Evidenzbasierte Sturzprävention im Pflegeheim 1995 - 2012 Was funktioniert und was nicht (und warum nicht) - Veranstalter: Bundesinitiative ...
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Evidenzbasierte Sturzprävention im Pflegeheim 1995 - 2012 Was funktioniert und was nicht (und warum nicht) Veranstalter: Bundesinitiative Sturzprävention; Sprecher Prof. Dr. Clemens Becker
Inhalt Epidemiologie: ca. 1,6-2 Millionen Stürze pro Jahr Gesundheitsökonomie Kosten ca.: 500 – 1.000 k€ Evidenz und Translation Fazit und Ausblick
Stürze werden häufig bleiben, Nicht jeder Sturz sollte um jeden Preis vermieden werden 30-40 % der Stürze sind vermeidbar 20-25 % der sturzbedingten Verletzungen sind verhinderbar
Robinovitch Lancet 2012 Kernaussagen: Sturzprävention soll ein möglichst aktives Leben im Heim ermöglichen. Alle glaubwürdigen Präventionen sollen daher aktive Elemente enthalten. Stürze und sturzbedingte Verletzungen sind sehr häufig und verursachen hohe Kosten, Angst, führen oft zu repressiven Maßnahmen
Risikofaktoren sollen Maßnahmen ermöglichen Risikoindikator OR Standunsicherheit x 1,7 Gangunsicherheit x 2,3 Schwierigkeiten beim Aufstehen x 2,2 Kognitive Defizite x 1,9 Schlafmitteleinnahme (Psychopharmaka) x 1,9 Dranginkontinenz und Nykturie x 2,3 Visusminderung (Katarakt, AMD etc.) x 1,6 Sturz in den letzten Monaten x4 Rubenstein et al. 2011, J Am Geriatr Soc, Kron et al. 2003
Aussagen des Cochrane Review (Cameron 2010/Update 2013) Multifaktorielle Interventionen durch multiprofessionelle Teams *Haltung und Klima (ein positive Haltung entwickeln) *Angemessenes Risikomanagement und Fehlervermeidung (CIRS) *Überprüfung der Medikation auf schädliche Dosis und Substanzen Bewegungsangebote (aber nicht alleine!) Umgebungsanpassung und Design (Bsp. Gang) Hilfsmittelnutzung und Design (Bsp. Rollstuhl) *Vitamin Gabe mindestens 800 IE / Tag Definition multifaktorieller Interventionen und multiprofessioneller Teams (Lamb, Becker et al. Trials 2012) * Gute klinische und pflegerische Praxis (GCP)
Bedeutung der Umgebung? Sinnvolle Vorgaben basieren auf sorgfältiger Analyse nicht jedes Detail kann in einem RCT getestet werden Folgerung: Umgebungsanalyse und Anpassung ist die Verantwortung des Heimträgers und der Mitarbeiter
Film 2 „Der Korridor“
Keine Evidenz für Hilfsmittelanpassung? 30 – 40 % der Sturzunfälle beim Aufstehen und Hinsetzen (Rapp 2011) Folgerung: es fehlen normative Vorgaben Es braucht Produktinnovation
Film 3 „Der Rollstuhl“
Daten aus Deutschland Erste Beobachtungsstudien 1996/1997 (Promotionen) Pilotstudie: Machbarkeit 1997 Beginn der ersten Interventionsstudie mit 960 Heimbewohnern 1998 – 2001 (Förderung BMG) Veröffentlichung der Daten (Becker 2003/5, Kron 2003, Rapp 2008-10) Ab 2002 Verbreitung in Baden-Württemberg in 800 Heimen (Rapp 2010) Finanzierung AOK BW und Heimträger Überarbeitung des Programms 2006-7 (Schulung und Projektmanagement) Einführung des Programms in Bayern, RLP und anderen BL Förderung der Evaluation (BMBF 2008-2010) Finanzierung durch AOK BY und Heimträger Derzeit haben ca. 3000 Heime das Programm eingeführt Beratung und Austausch mit Partnern in Ausland Schweiz, Vorarlberg, Toscana, Neuseeland, Kanada, UK (Profound)
