Globalisierung - Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen 1991-2020 - Studie Eine vbw Studie, erstellt von Prognos AG Stand: März 2012 ...

 
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Globalisierung - Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen 1991-2020 - Studie Eine vbw Studie, erstellt von Prognos AG Stand: März 2012 ...
Studie

Globalisierung – Entwicklung der
Wertschöpfungsstrukturen 1991-2020

Eine vbw Studie, erstellt von Prognos AG
Stand: März 2012
www.vbw-bayern.de
Globalisierung - Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen 1991-2020 - Studie Eine vbw Studie, erstellt von Prognos AG Stand: März 2012 ...
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Vorwort                     X
1991 - 2020
vbw – März 2012

Vorwort
Die Industrie ist Bayerns und Deutschlands Zukunft

Globalisierung ist nicht nur ein Schlagwort. Die zunehmende Internationalisierung und
weltweite Vernetzung der Wirtschaft ist eine ganz reale Entwicklung, die sich in den
letzten beiden Jahrzehnten massiv intensiviert hat, vor allem dank des Auftretens der
so genannten Schwellenländer auf den globalen Märkten. Vor allem China wächst
äußerst dynamisch und gewinnt immer mehr an Gewicht.

Durch diesen Prozess verändern sich die globalen Wertschöpfungsketten und in die-
sem Zug auch die relativen Gewichte von Volkswirtschaften in den verschiedensten
Bereichen.

Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft hat von der Prognos AG untersu-
chen lassen, welche Veränderungen es in den weltweiten Wertschöpfungsprozessen in
den letzten Jahren gegeben hat – differenziert nach Produktion, Außenhandel sowie
Forschung und Entwicklung. Aufbauend auf einer detaillierten ex-post-Analyse können
auch Erkenntnisse für die kommenden Jahre gewonnen werden.

Die Studie belegt die zunehmende Verlagerung von Wertschöpfung aus den Industrie-
ländern in die Emerging Markets, allen voran nach China. Ein entscheidender Befund
ist, dass sich Deutschland von den übrigen Industriestaaten abheben und seine Positi-
on in der Welt behaupten konnte.

Dieses Ergebnis bestätigt uns in unserem klaren Bekenntnis zur Industrie. Das Verar-
beitende Gewerbe hat in Bayern und Deutschland ein deutlich höheres Gewicht als in
anderen entwickelten Volkswirtschaften. Dies ist die Basis für unseren Erfolg.

Die vorliegende Studie zeichnet auch für das kommende Jahrzehnt ein optimistisches
Bild: Deutschland kann seine Stellung halten. Dies ist jedoch kein Selbstläufer: Wir
müssen uns kontinuierlich und konsequent weiter entwickeln. Das heißt insbesondere,
dass wir den Strukturwandel hin zur hybriden Wertschöpfung fortsetzen und dass wir
auf die Erfolgsfaktoren Innovation, F+E sowie Internationalisierung setzen.

Eine erfolgreiche Industrie ist die Basis für Wachstum und Beschäftigung in allen Bran-
chen und damit für Wohlstand in unserer Gesellschaft.

Bertram Brossardt
26. März 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen           Inhalt                                                     X
1991 - 2020
vbw – März 2012

Inhalt
1              Executive Summary ..................................................................................... 2

2              Einleitung ...................................................................................................... 4

2.1            Hintergrund ..................................................................................................... 4

2.2            Ziel und Konzeption des Welthandelsmodells ................................................ 5

3              Globale Entwicklungen seit 1991 ................................................................ 7

3.1            Was wird weltweit produziert, gehandelt und erforscht? ................................ 7

3.2            Wer produziert, handelt und forscht in der Welt? ......................................... 10
3.2.1          China und die BRI(C)-Staaten ...................................................................... 13
3.2.2          Industrieländer .............................................................................................. 14

3.3            Deutschland im Fokus .................................................................................. 16
3.3.1          Deutschlands Position bei Produktion, Handel und FuE .............................. 16
3.3.2          Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen ................................................. 22

4              Globale Entwicklungen bis 2020 ............................................................... 27

4.1            Die globalen Rahmenbedingungen .............................................................. 27

4.2            Zukunft von Produktion, Außenhandel und Forschung ................................ 28

4.3            Zukünftige Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen aus Sicht
               Deutschlands ................................................................................................ 30
4.3.1          Vorleistungsgüter.......................................................................................... 31
4.3.2          Konsumgüter ................................................................................................ 33
4.3.3          Investitionsgüter ........................................................................................... 33

Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 35

Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 36

Ansprechpartner / Impressum ...................................................................................... 37
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Executive Summary            2
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1       Executive Summary
Flexible Anpassungsstrategien sichern Wettbewerbssicherheit

Die vorliegende Studie zeigt die Entwicklung der internationalen Wertschöpfungsstruk-
turen in einem bisher nicht möglichen Detaillierungsgrad. Die Möglichkeit, nach Bran-
chen, Ländern, Produktgruppen, Forschungsintensität und Verwendungszweck zu un-
terscheiden, erlaubt differenzierte Aussagen zu den Außenhandelsstrategien deutscher
Unternehmen. Darüber hinaus schafft die länderübergreifende Analyse der weltweiten
Produktion, des Außenhandels und der Forschung den Rahmen globale Trends aufzu-
decken und den Stand sowie die Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung aufzu-
zeigen. Die konsistente Totalanalyse berücksichtigt sämtliche globale Entwicklungen.
Globale Außenhandelsverflechtungen und internationale Austauschbeziehungen sowie
die Bedeutung einzelner Volkswirtschaften und Ländergruppen für die Weltwirtschaft
werden im Zeitverlauf betrachtet, um so ein umfassendes Bild der Globalisierung zu
zeichnen. Folgende Erkenntnisse sind festzuhalten:

 -    Das Volumen der weltweiten Exporte hat sich von 1991 bis 2009 vervierfacht, das
      der weltweiten Produktion und Forschung verdoppelt.

 -    Trotz steigender Volumina wird heute weitestgehend in denselben Branchen zu
      gleichen Anteilen produziert, gehandelt und geforscht wie 1991.

 -    Die Nahrungs- und Genussmittelindustrie macht den größten Anteil an der Welt-
      produktion, der Kraftwagenbau am Außenhandel und die Pharmaindustrie an den
      weltweiten FuE-Ausgaben aus.

 -    Im Gegensatz zu der Branchenstruktur zeigt sich die Länderstruktur sehr dyna-
      misch, das heißt in der weltweiten Produktion, dem Handel und der Forschung
      gewinnen weitere Länder an Bedeutung.

 -    In allen drei Bereichen zeigt sich ein gemeinsamer Trend von den Industrieländern
      hin zu den aufstrebenden Volkswirtschaften. Dies spiegelt sich in Anteilsverlusten
      auf Seiten der industrialisierten Länder wider.

 -    Der Verlagerungstrend ist in der Produktion und im Handel deutlich ausgeprägter
      als in der Forschung.

 -    Der Bedeutungsgewinn der Schwellenländer wird stark von der Dynamik Chinas
      getragen. Die übrigen BRI(C)-Staaten spielen nur eine untergeordnete Rolle.

 -    Deutschland gelingt es im Vergleich zu der aggregierten Gruppe der Industrielän-
      der seine Weltanteile an der Produktion, am Handel und der Forschung konstant
      zu halten.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Executive Summary             3
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 -    Zentrale Branchen für die exportorientierte Volkswirtschaft Deutschland sind der
      Luft- und Raumfahrzeugbau, der Kraftwagenbau, der Maschinenbau, verschiede-
      ne elektrotechnische Branchen sowie die Chemische Industrie.

 -    Im Beobachtungszeitraum zeigt sich, dass kaum eine deutsche Branche an Welt-
      anteilen verloren hat. In den Wirtschaftszweigen Kraftwagenbau sowie Luft- und
      Raumfahrzeugbau gelingt es Deutschland sogar seine Anteile auszubauen.

 -    Deutschland hebt sich mit seiner Konstanz von der Entwicklung in anderen Indust-
      rieländern ab.

 -    Die Betrachtung der globalen Wertschöpfungsstrukturen Deutschlands zeigt, dass
      die Anteile der Verwendungskomponenten Vorleistung, Konsum und Investition
      am Export und Import im Zeitverlauf annähernd konstant geblieben sind.

