Europa: Klimaneutral bis 2050? - Theresa Berz, Klaus Gründler, Anina Harter, Johannes Pfeiffer, Karen Pittel, Niklas Potrafke und Fabian Ruthardt ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
DATEN UND PROGNOSEN Theresa Berz, Klaus Gründler, Anina Harter, Johannes Pfeiffer, Karen Pittel, Niklas Potrafke und Fabian Ruthardt Europa: Klimaneutral bis 2050? IN KÜRZE ein Maßnahmenpaket, das sogenannte »Fit-for-55«- Paket. Dieses umfasst auf mehreren tausend Seiten eine Vielzahl von Neuerungen oder Anpassungen be- Viele Ökonominnen und Ökonomen sprechen sich für mehr An- stehender Instrumente. Auch für Deutschland wird für strengungen in der europäischen Klimapolitik aus. Das zeigen die kommende Bundesregierung eine substantielle die Ergebnisse des 35. Ökonomenpanels von ifo und FAZ (Be- Reform der bisherigen Maßnahmen notwendig sein, sollen die neuen Klimaziele erreicht werden. Dabei fragungszeitraum: 26. Juli bis 2. August 2021). Eine Ausweitung werden auch die neuen Rahmensetzungen auf EU- des EU-Emissionshandels auf die Sektoren Verkehr und Wärme Ebene zu berücksichtigen sein. wird von einer großen Mehrheit ebenso unterstützt wie zusätz- Das 35. Ökonomenpanel von ifo und FAZ beschäf- liche sektorspezifische Investitionen, insbesondere in Gebäude tigt sich mit ausgewählten Komponenten des »Fit- und Verkehr. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollten for-55«-Pakets, deutschen Klimaschutzmaßnahmen nach Meinung der Mehrheit der Ökonominnen und Ökonomen und Vorschlägen für eine grüne Geldpolitik der EZB. Teilgenommen haben 171 Professorinnen und Profes- als Pro-Kopf-Pauschale an die Bürgerinnen und Bürger zurück- soren an deutschen Universitäten.1 erstattet werden. Auch der CO2-Grenzausgleichsmechanismus der EU-Kommission kann eine relative Mehrheit für sich gewin- VIELE ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN FÜR nen. Skeptischer zeigen sich die Ökonominnen und Ökonomen MEHR ANSTRENGUNGEN IN DER EUROPÄISCHEN bei einer CO2-Bepreisung derselben Sektoren auf nationaler KLIMAPOLITIK und europäischer Ebene, verschärften sektorspezifischen Re- Knapp zwei Wochen nach der Veröffentlichung des gulierungen und sektorspezifischen Minderungszielen. Eine »Fit for 55« Pakets gaben gut zwei Fünftel der teilneh- grünere Geldpolitik durch die EZB findet kaum Zustimmung. menden Ökonominnen und Ökonomen im 35. Öko- nomenpanel an, dass die EU mehr für den Klima- schutz tun sollte. Mit den aktuellen Maßnahmen sei Das Pariser Klimaabkommen, Fridays for Future und die Erreichung der selbstgesetzten Reduktionsziele Gerichtsurteile, die striktere und transparentere Kli- nicht möglich. Eine effektive Klimapolitik sei aber maziele und Klimapolitik einfordern: Der Klimawandel notwendig, da die Kosten eines ungebremsten Klima- wird von der internationalen Staatengemeinschaft, wandels zu hoch seien. Eine wirksame Klimapolitik sei der nationalen Politik, gesellschaftlichen Bewegungen außerdem nur über eine Stärkung der europäischen und sogar der Rechtsprechung zunehmend deutlich Ebene möglich. Ein gutes Viertel der Ökonominnen adressiert. Insbesondere der 1,5°C Bericht des Inter- und Ökonomen dagegen hält die aktuelle Klimapoli- governmental Panel on Climate Change (IPCC) führte tik der EU für angemessen. Dabei