Euro 08 hat ein Nachspiel
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
© Berner Zeitung, 2008-08-20; Seite 23; Nummer BZ Oberaargau oberaargau Stadtrat Langenthal Euro 08 hat ein Nachspiel Der Gemeinderat hat beim Euro-08-Anlass seine Kompetenzen überschritten. Dies hält die Geschäftsprüfungskommission fest. Jetzt verlangt SP-Stadtrat Robert Brechbühl eine Untersuchung. Punkt 23.23 Uhr erklärte Stadtratspräsident Reto Müller (SP) die Sitzung für beendet. Eine Sitzung, an der das Wort «Wahlen» genau 13 Mal genannt wurde. Und eine Sitzung, an der Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) heftige Kritik wegstecken musste. Zum Einen wegen der Verzögerung beim Wuhrplatz (vgl. Text unten), zum Andern, weil er bei der Organisation der Public-Viewing-Zone den Stadtrat überging. Die Euro 08 hat nun ein Nachspiel: Robert Brechbühl (SP) verlangt nämlich eine Untersuchung. Aufgedeckt hatte die Sache Stadtrat Markus Gfeller (FDP). In einer Interpellation fragte er, warum der Kredit für die Public-Viewing-Arena (382000 Franken) dem Stadtrat nicht vorgelegt wurde. Obwohl die Stadtregierung nur Kredite bis 150000 Franken bewilligen darf. Anlass gelobt Thomas Rufener legte dem Stadtrat nun die genauen Zahlen vor: Der Anlass kostete total 389276 Franken und 55 Rappen. Davon muss die Stadt genau 108610 Franken und 5 Rappen bezahlen. Der grosse Rest wird durch Sponsoren(Fr. 248666.50) und übrigen Einnahmen abgedeckt. Rufener betonte, dass er nur für WC, Technik und Tribüne finanzielle Zusagen gemacht habe (158000 Franken), bevor die definitive Bestätigung der Hauptsponsoren (100000 Franken) vorlag. «Ich hätte dem Stadtrat auch einen Kredit von 382000 Franken vorlegen können. Dann wäre ich aber nicht mehr auf Sponsorensuche gegangen», meint Thomas Rufener fast trotzig. Der Anlass auf dem Wuhrplatz war gut. Darin waren sich alle, die sich zu diesem Thema äussern durften, einig (bei einer Interpellation findet keine Diskussion statt). Sogar Markus Gfeller dankte für den «Super-Anlass», der erst noch «kostengünstiger» gewesen sei, weil mans «nicht formell» machte. GPK erhebt Mahnfinger Weil das Ganze nicht formell abgelaufen ist, hatte die Geschäftsprüfungskommision sogar eine Sondersitzung abgehalten. GPK-Sprecher Reto Steiner (EVP) würdigte die besonderen Umstände und den «positiven Einsatz des Gemeinderates und Stadtpräsidenten». Aber: Die Kompetenzen seien überschritten worden. Zwar «in guten Absichten», es sei «kein Geld falsch gelaufen» und alles sei zum Wohle der Stadt geschehen. Doch in Langenthal gelte bei Ausgaben das Bruttoprinzip. Laut Stadtverfassung (Art. 6) darf davon nur abgewichen werden, «wenn Beiträge Dritter rechtlich verbindlich zugesichert und wirtschaftlich sichergestellt sind». Das sei hier nicht der Fall gewesen. Sonderprüfung verlangt «Wo Rauch ist, ist auch Feuer», sagte Stadtrat Urs Masshardt (SP) und forderte eine Diskussion. Der Rat lehnte diese ab (es war schon nach 23 Uhr).
