FB Fortbildung und Gemeinschaftsschulen - Staatliches Schulamt Lörrach

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FB Fortbildung und Gemeinschaftsschulen
                        Staatliches Schulamt Lörrach
                                                                                Lörrach im August 2013
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

eine pädagogische Konzeption für eine GMS muss auf einer validen theoretischen
Grundlage aufbauen, sie muss vollständig und steuerungswirksam1 sein. Das
bedeutet, das Konzept beruht auf einer gesamthaft funktionalen Begrifflichkeit (>Be-
zug zur ursprünglichen Aufgabenstellung, >Bedeutungsebene), die sich deduktiv an
der Struktur einer Theorie- Architektur ausrichtet und alle bekannten Aspekte und
Dimensionen von Schule erfasst und berücksichtigt. An die Stelle von "Benennun-
gen" und Bezeichnungen, die bestenfalls geeignet sind einen "Steuerungssprech" zu
konditionieren, treten strukturtheoretisch in Beziehung stehende bedeutsame Begrif-
fe und aufgabenbezogene Beschreibungen, die die zu entwickelnde Praxis über
SINN-Vorgaben orientieren können. (= Verständnisnachweis). Alle Darlegungen
und Belege von bereits etablierter Praxis auf der Umsetzungs-Ebene (Handlung)
müssen eine funktionale Ausrichtung, einen begrifflichen Bezug haben, wobei alle
Aspekte der GMS in den Blick genommen werden und kein Bereich vernachlässigt
wird. (= Expertisenachweis).
Selbststeuerungsfähigkeit braucht über die oben beschriebene Expertise hinaus
(Selbst-) Beobachtungskompetenz. Sie wird ermöglicht und belegt über die professi-
onelle Arbeit mit operationalisierten beobachtbaren Items zur Beschreibung, Beurtei-
lung und Begleitung von Handlungspraxis.

Für die Entwicklung einer pädagogischen Konzeption, die geeignet ist, eine gemein-
same Haltung und koordiniertes Handeln im Kollegium zu orientieren bedeutet dies:

     1. Nachweis des Vorhandenseins einer vollständigen Sichtweise darüber, was
        eine GMS als neue Schulform ausmacht (Expertisenachweis), z. B. über:
           a. Lernbegriff
           b. Kompetenzbegriff
           c. Lernsteuerung über Beurteilung, dabei nebenbei: Lösung des Bewer-
              tungsproblems
           d. Rhythmisierung als Teil einer optimierten Lernkultur
           e. Zugang zu individualisierten Aufgabenstellungen, dabei Organisation
              von Wahlpflicht.
           f. Angebot und Umsetzung von Niveaustufen auf B- und C- Niveau, ins-
              besondere von Bildungsstandards im Realschul- und Gymnasialbe-
              reich.
           g. …

1
  "Steuerungsrelevante Begriffsbildung":
Beispiele: "Lernen hat Voraussetzungen, Verstärker, einen Prozess und ein Ergebnis." "Beurteilung ist eine
Feedbackpraxis zur Lernsteuerung." "Der Lernprozess beruht auf Orientierung, Eigentätigkeit und Versprachli-
chung."

Dr. Helios Scherer                   FB Fortbildung und Gemeinschaftsschulen                        August 2013   1
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     2. Eine deduktive Vorgehensweise muss den Verständnisnachweis erbringen
        über die inneren Bezüge von Zitat und richtiger Zuordnung bisheriger vorbe-
        reitender Praxis und Beschreibung:
         > Konstruktion / Struktur des Konzeptes (Funktionen und Aspekte) …über:
         > definierte zentrale Begriffe (Ziele) …zur
         > Ableitung von Schulentwicklungsmaßnahmen und Umsetzungen im Unter-
         richt (Methoden) …sowie zu
         > darauf bezogener Gegenüberstellung von bereits Erreichtem und noch zu
         Erreichendem mit Zeitleiste (vorhandene und geplante Praxisprogramme).