 -    Deutschlands Handelsbeziehungen sind nach wie vor sehr europageprägt.

 -    Die mittel- und osteuropäischen Länder sowie China gewinnen als Handelspartner
      im Zeitverlauf zunehmend an Gewicht, dabei haben die Branchen unterschiedliche
      Strategien.

 -    Die vergangenen Trends werden sich auch in Zukunft fortsetzen und die globalen
      Entwicklungen bis zum Jahr 2020 prägen.

 -    Die Weltproduktion, der globale Handel und die weltweiten FuE-Ausgaben werden
      in Zukunft weiter an Volumen zunehmen.

 -    Die internationale Arbeitsteilung wird zukünftig weiter voranschreiten.

 -    Die Schwellenländer (insbesondere China) werden weiter an Bedeutung hinzu
      gewinnen, während die mittel- und osteuropäischen Länder ihre Anteile weitestge-
      hend konstant halten.

 -    Deutschland kann auch in Zukunft seine Position bei der Produktion, dem Export
      und der Forschung halten.

 -    Die Wertschöpfungsstrukturen internationalisieren sich weiter. Dieser Prozess hat
      für Deutschland zwei Dimensionen: mehr Handel und mehr Handelspartner.

 -    Den deutschen Unternehmen wird es durch flexible Anpassungsstrategien auch in
      Zukunft gelingen die Herausforderungen der Globalisierung zu überwinden.

 -    Die deutsche Wettbewerbsfähigkeit basiert auf einer flexiblen Import- und Ex-
      portstruktur sowie der konstanten Forschungsintensität.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Einleitung                  4
1991 - 2020
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2 Einleitung
Globalisierung greifbar machen

2.1     Hintergrund

Seit den 1990er Jahren erfährt der Begriff Globalisierung in Deutschland und in vielen
anderen Ländern eine zunehmende Verbreitung. Heute gehört er in den gängigen
Sprachgebrauch und wird kaum mehr hinterfragt. Welche Entwicklungen bezeichnet
Globalisierung jedoch im Detail? Generell meint Globalisierung eine zunehmende in-
ternationale ökonomische Verflechtung, die sich unter anderem in einer Internationali-
sierung der globalen Wertschöpfungsstrukturen widerspiegelt. Zum Prozess der Globa-
lisierung gehört sowohl ein zunehmender internationaler Austausch von Gütern,
Dienstleistungen und Kapital als auch die Wanderung von Menschen. Die Liberalisie-
rung des Welthandels spielt bei der Ausweitung der internationalen Wertschöpfungs-
ketten die zentrale Rolle. Globalisierung stellt jedoch keinesfalls ein neues Phänomen
dar, sondern fand schon lange vor der Verbreitung des Globalisierungsbegriffs statt.
Bereits im 18. Jahrhundert hatte der internationale Güteraustausch eine erhebliche
Bedeutung für Deutschland und andere Volkswirtschaften. Gleichwohl erreicht die Glo-
balisierung und damit auch die Ausweitung sowie Internationalisierung der globalen
Wertschöpfungsketten mit dem wirtschaftlichen Aufstieg der Schwellenländer eine
neue Dimension und gewinnt mit der Zunahme des globalen Dienstleistungshandels an
Tiefe.

Der Prozess der Globalisierung mit über Staaten und Kontinente reichenden Wert-
schöpfungsketten stellt für die industrialisierten Volkswirtschaften eine besondere Her-
ausforderung dar. Die abnehmende Sicherheit einzelner Branchen infolge der fort-
schreitenden weltwirtschaftlichen Integration und die zunehmende internationale Ar-
beitsteilung ziehen vielfach einen Anpassungsdruck nach sich und beschleunigen den
wirtschaftlichen Strukturwandel. Ursächlich ist die wachsende Bedeutung internationa-
ler Konkurrenz für einheimische Unternehmen und die damit verbundene Wettbe-
werbsverschärfung. Darüber hinaus wirken auch die Veränderungen der Nachfra-
gestruktur infolge des dynamischen Wachstums der aufstrebenden Volkswirtschaften
in Richtung struktureller Anpassungen. Die ausländische Nachfrage gewinnt an Ge-
wicht und beeinflusst verstärkt Produktgestaltung und die Internationalisierungsstrate-
gie einzelner Unternehmen. Offshoring und Outsourcing werden zu erfolgversprechen-
den strategischen Optionen.

Die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten und die Globalisierung im Allge-
meinen bieten auf der einen Seite Chancen, da sie unter anderem strukturelle Proble-
me nicht nur offenlegen, sondern durch den Anpassungsdruck zur Überwindung bei-
tragen. Damit ist die Globalisierung als eine Art Katalysator des Strukturwandels und
hilft letztlich dabei, komparative Vorteile einer Volkswirtschaft zu erkennen. Denjenigen
Unternehmen, denen es gelingt, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten,
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Einleitung              5
1991 - 2020
vbw – März 2012

bietet eine Internationalisierung zudem massiv ausgeweitete Absatzmöglichkeiten. Auf
der anderen Seite birgt die Globalisierung die Gefahr, im internationalen Wettbewerb
zu verlieren und damit Arbeitsplätze und Wohlstand der Industrieländer zu gefährden.
Diesen Herausforderungen kann man nur durch Flexibilität der Unternehmen und steti-
ge Innovationen begegnen.

Deutschland ist aufgrund seiner ausgeprägten Exportorientierung besonders stark von
globalen Entwicklungen und den damit verbundenen Herausforderungen betroffen.
Eine Analyse der Globalisierung und Entwicklung der internationalen Wertschöpfungs-
strukturen ist somit zugleich eine Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung Deutsch-
lands. Die vorliegende Studie greift die Interdependenzen der globalen und der deut-
schen Entwicklung auf und widmet beiden die notwendige Aufmerksamkeit. Dabei wird
neben einer umfassenden ex post Analyse der Blick in die Zukunft gewagt.

2.2     Ziel und Konzeption des Welthandelsmodells

Das Tempo der Internationalisierung hat sich in den vergangenen Jahren merklich er-
höht. Neben eine fortschreitende europäische Integration traten weltweit zunehmende
Handelsvolumina und eine Verdichtung der internationalen Verflechtungen. Um diese
Entwicklungen und Veränderungen fassbar zu machen, bedarf es einer umfassenden
Analyse der globalen Wertschöpfungsstrukturen sowie der Produktions- und Handels-
ströme der letzten 20 Jahre. Das Welthandelsmodell der Prognos erlaubt es, durch die
Datenaufbereitung auf Produktgruppenebene eine solche Analyse für die bedeutends-
ten Industrieländer und die wichtigsten Schwellenländer auf einer sehr detaillierten
Ebene durchzuführen. Diese Bestandsaufnahme zeigt die Veränderung der Wert-
schöpfungsstrukturen im Detail auf, bringt Klarheit in den Sammelbegriff „Globalisie-
rung“ und bildet die Grundlage für eine exakte Positionsbestimmung Deutschlands. Für
insgesamt 40 Ländern mit über 3.000 Gütergruppen können für den Zeitraum 1991-
2009 Veränderungen der wirtschaftlichen Austauschbeziehungen der Volkswirtschaf-
ten untereinander in einem bisher noch nicht möglichen Detaillierungsgrad dargestellt
werden. Dazu wurden die Gütergruppen mit diversen Merkmalen ausgestattet.

Jede einzelne Warengruppe erhält im Modell einen „Rucksack“ mit verschiedenen
ökonomischen Eigenschaften wie:

-   Branchenzugehörigkeit nach 27 Branchen des primären und sekundären Sektors
-   Verwendungszugehörigkeit nach Vorleistung, Konsum und Investition
-   Forschungsintensität
-   Technologiezugehörigkeit nach 32 Technologiegruppen.

