Familienhorizonte - seit 15 Jahren - Kinderschutz und Hilfen für Familien
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Einstieg Angebot Wohngruppen Ambulante Betreuung KRISEN INTERVENTION Pflegefamilie Notschlafstelle Die „Familienhorizonte gGmbH“ ist eine gemeinsame Gesellschaft des Kreises Rendsburg-Eckernförde (21%) und der Brücke (79 %). 2
Vorwort 15 Jahre Familienhorizonte - das sind Der Austausch der beiden Gesellschaf- 15 Jahre aktiver Kinderschutz und Hil- ter Kreis und Brücke untereinander fen für Familien im Kreis Rendsburg- geschieht auf den Ebenen des gemein- Eckernförde. Die Geschichte dieser samen Qualitätsmanagements, des gemeinsamen Gesellschaft des Krei- Pädagogischen Beirats und in der Ge- ses Rendsburg-Eckernförde und der sellschafterversammlung. Auf dieser Brücke Rendsburg-Eckernförde e.V. Basis bedarfsgerechter Ressourcen- belegt die zuverlässige Kooperation verteilung, der klaren Aufgabendefini- zwischen einem freien und einem öf- tion und transparenter Aufteilung der fentlichen Träger für eine gemeinsa- Gestaltungsspielräume und Aufgaben- Heike Rullmann me Aufgabe. erfüllung sowie der interdisziplinären Fachverantwortung kann auch in Zu- Ziel war und ist bis heute, mit einem kunft Zusammenarbeit auf Augenhö- Höchstmaß an Verbindlichkeit Kin- he gelingen. der, Jugendliche und Familien mit den Möglichkeiten der Jugendhilfe zu Die Anforderungen an die Fachkräf- unterstützen und dabei die Hilfen ma- te sind sehr hoch. Diesem Anspruch ximal individuell passgenau zu gestal- stellen wir uns. Moderne Pädagogik ten. Stabilität und Beweglichkeit – das braucht einerseits Mitarbeiter*innen sind die Anforderungen an die Leis- mit besonderem Profil hinsichtlich tungen der Familienhorizonte gGmbH ihrer persönlichen Eignung und ihrer und zugleich der Charakter der Zusam- fachlichen Kompetenz; andererseits menarbeit mit dem Jugendamt, das erfordert sie attraktive Arbeitsplätze, Inhalt hier gleichzeitig Gesellschafter ist. die wir durch leistungsgerechte Bezah- lung, Angebote zur Vereinbarkeit von 04 Daten & Fakten Heute sind die vielfältigen Angebo- Beruf und Familie sowie nicht zuletzt te der Familienhorizonte gGmbH im durch Anerkennung gewährleisten. 05 Krisenintervention Kreisgebiet ein selbstverständlich ge- nutzter Teil der sozialen Infrastruktur. Die wirkungsorientierte Ausgestaltung 06 Wohnen Und es hat sich inzwischen auch schon unserer Arbeit zielt auf die Stärkung in- zweimal bewiesen, dass das Konstrukt dividueller Fähigkeiten und Potenziale 07 Ambulant Familienhorizonte mit seinem zentra- - materielle Ausstattung, Gesundheit, len Krisendienst, den gemeinsamen Bildung und soziale Kompetenzen - so- 08 Zusatzangebote Prozessen mit dem Jugendamt und wie am Erhalt und am Ausbau der ge- den eng angebundenen Regelangebo- sellschaftlichen Rahmenbedingungen 09 Besondere Zeiten ten in der Lange ist, extrem beweglich - soziale, ökonomische und politische und lösungsorientiert auf gesellschaft- Chancen, sozialer Schutz und ökologi- 10 Jugendamt liche Sondersituationen zu reagieren: sche Sicherheit. 2015/2016 die Flüchtlingskrise und 11 Jugendhilfeausschuss 2020 die Corona-Pandemie. Zu jedem Zeitpunkt wurde für jedes einzelne Kind, für jede/n Jugendliche/n fachlich Heike Rullmann, Vorstand 12 Kontakt qualifizierte Arbeit nach den gebote- nen Anforderungen und Standards ge- leistet. 3
