Wie die Coronavirus-Mutationen den Verlauf der Pandemie in Deutschland und Hamburg beeinflussen
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Wie die Coronavirus-Mutationen den Verlauf der Pandemie in Deutschland und Hamburg beeinflussen Peter Möller und Harry Drewes 2.3.2021 Britische, südafrikanische und brasilianische Coronavirus-Mutationen breiten sich zunehmend in Europa aus. Neben Großbritannien sind auch Portugal und Dänemark stark betroffen. In diesen Ländern ist die Ausbreitung der Mutationen schon weiter fortgeschritten, wie in Abbildung 1 zu erkennen ist. Länder Anteil der Virus-Mutationen Großbritannien fast 100 % Portugal ca. 80 % Dänemark ca. 70 % Deutschland ca. 50 % Abbildung 1: Anteil der Coronavirus-Mutationen für verschiedene Länder. Die Daten stammen aus verschiedenen Quellen [1]. Wir haben ihre vermutliche Weiterentwicklung hochgerechnet auf den 1.3.2021. 1
Wir konnten für Großbritannien, Portugal und Dänemark den Einfluss der britischen Virusmutation schon vor Wochen berechnen und unsere Prognosen mit den tatsächlichen Daten vergleichen. Die gewonnenen Erkenntnisse haben wir auf Deutschland und Hamburg übertragen. Das hat uns sehr dabei geholfen, frühzeitig unser Modell so zu verfeinern, dass es auch Prognosen zum Einfluss von Virus-Mutationen rechnen kann. Zeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor im Kampf gegen die Pandemie. Zuerst haben wir untersucht, was die Maßnahmen ab Mitte Dezember gebracht haben. Der Lockdown hat den R-Wert von 1,07 auf 0,92 reduziert. Die Lockdown Verschärfung am 22.1.2021 konnte den R-Wert auf 0,88 verbessern. Trotz schlechter Datenlage in der Zeit von Mitte Dezember bis Mitte Januar konnten wir mit unserem Modell die R-Werte relativ genau berechnen (siehe Artikel „Verbesserung der R-Wert-Berechnung“) und damit auch eine zuverlässige Prognose erstellen. Je genauer wir den R-Wert kennen, desto exakter können wir berechnen, wie sich der bisherige Virustyp weiterverbreitet. An der grünen Kurve in Abbildung 2 ist gut zu sehen, wie die Infektionszahlen immer weiter abnehmen – der Lockdown zeigt seine Wirkung, der Virustyp 1 geht zurück. Am 1.3.2021 hatten die Virusmutationen einen Anteil von etwa 50 Prozent an den Neuinfektionen in Deutschland (siehe Abbildung 3). Außerdem wissen wir aus unserer Analyse der Daten aus England und Portugal, dass der neue Virustyp 2 um den Faktor 1,35 ansteckender ist. Der R-Wert von Virustyp 1 ist 0,88. Der R-Wert für den Virustyp 2 ist 1,19. Dieser Wert errechnet sich aus dem Produkt 0,88 mal 1,35. Damit können wir die rote Kurve berechnen (siehe Abbildung 2). Die Summe aus der grünen Kurve (Virustyp 1) und der roten Kurve (Virustyp 2) ergibt die blaue Kurve. Diese nahm bis etwa Mitte Februar ab, weil der Einfluss der bisherigen Variante überwog. Danach wird die neue Variante das Regime übernehmen und die blaue Kurve steigt wieder an. 2
Abbildung 2: Möglicher Einfluss der Virus-Mutationen auf das Infektionsgeschehen in Deutschland. Stand 1.3.2021. Berechnet mit Daten aus: https://data.humdata.org/dataset/novel-coronavirus-2019-ncov-cases. Abbildung 3: Der Anteil der Virus-Mutationen am Infektionsgeschehen in Deutschland. Daten aus dem Bericht_VOC-2021-02-17.pdf vom 17.02.2021. 2021und RKI-Lagebericht vom 24.02.21. 3
Auch für Hamburg haben wir eine entsprechende Untersuchung gemacht (siehe Abbildung 4). Wir erhalten fast die gleichen R-Werte wie in der Abbildung 2. Der Kurvenverlauf ist deswegen auch ähnlich und das Minimum der Neuinfiziertenzahlen wird hier etwas früher erreicht. Die britische Coronavirus-Mutation ist also eine Bedrohung. Die rote Kurve steigt sowohl in der Abbildung 2 als auch in der Abbildung 4 exponentiell an. Nur wenn wir den R-Wert der Virusmutation unter eins drücken, können wir eine dritte Welle verhindern. Abbildung 4: Möglicher Einfluss einer Virus-Mutation auf das Infektionsgeschehen in Hamburg. Berechnet mit Daten aus https://data.humdata.org/dataset/novel- coronavirus-2019-ncov-cases. Stand 1.3.2021. Obwohl andere Länder schon wieder lockern, sollten wir momentan eher vorsichtig bleiben und nur sehr langsam lockern. Und wir sollten schnell und konsequent reagieren, wenn sich die Lage wieder verschlechtert. Das erkennen wir an den Zahlen der Neuinfizierten und am Anteil der Virusmutation am Gesamtgeschehen. Wir verstehen durchaus die Menschen, die ungeduldig geworden sind und möglichst schnell wieder ein normales Leben führen wollen. Viele haben gewaltige 4
wirtschaftliche Probleme, wie Ladenbesitzer, Restaurantbetreiber, Kulturschaffende, Soloselbständige und andere. Vor allem aber wünschen wir uns, dass weniger Menschen sterben müssen. Inzwischen hören wir in den Nachrichten nur noch, wie viele am Tag zuvor gestorben sind. Insgesamt haben wir in Deutschland bis zum 1.3.2021 schon 70.000 und weltweit 2,5 Millionen Tote zu beklagen. Wenn es eine dritte Welle gibt, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland weit mehr als 100.000 Todesfälle geben. Auch die Wirtschaft würde hart getroffen werden. Wir sollten alles versuchen, um die Ausbreitung der neuen Virusvarianten zu verhindern. Dazu zählen Kontaktvermeidung, strenge Einreisekontrollen aus Ländern mit Virus-Risikovarianten, mehr testen, verstärkte Kontaktverfolgung und bessere Kontrolle der Quarantäne bei Virus- Risikovarianten. Es ist verständlich, dass nun auf eine positive Wirkung der fortschreitenden Impfungen gehofft wird, aber es ist noch viel zu früh, die anderen Maßnahmen aus der Hand zu geben. Quelle der Daten [1] Land Datenquelle Dänemark Statens Serum Institut, Status for udvikling af SARS-CoV-2 Variants of Concern (VOC) i Danmark vom 20.02.2021 und Aktualisierung vom 24.02.21 UK Public Health England, Investigation of SARS-CoV-2 variants of concern in England. Technical briefing 6 vom 13.02.2021 Portugal Tracking SARS-CoV-2 VOC 202012/01 (lineage B.1.1.7) dissemination in Portugal: insights from nationwide RT-PCR Spike gene drop out data. The Portugal News vom 14.02.2021 Deutschland 2. Bericht zu Virusvarianten von SARS-CoV-2 in Deutschland, insbesondere zur Variant of Concern (VOC) B.1.1.7 vom 17.02.2021 und RKI-Lagebericht vom 24.02.21 5
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