Globalisierung - Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen 1991-2020 - Studie Eine vbw Studie, erstellt von Prognos AG Stand: März 2012 ...
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Studie Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen 1991-2020 Eine vbw Studie, erstellt von Prognos AG Stand: März 2012 www.vbw-bayern.de
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Vorwort X 1991 - 2020 vbw – März 2012 Vorwort Die Industrie ist Bayerns und Deutschlands Zukunft Globalisierung ist nicht nur ein Schlagwort. Die zunehmende Internationalisierung und weltweite Vernetzung der Wirtschaft ist eine ganz reale Entwicklung, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten massiv intensiviert hat, vor allem dank des Auftretens der so genannten Schwellenländer auf den globalen Märkten. Vor allem China wächst äußerst dynamisch und gewinnt immer mehr an Gewicht. Durch diesen Prozess verändern sich die globalen Wertschöpfungsketten und in die- sem Zug auch die relativen Gewichte von Volkswirtschaften in den verschiedensten Bereichen. Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft hat von der Prognos AG untersu- chen lassen, welche Veränderungen es in den weltweiten Wertschöpfungsprozessen in den letzten Jahren gegeben hat – differenziert nach Produktion, Außenhandel sowie Forschung und Entwicklung. Aufbauend auf einer detaillierten ex-post-Analyse können auch Erkenntnisse für die kommenden Jahre gewonnen werden. Die Studie belegt die zunehmende Verlagerung von Wertschöpfung aus den Industrie- ländern in die Emerging Markets, allen voran nach China. Ein entscheidender Befund ist, dass sich Deutschland von den übrigen Industriestaaten abheben und seine Positi- on in der Welt behaupten konnte. Dieses Ergebnis bestätigt uns in unserem klaren Bekenntnis zur Industrie. Das Verar- beitende Gewerbe hat in Bayern und Deutschland ein deutlich höheres Gewicht als in anderen entwickelten Volkswirtschaften. Dies ist die Basis für unseren Erfolg. Die vorliegende Studie zeichnet auch für das kommende Jahrzehnt ein optimistisches Bild: Deutschland kann seine Stellung halten. Dies ist jedoch kein Selbstläufer: Wir müssen uns kontinuierlich und konsequent weiter entwickeln. Das heißt insbesondere, dass wir den Strukturwandel hin zur hybriden Wertschöpfung fortsetzen und dass wir auf die Erfolgsfaktoren Innovation, F+E sowie Internationalisierung setzen. Eine erfolgreiche Industrie ist die Basis für Wachstum und Beschäftigung in allen Bran- chen und damit für Wohlstand in unserer Gesellschaft. Bertram Brossardt 26. März 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Inhalt X 1991 - 2020 vbw – März 2012 Inhalt 1 Executive Summary ..................................................................................... 2 2 Einleitung ...................................................................................................... 4 2.1 Hintergrund ..................................................................................................... 4 2.2 Ziel und Konzeption des Welthandelsmodells ................................................ 5 3 Globale Entwicklungen seit 1991 ................................................................ 7 3.1 Was wird weltweit produziert, gehandelt und erforscht? ................................ 7 3.2 Wer produziert, handelt und forscht in der Welt? ......................................... 10 3.2.1 China und die BRI(C)-Staaten ...................................................................... 13 3.2.2 Industrieländer .............................................................................................. 14 3.3 Deutschland im Fokus .................................................................................. 16 3.3.1 Deutschlands Position bei Produktion, Handel und FuE .............................. 16 3.3.2 Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen ................................................. 22 4 Globale Entwicklungen bis 2020 ............................................................... 27 4.1 Die globalen Rahmenbedingungen .............................................................. 27 4.2 Zukunft von Produktion, Außenhandel und Forschung ................................ 28 4.3 Zukünftige Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen aus Sicht Deutschlands ................................................................................................ 30 4.3.1 Vorleistungsgüter.......................................................................................... 31 4.3.2 Konsumgüter ................................................................................................ 33 4.3.3 Investitionsgüter ........................................................................................... 33 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 35 Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 36 Ansprechpartner / Impressum ...................................................................................... 37
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Executive Summary 2 1991 - 2020 vbw – März 2012 1 Executive Summary Flexible Anpassungsstrategien sichern Wettbewerbssicherheit Die vorliegende Studie zeigt die Entwicklung der internationalen Wertschöpfungsstruk- turen in einem bisher nicht möglichen Detaillierungsgrad. Die Möglichkeit, nach Bran- chen, Ländern, Produktgruppen, Forschungsintensität und Verwendungszweck zu un- terscheiden, erlaubt differenzierte Aussagen zu den Außenhandelsstrategien deutscher Unternehmen. Darüber hinaus schafft die länderübergreifende Analyse der weltweiten Produktion, des Außenhandels und der Forschung den Rahmen globale Trends aufzu- decken und den Stand sowie die Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung aufzu- zeigen. Die konsistente Totalanalyse berücksichtigt sämtliche globale Entwicklungen. Globale Außenhandelsverflechtungen und internationale Austauschbeziehungen sowie die Bedeutung einzelner Volkswirtschaften und Ländergruppen für die Weltwirtschaft werden im Zeitverlauf betrachtet, um so ein umfassendes Bild der Globalisierung zu zeichnen. Folgende Erkenntnisse sind festzuhalten: - Das Volumen der weltweiten Exporte hat sich von 1991 bis 2009 vervierfacht, das der weltweiten Produktion und Forschung verdoppelt. - Trotz steigender Volumina wird heute weitestgehend in