Gesundheitsgespräch - Bayerischer Rundfunk

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Gesundheitsgespräch
Heuschnupfen

Sendedatum: 09.02.2022

Expertin:
Prof. Dr. med. Claudia Traidl-Hoffmann
Prof. Dr. med. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Umweltmedizin am
Universitätsklinikum Augsburg und des Instituts für Umweltmedizin bei
Helmholtz Munich

Autorin: Sabine März-Lerch

"Schneller, höher, weiter"… Auch Heuschnupfen ist nach diesem Motto auf dem
Vormarsch, plagt Betroffene über einen immer längeren Zeitraum im Jahreslauf
und provoziert häufiger Folgeerkrankungen. Denn der Klimawandel treibt die
Beschleunigung dieser Pollenallergien voran. Pollenallergien: Sie verbergen
sich hinter dem umgangssprachlichen Begriff "Heuschnupfen".

Dem Text liegt ein Gespräch mit Prof. Dr. med. Claudia Traidl-Hoffmann
zugrunde, Dermatologin, Allergologin, Direktorin der Umweltmedizin am
Universitätsklinikum Augsburg und des Instituts für Umweltmedizin bei
Helmholtz Munich

Schniefen, Tränen und Jucken – was steckt hinter "Heuschnupfen"-
Symptomen
Die Augen tränen und brennen, und der Niesreiz will nicht mehr aufhören: Vor
über 150 Jahren erkannte der Brite Charles Blackley, dass hinter diesem
"Heuschnupfen" nicht eine Reizung der Schleimhäute durch Heu, wie man
früher angenommen hatte, sondern durch Pflanzenpollen steckt.

"Da kommt es zu einer Entzündung der Schleimhäute, die dazu führt, dass
Nervenendigungen gereizt werden. Und dies wiederum provoziert das typische
Niesen, den Heuschnupfen. Wir verwenden den Fachbegriff 'Rhinitis allergica',
also allergische Nasenentzündung. Haupt-Verursacher sind in Deutschland die
Pollen. Es können aber auch Hausstaubmilben sein oder Tierschuppen,

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Hautschuppen… Dinge also, die irgendwie rumfliegen in den uns so
wohlbekannten Aerosolen. Und die dann diesen Heuschnupfen, diesen
allergischen Schnupfen verursachen." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Suchen Betroffene die Sprechstunde von Allergologen auf (das können
Fachärztinnen und -ärzte verschiedener Disziplinen sein), gilt es erst einmal
den allergischen Schnupfen von einem viralen Schnupfen abzugrenzen.

"Meistens fehlen hier die allgemeinen Krankheitsphänomene eines viralen
Schnupfens. Also Fieber, allgemeines Abgeschlagenheitsgefühl. Die Menschen
sind relativ fit. Aber ich sage ‚relativ‘, weil Heuschnupfen wahnsinnig müde
machen und die Leistungsfähigkeit stark vermindern kann." Prof. Claudia Traidl-
Hoffmann

Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und möglicherweise
Beschwerden im Magen-Darm-Bereich begleiten den Heuschnupfen, also den
allergischen Schnupfen.

"Heuschnupfen ist eine Unterform einer allergischen Reaktion."
Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

IgE, Mastzellen und Co – wenn das Immunsystem falsch reagiert
Bei Heuschnupfen – wie bei allen anderen Allergien auch – reagiert das
Immunsystem völlig über: Was im Normalfall als harmloser Partikel erkannt
wird, gilt nun dem Abwehrsystem als Eindringling und wird bekämpft. Schuld
sind die Eiweiße des Pollens.

"Der Pollen ist ja eigentlich dafür gedacht, auf einem Stigma zu landen, auf
einem Blüten-Stempel, um dort seine männliche genetische Information
weiterzugeben im Befruchtungsprozess. Dabei setzt der Pollen, um
rauszufinden, ob er auf dem richtigen Stigma gelandet ist, eine ganze Reihe
von Substanzen frei, unter anderem eben auch Eiweiße, um eine Art Schlüssel-
Schloss-Prinzip einzuleiten. Auch auf unserer Schleimhaut-Oberfläche versucht
er natürlich rauszufinden, ob er richtig gelandet ist. Aber da passt der Schlüssel
natürlich nicht ins Schloss, sondern das Immunsystem kommt ins Spiel." Prof.
Claudia Traidl-Hoffmann

Der eine Körper toleriert diesen Kontakt der Schleimhaut mit dem pflanzlichen
Eiweiß ohne weitere Konsequenz, der andere Körper sensibilisiert sich auf
dieses spezielle Eiweiß.