beziehen sich einige zu einer neuen Diskussion um die Geschwindigkeit der Teilnehmende auf den »Green Deal« der EU. Gleich- Emissionsreduktion und schlussendlich zur Anhebung zeitig führen sie jedoch an, dass gewisse Grenzen der der europaweiten wie auch der deutschen Klimaziele. Handlungsfähigkeit durch die institutionelle Rolle der Durch die Verringerung der CO2-Emissionen will Europa EU zu beachten sind. Ein Fünftel ist der Meinung, dass bis 2050 klimaneutral werden, Deutschland schon bis die aktuelle Klimapolitik der EU bereits zu extensiv 2045. Aber auch das Minderungsziel der EU für 2030 ist und weniger für den Klimaschutz getan werden steigt um 15 Prozentpunkte auf mindestens 55% ge- sollte. Als Gründe hierfür werden die fehlende Wirk- genüber 1990. Nach der Novelle des Klimaschutzge- samkeit der aktuell ergriffenen Maßnahmen, aber setzes soll in Deutschland eine Emissionsminderung auch die Notwendigkeit einer globalen und nicht bis 2030 von mindestens 65% gegenüber 1990 erreicht nur rein europäischen Klimapolitik genannt. werden, 10 Prozentpunkte mehr als zuvor. Zusätzlich werden zunächst bis 2030 (und ab 2024 bis 2040) für 1 Das 24. Ökonomenpanel von ifo und FAZ befragte bereits im Som- mer 2019 Ökonominnen und Ökonomen zu den deutschen Klima- alle Sektoren bis auf den Energiesektor jährliche, sek- zielen, europäischen Klimaschutzmaßnahmen und der Bepreisung torspezifische Minderungsziele festgeschrieben. von CO2-Emissionen (Blum et al. 2019). Die teilnehmenden Ökono- minnen und Ökonomen sprachen sich damals mehrheitlich für eine In den kommenden Jahren geht es darum, die Ausweitung des europäischen Emissionshandels auch auf Voraussetzungen dafür zu schaffen, diese ambitio- Nicht-ETS-Sektoren, vor allem auf Gebäude und auf den Verkehrs- sektor, aus. Auch die Einführung einer nationalen CO2-Steuer für Sek- nierten Ziele auch zu erreichen. Die EU-Kommission toren außerhalb des EU ETS wurde von den Teilnehmenden befür- veröffentlichte dazu im Juli 2021 ihren Vorschlag für wortet. 66 ifo Schnelldienst 10 / 2021 74. Jahrgang 13. Oktober 2021
DATEN UND PROGNOSEN MEHRHEIT DER ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN Abb. 1 FÜR ERWEITERUNG DES EU-EMISSIONSHANDELS EU und Klimawandel Wie beurteilen Sie die Reaktion der EU auf den Klimawandel? AUF DIE SEKTOREN VERKEHR UND WÄRME Es sollte mehr getan werden. Im Gegensatz zu den Vorschlägen der EU-Kommission, 12% Angemessen Es sollte weniger getan werden. ein zweites Emissionshandelssystem für die Sektoren Weiß nicht Verkehr und Wärme einzuführen, sind knapp 70% der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen der Mei- 41% 20% nung, dass diese Sektoren in das bestehende EU-Emis- sionshandelssystem integriert werden sollten. Dies sei am effizientesten, da durch ein umfassendes und einheitliches Handelssystem Verzerrungen minimiert und kostenoptimale Vermeidungsentscheidungen ge- 27% troffen werden könnten. Nur 17% sprechen sich für ein Parallelsystem aus, um den Übergang in die Be- Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021 . © ifo Institut preisung zu erleichtern und um mehr Flexibilität im Umgang mit bestehenden Unsicherheiten im Zusam- Abb. 2 menhang mit der Aufnahme der neuen Sektoren zu Emissionshandel für die Sektoren Wärme und Verkehr Welche der folgenden Optionen wäre aus Ihrer Sicht zu bevorzugen, um die Emissionen aus den haben. Gut 5% sind für eine Bepreisung auf nationaler Sektoren Wärme und Energie einzupreisen? Ebene. Nur 2% der Teilnehmenden sind der Meinung, dass die Emissionen aus Verkehr und Wärme nicht Es sollte, wie geplant, zunächst ein Parallelsystem auf 7% europäischer Ebene für Emissionen aus Wärme und bepreist und gehandelt werden sollten. 