Gottesdienst am 16. Mai 2021, Sonntag Exaudi
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Elisabethkirche Musik zum Eingang: Georg Friedrich Händel: „Meine Seele hört im Sehen, wie den Schöpfer zu erhöhen, alles jauchzet, alles lacht“ Begrüßung Der Friede Gottes sei mit euch allen Amen Herzlich willkommen zum Gottesdienst. Heute am Sonntag vor Pfingsten. Das ist biblisch gesehen eine Zeit zwischen den Zeiten. Jesus ist zum Himmel gefahren. Er ist nicht mehr da für die Jüngerinnen und Jünger. – Und was das heißt, dass er neu zu ihnen kommen will, als Tröster, als Heiliger Geist – können sie nicht begreifen. Wir kennen diese Situation aus unserem Leben: Abschied - und was dann? Wie geht es weiter? Wie werden wir offen für das was kommt? Das wollen wir heute bedenken. EG + 34, 1-3 (Sologesang) Refrain: Komm, Heiliger Geist, mit deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft. 1. Wie das Feuer sich verbreitet und die Dunkelheit erhellt, so soll uns dein Geist ergreifen, umgestalten unsere Welt. 2. Wie der Sturm so unaufhaltsam ding in unser Leben ein. Nur wenn wir uns nicht verschließen, können wir deine Kirche sein. 3. Schenke uns von deiner Liebe, die vertraut und die vergibt. Alle sprechen eine Sprache, wenn ein Mensch den andern liebt. Psalm 27, EG 714 (im Wechsel) Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte ich grauen? Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne: dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel zu betrachten. Denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er bringt mich im Schutz seines Zeltes und erhöht mich auf seinen Felsen. Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und erhöre mich! Mein Herz hält dir vor dein Wort; „Ihr sollt mein Antlitz suchen.“ Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz. Verbirg dein Antlitz nicht vor mir, verstoße nicht im Zorn deinen Knecht!
Denn du bist meine Hilfe, verlass mich nicht und tu die Hand nicht von mir ab., Gott, mein Heil! Denn mein Vater und meine Mutter verlassen mich, aber der Herr nimmt mich auf. Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde die Güte des Herrn im Lande der Lebendigen. Harre des Herrn! Sei getrost und unverzagt und hatte des Herrn! Gesprochenes Ehr sei dem Vater Tagesgebet. Gott Du hast uns deinen heiligen Geist verheißen, eine große, wunderbare Kraft, die uns beisteht, wenn vieles ungewiss ist. Wir warten auf dich. Wir bitten dich, gib uns deinen guten Geist, heute und hier und wann immer wir ihn brauchen. Amen. Lesung Johannes 7, 35-39 Am Letzten, den höchsten Tag des Festes trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn Jesus war noch nicht verherrlicht. Glaubensbekenntnis EG 136, 1+7 (Sologesang) 1. O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, dass jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann. 7. Du Heilger Geist, bereite ein Pfingstfest nah und fern; mit deiner Kraft begleite das Zeugnis von dem Herrn. O öffne du die Herzen der Welt und uns den Mund, dass wir in Freud und Schmerzen das Heil ihr machen kund. Predigt Wie wird es Pfingsten? Wie kommt ein neuer Geist in die Kirche, neue Kraft, Lebendigkeit und Inspiration? Wie war das denn damals – bei den Jüngerinnen und Jüngern Jesu? Die Bibel erzählt, „diese waren alle stets beieinander im Gebet, samt den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.“ (Apg. 1,14)
Das ist die Szene, die Sie vorne auf dem Blatt sehen. Conrad von Soest hat das Bild gemalt, 1403, auf dem Flügelaltar in der Stadtkirche Bad Wildungen. Wir sehen die Jünger in einer Reihe sitzen. Die Frauen werden unterschlagen, wie so oft in alten Zeiten. Dafür rückt Maria prominent in die Mitte. In der damals noch rein katholischen Welt repräsentierte sie zugleich Mutter Kirche. Links und rechts neben ihr, ganz in Rot, Petrus und Paulus, die Chefapostel. Daneben die anderen, jüngere, ältere, zwei mit Kapuzenpulli, wie es heute wieder Mode ist. Alle beten, Maria mit den Händen im Schoß, Petrus mit fein zusammengelegten Händen. Also: alle „einmütig im Gebet versammelt“. Ein gutes Vorbild für uns. Gerade heute. Zusammen beten. Nicht bloß äußerlich, sondern – wie man früher gesagt hat - inniglich beten. Sich sammeln, loslassen, sich in Gottes