Funktionaler Analphabetismus in Deutschland - Ergebnisse der leo - Level One Studie
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Funktionaler Analphabetismus in Deutschland. Ergebnisse der leo. – Level‐One Studie Prof. Dr. Anke Grotlüschen, Dr. Wibke Riekmann Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie y g und Bewegungswissenschaft g g
Literalitätsforschung der EB/WB stark im Kommen • Internationale Erwachsenenerhebung – IALS 1995 – PIAAC 2014 • Nationale Level‐One Studie (incl. Schreiben) – Skills for Life England – Information et Vie Quotidienne Frankreich – leo. Level One Survey Deutschland • Nationale Lernerstudie – Do learners learn? (Greg Brooks) – AlphaPanel (Rainer Lehmann & TNS Infratest)
leo Stichprobenplan leo. n=8.436 (g (gewichtet, repräsentativ) p ) n 7 000 n=7.000 n 1 350 n=1.350 Adult Education Survey leo. Aufstockung im unteren leo mit leo.-Zusatzmodul: Bildungsbereich, nötig für deutsch sprechende Differenzierung (sog. ‚Boost‘) Bevölkerung. Eingang: „Nun etwas ganz anderes… es g geht um die AlphaPanel unter Leitung von Sprache. Die Aufgaben sind Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Rainer als Bilder- und Suchspiele Lehmann (Verzahnung durch gestaltet“ Items und durch Boost-Fragen)
leo. ‐ Verankertes Hefte‐Design TNS Infratest Sozialforschung • Rätselheft (10 Items) für alle Befragten (15min) • Alpha‐Heft Al h H f (je(j 20 IItems)) b beii Nichtbestehen Ni h b h (+10min) – Split A (Leschek) – Split B (Helga) – Split C (Joschi)
Literalität, Level One & Literalität Alpha Levels Alpha‐Levels α4 α3 α2 α1 IV / V III II I = Level One
Funktionaler Analphabetismus • Funktionaler Analphabetismus betrifft kumuliert mehr als vierzehn Prozent der Bevölkerung (7,5 Millionen Menschen) auf Alpha‐Level 1‐3. • Davon wird bei Unterschreiten der Textebene gesprochen, d.h., dass eine Person zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben kann, nicht jedoch zusammenhängende – auch kürzere – Texte.
Fehlerhaftes Schreiben • Fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuchlichen Wortschatzes zeigt sich bei weiteren fünfundzwanzig Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung (über 13 Millionen Menschen) auf Alpha‐Level 4. • Davon wird gesprochen, wenn auf Satz‐ und Textebene auch bei gebräuchlichen Wörtern langsam und oder fehlerhaft gelesen und geschrieben wird. Typische Betroffene vermeiden das Lesen und Schreiben häufig.
7,5 Mio. Menschen 14,5% der Bevölkerungg 0,3 Mio. 2,0 Mio. 5,2 Mio. 13,3 Mio. 30,8 Mio. Menschen 0,6% 0 6% 3,9% 3 9% 10% 25,9% 25 9% 59,7% 59 7% d d. erw. erw Bev. Bev α1 α2 α3 α4 >α 4 Alpha‐Levels
So schreiben Funktionale Analphabet_inn_en:
So schreiben Funktionale Analphabet_inn_en: Immer bisen suschpet. suschpet ((= Immer ein bisschen zu spät.) (M. Tjaden, aus: Lust auf mehr? Eine bebilderte Schrägschrift, DVV 2009)
