GRUNDLAGENSTUDIE FLUGTICKETABGABE SCHWEIZ - FIFLUGVERHALTEN, CO2-EMISSIONEN UND ZWEI AUSGESTALTUNGSMODELLE IM VERGLEICH - SOTOMO
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Grundlagenstudie Flugticketabgabe Schweiz FiFlugverhalten, CO2-Emissionen und zwei Ausgestaltungsmodelle im Vergleich 2. Version
Auftraggeber Verein Rote Annelise Peter Bodenmann Postfach 441 3900 Brig Auftragnehmer Forschungsstelle sotomo Dolderstrasse 24 8032 Zürich Autor/innen (alphabetisch) Lorenz Bosshardt Michael Hermann Bruno Wüest Zürich, Mai 2020 (2. erweiterte Version)
INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis 1 In Kürze 4 1.1 Ziel und Grundlage der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2 Wichtigste Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.3 Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.4 Methodisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2 Flugverhalten der Schweizer Bevölkerung 8 2.1 Nicht erfasste Flugreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2 Flugverhalten nach Reiseweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.3 Flugverhalten nach Streckentyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.4 Flugbezogener CO2 -Verbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.5 Flughäufigkeit und CO2 -Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . 13 3 Modellierung der Kostenbilanzen 15 3.1 Kombinierter, multivariater Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.2 Zwei Ausgestaltungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3.3 Inländische Kostenbilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.4 Integrale Kostenbilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4 Kostenbilanzen nach Bevölkerungssegmenten 20 4.1 Soziodemographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.2 Einkommensbezogene Umverteilungseffekte . . . . . . . . . . . 22 4.3 Kantonale Verteilung der Rückvergütung . . . . . . . . . . . . . 24 4.4 Rechenbeispiele für ausgewählte Haushalte . . . . . . . . . . . . 25 5 Fazit 27 3
1 IN KÜRZE 1 In Kürze 1.1 Ziel und Grundlage der Studie Gemäss Angaben des BAZL entsprechen die CO2 -Emissionen des internationalen Flugverkehrs aus der Schweiz 10 Prozent der gesamten CO2 -Emissionen die- ses Landes. Der tatsächliche Anteil des Luftverkehrs am menschengemachten Klimaeffekt wird aufgrund der speziellen Wirkung des Strahlungsantriebs in Reise- flughöhe teilweise als deutlich grösser eingeschätzt (IPCC 2007). Aufgrund dieses substanziellen Betrags und der bisher fehlenden Treibstoffbesteuerung im Flugver- kehr steht in der Schweiz gegenwärtig die Einführung einer Flugticketabgabe zur Debatte. Nach dem Ständerat hat sich auch die zuständige Umweltkommission des Nationalrats (UREK-N) für eine Flugticketabgabe ausgesprochen. Die Flug- ticketabgabe soll als Lenkungsabgabe ausgestaltet werden, bei der die Haushalte, die wenig fliegen, in der Bilanz finanziell profitieren, während Vielflieger mehr bezahlen, als sie rückerstattet erhalten. Dabei sind unterschiedliche Modelle zur Erhebung und Rückerstattung der Flugticketabgabe möglich.1 Diese Studie, die sotomo im Auftrag des Vereins Rote Anneliese erstellt hat, liefert empirische Grundlagen zur Beurteilung der finanziellen Betroffenheit der Schweizer Bevölkerung durch unterschiedlich ausgestaltete Flugticketabgaben. Dafür wurden erstmals der Umfang und die Verteilung der flugbasierten CO2 - Emissionen in der Schweiz untersucht und auf dieser Basis die finanziellen Effekte von zwei konkreten Flugticketabgabe-Modellen beziffert. Beim ersten Modell handelt es sich um das Modell, wie es aktuell von der Umweltkommission des Nationalrats (UREK-N) favorisiert wird. Beim zweiten Modell («New Climate 2020») handelt es sich um den Alternativvorschlag des Vereins Rote Anneliese. Die beiden Modelle sind durch folgende Eckwerte charakterisiert: • «Modell Nationalrat»: Auf Kurzstreckenflügen aus der Schweiz werden 30 Franken und auf Langstreckenflügen 120 Franken erhoben. 51 Prozent der Einnahmen werden mittels Kopfprämie an die Bevölkerung zurückvergütet. 49 Prozent fliessen in einen Klimafonds. • «New Climate 2020» – Die Flugticketabgabe wird auf den Flügen aus der Schweiz in Abhängigkeit des tatsächlichen CO2 -Verbrauchs der Flugreise erhoben. (Die Höhe der Abgabe wird so angesetzt, dass sich die Gesamtein- nahmen der beiden Modelle entsprechen.) 100 Prozent der Einnahmen werden mittels Kopfprämie an die Bevölkerung zurückvergütet. Dies ist die zweite, überarbeitete Fassung dieser Studie. Für diese Fassung wurden neben den 1 Zahlen des Mikrozensus Mobilität und Verkehr die vom Bundesamt für Zivilluftfahrt erfassten Flugreisen integriert. 4
