Freiraumgestaltung auf dem Land - Fokusthema - KORTH StadtRaumStrategien

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Freiraumgestaltung auf dem Land - Fokusthema - KORTH StadtRaumStrategien
www.dergartenbau.ch | 142. Jahrgang | 6. Mai 2021 | 9/2021

   Garten- und Landschaftsbau                     Fokusthema

Verdichten mit kompakten        12   Freiraumgestaltung auf    20
           Aufsitzwalzen                         dem Land

         Pflanzenver wendung                      Fachhandel

 Kältetolerante Begonien        28        Der wilde Gärtner    36
       für unsere Gärten                   erobert die Stadt
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Freiraumgestaltung auf dem Land
                                       Die Gestaltung von Grünräumen wird in der Regel im urbanen Raum
                                       verortet. Projekte im ländlichen Raum oder in Dörfern sind selten
                                       strategisch auf Grünraumentwicklung ausgelegt, stattdessen häufig
                                       punktuell auf Einzelprojekte bezogen. Dabei wäre eine strategische
                                       Frei- und Grünraumplanung auch für kleine Gemeinden wichtig, denn
                                       die Herausforderungen des Klimawandels machen vor dem ländlichen
                                       Raum und kleinen Gemeinden keinen Halt.
                                       Text und Bilder: Dr. -Ing. Katrin Korth, Korth StadtRaumStrategien, Lichtenau

1 | Das Dorf hat im Unterschied zur
Stadt keine Parkanlage, aber es hat
dafür Strassenräume mit oftmals his-
torischer Bebauung.

2 | Herausforderung: Gestaltung der
Freianlagen öffentlicher Gebäude,
hier die Freianlage einer ehemali-
gen Primarschule.

3 | Herausforderung: Wenn Dorf-
plätze Parkplätze sind.

                                                                                                                         1

                                         Dörfer haben in der Regel keine Park-    entbehren jeglicher Ambition einer Frei-
                                         anlagen, höchstens einen Spielplatz      raumgestaltung, oft haben sie nicht ein-
                                       oder einen Friedhof, manchmal eine Stau-   mal Strassenbäume. In den meisten öf-
                                       denrabatte vor dem Gemeindehaus oder       fentlichen Räumen kleiner Gemeinden
                                       auf einem bepflanzten Fahrbahnteiler am    sind vor allem Parkplätze wichtig, denn
                                       Ortseingang. Auch die Bäche als bedeu-     die Nutzung des Autos im Alltag ist immer
                                                                                  noch ausgeprägter als in der Stadt. Bäu-
                 DER UMGANG MIT ÖFFENTLICHEM GRÜN IST AUF                         me stören hier, zumal sie mit ihren Blüten
                                                                                  und Blättern viel «Dreck» machen. Der
                 DEM LAND BESTENFALLS PRAGMATISCH UND
                                                                                  Umgang mit öffentlichem Grün ist auf dem
                 NICHT SELTEN UNINTERESSIERT.                                     Land bestenfalls pragmatisch und nicht
                                                                                  selten uninteressiert.
                                       tende Grünstrukturen verlaufen oft zu-
                                       gebaut zwischen den privaten Grundstü-     Die Begrünung privater Grundstücke
                                       cken, erkennbar nur an den querenden       fördern
                                       Brücken mit Geländern, die manchmal mit    Das Dorf hat im Unterschied zur Stadt
                                       Blumenkästen geschmückt sind. Viele der    keine Parkanlage. Aber es gibt Stras-
                                       aktuell entstehenden neuen Baugebiete      senräume mit oftmals historischer Be-