Struktur des Funktionalen Analphabetismus • 57% der Betroffenen geben an, erwerbstätig zu sein, 17% sind arbeitslos, 10% zu Hause. • 58% sprechen Deutsch als Erstsprache, 42% als Zweitsprache • 48% haben einen Hauptschulabschluss, weitere 19% haben Mittlere Reife. • Ältere sind leicht überproportional häufiger betroffen als Jüngere: Fast ein Drittel ist über Fünfzig • Männer (ca. 60%) trifft es häufiger als Frauen (ca. 40%)
ETWA 30% DER URSACHEN SIND DURCH LEO. BEKANNT
Regressionsanalyse: Referenzwert • Die folgenden Tabellen stammen aus einer g y Sie zeigen, Regressionsanalyse. g welcher Faktor die Literalität beeinflusst. Dazu werden alle anderen Faktoren konstant gehalten. gehalten • Referenzwert: männlich, 40‐49 Jahre, mittlerer Bildungsabschluss, Erstsprache deutsch, erwerbstätig
Welcher Faktor wirkt auch dann, wenn alle anderen Faktoren kontrolliert werden? erden? Lese- und Schreibkompetenz Signifikanz g Konstante 52,21) *** Geschlecht (Referenzgruppe: Männer) Frauen 2,6 *** Altersgruppe (Referenzgruppe 40-49 Jahre) 18-29 Jahre 0,4 30-39 Jahre 0,4 50-64 50 64 Jahre -0,9 0,9 ** 1)Diesen Punktwert erreicht eine Person mit folgenden Eigenschaften: - Männlich, 40 bis 49 Jahre - Erstsprache Deutsch - Erwerbstätig - mittlere Bildung, Eltern mit mittlerer Reife als höchstem Abschluss Quelle: Ergebnisse der Regressionsanalyse August 2011
Lese- und Schreibkompetenz Signifikanz Konstante 52,2 *** Höchster Schulabschluss ((Referenzgruppe: g pp Mittlere Bildung) g) kein Schulabschluss -9,5 *** untere Bildung -3,9 *** höhere Bildung , 2,7 *** noch Schüler/in 1,6 keine Angabe -3,4 * Höchster Schulabschluss der Eltern (Referenzgruppe: Mittlere Reife) kein Abschluss -3,9 *** Volks- oder Hauptschule p -1,4 *** Abitur 0,2 sonstiger Abschluss -3,6 *** unbekannt bzw. keine Angabe -2,4 ***
Lese- und Schreibkompetenz Signifikanz g Konstante 52,2 *** Erstsprache in der Kindheit (Referenzgruppe: Deutsch) andere Erstsprache -8,2 *** Erwerbsstatus (R f (Referenzgruppe E Erwerbstätig) b täti ) arbeitslos -2,9 *** inaktiv -0,9 ** in Ausbildung 03 0,3 Sonstiges bzw. keine Angabe 1,9 R² = 0,315 Æ Etwa ein Drittel der Varianz lässt sich durch die beobachteten Parameter erklären.
Reihenfolge der stärksten Prädiktoren gegenüber Referenzwert 52,2 unter Kontrolle der anderen Variablen • Schulabschluss fehlend ( 9,5) (‐9,5) • Andere Erstsprache (‐8,2) • S h l b hl Schulabschluss niedrig i di ( 3 9) (‐3,9) • Elternabschluss fehlend (‐3,9) • Erwerbsstatus arbeitssuchend (‐2,9) • Geschlecht männlich ((‐2,6) 2,6) • Alter über Fünfzig (‐0,9)
Strukturelle Ursachen: Wirtschaft & Arbeit • Unternehmen, h di Weiterbildung die i bild anbieten: bi Von 66,7% 1999 gesunken auf 54,2%, (BiD 2008 G2)… • am wenigsten g im Baugewerbe: g 33,2% , und Gastgewerbe 39,2% (BiD 2008 G2) • Routinetätigkeiten sind ein Grund für fehlende Selbststlernkompetenz und WB‐ Abstinenz (Baethge/ Baethge‐Kinsky 2004 S.140)
Strukturelle Ursachen: Öffentliche Hand • Zehn Jahre Rückzug aus der Finanzierung: Mit PISA 2000 begann der Rückgang der WB‐ Finanzierung durch die öffentlichen Haushalte um über 300 Mio. Euro (BiD 2006, G2) • Seit 2004 Rückgang der SGB III‐Förderung um über 4 Mrd. Euro (BiD 2006, G2).