1 IN KÜRZE 1.2 Wichtigste Ergebnisse Die Studie macht deutlich, dass die CO2 -Emissionen aufgrund von Flugreisen innerhalb der Bevölkerung sehr ungleich verteilt sind: Während sehr viele wenig fliegen, fliegen wenige sehr viel. Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden verursachen mit ihren privaten Flügen rund einen Drittel der gesamten CO2 -Luftverkehrsemissionen (privat und geschäftlich). Dies hat zur Folge, dass selbst bei einer rein durch in der Schweiz wohnhafte Personen finanzierte Flugticketabgabe eine Mehrheit mehr erhält als bezahlt. Bei einer vollen Rückerstattung der Flugticketabgaben gemäss «New Climate 2020»-Modell hätten nur 21 Prozent eine negative Bilanz. Bei einer Flugticketabgabe gemäss «Modell Nationalrat», das nur rund die Hälfte der Einnahmen rückverteilt, hätten 40 Prozent eine negative Bilanz. Weil jedoch voraussichtlich auch ausländische Personen auf ihrem Rückflug aus der Schweiz eine Flugticketabgabe bezahlen müssten, von der Rückvergütung jedoch ausgeschlossen wären, verbessert sich die Bilanz für die Schweizer Bevölkerung massiv. Bei einer vollen Rückvergütung würden nur 4 Prozent der Schweizer Bevölkerung eine negative Bilanz aufweisen, während 96 Prozent mehr erhalten würden, als sie bezahlen. Selbst wenn nur die Hälfte der Abgaben rückvergütet würden, hätten immer noch 90 Prozent der Schweizer Bevölkerung eine positive Bilanz. Die Auswertung zeigt, dass der fluggebundene CO2 -Verbrauch sehr stark vom Einkommen abhängt. Vielfliegende gibt es insbesondere bei Personen mit einem Nettoeinkommen von über 12 000 Franken im Monat. Neben den Personen mit hohen Einkommen sind es insbesondere jüngere Erwachsene, die in Grossstädten in Flughafennähe leben, die einen grossen fluggebundenen CO2 -Verbrauch aufweisen. Das Gegenstück dazu bilden Verheiratete und dabei besonders Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in Berg- und Landkantonen. Diese gehören im Mittel zu den Wenigfliegenden und würden entsprechend von einer Flugticketabgabe in der Summe am stärksten finanziell entlastet. Werden die gesamten Einnahmen der Flugticketabgabe von rund 1.3 Mia. Franken rückvergütet, wie von «New Climate 2020» vorgeschlagen, führt dies zu einer markanten Regression der Rückerstattungen im Vergleich zu den Einkommen: Das Bevölkerungssegment mit einem Netto-Einkommen von unter 6000 Franken erhält 396 Mio. Franken mehr, als es bezahlt. Demgegenüber erhält das Segment mit einem Einkommen von mehr als 12 000 Franken lediglich 126 Mio. Franken mehr, als es bezahlt. 1.3 Inhalte Die Studie besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil werden das Flugverhalten und der CO2 -Verbrauch der Schweizer Bevölkerung bezüglich soziodemographischer Merkmale untersucht. Das Flugverhalten ist durch die Häufigkeit, die Flugdistanz, 5
1 IN KÜRZE den Grund der Flugreise sowie durch die verursachten CO2 -Emissionen charakte- risiert. Zu den soziodemographischen Merkmalen zählen unter anderem das Alter, das Geschlecht, das Haushaltseinkommen, der Wohnort und die Familiensituation. Dieser Analyseteil zeigt die Unterschiede einzelner Bevölkerungsgruppen bezüglich ihres Flugverhaltens. Er bildet zugleich die Grundlage für den zweiten Teil der Studie. Im zweiten Teil der Studie werden die Kostenbilanzen der beiden analysierten Modelle aufgezeigt. Dabei wird berechnet, wie gross der Anteil der Bevölkerung ist, der von der Abgabe netto profitiert im Vergleich zu jenem, der mehr bezahlt, als er rückerstattet erhält. Die Anteile und Geldbeträge werden für verschiedene soziodemographische Klassen berechnet und anhand von sieben idealtypischen Fällen konkretisiert. 1.4 Methodisches Grundlage für diese Studie bildet der Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2015 (MZMV 2015). Erstmals wurden in dieser fünfjährlichen Erhebung des Bundes die nicht-alltäglichen Verkehrsbewegungen im Detail erhoben. Flugreisen sind typische Beispiele dieser Art von Mobilität. Insbesondere für den zweiten Studien- teil bestand dabei die methodische Herausforderung, dass der Mikrozensus nur die Flugreisen in den vier Monaten vor dem Befragungstermin erfasst. Weil die Interviews gleichmässig über das Kalenderjahr erfolgten, können Mittelwerte pro- blemlos hochgerechnet werden. Geht es jedoch um die Verteilung der jährlichen Flugreisen innerhalb der Bevölkerung, ist ein erweiterter, multivariater Modellan- satz notwendig. Der im Rahmen dieser Studie entwickelte Ansatz kombiniert für jede befragte Person ihr tatsächliches Flugverhalten der letzten vier Monaten mit einem Erwartungswert für den übrigen Teil des Jahres. Im MZMV 2015 sind die Flüge detailliert und personenbezogen erfasst. Es sind darin jedoch nicht alle Flüge erfasst, die für eine Flugticketabgabe relevant sind. Da nur inländische Personen erfragt werden, fehlen darin insbesondere die aus- ländischen Reisenden, welche von Schweizer Flughäfen abfliegen. Diese bezahlen jedoch dieselbe Abgabe, wie in der Schweiz wohnhafte Personen – erhalten aller- dings keine Rückvergütung. Die Schätzung der Gesamtsumme der Ticketabgaben wurde deshalb auf die Passagierstatistik von 2015 des Bundesamts für Zivil- luftfahrt abgestützt. Die ausbezahlten Rückvergütungen wurden entsprechend hochgerechnet. Das vom Auftraggeber vorgeschlagene Flugticketabgabe-Modell «New Climate 2020» beruht auf den tatsächlichen CO2 -Emissionen. Um die tatsächlichen Emissionswerte berücksichtigen zu können, wurden die Angaben des Myclimate- CO2 -Rechners beigezogen. Hierzu mussten für die im Mikrozensus erhobenen 6