denselben Branchen zu gleichen Anteilen produziert, gehandelt und geforscht wie 1991. - Die Nahrungs- und Genussmittelindustrie macht den größten Anteil an der Welt- produktion, der Kraftwagenbau am Außenhandel und die Pharmaindustrie an den weltweiten FuE-Ausgaben aus. - Im Gegensatz zu der Branchenstruktur zeigt sich die Länderstruktur sehr dyna- misch, das heißt in der weltweiten Produktion, dem Handel und der Forschung gewinnen weitere Länder an Bedeutung. - In allen drei Bereichen zeigt sich ein gemeinsamer Trend von den Industrieländern hin zu den aufstrebenden Volkswirtschaften. Dies spiegelt sich in Anteilsverlusten auf Seiten der industrialisierten Länder wider. - Der Verlagerungstrend ist in der Produktion und im Handel deutlich ausgeprägter als in der Forschung. - Der Bedeutungsgewinn der Schwellenländer wird stark von der Dynamik Chinas getragen. Die übrigen BRI(C)-Staaten spielen nur eine untergeordnete Rolle. - Deutschland gelingt es im Vergleich zu der aggregierten Gruppe der Industrielän- der seine Weltanteile an der Produktion, am Handel und der Forschung konstant zu halten.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Executive Summary 3 1991 - 2020 vbw – März 2012 - Zentrale Branchen für die exportorientierte Volkswirtschaft Deutschland sind der Luft- und Raumfahrzeugbau, der Kraftwagenbau, der Maschinenbau, verschiede- ne elektrotechnische Branchen sowie die Chemische Industrie. - Im Beobachtungszeitraum zeigt sich, dass kaum eine deutsche Branche an Welt- anteilen verloren hat. In den Wirtschaftszweigen Kraftwagenbau sowie Luft- und Raumfahrzeugbau gelingt es Deutschland sogar seine Anteile auszubauen. - Deutschland hebt sich mit seiner Konstanz von der Entwicklung in anderen Indust- rieländern ab. - Die Betrachtung der globalen Wertschöpfungsstrukturen Deutschlands zeigt, dass die Anteile der Verwendungskomponenten Vorleistung, Konsum und Investition am Export und Import im Zeitverlauf annähernd konstant geblieben sind. - Deutschlands Handelsbeziehungen sind nach wie vor sehr europageprägt. - Die mittel- und osteuropäischen Länder sowie China gewinnen als Handelspartner im Zeitverlauf zunehmend an Gewicht, dabei haben die Branchen unterschiedliche Strategien. - Die vergangenen Trends werden sich auch in Zukunft fortsetzen und die globalen Entwicklungen bis zum Jahr 2020 prägen. - Die Weltproduktion, der globale Handel und die weltweiten FuE-Ausgaben werden in Zukunft weiter an Volumen zunehmen. - Die internationale Arbeitsteilung wird zukünftig weiter voranschreiten. - Die Schwellenländer (insbesondere China) werden weiter an Bedeutung hinzu gewinnen, während die mittel- und osteuropäischen Länder ihre Anteile weitestge- hend konstant halten. - Deutschland kann auch in Zukunft seine Position bei der Produktion, dem Export und der Forschung halten. - Die Wertschöpfungsstrukturen internationalisieren sich weiter. Dieser Prozess hat für Deutschland zwei Dimensionen: mehr Handel und mehr Handelspartner. - Den deutschen Unternehmen wird es durch flexible Anpassungsstrategien auch in Zukunft gelingen die Herausforderungen der Globalisierung zu überwinden. - Die deutsche Wettbewerbsfähigkeit basiert auf einer flexiblen Import- und Ex- portstruktur sowie der konstanten Forschungsintensität.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Einleitung 4 1991 - 2020 vbw – März 2012 2 Einleitung Globalisierung greifbar machen 2.1 Hintergrund Seit den 1990er Jahren erfährt der Begriff Globalisierung in Deutschland und in vielen anderen Ländern eine zunehmende Verbreitung. Heute gehört er in den gängigen Sprachgebrauch und wird kaum mehr hinterfragt. Welche Entwicklungen bezeichnet Globalisierung jedoch im Detail? Generell meint Globalisierung eine zunehmende in- ternationale ökonomische Verflechtung, die sich unter anderem in einer Internationali- sierung der globalen Wertschöpfungsstrukturen widerspiegelt. Zum Prozess der Globa- lisierung gehört sowohl ein zunehmender internationaler Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Kapital als auch die Wanderung von Menschen. Die Liberalisie- rung des Welthandels spielt bei der Ausweitung der internationalen Wertschöpfungs- ketten die zentrale Rolle. Globalisierung stellt jedoch keinesfalls ein neues Phänomen dar, sondern fand schon lange vor der Verbreitung des Globalisierungsbegriffs statt. Bereits im 18. Jahrhundert hatte der internationale Güteraustausch eine erhebliche Bedeutung für Deutschland und andere Volkswirtschaften. Gleichwohl erreicht die Glo- balisierung und damit auch die Ausweitung sowie Internationalisierung der globalen Wertschöpfungsketten mit dem wirtschaftlichen Aufstieg der Schwellenländer eine neue Dimension und gewinnt mit der Zunahme des globalen Dienstleistungshandels an Tiefe. Der Prozess der Globalisierung mit über Staaten und Kontinente reichenden Wert- schöpfungsketten stellt für die industrialisierten Volkswirtschaften eine besondere Her- ausforderung dar. Die abnehmende Sicherheit einzelner Branchen infolge der fort- schreitenden weltwirtschaftlichen Integration und die zunehmende internationale Ar- beitsteilung ziehen vielfach einen Anpassungsdruck nach sich und beschleunigen den wirtschaftlichen Strukturwandel. Ursächlich ist die wachsende Bedeutung internationa- ler Konkurrenz für einheimische Unternehmen und die damit verbundene Wettbe- werbsverschärfung. Darüber hinaus wirken auch die Veränderungen der Nachfra- gestruktur infolge des dynamischen Wachstums der aufstrebenden Volkswirtschaften in Richtung struktureller Anpassungen. Die ausländische Nachfrage gewinnt an Ge- wicht und beeinflusst verstärkt Produktgestaltung und die Internationalisierungsstrate- gie einzelner Unternehmen. Offshoring und Outsourcing werden zu erfolgversprechen- den strategischen Optionen. Die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten und die Globalisierung im Allge- meinen bieten auf der einen Seite Chancen, da sie unter anderem strukturelle Proble- me nicht nur offenlegen, sondern durch den Anpassungsdruck zur Überwindung bei- tragen. Damit ist die Globalisierung als eine Art Katalysator des Strukturwandels und hilft letztlich dabei, komparative Vorteile einer Volkswirtschaft zu erkennen. Denjenigen Unternehmen, denen es gelingt, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten,
