Gebäude neu nutzen-Unterwegs in die vierte industrielle Revolution
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Gebäude neu nutzen– Unterwegs in die vierte industrielle Revolution Dr.-Ing. Sebastian Schlund Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Stuttgart Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement der Universität Stuttgart 2. BEOS Forum »Weiter Denken«, Berlin, 26. September 2014 © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 1
Digitalisierung und Vernetzung Das Wachstum der Datenmengen im Zeitverlauf Industrie 4.0 Datenvolumen [in byte] Cloud Computing Datenvolumen 2012: 2,8 Zettabyte Big Data / Datability 2.800.000.000.000.000.000.000 Byte Mobile Prognosen für 2014 Datenvolumen 2015: 12 Zettabyte 2007 Zetta Datenvolumen 2020: 40 Zettabyte die erzeugten Datenmengen steigen 2006 exponentiell mit dem Ausmaß der Vernetzung. Datenmengen verdoppeln sich alle 2 Jahre 2004 Zum Vergleich: Menge an Sandkörnern 40 Zettabytes ≙ x 57 aller Strände dieser Welt 1998 Exa 1994 Erster Computer 1991 Transistor 1981 Buchdruck www Peta Tera Giga Internet Mega 1438 1878 1896 1926 1938 1947 1969 Quellen: BITKOM, EMC, 2012. © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 2
Megatrend DIGITALISIERUNG erreicht auch die Produktion und die industrielle Wertschöpfung Starkes Wachstum vernetzter Geräte: 2003: 0,5 Mrd. 2020: 50 Mrd. vernetzte Geräte. Das Potenzial des mobilen Internets und des Internets der Dinge wird auf weltweit jährlich bis zu 17 Billionen Dollar geschätzt. Ein Großteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben wird in der Industrie getätigt: 2012: 57,5 Mrd. EUR; 86,5 Prozent Anteil der Gesamtwirtschaft. Neue Arbeits-, Lebens- und Wohnformen sowie partizipativer Prozesse erreichen auch die Industrie. Einsatz von Mobilgeräten, Apps, Social Media und Cloud-Lösungen auf dem industriellen Shopfloor noch so gut wie unbekannt. Die Digitalisierung der industriellen Wertschöpfung ermöglicht den Ausbau der heutigen Stärke des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Quellen: Cisco 2013, McKinsey Global Institute 2013, Bildquellen: FAZ, Richardson, Fraunhofer IAO © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 3
Industrie 4.0 Chance für den Industriestandort Deutschland Industrie 4.0 bezeichnet die echtzeitfähige, intelligente Vernetzung von Menschen, Maschinen und Objekten zum Management von Systemen. Die sich selbst organisierende Smart Factory bildet Vision und Gegenstandsbereich; ähnlich wie Smart Mobility, Smart Logistics, Smart Grid, Smart Building, Smart Health Über IP-Adressen vernetzte Objekte mit eingebetteter Hard- und Software (re-)agieren mit ihrer Umwelt Nach Mechanisierung, Industrialisierung und Automatisierung wird der intelligenten Vernetzung der Industrie das Potenzial einer vierten industrielle Revolution Die Digitalisierung der industriellen Wertschöpfung ermöglicht den Ausbau der heutigen Stärke des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Quellen: DB Research 2014, Forschungsunion 2013, Bildquellen: Siemens, VW © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 4
Praxisbeispiel: Entwickler-Kits für das Internet der Dinge © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 5
Erste Anwendungsfälle auf dem Weg zur Fabrik 4.0 Social Machines CLAAS TRUMPF Mobilgeräte in der Produktion Kooperative Leichtbau-Robotik Smart Factories und intelligente Objekte Predictive Maintenance FRAUNHOFER IAO Smart Data Analytics ITIZZIMO + X Unternehmens-App Stores Ganzheitliche Ansätze: »4.0-Enterprises« DFKI KUKA SCHNAITHMANN SIEMENS WÜRTH Die Technologien sind größtenteils vorhanden –jetzt gilt es, diese wirt- schaftlich umzusetzen und tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Quellen: DB Research 2014, Forschungsunion 2013, Bildquellen: Siemens, VW © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 6