Die vorgenommenen Zuteilungen und Verknüpfungen ökonomischer Daten ermögli-
chen es, die notwendige Trennschärfe bei hochdifferenzierten Fragestellungen und
Analysen zu gewährleisten, da die Informationen sowohl auf detaillierter Produktgrup-
penebene als auch auf unterschiedlichen Aggregationsebenen wie beispielsweise
Branchen, Ländern und Technologien vorliegen und ausgewertet werden können. We-
der die gesamtwirtschaftliche noch die globale Sicht wird somit vernachlässigt. Das
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Einleitung               6
1991 - 2020
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Welthandelsmodell vereint die Vorteile einer Bottom-Up- und einer Top-Down-Analyse.
Mit dem Welthandelsmodell ist es nun möglich, die Entwicklungen der Industrie- und
Schwellenländer erstmals detailliert und konsistent zu analysieren und darauf aufbau-
end einen Blick in die Zukunft zu richten. Das Modell erlaubt umfassende Aussagen
und quantitative Darstellungen zum Themenfeld Globalisierung und liefert zudem eine
Vielzahl von Erkenntnissen bezüglich der globalen Wertschöpfungsstrukturen sowie
der internationalen Arbeitsteilung in Fertigung und Forschung.

Quantitative Auswertungen in dieser Form waren bisher nicht möglich. Bei existieren-
den Untersuchungen handelt es sich oftmals um Partialanalysen, die zudem nur an der
Oberfläche der Verflechtungen ansetzen. Die Schwierigkeit lag unter anderem in der
Inkonsistenz von Daten. Dieses Problem konnte durch die Entwicklung spezieller Um-
steigeschlüssel gelöst werden. Die konsistente Datenbasis schafft die Grundlage für
diese Studie und trägt maßgeblich zum Funktionieren des Welthandelsmodells bei. Die
Datenkompatibilität fordert dabei gewisse Abstriche im Detaillierungsgrad der Darstel-
lung der einzelnen Entwicklungen. Teilweise müssen deshalb Abstraktionen von der
Realität in Kauf genommen werden. Mit Hilfe dieses Modells gelingt erstmals die Kon-
zeption einer Totalanalyse globaler ökonomischer Austauschbeziehungen und Ver-
flechtungen. Der Blick in die Zukunft der Globalisierung gewinnt an Schärfe und Treff-
sicherheit.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                       Globale Entwicklungen seit 1991                                  7
1991 - 2020
vbw – März 2012

3 Globale Entwicklungen seit 1991
Internationale Arbeitsteilung und Verdichtung der Wertschöpfungsstrukturen

Die Bedeutung der Globalisierung für die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen
Jahre zeigt sich an folgenden Größen: Die weltweiten Exporte haben sich seit 1991
nahezu vervierfacht, die globale Industrieproduktion und die weltweiten Ausgaben für
Forschung und Entwicklung (FuE) mehr als verdoppelt. In diesem Zusammenhang ist
interessant, welche Dynamik die Branchenentwicklung in den drei genannten Berei-
chen in der Vergangenheit gezeigt und wie sich die Handelsstrukturen nach Ländern
verändert haben. Beide Aspekte werden im Folgenden untersucht, bevor die Position
Deutschlands im Umfeld einer zunehmenden Internationalisierung analysiert wird.

3.1      Was wird weltweit produziert, gehandelt und erforscht?

Die ex post-Betrachtung zeigt, dass die Entwicklung der weltweiten Produktionsanteile
in den relevanten 27 Branchen in den vergangenen 20 Jahren trotz steigender Volumi-
na relativ beständig war.
Abbildung 3-1
Anteile der Branchen an der Weltproduktion, 1991 bis 2009

 100%

  90%

  80%

  70%                                                           Land- und Forstwirtschaf t,
                                                                   Jagd und Fischerei
                                                                 Textilien und Bekleidung
  60%                                                                Eisen und Stahl
                                                                  Mineralölverarbeitung
                                                                         Papier und
  50%                                                               Druckerzeugnisse
                                                                      Rundf unk- und
                                                                   Nachrichtentechnik
  40%                                                               Metallerzeugnisse

                                                                      Maschinenbau
  30%
                                                                            Chemie
  20%
                                                                     Kraf twagenbau

  10%
                                                                     Nahrungs- und
                                                                      Genussmittel
   0%
        1991

               1992

                      1993

                             1994

                                    1995

                                           1996

                                                  1997

                                                         1998

                                                                     1999

                                                                              2000

                                                                                     2001

                                                                                              2002

                                                                                                     2003

                                                                                                            2004

                                                                                                                   2005

                                                                                                                          2006

                                                                                                                                 2007

                                                                                                                                        2008

                                                                                                                                               2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                     Globale Entwicklungen seit 1991                                8
1991 - 2020
vbw – März 2012

Keine der betrachten Branchen hat in Bezug auf die weltweiten Produktionsanteile
übermäßig an Bedeutung auf Kosten einer anderen gewonnen. Die Nahrungs- und
Genussmittelindustrie macht über den gesamten Zeitraum von 1991 bis 2009 den
größten Anteil an der Weltproduktion aus (Abbildung 3-1). Die Herstellung von Produk-
ten in diesem Sektor trug in den vergangenen Jahren mit einem konstanten Anteil von
etwa 13 % zur Weltproduktion bei. Von höchster Relevanz sind zudem die Sektoren
Kraftwagenbau, Chemie (exklusive Pharma) und Maschinenbau.

Die zunehmende Bedeutung des Außenhandels ist am massiv steigenden Handelsvo-
lumen erkennbar. Der Blick in die Branchenentwicklung offenbart hier ein mit der Pro-
duktion vergleichbares Bild. Die Anteilsverschiebungen zwischen den Branchen verän-
derten sich deutlich weniger dynamisch als das Handelsvolumen (Abbildung 3-2).

Mit einem Anteil von weltweit über 10 % im Jahr 2009 gehörte der Kraftwagenbau nach
wie vor zu den exportstärksten Wirtschaftszweigen. Nur leicht geringer waren die Ex-
portanteile im Maschinenbau und in der Chemie. Diese machten etwa 10 % und 9 %
am Weltanteil aus. Allein die Pharmabranche sticht in der Branchenbetrachtung heraus
und zeigt sich in der Vergangenheit wachstumsstark. Ihr Exportwert hat sich im Zeit-
raum seit 1991 verzehnfacht. In jüngster Zeit zeigt sich zudem ein leichter Rückgang
im Bereich der Rundfunk-, Fernsehen- und Nachrichtentechnik.

Abbildung 3-2
Anteile der Branchen am Welthandel, 1991 bis 2009

 100%

  90%

  80%

  70%                                                                 Geräte zur
                                                                Elektrizitätserzeugung
                                                                   Rundf unk- und
  60%                                                            Nachrichtentechnik
                                                                  Medizin-, Mess-,
                                                                 Steuerungstechnik
                                                                 Bergbau (Energie)
  50%
                                                                      Pharma
                                                             Textilien und Bekleidung
  40%                                                             Nahrungs- und
                                                                    Genussmittel
                                                            Land- und Forstwirtschaf t,
                                                               Jagd und Fischerei
  30%
                                                                          Chemie

  20%
                                                                    Maschinenbau

  10%
                                                                   Kraf twagenbau

   0%
        1991

               1992

                      1993

                             1994

                                    1995

                                           1996

                                                  1997

                                                         1998

                                                                   1999

                                                                            2000

                                                                                   2001

                                                                                          2002

                                                                                                 2003

                                                                                                        2004

                                                                                                               2005

                                                                                                                      2006

                                                                                                                             2007

                                                                                                                                    2008

                                                                                                                                           2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                      Globale Entwicklungen seit 1991                                9
1991 - 2020
vbw – März 2012

Global betrachtet, gehört die Pharmabranche zu den forschungsintensivsten Wirt-
schaftszweigen. Im Jahr 2009 entfielen etwa 18 % der gesamten FuE-Ausgaben auf
die Pharmaindustrie (Abbildung 3-3). Diese Position ist, wie beim Außenhandel auch,
insbesondere auf einen Anstieg in den vergangenen 10 Jahren zurückzuführen. Noch
zwischen 1991 und 2005 gingen von der Rundfunk- und Nachrichtentechnik sowie dem
Kraftwagenbau die meisten FuE-Ausgaben aus. Damals wie heute gehören die Wirt-
schaftssektoren Maschinenbau und Chemie mit zu den forschungsintensivsten Wirt-
schaftsbranchen. Während die Anteile des Maschinenbaus sowie des Kraftwagenbaus
im Zeitverlauf relativ konstant blieben, ist der Anteil der FuE-Ausgaben in den Bran-
chen Chemie und jüngst auch bei den Büromaschinen und DV-Geräten zurückgegan-
gen. Insgesamt handelt es sich jedoch um moderate Verschiebungen.

