höchste Nachweisdichte ist                  mensetzung gibt es hingegen für na-
Seit dem Jahr 1996 wird der Fischotter            aktuell mit ca. 70 bis 80 % Anteil an                türliche Fließgewässer. Für Thüringen
Lutra lutra wieder regelmäßig in Thürin-          positiven Untersuchungspunkten im                    konnte auf einer überregionalen Ebene
gen nachgewiesen, nachdem er ab                   Einzugsgebiet der Pleiße und Weißen                  kein Zusammenhang zwischen dem
1974 im Freistaat als ausgestorben galt           Elster anzutreffen. Es ist jedoch nicht              Vorkommen des Fischotters und dem
(MAU & KLAUS 1996). In Thüringen wird             möglich, mit dieser Methode den Be-                  derzeit beobachteten, tendenziellen
die Nachweisdichte der Art in ausge-              stand an Ottern abzuschätzen. Hierzu                 Rückgang der Fischbiomasse nachge-
wählten Gebieten durch jährliche Erhe-            wären aufwendige genetische Erhe-                    wiesen werden (SCHMALZ 2020). Die
bungen ab dem Jahr 2001 dokumen-                  bungen notwendig.                                    Fischfauna in Thüringen ist vielfältigen
tiert (SIEGESMUND 2001). Die Kartierungen                                                              Einwirkungen ausgesetzt, daher ist es
orientieren sich an der von der IUCN              Mit der Rückkehr des Wassermarders in                von Interesse, ob der Fischotter mögli-
Otter Specialist Group vorgeschlagenen            Thüringer Gewässer steigt das Interesse              cherweise auf lokaler Ebene einen Ein-
und europaweit angewendeten Erfas-                an der Biologie der Art. Im Zuge der                 fluss hat.
sungsmethode (REUTHER et al. 2000). Mit           jährlichen Erhebungen konnte z. B. die
der Kontrolle festgelegter Untersu-               Nutzung kleinster Bäche und von                      Die Nahrung des Fischotters wurde in
chungspunkte an den Gewässern                     Gewässern in Städten nachgewiesen                    Europa bereits in einer Vielzahl an Stu-
(meist Brücken) kann der prozentuale              werden. Von Bedeutung ist auch die                   dien untersucht (z. B. KRAWCZYK et al.
Anteil an Punkten mit Anwesenheits-               Nahrungswahl des Fischotters. Nicht                  2016; LANSZKI et al. 2016). In den weit-
merkmalen (Trittsiegel und Losungen)              selten wird dem Tier das „Ausräubern“                aus meisten Fällen wurden hierfür Lo-
des Otters bestimmt werden. So ist eine           ganzer Gewässer oder die Dezimierung                 sungsanalysen herangezogen. Der Fisch-
Tendenz der Entwicklung der Nach-                 seltener und geschützter Fischarten zur              otter nutzt seine Losung, um sein
weisdichte ablesbar. In den letzten Jah-          Last gelegt. In Fischteichen sind durch-             Streifgebiet zu markieren und mit Art-
ren konnte mit dieser Methode die                 aus empfindliche Verluste möglich. Nur               genossen zu kommunizieren. Er setzt
Wiederbesiedlung vieler Gewässer in               wenige Nachweise für einen dauerhaf-                 sie meist an prominenten Stellen ab.
den Einzugsgebieten von Weißer Elster,            ten negativen Einfluss des Fischotters               Dazu zählen Steine, Erdhaufen, Wur-
Erste Ergebnisse einer Nahrungsanalyse des Fischotters Lutra lutra in Ostthüringen
Roland Müller & Maria Schmalz: Erste Ergebnisse einer Nahrungsanalyse des Fischotters Lutra lutra in Ostthüringen                      27

                                                                                              das Gebiet meist als begradigte und
                                                                                              eingetiefte Bäche in landwirtschaftlich
                                                                                              genutzten Bereichen. Es sind mehrere
                                                                                              größere Standgewässer in Form von
                                                                                              Speichern und Tagebaurestlöchern vor-
                                                                                              handen, kleinere Teiche oder Teichge-
                                                                                              biete sind eher selten. Die Pleiße wurde
                                                                                              innerhalb Thüringens bereits sehr früh
                                                                                              vom Fischotter wiederbesiedelt (min-
                                                                                              destens seit 1999).