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"Diese Sensibilisierung ist wie eine Scharfstellung des Immunsystems, weil die
Eiweiße des Pollens vom Immunsystem als fremd erkannt werden. Und dann
reagiert das Immunsystem auch noch falsch, nämlich mit einer sogenannten
allergischen Immunreaktion, der Bildung von Antikörpern. Das ist das
Immunglobulin E (IgE), welches wir dann auch im Blut nachweisen können.
Dieses IgE wiederum bindet sich auf Mastzellen. Das kann man sich so
vorstellen: richtig dicke Mastzellen mit ganz vielen Beuteln in der Zelle, die
platzen, wenn das Allergen zum zweiten Mal ankommt. Diese
Entzündungsreaktion der Mastzelle verursacht eine massive Entzündung der
Schleimhäute. Und das passiert dann jedes Mal wieder, wenn der Pollen auf
die Schleimhaut-Oberfläche trifft." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Die Botenstoffe, die diese Entzündungsreaktion befördern: Histamine. Der
Körper produziert sie bei einer allergischen Reaktion im Übermaß.

Was macht einen Menschen zum Allergiker?
Nahezu jedes elfte Kind leidet am allergischen Schnupfen. 30 Prozent der
Menschen in Deutschland sind betroffen. Manche bereits seit dem
Säuglingsalter, bei anderen stellt sich der Heuschnupfen ohne erkennbaren
äußeren Anlass irgendwann im Laufe des Lebens ein.

"Es ist häufig so, dass das Immunsystem schon über längere Zeit scharf
gestellt ist und trotzdem noch nicht allergisch reagiert. Und an einem gewissen
Punkt, den wir nicht definieren können und noch nicht verstanden haben, kippt
diese Balance. Dann kommt das aus dem Gleichgewicht und dann erst
entwickelt der Mensch einen Heuschnupfen. Aber wir wissen nicht, wann das
wirklich passiert und warum es zu diesem Zeitpunkt passiert." Prof. Claudia
Traidl-Hoffmann

Die Vererbung, die Gene, spielen eine große Rolle bei der Entwicklung von
Allergien. Sind der Vater oder die Mutter Allergiker, wächst die
Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder im Laufe ihres Lebens ebenfalls eine
Allergie bekommen. So der Allergie-Informationsdienst von Helmholtz Munich.
Wissenschaftler konnten diesen Zusammenhang in großen epidemiologischen
Studien untermauern. Wenn ein Elternteil betroffen ist, beträgt das Allergierisiko
des Kindes etwa 20 Prozent. Bei einem allergischen Geschwisterkind liegt es
zwischen 25 und 35 Prozent. Haben beide Eltern eine Allergie, entwickeln die
Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent allergische
Beschwerden. Leiden Mutter und Vater zudem unter der gleichen Allergieform,
ist das Erkrankungsrisiko mit 60 - 80 Prozent am höchsten. Menschen, die nicht
familiär vorbelastet sind, entwickeln hingegen nur mit einer Wahrscheinlichkeit
von 5 - 15 Prozent eine Allergie.

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Umweltfaktoren
Ein weiterer Faktor neben der familiären Vorbelastung: Die Umwelt.

"Das ist genau das, was wir eben auch hier bei uns in der Umweltmedizin in
Augsburg versuchen zu verstehen. Welche Umweltfaktoren drängen das
Immunsystem in eine solche allergische Immunreaktion? Welche
Umwelteinflüsse treiben uns immer mehr in eine empfängliche Situation für
Allergien." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Schadstoffe beschädigen die Schleimhäute und machen die Menschen
empfänglicher für Allergien.
Kann man also vorhersagen, warum gerade wer und warum gerade wann zum
Allergiker wird?