1 IN KÜRZE rund 3000 unterschiedlichen Flugdestinationen die jeweiligen Emissionswerte berechnet und in den Datensatz übertragen werden. 7
2 FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG 2 Flugverhalten der Schweizer Bevölkerung Die Basis für die personenbezogenen Auswertungen bildet das Zusatzmodul «Reisen mit Übernachtungen» im Rahmen des Mikrozensus Mobilität und Ver- kehr 2015 (MZMV 2015). Im Rahmen dieses Zusatzmoduls wurden 17 060 Zielpersonen detailliert zum Reisezweck und zu den Verkehrsmitteln befragt. Die Respondentinnen und Respondenten wurden zu maximal drei zufällig ausgewähl- ten Reisen innerhalb der letzten vier Monate befragt, was insgesamt 16 478 Reisen ergab. Bei 4074 dieser Reisen wurde das Flugzeug als Hauptverkehrsmittel benutzt. Für den ersten Teil der Studie wurden in Übereinstimmung mit der Methodik des Bundesamtes für Statistik (BFS/ARE 2017) die Ergebnisse nach der Gewichtung der Zielpersonen von vier Monaten auf das ganze Jahr projiziert. 2.1 Nicht erfasste Flugreisen Die Hochrechnung des Flugverhaltens aus dem Zusatzmodul «Reisen mit Über- nachtungen» des MZMV 2015 auf die Schweizer Bevölkerung 5,5 Mio. Abflüge. Das sind nur 26% der vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ausgewiesenen 21 Mio. Abflüge von Schweizer Flughäfen (Abflüge ohne Transfer- und Tran- sitpassagiere) im gleichen Jahr. Dies zeigt, dass in der Mikrozensus-Erhebung nicht alle relevanten Flugreisen abgebildet sind. Systematisch nicht erfasst sind Abflüge von Flugreisenden aus der Schweiz, die hier keinen Wohnsitz haben, sprich Touristinnen und Touristen sowie Geschäftsreisende aus dem Ausland. Wenn es sich dabei nicht um Transitpassagiere handelt, würde diese ebenfalls eine schwei- zerische Flugticketabgabe zahlen. Das ist für die Analyse des Flugverhaltens der Schweizer Wohnbevölkerung nicht relevant, für die rückvergüteten Beträge aber sehr wohl. Diese sind für die Inländerinnen und Inländern entsprechend grösser, da die ausländischen Personen nicht davon profitieren. Ein kleinerer Teil der nicht erfassten Flugreisen betrifft Flüge von in der Schweiz wohnhaften Personen und geht auf die Erhebungsmethodik des Mikrozensus’ zurück. Folgende Faktoren füh- ren dazu, dass im MZMV 2015 nicht sämtliche Abflüge der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung erfasst sind: • Im MZMV 2015 wurden nur die drei letzten Reisen und ihre Häufigkeit innerhalb der letzten vier Monate abgefragt. Wenn Personen mehr als drei unterschiedliche Flüge getätigt haben, werden diese somit nicht gezählt. • Da das Mobilitätsverhalten erst ab 6 Jahren erfasst wurde, sind Flüge von Kindern unter 6 Jahren nicht erfasst. • Weil nur Reisen mit Übernachtung detailliert untersucht wurden, sind Flug- reisen hin und zurück am selben Tag nicht erfasst. Dies dürfte insbesondere Geschäftsreisen betreffen. 8
2 FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG Das im Folgenden dargestellte Flugverhalten der Bevölkerung bezieht sich auf die im MZMV 2015 erfassten Flugreisen. Mit dieser Datenbasis werden zwar nicht sämtliche Flugreisen erfasst, sie bildet jedoch die beste Datengrundlage zur Analyse der relativen Unterschiede im Flugverhalten innerhalb Schweizer Bevölkerung. Bei der Berechnung des Gesamtbetrags, der durch eine Flugticketabgabe eingenommen und potenziell rückverteilt wird, wird dann jedoch auf das Total der vom BAZL gezählten Flugreisen zurückgegriffen. Dies erlaubt eine möglichst gute Schätzung der Gesamtbilanz der Abgabe. 2.2 Flugverhalten nach Reiseweck Die folgende Abbildung 1 zeigt die Flughäufigkeit der Schweizerinnen und Schwei- zer insgesamt und aufgeschlüsselt nach dem Zweck der Reise. Für den Reisezweck wird in den Daten zwischen privaten und geschäftlichen Flügen sowie einer Rest- kategorie unterschieden. Die Ergenisse stimmen mit den durch das BFS und das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) errechneten Zahlen (BFS und ARE 2017) überein. Gemäss Mikrozensus Mobilität und Verkehr MZMV flogen die Schweizerinnen und Schweizer im Jahr 2015 im Durchschnitt 0,8 Mal. Wie im vorangegangenen Abschnitt angegeben, sind im MZMV nicht sämtliche Flugreisen enthalten. Die tatsächliche Zahl der Flugreisen dürfte entsprechend etwas grösser sei. Grösser dürfte in Realität insbesondere der Anteil der Geschäftsreisen sein, weil diese nur die Methodik des MZMV, die auf Privatpersonen optimiert ist, nur teilweise erfasst werden kann. Es interessieren uns hier aber vor allem die relativen Unterschiede innerhalb der Bevölkerung. Dabei zeigen sich besonders grosse Differenzen zwischen den Ein- kommensklassen. Personen, die über ein Haushaltseinkommen von über 12 000 Franken verfügen, fliegen ausgesprochen viel, wobei auch der Anteil der Ge- schäftsreisen so hoch ist wie bei keiner anderen Bevölkerungsgruppe. Etwas weniger stark differenzieren das Alter – jüngere wie auch ältere Personen fliegen deutlich seltener als Personen mittleren Alters –, der Wohnort – Städter fliegen häufiger als Personen aus ländlichen Gebieten – sowie die Familiensituation – ledige Personen fliegen überdurchschnittlich viel. In Bezug auf das Geschlecht gibt es keine nennenswerten Unterschiede. 9