Hand geben. Beten heißt ja nicht, nichts tun, heißt nicht, herumsitzen oder resignieren. Manchmal denke ich, wir haben das in diesem Jahr der Pandemie viel zu wenig gesehen. Wir haben bedauert, dass wir nicht singen können, nicht Abendmahl feiern können. Wir haben gemerkt, dass wir interessante neue Gottesdienst haben im digitalen Raum. - Aber, dass wir beten können, ganz einfach, überall und jederzeit. Diese Ur-Geste des Glaubens. Zusammen oder jede und jeder für sich: Zu sich kommen, sich ausrichten und sich öffnen für Gott. Aussprechen was einen bedrückt. Wie hilfreich kann das sein. Dazu laden uns die Jünger mit Maria in der oberen Reihe des Bildes ein: Wenn wir uns einreihen in ihr Gebet, dann ist es Pfingsten. Wir sehen schon wie der Heilige Geist kommt und in der Gestalt einer kleinen Taube Marias Kopf berührt. Aber die Reihe ist durchbrochen. Sie öffnet sich zu uns hin. Sie wird zu einer Runde, zu einer offenen Runde, die uns noch mehr einlädt, dazuzukommen als diese Phalanx ehrwürdiger Gestalten mit Heiligenscheinen vor goldenem Hintergrund. Da tut sich etwas. Die Heiligenscheine verschwinden. Rechts vorne sitzt einer im hellen Gewand. Ein offenes Buch auf den Knieen. Er liest. Studiert regelrecht. Krault sich dabei Löckchen in den Bart, wie man das hier ein paar hundert Meter weiter in der neuen Unibücherei bei den hippen jungen Männern beobachten kann. Und der hier kann nicht nur lesen, er kann auch schreiben. An seinem Gürtel hängt ein Tintenfässchen und ein Federbusch. Und ihm gegenüber sitzt jemand, der lässt dem Betrachter im Jahre 1403 vermutlich den Atem stocken. Er liest nicht nur. Er hat nicht nur eine äußerst rasante Frisur, die schon vom Wehen des Heiligen Geistes gezeichnet ist. Nein er hat eine Brille in der Hand. Damals völlig spektakulär. Etwas das erst Jahrzehnte vorher in Italien erfunden wurde. Man konnte es schon auf irgendwelchen Skizzen bewundern. Doch da waren es dann die Dämonen und die Teufel, die dieses Teufelsding benutzten. Ein Ding, das einen wieder gut sehen lässt, wenn man schon nicht mehr gut sehen kann. Solchen hyperneugierigen Forschergeistern schrieb man die Brillen zu, die es immer noch genauer wissen wollen als man es wissen kann. – Doch hier wird die Brille einem Apostel gegeben. Damit er Bibel lesen kann. Das war ein enormes künstlerisches Wagnis. Es ist tatsächlich die älteste Darstellung einer Brille nördlich der Alpen. So wie man sie damals hergestellt hat, noch ohne Bügel. Zwei Gläser in einer Fassung aus Rinderknochen, in der Mitte zusammengenietet, so dass man sie nach Gebrauch zusammenfalten und in die Tasche stecken konnte. Und das in den Händen eines Heiligen. Damit hält der Maler eine
bahnbrechende Predigt: Er sagt: seht hin, Ihr Christen. Nehmt wahr, was sich da in der Welt tut, was sich entwickelt und was dem Leben dient. Schaut euch das an! Man kann Gläser zu Linsen schleifen. Man kann damit Fernrohre bauen, - wie es auch damals geschah, als man anfing, die Sterne naturwissenschaftlich zu sehen und die Weltmeere zu bereisen. Und man kann für viele Menschen die Lebensarbeitszeit im Durchschnitt verdoppeln mit dieser Erfindung. So schreibt es Herfried Münkler in einer Rezension über ein Sachbuch zur Renaissance. Darin wird belegt, dass der Buchdruck, das Lesen und Schreiben und tatsächlich auch die Erfindung der Brille den Fortschritt angestoßen haben, der Europa für Jahrhunderte in der Welt an erste Stelle brachte. Wir wissen heute, diese Entwicklung hatte auch eine finstere Seite: Der Fortschritt, der Kapitalismus, der in diesen Zeiten entstand. Die Eroberung der Welt. Die Vormachtstellung Europas. Das Dämonische, das andere Maler in der Brille sahen, ist nicht wegzudiskutieren. Doch genau da können wir noch einmal auf Conrad von Soest hören, der uns sagt: Nutzt doch die Brille zum Guten. Lest das, was euch geistlich weiterbringt. Studiert die Bibel. Bildet euch, forscht in einem weiten Sinne. Wie es die Reformation und wie es auch die Katholische Kirche vorangebracht hat. Man weiß, dass in dieser Zeit die Klöster erheblich zur Nutzung und Verbreitung der Brille beigetragen haben. Ich freue mich immer wieder, wenn ich dieses alte Bild sehe. Mit seiner immer Botschaft: Ihr Christen, vergesst