Daten & Fakten Kriseneinsätze für den Kreis 72 Rendsburg-Eckernförde nach Leistung Mitarbeiter*innen 54 pädagogische Fachkräfte UMF Gefährdungseinschätzungen ohne weitere Leistungen 7 mit besonderen ambulante Krisenintervention Sprachkenntnissen Inobhutnahmen Kriseneinsätze für den Kreis 13 Rendsburg-Eckernförde nach Leistung 420 9 190 27 181 100 96 90 37 42 54 79 93 23 163 153 181 20 139 112 128 145 94 141 121 108 49 138 147 139 151 136 127 129 131 143 144 134 117 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Gefährdungseinschätzung ohne weitere Leistungen ambulante Krisenintervention Inobhutnahmen 140 Familien 35 in der Plätze in Ambulanten Betreuung Wohngruppen 4
24 Stunden täglich Kriseninterventionsteam Wenn Kinder und Jugendliche in Not geraten len kurzfristiger und im Nachgang er- forderlicher Dokumente, die Abstim- mung mit anderen Akteuren, z. B. der Klinik, u.ä.. „Die Zusammenarbeit mit den Kolle- ginnen und Kollegen des Jugendamtes basiert auf strukturierten Abläufen und einem festen Vertrauensverhält- nis“, so Annika Rehbehn, Leiterin des KIT-Teams. „An dieser Stelle seien aber auch die Jugendhilfeeinrichtungen und die Bereitschaftspflegefamilien zu loben. Sie stehen bereit, jederzeit, auch nachts und an Sonn- und Feier- tagen, Kinder und junge Menschen bei sich aufzunehmen, um deren Versor- Das KIT-Team vor der Autoflotte gung bei zeitlich befristetem Ausfall der Herkunftsfamilien zu gewährleis- ten.“ Das Kriseninterventionsteam (KIT) „Durch die enge Verzah- stellt die zentrale Verbindung dar zum Zu den Aufgaben des Kriseninterven- nung von KIT, ambulanten Jugend- und Sozialdienst des Jugend- tionsteams gehört auch die Unterbrin- Hilfen und den Wohngrup- amtes des Kreises Rendsburg-Eckern- gung von unbegleiteten minderjähri- pen können auch heraus- förde innerhalb der „Familienhorizon- gen Flüchtlingen (UMF) – im Jahr 2015 fordernde Situationen te“. KIT ist rund um die Uhr über eine mehr als 200 aus der Landesunter- gemeinsam bewältigt wer- zentrale Rufnummer für das Jugend- kunft in Rendsburg. Die besonderen den – Gemeinsam sind wir amt zu erreichen. Die Kooperation Sprach- und Kulturkenntnisse einiger stark!“ mit dem Jugend- und Sozialdienst des Brücke-Kolleg*innen sind hier beson- Jugendamtes versteht sich als Krisen- ders hilfreich. Damals haben sich das management, das präventiv wirken gut entwickelte Netzwerk zu anderen soll und will, um zu verhindern, junge Jugendhilfeträgern und die Unterbrin- Annika Rehbehn, Teamleitung, Kriseninterven- Menschen in Obhut nehmen zu müs- gungsmöglichkeiten in den eigenen tionsteam und Frühe Hilfen für sen. Ziel ist dabei, die Krise vorrangig Regeleinrichtungen der Familienhori- Familien mit den Ressourcen der Familie und zonte besonders bewährt. des sozialen Umfeldes zu bewältigen. Lässt sich die Krise nicht lösen, sorgt Die Leistungen des Kriseninterventi- das KIT unverzüglich und jederzeit für onsteams haben in 2018 die höchste eine bedarfsgerechte Hilfe. Dies kann Inanspruchnahme seit dem Bestehen eine ambulante Unterstützung sein des Dienstes erzielt. Das Kriseninter- oder auch die Unterbringung in einer ventionsteam hat im Jahr 2018 315 Bereitschaftspflegefamilie oder einer vom Jugendamt beauftragte und Wohngruppe. KIT erledigt alle Schritte 420 mit dem Jugendamt gemeinsam und Maßnahmen, die für eine Inob- durchgeführte Clearingeinsätze zur hutnahme erforderlich sind, insbe- Überprüfung einer Kindeswohlgefähr- sondere die Auswahl und Vermittlung dung geleistet. der Inobhutnahmeplätze, das Einho- 5