2 FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG Total Total 0.7 0.1 Geschlecht Mann 0.6 0.1 Frau 0.7 Alter 6–17 Jahre 0.5 18–24 Jahre 1 25–44 Jahre 0.8 0.2 45–64 Jahre 0.7 0.2 mehr als 65 Jahre 0.3 Einkommen 0–4000 CHF 0.3 4001–8000 CHF 0.6 8001–12000 CHF 0.7 0.2 12000+ CHF 1.2 0.4 Wohnort ländlicher Raum 0.5 kleine Agglomeration 0.5 kleine Kernstadt 0.5 grosse Agglomeration 0.7 0.1 grosse Kernstadt 0.8 0.1 Familiensituation ledig 0.8 verheiratet/Partnerschaft 0.6 0.1 getrennt/verwitwet 0.5 0.0 0.5 1.0 1.5 Anzahl Flüge pro Person und Jahr privat geschäftlich übrige Abbildung 1: Durchschnittliche Anzahl Flüge pro Person und Jahr nach dem Zweck der Reise (Werte unter 0.1 sind nicht beschriftet). 10
2 FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG 2.3 Flugverhalten nach Streckentyp Total Total 0.6 0.2 Geschlecht Mann 0.6 0.2 Frau 0.6 0.2 Alter 6–17 Jahre 0.4 0.1 18–24 Jahre 0.8 0.2 25–44 Jahre 0.8 0.3 45–64 Jahre 0.6 0.2 mehr als 65 Jahre 0.2 Einkommen 0–4000 CHF 0.2 4001–8000 CHF 0.5 0.2 8001–12000 CHF 0.7 0.2 12000+ CHF 1.1 0.5 Wohnort ländlicher Raum 0.4 0.2 kleine Agglomeration 0.4 0.2 kleine Kernstadt 0.4 0.2 grosse Agglomeration 0.7 0.2 grosse Kernstadt 0.7 0.3 Familiensituation ledig 0.7 0.2 verheiratet/Partnerschaft 0.5 0.2 getrennt/verwitwet 0.4 0.1 0.0 0.5 1.0 1.5 Anzahl Flüge pro Person und Jahr Kurzstreckenflug Langstreckenflug Abbildung 2: Durchschnittliche Anzahl Flüge pro Person und Jahr nach Streckentyp 11
2 FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG Wichtig für eine Einschätzung der entstehenden CO2 -Emissionen und der damit verbundenen Flugkosten ist natürlich die Distanz der Reise. Abbildung 2 zeigt die Flughäufigkeit entsprechend aufgeschlüsselt nach dem Typ der zurückgelegten Strecke. Um die Übersichtlichkeit der Darstellung zu erhöhen, werden in Überein- stimmung mit der Infras-Studie vom September 2019 alle Flüge innerhalb Europas und einer Distanz von weniger als 4000 km als Kurzstreckenflug eingeteilt (Infras 2019). Alle anderen werden als Langstreckenflüge eingestuft. Ausser bei den Personen mit einem hohen Haushaltseinkommen, welche im Mittel 0,5 Mal pro Jahr auf einer Langstrecke fliegen, ist die Häufigkeit der Langstreckenflüge mit 0,1 bis 0,3 Mal pro Jahr sehr gleichmässig verteilt. Dies heisst aber auch, dass der Anteil an Langstreckenflügen im Vergleich zu den Kurzstreckenflügen bei denjenigen Personen deutlich höher ist, die insgesamt wenig fliegen. Beispiele sind Personen aus dem ländlichen Raum, bei welchen der Anteil der Langstrecken einen Drittel ausmacht. Bei Personen aus grossen Kernstädten ist lediglich einen Fünftel der Flüge ein Langstreckenflug. 2.4 Flugbezogener CO2 -Verbrauch Die Reduktion der CO2 -Emissionen ist das primäre Ziel einer Flugticketabgabe. Angaben dazu sind in den MZMV 2015-Daten allerdings nicht vorhanden, weshalb die durch den Myclimate-Flugrechner (Myclimate 2019) geschätzten Werte herbeigezogen wurden. Der Myclimate-Flugrechner berechnet für jeden Flug die durchschnittliche Menge an CO2 -Emissionen, die ein streckentypisches Flugzeug über diese Flugdistanz pro Passagier der Economy Class ausstösst. Obwohl Stickstoffe und Aerosole als zusätzliche CO2 -Emissionsäquivalente ebenfalls mit in die Rechnung einbezogen werden, ist die tatsächliche Umweltbelastung eines Fluges wohl noch höher einzustufen (IPCC 2007). Mit Hilfe des IATA-Codes der Start- und Zielflughäfen konnten für 3829 Flüge die Daten des Myclimate Flugrechners dem Mikrozensus hinzugefügt werden. Bei den nicht hinzugefügten 245 Flügen handelt es sich um Abflüge ausserhalb der Schweiz. Solche Flüge würden nach gängiger Auffassung nicht unter eine Flugticketabgabe fallen und wurden deshalb nicht berücksichtigt. Die durchschnittlichen flugbezogenen CO2 -Emissionen pro Person belaufen sich auf 390 Kilogramm pro Jahr. Bezüglich der Verteilungen zwischen den Bevölke- rungsgruppen sind die Resultate ähnlich wie jene zur Flughäufigkeit. 12
2 FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG Total Total 390 Geschlecht Mann 379 Frau 401 Alter 6–17 Jahre 232 18–24 Jahre 463 25–44 Jahre 523 45–64 Jahre 445 mehr als 65 Jahre 177 Einkommen 0–4000 CHF 136 4001–8000 CHF 331 8001–12000 CHF 424 12000+ CHF 895 Wohnort ländlicher Raum 285 kleine Agglomeration 289 kleine Kernstadt 308 grosse Agglomeration 446 grosse Kernstadt 492 Familiensituation ledig 457 verheiratet/Partnerschaft 377 getrennt/verwitwet 243 0 250 500 750 CO2 –Verbrauch [in Kilo] Abbildung 3: Verursachte CO2 -Emissionen pro Person und Jahr in Kilogramm 2.5 Flughäufigkeit und CO2 -Emissionen Obwohl der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Flüge und den ver- ursachten CO2 -Emissionen sehr stark ist, gibt es Nuancen dieser Beziehung 13