"Das ist die Ein-Million-Dollar-Frage, die wir wirklich zum großen Teil noch nicht
beantwortet haben." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Hasel, Erle, Birke und Ambrosia - Übeltäter in der Luft
Von der Birken- und Eschen- bis zur Ambrosia-Blüte, vom frühen Frühjahr bis
zum Herbst: Fast das ganze Jahr über gibt es Pollen in der Luft. Die Liste lässt
sich durch Pappel, Weide, Erle und Buche ergänzen. Gräser folgen, Kräuter
und Getreide (Roggen). Dem Birkenpollen wird die stärkste allergene Potenz
zugeschrieben.
Durch Bluttests und Hauttests lassen sich die Ursachen der Allergie eingrenzen
- beim sog. Pricktest z.B. wird auf der Haut getestet, auf welche Stoffe
Betroffene reagieren.

Kreuzallergien
Zusätzlich zur Reizung durch die Übeltäter aus der Luft reagieren Allergiker mit
sogenannten pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien.

"Wer zum Beispiel auf Birkenpollen allergisch ist, kann auch Probleme haben,
einen Apfel zu essen. Das kommt über die sogenannte Kreuz-Allergie
zustande. Es gibt ähnliche Eiweiße in den Birkenpollen und den Äpfeln, sie
ähneln sich wirklich wie eineiige Zwillinge. Und das Immunsystem vertut sich
dann einfach. Wenn die Person einen Apfel isst, dann sieht das Immunsystem
dieses Eiweiß, denkt 'ah, Birkenpollen!' und macht dann eine allergische
Reaktion. Und das nennt man pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien. Das
gibt es für viele Pollen. Bei den Kräutern gibt es zum Beispiel eine Kreuzallergie
mit Sellerie." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

In diesem Fall sind die Symptome nicht nur die des allergischen Schnupfens
wie Augentränen und Schniefen, sondern auch die einer Nahrungsmittel-

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Allergie: Jucken im Mund, im schlimmsten Fall auch ein Anschwellen im
Rachenbereich.
Diese Kreuzreaktionen gelten als häufigste Ursache bei Jugendlichen und
Erwachsenen für eine Nahrungsmittelallergie. 50 Prozent der Menschen mit
Allergien zeigen Kreuzallergien.

"Überhitzt" - Was der Heuschnupfen mit dem Klimawandel zu tun hat
Eine große Zahl der Betroffenen registriert neuerdings bereits im Januar
Heuschnupfen-Symptome. Warme Winter bringen z.B. den Haselnussstrauch
bereits zwei Monate früher zum Blühen. Der Grund: der Klimawandel.

Eine aktuelle Studie der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) kommt im
Januar 2022 zu dem Ergebnis, dass auch in ländlichen Gebieten immer mehr
Menschen an pollenbedingtem allergischen Schnupfen leiden. Bislang waren
besonders Menschen in Ballungsräumen (und unter zusätzlicher
Schadstoffbelastung) stärker von Heuschnupfen geplagt. Die Erklärung: Der
Klimawandel mit seinen zunehmend milderen bis überhitzten Temperaturen
sorgt für längeren Pollenflug und für Blütenstaub in größeren Mengen.

"Der Klimawandel hat zusammengefasst vier Effekte auf Pollen und dann eben
auch auf die Allergien. Das ist zum ersten, dass die Pollen durch den
Klimawandel und auch durch die Erwärmung länger fliegen (früher im Jahr und
dann auch später ins Jahr rein). Es gibt also im Prinzip keine abgegrenzte
Pollensaison mehr, sondern die Pollen fliegen das ganze Jahr. Das zweite ist,
dass auch mehr Pollen fliegen. Und gleichzeitig - das ist der dritte Punkt -
verändert sich auch die Qualität der Pollen selbst. Sie werden aggressiver,
setzen mehr von diesen Eiweißen frei, die letztendlich eine Allergie machen.
Das vierte und letzte ist, dass wir auch neue Pollen sehen. Neue Pollen in Form
des beifußblättrigen Traubenkrautes Ambrosia. Diese Pflanze ist durch
verunreinigtes Vogelfutter nach Europa gekommen und breitet sich jetzt bei uns
in Europa aus." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Die Pollen des Ambrosia-Krautes sind relativ klein, gelangen deshalb ganz tief
in die Lungen und verursachen dort schwere asthmatische Reaktionen.