Abbildung 3-3
Anteile der Branchen an den weltweiten FuE-Ausgaben, 1991 bis 2009

 100%

  90%
                                                                Büromaschinen und DV-
                                                                          Geräte
  80%                                                                  Geräte zur
                                                                 Elektrizitätserzeugung
                                                                           Chemie
  70%
                                                                     Luf t- und
                                                                  Raumf ahrzeugbau
  60%
                                                                    Maschinenbau

  50%                                                            Medizin-, Mess- und
                                                                  Steuerungstechnik

  40%
                                                                    Kraf twagenbau

  30%

  20%                                                              Rundf unk- und
                                                                  Nachrichtentechnik

  10%

                                                                           Pharma
   0%
        1991

               1992

                      1993

                             1994

                                    1995

                                           1996

                                                  1997

                                                         1998

                                                                    1999

                                                                             2000

                                                                                    2001

                                                                                           2002

                                                                                                  2003

                                                                                                         2004

                                                                                                                2005

                                                                                                                       2006

                                                                                                                              2007

                                                                                                                                     2008

                                                                                                                                            2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Die Ergebnisse der Branchenbetrachtung erlauben es, ein gemeinsames Fazit für die
weltweite Produktion, den Handel und die Forschung zu ziehen ist: Trotz steigender
Volumina wird heute weitestgehend in denselben Branchen zu gleichen Anteilen pro-
duziert, gehandelt und geforscht wie zu Beginn der 1990er Jahre. Ob dies auch im
Ländervergleich zutrifft, wird im Folgenden überprüft.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                      Globale Entwicklungen seit 1991                                     10
1991 - 2020
vbw – März 2012

3.2     Wer produziert, handelt und forscht in der Welt?

Der Blick auf die Produktionsanteile der Ländergruppen – Industrieländer, Schwellen-
länder und mittel- und osteuropäische Länder – lässt anders als in der Branchenbe-
trachtung schnell eine Dynamik erkennen.1 Die Gruppe der Industrieländer hielt mit
63 % im Jahr 2009 die mit Abstand höchsten Anteile an der Weltproduktion, im Zeitver-
lauf war ihr Anteil aber rückläufig. Der Produktionsanteil der Schwellenländer lag 2009
bei rund 33 % und damit deutlich niedriger als derjenige der Industrieländer, doch weist
er eine steigende Tendenz auf. Die Industrieländer, die vor gut 20 Jahren noch knapp
90 % der weltweiten Produktion vereinten, verloren insbesondere in den vergangen 10
Jahren zu Gunsten der Schwellenländer an Bedeutung (Abbildung 3-4). Die mittel- und
osteuropäischen Länder halten gemeinsam seit Beginn des neuen Jahrhunderts rund
5 % der globalen Produktion. Bei ihnen ist eine lediglich leicht steigende Tendenz zu
erkennen.

Abbildung 3-4
Anteile der Ländergruppen an der weltweiten Produktion, 1991 bis 2009

    100%
    90%
    80%
    70%
    60%
    50%
    40%
    30%
    20%
    10%
      0%
              1991
                     1992
                            1993
                                   1994
                                          1995
                                                 1996
                                                        1997
                                                               1998
                                                                      1999
                                                                             2000
                                                                                    2001
                                                                                           2002
                                                                                                  2003
                                                                                                         2004
                                                                                                                2005
                                                                                                                       2006
                                                                                                                              2007
                                                                                                                                     2008
                                                                                                                                            2009

              Industrieländer                    Schwellenländer                    Mittel- und osteuropäische Länder

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

1
 Die mittel- und osteuropäischen Länder werden separat ausgewiesen, da davon auszugehen ist, dass sie infolge der
politischen und wirtschaftlichen Neustrukturierung von besonderer Bedeutung für Deutschland sind.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                      Globale Entwicklungen seit 1991                                     11
1991 - 2020
vbw – März 2012

Im Bereich des internationalen Handels zeichnet sich ein ähnliches Bild. Während die
industrialisierten Volkswirtschaften im Zeitablauf relativ an Bedeutung hinsichtlich des
Weltexportes verloren, integrierten sich die Schwellenländer und auch die mittel- und
osteuropäischen Länder immer mehr in den Welthandel und erlangten damit zuneh-
mend an Bedeutung (Abbildung 3-5). Die Entwicklung des internationalen Handels
unterscheidet sich von derjenigen der Produktion insbesondere durch die Stetigkeit, mit
der die industrialisierten Länder seit den 1990er Jahren an Bedeutung verlieren und
zudem dadurch, dass es den mittel- und osteuropäischen Ländern etwas besser ge-
langt, sich Anteile am Welthandel zu sichern als an der weltweiten Produktion. Der
Anteilsverlust der Industrieländer geht damit nicht ausschließlich zu Gunsten der
Schwellenländer. Trotz dieser Verschiebungen zeigt sich ein eindeutiges Bild: Mit ei-
nem Anteil von fast 70 % dominieren die Industrieländer nach wie vor den Welthandel,
während die Schwellenländer 22 % und die mittel- und osteuropäischen Länder 7 % zu
den weltweiten Exporten beitragen. Der Anteil der Industrieländer am internationalen
Handel ist damit jedoch höher als an der weltweiten Produktion.

Abbildung 3-5
Anteile der Ländergruppen am Welthandel, 1991 bis 2009

  100%
   90%
   80%
   70%
   60%
   50%
   40%
   30%
   20%
   10%
     0%
              1991
                     1992
                            1993
                                   1994
                                          1995
                                                 1996
                                                        1997
                                                               1998
                                                                      1999
                                                                             2000
                                                                                    2001
                                                                                           2002
                                                                                                  2003
                                                                                                         2004
                                                                                                                2005
                                                                                                                       2006
                                                                                                                              2007
                                                                                                                                     2008
                                                                                                                                            2009

              Industrieländer                    Schwellenländer                    Mittel- und osteuropäische Länder

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Zu Beginn der 1990er Jahre fand Forschung ausschließlich in den Industriestaaten
statt. Vor rund 15 Jahren haben die Schwellenländer zwar damit begonnen, eine For-
schungslandschaft aufzubauen, konnten mit einem Forschungsanteil von zuletzt 17 %,
gemessen an den weltweiten Forschungsausgaben, jedoch nicht ganz an ihre Erfolge
in der Produktion oder im Export anknüpfen (Abbildung 3-6). Den mittel- und osteuro-
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                       Globale Entwicklungen seit 1991                                    12
1991 - 2020
vbw – März 2012

päischen Ländern ist es bisher nicht gelungen, sich in der Forschung zu etablieren. Die
industrialisierten Volkswirtschaften trugen im Jahr 2009 immerhin noch 80 % der For-
schungsausgaben und dominieren damit die weltweite FuE deutlich. Die Länderstruktur
in der internationalen Forschungslandschaft ist damit im Vergleich zur weltweiten Pro-
duktion und zum internationalen Handel im Zeitablauf stabiler, die Entwicklung weist
gleichwohl in dieselbe Richtung.

 Die Verlagerungstendenzen der Forschung steigen mit abnehmender Forschungsin-
 tensität: in forschungsintensiven Branchen wie dem Luft- und Raumfahrzeugbau, der
 IT oder der Pharmaindustrie konzentrieren sich nach wie vor rund 90 % der Forschung
 in den Industrieländern. Anders verhält es sich in forschungsarmen Branchen wie der
 Herstellung von Eisen und Stahl oder dem Schiffsbau, die zu rund 60 % in Schwellen-
 ländern forschen. Die Produktion verlagert sich hingegen in den forschungsintensiven
 Branchen etwas stärker in die Schwellenländer als dies im forschungsarmen Bereich
 der Fall ist.