Wohnen Statt oder nach der Krise Wohngruppen & Notschlafstellen möglich, wird der junge Mensch dabei unterstützt, sich von seinen Eltern ab- zulösen, um eine eigene Lebenspers- pektive zu entwickeln. Die pädagogische Arbeit in den Wohn- gruppen mit ihren differenzierten Angeboten orientiert sich an den Ressourcen, den individuellen Prob- lemlagen und den Perspektiven des jungen Menschen. Bei der Zuordnung auf die Wohngruppen wird auf die persönliche Passung geachtet. Notschlafstelle Die Notschlafstelle ist eine Anlaufstel- le für Jugendliche ab dem Alter von 14 Das Team der Wohngemeinschaft in Eckernförde Jahren, die akut nicht in einer Wohn- gruppe aufgenommen werden wollen oder aufgrund ihrer spezifischen Prob- Wohngruppen weiteren Plätzen für Jugendliche ab lemlagen nicht aufgenommen werden Kinder- und Jugendliche beider- 16 Jahren, die auf dem Weg in die ei- können und andernfalls im Freien oder lei Geschlechts ab zehn Jahren, gene Selbständigkeit sind. an gefährdenden Orten übernachten die nicht mehr bei ihren Fa- würden. Sie werden zeitlich befristet milien wohnen sollen, können Die Wohngruppen verfolgen grund- in dieser betreuten Schlafstelle unter- in den drei Wohngruppen in sätzlich das Ziel der Rückführung in gebracht, die ihnen neben sanitären Rendsburg (2) und in Eckernför- die Herkunftsfamilie, soweit die dorti- Anlagen und einer Grundversorgung de (1) aufgenommen werden. gen Verhältnisse dies nicht ausschlie- Beratung und Begleitung anbietet. Diese vollstationären Einrich- ßen. Von daher wird zunächst immer Nach Abklärung des Jugendhilfebe- tungen verfügen insgesamt über eine wohnortnahe Unterbringung der darfs werden sie in geeignete weiter- 31 Plätze sowie einen geson- jungen Menschen angestrebt. Ist die führende Hilfeformen oder in die Selb- derten Wohnbereich mit vier Reintegration in das Elternhaus nicht ständigkeit begleitet. Die beiden Rendsburger Teams 6
Ambulant Nachhaltige Hilfen Ambulante Hilfen & Pflegefamilien auf einer Vereinbarung zwischen den Eltern und dem Jugendamt. Die Fami- lienhelfer*innen begleiten die Eltern im Rahmen der Kontakt- und Besuchs- regelungen mit ihren Kindern und unterstützen die verantwortungsvolle Wahrnehmung ihrer Elternschaft. Die Betreuungsintensität ist Fall be- zogen unterschiedlich. Sie reicht von wenigen Stunden im Monat bis hin zu einer Intensivbetreuung mit täglichen Kontakten. Beratung von Pflegepersonen Familien, die ein oder mehrere Kinder aufgenommen haben, die nicht mehr in ihren Familien leben können, sind Beratung & Begleitung unterwegs mit Annika Rehbehn ein positives Beispiel sozialen Engage- ments für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft und verdienen hohe Ambulante Betreuung Lebensgestaltung (wieder-)gewinnen. Aufmerksamkeit und Unterstützung. Diese aufsuchende Arbeit wird • Die ambulante Betreuung junger Dies ist mit einem Anspruch auf Be- für das gesamte Kreisgebiet ge- Menschen unterstützt einen zielge- gleitung und Beratung verankert im leistet. Die ambulanten Hilfen richteten Verselbständigungsprozess Sozialgesetzbuch VIII § 86 (6). Die Fa- wenden sich an Kinder, Jugend- in der eigenen Wohnung - nach dem milienhorizonte betreuen rund 200 liche, junge Heranwachsende Aufenthalt in einer Wohngruppe oder Pflegefamilien im Kreisgebiet. und Familien mit minderjähri- im Rahmen der Loslösung vom Eltern- Eine Besonderheit der Familienho- gen Kindern, die sich in schwie- haus. Sie begleitet und unterstützt