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FOKUSTHEMA

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bauung, die das Gesicht der Orte prägen      Platzgestaltung ist mehr als nur eine          spielsweise die Möglichkeit für einen eh-
und viel Raum bieten für Grüngestaltun-      Frage der Pflästerung                          renamtlich mit Kaffee und Kuchen orga-
gen. Die meist aufgelockerten Bebau-         Ein weiteres wichtiges Thema ist die Ge-       nisierten Büchertauschtag oder die Idee
ungsstrukturen durch die Übergänge           staltung von Plätzen. Die meisten öffent-      für einen Kinoabend? Gibt es eventuell
zum privaten Raum sind ein weiteres          lichen oder ortsbildprägenden Gebäude          eine Gruppe, die Beete anlegt und pflegt?
prägendes Element. Das Wechselspiel          haben Vorzonen, die sich für Grüngestal-       Welche Vereinsangebote bestehen, die
von öffentlichem und privatem Raum ist       tungen eignen. Oftmals sind diese jedoch       sich auf oder an diesem Platz einbringen
entscheidend dafür, wie Orte wahrge-         nur dem ruhenden Verkehr vorbehalten           können? Klar ist, dass es bei den Plätzen
nommen werden und auch wie sich bei-         oder so schlecht in das Strassenraum-          um mehr geht als um reine Freiraum-
spielsweise Nachbarschaften gestalten        gefüge eingebunden, dass sie kaum als          oder Grüngestaltung, sondern dass hier
lassen. Begrünte, offene bzw. einsehba-      Plätze wahrgenommen werden können.             die Identität des Ortes verhandelt wird.
re Vorgärten zeugen vom Gestaltungs-         Und häufig fehlt ihnen jenseits des jährli-
willen der Bewohnerinnen und Bewoh-          chen Dorffestes eine angemessene Nut-          Von Rasenflächen und Insektenhotels
ner, sind Visitenkarte weit über das         zung. Die Diskussion um die Bedeutung          In öffentlichem Eigentum sind in kleinen
eigene Grundstück hinaus – mit Aus-          dieser Plätze darf sich deshalb nicht in der   Gemeinden oft nur wenige Grundstücke.
strahlwirkung auf die gesamte Strasse.       Frage der Pflasterbeläge erschöpfen,           Neben den Freiräumen um die eigenen
Sie wirken zudem kommunikativ. Eine          sondern muss das soziale Grundgefüge           Gebäude sind dies Spiel- und Sportplätze,
mögliche Aufgabe für Grüngestaltung          des Dorfes berücksichtigen. Gibt es bei-       Flächen im Umfeld der Ortseingänge so-
könnte deshalb darin bestehen, Entsie-
gelung und Begrünung der privaten
Grundstücke aktiv zu fördern.

Grosskronige Bäume statt Kugelahorn
In vielen kleinen Gemeinden finden sich
kaum noch grosskronige Bäume. Der
kleinste gemeinsame Nenner ist dann der
Kugelahorn, der regelmässig so stark be-
schnitten wird, dass er nur noch entfernt
an einen Baum erinnert. Standorte für
mittel- und grosskronige Bäume zu finden
oder auszuweisen, wäre eine überschau-
bare und gleichwohl bedeutende Aufgabe,
die sich im Übrigen auch gut im Zusam-
menspiel mit den Gemeindemitgliedern
diskutieren liesse, auch im Hinblick dar-
auf, wie viel «Dreck» aus der Natur wir in
unserem Leben verkraften dürfen und
vielleicht auch müssen.                       3

dergartenbau Ausgabe 9/2021                                                                                                     21
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Miteinander rasch zu sichtbaren
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                                                                                           Der Themenstrauss zeigt, dass die Wei-
                                                                                           terentwicklung dörflicher Grünstrukturen
                                                                                           immer eine Gemeinschaftsaufgabe ist. Sie
                                                                                           braucht einerseits eine breit angelegte
                                                                                           öffentliche Diskussion, andererseits eine
                                                                                           intensive Steuerung sowie einen kreativen
                                                                                           planerischen Blick.