     3. Belege dass der Paradigmenwechsel im Denken vollzogen und Selbststeue-
        rungsfähigkeit erreicht wurde über die Beschreibung von operationalisierten
        beobachtbaren Items. ("Woran kann man erkennen, dass das Ziel erreicht
        ist?").

Unser Ausbildungskonzept im LC-Jahrescurriculum in Bürgeln folgt den gleichen
Prämissen, die wir gemäß unserem Lernbegriff auch schulischem Lernen zugrunde
legen: Der Lernprozess manifestiert sich über Orientierung, Eigentätigkeit und Ver-
sprachlichung. Im Folgenden stelle ich die deduktive Ableitung einer vollständigen
und steuerungswirksamen Schulentwicklungs-Modellierung vor, aus der sich die
Themenbereiche ergeben, denen Sie Ihre eigenen Entwicklungen, Erfindungen und
Umsetzungsbeispiele vor Ort zuordnen und in einem bezogenen Zusammenhang
betrachten können.

Dr. Helios Scherer          FB Fortbildung und Gemeinschaftsschulen         August 2013   2
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                        Hintergrundüberzeugungen

                                 Hauptanliegen:
                           Unterstützung von
                            Lernprozessen

         Vorstellung von Kompetenzentwicklung als zentrale
                             Aufgabe
Hintergrundüberzeugungen

Gemeinsame reflektierte Hintergrundüberzeugungen sind eine wichtige Vorausset-
zung für professionelles Zusammenarbeiten. Zu einem minimalen Konsensbereich
gehören zwingend wenigstens zwei inhaltliche und eine strukturelle Festlegung, die
sich an den Fragen nach dem (1) Zweck von Schule, nach einem (2) vollständi-
gen steuerungsfähigen Lernbegriff und nach der (3) Strukturlogik hinter der
funktionalen Systemorganisation von Schule orientieren.

ad (1): Der Zweck von Schule besteht darin Lernprozesse fördern, die nicht an-
derswo besser stattfinden können und die optimale Unterstützung von Lernprozes-
sen muss das zentrale Anliegen alle Schulentwicklungsbemühungen sein.

ad (2): Lernen im Sinne von Dazulernen (der Lernprozess) beruht auf Orientierung,
Eigentätigkeit und Versprachlichung des Lernenden. Wir haben darüber hinaus
Kenntnisse zu den Lernvoraussetzungen, den Lernverstärkern und einem vermute-
ten (Dazu-)Lernergebnis.

ad (3): Die drei zentralen schulischen Funktionsbereiche (Schulorganisation, Ler-
narrangement und Feedback) stehen in einem gegenseitigen vernetzten Beeinflus-
sungsverhältnis.

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Die drei schulischen Funktionsbereiche

(1) Hintergrund / Schulorganisation:
       a. Bildungsplan (> Kompetenzbeschreibungen auf Niveaustufen)
       b. Raumkonzept (> Lernbüros, Gemeinschafts- und Input-Räume, Möblierung)
       c. Zeitstruktur (> Rhythmisierung im GTS-Modell)
       d. Stellenbeschreibung (> Aufgabenbeschreibung / Umgang mit Arbeitszeit
         (Arbeitszeitmodell für Lehrer)

(2) Lernarrangement / Unterricht:
       a. Orientierung (Input)
       b. Individualisierte Lernformen (Eigentätigkeit)
       c. Kooperative Lernformen (Versprachlichung)
       d. Präsentationstechniken

(3) Beobachtung / Feedback:
      a. Lernbegleitung (> Beziehungsarbeit) und Coaching-Gespräche (> Schüler
         orientierte Beratung)
      b. Beurteilung (> Basis: Kriterienorientierte Beobachtung)
      c. Lern- und Kompetenznachweise (Möglichkeiten zum Testat)
      d. Erziehungspartnerschaft (>Elternarbeit)

Aus den drei Funktionsbereichen ergeben sich vier Arbeitsfelder für Schulentwick-
lungsmaßnahmen.