die rizonte ist die Arbeit mit 20 Bereit- rigen Lebenslagen und/oder jungen Menschen (und deren Eltern) schaftspflegefamilien, die aus akuten Krisen befinden. Je nach Bedarf auf dem Weg in eine eigenverantwort- Krisen insbesondere Kleinkinder in handelt es sich um liche Lebensführung. ihre Familie aufnehmen. Gemeinsam • die sozialpädagogische Fami- • Erziehungsbeistandschaften un- mit dem Kreis prüfen die Familien- lienhilfe. Sie betreut Familien, terstützen junge Menschen bei der horizonte die Bewerbungen, beraten deren alltägliche Lebenssitua- Bewältigung von Entwicklungspro- regelhaft sowie auf Anfrage und orga- tion durch massive Belastungen blemen sowie bei individuellen und nisieren Austauschgruppen. gekennzeichnet ist, wodurch familiären Problemen und Konflikten die altersgemäße Erziehung, unter Einbeziehung des sozialen Um- „Die Arbeit in unseren Wohn- Entwicklung und Versorgung felds. Ziel ist es, Lebensbedingungen gruppen hat sich in den letzten einzelner oder aller Kinder nicht zu schaffen, die den Verbleib des jun- 15 Jahren immer weiterentwi- mehr gewährleistet oder ge- gen Menschen in der Familie ermög- ckelt. Wir setzen heute auf eine fährdet wird. Die Hilfen richten lichen oder seine Verselbständigung stetige Qualitätsüberprüfung, sich an die gesamte Familie und unter Erhalt des Lebensbezugs zur Fa- um der Komplexität der Prob- deren soziales Netzwerk. Die milie zu fördern. lemlagen unserer Klient*innen Familie soll durch die Betreuung • Begleitete Umgänge unterstützen gerecht zu werden.“ die Fähigkeit zur Alltagsbewäl- Eltern nach einer Trennung im Kontakt tigung und Problemlösung und mit ihren Kindern. Dies ist entweder Marcel Mathea, somit zur eigenverantwortlichen gerichtlich so angeordnet oder basiert Wohngruppe + Notschlafstelle 7
Zusatzangebote Praktische Hilfen Sprach- und Kulturmittler*innen & Elternwerkstatt & Freizeit Gruppentreffen auslösen sei erstaun- lich. „Seit ich in der Elternwerkstatt bin, weiß ich, wie ich mein Kind erzie- hen kann“ (Zitat einer Teilnehmerin). Freizeit und Ferien Als Familie Freizeit und Ferien gemein- sam und in guter Atmosphäre zu ver- leben, ist Teil der Erziehungsaufgabe. Von daher gehören zum Programm der ambulanten Familienbetreuung auch gemeinsame Aktionen mit Fami- lien und ihren Kindern: Wanderungen, ein Museumstag, Specksteinarbeiten oder Strandbesuche. Ganz im Sin- ne des kooperativen Grundprinzips der „Familienhorizonte“ treffen sich Bettina Pahl, Sozialpädagogin und Kindheitspädagogin mit traumapädago- jeweils zum Abschlussfest der Som- gischer Zusatzausbildung meraktionen die Betreuer*innen mit den Kindern, ihren Eltern und Vertre- „Die Unterbringung von ca. Sprach- und Kulturmittler*innen ter*innen des Jugendamts. Seit der Flüchtlingswelle 2015 wurde 190 unbegleiteten minder- in der Brücke-Gruppe systematisch ein „Die Zusammenarbeit mit Fam- jährigen Flüchtlingen im Personalpool von Mitarbeiter*innen Jahr 2015 aus der Landes- lienhorizonte ist für mich posi- mit besonderen Sprach- und Kultur- unterkunft in Rendsburg tiv. Zuerst wurde das Vertrauen kenntnissen für die Arbeit mit unbe- war für uns eine große Her- gleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu den Kindern hergestellt. Die ausforderung, wir haben es (UMF) aufgebaut. Erstkontakte, fach- Gespräche sind hilfreich, ich gemeinsam geschafft.