Abbildung 3-6
Anteile der Ländergruppen an den weltweiten FuE-Ausgaben, 1991 bis 2009

  100%
    90%
    80%
    70%
    60%
    50%
    40%
    30%
    20%
    10%
     0%
              1991
                     1992
                            1993
                                   1994
                                          1995
                                                 1996
                                                        1997
                                                               1998
                                                                      1999
                                                                             2000
                                                                                    2001
                                                                                           2002
                                                                                                  2003
                                                                                                         2004
                                                                                                                2005
                                                                                                                       2006
                                                                                                                              2007
                                                                                                                                     2008
                                                                                                                                            2009

              Industrieländer                    Schwellenländer                    Mittel- und osteuropäische Länder

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Der Blick auf die Branchenebene zeigt, dass sich der Trend zu Verlagerungen in die
Schwellenländer in sämtlichen Branchen bemerkbar macht. Hervorzuheben sind die
Produktionsverlagerungen bei den Büromaschinen und DV-Geräten, in der Rundfunk-
und Nachrichtentechnik, dem Maschinenbau sowie im Bereich von Eisen und Stahl.
Insbesondere bei den letzten beiden Branchen fand auch eine Verlagerung der For-
schung von den Industrie- in die Schwellenländer statt. Die mittel- und osteuropäischen
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                       Globale Entwicklungen seit 1991                                  13
1991 - 2020
vbw – März 2012

Länder spielen insgesamt, trotz zunehmender Bedeutung insbesondere im internatio-
nalen Handel, heute noch eine eher untergeordnete Rolle.

Es gilt jedoch zu bedenken, dass es sich bei dieser Betrachtung um aggregierte Län-
dergruppen handelt. Es ist folglich nicht gesagt, dass sämtliche Industrieländer Anteils-
verluste bei Exporten, Produktion oder Forschung verzeichnen. Ebenso ist nicht klar,
inwieweit die verstärkte internationale Integration der Schwellenländer von der Mehr-
heit oder nur von wenigen aufstrebenden Volkswirtschaften getragen wird. Die folgen-
den Darstellungen bringen hier Aufschluss, da sie zwischen dem wachstumsstarken
China und den anderen BRI(C)-Staaten als aufsteigende Schwellenländer sowie zwi-
schen Deutschland und der Gesamtheit der Industrieländer differenzieren.

3.2.1      China und die BRI(C)-Staaten

Abbildung 3-7
Anteile Chinas und der BRI(C)-Staaten an der weltweiten Produktion, den Expor-
ten und der Forschung im sekundären Sektor, 1992 bis 2009

  25%

  20%

  15%

  10%

   5%

   0%
             1992

                    1993

                             1994

                                    1995

                                           1996

                                                  1997

                                                         1998

                                                                1999

                                                                         2000

                                                                                2001

                                                                                       2002

                                                                                              2003

                                                                                                     2004

                                                                                                            2005

                                                                                                                     2006

                                                                                                                            2007

                                                                                                                                   2008

                                                                                                                                          2009

                           Produktion China                            Exporte China                               Forschung China
                           Produktion BRI(C)                           Exporte BRI(C)                              Forschung BRI(C)

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

China hat in den vergangen 20 Jahren ein dynamisches Wirtschaftswachstum wie kein
anderes Land vorzuweisen. Bereits heute hat China viele große Industrienationen ab-
gehängt. So hat die Volksrepublik nicht nur Deutschland als Exportweltmeister, son-
dern auch die Vereinigten Staaten als bedeutendsten Weltproduzenten abgelöst. Zu
Beginn der 1990er Jahre betrug der chinesische Anteil an der Weltproduktion lediglich
5 % heute trägt das Land bereits rund ein Viertel der Weltproduktion. Trotz des unfehl-
baren Charakters als klassische Werkbank, erlangt China eine zunehmende Bedeu-
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Globale Entwicklungen seit 1991   14
1991 - 2020
vbw – März 2012

tung als Forschungsproduzent (Abbildung 3-7). Die mittlerweile zweitgrößte Volkswirt-
schaft der Welt hat ihre FuE-Ausgaben im Vergleich zu 1992 verfünfzigfacht. Die ver-
wendeten Indikatoren – Forschungsausgaben und die weltweit angemeldeten Patente
– lassen jedoch keine Aussagen über Art und Qualität der chinesischen Forschung zu,
sondern eignen sich, um Trends in der internationalen Forschungslandschaft aufzuzei-
gen. Mittlerweile lässt sich der Beitrag Chinas an den weltweiten FuE-Ausgaben mit
rund 14 % beziffern und liegt damit bereits höher als der deutsche Beitrag.

In der Branche Büromaschinen und DV-Geräte trägt China mit Abstand den größten
Beitrag zur globalen Produktion bei. Auch der chinesische Exportanteil in dieser Bran-
che ist hervorzuheben. In der Textil- und Bekleidungsindustrie ist China sowohl in der
Produktion und dem Export als auch in der Forschung weltweit führend. Insgesamt
wurden im Zeitverlauf überwiegend Produktionsauslagerungen der forschungsintensi-
ven Branchen nach China vorgenommen. Mit fast 30 % an der Weltproduktion in dieser
Branchengruppe liegt der Beitrag höher als in forschungsarmen Branchen. Doch baut
China seine Forschungsaktivitäten in forschungsarmen Branchen stärker aus. Hier hat
die Globalisierung nach der Auslagerung der Fertigung eine weitere Stufe erreicht: die
Verlagerung der Forschung und Entwicklung.

Die übrigen BRI(C)-Staaten konnten mit der chinesischen Wachstumsdynamik der ver-
gangenen Jahre nicht mithalten. Brasilien, Russland und Indien hatten vielmehr
Schwierigkeiten, die an sie gestellten Erwartungen als anhaltend dynamische und auf-
strebende Volkswirtschaften vollständig zu erfüllen. Diese Einschätzung bestätigt sich
beim Blick auf die Entwicklung im Zeitablauf. Für die BRI(C)-Länder zeigt sich über die
Zeit im Bereich der Forschung kein, bei der Produktion und den Exporten nur ein äu-
ßerst schwacher Aufwärtstrend. Das Niveau, auf dem die Veränderungen stattfinden,
ist zudem mit Weltanteilen von durchweg unter 5 % eher vergleichbar mit den mittel-
und osteuropäischen Ländern als mit China. Die Unterschiede zwischen China und
den übrigen BRI(C)-Staaten scheinen größer zu sein als die Gemeinsamkeiten.

Die Bedeutung Brasiliens, Russlands und Indiens in der weltweiten Produktion, im in-
ternationalen Handel und in der Forschung sind in der Mehrheit der Branchen zu ver-
nachlässigen. Leicht höhere Anteile als in den übrigen Branchen zeigen die BRI(C)-
Staaten im Bereich der nichteisenhaltigen Metalle sowie bei Eisen und Stahl. Die Be-
deutung von Bodenschätzen ist hier sehr viel ausgeprägter als in China oder den in-
dustrialisierten Volkswirtschaften.

Die Dynamik und der Bedeutungsgewinn der Schwellenländer werden stark von China
getragen. Die wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik ist ein entscheidender
Treiber im Internationalisierungsprozess.

3.2.2      Industrieländer

Die Gegenüberstellung der Anteile Deutschlands und der übrigen Industrieländer an
der weltweiten Produktion, dem Handel und der Forschung im Zeitablauf zeigt, dass es
der Bundesrepublik im Gegensatz zu der Gesamtheit der Industrieländer gelungen ist,
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                       Globale Entwicklungen seit 1991                                      15
1991 - 2020
vbw – März 2012

ihre Weltanteile zu halten (Abbildung 3-8). Deutschland hebt sich mit dieser Konstanz
von der Entwicklung der übrigen Industrieländer ab.