"Durch diese vier Punkte - längere Pollenflugsaison, mehr Pollen, aggressivere
Pollen und neue Pollen - wirkt der Klimawandel dann auf die Menschen, die
schon Allergien haben. Bei den Allergikern verschlimmern sich die Symptome.
Zudem aber entstehen auch neue Allergien bei Menschen, die noch nie eine
Allergie hatten." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Nicht nur Allergiker reagieren bei Pollenflug neuerdings mit Schnupfen. Und
weiter:

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"Pollen hemmt die Immunabwehr der Schleimhäute. Und zwar gerade diese
Immunabwehr, die gegen Viren gerichtet ist. Wir können es uns auch so
vorstellen: Schleimhäute haben eine ganze Armada von ‚Soldaten‘, die
normalerweise schon mit natürlichen Kräften Viren abwehren. Und genau diese
Armada wird durch Pollen zurückgehalten." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Eine neuere Untersuchung der Umweltmedizinerin Prof. Claudia Traidl-
Hoffmann zeigt, dass die Zahl viraler Infektionen steigt, wenn die Pollen fliegen.
Und dass dann auch die Corona-Infektionszahlen erhöht sind, wenn die Pollen
in sehr hoher Konzentration unterwegs sind.

"Diese Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Gesundheit machen klar,
dass es uns hier und jetzt betrifft, uns selbst und unsere Kinder. Und dass wir
zwei große Dinge bewegen müssen. Das eine ist die Anpassung an den
Klimawandel. Wir müssen Anpassungsstrategien entwickeln, unter anderem
Hitze-Schutzpläne. Aber der andere Punkt ist, dass wir gleichzeitig die großen
politischen Lösungen brauchen, weil wir es eben nicht komplett auf das
Individuum verschieben können, hier das Klima und damit unsere Gesundheit
zu retten." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Allergien – Launen des Körpers oder chronische Erkrankungen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beurteilt einen allergischen Schnupfen
wegen der vielen betroffenen Menschen, dem negativen Einfluss auf
Lebensqualität und Leistungsfähigkeit und der Tendenz für zusätzliches
Asthma und andere Begleiterkrankungen als bedeutende chronische
Atemwegserkrankung.

"Die Allergie ist die häufigste chronische Erkrankung, die wir kennen. Aber: Man
kann sie trotzdem auch im Laufe eines Lebens wieder verlieren." Prof. Claudia
Traidl-Hoffmann

Pubertät und Menopause sind oft Wendepunkte, an denen Betroffene ihren
Heuschnupfen, ihre Allergie, entwickeln oder verlieren. Manche Betroffene
berichten von regelrechten Allergie-Zyklen.

"Das kann jetzt die Wissenschaft nicht unbedingt bestätigen. Allerdings scheint
es auch Mechanismen im Körper zu geben, die wir bis heute nicht verstanden
haben. Sie führen dazu, dass es eine natürliche Regulation gibt. Wir können sie
vielleicht einfach Selbstheilungskräfte nennen - aber verstanden haben wir sie
bis heute nicht. Aber das gibt es, dass Menschen ihre Allergie verlieren." Prof.
Claudia Traidl-Hoffmann

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Etagenwechsel - Heuschnupfen und seine Folgen
Pollen kann mehr bedeuten als eine jahreszeitlich wiederkehrende zeitweise
Reizung von Nasen- und Augen-Schleimhäuten. Eine mögliche Folge: erhöhte
Infektionsanfälligkeit, denn Pollen macht anfälliger für Viren. Die reduzierte
Immunreaktion bei Pollenflug ist unabhängig davon, ob man Allergiker ist. Es
betrifft alle. Eine schwerwiegendere Komplikation von Heuschnupfen jedoch:
Der sogenannte Etagenwechsel der Erkrankung von den oberen Atemwegen
(Nasen- und Rachenraum, Kehlkopf) in die unteren Atemwege (Lunge).

"Heuschnupfen ist wirklich ernst zu nehmen, weil es zu einem Etagenwechsel
kommen kann. Das bedeutet, dass der Heuschnupfen manchmal nur die erste
Etappe ist. Im Anschluss kann sich das Ganze verlagern in die Lunge. Die
Betroffenen entwickeln dann eine chronische Lungenentzündung, also ein
Asthma. Dies bedeutet schließlich Umbauprozesse in der Lunge, die nicht mehr
umkehrbar sind. Und deswegen ist der Heuschnupfen eine Erkrankung, die
unbedingt behandelt werden muss." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

40 Prozent der Klein- und Schulkinder mit Heuschnupfen erkranken zusätzlich
an Asthma bronchiale mit Anfällen von Atemnot, so der Ärzteverband deutscher
Allergologen.