“ liche Einschätzungen und auch die kann was rauslassen. Die Tipps Unterbringung der jungen Menschen sind gut, die ich bekomme. Ich können so qualifiziert gelingen. kann es zu Hause umsetzen. Ich Kai Struve fühle mich erleichtert nach den Leitung Ambulant/KIT 42 Elternwerkstatt Gesprächen. An ein besonderes Eckernförde „Um Kinder zu erziehen, braucht es Erlebnis mit den Familienho- „Die Elternwerkstatt ist ein ganzes Dorf“. So lautet ein afrika- rizonten erinnere ich mich im- wichtig, weil man da nicht nisches Sprichwort, hier umgesetzt in mer wieder gerne: Wir waren der „Elternwerkstatt“ in Eckernförde. mit unserer Familienhelferin im mit seinen Problemen allei- Bei Bettina Pahl und Sabine Brünske ne ist und sich mit anderen Ostseeinformationscenter und haben Mütter und Väter die Möglich- Müttern austauschen kann. haben Fische gestreichelt. Mein keit, sich gemeinsam über ihre Eltern- Ich würde allen Eltern raten rolle auszutauschen, „aktives Zuhören“ Rat für andere: Man braucht sich den Schritt zu gehen. Man zu üben und Konfliktlösungsstrategien nicht zu schämen. Man sollte die fühlt sich gut dabei und es zu erlernen. Dieser Austausch, so be- Hilfe annehmen. Die Gespräche macht Spaß.“ tont Bettina Pahl, ist freiwillig und für sind hilfreich.“ die Teilnehmer*innen kostenlos. Zu- dem bleibt alles, was besprochen wird, Klientin Frau W. hier im Raum. Die Dynamik, die diese Familie A. aus Eckernförde 8
Besondere Zeiten 2015/2016 Flüchtlinge & 2020 Corona Zwei Erfahrungsberichte Corona - kreativ durch die Krise Wohngruppen: Regelmäßiges Hände- waschen, kein Besuch mehr, Abstand halten, auch wenn Nähe gerade so gut tun würde – eine Geduldsprobe. Alles wurde hinterfragt. Unser gutes Zusammenleben in den Wohngrup- pen basiert auf einer erklärbaren und konsequent eingehaltenen Haus- ordnung mit Rechten und Pflichten für alle Beteiligten. Die neuen Regeln wurden als Beschneidung empfunden – ihnen musste etwas Positives entge- gengesetzt werden: In Gemeinschaft Aufnahme von 217 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen die Krise zusammen durchleben! Ein Wöchentlich trafen 2015 in der pe betreut – teilweise aus verfeinde- Glas wurde mit Wunschzetteln gefüllt: Rendsburger Erstaufnahmestel- ten Bürgerkriegsparteien - und nicht Schnitzeljagd im Haus, Disco, Net- le minderjährige Ausländer*in- immer waren Kulturmittler*innen flix-Abende und Bastelideen. In Folge nen ein, teilweise über 40 pro spontan verfügbar. wurde dann in den Wohngruppen so Woche. Unser Kriseninterven- Mittlerweile sind viele junge Menschen viel gemalt, gebastelt und gespielt wie tionsteam übernahm alle Erst- in Arbeit, in Ausbildung, besuchen wei- nie zuvor. Ein Highlight war die Nacht- kontakte incl. der Sicherung der tergehende Schulen oder haben diese wanderung: Schatzsuche, ausgestattet ärztlichen Erstuntersuchung, schon absolviert. Einen Teil der Jugend- mit Knicklichtern, begleitet von zwei die Zuordnung der geeigneten lichen konnten wir mit ihren Familien Erziehern und zwei Hunden. – Wie Wohngruppen und welcher aku- zusammenführen. Die Familien wer- still es plötzlich werden kann, wenn te Hilfebedarf bestand – gefragt den bisweilen heute von uns ambu- man Hand in Hand durch den stock- waren da gute Kooperation und lant weiterbetreut – für sie mit neuen finsteren Wald läuft. Vertrauen zum teamübergreifende Unterstüt- Herausforderungen: Was ist überhaupt anderen ist gefragt – ganz neue Erfah- zung. ein Jugendamt? Können wir Euch ver- rungen: „Die vielen Sterne sehen ganz 217 junge Menschen waren in- trauen? Und die offenen Fragen unse- anders aus als in der Stadt“. nerhalb kürzester Zeit unterzu- rerseits: Was bedeutet es, wenn Ver- ambulante Hilfen: Hygienevorschrif- bringen und zu versorgen. Ein- ständigung nur noch bedingt möglich ten ab Mitte März 2020: keine Gesprä- richtungen mussten ausgebaut ist? Inwieweit muss ich mit kulturellen che im Wohnzimmer, kein gemeinsa- oder kurzfristig neu genehmigt Unterschieden vertraut sein? Dienlich mer Gang auf den Spielplatz u.