2% 17% Verkehr errichtet werden. 6% Der bestehende EU-Emissionshandel sollte umgehend auf Wärme und Verkehr ausgeweitet werden. ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN GESPALTEN Emissionen aus Wärme und Verkehr sollten auf nationaler BEIM THEMA »EFFORT SHARING REGULATION« Ebene (z. B. nationaler Brennstoffemissionshandel) bepreist/gehandelt werden. Emissionen aus Wärme und Verkehr sollten nicht Von den teilnehmenden Ökonominnen und Ökono- bepreist/gehandelt werden. men sind 41% der Meinung, dass für Emissionen, die Weiß nicht bisher nicht vom europäischen Emissionshandels- 68% system erfasst wurden, nationale Vermeidungsziele im Rahmen der »Effort Sharing Regulation« beibe- Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut halten werden sollten. Demgegenüber stehen 45%, die dies für nicht sinnvoll halten. Als Gründe für eine Abb. 3 Beibehaltung werden beispielsweise eine Stärkung der Effort Sharing Regulation Halten Sie die Beibehaltung von nationalen CO₂-Vermeidungszielen für Emissionen, die nicht vom nationalen Selbstverpflichtung, Unterschiede in den ursprünglichen europäischen Emissionshandelssystem erfasst wurden, für sinnvoll? Vermeidungskosten der verschiedenen Mitgliedstaaten und (verteilungs-)politische Motive genannt. Dage- Ja gen führen einige Teilnehmende an, dass nationale 14% Nein Vermeidungsziele die Effizienz eines neuen EU-Emis- Weiß nicht sionshandels untergraben würden. So könne es zu Substitutionen zwischen den Ländern kommen und 41% die Klimapolitik durch die Mehrfachregulierung teu- rer werden, ohne einen größeren Nutzen zu stiften. 45% ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN GEGEN KOMBINATION DER KLIMAPOLITISCHEN INSTRUMENTE BEIM STRASSENVERKEHR Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut Fast 50% der teilnehmenden Ökonominnen und Öko- nehmenden Ökonominnen und Ökonomen erachten nomen sprechen sich dagegen aus, den Straßenverkehr die Kombination aus Emissionshandel und Flotten in den EU-Emissionshandel zu integrieren und gleich- emissionsstandards beim Straßenverkehr dagegen für zeitig die Flottenemissionsstandards zu verschärfen. sinnvoll: Flottenemissionsstandards würden die Ver- Sie begründen dies mit negativen Wechselwirkungen bindlichkeit zukünftiger klimapolitischer Anforderun- zwischen den beiden Maßnahmen. Außerdem spre- gen für die Hersteller angesichts heute noch niedriger chen sich einige Ökonominnen und Ökonomen gene- CO2-Preise und deren unsicherer Entwicklung erhöhen. rell gegen Standards für die Flottenemissionen aus. Sie könnten so Innovationsanreize stärken und dazu Diese seien nicht zielführend und ineffizient, da sie beitragen, dass Emissionen im Verkehrsbereich schnel- gegenüber Emissionsreduktionen in anderen Sekto- ler reduziert und die erforderlichen Anpassungen im ren verzerrend wirken. Rund zwei Fünftel der teil- Verkehrsbereich rechtzeitig umgesetzt werden. ifo Schnelldienst 10 / 2021 74. Jahrgang 13. Oktober 2021 67