                                                                                              Das Einzugsgebiet der Weißen Elster als
                                                                                              großer Fluss des Mittelgebirges ist durch
                                                                                              den vor allem im südlichen Teil Thürin-
                                                                                              gens noch häufig naturnah und schnell-
                                                                                              fließend verlaufenden, tief eingeschnitte-
                                                                                              nen Flusslauf geprägt. Ab Wünschendorf
                                                                                              öffnet sich das Tal weiter, der Fluss fließt
                                                                                              langsamer und ist deutlich stärker be-
                                                                                              gradigt. Es gibt mehrere kleinere Neben-
Abb.1: Losung des Fischotters Lutra lutra. (Aufn. M. Schmalz 2020)                            flüsse (Weida, Leuba, Auma) mit Ge-
                                                                                              birgsbachcharakter. Im Gebiet sind
                                                                                              mehrere Talsperren zu finden und eine
zeln und vor allem die Uferbereiche un-        le dem Gewässersystem der Elbe an.             große Vielzahl an kleineren Teichen und
ter Brücken (Abb. 1). Der Otter zerkaut        Die gewählten Gebiete unterscheiden            Teichgebieten. Das Gebiet der Weißen
seine Nahrung nicht sehr gründlich und         sich hinsichtlich der Größe der Gewäs-         Elster ist nachweislich seit 2004 durch
hat eine sehr schnelle Darmpassage.            ser und naturräumlicher Ausstattung.           den Fischotter besiedelt.
Häufig verlassen die Reste bereits nach
einer Stunde den Verdauungstrakt wie-          Die Pleiße ist ein kiesgeprägter Tief-         Die Saale ist als ebenfalls großer Fluss
der (CARSS et al. 1998). Eine Analyse an-      landfluss. Naturnahe Bereiche wech-            des Mittelgebirges durch ihr tief einge-
hand der Nahrungsreste in der Losung           seln sich mit stärker ausgebauten ab.          schnittenes Tal und die sich darüber er-
ist somit ein weitgehend zuverlässiges         Kleinere Nebengewässer durchziehen             hebenden Hochflächen mit kleineren
Mittel, um die Zusammensetzung der
letzten Mahlzeit(en) zu bestimmen.
Aufgrund der schnellen Passage ist es
zudem naheliegend, dass das Nah-
rungsspektrum aus dem näheren Um-
feld der Fundstelle der Losung abgebil-
det wird.

Vor diesem Hintergrund sollte im Rah-
men einer überblicksartigen Untersu-
chung die Zusammensetzung der Nah-
rung des Fischotters in Ostthüringen,
als dem in Thüringen am dichtesten be-
siedelten Gebiet, untersucht werden.
Eine Evaluierung, ob der Otter be-
stimmte Fischarten oder -größen bevor-
zugt und ob sich im Umfeld von Teichen
verstärkt Nutzfische als Nahrungsbe-
standteile finden, war ein wesentliches
Ziel dieser Untersuchung.

UNTERSUCHUNGSGEBIET

Die zu analysierenden Losungen wur-
den in den Thüringer Flusseinzugsge-
bieten von Pleiße, Weißer Elster und           Abb. 2: Übersichtskarte der 36 Probenahmestellen zur Nahrungsanalyse (blaue Dreiecke) und
Saale gesammelt (Abb. 2). Alle Flusssys-       der 23 Monitoringstellen zum Fischbestand (rote Kreise) mit Darstellung der Flusseinzugsge-
teme gehören über den Zufluss zur Saa-         biete von Saale (grün), Weißer Elster (blau) und Pleiße (gelb).
Erste Ergebnisse einer Nahrungsanalyse des Fischotters Lutra lutra in Ostthüringen
28                                                            Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 57 (1) 2021: 26 – 33

                                                                                           tion des Individuums und der Repro-
                                                                                           duktion zum Abwandern der Tiere bis
                                                                                           hin zum Aussterben lokaler Populatio-
                                                                                           nen führen (RUIZ-OLMO & JIMENEZ 2008;
                                                                                           KRUUK 2006).