Erwartetes Potenzial von Industrie 4.0 Ziel ist die Produktion von kundenindividuellen Lösungen in Losgröße 1 zu Kosten der Massenproduktion. Reduzierung von Komplexitätskosten als wesentlicher Mehrwert (Kommunikation, Koordination, Interaktion) Für die Kernbranchen wird eine jährliche BIP- Steigerung von bis zu 1,7 Prozent erwartet Wahrung der Rolle Deutschlands als Ausrüster der Welt © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 7
Auswirkungen auf die Produktionsarbeit Am Thema »Arbeit« scheiden sich die Geister Indus triebes chäftigte in Deuts chland (destatis, DB Research, 2014) Erfahrung eines realen Risiko von bis zu 45 Beschäftigungswachstums Prozent Arbeitsplatzabbau über die nächsten 20 Jahre Vs. trotz oder wegen Technologieinnovationen Die Auswirkungen auf die Beschäftigung sind noch nicht (quantifiziert) absehbar – »alte« Jobs sind bedroht ; »neue« Jobs werden entstehen. Bildquellen: Technology Review, Economist 1/2014 © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 8
Megatrend Demografischer Wandel Nicht nur die Arbeit, sondern auch die Menschen ändern sich. Wachsende Weltbevölkerung Die Unterschiede zwischen den Lebenswelten von junger und mittlerer Generation sind im Vergleich zu früher… Alterung der Gesellschaften Schrumpfende Bevölkerungen Anwachsende Migrationsströme Selbstbestimmtes Leben bis in hohe Alter Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 14 Jahre, in Prozent, Nicht dargestellt: Unentschieden, keine Angabe Quelle: Jacobs Krönung-Studie, Institut für Demoskopie Allensbach, 2013 Gute geistige und körperliche Fitness Zweiter Aufbruch in der Rentenphase Female Shift – Frauen auf dem Vormarsch Generation Y mit neuen Vorstellungen einer flexiblen und selbstbestimmten Lebens- und Arbeitsweise Es entsteht eine hohe Diversity in der Gesellschaft: Junge und Alte, Frauen und Männer, unterschiedliche Kulturen, Religionen und Lebensanschauungen. © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 9
Auswirkungen auf die Gebäudenutzung »Die Fabrik der Zukunft ist genauso menschenleer wie heutige Büros papierlos sind.« [Bernhard Diegner, ZVEI aus IAO-Studie »Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0«] © James Thew © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 10
Nutzungszyklen von Infrastruktur verkürzen sich weiter. Der wachsende IT-Anteil verschärft das Dilemma der Investitionszyklen. heute 2020 2025 2030 Sanierung/ Umnutzung Nutzungs -/ Umnutzung/ Lebens zy klus Rückbau und Gebäude Neubau Recycling Prozes s e/ Akteure Produkte/ Technologien IT/ S oftw are © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 11
Konsequenz #1: Gebäude werden integrierter Steigerung der Prozesseffizienz durch das Gebäude Gebäude, Produktionsequipment und Produktionsprozesse werden sensitiver; die Anzahl der eingesetzten Sensoren wird zunehmen Vernetzung des Gebäudes mit Produktionsprozessen nimmt zu (bspw. Nutzung, Speicherung und Bereitstellung von Prozesswärme) Prozessdatenauswertung ermöglicht echtzeitnahe Anpassung der Gebäudeautomatisierung auf notwendige Prozessparameter (Licht, Lärm, Raumluftqualität) Verkürzung von Rüst- und Anfahrzeiten und bessere Prozessqualität durch Abstimmung von Gebäude und (Fertigungs-)anlagen Die Vernetzung der Produktion wird nicht am Fabriktor aufhören. Intelligente Gebäude und Prozessintegration werden wichtiger. Bildquellen: Wittenstein, Fraunhofer IAO, Fraunhofer IWU © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 12
Konsequenz #2: Bandbreite wird Standortfaktor Schnelles Internet wird (mindestens) so wichtig wie klassische Infrastruktur Die Vernetzung der Produktion erhöht das Datenvolumen und löst erhöhte Anforderungen an die Bandbreite und Geschwindigkeit der Datenübertragung aus. Datenschutz- und Datensicherheitslösungen werden zusätzliche Bandbreite benötigen und die Nachfrage verstärken. Die größten Gefahren : Verfügbare Infrastruktur zur standortinternen gestern und heute Datenübertragung wird vorhanden sein und funktionieren. Kabelgebundene und kabellose Bandbreite ab Werktor wird zukünftig auch in der Industrie zum begrenzenden Faktor – gerade im ländlichen Raum. Standortfragen werden neu zu klären sein. Neben der Anbindung an Verkehrsträger und Erschließung der Fläche wird die digitale Infrastruktur massiv an Bedeutung gewinnen. Bildquellen: salzkotten.de, gulas.sk © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 13
