BEGEGNUNGEN Das Kunstprojekt am Rosenhügel
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GZA/PPA • 7007 Chur Nr. 29, 17. Juli 2019 Büwo online: buendnerwoche.ch BEGEGNUNGEN Das Kunstprojekt am Rosenhügel Bild Laura Natter
2 | bündner woche Mittwoch, 17. Juli 2019 «Den Himmel über Chur soweit es geht geniessen» nennt sich die Kunstinstallation von Not Vital auf dem Rosenhügel. Bilder Laura Natter DEM HIMMEL ÜBER Gross und mächtig ragt sie in die Höhe, diese Holzwand. Stechend blau. Wer vom Welschdörfli her kommend der Malixer- strasse in Richtung Lenzerheide folgt, wird unweigerlich mit dieser grossen und CHUR BEGEGNEN mächtigen, mit dieser blauen Wand kon- frontiert. Wie kommts? Es ist Dienstagnachmittag auf dem Rosen- hügel in Chur. Misia Bernasconi und Alda Conrad stehen mitten im Park, ihr Blick auf Chur und das Rheintal gerichtet. Die Kunsthistorikerin, die zusammen mit Lu- Auf dem Rosenhügel kann noch bis Ende September ciano Fasciati das Kunstprojekt «Begeg- nungen» kuratierte und die Präsidentin das Kunstprojekt «Begegnungen» besucht werden des Vereins Art-Public Chur führen heute durch genau dieses Kunstprojekt. 13 Kunstschaffende aus der ganzen Schweiz Laura Natter und Italien stellen noch bis am 29. Sep- Anzeige Facebook: Bündner Woche/büwo online
Mittwoch, 17. Juli 2019 bündner woche | 3 «Schaugerüst»: Die Skulptur von Dominik Zehnder legt einen spektakulären Blick auf Chur frei. tember ihre Werke auf dem Rosenhügel und dem angrenzenden Hirschbühl aus. Der Schwerpunkt liegt auf dem skulptura- len Schaffen. Anfassen, Besteigen und Be- nutzen sind übrigens erwünscht. «Die Kunstwerke sollen helfen, den Park zu ent- decken», sagt Misia Bernasconi auf dem Weg zur ersten Installation. Den Park, den Rosenhügel, dieses ge- schichtsträchtige Stück Land entdecken. Darum geht es also. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert war der Rosenhügel als Galgenbühel bekannt und diente als öf- fentliche Richtstätte. Die Stadt demontier- te den Galgen 1836. In den 1840er-Jahren nahm sich Alexander Moritzi (1806-1850) des Rosenhügels an. Der Botaniker wollte hier einen öffentlichen botanischen Garten anlegen. Dazu kam es jedoch nie, denn Moritzi verstarb noch vor der Fertigstel- lung. Zwei Jahre später wurde der Park als Landschaftspark eröffnet. Ein Ort des Fla- nierens, der Musse und des Studiums von Natur und Landschaft. In jüngster Zeit ver- schwand der Rosenhügel aus dem öffentli- chen Gedächtnis. Der Park war verwach- sen und auf seine Art verwunschen, man könnte fast sagen verflucht, so, dass kaum jemand den Park besuchte. Heute aber er- strahlt der Rosenhügel von Neuem. «Die Renaissance des Rosenhügels ist eingeläu- tet», sagt Alda Conrad stolz. In Zusammenarbeit mit der Hochbauamt- dienst der Freiraumplanung der Stadt Chur wurden neue Wege gebaut, Bäume gerodet und der Blick auf Chur freigege- ben. «Wir wollen den Rosenhügel wieder beleben», lautet das Ziel des Vereins Art- Was als Teil der gegenwärtigen Baustelle Anzeige Public Chur, der seit acht Jahren öffentli- verstanden werden könnte, ist eine Kunst- che Räume in Chur mit Kunst bespielt und installation von Peter Conradin Zumthor mit «Begegnungen» sein viertes Kunstpro- namens «Traffic». Huber.huber haben hin- jekt realisierte. Kunst, die etwas in den gegen zwei Rosenbogen gefertigt. Mit Menschen auslösen soll. Auch auf dem Ro- «Verschwiegenheit» und «Liebe» wurde senhügel. «Wir wollen nicht nur gefallen, dem Namen des Parks eine Bedeutung ge- wir wollen bewegen», betont Alda Conrad. geben. Übrigens sind dies fast die ersten Es soll diskutiert werden. Über die Kunst, Rosen, die im Park wachsen. aber auch über den Rosenhügel, über die Während des ganzen Rundgangs sieht sich Stadt, über gegenwärtige Entwicklungen. der Besucher stets mit der Vergangenheit Auch die 13 Künstler haben sich mit der und Gegenwart konfrontiert. Gegenwärtig Vergangenheit und Gegenwart des Rosen- ist der Rosenhügel eine Baustelle, denn die hügels auseinandergesetzt. So begleitet die Stadt Chur erschliesst gerade den dane- Besucher auf dem ganzen Rundgang ein benliegenden Hirschbühl. Das Kunstpro- Kabelschutzrohr. Weiss mit roten Streifen. jekt wurde dann auch zusammen mit der