                                                                                           METHODIK

                                                                                           Probenahme฀und฀Aufbereitung฀der฀
                                                                                           Proben
                                                                                           Die Proben bestehen aus Losungen, die
                                                                                           im Rahmen der jährlichen Nachweiskar-
                                                                                           tierungen gesammelt wurden (insge-
                                                                                           samt 39 Losungen an 36 Probestellen,
                                                                                           vgl. Abb. 2). Die Sammlung erfolgte zwi-
                                                                                           schen dem 18.02.2020 und 04.03.2020
                                                                                           in möglichst unterschiedlichen Habita-
                                                                                           ten und unter Einbeziehung verschiede-
                                                                                           ner Gewässergrößen. Um Nahrungsres-
Abb. 3: Fischotter Lutra lutra mit Beute im Wildpark Tambach. (Aufn. R. Müller 2017)       te und andere Bestandteile zu trennen,
                                                                                           wurden die Losungen einzeln in mit et-
                                                                                           was Waschmittel versetztem Wasser ca.
Bächen geprägt. Größere Nebenge-               Die Jagd kann zwischen 40 Minuten           24 h eingeweicht. Danach wurden die
wässer sind Ilm, Schwarza, Loquitz und         und zwei Stunden dauern. In Fließge-        festen Bestandteile mit einem Sieb (Ma-
Wisenta. Prägend sind die großen Tal-          wässern jagen Fischotter insgesamt ca.      schenweite 500–800 µm) herausgefil-
sperrensysteme der Bleiloch- und Ho-           fünf Stunden pro Tag (KRUUK 1995). Ein      tert und getrocknet (Abb. 4).
henwartetalsperre, aber ebenso die             Fischotter muss schätzungsweise pro
Plothener Teiche. Aus diesem Bereich           Tag 15 % seines Körpergewichtes an          Analyse฀der฀Fischreste
stammen die ersten Nachweise des               Nahrung (900–1400 g Biomasse) zu            Eine Bestimmung der Artzugehörigkeit
Fischotters aus dem Jahr 1998. Jedoch          sich nehmen (KRUUK et al. 1993). Die Art    von Fischresten (Spezifizierung) aus
fand eine ausgedehnte Besiedlung des           hat aufgrund der aquatischen Lebens-        Fischotter-Losung ist möglich, sofern
Saale-Gebietes erst ab ca. 2013 statt.         weise und der anstrengenden Nah-            ausreichend bestimmbare Skelettele-
Der Fischotter breitet sich hier aktuell       rungssuche einen sehr hohen Energie-        mente vorhanden sind. Kleine Fische
weiter nach Westen aus.                        bedarf. Dieser steigt im Winter             unter 15 cm Körperlänge werden vom
                                               nochmals an. Sinkt die Biomasse ver-        Otter oft nur wenig zerkaut und es fin-
VERHALTEN฀DES฀FISCHOTTERS฀BEI฀                 fügbarer Beutetiere in einem Gebiet         den sich in der Regel gut erhaltene Ske-
DER฀NAHRUNGSAUFNAHME                           unter eine kritische Grenze, kann das       lettelemente, die spezifizierbar sind.
                                               über eine Verschlechterung der Kondi-       Größere Fische werden meist stärker
Der Fischotter ist ein ausgesprochener
Stöberjäger. Während seiner Wande-
rungen, meist am Ufer der Gewässer
entlang, werden sehr intensiv mögliche
Verstecke von Beutetieren untersucht,
teils auch Steine umgedreht. Aufge-
scheuchte Beutetiere werden dann ggf.
auch ein Stück weit gejagt, jedoch ist
der Fischotter kein Verfolgungsjäger.
Die Nahrungssuche erfolgt überwie-
gend im Flachwasser. In großen Tiefen
ist dem Fischotter die Jagd erschwert.
Das Aufspüren der Nahrung erfolgt auf
Sicht, aber auch mit Hilfe der dichten
Vibrissen im Kopfbereich. Damit wird
dem Otter die Jagd im trüben Wasser
ermöglicht. Gefangene Beutetiere wer-
den je nach Größe entweder sofort im
Wasser gefressen oder an Land ge-
bracht und dort verzehrt (Abb. 3). Von
sehr großen Fischen werden unter Um-           Abb. 4: Gewaschene und aufbereitete Probe von Nahrungsbestandteilen einer Fischotter-
ständen nur die Weichteile gefressen.          Losung. (Aufn. M. Schmalz 2020)
Erste Ergebnisse einer Nahrungsanalyse des Fischotters Lutra lutra in Ostthüringen
Roland Müller & Maria Schmalz: Erste Ergebnisse einer Nahrungsanalyse des Fischotters Lutra lutra in Ostthüringen           29