2 FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen. Abbildung 4 zeigt die durchschnittliche Flughäufigkeit pro Person und Jahr auf der y-Achse und den durchschnittlichen CO2 -Verbrauch pro Person und Jahr auf der x-Achse. 12000+ CHF 1.6 Anzahl Flüge pro Person und Jahr 1.4 1.2 18-24 Jahre 25-44 Jahre 1.0 8001-12000 CHF 0.8 45-64 Jahre 4001-8000 CHF 0.6 6-17 Jahre 0.4 0-4000 CHF mehr als 65 Jahre 0.2 0 200 400 600 800 0 200 400 600 800 CO2 -Verbrauch pro Person und Jahr [Kilo] CO2 -Verbrauch pro Person und Jahr [Kilo] Abbildung 4: Flughäufigkeit und CO2 -Verbrauch nach Einkommen (links) und Alter (rechts) Für den Vergleich des Flugverhaltens zwischen den Einkommensklassen wird ersichtlich, dass die Personen mit hohem Haushaltseinkommen (über 12 000 Fran- ken) und einem Haushaltseinkommen zwischen 4000 und 8000 relativ betrachtet mehr CO2 -Emissionen verursachen als Personen mit einem Haushaltseinkommen von 0-4000 Franken und von 8000-12 000 Franken. Es wir noch aufgezeigt, dass dies zu einer etwas schlechteren Rückvergütungsbilanz der erstgenannten Einkommensklassen führt. Ähnliches lässt sich für bestimmte Altersgruppen feststellen. Während Personen in einem Alter von 18-24 Jahren und Personen zwischen 25 und 44 Jahren ungefähr gleich häufig fliegen, reisen 18- bis 24-Jährige vergleichsweise eher auf Kurzstrecken, weshalb ihre Rückvergütungsbilanz auch besser ausfallen wird. 14
3 MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN 3 Modellierung der Kostenbilanzen Welche und wie viele Haushalte werden durch eine Flugticketabgabe mit Rückver- gütung finanziell belastet und welche entlastet? Antworten auf diese Fragen sind entscheidend für die soziale Tragbarkeit einer solchen Abgabe, und sie sind rele- vant für die Einschätzung der politischen Mehrheitsfähigkeit bei einer allfälligen Volksabstimmung. Die Kostenbilanzen lassen sich anhand der vorliegenden Daten am besten als relative Vergleiche der Personen mit einer positiven und solcher mit einer ne- gativen Bilanz schätzen. Für diese Vergleiche werden prozentuale Anteile sowie Frankenwerte für die mittlere bzw. typische Person berechnet. Anschliessend werden die Auswirkungen auf verschiedene sozialdemographische Eigenschaften sowie eine Reihe von exemplarischen Haushaltsgruppen aufgezeigt. 3.1 Kombinierter, multivariater Ansatz Die im MZMV 2015 befragten Personen wurden nur zu ihren Flugreisen in den letzten vier Monaten befragt, alle Resultate müssen aber immer auf ein ganzes Jahr hochgerechnet werden, damit die Implikationen für ein Rückvergütungsmodell aufgezeigt werden können. Eine einfache Hochrechnung durchzuführen, ist nicht zulässig, denn sie würde zu Verzerrungen führen. Weil Flugreisen relativ selten sind, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass das Flugverhalten der jeweils letzten vier Monate nicht einem Drittel der Flüge des gesamten Jahres entsprechen. Bei einer einfachen Hochrechnung würde implizit angenommen, dass Personen, die keinen Flug angegeben haben, das ganze Jahr nicht geflogen sind. Umgekehrt würde eine Person, die in den letzten vier Monaten einen Langstreckenflug unternommen hat, implizit auf drei entsprechende Flüge hochgerechnet. Mit einer Hochrechnung von vier auf zwölf Monate würde sowohl der Anteil der Wenig- als auch der Anteil der Vielfliegenden überschätzt. Um diesen Verzerrungen entgegenzuwirken, wurde der flugbezogene CO2 - Verbrauch jeder Zielperson der Befragung für jeweils ein ganzes Jahr modelliert. Das Modell setzt sich dabei aus zwei Komponenten zusammen: Die erste Komponente basiert auf einer multiplen Regression. Diese ermittelt den Erwartungswert des flugbezogenen CO2 -Verbrauchs jeder Zielperson der Befragung auf Basis ihres soziodemographischen Profils sowie ihres alltäglichen Mobilitätsverhaltens.2 Die mit dem Regressionsmodell ermittelten Werte gelten unabhängig vom konkreten Befragungszeitpunkt der Person für das gesamte Jahr. Diese Werte sind die bestmögliche Schätzung für die 8 Monate, in denen das Flugverhalten nicht direkt erhoben wird. Die zweite Komponente der Berechnung beruht auf dem tatsächlichen Flugverhalten der Zielperson in den Die Modell- und Variablenselektion geschah parametrisch aufgrund der Gesamterklärungs- 2 kraft der Modelle. 15
3 MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN vier Monaten vor der Befragung. Die Befragung des realen Flugverhaltens bildet einen Drittel des Jahres korrekt ab. Entsprechend fliessen die erhobenen Werte zu einem Drittel und die modellierten Werte zu zwei Dritteln ins Gesamtmodell ein. 3.2 Zwei Ausgestaltungsmodelle Die finanziellen Bilanzen wurden für zwei Ausgestaltungsmodelle einer Flugticket- abgabe mit Rückvergütung berechnet. «New Climate 2020»: Für dieses Modell wurden die durch Myclimate geschätz- ten CO2 -Kompensationskosten für alle erhobenen Flugstrecken verwendet. Wie bei den CO2 -Emissionen liegt für die Kosten die Annahme zugrunde, dass die Flugstrecken mit typischen Flugzeugen und mit Economy-Class ge- flogen werden. In diesem Modell werden alle Einkünfte der Flugticketabgabe rückvergütet. «Modell Nationalrat»: Dieses Modell basiert auf der im Postulat der UREK-N geäusserten Vorgabe, dass Kurzstreckenflüge mit 30 Franken und Lang- streckenflüge mit 120 Franken belastet werden. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass nur 51 Prozent der Einnahmen rückvergütet werden und die restlichen 49 Prozent einem Klimafonds zugute kommen. Um eine direkte Vergleichbarkeit zwischen den Modellen herzustellen, wurde in beiden Fällen von demselben Gesamtertrag der Flugticketabgabe ausgegangen. Die Referenz bildet dabei das Modell des Nationalrats mit einem durch Inländerin- nen und Inländer generierten Ertrag aus der Flugticketabgabe von rund 332 Mio. Franken für das Jahr 2015. Um auf dieselbe Gesamtsumme zu kommen, wurde die Basiskompensation des Myclimate-Flugrechners mit dem Faktor 4,2 multipliziert. Dadurch werden auch hier von Flugreisen durch die Schweizer Wohnbevölkerung insgesamt rund 332 Mio. Franken eingenommen. Modell Nationalrat «New Climate 2020» Bsp. Strecke: ungefähre CO2-Verbrauch Abgabe Rappen pro Abgabe Rappen pro Zürich nach… Distanz [km] [kg] [CHF] kg CO2 [CHF] kg CO2 Sydney 16’600 2’900 120 4.15 340 11.75 Buenos Aires 11’300 1’900 120 6.30 218 11.50 Tokyo 9’600 1’600 120 7.50 181 11.30 San Francisco 9’400 1’500 120 8.00 176 11.75 Palma de Mallorca 1’000 213 30 14.10 25 11.85 Barcelona 900 195 30 15.40 21 10.75 London 800 182 30 16.50 21 11.55 Paris 500 144 30 20.85 17 11.65 Tabelle 1: Flugticketabgaben von Beispielstrecken für beide Modelle 16
3 MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN Tabelle 1 zeigt die Höhe der Flugticketabgabe für eine Reihe von Beispieldestina- tionen. Dabei sind die Kosten pro Person für beide Modelle dargestellt. Zusätzlich sind die Kosten pro Kilogramm CO2 -Emission dargestellt. Dabei wird deutlich, dass die Abgabe pro Kilogramm CO2 beim «Modell Nationalrat» mit steigender Flugdistanz proportional stark abnimmt. Der Ansatz von «New Climate 2020» diskriminiert hingegen nicht zugunsten der Langstreckenflüge, da die Abgabe pro Kilogramm CO2 konstant bleibt. 3.3 Inländische Kostenbilanzen CHF 79% haben eine positive Bilanz «New Climate 2020» 50 0 CH-Durchschnittsperson -50 21% haben eine Bilanz Flugticketabgabe - Rückvergütung -100 negative Bilanz -150 Top-5% Vielfliegende -200 0% 25% 50% 75% 100% CHF 50 60% haben eine positive Bilanz «Modell Nationalrat» 0 CH-Durchschnittsperson -50 -100 40% haben eine negative Bilanz -150 Top-5% Vielfliegende -200 0% 25% 50% 75% 100% Anteil der Bevölkerung (sortiert nach Häufigkeit des Fliegens) Abbildung 6: Rückvergütungsbilanzen der zwei Modelle (5%-Gruppen von Personen) Abbildung 6 zeigt die finanziellen Auswirkungen des inländischen Anteils einer Flugticketabgabe. Die Bilanz entspricht der von der ständigen Wohnbevölkerung bezahlten Flugticketabgaben und der teilweisen oder vollen Rückvergütung dieser Abgaben gleichmässig an die Bevölkerung. Jede Säule im Diagramm entspricht 17
3 MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN 5 Prozent der Bevölkerung. Die Säulen sind nach der Häufigkeit des Fliegens sortiert. Dabei wird eine sehr schiefe Verteilung sichtbar. Ein grosser Teil der Bevölkerung fliegt nicht oder nur wenig und würde netto auch aus einer rein inländerbasierten Flugticketabgabe mehr erhalten als bezahlen. Dem steht ein kleines Bevölkerungssegment gegenüber, das sehr viel fliegt und netto deutlich mehr bezahlen würde, als rückvergütet erhalten. Bei beiden Modellen werden rund 15 Prozent dieser Einnahmen durch Geschäftsflüge generiert. Wird diese durch inländische Personen generierte Summe pro Kopf auf die ständige Wohnbevölke- rung (ab dem siebten Lebensjahr) rückvergütet (Stand 2015: 7,7 Mio. Personen) ergeben sich folgende Rückerstattungsbeträge pro Person und Jahr: 43 Franken für das «New Climate 2020» sowie 22 Franken für das «Modell Nationalrat». Der grösste Unterschied der beiden Modelle resultiert aus dem unterschiedlichen Ausmass der Rückvergütung. Während in einem Modell nur die Hälfte der Einnah- men an die Bevölkerung ausgezahlt wird, werden im anderen Modell die ganzen Einnahmen rückverteilt. Die Art der Berechnung der Flugticketabgabe hat nur einen geringen Einfluss auf die Zahl der negativ und positiv Betroffenen. Bei einer vollen Rückverteilung der durch die inländische Bevölkerung generierten Einnahmen erhalten beim New-Climate-Modell 79 Prozent der Schweizer Bevöl- kerung mehr, als sie bezahlen. Beim Modell des Nationalrats sind dies 78 Prozent. Wird nur die Hälfte der inländischen Einnahmen rückverteilt, haben gemäss «New Climate 2020» und dem «Modell Nationalrat» je 60 Prozent eine positive Bilanz. 3.4 Integrale Kostenbilanzen Im Mikrozensus Mobilität und Verkehr MZMV 2015 werden die Abflüge durch ausländische Personen aus der Schweiz nicht erfasst. Einzelne Flüge inländischer Personen ebenfalls nicht – insbesondere von Geschäfts- und anderen Vielfliegenden nicht. Die Abgaben dieser nicht erfassen Flugreisen fliessen jedoch ebenfalls in den Flugticketabgabetopf. Ausgehend von den insgesamt 21 Mio. Passagieren, welche das BAZL für das Jahr 2015 ausweist können die Abgaben der inländischen Flugpassagiere mit einem Faktor 3,8 hochgerechnet werden. Dies ergibt eine Gesamtsumme von 1,3 Mia. Franken. Diese Summe entspricht dem von Infras (2019) in einem unabhängig von der vorliegenden Studie geschätzten Volumen. Da diese zusätzlichen Flugreisen überwiegend nicht an die Verursacher rückvergütet werden, steigt durch den Einbezug die Summe der Geldmittel, die an die Schweizer Wohnbevölkerung zurückgezahlt werden können. Abbildung 7 zeigt, dass sich die positiven Verteilungseffekte bei dieser Betachtung substanziell verstärken. So vervierfacht sich der rückvergütete Betrag auf 164 Franken für das New-Climate-Modell und 84 Franken für das «Modell Natio- nalrat». Der Anteil der Bevölkerung, welche von der Flugticketabgabe etwas zurückerhält, erhöht sich für beide Modelle ebenfalls drastisch. So werden beim New-Climate-Modell 96% und beim «Modell Nationalrat» 90% begünstigt. Die 18