4 | bündner woche Mittwoch, 17. Juli 2019 Editorial EINE KUNST, DIE JEDER KANN Es ist Sommer. Open-Air-Sommer. Besu- chen Sie sie gerne, diese musikalischen Spektakel unter freiem Himmel? Damit ein Open-Air-Festival zum Genuss wird, sollten einige Dinge beachtet werden. Nämlich: Wann, wohin, mit wem? Pfeif nicht aufs Gehör. Wertsachen versichern. Sonne, Regen und Schlamm. Bequem gehen und stehen. Hygiene. Mein Zelt ist mein Schloss. Unfallsi- cherheit und Soli- darität. Was es Unter der Linde: Carmen Müller greift die Tradition der Tanzlinde auf. mit diesen Kurz- aussagen auf sich hat, lesen Sie in Stadt Chur realisiert. Auf 1700 Quadrat- nicht nur blau, sondern auch gelb. Und dieser Ausgabe. metern ist die Ausstellung frei zugänglich. drittens stammt sie vom Künstler Not Vi- Der Sommer bie- Als eine Art Eintrittpreis fungiert der tal und trägt den Namen «Den Himmel tet aber noch vie- Kunstführer für fünf Franken, der im ro- über Chur soweit es geht geniessen». 26 les mehr. Wer ten Zeitungsautomaten auf dem Rosenhü- gelbe Stufen im Innern führen in die derzeit beispielsweise den Rosenhügel gel bezogen werden kann. Höhe. Beim Aufstieg ist nichts anderes zu besucht, der kann dem Himmel über Chur Ziel der Initianten ist, dass die Kunst ge- sehen als Gelb, es fühlt sich an, als ob die begegnen. Unsere Frontgeschichte widmet nutzt und der Ort erlebt wird. Es geht Treppe nie enden würde, als ob man den sich dem Kunstprojekt «Begegnungen». nicht einfach um die Realisation eines Himmel nie betrachten, geschweige denn Die Strassenumfrage hat übrigens erge- Kunstprojekts, sondern um die Bekannt- erreichen könnte. Ohne jegliche Vorwar- ben, nicht jede Kunst ist beliebt. Eine ganz machung des Rosenhügels als Ort der Be- nung ist die oberste Stufe dann aber spezielle Kunst indessen schafft die Bona- gegnung. Passend dazu wurde der Titel plötzlich da. Wow. «Genau das wollen wir duzerin Imelda Grisch. Seit 36 Jahren be- für das Kunstprojekt erreichen», sagt Misia schäftigt sie sich mit Kunst aus Papier. gewählt. Noch bis Man lauscht den Bernasconi und lacht. Aber eigentlich ist doch alles im Leben auf Ende September fin- Geschichten des Henkers Kunst, die bewegt. irgend eine Art und Weise eine Kunst. Wenn den zudem regelmäs- Wow. Dem Betrachter die Traditionelle Chinesische Medizin den sig interdisziplinäre Veranstaltungen, öffnet sich ein Ausblick auf Chur bis nach Schmerz lindert, beispielsweise. Oder Performances und Künstlergespräche Haldenstein, auf die Dachterrassen der wenn die Schüler der Evangelischen Mittel- statt. Private und öffentliche Führungen Churer Altstadt und auf die Menschen schule Schiers versuchen, ohne Flugzeug kommen auch dazu. klein wie Ameisen. Ein Ort der Begeg- zu reisen. Aber auch, wenn Tierphysiothe- Orte der Begegnung finden sich im gan- nung. Mit dem Himmel. Mit der Stadt. rapeutin Daphne Koelman-Gijselman tieri- zen Park. Zum Beispiel beim Springbrun- Vielleicht mit sich selber und bestimmt sche Patienten behandelt und ihnen damit nen, wo Liegestühle die Besucher zum mit anderen Menschen, denn auf der wieder zu einem besseren Leben verhilft. Faulenzen einladen. Oder bei der Installa- obersten Stufe finden auch zwei oder drei Bleiben wir kurz in der Tierwelt. Haben Sie tion von Carmen Müller. Um die älteste Menschen Platz. gewusst, dass fast 100 Säugetierarten Linde im Park baute sie eine runde Platt- Misia Bernasconi und Alda Conrad führen unser Land bevölkern? Von der winzigen form. Damit lässt sie eine alte Tradition weiter durch den Park, sie erzählen und Maus bis zum imposanten Bären. Hand aufleben. Als Dorflinde, Kirchenlinde oder zeigen. Man begegnet der Via Dolorosa, aufs Herz. Diese Tiere sind mit Sicherheit Tanzlinde war die älteste Linde der Treff- dem goldenen Zweig, der Oase und der grossartige Künstler. Überlebenskünstler. punkt eines Dorfes. Und so soll auch die grünen Linie. Man lauscht den Toninstal- In einer Welt voller Menschen geht das gar Tanzlinde am Rosenhügel als Treffpunkt lationen von Tim Krohn, lauscht den Ge- nicht anders. Zurück zum Sommer. Zum genutzt werden. Gerne dürfe man die schichten des Henkers, die sich so hätten Open-Air-Sommer. Geniessen Sie das Bühne bei der Linde mit Musik und Tanz zutragen können. Man sitzt auf der roten Spektakel unter freiem Himmel. Und wenn bespielen. Man solle doch einfach kurz Bank und lauscht. Den Blick auf Chur ge- dann auch noch das Wetter gut ist, ist das dem Verein Art-Public (mail@art-public. richtet, auf den Park, auf die Bäume. Fein vielleicht keine Kunst. Mit Sicherheit aber ch) Bescheid geben, sagt Alda Conrad. und unscheinbar leuchtet das Blau von Glück. Die Wiesen sauber zu halten, ist da Nun gut. Doch was hat es nun eigentlich Not Vitals Installation durch die Geäste. schon eher wieder eine Kunst. Eine Kunst mit dieser blauen Holzwand auf sich? allerdings, die jeder kann. Erstens ist es keine Holzwand, sondern SUSANNE TURRA eine begehbare Skulptur. Zweitens ist sie www.begegnungen-2019.ch
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