zerkleinert. Die Knochenreste sind dann     Von einem Teil des Vergleichsmaterials     der räumlichen Verteilung spielen, und
so stark fragmentiert, dass sie oft nicht   waren die LT sowie das Körpergewicht       um einen Vergleich mit der vorhande-
einmal einem Skelettelement zugeord-        bekannt. Eine Rückrechnung der Kör-        nen Fischfauna zu ermöglichen, wurde
net werden können und somit eine Art-       perlänge und des durchschnittlichen        sowohl die Antreffhäufigkeit als auch
bestimmung unmöglich ist. Von sehr          Gewichts eines gefressenen Fischs auf      die Vorkommenshäufigkeit berechnet.
großen Fischen fressen Otter häufig nur     der Basis eines vermessenen Skelettele-    Die Antreffhäufigkeit (in Prozent) nach
Muskulatur und Innereien. In der Lo-        ments war somit möglich.                   PARZ-GOLLNER & TRAUTTMANSDORFF (2006)
sung befinden sich dann nur Zwischen-                                                  gibt an, bei wie vielen Probestellen die
muskelgräten, Rippen und Flossen-           Weitere฀Nahrungsbestandteile               Fischart gefunden wurde, bezogen auf
strahlen, die für eine Artbestimmung        Neben Fischen werden vom Otter auch        die Gesamtmenge der 36 Probestellen.
wenig geeignet sind. Anhand von             Großkrebse, Kleinsäuger, Amphibien         Für die Angabe der Vorkommenshäu-
Schuppen ist die Eingrenzung zumin-         und Vögel gefressen. Eine genauere         figkeit werden alle Artnennungen auf-
dest eines höheren Taxons (z. B. der        Spezifizierung dieser Reste war im         summiert. Die Vorkommenshäufigkeit
Gattung Carassius spec. oder der Fami-      Rahmen dieser Studie nicht vorgese-        (in Prozent) entspricht der Angabe, wie
lie Cyprinidae) möglich, mitunter sogar     hen, das Vorhandensein wurde ledig-        häufig die jeweilige Art in den Proben
eine Artbestimmung.                         lich vermerkt. Mitunter befinden sich      enthalten war. Die Summe aller Artnen-
                                            auch gut erhaltene Reste von großen        nungen entspricht dabei 100 %. Die
Eine Losung kann bis zu 2000 Einzel-        Insekten in der Probe. Meist ist unklar,   Vorkommenshäufigkeit wurde sowohl
teile enthalten. 95–99 % davon sind in      ob sie gezielt gefressen wurden oder       für die Fischarten in den Otterlosungen
der Regel nicht für eine Bestimmung         ob sie sich im Magen des erbeuteten        als auch für die Daten zur vorhandenen
geeignet. Die Bestimmung geeigneter         Fischs befanden. Letzteres dürfte die      Fischfauna berechnet.
Skelettelemente erfolgte in dieser Un-      Regel sein.
tersuchung mit Hilfe eines Zeiss-                                                      ERGEBNISSE
Binokulars unter Verwendung einer           Ermittlung฀von฀fischbiologischen฀
Vergleichssammlung und der Nutzung          Daten                                      Artenspektrum฀gefressener฀Fische
von ichthyo-anatomischer Fachliteratur      Um einen Vergleich der Nahrung des         Die Analyse der 39 Losungen von 36
(LEPIKSAAR 1994; RUTTE 1962).               Fischotters mit dem Fischnahrungsan-       Probestellen ergab eine Anzahl von ins-
                                            gebot zu ermöglichen, wurden Daten         gesamt 1.993 spezifizierbaren Fisch-
Die Ermittlung der Mindestanzahl der        der Fischdatenbank Thüringen heran-        knochen und Schuppen. Diese konnten
gefressenen Individuen einer spezifi-       gezogen. Für 23 Probestellen gab es        einer Mindestanzahl von 258 durch den