Hyposensibilisierung und Vermeidung - was tun, wenn Pollen plagen
Neben der symptomatischen vorübergehenden Behandlung von Schniefen,
Niesen, Tränen und Jucken z.B. mit Antihistaminika, Nasensprays,
Kortisontabletten, Salben oder Augentropfen setzt die Medizin bei Allergikern
auf Hyposensibilisierung.

"Das ist eine kausale Therapie, die zur Heilung führen soll. Eine Therapie, bei
der das Immunsystem umgeschult und in eine Richtung gedrängt wird, wo es
die Allergene toleriert." Prof. Claudia Traidl-Hoffmann

Diese Behandlung wird auch Spezifische Immuntherapie (SIT) genannt.
Kleinste Mengen eines allergenen Stoffes werden dabei einem Menschen
wiederholt verabreicht. Die Dosis wird über einen längeren Zeitraum
schrittweise erhöht, bis eine persönliche Höchstdosis erreicht ist, die dann in
regelmäßigen Abständen gegeben wird. Gestartet wird mit einer solchen
Hyposensibilisierung in der pollenfreien Saison.

"Wie erwähnt fliegen die Pollen aber durch den Klimawandel und durch die
Erwärmung länger. Das beginnt früher im Jahr und dauert bis später ins Jahr
hinein. Es gibt also im Prinzip keine abgegrenzte Pollensaison mehr. Wenn es
aber keine pollenfreie Saison mehr gibt, in der wir normalerweise mit der

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Behandlung beginnen, stellt uns das vor Herausforderungen." Prof. Claudia
Traidl-Hoffmann

Für alle gilt es, so Prof. Claudia Traidl-Hoffmann, zusätzlich auch praktische
Tipps zu beachten.
Z.B.:
- nicht die Wäsche im Freien zu trocknen, erst recht nicht bei starkem Pollenflug
- nicht die getragene Kleidung im Schlafzimmer abzulegen
- vor dem Zubettgehen die Haare zu waschen und von Pollen zu befreien

Und:
"Gerade hier in Bayern ist es ja möglich, den Polleninformationsdienst
anzuschauen. Wir haben ein elektronisches Pollenflug-Messnetzwerk, wo wir in
Drei-Stunden-Intervallen über ganz Bayern verteilt genau sehen können, wie
stark der Pollenflug ist. So kann ich auch meinen Tag anpassen. Wenn die
Pollen gerade morgens stark fliegen, sollte ich meine sportliche Outdoor-
Aktivität eher in den Abend verlegen oder eben andersherum. Und gleichzeitig
kann ich vielleicht auch an diesen Tagen mit starkem Pollenflug sogar
überlegen, mit der FFP2-Maske spazieren zu gehen." Prof. Claudia Traidl-
Hoffmann

Bei stärkeren Beschwerden, so die Allergologin, sollte man immer Fachärzte
mit der Ausrichtung Allergologie aufsuchen (zu finden bei den Fachgebieten
HNO, Dermatologie, Kinder- und Jugendmedizin oder Pulmologie). Aber, so die
gesundheitspolitische Forderung der Allergologin:

"Man muss leider sagen, dass hier in den letzten Jahren etwas passiert ist, was
uns Allergologen nicht gut gefällt. Und zwar ist diese Zusatzbezeichnung
‚Allergologie‘ in dem Sinne einfach weggefallen, dass diese Ausbildung jetzt
einfach in den normalen Facharzt mit reinfällt. Sodass es, wie wir finden, keine
ausreichende Ausbildung im Bereich der Allergologie gibt. Hier ist dringender
Handlungsbedarf, weil die Allergie eine so wichtige Erkrankung ist und einfach
so viele Menschen in Deutschland und Europa unter einer Allergie leiden.
Deswegen brauchen wir ganz speziell ausgebildete Ärztinnen und Ärzte." Prof.
Claudia Traidl-Hoffmann

Akupunktur gegen Heuschnupfen – im Dialog mit den Naturheilverfahren

Experte: Dr. Artur Wölfel, Leiter der Ambulanz für Integrative Medizin am
Krankenhaus für Naturheilweisen, München