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Einleitung 5 1991 - 2020 vbw – März 2012 bietet eine Internationalisierung zudem massiv ausgeweitete Absatzmöglichkeiten. Auf der anderen Seite birgt die Globalisierung die Gefahr, im internationalen Wettbewerb zu verlieren und damit Arbeitsplätze und Wohlstand der Industrieländer zu gefährden. Diesen Herausforderungen kann man nur durch Flexibilität der Unternehmen und steti- ge Innovationen begegnen. Deutschland ist aufgrund seiner ausgeprägten Exportorientierung besonders stark von globalen Entwicklungen und den damit verbundenen Herausforderungen betroffen. Eine Analyse der Globalisierung und Entwicklung der internationalen Wertschöpfungs- strukturen ist somit zugleich eine Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung Deutsch- lands. Die vorliegende Studie greift die Interdependenzen der globalen und der deut- schen Entwicklung auf und widmet beiden die notwendige Aufmerksamkeit. Dabei wird neben einer umfassenden ex post Analyse der Blick in die Zukunft gewagt. 2.2 Ziel und Konzeption des Welthandelsmodells Das Tempo der Internationalisierung hat sich in den vergangenen Jahren merklich er- höht. Neben eine fortschreitende europäische Integration traten weltweit zunehmende Handelsvolumina und eine Verdichtung der internationalen Verflechtungen. Um diese Entwicklungen und Veränderungen fassbar zu machen, bedarf es einer umfassenden Analyse der globalen Wertschöpfungsstrukturen sowie der Produktions- und Handels- ströme der letzten 20 Jahre. Das Welthandelsmodell der Prognos erlaubt es, durch die Datenaufbereitung auf Produktgruppenebene eine solche Analyse für die bedeutends- ten Industrieländer und die wichtigsten Schwellenländer auf einer sehr detaillierten Ebene durchzuführen. Diese Bestandsaufnahme zeigt die Veränderung der Wert- schöpfungsstrukturen im Detail auf, bringt Klarheit in den Sammelbegriff „Globalisie- rung“ und bildet die Grundlage für eine exakte Positionsbestimmung Deutschlands. Für insgesamt 40 Ländern mit über 3.000 Gütergruppen können für den Zeitraum 1991- 2009 Veränderungen der wirtschaftlichen Austauschbeziehungen der Volkswirtschaf- ten untereinander in einem bisher noch nicht möglichen Detaillierungsgrad dargestellt werden. Dazu wurden die Gütergruppen mit diversen Merkmalen ausgestattet. Jede einzelne Warengruppe erhält im Modell einen „Rucksack“ mit verschiedenen ökonomischen Eigenschaften wie: - Branchenzugehörigkeit nach 27 Branchen des primären und sekundären Sektors - Verwendungszugehörigkeit nach Vorleistung, Konsum und Investition - Forschungsintensität - Technologiezugehörigkeit nach 32 Technologiegruppen. Die vorgenommenen Zuteilungen und Verknüpfungen ökonomischer Daten ermögli- chen es, die notwendige Trennschärfe bei hochdifferenzierten Fragestellungen und Analysen zu gewährleisten, da die Informationen sowohl auf detaillierter Produktgrup- penebene als auch auf unterschiedlichen Aggregationsebenen wie beispielsweise Branchen, Ländern und Technologien vorliegen und ausgewertet werden können. We- der die gesamtwirtschaftliche noch die globale Sicht wird somit vernachlässigt. Das
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Einleitung 6 1991 - 2020 vbw – März 2012 Welthandelsmodell vereint die Vorteile einer Bottom-Up- und einer Top-Down-Analyse. Mit dem Welthandelsmodell ist es nun möglich, die Entwicklungen der Industrie- und Schwellenländer erstmals detailliert und konsistent zu analysieren und darauf aufbau- end einen Blick in die Zukunft zu richten. Das Modell erlaubt umfassende Aussagen und quantitative Darstellungen zum Themenfeld Globalisierung und liefert zudem eine Vielzahl von Erkenntnissen bezüglich der globalen Wertschöpfungsstrukturen sowie der internationalen Arbeitsteilung in Fertigung und Forschung. Quantitative Auswertungen in dieser Form waren bisher nicht möglich. Bei existieren- den Untersuchungen handelt es sich oftmals um Partialanalysen, die zudem nur an der Oberfläche der Verflechtungen ansetzen. Die Schwierigkeit lag unter anderem in der Inkonsistenz von Daten. Dieses Problem konnte durch die Entwicklung spezieller Um- steigeschlüssel gelöst werden. Die konsistente Datenbasis schafft die Grundlage für diese Studie und trägt maßgeblich zum Funktionieren des Welthandelsmodells bei. Die Datenkompatibilität fordert dabei gewisse Abstriche im Detaillierungsgrad der Darstel- lung der einzelnen Entwicklungen. Teilweise müssen deshalb Abstraktionen von der Realität in Kauf genommen werden. Mit Hilfe dieses Modells gelingt erstmals die Kon- zeption einer Totalanalyse globaler ökonomischer Austauschbeziehungen und Ver- flechtungen. Der Blick in die Zukunft der Globalisierung gewinnt an Schärfe und Treff- sicherheit.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 7 1991 - 2020 vbw – März 2012 3 Globale Entwicklungen seit 1991 Internationale Arbeitsteilung und Verdichtung der Wertschöpfungsstrukturen Die Bedeutung der Globalisierung für die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt sich an folgenden Größen: Die weltweiten Exporte haben sich seit 1991 nahezu vervierfacht, die globale Industrieproduktion und die weltweiten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) mehr als verdoppelt. In diesem Zusammenhang ist interessant, welche Dynamik die Branchenentwicklung in den drei genannten Berei- chen in der Vergangenheit gezeigt und wie sich die Handelsstrukturen nach Ländern verändert haben. Beide Aspekte werden im Folgenden untersucht, bevor die Position Deutschlands im Umfeld einer zunehmenden Internationalisierung analysiert wird. 3.1 Was wird weltweit produziert, gehandelt und erforscht? Die ex post-Betrachtung zeigt, dass die Entwicklung der weltweiten Produktionsanteile in den relevanten 27 Branchen in den vergangenen 20 Jahren trotz steigender Volumi- na relativ beständig war. Abbildung 3-1 Anteile der Branchen an der Weltproduktion, 1991 bis 2009 100% 90% 80% 70% Land- und Forstwirtschaf t, Jagd und Fischerei Textilien und Bekleidung 60% Eisen und Stahl Mineralölverarbeitung Papier und 50% Druckerzeugnisse Rundf unk- und Nachrichtentechnik 40% Metallerzeugnisse Maschinenbau 30% Chemie 20% Kraf twagenbau 10% Nahrungs- und Genussmittel 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 8 1991 - 2020 vbw – März 2012 Keine der betrachten Branchen hat in Bezug auf die weltweiten Produktionsanteile übermäßig an Bedeutung auf Kosten einer anderen gewonnen. Die Nahrungs- und Genussmittelindustrie macht