Abbildung 3-8
Anteile Deutschlands und der Industrieländer insgesamt an der weltweiten Pro-
duktion, den Exporten und der Forschung im sekundären Sektor, 1991 bis 2009

  100%
   90%
   80%
    70%
    60%
    50%
    40%
    30%
    20%
    10%
     0%
              1991
                     1992
                            1993
                                   1994
                                          1995
                                                 1996
                                                        1997
                                                               1998
                                                                      1999
                                                                             2000
                                                                                    2001
                                                                                           2002
                                                                                                    2003
                                                                                                           2004
                                                                                                                  2005
                                                                                                                         2006
                                                                                                                                2007
                                                                                                                                       2008
                                                                                                                                              2009
                     Produktion Industrieländer                                                   Produktion Deutschland
                     Export Industrieländer                                                       Export Deutschland
                     Forschung Industrieländer                                                    Forschung Deutschland

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Die Vereinigten Staaten als größte Volkswirtschaft unter den Industrieländern sind in
besonderem Maße von der chinesischen Dynamik betroffen und mussten Anteile ab-
geben (Abbildung 3-9). Ihre Entwicklung prägt den Verlauf der Industrieländer. Im ers-
ten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts verloren die Vereinigten Staaten spürbar an Welt-
anteilen. Dieser Rückgang verlief in der Produktion und der Forschung nahezu parallel,
der – ohnehin weniger bedeutende – Exportanteil war weniger stark rückläufig gleich-
wohl wurden die Vereinigten Staaten hier sowohl von China als auch von Deutschland
überholt.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                     Globale Entwicklungen seit 1991                                      16
1991 - 2020
vbw – März 2012

Abbildung 3-9
Anteile der Vereinigten Staaten an der weltweiten Produktion, den Exporten und
der Forschung im sekundären Sektor, 1991 bis 2009

 45%

 40%

 35%

 30%

 25%

 20%

 15%

 10%

   5%

   0%
           1991

                  1992

                         1993

                                1994

                                       1995

                                              1996

                                                     1997

                                                            1998

                                                                   1999

                                                                            2000

                                                                                    2001

                                                                                           2002

                                                                                                  2003

                                                                                                         2004

                                                                                                                2005

                                                                                                                       2006

                                                                                                                              2007

                                                                                                                                     2008

                                                                                                                                            2009
                                              Produktion                  Exporte             Forschung

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Die Unternehmen in Deutschland konnten sich im Gegensatz zu denjenigen in den
Vereinigten Staaten und den der aggregierten Gruppe der Industrieländer im internati-
onalen Wettbewerb behaupten. Sie setzten sich gegen die internationale Konkurrenz
mit Erfolg durch. Diese Feststellung spricht dafür, dass sich die deutschen Unterneh-
men um stetige Innovationen bemühen und zudem flexibel auf die globalen Rahmen-
bedingungen reagieren. Eine Detailbetrachtung der Situation Deutschlands bringt wei-
teren Aufschluss darüber, wie die Bundesrepublik heute international aufgestellt ist.

3.3     Deutschland im Fokus

3.3.1      Deutschlands Position bei Produktion, Handel und FuE

Deutschland gilt als einer der wichtigsten Global Player der Weltwirtschaft. Im Jahr
2008 musste jedoch der einstige Exportweltmeister seinen Titel an China abtreten.
Nach wie vor zeigt sich allerdings an den hohen Weltanteilen der Ausfuhren der ein-
zelnen Branchen die deutlich ausgeprägte Exportausrichtung Deutschlands. Nahezu
alle deutschen Branchen haben höhere Anteile am Weltexport als an der weltweiten
Produktion.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Globale Entwicklungen seit 1991   17
1991 - 2020
vbw – März 2012

Zu den im Jahr 2009 stärksten deutschen Exportbranchen zählten der Luft- und Raum-
fahrzeugbau, der Kraftwagenbau, der Maschinenbau sowie die Metallerzeugnisse (Ab-
bildung 3-10). Deutschland erzielte in diesen Wirtschaftszweigen nicht nur im bran-
chenspezifischen, sondern auch im länderspezifischen Vergleich die höchsten Ex-
portanteile. Insgesamt machten diese vier Branchen im Jahr 2009 mehr als 40 % des
deutschen Exports aus.

Abbildung 3-10
Deutsche Anteile an der weltweiten Produktion, den Exporten und der For-
schung, 2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Zuletzt trug Deutschland rund 8 % zur Weltproduktion bei. Die starke Exportausrich-
tung deutscher Unternehmen hat zur Folge, dass in keiner Branche überwiegend für
den Binnenmarkt produziert wurde. Dies zeigt sich an den – im Vergleich zu den Ex-
portanteilen – geringen Produktionsanteilen. Zu den produktionsstärksten Wirtschafts-
zweigen gehören in Deutschland – gemessen an der branchenspezifischen Weltpro-
duktion – der Kraftwagenbau, Geräte zur Elektrizitätserzeugung sowie die Medizin-,
Mess- und Steuerungstechnik. Der Kraftwagenbau sowie die Geräte zur Elektrizitätser-
zeugung haben darüber hinaus die jeweils zweithöchsten Produktionsanteile weltweit.
Im Kraftwagenbau stand 2009 Japan an der Spitze der Weltproduktion, Deutschland
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Globale Entwicklungen seit 1991   18
1991 - 2020
vbw – März 2012

folgte knapp dahinter. Im Bereich der Geräte zur Elektrizitätserzeugung wurde
Deutschlands Produktion bereits im Jahr 2005 von China überholt.

Mit einem Anteil von rund 9 % an den weltweiten FuE-Ausgaben belegte Deutschland
im Jahr 2009 Rang 4. Im Zeitablauf blieb Deutschlands Anteil an den weltweiten Aus-
gaben für FuE weitestgehend konstant. Innerhalb Deutschlands wurden im Jahr 2009
im Kraftwagenbau – gemessen an den weltweiten Anteilen der FuE der jeweiligen
Branche – die höchsten FuE-Ausgaben getätigt. Im weltweiten Vergleich belegt
Deutschland hier mit einem Anteil von 24 % an den globalen FuE-Ausgaben hinter
Japan den zweiten Platz. Neben dem Kraftwagenbau werden in Deutschland in den
Branchen Luft- und Raumfahrzeugbau sowie Maschinenbau vergleichsweise hohe
FuE-Ausgaben getätigt und im Bereich der Chemie erreicht Deutschland mit einem
Anteil von 9 % an den weltweiten FuE-Ausgaben hinter Japan und den Vereinigten
Staaten den dritten Rang.

Auf Produktgruppenebene zeigt sich allerdings, dass es sich innerhalb der Branchen
nicht um eine homogen zusammengesetzte Gruppe von Produkten handelt, sondern
dass in einer Branche ganz verschiedene Produktgruppen stecken können (Abbildung
3-11). Eine Zusammenstellung der Produktgruppen der gewichtigen deutschen Bran-
chen Kraftwagenbau, Maschinenbau und verschiedener elektrotechnischer Branchen
zeigt beispielsweise, dass die Gruppe der Pkw mit 6 % einen sehr geringen weltweiten
Forschungsteil aufweist, wohingegen der Kraftwagenbau insgesamt im weltweiten Ver-
gleich einen sehr hohen Forschungsanteil hat.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen   Globale Entwicklungen seit 1991   19
1991 - 2020
vbw – März 2012

Abbildung 3-11
Deutsche Anteile an der weltweiten Produktion, den Exporten und der Forschung
nach ausgewählten Produktgruppen, 2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Zurück auf der Branchenebene zeigt die Entwicklung im Zeitablauf, dass kaum eine
deutsche Branche gibt, die spürbare Anteilsverluste verzeichnen musste, vielmehr
konnten mit dem Kraftwagenbau und dem Luft- und Raumfahrzeugbau sogar zwei
Wirtschaftszweige Weltanteile bei Forschung und Entwicklung gewinnen (Abbildung 3-
12).

Der Blick auf die Industrieländer lässt hingegen bei einer Vielzahl der Branchen (Büro-
maschinen und DV-Geräten, Rundfunk- und Nachrichtentechnik, Maschinenbau sowie
Eisen und Stahl) deutliche Anteilsverluste (Abbildung 3-13) erkennen. Deutschland
konnte seine Produktions- und Forschungsanteile auch in diesen Branchen weitestge-
hend verteidigen. Insgesamt gelang es den deutschen Unternehmen sowohl in den
exportstarken Vorzeigebranchen Kraftwagenbau, Maschinenbau, Chemie als auch in
den weniger bedeutsamen Wirtschaftszweigen Produktion und Forschung im Inland zu
halten. Eine offensichtliche Schwäche unter den deutschen Branchen ist damit nicht
ersichtlich.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                                               Globale Entwicklungen seit 1991                                                             20
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Abbildung 3-12
Anteile Deutschlands an der weltweiten Produktion und Forschung in den jewei-
ligen Branchen im Überblick, 1991 bis 2009

               Nahrungs‐ und Genussmittel                                           Textilien und Bekleidung                                              Holz und Holzprodukte
30%                                                               30%                                                               30%
                                              Produktion                                                        Produktion                                                            Produktion
20%                                           Forschung           20%                                           Forschung           20%                                               Forschung

10%                                                               10%                                                               10%

 0%                                                               0%                                                                0%
      1991                    2000                        2009          1991                    2000                         2009         1991                       2000                          2009