                     Drei Funktionen - fünf Arbeitsfelder

     Schul-             5:   Inklusion                              4:      Lernförderliche
  organisation                                                            Schulorganisation

                         1: Steuerungsrelevanter                   2:            Zugang zu
  Unterricht u.
  Lernarrang-                          Lern- und                          individualisierten
    ement                      Kompetenzbegriff                         Aufgabenstellungen

  Beobachtung                                                       3:  Beobachtungs-,
      und                                                             Beurteilungs- und
   Feedback                                                       Beratungsinstrumente

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Fünf Arbeitsfelder für Schulen mit personalisiertem Lernansatz

Schulen, die personalisierte Lernformen einführen möchten, müssen unter der Prä-
misse die drei genannten Funktionen aufeinander zu beziehen in vier Arbeitsfeldern
zu effizienter Umsetzungspraxis finden.

Die Beschreibung der vier Arbeitsfelder in Unterpunkten ist gleichzeitig eine mögliche
Themenliste für pädagogische Tage und Kooperationszeiten.
Aus den wissenschaftlich belegten Zusammenhängen ergeben sich Ziele, die kon-
krete programmatische Maßnahmen und eine geeignete Umsetzung erfordern:
Beispiele:
           Ziele                       Programmatische Überlegungen / Umsetzung
"Angstfreiheit"              Erfolg ermöglichen, Stärken / Interessen stärken: Wahlpflicht,
                             Verzicht auf Bewertung und Vergleich: Beurteilungstexte statt
                             Noten, "Abholbeurteilungen" durch selbst organisierte Lern-
                             nachweise
"Orientierung"               Input-Gestaltung: Niveaustufen, Zugang, Abrufbarkeit / Wie-
                             derholbarkeit…
"Versprachlichung"           Präsentation als Lernnachweis, Tutoring-System, Einführung
                             kooperativer Lernformen…

    1. Aufbau und Konsolidierung eines Lern- und Kompetenzbegriffs in der
       Schulgemeinschaft.
       Dieser Lernbegriff besteht aus vier Aspekten, die die Programmmaßnahmen
       und den Methodeneinsatz an der Schule bis hin zur täglichen Praxis orientiert:
         1.1.        Lernvoraussetzungen:                        Neugier und Angstfreiheit
         1.2.        Lernverstärker:                             Interesse, Freude / Begeisterung,
                                                                 Bewegung, Beziehung,
                                                                 Rhythmisierung.
         1.3.        Lernprozess:                                Orientierung (Input), Eigentätig-
                                                                 keit, Versprachlichung
         1.4.        Lernergebnis:                               Begriffsbildung (Ausdifferenzierung)
                                                                 Handlungsänderung in Denken,
                                                                 Sprechen, Tun

    2. Zugang zu individualisierten Aufgabenstellungen ermöglichen
       Dieses Arbeitsfeld besitzt zwei Aspekte:
         2.1.        Lernaufgabengestaltung:                     Prinzipien beachten
         2.2.        Zugang zu Lernaufgaben:                     Vernetzung mit Kompetenzfeldern

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    3. Beobachtungs- , Beurteilungs- und Beratungsinstrumente entwickeln
       Dieses Arbeitsfeld besitzt vier Aspekte:
         3.1.        Beobachtungs- / Protokoll- und Beurteilungstools
         3.2.        Lern- und Kompetenznachweise / Möglichkeiten zum Testat
         3.3.        Elternrückmeldungen und Beratungssettings
         3.4.        IL-/LC-Software zur Lernsteuerung

    4. Eine lernförderliche Schulorganisation installieren
       Dieses Arbeitsfeld besitzt vier Aspekte:
         4.1.        Raumgestaltung
         4.2.        Einrichtung und Möblierung
         4.3.        Rhythmisierung
         4.4.        Umgang mit Arbeitszeit des Personals

    5. Inklusion ermöglichen, Integration anbahnen
       Dieses Arbeitsfeld besitzt drei Aspekte:
         5.1.        Zieldifferenz ermöglichen
         5.2.        Teilhabeorientierte Förderpläne
         5.3.        Wechsel in der Leitorientierung von Toleranz auf Solidarität

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