über den gesamten Zeitraum von 1991 bis 2009 den größten Anteil an der Weltproduktion aus (Abbildung 3-1). Die Herstellung von Produk- ten in diesem Sektor trug in den vergangenen Jahren mit einem konstanten Anteil von etwa 13 % zur Weltproduktion bei. Von höchster Relevanz sind zudem die Sektoren Kraftwagenbau, Chemie (exklusive Pharma) und Maschinenbau. Die zunehmende Bedeutung des Außenhandels ist am massiv steigenden Handelsvo- lumen erkennbar. Der Blick in die Branchenentwicklung offenbart hier ein mit der Pro- duktion vergleichbares Bild. Die Anteilsverschiebungen zwischen den Branchen verän- derten sich deutlich weniger dynamisch als das Handelsvolumen (Abbildung 3-2). Mit einem Anteil von weltweit über 10 % im Jahr 2009 gehörte der Kraftwagenbau nach wie vor zu den exportstärksten Wirtschaftszweigen. Nur leicht geringer waren die Ex- portanteile im Maschinenbau und in der Chemie. Diese machten etwa 10 % und 9 % am Weltanteil aus. Allein die Pharmabranche sticht in der Branchenbetrachtung heraus und zeigt sich in der Vergangenheit wachstumsstark. Ihr Exportwert hat sich im Zeit- raum seit 1991 verzehnfacht. In jüngster Zeit zeigt sich zudem ein leichter Rückgang im Bereich der Rundfunk-, Fernsehen- und Nachrichtentechnik. Abbildung 3-2 Anteile der Branchen am Welthandel, 1991 bis 2009 100% 90% 80% 70% Geräte zur Elektrizitätserzeugung Rundf unk- und 60% Nachrichtentechnik Medizin-, Mess-, Steuerungstechnik Bergbau (Energie) 50% Pharma Textilien und Bekleidung 40% Nahrungs- und Genussmittel Land- und Forstwirtschaf t, Jagd und Fischerei 30% Chemie 20% Maschinenbau 10% Kraf twagenbau 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 9 1991 - 2020 vbw – März 2012 Global betrachtet, gehört die Pharmabranche zu den forschungsintensivsten Wirt- schaftszweigen. Im Jahr 2009 entfielen etwa 18 % der gesamten FuE-Ausgaben auf die Pharmaindustrie (Abbildung 3-3). Diese Position ist, wie beim Außenhandel auch, insbesondere auf einen Anstieg in den vergangenen 10 Jahren zurückzuführen. Noch zwischen 1991 und 2005 gingen von der Rundfunk- und Nachrichtentechnik sowie dem Kraftwagenbau die meisten FuE-Ausgaben aus. Damals wie heute gehören die Wirt- schaftssektoren Maschinenbau und Chemie mit zu den forschungsintensivsten Wirt- schaftsbranchen. Während die Anteile des Maschinenbaus sowie des Kraftwagenbaus im Zeitverlauf relativ konstant blieben, ist der Anteil der FuE-Ausgaben in den Bran- chen Chemie und jüngst auch bei den Büromaschinen und DV-Geräten zurückgegan- gen. Insgesamt handelt es sich jedoch um moderate Verschiebungen. Abbildung 3-3 Anteile der Branchen an den weltweiten FuE-Ausgaben, 1991 bis 2009 100% 90% Büromaschinen und DV- Geräte 80% Geräte zur Elektrizitätserzeugung Chemie 70% Luf t- und Raumf ahrzeugbau 60% Maschinenbau 50% Medizin-, Mess- und Steuerungstechnik 40% Kraf twagenbau 30% 20% Rundf unk- und Nachrichtentechnik 10% Pharma 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Die Ergebnisse der Branchenbetrachtung erlauben es, ein gemeinsames Fazit für die weltweite Produktion, den Handel und die Forschung zu ziehen ist: Trotz steigender Volumina wird heute weitestgehend in denselben Branchen zu gleichen Anteilen pro- duziert, gehandelt und geforscht wie zu Beginn der 1990er Jahre. Ob dies auch im Ländervergleich zutrifft, wird im Folgenden überprüft.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 10 1991 - 2020 vbw – März 2012 3.2 Wer produziert, handelt und forscht in der Welt? Der Blick auf die Produktionsanteile der Ländergruppen – Industrieländer, Schwellen- länder und mittel- und osteuropäische Länder – lässt anders als in der Branchenbe- trachtung schnell eine Dynamik erkennen.1 Die Gruppe der Industrieländer hielt mit 63 % im Jahr 2009 die mit Abstand höchsten Anteile an der Weltproduktion, im Zeitver- lauf war ihr Anteil aber rückläufig. Der Produktionsanteil der Schwellenländer lag 2009 bei rund 33 % und damit deutlich niedriger als derjenige der Industrieländer, doch weist er eine steigende Tendenz auf. Die Industrieländer, die vor gut 20 Jahren noch knapp 90 % der weltweiten Produktion vereinten, verloren insbesondere in den vergangen 10 Jahren zu Gunsten der Schwellenländer an Bedeutung (Abbildung 3-4). Die mittel- und osteuropäischen Länder halten gemeinsam seit Beginn des neuen Jahrhunderts rund 5 % der globalen Produktion. Bei ihnen ist eine lediglich leicht steigende Tendenz zu erkennen. Abbildung 3-4 Anteile der Ländergruppen an der weltweiten Produktion, 1991 bis 2009 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Industrieländer Schwellenländer Mittel- und osteuropäische Länder Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 1 Die mittel- und osteuropäischen Länder werden separat ausgewiesen, da davon auszugehen ist, dass sie infolge der politischen und wirtschaftlichen Neustrukturierung von besonderer Bedeutung für Deutschland sind.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 11 1991 - 2020 vbw – März 2012 Im Bereich des internationalen Handels zeichnet sich ein ähnliches Bild. Während die industrialisierten Volkswirtschaften im Zeitablauf relativ an Bedeutung hinsichtlich des Weltexportes verloren, integrierten sich die Schwellenländer und auch die mittel- und osteuropäischen Länder immer mehr in den Welthandel und erlangten damit zuneh- mend an Bedeutung (Abbildung 3-5). Die Entwicklung des internationalen Handels unterscheidet sich von derjenigen der Produktion insbesondere durch die Stetigkeit, mit der die industrialisierten Länder seit den 1990er Jahren an Bedeutung verlieren und zudem dadurch, dass es den mittel- und osteuropäischen Ländern etwas besser ge- langt, sich Anteile am Welthandel zu sichern als an der weltweiten Produktion. Der Anteilsverlust der Industrieländer geht damit nicht ausschließlich zu Gunsten der Schwellenländer. Trotz dieser Verschiebungen zeigt sich ein eindeutiges Bild: Mit ei- nem Anteil von fast 70 % dominieren die Industrieländer nach wie vor den Welthandel, während die Schwellenländer 22 % und die mittel- und osteuropäischen Länder 7 % zu den weltweiten Exporten beitragen. Der Anteil der Industrieländer am internationalen Handel ist damit jedoch höher als an der weltweiten Produktion. Abbildung 3-5 Anteile der Ländergruppen am Welthandel, 1991 bis 2009 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Industrieländer Schwellenländer Mittel- und osteuropäische Länder Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Zu Beginn der 1990er Jahre fand Forschung ausschließlich in den Industriestaaten statt. Vor rund 15 Jahren haben die Schwellenländer zwar damit begonnen, eine For- schungslandschaft aufzubauen, konnten mit einem Forschungsanteil von zuletzt 17 %, gemessen an den weltweiten Forschungsausgaben, jedoch nicht ganz an ihre Erfolge in der Produktion oder im Export anknüpfen (Abbildung 3-6). Den mittel- und osteuro-