das Beten nicht. Aber vergesst auch nicht, dass der Heilige Geist auf ganz anderen Wegen kommt. Dass er nach Büchern ruft, nach Bildung, nach modernen Medien. Schaut hin. Seht was in der Welt passiert. Seid neugierig. Verschließt euch nicht den Entwicklungen eurer Zeit. In diesen Tagen findet der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt statt. Anders als ihn die Kirchentagsfans kennen. Leider nicht so gesellig, umtriebig, mit den wunderbaren übervollen Hallen und den pulsierenden Gottesdiensten. Dafür innovativ digital. Unter dem Motto: „Schaut hin“. Mit diesem Vers aus der Geschichte von der Speisung der 5000, wo die Jüngerinnen und Jünger sagen: Wir haben doch selbst kaum etwas zu essen, wie sollen wir auch noch mit anderen teilen? Und dann schauen sie hin, wie Jesus ihnen sagt und fangen an zu teilen, und teilen und teilen, und es reicht! Am Anfang dieser wunderbare Satz: Schaut hin. Macht die Augen auf. Nehmt wahr, was andere brauchen, da wo sie sind, so wie es ihnen geht. Und nehmt wahr, was ihr selbst habt, was ihr könnt, was euch geben ist. Schaut hin. Und wenn das Bild nicht scharf genug ist, dann holt euch die richtige Brille. Wie es Conrad von Soest sagt in seiner gemalten Pfingstpredigt. Die man vor allem hören soll, nein, die man auch sehen soll. Die man am besten hört und sieht! Genau jetzt, vor Pfingsten, damit der Geist kommt und uns lebendig macht. EG 135- 1,2,4 (Sologesang) 1. Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen streuen, zündet Opfer an, denn der Geist der Gnaden
hat sich eingeladen, machet ihm die Bahn! Nehmt ihn ein, so wird sein Schein euch mit Licht und Heil erfüllen und den Kummer stillen. 2. Tröster der Betrübten, Siegel der Geliebten, Geist voll Rat und Tat, starker Gottesfinger, Friedensüberbringer, Licht auf unserm Pfad: gib uns Kraft und Lebenssaft, lass uns deine teuren Gaben zur Genüge laben. 4. Güldner Himmelsregen, schütte deinen Segen auf der Kirche Feld; lasse Ströme fließen, die das Land begießen, wo dein Wort hinfällt, und verleih, dass es gedeih, hundertfältig Früchte bringe, alles ihm gelinge. Fürbitten Wir danken dir, Du Geist der Wahrheit, Du öffnest uns die Augen. Wir können sehen, schauen, wahrnehmen und lernen. Du öffnest uns die Ohren. Wir lauschen dem Gesang der Vögel jetzt im Mai, dem Wehen des Windes oder den Regentropfen, die fallen. Du lässt uns hören aufeinander und auf Dich. Auf die guten und die schlimmen Nachrichten. Du öffnest uns das Herz, wir können teilen was uns bewegt, Freude und Schmerz. Wir bitten dich: Alle: O komm, du Geist der Wahrheit, in die Krisen unseres Lebens - mach uns stark und wahrhaftig, dass wir an Jesus Christus festhalten. Alle: O komm, du Geist der Wahrheit, in die zerstrittenen Familien - zeige die Wege zur Versöhnung, dass die verletzten Seelen wieder heilen. Alle: O komm, du Geist der Wahrheit, in die Begegnung mit Fremden, mit Geflüchteten dass unser Zusammenleben gelingt. Alle: O komm, du Geist der Wahrheit, in das Miteinander der Kirchen und Religionen hilf zu Respekt und Anerkennung bei allen Unterschieden. Alle: O komm, du Geist der Wahrheit, zu den Menschen die unter Corona leiden, gesundheitlich, wirtschaftlich und seelisch, bei uns und in anderen Ländern. Stärke alle, die helfen. Gib uns Zuversicht. Vater unser
Bekanntmachungen Segen EG 130 – 3+6(Sologesang) 3. Steh uns stets bei mit deinem Rat und führ uns selbst auf rechtem Pfad, die wir den Weg nicht wissen. Gib uns Beständigkeit, dass wir getreu dir bleiben für und für, auch wenn wir leiden müssen. Schaue, baue, was zerrissen und beflissen, dich zu schauen und auf deinen Trost zu bauen. 6. Du süßer Himmelstau, lass dich in unsre Herzen kräftiglich und schenk uns deine Liebe, dass unser Sinn verbunden sei dem Nächsten stets mit Liebestreu und sich darinnen übe. Kein Neid, kein Streit dich betrübe, Fried und Liebe müssen schweben, Fried und Freude wirst du geben. Musik zum Ausgang: Johann Sebastian Bach „Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren“ Mitwirkende: Lesung: Anne Wollenteit Gesang: Sibylla Kohl Orgel: Nils Kuppe Geige: Uwe Mahlert Liturgie und Predigt: Helmut Wöllenstein Produktion Audioformat: Nils Hahmann
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