DATEN UND PROGNOSEN Abb. 4 für den Systemwechsel gehen in zwei Richtungen: Straßenverkehr und Flottenemissionsstandards Zum einen sprechen sich einige Ökonominnen und Die EU-Kommission plant den Straßenverkehr sowohl in den neuen EU-Emissionshandel zu integrieren als auch die bereits existierenden Flottenemissionsstandards zu verschärfen. Sollte die Ökonomen gegen das aktuelle System der freien Zu- EU-Kommission diese beiden Instrumente kombinieren? teilung aufgrund von Ineffizienzen aus. Zum andern befürworten viele den CO2-Grenzausgleich, da so ein Ja internationales »Level Playing Field« geschaffen werde 12% Nein und die innereuropäische Industrie vor CO2-preisbe- Weiß nicht dingten Abwanderungen geschützt werde. Weiterhin 39% geben Befürworterinnen und Befürworter an, dass der Mechanismus Anreize für Länder außerhalb der EU schaffe, selbst klimapolitisch aktiv zu werden. Nur 49% 9% sprechen sich für das System der freien Zuteilung aus, da sie die Wirksamkeit des CO2-Grenzausgleichs bezweifeln und einen verstärkten Protektionismus Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut befürchten. Ähnlich argumentieren die 7% der teil- nehmenden Ökonominnen und Ökonomen, die sich Abb. 5 generell gegen Maßnahmen zum Schutz vor »Carbon CO₂-Grenzausgleichsmechanismus Leakage« aussprechen. Alternative Maßnahmen zum Wie beurteilen Sie den Einsatz eines CO₂-Grenzausgleichsmechanismus für »Carbon Leakage« gefährdete Sektoren? Schutz vor »Carbon Leakage« wie etwa eine allge- meine CO2-Verbrauchssteuer oder Abkommen auf in- Das bisherige System freier Zuteilungen sollte ternationaler Ebene empfehlen 8% der teilnehmenden 9% nicht ersetzt werden. Der Umstieg auf CBAM ist sinnvoll. Ökonominnen und Ökonomen der EU-Kommission. 27% Auch eine Reihe von Befürwortern eines Grenzaus- Die EU-Kommission sollte keine Maßnahmen zum Schutz von »Carbon Leakage« ergreifen. gleichsmechanismus sehen diesen im Falle eines Al- Die EU-Kommission sollte alternative Maßnahmen leingangs der EU durchaus kritisch. Sie fordern, ihn zum Schutz von »Carbon Leakage« ergreifen. entweder von vorneherein mit internationalen Part- 8% Weiß nicht nern, insbesondere den USA und/oder China, zu koor- 49% 7% dinieren, oder sehen ihn lediglich als Zwischenschritt oder notwendiges Druckmittel in Verhandlungen zu einem internationalen Abkommen bzw. »Klimaclub«. Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN MEHRHEITLICH Abb. 6 GEGEN EINE CO2-BEPREISUNG AUF NATIONALER Nationale CO₂-Bepreisung von Kraft- und Brennstoffen UND AUF EU-EBENE Sollte die nationale CO₂-Bepreisung von Kraft- und Brennstoffen auch bei Einführung eines zweiten Emissionshandelssystems auf EU-Ebene beibehalten werden? Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Ökono- Der bisherige nationale CO₂-Preis sollte zusätzlich zum 6% 2% EU-Emissionshandel beibehalten werden. minnen und Ökonomen ist der Meinung, dass die na- 17% Der bisherige nationale CO₂-Preis sollte beibehalten tionale CO2-Bepreisung von Brenn- und Kraftstoffen werden, aber CO₂-Preise auf europäischer Ebene sollten anrechenbar sein. abgeschafft werden sollte, sobald auf EU-Ebene der Der nationale CO₂-Preis sollte beibehalten werden, aber Vorschlag eines zweiten Emissionshandels für Emis- anrechenbar sein. Er sollte zudem erhöht werden, um sionen aus der Nutzung von Brenn- und Kraftstof- ambitioniertere nationale Klimaziele zu erreichen. 