ä.. Aber werden und mit WLAN ausge- war die Vermittlung durch Brücke-Kol- durch zeitnahe Absprachen mit dem stattet werden, um den jungen leg*innen mit ihren vielfältigen kultu- Jugendamt und eigene Umorganisa- Menschen Kontakt zu ihren rellen und sprachlichen Kenntnissen. tion blieben wir handlungsfähig. Angehörigen zu ermöglichen. Heute schätzen Kinder, Jugendliche und Im Kindesschutz und zur Abwendung Neues Personal kam dazu und Eltern unsere Unterstützung und ver- von Kindeswohlgefährdung fanden neue Tagesstrukturen wurden trauen uns. Wir sind dankbar und auch weiterhin Hausbesuche statt, z.B. zur geschaffen. Bereits ab dem drit- stolz darauf, an gelungener Integration Sicherung der Kontrollvereinbarun- ten Tag begann die interne Be- mitgewirkt zu haben. Besonders erfreu- gen. Einfachere Fälle liefen datenge- schulung, lange bevor offizielle lich ist die teils enorme Entwicklung der schützt über Video oder am offenen Schulplätze zur Verfügung stan- jungen Volljährigen seit den ersten Be- Fenster. Dokumentation erfolgte im den. Zeitweise wurden junge gegnungen, die durch traumatische Homeoffice. Schutzmaterialien und Menschen aus fünf Nationen Erlebnisse aus Bürgerkrieg, Flucht und technische Ausstattungen wurden be- gleichzeitig in einer Wohngrup- Einsamkeit vorbelastet waren. reitgestellt. 9
Jugendamt Interview mit dem Leiter des Fachbereichs Jugend & Familie Kreis Rendsburg-Eckernförde zuverlässig sicherzustellen. Gerade bei ist darin begründet, dass sie eine ge- der Flexibilität können behördliche meinsame Gesellschaft von freiem und Strukturen an ihre Grenzen geraten. öffentlichem Träger ist und so ein ho- Ich freue mich daher, dass uns mit der hes Verantwortungsgefühl füreinander Familienhorizonte gGmbH und deren entstanden ist. So arbeiten wir auch Mitarbeitende zuverlässige und auch dann noch an Lösungen für schwierige sehr erfahrene Partnerinnen und Part- Konstellationen und Situationen, wo ner zur Seite stehen. Die Zusammenar- andere Träger schon ausgestiegen sind. beit ist von Vertrauen und Kollegialität Ein aktuelles Beispiel hierfür ist etwa gekennzeichnet. die Gestaltung der Notschlafstelle. Die Thomas Voerste Jugendhilfe benötigt Antworten für alle Der Beauftragungsumfang der Fami- Kinder und Jugendlichen in Not. Das lienhorizonte gGmbH durch das Ju- ist ihre Aufgabe und ihr Auftrag. Gera- Die Familienhorizonte gGmbH gendamt hat seit Bestehen der Gesell- de für die jungen Menschen, die sich ist in ihrer Konstruktion bundes- schaft kontinuierlich zugenommen, in unsere Jugendhilfestrukturen nur weit etwas Besonderes, da die sowohl den Leistungsumfang der Fälle schwer einfügen können, benötigen öffentliche Jugendhilfe sich zum betreffend als auch das Clearing, ob wir kreative und flexible Antworten. Thema Krisenintervention / Kin- und welche Leistungen der Jugendhil- Die Notschlafstelle ist ein erster wichti- derschutz eng verzahnt mit ei- fe erforderlich sind. Wie wird sich die ger Schritt, die Grundversorgung dieser