Die Euro 08 bleibt aber auf der Traktandenliste: Stadtrat Robert Brechbühl (SP) fordert in einer Eingabe eine Sonderprüfung des Vorfalls. Ruedi Bärtschi
© Berner Zeitung, 2008-08-20; Seite 21; Nummer BZ Oberaargau oberaargau Langenthal Wie ist das mit dem Wuhrplatz? Im Stadtrat musste sich Stadtpräsident Thomas Rufener Kritik zur Umgestaltung des Wuhrplatzes anhören. Das Ratsreglement liess eine Entgegnung nicht zu. Die BZ fragt nach: Was geht nun auf dem Wuhrplatz? Da juckte Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) förmlich auf. Eben hatte er sich kritische Töne von Stadtrat Urs Masshardt (SP) zur Umgestaltung des Wuhrplatzes anhören müssen. Das wollte er so nicht stehen lassen. Ein Blick nach hinten zu Stadtratspräsident Reto Müller (SP), ein kurzes Armheben: «Ich möchte nachher das Wort», bedeutete die Geste. Die Szene war nur eine kurze Reminiszenz an der Stadtratssitzung vom Montag Abend im Saal der Alten Mühle. Doch sie löste Unsicherheit und Verwirrung aus. Denn Ratspräsident Müller gab Rufener kein grünes Licht: «Ich kann das Wort nicht erteilen», sagte er. Zum Traktandum Finanz- und Investitionsplan habe Gemeinderat Ernst Häusler gesprochen, andere Gemeinderatsmitglieder dürften nicht mitdiskutieren, so Müller. Auch ein Ordnungsantrag, wonach Rufener hätte antworten dürfen, half nichts, Rufener durfte nicht reden. «Wuhrplatz zu spät» Anlass für die ungewöhnliche Situation: die geplante Umgestaltung des Wuhrplatzes. Im Investitionsplan ist das Vorhaben auf 2011 terminiert. Zu spät, findet SP-Fraktionssprecher Urs Masshardt. «Es kann doch nicht sein, dass der Wuhrplatz Jahre warten muss und ein Kreisel vom Stadtpräsident Priorität erhält.» Daniel Steiner (EVP) stiess ins gleiche Horn. Er habe 2005 eine Motion für die Umgestaltung des Platzes mit eingereicht. «Eine solche wird nach sechs Jahren abgeschrieben, wahrscheinlich ist dies früher der Fall, als die Umgestaltung kommt.» Was sagt nun aber Stapi Rufener zur Kritik? Die Sachlage sei eigentlich bekannt, meinte er auf Anfrage. «Momentan laufen Abklärungen für eine unterirdische Parkieranlage auf dem Wuhrplatz. Technisch ist dies machbar, jetzt sind Gespräche mit der Parking Langete AG angesetzt.» Die Frage lautet, ob sich die Parking AG mit ihrem Kapital an einem Parkhaus Wuhrplatz beteiligen würde. Die ersten Signale waren positiv (wir berichteten). Doch würde ein Parkhaus realisiert, müssten noch die Überbauungsordnung angepasst und ein Kredit zur Bewilligung vorgelegt werden, sagt Rufener. Jodlerfest als Hemmschuh Dazu komme ein zweiter Punkt, so der Stadtpräsident: «2010 findet in Langenthal das Kantonale Jodlerfest statt. Im Stadtzentrum darf es dann nicht eine Grossbaustelle geben.» Deshalb habe der Gemeinderat die Umgestaltung des Platzes auf 2011 angesetzt. Herbert Rentsch
© Berner Rundschau / MLZ, 2008-08-20; Seite 1; Nummer .Langenthal Parlament nicht in Ferienstimmung Stadtrat Mehr Ferien für städtische Angestellte und Verkleinerung Gemeinderat abgelehnt walter ryser Sechs Wochen Ferien bleibt für die meisten Angestellten der Stadt Langenthal vorerst ein Traum. Der Stadtrat lehnte einen entsprechenden Vorstoss von Urs Masshardt (SP) deutlich ab. Nichts wissen will das Parlament auch von einer Verkleinerung des Gemeinderates von sieben auf fünf Personen. Die Uhr zeigte bereits 23.23 Uhr an, als Stadtratspräsident Reto Müller (SP) am Montagabend die Sitzung des Langenthaler Stadtrates in der «Alten Mühle» endlich beendete. Etliche Parlamentarier verliessen daraufhin mit «rauchenden» Köpfen den Saal. Zuvor wurden ihnen während viereinhalb Stunden nonstop Argumente, Fakten, Zahlen und Anregungen um die Ohren «geschlagen», wurde diskutiert und argumentiert. Schlechteste Anstellungsbedingungen Aber längst nicht alle fanden beim Parlament mit ihren Argumenten Gehör. Als erster blitzte SP-Vertreter Urs Masshardt ab, der mit einer Motion sechs Wochen Ferien für alle Angestellten der Stadt Langenthal forderte und diese Forderung mit markigen Worten unterstrich. «Im Kanton Bern glänzt Langenthal, unter dem Aspekt der Wochenarbeitszeit und Ferienanspruch, mit den schlechtesten Anstellungsbedingungen für Verwaltungsangestellte.» Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) hielt dem Motionär entgegen, dass die Stadtverwaltung eine kleine Fluktuationsrate aufweise, was auf eine allgemeine Zufriedenheit bei den Angestellten hinweise. Rufener machte Masshardt zudem darauf aufmerksam, dass eine neue Ferienregelung Mehrkosten von rund 600 000 Franken verursachen würde. Der Gemeinderat sei deshalb der Meinung, es sei unverhältnismässig und das Ansinnen schiesse damit weit über das Ziel hinaus, weshalb die Motion abzulehnen sei. Masshardt zeigte sich jedoch hartnäckig, wandelte die Motion in ein Postulat um und erwähnte zudem, dass er kein Verständnis habe, sollte auch dieses zurückgewiesen werden. «Eine solche Haltung der Stadt gegenüber den Mitarbeitenden ist schlicht verwerflich.» Doch alle Appelle nützten nichts, der Stadtrat lehnte Masshardts Postulat mit 22 Nein- gegen 12 Ja-Stimmen (bei einer Enthaltung) deutlich ab. Langenthal erhält ein Amt für Bildung Ähnlich erging es Masshardts Parteikollege Robert Brechbühl, der nach 2007 erneut einen Vorstoss zur Verkleinerung des Gemeinderates von sieben auf fünf Personen wagte. Brechbühl verwies auf Städte mit vergleichbarer Grösse, die erfolgreich von fünf Gemeinderäten regiert würden. Zudem könnten kleinere Gremien effizienter arbeiten, argumentierte er. Der Stadtpräsident wies darauf hin, dass es auch Beispiele von Städten gebe, die von sieben und mehr Gemeinderäten gut geführt würden. Eine Verkleinerung des Gremiums würde die zeitliche Beanspruchung der nebenamtlich tätigen Gemeinderäte zusätzlich erhöhen und damit auch die Auswahl geeigneter Kandidaten für dieses Amt einschränken. Mit Ausnahme der SP teilten alle Partei-Fraktionen die Ansicht des
Stadtpräsidenten, womit Brechbühl mit seinem Vorstoss erneut erfolglos blieb. Selbst die Umwandlung in ein Postulat goutierte der Rat nicht und wies dieses mit 23 Nein- gegen 12 Ja-Stimmen zurück. Unbestritten war dagegen die Motion von Daniel Steiner (EVP), der die Schaffung eines Amtes für Bildung mit einer 100-Prozent-Amtsvorsteher-Stelle forderte, um den Bildungsstandort Langenthal zu stärken. Einzelne Parlamentarier hätten es jedoch gerne gesehen, wenn Steiner seine Motion in ein Postulat umgewandelt hätte, «damit wir bei der Ausgestaltung dieses Amtes etwas mehr Spielraum hätten», begründete beispielsweise Richard Bobst (FDP). Steiner wandelte jedoch nicht um, der Rat nahm seine Motion dennoch klar mit 23:10 Stimmen bei einer Enthaltung entgegen. Klar angenommen wurde auch ein Postulat von Michèle Rentsch-Ryf, die den Gemeinderat auffordert, die Einführung eines durchlässigen Schulmodells zu prüfen. Stapi Rufener am SP-Pranger Zum Schluss der Stadtratssitzung stellte die SP Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) unsanft an den Pranger. Im Zusammenhang mit der Planung und Realisierung der Public-Viewing-Arena auf dem Wuhrplatz während der Euro 08 fordert sie eine Sonderprüfung, um zu klären, ob der Gemeinderat und mit ihm der Stadtpräsident bei der Finanzierung die Kompetenzen überschritten habe. Der Stadtrat wird sich an einer der nächsten Sitzungen mit diesem Vorstoss beschäftigen müssen, nachdem sich die SP mit der Antwort auf eine entsprechende Interpellation von FDP-Stadtrat Markus Gfeller (wir berichteten) nicht zufrieden gab. Rufener reagierte auf die «Ohrfeige» der SP gelassen und präsentierte dem Rat die Abrechnung. Gemäss dieser verbleibt für die Stadt ein Anteil von 108 610 Franken, der laut Rufener im Rahmen der Finanzkompetenz des Gemeinderates liege. (war)
Sie können auch lesen