21% fen aus dem »Fit for 55« Paket umgesetzt wird. Dem- Der nationale CO₂-Preise sollte abgeschafft werden, 54% wenn CO₂-Preise auf europäischer Ebene eingeführt gegenüber stehen zwei Fünftel der Teilnehmenden, werden. die eine gleichzeitige Bepreisung auf nationaler und Weiß nicht auf EU-Ebene befürworten. Innerhalb dieser Gruppe befürworten allerdings nur 5% eine unkonditionale Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut Beibehaltung eines Doppelsystems, während 95% for- dern, die nationalen CO2-Preise auf die europäischen ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN SEHEN Preise anzurechnen. Rund die Hälfte derer, die eine CO2-GRENZAUSGLEICHSMECHANISMUS DER Anrechenbarkeit fordern, unterstützt zudem eine Erhö- EU-KOMMISSION KRITISCH, UNTERSTÜTZEN IHN hung des aktuellen deutschen CO2-Preises, um die am- ABER MEHRHEITLICH bitionierteren nationalen Reduktionsziele zu erreichen. Beinahe die Hälfte der teilnehmenden Ökonominnen DIE HÄLFTE DER ÖKONOMINNEN UND und Ökonomen spricht sich für einen CO2-Grenzaus- ÖKONOMEN BEFÜRWORTET DIE EINFÜHRUNG gleichsmechanismus aus, um »Carbon Leakage« zu EINER PRO-KOPF-PAUSCHALE verhindern. Die Einführung dieses Systems soll die aktuell freie Zuteilung von Zertifikaten an gefähr- Bei der Frage, wie die Einnahmen aus der CO2-Be- dete Industrien perspektivisch ablösen. Argumente preisung verwendet werden sollten, ergibt sich un- 68 ifo Schnelldienst 10 / 2021 74. Jahrgang 13. Oktober 2021
DATEN UND PROGNOSEN ter den teilnehmenden Ökonominnen und Ökono- Abb. 7 men ein gemischtes Bild (Mehrfachnennungen wa- Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung Wie sollten Ihrer Meinung nach die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung verwendet werden? ren möglich). Rund die Hälfte der Teilnehmenden spricht sich dafür aus, die Einnahmen zumindest Weiß nicht teilweise über eine Pro-Kopf-Pauschale zurück zu erstatten. Ein gutes Drittel will die EEG-Umlage mit Keine Rückerstattung Hilfe der Einnahmen senken oder abschaffen, was Förderung von klimafreundlichen Technologien 32 den Strompreis verringern würde. Auch die Absen- Senkung anderer, nicht-energiebezogener 18 kung oder Abschaffung der Energie- und Stromsteuer Steuern und Umlagen würde den Strompreis reduzieren, wird allerdings Senkung oder Abschaffung der EEG-Umlage 37 nur von 23% der teilnehmenden Ökonominnen und Senkung oder Abschaffung der Energie- 23 Ökonomen befürwortet. Die Absenkung nicht-ener- und Stromsteuer Rückerstattung als Pro-Kopf-Pauschale 50 giebezogener Steuern und Umlagen findet im Ver- gleich eher wenig Zustimmung: Nur knapp 20% der 0 20 40 60 % Teilnehmenden befürwortet es, die Einnahmen aus Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut der CO2-Bepreisung für diesen Zweck zu verwenden. Ein knappes Drittel schlägt indes vor, Einnahmen aus Abb. 8 der CO2-Bepreisung zu verwenden, um klimafreund- Sektorspezifische Regulierungen liche Technologien zu fördern. Gegen Rückerstattun- Sollte die Bundesregierung zur Erreichung