nem freien Träger der Jugendhil- Beauftragung zukünftig gestalten? jungen Menschen zu sichern und einen fe. Wie bewerten Sie als neuer Für 2020 haben wir uns nun im Jugend Ort vorzuhalten, an dem wir sie errei- Leiter des Fachbereichs Jugend und Sozialdienst (JSD) ein ehrgeiziges chen können. Die Entwicklung passen- und Familie diese Struktur? Weiterentwicklungsprogramm vorge- der Folgeangebote für diese jungen Zunächst einmal möchte ich nommen. Wir werden mehr Personal Menschen sehe ich dann als gemein- diese Gelegenheit nutzen, den einstellen und uns auch inhaltlich wei- same Aufgabe von Jugendamt und Trä- Familienhorizonten für die enga- terentwickeln. Das wird sicher auch gern, der wir uns widmen müssen.“ gierte Arbeit und die Unterstüt- Auswirkungen auf die Auftragslage bei zung in den vergangenen Jahren den Familienhorizonten haben. Gerade zu danken. Die Mitarbeiterinnen die sozialpädagogische Diagnostik, also und Mitarbeiter, aber natürlich das Clearing zur Ermittlung des päda- auch die Leitungskräfte, haben gogischen Bedarfes, soll wieder haupt- „Wir haben vor 15 Jahren mit ihrer Arbeit einen sehr wich- sächlich vom JSD durchgeführt werden. mit einem kleinen Team tigen Beitrag dazu geleistet, die So war es ja in der Leistungsvereinba- von 26 ehemaligen Mit- Versorgung und Betreuung der rung ursprünglich auch vorgesehen. arbeiter*innen des Kreises, Familien in unserem Kreis in für Mir wird es im Rahmen des anstehen- überwiegend stationären sie schwierigen und belastenden den Prozesses ein wichtiges Anliegen Hilfen und dem Experiment Situationen zu gewährleisten. In sein, auch die Verantwortlichen der „Kriseninterventionsteam“ der Tat hat sich bei uns im Kreis Familienhorizonte gut mit einzubinden begonnen. Heute bieten mit den Familienhorizonten weit und frühzeitig über anstehende Pla- wir differenzierte Jugend- vor meiner Zeit etwas Besonde- nungen zu informieren. Hier sind wir hilfeleistungen und haben res entwickelt. Gerade im Be- aber auch bereits in engem Austausch. eine stabile Zusammen- reich der Krisenintervention und arbeit mit dem Jugendamt. der Inobhutnahme ist eine hohe Mit den drei Wohngruppen und den Flexibilität gepaart mit hohem ambulanten Teams ist die Familien- fachlichem Können erforderlich, horizonte gGmbH auch Akteurin „am Armin Ocvirk, Brücke-Bereichs- um die Versorgung in Not gera- Markt“ - in einer Sonderrolle? leitung Kinder-, Jugend- und tener Kinder und Jugendlicher Die Sonderrolle der Familienhorizonte Familienhilfe 10
Jugendhilfeausschuss Interview mit der Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses des Kreises Wie wird die „Familienhorizonte nissen gestellt werden. Das waren gGmbH“ im Jugendhilfeausschuss des maßgebliche Erfahrungen! Kreises von Ihren Kolleginnen und Kollegen wahrgenommen? Wie findet der Austausch zwischen Die Rückmeldungen sind durchweg den beiden Seiten, zwischen der öf- positiv. Ich gehöre dem Ausschuss fentlichen Hand und dem Unterneh- seit sieben Jahren an und habe 2018 men „Brücke“, statt? den Vorsitz von Otto Griefnow über- Der Austausch lebt wohl in erster Linie nommen. Es bedarf ja an unzähligen auf der Basis der guten Erfahrungen Schnittstellen einer engen Zusammen- und der ungestörten täglichen Praxis. „Dieses Modell verdient es, arbeit, und die gilt als reibungslos, Formal dient der Beirat der gegen- bekannter zu werden.