Arbeitswelten – Anteil der Betroffenen an den Erwerbsgruppen
Bauhilfsarbeiter (Gebäude) 56,0% Betroffene „un Sand und Kies un was weeß isch, das konnt‘sch ja so, das sin ja die also die Grundbegriffe, die has‘du gewusst wie de das schreiben musst. (Sächsischer Bauarbeiter, Schmidt-Lauff & Sanders 2001, S. 72)
Hilfskräfte und Reinigungspersonal g gp in 40 3% Betroffene 40,3% Büros, Hotels und sonstigen Einrichtungen
Transport‐ und Frachtarbeiter 34,1% Betroffene
Hilfsarbeiter in der Fertigung 28,9% Betroffene „Können Sie überhaupt schreiben?“ – „Nö. Jaja ich hab‘s geschrieben, aber wie? Krickelschrift – und ich konnte es lesen, die konnten es aber nicht lesen“ (Gardinen- produktion / Etiketten von Stoffrollen beschriften, Nienkemper/ Bonna im Druck)
Alpha‐Levels Alpha Levels konkret
Priorität Alpha Alpha‐Level Level 3 (10%)? • TTrend: d arbeitende b i d Analphabet_innen A l h b i , am ehesten h noch integriert in Beschäftigung (58% vs. 66% in der B ölk Bevölkerung) ) • Branchen: Gastronomie, Bauhilfsgewerbe. Dies sind die Branchen, die laut CVTS3 am wenigsten in die Weiterbildung ihrer MA investieren. • ist möglicherweise am leichtesten erreichbar und am leichtesten weiterzubilden? • Ansprache: Vorbild sein für Ihre Kinder, Ihre Mitarbeiter?
Priorität Alpha‐Level p 2 ((3,9%)? , ) • Trend: arbeitssuchende Analphabet_innen • weist dreimal so hohe Arbeitslosigkeit wie im Bevölkerungsdurchschnitt auf (21,5 % vs. 7,6%) • Hat mit 54% die geringste Erwerbsquote unter allen Alpha‐Levels (!) • Hat mit 4% eine nicht einmal halb so hohe Quote d derer in i Ausbildung A bild ( 10% iim (vs. Bevölkerungsdurchschnitt) • läuft möglicherweise besonders Gefahr, abgekoppelt und vergessen zu werden?
Priorität Alpha‐Level p 1 ((0,6%)? , ) • Trend: familiäre Analphabet_innen • Alpha‐Level 1 besteht zu über 70% aus Zweitsprachler innen Zweitsprachler_innen • hier die meisten Nennungen der Elternzeit mit 18% versus 8% in der Bevölkerung. Bevölkerung • lebt wie alle anderen Betroffenen auch üb überproportional ti l häufig hä fi in i d der G Großstadt ß t dt als l Singlehaushalt oder in großem Haushalt • ist ergo evtl. über Deutschkurse erreichbar?
Pakt‐ und Bündnisaufgaben Pakt
Reaktionen (bisher) • Grundbildungspakt 20 Millionen Euro vonseiten des BMBF (analog zu Hochschulpakt / Ausbildungspakt) • KMK‐Konferenz im Kontakt mit dem DVV • Stiftung Lesen, AG Bildung und Forschung der SPD Bundestagsfraktion, DIE, UNESCO, Landesbeirat E Erwachsenenbildung h bild (Ba ern) Weltalphatag (Bayern), W lt l h t • Trierer Bündnis für Alphabetisierung und Grundbildung • Stiftung Stift LLesen: Projekte P j kt • Runder Tisch Alphabetisierung und Lions Club Hamburg • Landesausschuss L d h fü Erwachsenenbildung für E h bild S h Sachsen‐Anhalt A h l • Bildungspolitische Sprecher Schleswig‐Holstein
Was ist zu tun? Information, Sensibilisierung • Erreichbarkeit fördern, über das Thema aufklären. Nachfrage stärken! • TV‐Spots (Alpha‐Telefon) wieder/erstmalig ausstrahlen • Information der Betroffenen (Betriebe, Ämter) • Ermutigung von Mitwissern • Enttabuisierung (wer schreibt schon fehlerfrei?) • Kampagnen, Bereitstellung von Adressen (z.B. von Wohlfahrtsverbänden))
Was ist zu tun? Professionalisierung, Finanzierung • Professionalisierung des Bildungspersonals • Patenschaften • „Sie lernen, wir zahlen“ • Weiterentwicklung des Grundbildungspakts • Länder brauchen Zahlen zu Finanzbedarf der Anbieter • Wer helfen will, will muss wissen, wissen wie!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit INFORMATIONEN UNTER: HTTP://BLOGS.EPB.UNI‐ HAMBURG DE/LEO/ HAMBURG.DE/LEO/
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