der höheren Minderungsziele sektorspezifische gen jeglicher Art sprechen sich 2% der teilnehmenden Regulierungen verschärfen? Falls ja, in welchen Sektoren? Ökonominnen und Ökonomen aus. Generell befürwor- ten die Teilnehmenden entweder eine Rückerstattung Weiß nicht 13 der Einnahmen als Pro-Kopf-Pauschale und Investitio- Gar keinen 50 nen in klimafreundliche Technologien oder Senkungen Abfallwirtschaft 16 der Steuern und Umlagen. Landwirtschaft 29 Verkehr 27 DIE HÄLFTE DER ÖKONOMINNEN UND Gebäude 24 ÖKONOMEN LEHNEN DIE VERSCHÄRFUNG Industrie 17 SEKTORSPEZIFISCHER REGULIERUNGEN AB Energiewirtschaft 18 0 10 20 30 40 50 60 % Die Hälfte der Ökonominnen und Ökonomen spricht Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut sich gegen eine Verschärfung sektorspezifischer Re- gulierungen wie Emissions- oder Energieeffizienz- standards aus, um striktere Klimaziele zu erreichen. Abb. 9 Demgegenüber stehen fast 40%, die verschärfte Sektorspezifische Investitionen Sollte die Bundesregierung zur Erreichung der höheren Minderungsziele zusätzliche Regulierungen einzelner Sektoren befürworten. Am sektorspezifische Investitionen tätigen? Falls ja, in welchen Sektoren? häufigsten nennen die teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen dabei die Landwirtschaft (29%), ge- Weiß nicht 12 folgt vom Verkehrs- (27%) sowie dem Gebäudesektor Gar keinen 34 (24%). Dahinter liegen die Energiewirtschaft (18%), Abfallwirtschaft 12 der Industriesektor (17%) sowie die Abfallwirtschaft Landwirtschaft 20 (16%). 85% der Ökonominnen und Ökonomen befür- Verkehr 33 worten verschärfte Regulierungen einzelner Sekto- Gebäude 35 ren, wie beispielsweise bei Gebäuden, Verkehr und Industrie 21 Landwirtschaft. Energiewirtschaft 31 ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN FÜR ZUSÄTZ 0 5 10 15 20 25 30 35 40 % LICHE SEKTORSPEZIFISCHE INVESTITIONEN Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut Im Gegensatz zu einer Verschärfung sektorspezifischer Regulierungen sieht eine Mehrheit der Ökonominnen bildet das Schlusslicht. Mehrfachnennungen waren und Ökonomen zusätzliche sektorspezifische Investiti- auch hier möglich. onen, beispielsweise in Technologieförderung, positiv. Gut ein Drittel spricht sich indes dagegen aus. Unter ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN GEGEN SEKTOR- den Bereichen, in denen zusätzliche Investitionen SPEZIFISCHE CO2-MINDERUNGSZIELE gefordert werden, wurden am häufigsten Gebäude (35%) und Verkehr (33%) genannt. Dahinter folgen Die Bundesregierung hat im Klimaschutzgesetz für die Energiewirtschaft (31%), die Industrie (21%) und jedes Jahr und jeden Sektor genaue CO2-Minderungs- die Landwirtschaft (20%). Die Abfallwirtschaft (12%) ziele bis 2030 festgelegt. Die für den Zeitraum von ifo Schnelldienst 10 / 2021 74. Jahrgang 13. Oktober 2021 69