Konsequenz #3: Gebäude werden smarter Der Verfall der Sensorpreise ermöglicht neue Anwendungen In vielen Bereichen wird das Bedienverhältnis (Mitarbeiter pro Maschine) sinken. Neue Formen der Nutzerinteraktion wie schwarmintelligente Gebäudeautomation (Licht- Auren, Aktivitätenbasierte Gebäudesteuerung) gewinnen an Bedeutung Funkvernetzte Ad Hoc-Sensornetzwerke ermöglichen nutzerzentrierte Anwendungen für unterschiedliche Szenarien (Normalbetrieb, Condition Monitoring, Wartung, Remote-Steuerung). Kabellose Lösungen ermöglichen es mit autarker Energieversorgungseinheit, mehr Messdaten an den einzelnen Sensoren zu erfassen und gleichzeitig den Installationsaufwand zu reduzieren. Intelligenz im Gebäude wird zunehmen. Wie bei Bürogebäuden wird die Komplettautomation vermutlich vom Nutzer abgelehnt. Bildquellen: Enocean.inc, Fraunhofer IZM, Venco Campus © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 14
Konsequenz #4: Gebäude werden flexibler Anpassungsfähigkeit der Gebäude wird zunehmen. Wandlungsfähigkeit von Anlagen, Organisationen und Prozessen gewinnt als Produktionsparadigma weiter an Bedeutung Kurzfristige Flexibilität der Unternehmensprozesse erfordert flexible Flächennutzung und Umnutzungen (bspw. Fertigung, Montage, Logistik) Kürzere Innovationszyklen und Variantenanstieg fördern Integration von Produktentstehung und Produktion Wissensarbeit und Produktionsarbeit wachsen zusammen; manufakturnahe Hybridbereiche für Prozessanläufe und -qualifizierungen entstehen Verkürzte Vergabeentscheidungen forcieren kurzfristigere Investitionsdenke Langfristiges Commitment für gleichbleibende Flächennutzungen wird es zukünftig nicht mehr geben. Gebäude müssen nutzungsflexibel werden. Bildquellen: Fraunhofer IAO, ZKM Karlsruhe manpower © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 15
Aber vielleicht kommt ja alles ganz anders… 3-D-Druck als die (vielleicht) nächste disruptive Technologie Additive Fertigungstechnologien (3-D-Druck) verschiedener Werkstoffe ermöglichen durchgängige Produktindividualisierung Für die meisten Anwendungen ist die Technologie (noch) zu teuer, zu langsam und zu ungenau Um den (Plastik)-3-D-Druck entsteht und wächst bereits eine eigene Infrastruktur mit Entwicklungsplattformen, Ideenbörsen und Fabriken (Makerspaces, FabLabs) Durchbruch der Technologien hätte eine radikal veränderte führende Produktionsorganisation zur Folge: kleinteilige Manufakturen in Kundennähe, 3- D-Copyshops Die Potenziale additiver Fertigungstechnologien zur flächendeckenden Substitution von Produktionsprozessen sind heute noch nicht bekannt. Bildquellen: makerspace.org.uk, klonblog.de, Chip © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 16
Wie kann man sich vorbereiten? Ein paar Thesen zum Abschluss 1. Die Zeit der langer starrer Investitionszyklen und riesiger Industriekomplexe ist (in Europa) vorbei. 2. Flexibilität und Funktionsvarianz werden zum marktrelevanten Unterscheidungsmerkmal für Industriegebäude. 3. Die aktive Einbindung des Gebäudes durch Sensorik und Aktorik (Visualisierungsmöglichkeiten, Multifunktionshüllen) ermöglicht produktivere Wertschöpfungsprozesse. 4. Urbane Produktion ermöglicht die Funktionsdurchmischung von Wohnen, Leben und Arbeiten und bietet somit eine Antwort auf zunehmend flexiblere Lebensentwürfe der Mitarbeiter © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 17
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr.-Ing. Sebastian Schlund Leiter Competence Center Produktionsmanagement Fraunhofer IAO sebastian.schlund@iao.fraunhofer.de 0711 / 970-2065 blog.iao.fraunhofer.de © Fraunhofer IAO, IAT Universität Stuttgart Seite 18
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