                Papier und Druckerzeugnisse                                          Mineralölverarbeitung                                                      Chemie
 30%                                                              30%                                                               30%
                                              Produktion                                                        Produktion                                                            Produktion
 20%                                          Forschung           20%                                           Forschung           20%                                               Forschung

 10%                                                              10%                                                               10%

 0%                                                                0%                                                                0%
       1991                    2000                       2009           1991                   2000                        2009           1991                      2000                         2009

                          Pharma                                                  Gummi- und Kunststoffwaren                                                Glas und Keramik
 30%                                                              30%                                                               30%
                                              Produktion                                                        Produktion                                                            Produktion
 20%                                          Forschung           20%                                           Forschung           20%                                               Forschung

 10%                                                              10%                                                               10%

 0%                                                                0%                                                                0%
       1991                    2000                        2009          1991                    2000                        2009          1991                       2000                         2009

                       Eisen und Stahl                                              Nichteisenhaltige Metalle                                               Metallerzeugnisse
 30%                                                              30%                                                               30%
                                              Produktion                                                        Produktion                                                            Produktion
 20%                                          Forschung           20%                                           Forschung           20%                                               Forschung

 10%                                                              10%                                                               10%

 0%                                                                0%                                                                0%
       1991                    2000                        2009          1991                   2000                        2009           1991                      2000                         2009

                      Maschinenbau                                               Büromaschinen und DV-Geräte                                      Geräte zur Elektrizitätserzeugung
 30%                                                              30%                                                               30%
                                              Produktion                                                        Produktion                                                            Produktion
 20%                                          Forschung           20%                                           Forschung           20%                                               Forschung

 10%                                                              10%                                                               10%

  0%                                                               0%                                                                0%
       1991                    2000                        2009          1991                    2000                        2009          1991                       2000                         2009

              Rundfunk- und Nachrichtentechnik                            Medizin-, Mess- und Steuerungstechnik                                              Kraftwagenbau
 30%                                                              30%                                                               30%
                                              Produktion                                                        Produktion
 20%                                          Forschung           20%                                           Forschung           20%

 10%                                                              10%                                                               10%
                                                                                                                                                                                      Produktion
                                                                                                                                                                                      Forschung
 0%                                                                0%                                                                0%
       1991                    2000                       2009           1991                    2000                        2009          1991                      2000                         2009

                        Schiffsbau                                                 Luft- und Raumfahrzeugbau                                              Schienenfahrzeugbau
 30%                                                              30%                                                               30%
                                              Produktion                                                        Produktion                                                            Produktion
 20%                                          Forschung           20%                                           Forschung           20%                                               Forschung

 10%                                                              10%                                                               10%

  0%                                                               0%                                                                0%
       1991                    2000                        2009          1991                    2000                        2009          1991                       2000                         2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                                     Globale Entwicklungen seit 1991                                        21
1991 - 2020
vbw – März 2012

Abbildung 3-13
Anteile der Industrieländer insgesamt an der weltweiten Produktion und For-
schung in den jeweiligen Branchen im Überblick, 1991 bis 2009

                 Nahrungs- und Genussmittel                            Textilien und Bekleidung                                     Holz und Holzprodukte
 100%                                                    100%                                                     100%

  50%                                                    50%                                                      50%

                   Produktion                                            Produktion                                                Produktion
                   Forschung                                             Forschung                                                 Forschung
  0%                                                      0%                                                       0%
        1991                    2000              2009          1991                   2000                2009          1991                    2000               2009

                 Papier und Druckerzeugnisse                               Mineralölverarbeitung                                           Chemie
 100%                                                    100%                                                     100%

                                                          50%                                                     50%

                   Produktion                                            Produktion                                                Produktion
                   Forschung                                             Forschung                                                 Forschung
 50%                                                      0%                                                       0%
        1991                    2000              2009          1991                   2000                2009          1991                    2000               2009

                           Pharma                                      Gummi- und Kunststoffwaren                                     Glas und Keramik
 100%                                                    100%                                                     100%

  50%                                                    50%                                                      50%

                   Produktion                                            Produktion                                                Produktion
                   Forschung                                             Forschung                                                 Forschung
  0%                                                      0%                                                       0%
        1991                    2000              2009          1991                   2000                2009          1991                    2000               2009

                       Eisen und Stahl                                   Nichteisenhaltige Metalle                                    Metallerzeugnisse
 100%                                                    100%                                                     100%

 50%                                                      50%                                                     50%

                   Produktion                                            Produktion                                                Produktion
                   Forschung                                             Forschung                                                 Forschung
  0%                                                      0%                                                       0%
        1991                    2000              2009          1991                   2000                2009          1991                    2000               2009

                      Maschinenbau                                     Büromaschinen und DV-Geräte                              Geräte zur Elektrizitätserzeugung
 100%                                                    100%                                                     100%

 50%                                                      50%                                                      50%

                   Produktion                                             Produktion                                                Produktion
                   Forschung                                              Forschung                                                 Forschung
  0%                                                      0%                                                        0%
        1991                    2000              2009          1991                   2000                2009          1991                    2000               2009

               Rundfunk- und Nachrichtentechnik                    Medizin-, Mess- und Steuerungstechnik                                Kraftwagenbau
 100%                                                    100%                                                     100%

  50%                                                    50%                                                      50%

                   Produktion                                            Produktion                                                Produktion
                   Forschung                                             Forschung                                                 Forschung
  0%                                                      0%                                                       0%
        1991                    2000              2009          1991                   2000                2009          1991                    2000               2009

                         Schiffsbau                                     Luft- und Raumfahrzeugbau                                    Schienenfahrzeugbau
 100%                                                    100%                                                     100%

  50%                                                                                                             50%

                   Produktion                                            Produktion                                                Produktion
                   Forschung                                             Forschung                                                 Forschung
  0%                                                     50%                                                       0%
        1991                    2000              2009          1991                   2000                2009          1991                    2000               2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                        Globale Entwicklungen seit 1991                                             22
1991 - 2020
vbw – März 2012

3.3.2       Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen

Der Blick auf die Wertschöpfungsstrukturen ergänzt die bisherigen Erkenntnisse zur
globalen Stellung Deutschlands sowie zu den deutschen Besonderheiten und gibt dar-
über hinaus Hinweise auf die Außenhandelsstrategie deutscher Unternehmen.

Zunächst zeigt die ex post Betrachtung der globalen Wertschöpfungsstrukturen des
deutschen Handels, dass die Anteile der Verwendungskomponenten während des ge-
samten Betrachtungszeitraums annähernd konstant geblieben sind. So machten die
Vorleistungsgüter in den vergangenen 20 Jahren über die Hälfte aller deutschen Ex-
porte aus. Die Konsum- und Investitionsgüter fielen mit jeweils einem Viertel ins Ge-
wicht. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den deutschen Importen.

3.3.2.1 Vorleistungsgüter

Deutschlands Handelsbeziehungen sind nach wie vor sehr europäisch geprägt. Sowohl
die Importe als auch die Exporte Deutschlands kommen bzw. gehen überwiegend nach
Europa. Konkret bezieht Deutschland 75 % seiner Vorleistungen aus dem europäi-
schen Ausland. Dieser Anteil blieb während des Betrachtungszeitraums relativ kon-
stant. Werden die Bezugsregionen der Vorleistungsgüter im Detail betrachtet, zeigt
sich deutlich, dass der Importanteil aus mittel- und osteuropäischen Ländern spürbar
zugenommen hat (Abbildung 3-14). Im Jahr 1991 wurden lediglich rund 2 % der ge-
samten Vorleistungsimporte aus Mittel- und Osteuropa bezogen, 2009 waren es be-
reits 18 %. Die mittel- und osteuropäischen Länder haben in besonderem Maße aufge-
holt und an außenwirtschaftlicher Bedeutung gewonnen.

Abbildung 3-14
Anteile der deutschen Vorleistungsimporte nach Handelsregionen, 1991 und
2009

                                       1991                                                                        2009

                                 21%
                                                                                                           25%

                            2%

                                                                                                                                57%
                                                                                                         18%
                                                77%

        Europa (ohne Mittel- u. Osteuropa)   Mittel- und osteuropäische Länder      Europa (ohne Mittel- u. Osteuropa)   Mittel- und osteuropäische Länder
        Außereuropäische Regionen                                                   Außereuropäische Regionen

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                      Globale Entwicklungen seit 1991                                 23
1991 - 2020
vbw – März 2012

Der Kraftwagenbau ist im Bereich der Vorleistungsgüter exemplarisch für eine spürba-
re Verlagerung der Importe in Richtung der mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaf-
ten (Abbildung 3-15). Der deutsche Kraftwagenbau importiert bereits heute 36 % der
Vorleistungsgüter aus den aufstrebenden Volkswirtschaften Europas.