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 12 1991 - 2020 vbw – März 2012 päischen Ländern ist es bisher nicht gelungen, sich in der Forschung zu etablieren. Die industrialisierten Volkswirtschaften trugen im Jahr 2009 immerhin noch 80 % der For- schungsausgaben und dominieren damit die weltweite FuE deutlich. Die Länderstruktur in der internationalen Forschungslandschaft ist damit im Vergleich zur weltweiten Pro- duktion und zum internationalen Handel im Zeitablauf stabiler, die Entwicklung weist gleichwohl in dieselbe Richtung. Die Verlagerungstendenzen der Forschung steigen mit abnehmender Forschungsin- tensität: in forschungsintensiven Branchen wie dem Luft- und Raumfahrzeugbau, der IT oder der Pharmaindustrie konzentrieren sich nach wie vor rund 90 % der Forschung in den Industrieländern. Anders verhält es sich in forschungsarmen Branchen wie der Herstellung von Eisen und Stahl oder dem Schiffsbau, die zu rund 60 % in Schwellen- ländern forschen. Die Produktion verlagert sich hingegen in den forschungsintensiven Branchen etwas stärker in die Schwellenländer als dies im forschungsarmen Bereich der Fall ist. Abbildung 3-6 Anteile der Ländergruppen an den weltweiten FuE-Ausgaben, 1991 bis 2009 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Industrieländer Schwellenländer Mittel- und osteuropäische Länder Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Der Blick auf die Branchenebene zeigt, dass sich der Trend zu Verlagerungen in die Schwellenländer in sämtlichen Branchen bemerkbar macht. Hervorzuheben sind die Produktionsverlagerungen bei den Büromaschinen und DV-Geräten, in der Rundfunk- und Nachrichtentechnik, dem Maschinenbau sowie im Bereich von Eisen und Stahl. Insbesondere bei den letzten beiden Branchen fand auch eine Verlagerung der For- schung von den Industrie- in die Schwellenländer statt. Die mittel- und osteuropäischen
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 13 1991 - 2020 vbw – März 2012 Länder spielen insgesamt, trotz zunehmender Bedeutung insbesondere im internatio- nalen Handel, heute noch eine eher untergeordnete Rolle. Es gilt jedoch zu bedenken, dass es sich bei dieser Betrachtung um aggregierte Län- dergruppen handelt. Es ist folglich nicht gesagt, dass sämtliche Industrieländer Anteils- verluste bei Exporten, Produktion oder Forschung verzeichnen. Ebenso ist nicht klar, inwieweit die verstärkte internationale Integration der Schwellenländer von der Mehr- heit oder nur von wenigen aufstrebenden Volkswirtschaften getragen wird. Die folgen- den Darstellungen bringen hier Aufschluss, da sie zwischen dem wachstumsstarken China und den anderen BRI(C)-Staaten als aufsteigende Schwellenländer sowie zwi- schen Deutschland und der Gesamtheit der Industrieländer differenzieren. 3.2.1 China und die BRI(C)-Staaten Abbildung 3-7 Anteile Chinas und der BRI(C)-Staaten an der weltweiten Produktion, den Expor- ten und der Forschung im sekundären Sektor, 1992 bis 2009 25% 20% 15% 10% 5% 0% 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Produktion China Exporte China Forschung China Produktion BRI(C) Exporte BRI(C) Forschung BRI(C) Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 China hat in den vergangen 20 Jahren ein dynamisches Wirtschaftswachstum wie kein anderes Land vorzuweisen. Bereits heute hat China viele große Industrienationen ab- gehängt. So hat die Volksrepublik nicht nur Deutschland als Exportweltmeister, son- dern auch die Vereinigten Staaten als bedeutendsten Weltproduzenten abgelöst. Zu Beginn der 1990er Jahre betrug der chinesische Anteil an der Weltproduktion lediglich 5 % heute trägt das Land bereits rund ein Viertel der Weltproduktion. Trotz des unfehl- baren Charakters als klassische Werkbank, erlangt China eine zunehmende Bedeu-
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 14 1991 - 2020 vbw – März 2012 tung als Forschungsproduzent (Abbildung 3-7). Die mittlerweile zweitgrößte Volkswirt- schaft der Welt hat ihre FuE-Ausgaben im Vergleich zu 1992 verfünfzigfacht. Die ver- wendeten Indikatoren – Forschungsausgaben und die weltweit angemeldeten Patente – lassen jedoch keine Aussagen über Art und Qualität der chinesischen Forschung zu, sondern eignen sich, um Trends in der internationalen Forschungslandschaft aufzuzei- gen. Mittlerweile lässt sich der Beitrag Chinas an den weltweiten FuE-Ausgaben mit rund 14 % beziffern und liegt damit bereits höher als der deutsche Beitrag. In der Branche Büromaschinen und DV-Geräte trägt China mit Abstand den größten Beitrag zur globalen Produktion bei. Auch der chinesische Exportanteil in dieser Bran- che ist hervorzuheben. In der Textil- und Bekleidungsindustrie ist China sowohl in der Produktion und dem Export als auch in der Forschung weltweit führend. Insgesamt wurden im Zeitverlauf überwiegend Produktionsauslagerungen der forschungsintensi- ven Branchen nach China vorgenommen. Mit fast 30 % an der Weltproduktion in dieser Branchengruppe liegt der Beitrag höher als in forschungsarmen Branchen. Doch baut China seine Forschungsaktivitäten in forschungsarmen Branchen stärker aus. Hier hat die Globalisierung nach der Auslagerung der Fertigung eine weitere Stufe erreicht: die Verlagerung der Forschung und Entwicklung. Die übrigen BRI(C)-Staaten konnten mit der chinesischen Wachstumsdynamik der ver- gangenen Jahre nicht mithalten. Brasilien, Russland und Indien hatten vielmehr Schwierigkeiten, die an sie gestellten Erwartungen als anhaltend dynamische und auf- strebende Volkswirtschaften vollständig zu erfüllen. Diese Einschätzung bestätigt sich beim Blick auf die Entwicklung im Zeitablauf. Für die BRI(C)-Länder zeigt sich über die Zeit im Bereich der Forschung kein, bei der Produktion und den Exporten nur ein äu- ßerst schwacher Aufwärtstrend. Das Niveau, auf dem die Veränderungen stattfinden, ist zudem mit Weltanteilen von durchweg unter 5 % eher vergleichbar mit den mittel- und osteuropäischen Ländern als mit China. Die Unterschiede zwischen China und den übrigen BRI(C)-Staaten scheinen größer zu sein als die Gemeinsamkeiten. Die Bedeutung Brasiliens, Russlands und Indiens in der weltweiten Produktion, im in- ternationalen Handel und in der Forschung sind in der Mehrheit der Branchen zu ver- nachlässigen. Leicht höhere Anteile als in den übrigen Branchen zeigen die BRI(C)- Staaten im Bereich der nichteisenhaltigen Metalle sowie bei Eisen und Stahl. Die Be- deutung von Bodenschätzen ist hier sehr viel ausgeprägter als in China oder den in- dustrialisierten Volkswirtschaften. Die Dynamik und der Bedeutungsgewinn der Schwellenländer werden stark von China getragen. Die wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik ist ein entscheidender Treiber im Internationalisierungsprozess. 