Komponenten des Bayrischen Heimprogramms Multifaktorielle Interventionen durch multiprofessionelle Teams Haltung und Klima (ein positive Haltung entwickeln) Angemessenes Risikomanagement und Fehlervermeidung (CIRS) Überprüfung der Medikation auf schädliche Dosis und Substanzen Bewegungsangebote als Motor des Programms (2x Woche über mindestens 3 Monate) Umgebungsanpassung und Design Hilfsmittelnutzung und Design Vitamin Gabe mindestens 800 IE / Tag Ziel: 1000 Heime in 4 Jahre (Evaluationsfinanzierung BMBF)
Sturzprävention in Bayern Studienpopulation im ersten Jahr 1 (2007) Design: quasiexperimentell (Gruppenvergleich, Vorjahre prä-post) Interventionsgruppe Kontrollgruppe Pflegeheime, n 256 893 Bettenzahl (Durchschnitt) 94.4 70.8 Studienpopulation Geschlecht Männlich, n (%) 2.892 (21.2) 6.828 (21.6) Weiblich, n (%) 10.761 (78.8) 24.840 (78.4) Alter (Durchschnitt) 84.3 84.2
Effekte Einfluss des Sturzpräventionsprogramms auf das Auftreten von Hüftfrakturen in Bayern Hüftfrakturen Personen- Hüftfrakturen/ Hazard rate n jahre 1000 Personen- ratio* (95% CI) (gesamt) jahre Sturzpräventionsprogramm Nein (Kontrollgruppe) 917 22,450 41.0 1.00 Ja (Interventionsgruppe) 331 9,882 33.6 0.82 (0.72-0.93) * adjustiert für Geschlecht, Alter, Bettenzahl (log) und Pflegestufe Im ersten Interventionsjahr: Reduktion der Hüftfrakturen um fast 20% Becker C, Rapp K et al., PloS ONE 2011
GCP: Medikamente Viele Medikamente können das Sturzrisiko erhöhen Medikamente: alle die im Bereich des zentralen Nervensystems wirken (Schlafmittel, Antidepressiva, Neuroleptika) nach ~ 4 Wochen ggf. reduzieren / absetzen Regel: Start low, go slow (Hartikainen 2007, Leipzig 1999) Medikamente, die den Blutdruck senken kritisch überprüfen Orthostase, autonome Neuropathie (Shaw 2003) Consulting pharmacy: Fleetwood Model (Zernansky 2006) Priscus Liste (Thürmann)
GCP: Vitamin D, Muskelkraft und Knochengesundheit Vitamin D Unterversorgung bei älteren Menschen im Heim extrem häufig Substitution sinnvoll bei gehfähigen Personen Bischoff-Ferrari 2010, S3 Leitlinie Einsatz von Medikamenten, die einen Einfluss auf den Knochenstoffwechsel haben im Heimbereich keine ausreichenden Daten vorhanden (kein Teil des HTAs)
Verminderung der Aufprallenergie Hüftprotektoren (Cochrane Review Gillespie W 2009) Vermutlich sinnvoll für Höchstrisikopersonen Polster Hartschale (Schockabsorption) (Verteilung des Aufpralldrucks)
Verminderung der Aufprallenergie: Fussbodenmaterial Für Hochrisikobereiche überdenken (Bäder, Toiletten)
Kraft- und Balancetraining: Wer ist unterrepräsentiert? Odds ratio (95% CI) Geschlecht Frauen 1.0 Männer Männer 0.67 (0,52-0,86) Alter
Fazit Sturzprävention kann ein aktives Leben im Heim ermöglichen. Alle Präventionmassnahmen sollten aktive Komponenten enthalten. Orientierung geben Leuchtturmmodelle und nicht schlechte Studien Stürze und sturzbedingte Verletzungen sind verhinderbar PFF < 3% p.a., (ambulante Pflege < 2% p.a., > 80 J. ohne PS
http://www.aktivinjedemalter.de/ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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