zierten Art oder auch einer Fischfamilie    auch Daten zum Fischbestand (vgl.          Fischotter erbeuteten Fischen zugeordnet
erfolgte nach Zuordnung der Skelett-        Abb. 2). Diese stammen überwiegend         werden (genaue Informationen zu den
elemente. Die Anzahl ergibt sich durch      aus standardisierten Erhebungen (Elek-     einzelnen Probestellen finden Sie auf
Ermittlung des am häufigsten vorkom-        trobefischungen) im Rahmen des Moni-       folgender Seite unter dem Reiter „Na-
menden Skelettelements unter Berück-        torings zur Wasserrahmenrichtlinie         turschutz“: https://tlubn.thueringen.de/
sichtigung der Körperseite und von          (WRRL). Die Fischdaten beziehen sich       service/downloads-formulare). Die Zahl
Größenunterschieden. Kommen bei-            auf Befischungen aus den letzten fünf      gefressener Fische betrug dabei durch-
spielsweise mehrere linke Kiemende-         Jahren.                                    schnittlich 6,6 Tiere pro Losung. Maxi-
ckel der gleichen Art vor, kann davon                                                  mal wurden in einer Losung die Reste
ausgegangen werden, dass es sich hier       Des Weiteren erfolgte in einem Umkreis     von 26 (!) Exemplaren gefunden und
um ebenso viele Individuen handelt.         von ca. 2 km um den Probepunkt eine        minimal fand sich nur der Rest eines
Eine Losung wird dabei als Einheit be-      Ermittlung vorhandener (bewirtschaf-       einzigen Fisches. Die 258 Fische konn-
trachtet (HEINRICH 1987).                   teter) Teiche und Teichgebiete. Dies       ten 25 Fischarten aus acht Familien zu-
                                            diente der Abschätzung, ob an diesen       geordnet werden (Tab. 1).
Anhand der Größe einzelner Skelettele-      Stellen eine besondere Präferenz für fi-
mente kann auf die Longis Totalis (LT,      schereilich bedeutsame Fischarten be-      Die Gattung Carassius hatte mit einem
Gesamtlänge) geschlossen werden. Mit        stand. Nur für 20 % der Losungsfund-       Anteil von 13,6 % (35 Exemplare) an
der ermittelten Körperlänge ist die Be-     punkte (n = 6) konnten keine Teiche im     allen gefressenen Fischen (n = 258)
rechnung des Gewichts des gefresse-         2-km-Umkreis festgestellt werden. Da-      eine herausragende Bedeutung im
nen Fischs möglich. MORALES & ROSENLUND     ten zur Art der Bewirtschaftung oder       Beutespektrum des Fischotters. Den
(1979) geben hierzu eine auch heute         zum Fischbesatz der Teiche lagen nicht     größten Anteil innerhalb der Gattung
noch gültige und von vielen Autoren         vor.                                       wies der Giebel auf. Auch der Karpfen
angewendete Anleitung (siehe auch                                                      besaß mit 9,7 % einen recht hohen
HEINRICH 1987). Wenn genügend Daten         Auswertung฀der฀Daten                       Anteil an den gefressenen Fischen.
über gefressene Fische und Vergleichs-      Der Anteil einzelner Fischarten am Nah-    Der Anteil der Familie Cyprinidae an
material vorliegen, kann eine statisti-     rungsspektrum des Fischotters bezieht      allen gefressenen Fischen betrug 68,2
sche Auswertung vorgenommen wer-            sich auf die Anteile der Individuen an     %. An 32 der 36 betrachteten Probe-
den, wie sie von HÁJKOVÁ et al. (2003)      der Gesamtsumme der erfassten Fische.      stellen wurden Vertreter dieser Fisch-
beschrieben wird. Bei der vorliegenden      Um beurteilen zu können, welche Rolle      familie nachgewiesen, das entsprach
Studie wurde HEINRICH (1987) gefolgt.       die vom Otter gefressenen Fischarten in    einer Antreffhäufigkeit von 88,9 %.
Sie können auch lesen