3.2.2 Industrieländer Die Gegenüberstellung der Anteile Deutschlands und der übrigen Industrieländer an der weltweiten Produktion, dem Handel und der Forschung im Zeitablauf zeigt, dass es der Bundesrepublik im Gegensatz zu der Gesamtheit der Industrieländer gelungen ist,
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 15 1991 - 2020 vbw – März 2012 ihre Weltanteile zu halten (Abbildung 3-8). Deutschland hebt sich mit dieser Konstanz von der Entwicklung der übrigen Industrieländer ab. Abbildung 3-8 Anteile Deutschlands und der Industrieländer insgesamt an der weltweiten Pro- duktion, den Exporten und der Forschung im sekundären Sektor, 1991 bis 2009 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Produktion Industrieländer Produktion Deutschland Export Industrieländer Export Deutschland Forschung Industrieländer Forschung Deutschland Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Die Vereinigten Staaten als größte Volkswirtschaft unter den Industrieländern sind in besonderem Maße von der chinesischen Dynamik betroffen und mussten Anteile ab- geben (Abbildung 3-9). Ihre Entwicklung prägt den Verlauf der Industrieländer. Im ers- ten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts verloren die Vereinigten Staaten spürbar an Welt- anteilen. Dieser Rückgang verlief in der Produktion und der Forschung nahezu parallel, der – ohnehin weniger bedeutende – Exportanteil war weniger stark rückläufig gleich- wohl wurden die Vereinigten Staaten hier sowohl von China als auch von Deutschland überholt.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 16 1991 - 2020 vbw – März 2012 Abbildung 3-9 Anteile der Vereinigten Staaten an der weltweiten Produktion, den Exporten und der Forschung im sekundären Sektor, 1991 bis 2009 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Produktion Exporte Forschung Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Die Unternehmen in Deutschland konnten sich im Gegensatz zu denjenigen in den Vereinigten Staaten und den der aggregierten Gruppe der Industrieländer im internati- onalen Wettbewerb behaupten. Sie setzten sich gegen die internationale Konkurrenz mit Erfolg durch. Diese Feststellung spricht dafür, dass sich die deutschen Unterneh- men um stetige Innovationen bemühen und zudem flexibel auf die globalen Rahmen- bedingungen reagieren. Eine Detailbetrachtung der Situation Deutschlands bringt wei- teren Aufschluss darüber, wie die Bundesrepublik heute international aufgestellt ist. 3.3 Deutschland im Fokus 3.3.1 Deutschlands Position bei Produktion, Handel und FuE Deutschland gilt als einer der wichtigsten Global Player der Weltwirtschaft. Im Jahr 2008 musste jedoch der einstige Exportweltmeister seinen Titel an China abtreten. Nach wie vor zeigt sich allerdings an den hohen Weltanteilen der Ausfuhren der ein- zelnen Branchen die deutlich ausgeprägte Exportausrichtung Deutschlands. Nahezu alle deutschen Branchen haben höhere Anteile am Weltexport als an der weltweiten Produktion.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 17 1991 - 2020 vbw – März 2012 Zu den im Jahr 2009 stärksten deutschen Exportbranchen zählten der Luft- und Raum- fahrzeugbau, der Kraftwagenbau, der Maschinenbau sowie die Metallerzeugnisse (Ab- bildung 3-10). Deutschland erzielte in diesen Wirtschaftszweigen nicht nur im bran- chenspezifischen, sondern auch im länderspezifischen Vergleich die höchsten Ex- portanteile. Insgesamt machten diese vier Branchen im Jahr 2009 mehr als 40 % des deutschen Exports aus. Abbildung 3-10 Deutsche Anteile an der weltweiten Produktion, den Exporten und der For- schung, 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Zuletzt trug Deutschland rund 8 % zur Weltproduktion bei. Die starke Exportausrich- tung deutscher Unternehmen hat zur Folge, dass in keiner Branche überwiegend für den Binnenmarkt produziert wurde. Dies zeigt sich an den – im Vergleich zu den Ex- portanteilen – geringen Produktionsanteilen. Zu den produktionsstärksten Wirtschafts- zweigen gehören in Deutschland – gemessen an der branchenspezifischen Weltpro- duktion – der Kraftwagenbau, Geräte zur Elektrizitätserzeugung sowie die Medizin-, Mess- und Steuerungstechnik. Der Kraftwagenbau sowie die Geräte zur Elektrizitätser- zeugung haben darüber hinaus die jeweils zweithöchsten Produktionsanteile weltweit. Im Kraftwagenbau stand 2009 Japan an der Spitze der Weltproduktion, Deutschland
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 18 1991 - 2020 vbw – März 2012 folgte knapp dahinter. Im Bereich der Geräte zur Elektrizitätserzeugung wurde Deutschlands Produktion bereits im Jahr 2005 von China überholt. Mit einem Anteil von rund 9 % an den weltweiten FuE-Ausgaben belegte Deutschland im Jahr 2009 Rang 4. Im Zeitablauf blieb Deutschlands Anteil an den weltweiten Aus- gaben für FuE weitestgehend konstant. Innerhalb Deutschlands wurden im Jahr 2009 im Kraftwagenbau – gemessen an den weltweiten Anteilen der FuE der jeweiligen Branche – die höchsten FuE-Ausgaben getätigt. Im weltweiten Vergleich belegt Deutschland hier mit einem Anteil von 24 % an den globalen FuE-Ausgaben hinter Japan den zweiten Platz. Neben dem Kraftwagenbau werden in Deutschland in den Branchen Luft- und Raumfahrzeugbau sowie Maschinenbau vergleichsweise hohe FuE-Ausgaben getätigt und im Bereich der Chemie erreicht Deutschland mit einem Anteil von 9 % an den weltweiten FuE-Ausgaben hinter Japan und den Vereinigten Staaten den dritten Rang. Auf Produktgruppenebene zeigt sich allerdings, dass es sich innerhalb der Branchen nicht um eine homogen zusammengesetzte Gruppe von Produkten handelt, sondern dass in einer Branche ganz verschiedene Produktgruppen stecken können (Abbildung 3-11). Eine Zusammenstellung der Produktgruppen der gewichtigen deutschen Bran- chen Kraftwagenbau, Maschinenbau und verschiedener elektrotechnischer Branchen zeigt beispielsweise, dass die Gruppe der Pkw mit 6 % einen sehr geringen weltweiten Forschungsteil aufweist, wohingegen der Kraftwagenbau insgesamt im weltweiten Ver- gleich einen sehr hohen Forschungsanteil hat.