                                                                                           Innerhalb der kleinräumigen und klaren
                                                                                           dörflichen Strukturen sind Bürgerbeteili-
                                                                                           gungsprozesse prädestiniert, um in über-
                                                                                           schaubaren Zeiträumen zu realisierbaren
                                                                                           Lösungsansätzen zu gelangen, die durch
                                                                                     4     die Dorfgemeinschaft getragen werden.
                                                                                           Dazu kommt das steigende Bewusstsein,
                                                                                           dass angesichts enger finanzieller Spiel-
wie Mittelinseln von Kreisverkehren und      Gewässer- und Wegenetz                        räume sich nur etwas bewegen lässt,
Fahrbahnteilern. Mindestens Ortsein-         Im öffentlichen Eigentum befinden sich die    wenn sich Bürgerinnen und Bürger ein-
gänge und Fahrbahnteiler sind gut geeig-     Gewässer. Für die meisten der Fliessge-       bringen. Das Dorf ist (vergleichbar mit
net für Grüngestaltungen. Potenziale ha-     wässer gibt es Gewässerentwicklungs-          dem städtischen Quartier) eine Art
ben auch die Aussenanlagen von Schulen,      pläne, die aufzeigen, welche naturräum-       «kleinster gemeinsamer Nenner» für das
Kindergärten und Mehrzweckhallen, sind       lichen Potenziale zu schützen und zu          Gemeinwesen. Dörfer haben ihre Belange
diese doch oft die einzigen nennenswert      entwickeln sind. Sie eröffnen aber auch       früher im Miteinander geregelt, daran
grossen Grundstücke. Dennoch finden          Möglichkeiten, die Gewässer wieder stär-      lässt sich auch heute anknüpfen. Vor al-
sich hier neben den schon benannten Au-      ker in die Ortsbilder einzubinden.            lem die Grün- und Freiflächenkonzepte
toabstellflächen meist eintönige Rasen-                                                    sind für öffentliche Beteiligungsprozesse
flächen, in denen manchmal als nahezu        Zudem lohnt es sich, das Wegenetz auf die     geeignet. Das Thema innerörtlicher Frei-
ironisches Zitat ein liebevoll gestaltetes   Eignung zum Spazieren zu prüfen. Spazie-      raumstrukturen spricht die Lebenswirk-
Insektenhotel seinen Platz findet.           ren ist dann schön, wenn es Ziele gibt oder   lichkeit vieler Gemeindemitglieder an. Es
                                             Besonderheiten und Aus- bzw. Einblicke        bietet Möglichkeiten des Einbringens und
Grosse Freiräume mit halböffentlichem        entlang des Weges, wenn Rundstrecken          ist so niederschwellig, um auch die Per-
Charakter finden sich schliesslich auch      möglich sind, die gefahrlos und abseits       sonen zu erreichen, die sich ansonsten
in Gewerbegebieten, auf den Grundstü-        der befahrenen Strassen begangen wer-         eher weniger im Dorf engagieren.
cken von Einkaufsmärkten und im Um-          den können. Einbinden lassen sich in die-     Schliesslich lässt sich im Grünbereich
feld von Kirchen. Meist sind sie isoliert    se Überlegungen auch die Grünräume im         mit vergleichsweise geringen finanziel-
und nicht selten schlecht ins Ortsbild       unmittelbaren Umfeld der Dörfer wie           len Mitteln einiges umsetzen, sodass
integriert.                                  Streuobstwiesen oder Weideflächen.            Ergebnisse schnell zu sehen sind.

                                                                                                                                 5
  4 | Herausforderung: versiegelte
  und versteinerte Vorgärten und
  Höfe.

  5 | Lösungsmöglichkeiten: Diskussion
  über die Bedeutung von Vorgärten
  sowie Förderung und Unterstützung
  bei der Gestaltung.

  6 | Lösungsmöglichkeit: niederschwel-
  lige öffentliche Diskussionen fördern –
  was in Zeiten von Corona allerdings
  eine Herausforderung ist.

  7 | Lösungsmöglichkeit: Ideenfin-
  dung über Studierendenentwürfe,
  hier Bachelorthesis für die ehema-
  lige Grundschule von Scherzheim.

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                                                                         Zu textlastige Entwicklungskonzepte          «Unser Dorf hat Zukunft»

                                                                                                                                                                          tegien
                                                                         Gleichzeitig offenbart sich in diesem An-    Potenzial bietet der Wettbewerb «Unser

                                                                                                                                                                               Stra
                                                                         satz auch ein grundlegendes Problem. Die     Dorf hat Zukunft». Seit 1961 ehrt in
                                                                         personelle und finanzielle Ausstattung       Deutschland das Bundesministerium für

                                                                                                                                                                      StadtRaum
                                                                         nicht weniger kleiner Kommunen ist un-       Ernährung und Landwirtschaft mit die-
                                                                         günstig und Planung wie auch Umset-          sem Wettbewerb bürgerschaftliches En-
                                                                         zungsmassnahmen sind ohne finanzielle        gagement und macht positive Entwick-