3 MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN durchschnittliche Person erhält laut dieser Schätzung netto 146 Franken («New Climate 2020») bzw. 66 Franken («Modell Nationalrat») pro Jahr, während Top-5-Prozent-Vielfliegenden netto 99 Franken («New Climate 2020») bzw. 155 Franken («Modell Nationalrat») pro Jahr bezahlen. CHF «New Climate 2020» 200 96% haben eine positive Bilanz 150 100 50 0 Bilanz Flugticketabgabe - Rückvergütung 4% haben eine schnittsperson -50 negative Bilanz CH-Durch- -100 Top-5% -150 Vielfliegende -200 0% 25% 50% 75% 100% CHF «Modell Nationalrat» 200 150 90% haben eine positive Bilanz 100 50 0 schnittsperson -50 10% haben eine negative Bilanz CH-Durch- -100 Top-5% -150 Vielfliegende -200 0% 25% 50% 75% 100% Anteil der Bevölkerung (sortiert nach Häufigkeit des Fliegens) Abbildung 7: Rückvergütungsbilanzen der zwei Modelle mit Hochrechnung auf das reale Passagieraufkommen (5%-Gruppen von Personen) Insgesamt ergaben sich daraus folgende Eckwerte: «New Climate 2020»: Der rückvergütete Betrag liegt bei 164 Franken. 96 Pro- zent der ständigen Wohnbevölkerung (ab dem siebten Lebensjahr) erhalten mehr zurück, als sie über die Ticketabgabe einzahlen. Die durchschnittliche Person erhält netto 146 Franken pro Jahr (CHF 164 Rückvergütung minus CHF 18 Flugticketabgabe). Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden bezahlen netto 100 Franken (CHF 164 Rückvergütung minus CHF 264 Flugticketabgabe), was ungefähr den Kompensationskosten eines Langstreckenfluges entspricht. 19
4 KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN «Modell Nationalrat»: Der rückvergütete Betrag liegt bei 84 Franken (da nur 51 Prozent der Einnahmen rückvergütet werden). 90 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung (ab dem siebten Lebensjahr) erhalten bei diesem Modell mehr zurück als sie über die Ticketabgabe einzahlen. Die durchschnittliche Person erhält netto 66 Franken pro Jahr (CHF 84 Rückvergütung minus CHF 18 Flugticketabgabe). Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden bezahlen netto 155 Franken (CHF 84 Rückvergütung minus CHF 239 Flugticketabgabe), was den Kompensationskosten von rund einem Langstreckenflug und drei Kurzstreckenflügen entspricht. 4 Kostenbilanzen nach Bevölkerungssegmenten 4.1 Soziodemographie Abbildung 8 zeigt, welche Konsequenzen die beiden Modelle einer Flugticketab- gabe auf das Verhältnis von Empfängern und Zahlenden innerhalb bestimmter Bevölkerungssegmente haben. Die Auswertungen basieren auf denjenigen Versio- nen der beiden Modelle, für welche der Gesamtbetrag der Flugticketabgabe auf das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerechnet wurde (vgl. Abb. 7), weil diese den in den eidgenössischen Räten besprochenen Vorschlägen am nächsten kommen. Für die Einschätzung der Grössenordnung zeigt die Abbildung 8 zudem (in Klammern), wieviel eine durchschnittliche Person mit einer positiven Bilanz erhält und eine durchschnittliche Person mit negativer Bilanz bezahlen muss. Insgesamt fällt auf, dass bei den meisten Bevölkerungssegmenten die Mehrheit eine positive Bilanz aufweist. Diese einseitigen Verteilungen sind möglich, weil in jedem Segment die Hauptlast der Abgaben durch eine kleinere Gruppe von Vielfliegenden getragen wird und die ausländischen Touristen- und Geschäftsrei- senden zwar mit einem Flug ab der Schweiz die Flugabgabe entrichten müssen, aber als nicht in der Schweiz wohnhafte Personen keine Rückvergütung erhalten. Beim Modell «New Climate 2020» mit einer vollen Rückerstattung müssen nur in einem einzigen Segment mehr als zehn Prozent der Personen mehr bezahlen, als sie erhalten. Bei der obersten Einkommensklasse mit einem Netto-Einkommen von über 12 000 Franken liegt der Anteil der Netto-Zahlenden bei 11 Prozent. Dagegen profitieren bei allen anderen Einkommensklassen über 90 der Personen von der Flugticketabgabe, diejenigen mit einem Netto-Einkommen von bis zu 4000 Franken sogar zu 99 Prozent. Ausserdem profitieren praktisch alle der unter 18-Jährigen (99 %) und der über 64-Jährigen (99 %). Demgegenüber weisen von der reisefreudigen Altersklasse der 18- bis 44-Jährigen 6 bis 8 Prozent eine negative Bilanz auf. Auch räumliche Unterschiede fallen etwas ins Gewicht. Von den Personen, die ausserhalb einer grossen Agglomeration leben, haben 97 bis 99 Prozent eine positive Bilanz. 20