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 19 1991 - 2020 vbw – März 2012 Abbildung 3-11 Deutsche Anteile an der weltweiten Produktion, den Exporten und der Forschung nach ausgewählten Produktgruppen, 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Zurück auf der Branchenebene zeigt die Entwicklung im Zeitablauf, dass kaum eine deutsche Branche gibt, die spürbare Anteilsverluste verzeichnen musste, vielmehr konnten mit dem Kraftwagenbau und dem Luft- und Raumfahrzeugbau sogar zwei Wirtschaftszweige Weltanteile bei Forschung und Entwicklung gewinnen (Abbildung 3- 12). Der Blick auf die Industrieländer lässt hingegen bei einer Vielzahl der Branchen (Büro- maschinen und DV-Geräten, Rundfunk- und Nachrichtentechnik, Maschinenbau sowie Eisen und Stahl) deutliche Anteilsverluste (Abbildung 3-13) erkennen. Deutschland konnte seine Produktions- und Forschungsanteile auch in diesen Branchen weitestge- hend verteidigen. Insgesamt gelang es den deutschen Unternehmen sowohl in den exportstarken Vorzeigebranchen Kraftwagenbau, Maschinenbau, Chemie als auch in den weniger bedeutsamen Wirtschaftszweigen Produktion und Forschung im Inland zu halten. Eine offensichtliche Schwäche unter den deutschen Branchen ist damit nicht ersichtlich.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 20 1991 - 2020 vbw – März 2012 Abbildung 3-12 Anteile Deutschlands an der weltweiten Produktion und Forschung in den jewei- ligen Branchen im Überblick, 1991 bis 2009 Nahrungs‐ und Genussmittel Textilien und Bekleidung Holz und Holzprodukte 30% 30% 30% Produktion Produktion Produktion 20% Forschung 20% Forschung 20% Forschung 10% 10% 10% 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Papier und Druckerzeugnisse Mineralölverarbeitung Chemie 30% 30% 30% Produktion Produktion Produktion 20% Forschung 20% Forschung 20% Forschung 10% 10% 10% 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Pharma Gummi- und Kunststoffwaren Glas und Keramik 30% 30% 30% Produktion Produktion Produktion 20% Forschung 20% Forschung 20% Forschung 10% 10% 10% 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Eisen und Stahl Nichteisenhaltige Metalle Metallerzeugnisse 30% 30% 30% Produktion Produktion Produktion 20% Forschung 20% Forschung 20% Forschung 10% 10% 10% 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Maschinenbau Büromaschinen und DV-Geräte Geräte zur Elektrizitätserzeugung 30% 30% 30% Produktion Produktion Produktion 20% Forschung 20% Forschung 20% Forschung 10% 10% 10% 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Rundfunk- und Nachrichtentechnik Medizin-, Mess- und Steuerungstechnik Kraftwagenbau 30% 30% 30% Produktion Produktion 20% Forschung 20% Forschung 20% 10% 10% 10% Produktion Forschung 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Schiffsbau Luft- und Raumfahrzeugbau Schienenfahrzeugbau 30% 30% 30% Produktion Produktion Produktion 20% Forschung 20% Forschung 20% Forschung 10% 10% 10% 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 21 1991 - 2020 vbw – März 2012 Abbildung 3-13 Anteile der Industrieländer insgesamt an der weltweiten Produktion und For- schung in den jeweiligen Branchen im Überblick, 1991 bis 2009 Nahrungs- und Genussmittel Textilien und Bekleidung Holz und Holzprodukte 100% 100% 100% 50% 50% 50% Produktion Produktion Produktion Forschung Forschung Forschung 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Papier und Druckerzeugnisse Mineralölverarbeitung Chemie 100% 100% 100% 50% 50% Produktion Produktion Produktion Forschung Forschung Forschung 50% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Pharma Gummi- und Kunststoffwaren Glas und Keramik 100% 100% 100% 50% 50% 50% Produktion Produktion Produktion Forschung Forschung Forschung 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Eisen und Stahl Nichteisenhaltige Metalle Metallerzeugnisse 100% 100% 100% 50% 50% 50% Produktion Produktion Produktion Forschung Forschung Forschung 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Maschinenbau Büromaschinen und DV-Geräte Geräte zur Elektrizitätserzeugung 100% 100% 100% 50% 50% 50% Produktion Produktion Produktion Forschung Forschung Forschung 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Rundfunk- und Nachrichtentechnik Medizin-, Mess- und Steuerungstechnik Kraftwagenbau 100% 100% 100% 50% 50% 50% Produktion Produktion Produktion Forschung Forschung Forschung 0% 0% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Schiffsbau Luft- und Raumfahrzeugbau Schienenfahrzeugbau 100% 100% 100% 50% 50% Produktion Produktion Produktion Forschung Forschung Forschung 0% 50% 0% 1991 2000 2009 1991 2000 2009 1991 2000 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 22 1991 - 2020 vbw – März 2012 3.3.2 Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Der Blick auf die Wertschöpfungsstrukturen ergänzt die bisherigen Erkenntnisse zur globalen Stellung Deutschlands sowie zu den deutschen Besonderheiten und gibt dar- über hinaus Hinweise auf die Außenhandelsstrategie deutscher Unternehmen. Zunächst zeigt die ex post Betrachtung der globalen Wertschöpfungsstrukturen des deutschen Handels, dass die Anteile der Verwendungskomponenten während des ge- samten Betrachtungszeitraums annähernd konstant geblieben sind. So machten die Vorleistungsgüter in den vergangenen 20 Jahren über die Hälfte aller deutschen Ex- porte aus. Die Konsum- und Investitionsgüter fielen mit jeweils einem Viertel ins Ge- wicht. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den deutschen Importen. 