                                                                                                                                                                   Bild: Korth
                                                                         Unterstützung kaum möglich. Zwar wer-        lungen in ländlichen Regionen sichtbar.
                                                                         den Stadt- oder Ortsentwicklungskonzep-      Lange Zeit als Blümchenwettbewerb
                                                                         te als Voraussetzung für Förderprogram-      belächelt, hat er sich in den letzten Jah-
                                                                         me auf den Weg gebracht, jedoch sind         ren zu einem Wettbewerb entwickelt, der
                                                                         diese mitunter nur punktuell ausgerichtet,   Gemeinden befähigt, sich gemeinsam
                                                                         für die konkrete Ortschaftsebene nicht       auf den Weg zu machen und ihren Ort zu
                                                                         ausreichend tiefenscharf oder gehen auf      entwickeln. Mit den vier Themenschwer-
                                                                         die konkreten Bedürfnisse der kleinen        punkten Entwicklungskonzeptionen und
                                                                         Orte und Ortsteile nicht genügend ein. Zu-   wirtschaftliche Initiativen, soziale und
                                                                         dem sind manche Entwicklungskonzepte         kulturelle Aktivitäten, Baugestaltung
                                                                         textlastig und bieten wenig Raum für kon-    und Siedlungsentwicklung, Grüngestal-
                                                                         krete, planerisch dargestellte Ideen, die    tung sowie das Dorf in der Landschaft ist
                                                                         sich schrittweise umsetzen lassen.           der Wettbewerb mittlerweile so breit

                                                                              NUR SCHEINBAR IST AUF DEM LAND ALLES KLAR, EINFACH
                                                                              ODER BEREITS FACHLICH GEKLÄRT. DIE HERAUSFORDERUNGEN
                                                                              LIEGEN IN DER KONKRETEN PLANUNG UND UMSETZUNG.                                                                                6

                                                                         Glück haben Ortschaften, die Teilorte von    aufgestellt, um Entwicklungen anzustos-        Städten nicht vergleichbar. Eine gute Mög-
                                                                         grösseren Städten mit Baufachverwal-         sen. Wichtig ist der Teilnahmezuschuss         lichkeit bietet die Auseinandersetzung
                                                                         tungen bzw. Stadtplanungs- und Grün-         für die Unterstützung bei der konzeptio-       Studierender der Landschaftsarchitektur
                                                                         flächenämtern sind. Nach Kenntnis der        nellen Arbeit mit 3000 Euro. Mit diesen        oder der Stadtplanung mit dem ländlichen
                                                                         Autorin laufen in diesen Ortschaften         Mitteln können sich die Orte fachliche         Raum. Damit verbunden ist die Botschaft,
                                                                         Entwicklungskonzepte strukturiert, pla-      Hilfe für die Moderation eines solchen         den ländlichen Raum in den anstehenden
                                                                         nerisch anspruchsvoll und mit geübten        Prozesses holen.                               planerischen Debatten und ihrer Fokus-
                                                                         Bürgerbeteiligungsprozessen ab. Glück                                                       sierung auf urbane Räume und ihre Her-
                                                                         haben auch die Ortschaften, die Gemein-      Klar ist, dass Dörfer aus sich selbst he-      ausforderungen nicht zu vergessen. Denn
                                                                         depräsidentinnen bzw. Gemeindepräsi-         raus aktiv werden müssen, doch sie             nur scheinbar ist auf dem Land alles klar,
                                                                         denten haben, die selbst Ideen einbrin-      brauchen dabei fachliche und finanziel-        einfach oder bereits fachlich geklärt. Die
                                                                         gen und sich mit ihren Bürgerinnen und       le Unterstützung, denn die spezifischen        Herausforderungen liegen in der konkre-
                                                                         Bürgern auf den Weg machen.                  Bedingungen sind mit denen in den              ten Planung und Umsetzung.               |

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John Vollmer an der HfWU Nürtingen, Studiengang Landschaftsarchitektur

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Freiraumgestaltung auf dem Land - Fokusthema - KORTH StadtRaumStrategien Freiraumgestaltung auf dem Land - Fokusthema - KORTH StadtRaumStrategien Freiraumgestaltung auf dem Land - Fokusthema - KORTH StadtRaumStrategien
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