“ vorteilhaft und auch kostengünstiger seitigen Abstimmung. Im Frühjahr je- für beide Seiten – gemeint sind hier den Jahres kommt er zusammen, um die öffentliche Seite und der freie Trä- Schwerpunkte festzulegen. Als ent- Beate Nielsen, ger Brücke. scheidend sehe ich hier die Überein- auch Bürgermeisterin künfte an zwischen dem Fachbereich der Gemeinde Schacht-Audorf Die Konstruktion der „Familienhori- Jugend und Familie beim Kreis, gelei- und Schulverbandsvorsteherin zonte“ gilt als einmalig. Worin liegen tet durch Herrn Thomas Voerste, der Schulverband im Ihrer Meinung nach denn die Vorteile Brücke, vertreten durch Frau Heike Amt Eiderkanal der Arbeitsteilung? Rullmann, und dem Jugendhilfeaus- Es ist die Synergie: Wir können die schuss. Eigenheiten der beiden Träger nutzen. Auf der einen Seite die klaren, belast- Wie wird es weitergehen mit der ge- baren Strukturen einer Behörde. Auf meinsamen Gesellschaft? Haben Sie der anderen Seite die Flexibilität des Wünsche? freien Anbieters. Als Beispiele mögen Wir werden uns abstimmen müssen, hier die Akquise und die Bereitstellung wie wir mit Aufgaben umgehen kön- von Fachpersonal dienen. Die Brücke nen, die über das Maß der vertrag- konnte und kann da viel schneller re- lich geregelten Anforderungen an die agieren als es die Verwaltung könnte. Brücke-Kolleg*innen hinausgehen. Es „Chancengleichheit für In diesem Zusammenhang sollten wir hat – siehe 2015 – erhöhte Bedarfe junge Menschen – egal auf das Jahr 2015 hinweisen – ein ganz gegeben. Wie gehen wir in Zukunft welchen Geschlechts, kul- besonderes Jahr in der Geschichte der um mit solchen Konstellationen? Für turellen Hintergrunds, kör- „Familienhorizonte“. Die Zuwande- die Seite der öffentlichen Hand planen perlicher, geistiger oder rung von Asylsuchenden im Jahr 2015 wir die Aufstockung des Personals. gesundheitlicher Situation, wurde in ganz Deutschland – wenn Mein Wunsch für die gemeinsame sexueller Orientierung, re- nicht als Krise – als große Herausfor- Gesellschaft besteht darin, dieses Mo- gionaler und schichtspezi- derung wahrgenommen. Gemeinsam dell bekannter zu machen. Ist unser fischer Herkunft, religiöser mit der Brücke konnten wir damals gemeinsamer schlanker Weg der Zu- oder weltanschaulicher vieles erfolgreich regeln. Die Brücke sammenarbeit nicht übertragbar auf stellte uns Kapazitäten, die wir nicht andere Kreise? Ich meine, dass diese Überzeugungen – Diversi- hatten, erledigte die Erstkontakte und Form der Kooperation mehr öffent- tät bleibt unser Thema!“ übernahm die ersten fachlichen Ein- liche Wahrnehmung und Wertschät- schätzungen der jungen Asylsuchen- zung verdient. den. Zudem konnten Mitarbeiterinnen Melanie Rohwer, Leitung Wohngruppen und Mitarbeiter mit Migrationshinter- grund und Sprach- und Kulturkennt- 11
Armin Ocvirk Melanie Rohwer Annika Rehbehn Leitung Wohngruppen Rendsburg & Eckernförde Kriseninterventionsteam RD & Südkreis Armin.Ocvirk@familienhorizonte.de Melanie.Rohwer@familienhorizonte.de Frühe Hilfen für Familien Annika.Rehbehn@familienhorizonte.de Anett Rothe Kai Struve Marcel Mathea Ambulante Hilfen RD & Südkreis Kriseninterventionsteam, Wohnhaus Villa Schwensen, Anett.Rothe@familienhorizonte.de Ambulante Hilfen Altkreis Eckernförde Notschlafstelle Kai.Struve@familienhorizonte.de Marcel.Mathea@familienhorizonte.de © 06/2020 Impressum Herausgeber: Familienhorizonte gGmbH Ahlmannstr. 2a | 24768 Rendsburg Tel. 04331 13 23-0 | Fax 04331 13 23-65 E-Mail: info@bruecke.org www.bruecke.org
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