Abbildung 3-15
Anteile der deutschen Vorleistungsimporte im Kraftwagenbau nach Ländergrup-
pen, 1991 bis 2009

  100%
                                                                      Schwellenländer

   90%

                                                                 Mittel- und osteuropäische
   80%                                                                      Länder

   70%

   60%

   50%

   40%

                                                                      Industrieländer
   30%

   20%

   10%

    0%
         1991

                1992

                       1993

                              1994

                                     1995

                                            1996

                                                   1997

                                                          1998

                                                                     1999

                                                                             2000

                                                                                    2001

                                                                                              2002

                                                                                                     2003

                                                                                                            2004

                                                                                                                   2005

                                                                                                                          2006

                                                                                                                                 2007

                                                                                                                                        2008

                                                                                                                                               2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Trotz der Dominanz innereuropäischen Handels gewann China als Handelspartner für
Deutschland stetig mehr Gewicht und ist in einigen Branchen und Verwendungsberei-
chen bereits der wichtigste Handelspartner. Dies gilt bei Exporten und Importen gleich-
ermaßen.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                       Globale Entwicklungen seit 1991                                 24
1991 - 2020
vbw – März 2012

Die Branche der Büromaschinen und DV-Geräte beispielsweise importiert anders als
der Kraftwagenbau den überwiegenden Teil der Vorleistungen aus China (Abbildung 3-
16), im Jahr 2009 waren es 45 %. Die Art der Internationalisierung unterscheidet sich
in den beiden Branchen damit deutlich.

Abbildung 3-16
Anteile der deutschen Vorleistungsimporte im Bereich der Büromaschinen und
DV-Geräte nach Ländern, 1991 bis 2009

  100%

   90%

   80%                                                             Restliche Länder

   70%

   60%
                                                                 Vereinigtes Königreich

   50%
                                                                           Südkorea
                                                                         Irland
   40%                                                           Tschechische Republik

   30%
                                                                             USA

   20%

                                                                          Niederlande
   10%

                                                                            China
    0%
         1991

                1992

                       1993

                              1994

                                     1995

                                            1996

                                                   1997

                                                          1998

                                                                   1999

                                                                              2000

                                                                                        2001

                                                                                               2002

                                                                                                      2003

                                                                                                             2004

                                                                                                                    2005

                                                                                                                           2006

                                                                                                                                  2007

                                                                                                                                         2008

                                                                                                                                                2009

Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

3.3.2.2 Konsumgüter

Ebenso wie die Vorleistungen werden in Deutschland auch Konsum- und Investitions-
güter zu einem Großteil aus Europa importiert und in die europäischen Länder expor-
tiert. Innerhalb Europas holen, wie bei den Vorleistungen auch, die mittel- und osteuro-
päischen Länder – zulasten der restlichen europäischen Länder – merklich auf. Wäh-
rend sich jedoch die Abnehmerstruktur exportierter deutscher Konsumgüter im Zeitab-
lauf kaum verändert hat, lassen sich bei den deutschen Konsumgüterimporten in den
vergangenen Jahren durchaus Anteilsveränderungen zwischen den Lieferländern be-
obachten (Abbildung 3-17).
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                       Globale Entwicklungen seit 1991                                25
1991 - 2020
vbw – März 2012

Abbildung 3-17
Anteile der deutschen Konsumimporte nach Ländern, 1991 bis 2009

 100%

  90%

  80%                                                             Restliche Länder

  70%

  60%                                                           Vereinigtes Königreich
                                                                       Schweiz
  50%                                                                  Spanien
                                                                        Polen
                                                                            USA
  40%
                                                                           Belgien

  30%                                                                 Niederlande

                                                                            Italien
  20%

                                                                          Frankreich
  10%
                                                                            China
   0%
        1991

               1992

                      1993

                             1994

                                    1995

                                           1996

                                                  1997

                                                         1998

                                                                   1999

                                                                              2000

                                                                                       2001

                                                                                              2002

                                                                                                     2003

                                                                                                            2004

                                                                                                                   2005

                                                                                                                          2006

                                                                                                                                 2007

                                                                                                                                        2008

                                                                                                                                               2009
Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Der Importanteil aus dem europäischen Raum ist im Konsumgüterbereich während des
Betrachtungszeitraums sukzessive zurückgegangen. Entsprechend ist der Importanteil
aus dem nichteuropäischen Ausland von 27 % im Jahr 1991 auf 37 % im Jahr 2009
gestiegen. Dieser Anteilsgewinn ist dabei allein auf den Bedeutungszuwachs Chinas
zurückzuführen. Die Volksrepublik ist mit einem Anteil von rund 18 % heute der wich-
tigste Lieferant von Konsumgütern für Deutschland. Aus chinesischer Perspektive wur-
den im Jahr 2009 lediglich 7 % der aller Konsumgüterexporte nach Deutschland gelie-
fert. Dieser Anteil ist über die Zeit vergleichsweise konstant. Von höherer Bedeutung ist
Deutschland im Konsumgüterbereich dagegen für seine europäischen Partnerländer.

3.3.2.3 Investitionsgüter

Im Bereich der Investitionsgüter war Frankreich im Jahr 2009 der wichtigste Lieferant
für Deutschland, gefolgt von den Vereinigten Staaten (Abbildung 3-18). Seit 2000 sind
die Importanteile aus den Vereinigten Staaten allerdings spürbar rückläufig. Dieser
Anteilsverlust geht zugunsten Chinas und Südkoreas. Hervorzuheben ist zudem, dass
unter den mittel- und osteuropäischen Ländern nicht, wie bei den anderen Verwen-
dungszwecken, ausschließlich die Tschechische Republik oder Polen von zentraler
Bedeutung als Zulieferer waren, sondern Ungarn im Zeitablauf an Importanteilen ge-
winnen konnte.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen                       Globale Entwicklungen seit 1991                               26
1991 - 2020
vbw – März 2012

Abbildung 3-18
Anteile der deutschen Investitionsgüterimporte nach Ländern, 1991 bis 2009

 100%

  90%                                                             Restliche Länder

  80%                                                           Tschechische Republik
                                                                     Niederlande
                                                                        Ungarn
  70%                                                                 Südkorea
                                                                Vereinigtes Königreich

  60%                                                                     Japan

                                                                           Italien
  50%
                                                                         Schweiz
                                                                         Österreich
  40%                                                                      China

  30%
                                                                           USA

  20%

  10%                                                                    Frankreich

   0%
        1991

               1992

                      1993

                             1994

                                    1995

                                           1996

                                                  1997

                                                         1998

                                                                  1999

                                                                             2000

                                                                                      2001

                                                                                             2002

                                                                                                    2003

                                                                                                           2004

                                                                                                                  2005

                                                                                                                         2006

                                                                                                                                2007

                                                                                                                                       2008

                                                                                                                                              2009
Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012

Jede Branche wählt folglich die für sie optimale Anpassungsstrategie an die immer
globaler werdenden Rahmenbedingungen. Gemeinsam ist allen Branchen der Trend
zur Verlagerung von den Industrieländern hin zu den aufstrebenden Volkswirtschaften,
seien es die mittel- und osteuropäischen Länder oder die Schwellenländer und hier vor
allem China.

Zusammenfassend gilt festzuhalten: Die zunehmende Internationalisierung der deut-
schen Wirtschaft zeigt sich zum einen in der Branchenbetrachtung. Der jeweilige Grad
der Außenhandelsverflechtung (Anteil an Importen und Exporten) in den einzelnen
Branchen ist trotz drastisch steigender Handelsvolumina konstant geblieben ist. Damit
exportieren und importieren deutsche Unternehmen heute deutlich mehr als noch zu
Beginn der 1990er Jahre. Zum anderen zeigt sich die Internationalisierung in der Län-
derbetrachtung. Es kamen neue Handelspartner aus den Schwellenländern und den
mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften hinzu. Die Internationalisierung hat da-
mit zwei Dimensionen: mehr Außenhandelsvolumen und mehr Handelspartner.
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