3.3.2.1 Vorleistungsgüter Deutschlands Handelsbeziehungen sind nach wie vor sehr europäisch geprägt. Sowohl die Importe als auch die Exporte Deutschlands kommen bzw. gehen überwiegend nach Europa. Konkret bezieht Deutschland 75 % seiner Vorleistungen aus dem europäi- schen Ausland. Dieser Anteil blieb während des Betrachtungszeitraums relativ kon- stant. Werden die Bezugsregionen der Vorleistungsgüter im Detail betrachtet, zeigt sich deutlich, dass der Importanteil aus mittel- und osteuropäischen Ländern spürbar zugenommen hat (Abbildung 3-14). Im Jahr 1991 wurden lediglich rund 2 % der ge- samten Vorleistungsimporte aus Mittel- und Osteuropa bezogen, 2009 waren es be- reits 18 %. Die mittel- und osteuropäischen Länder haben in besonderem Maße aufge- holt und an außenwirtschaftlicher Bedeutung gewonnen. Abbildung 3-14 Anteile der deutschen Vorleistungsimporte nach Handelsregionen, 1991 und 2009 1991 2009 21% 25% 2% 57% 18% 77% Europa (ohne Mittel- u. Osteuropa) Mittel- und osteuropäische Länder Europa (ohne Mittel- u. Osteuropa) Mittel- und osteuropäische Länder Außereuropäische Regionen Außereuropäische Regionen Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 23 1991 - 2020 vbw – März 2012 Der Kraftwagenbau ist im Bereich der Vorleistungsgüter exemplarisch für eine spürba- re Verlagerung der Importe in Richtung der mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaf- ten (Abbildung 3-15). Der deutsche Kraftwagenbau importiert bereits heute 36 % der Vorleistungsgüter aus den aufstrebenden Volkswirtschaften Europas. Abbildung 3-15 Anteile der deutschen Vorleistungsimporte im Kraftwagenbau nach Ländergrup- pen, 1991 bis 2009 100% Schwellenländer 90% Mittel- und osteuropäische 80% Länder 70% 60% 50% 40% Industrieländer 30% 20% 10% 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Trotz der Dominanz innereuropäischen Handels gewann China als Handelspartner für Deutschland stetig mehr Gewicht und ist in einigen Branchen und Verwendungsberei- chen bereits der wichtigste Handelspartner. Dies gilt bei Exporten und Importen gleich- ermaßen.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 24 1991 - 2020 vbw – März 2012 Die Branche der Büromaschinen und DV-Geräte beispielsweise importiert anders als der Kraftwagenbau den überwiegenden Teil der Vorleistungen aus China (Abbildung 3- 16), im Jahr 2009 waren es 45 %. Die Art der Internationalisierung unterscheidet sich in den beiden Branchen damit deutlich. Abbildung 3-16 Anteile der deutschen Vorleistungsimporte im Bereich der Büromaschinen und DV-Geräte nach Ländern, 1991 bis 2009 100% 90% 80% Restliche Länder 70% 60% Vereinigtes Königreich 50% Südkorea Irland 40% Tschechische Republik 30% USA 20% Niederlande 10% China 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 3.3.2.2 Konsumgüter Ebenso wie die Vorleistungen werden in Deutschland auch Konsum- und Investitions- güter zu einem Großteil aus Europa importiert und in die europäischen Länder expor- tiert. Innerhalb Europas holen, wie bei den Vorleistungen auch, die mittel- und osteuro- päischen Länder – zulasten der restlichen europäischen Länder – merklich auf. Wäh- rend sich jedoch die Abnehmerstruktur exportierter deutscher Konsumgüter im Zeitab- lauf kaum verändert hat, lassen sich bei den deutschen Konsumgüterimporten in den vergangenen Jahren durchaus Anteilsveränderungen zwischen den Lieferländern be- obachten (Abbildung 3-17).
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 25 1991 - 2020 vbw – März 2012 Abbildung 3-17 Anteile der deutschen Konsumimporte nach Ländern, 1991 bis 2009 100% 90% 80% Restliche Länder 70% 60% Vereinigtes Königreich Schweiz 50% Spanien Polen USA 40% Belgien 30% Niederlande Italien 20% Frankreich 10% China 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Der Importanteil aus dem europäischen Raum ist im Konsumgüterbereich während des Betrachtungszeitraums sukzessive zurückgegangen. Entsprechend ist der Importanteil aus dem nichteuropäischen Ausland von 27 % im Jahr 1991 auf 37 % im Jahr 2009 gestiegen. Dieser Anteilsgewinn ist dabei allein auf den Bedeutungszuwachs Chinas zurückzuführen. Die Volksrepublik ist mit einem Anteil von rund 18 % heute der wich- tigste Lieferant von Konsumgütern für Deutschland. Aus chinesischer Perspektive wur- den im Jahr 2009 lediglich 7 % der aller Konsumgüterexporte nach Deutschland gelie- fert. Dieser Anteil ist über die Zeit vergleichsweise konstant. Von höherer Bedeutung ist Deutschland im Konsumgüterbereich dagegen für seine europäischen Partnerländer. 3.3.2.3 Investitionsgüter Im Bereich der Investitionsgüter war Frankreich im Jahr 2009 der wichtigste Lieferant für Deutschland, gefolgt von den Vereinigten Staaten (Abbildung 3-18). Seit 2000 sind die Importanteile aus den Vereinigten Staaten allerdings spürbar rückläufig. Dieser Anteilsverlust geht zugunsten Chinas und Südkoreas. Hervorzuheben ist zudem, dass unter den mittel- und osteuropäischen Ländern nicht, wie bei den anderen Verwen- dungszwecken, ausschließlich die Tschechische Republik oder Polen von zentraler Bedeutung als Zulieferer waren, sondern Ungarn im Zeitablauf an Importanteilen ge- winnen konnte.
Globalisierung – Entwicklung der Wertschöpfungsstrukturen Globale Entwicklungen seit 1991 26 1991 - 2020 vbw – März 2012 Abbildung 3-18 Anteile der deutschen Investitionsgüterimporte nach Ländern, 1991 bis 2009 100% 90% Restliche Länder 80% Tschechische Republik Niederlande Ungarn 70% Südkorea Vereinigtes Königreich 60% Japan Italien 50% Schweiz Österreich 40% China 30% USA 20% 10% Frankreich 0% 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Welthandelsmodell Prognos 2012 Jede Branche wählt folglich die für sie optimale Anpassungsstrategie an die immer globaler werdenden Rahmenbedingungen. Gemeinsam ist allen Branchen der Trend zur Verlagerung von den Industrieländern hin zu den aufstrebenden Volkswirtschaften, seien es die mittel- und osteuropäischen Länder oder die Schwellenländer und hier vor allem China. Zusammenfassend gilt festzuhalten: Die zunehmende Internationalisierung der deut- schen Wirtschaft zeigt sich zum einen in der Branchenbetrachtung. Der jeweilige Grad der Außenhandelsverflechtung (Anteil an Importen und Exporten) in den einzelnen Branchen ist trotz drastisch steigender Handelsvolumina konstant geblieben ist. Damit exportieren und importieren deutsche Unternehmen heute deutlich mehr als noch zu Beginn der 1990er Jahre. Zum anderen zeigt sich die Internationalisierung in der Län- derbetrachtung. Es kamen neue Handelspartner aus den Schwellenländern und den mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften hinzu. Die Internationalisierung hat da- mit zwei Dimensionen: mehr Außenhandelsvolumen und mehr Handelspartner.
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