Diesem Textabschnitt liegt ein Gespräch mit Dr. Artur Wölfel zugrunde,
Facharzt für Innere Medizin, Naturheilverfahren und Homöopathie, Leiter der

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Ambulanz für Integrative Medizin am Krankenhaus für Naturheilweisen,
München

Akupunktur, Phyto- und Ernährungstherapie, begleitet von physikalischen
Anwendungen und Bewegung - so das Konzept, auf das die klassische
Naturheilkunde in der Behandlung von Heuschnupfenpatientinnen und
Patienten baut; Begleitend zu etablierten Behandlungsverfahren.

"Denn wir sprechen nicht von einer alternativen Therapie, sondern von
unterstützenden und komplementären Maßnahmen, von Unterstützung und
Ergänzung. Die Naturheilkunde sollte als eine Therapieerweiterung der
etablierten Behandlungsverfahren gesehen werden. Das moderne Verständnis
ist ‚integrative Medizin‘. Dr. Artur Wölfel

    -    Mit Akupunktur lassen sich z.B. Niesanfälle, entzündete Augen und auch
         Juckreiz lindern.
    -    Zur physikalischen Therapie gehören z.B die Nasendusche mit
         Salzwasser oder die Inhalation mit Kamillenprodukten.
    -    Aus der Homöopathie kommt z.B. Euphrasia zur Anwendung, wenn das
         Tränen der Augen Beschwerden macht.

"Interessanterweise finden viele Verfahren der klassischen Naturheilkunde auch
im Rahmen moderner Forschung eine wissenschaftliche Bestätigung." Dr. Artur
Wölfel

Zur ganzheitlichen Sicht der Naturheilkunde auf den Menschen und auf seine
Erkrankung wie der Allergie gehört auch eine vollwertige Ernährung sowie
Ausdauertraining zur Verbesserung der allgemeinen Fitness.

"Machen Allergiker*innen moderates, aber konsequentes Ausdauertraining,
reduziert dies die Intensität der Heuschnupfen-Symptomatik." Dr. Artur Wölfel

Zusätzlich sollten Heuschnupfen-Patientinnen und -Patienten versuchsweise
während der Pollenflugzeit Nahrungsmittel mit einem hohen Histamin-Gehalt
meiden.

"Wir beobachten, dass chronische psychosoziale Belastungsfaktoren bei
Menschen mit angeborener Allergiebereitschaft die Aktivität der Erkrankung
noch verstärken. Kommt dies dann noch zu schlechter (histamin- und
fettreicher) Ernährung und mangelnder Bewegung hinzu, sprechen wir vom
sogenannten Summationseffekt. Die allergische Reaktion ist dann umso
schwerer." Dr. Artur Wölfel

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Auch dem Facharzt für Innere Medizin und Naturheilverfahren Dr. Artur Wölfel
machen die Folgen des Klimawandels auf die Gesundheit, im speziellen auf
das Allergieverhalten der Menschen, Sorgen.

"Die Heuschnupfensaison ist für viele Betroffenen erkennbar länger. Reagiert
jemand auf mehrere Pollenarten, kann das für diese Person heißen, das
gesamte Jahr Probleme zu haben." Dr. Artur Wölfel

Heuschnupfen wird häufiger. Auch erkranken immer mehr Menschen noch im
späteren Lebensalter, die Toleranzschwelle gegenüber den Allergenen sinkt
nach dem 50. Lebensjahr.

"Bei dieser Altersgruppe ist das Risiko eines Etagenwechsels, also des
Auftretens von Asthma bronchiale erhöht. Deshalb ist gerade in dieser
Altersgruppe eine konsequente Behandlung, heißt eine frühzeitige fachärztliche
Entscheidung zur Einleitung einer Hyposensibilisierung erforderlich." Dr. Artur
Wölfel

Für alle Betroffenen gilt, so der Facharzt:

"Viel Pollen, viel Allergie – wenig Pollen, wenig Allergie… Wichtig ist also in
jedem Falle die sogenannte Expositionsprophylaxe, also die Vermeidung von
Pollenbegegnungen. Natürlich aber wird das für Menschen angesichts der
deutlich verlängerten Pollenflugzeit immer komplizierter." Dr. Artur Wölfel

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