DATEN UND PROGNOSEN Abb. 10 Klima unerheblich, in welchem Sektor die Emissionen Sektorspezifische CO₂-Minderungsziele entstünden. Dagegen halten 30% der teilnehmenden Sehen Sie die Festlegung jahresgenauer, sektorspezifischer CO₂-Minderungsziele als sinnvoll an? Ökonominnen und Ökonomen CO2-Minderungsziele für einzelne Sektoren für den richtigen Weg. Für eine stär- Ja 10% kere Regulierung spreche, dass so politische Verant- Nein wortlichkeit und klare Kriterien für die Überprüfung 30% und Nachsteuerung der Klimaschutzanstrengungen in Weiß nicht den verschiedenen Sektoren geschaffen würden. Sek- torspezifische Ziele würden zudem unterschiedliche technologische Anforderungen besser berücksichtigen und eine bessere Planung ermöglichen. 60% ÖKONOMINNEN UND ÖKONOMEN GEGEN KLIMASCHUTZ-MANDAT FÜR DIE EZB Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut Bis 2050 möchte die EU klimaneutral sein. Im Zuge Abb. 11 dessen könnte das Mandat der EZB um klimapoliti- EZB und Klimaschutz (1/2) sche Ziele erweitert werden. Eine deutliche Mehrheit Sollte das Mandat der EZB auch das klimapolitische Ziel der EU, bis 2050 Klimaneutralität zu von 80% der teilnehmenden Ökonominnen und Öko- erreichen, enthalten? nomen spricht sich jedoch gegen diesen Vorschlag Ja aus. Die Mehrheit der Ökonominnen und Ökonomen 6% 14% findet, dass sich die EZB lediglich auf die Geldpolitik Nein konzentrieren sollte. Klimaschutz liege außerhalb ihres Weiß nicht Mandats und für eine solche Aufgabe gäbe es zudem keine demokratische Legitimierung. Lediglich 14% sind für ein Klimaschutzmandat für die EZB. Die Zeit werde knapp und man müsse jetzt handeln, daher sei fast jede Maßnahme recht, so die Meinung der Befürworter. 80% EZB SOLLTE EMISSIONSARME UNTERNEHMEN Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut NICHT BEVORZUGEN Abb. 12 Die EZB besitzt innerhalb ihres derzeitigen Mandats EZB und Klimaschutz (2/2) ein Programm, mit dem Wertpapiere von Unternehmen Sollte Ihrer Meinung nach die EZB im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) verstärkt Anleihen von emissionsarmen Unternehmen kaufen, um die angekauft werden (CSPP). Insofern könnte die EZB klimapolitischen Ziele der EU zu unterstützen? klimapolitisch aktiv werden, indem sie bevorzugt die Anleihen emissionsarmer Unternehmen kauft. Diesen Ja 7% Vorschlag lehnen jedoch 70% der teilnehmenden Öko- 23% Nein nominnen und Ökonomen ab. 23% halten dies für eine Weiß nicht gute Idee. 7% geben an, sich keine Meinung gebildet zu haben. Das am häufigsten genannte Argument der Unterstützer ist der direkte und erwartbare Zusatzef- fekt: Es wird ein Anreiz geschaffen, klimafreundlich zu investieren. Der am häufigsten genannte Grund gegen 70% diesen Vorschlag ist die Neutralität: Die EZB würde dann nicht mehr neutral, sondern politisch agieren. Quelle: Ökonomenpanel Juli 2021. © ifo Institut LITERATUR 2031 bis 2040 geltenden Einsparungsziele sollen 2024 Blum, J., R. de Britto Schiller, A. Löschel, J. Pfeiffer, K. Pittel, N. Potrafke bekannt gegeben werden. Die Mehrheit der teilneh- und A. Schmitt (2019), »Zur Bepreisung von CO2-Emissionen – Ergebnisse aus dem Ökonomenpanel«, ifo Schnelldienst 72(16), 60–65. menden Ökonominnen und Ökonomen (60%) sieht sektorspezifische Minderungsziele kritisch. Diese führten, gerade im Vergleich zu einer sektorübergrei- fenden CO2-Bepreisung, zu Ineffizienzen und damit höheren Kosten. Es werde eine Scheingenauigkeit ge- schaffen, obwohl Einsparpotentiale und Innovations- fortschritt über so lange Zeiträume nicht vorausseh- bar seien. Der Markt solle entscheiden, wo am meis- ten CO2 eingespart werden könne. Zudem sei für das 70 ifo Schnelldienst 10 / 2021 74. Jahrgang 13. Oktober 2021
Sie können auch lesen