4 KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN «New Climate 2020» «Modell Nationalrat» Geschlecht Mann 3 (-74) 97 (149) 9 (-54) 91 (71) Frau 4 (-87) 96 (147) 11 (-55) 89 (68) Alter 6-17 Jahre 1 (-70) 99 (152) 4 (-44) 96 (73) 18-24 Jahre 6 (-46) 94 (134) 18 (-47) 82 (57) 25-44 Jahre 8 (-90) 92 (138) 19 (-60) 81 (62) 45-64 Jahre 3 (-72) 97 (147) 9 (-51) 91 (69) mehr als 65 Jahre 1 (-82) 99 (154) 3 (-52) 97 (75) Einkommen 0-4000 CHF 1 (-93) 99 (158) 2 (-57) 98 (78) 4001-8000 CHF 3 (-79) 97 (148) 9 (-53) 91 (70) 8001-12000 CHF 4 (-73) 96 (144) 11 (-51) 89 (66) 12000+ CHF 11 (-88) 89 (126) 26 (-61) 74 (53) Wohnort ländlicher Raum 3 (-82) 97 (150) 7 (-54) 93 (72) kleine Agglomeration 2 (-93) 98 (154) 5 (-42) 95 (75) kleine Kernstadt 1 (-58) 99 (155) 4 (-36) 96 (75) grosse Agglomeration 6 (-62) 94 (140) 14 (-65) 86 (63) grosse Kernstadt 7 (-87) 93 (137) 17 (-59) 83 (61) Familiensituation getrennt/verwitwet 3 (-62) 97 (151) 7 (-53) 93 (72) verheiratet/Partnerschaft 3 (-77) 97 (150) 7 (-50) 93 (71) ledig 6 (-86) 94 (144) 15 (-57) 85 (67) 20 0 20 40 60 80 100 20 0 20 40 60 80 100 Anteile an jeweiliger Bevölkerungsgruppe in %, in Klammern Medianwert der Bilanz in CHF Personen mit negativer Bilanz Personen mit positiver Bilanz Abbildung 8: Rückvergütungsbilanzen nach soziodemographischen Eigenschaften. Die Abbildung zeigt die prozentualen Anteile sowie in Klammern die mittleren Werte (Mediane) für Personen mit positiver und Personen mit negativer Bilanz. Auch beim «Modell Nationalrat» gehören bei 11 der 19 untersuchten Segmente jeweils mehr als 90 Prozent der Personen zu den Profiteuren einer Flugticketab- gabe. Weil jedoch nur 51 Prozent der Einnahmen rückverteilt werden, gibt es dennoch einige Segmente, bei denen die Verringerung der Rückverteilung einen deutlichen Anstieg derjenigen bewirkt, die mehr bezahlen, als sie erhält. So haben 21
4 KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN hier ein Viertel der Personen aus der obersten Einkommensklasse eine negative Bilanz. Ausserdem zahlen knapp 20 Prozent der 18 bis 44-Jährigen mehr ein, als sie erhalten, und es sind schliesslich auch 17 Prozent der Menschen aus grossen Kernstädten, die netto mehr bezahlen, als sie an Rückvergütung erhalten. Insgesamt lässt sich feststellen, dass beim «Modell Nationalrat» im Vergleich zum Modell «New Climate 2020» der Anteil der Personen mit einer positiven Bilanz stärker variiert. 4.2 Einkommensbezogene Umverteilungseffekte Wie die Auswertung nach Bevölkerungssegmenten gezeigt hat, sind Personen mit tieferen Einkommen deutlich weniger stark von einer Flugticketabgabe betroffen als Personen mit hohen Einkommen. Die Frage der sozialen Tragbarkeit ist ein wichtiger Aspekt und Streitpunkt von Umweltabgaben. Die vorliegende Analyse zeigt dabei, dass eine Flugticketabgabe eher zu einer sozialen Entlastung als zu einer Mehrbelastung führt. Abbildung 9 zeigt die Rückvergütungsbilanzen in Ab- hängigkeit des Netto-Haushaltseinkommens für beide Modelle in der Version mit den auf das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerechneten Gesamtbeträgen (vgl. Abb. 7). Die Abbildung zeigt dabei zwei unterschiedliche Bilanzkurven. Links ist der Durchschnitt über die jeweils ganze Einkommensklasse dargestellt. Das rechte Diagramm zeigt die Bilanz der durchschnittlichen Person der jeweiligen Einkommensklasse (Median-Wert). Die durchschnittliche Person ist jene, die mehr fliegt als die 50 Prozent Wenigfliegenden und weniger als die 50 Prozent Vielfliegenden. Es handelt sich um die jeweils typische Person jeder Einkom- mensklasse. Es fällt auf, dass die beiden unterschiedlich berechneten Mittelwerte sehr deutlich voneinander abweichen. Das arithmetische Mittel (links) liegt tiefer als der Median (rechts). Die Erklärung liegt wiederum in der Tatsache, dass in allen Einkommensklassen viele wenig und wenige viel fliegen. Es ist jeweils die kleine Gruppe der Vielfliegenden, welche die durchschnittliche Bilanz in Richtung einer negativen Bilanz zieht. Um zu ermessen, wie die Rückvergütungsbilanz der typischen Person jeder Einkommensklasse aussieht, ist der Medianwert im rechten Diagramm entscheidend. Für die Umverteilungsbilanz insgesamt ist dagegen das arithmetische Mittel in der linken Grafik die richtige Grösse. 22
4 KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN Bilanz der Flugticketabgabe nach Einkommensklassen Durchschnittsbilanz Bilanz der mittleren Person Flugticketabgabe - Rückvergütung [CHF] 160 160 140 140 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 00 00 00 0 0 0 0 0 00 00 00 0 0 0 0 0 00 00 00 00 00 00 00 00 00 00 40 60 80 40 60 80 10 12 14 16 16 10 12 14 16 16 s s s s s s Bi bi bi Bi bi bi s s s s Ab s s s s Ab Netto- bi bi bi bi bi bi bi bi 01 01 01 01 01 1 1 1 01 1 1 1 40 60 40 60 Einkommen in 00 00 00 00 00 00 80 80 10 12 14 10 12 14 CHF «New Climate 2020» «Modell Nationalrat» Abbildung 9: Durchschnitte und mittlere Werte (Mediane) der persönlichen Rückvergütungsbilanzen nach Einkommen. Bei «New Climate 2020» leistet keine Einkommensklasse einen positiven Netto- betrag in die Kasse der Flugticketabgabe, aber die Differenzen der Rückerstattung zwischen den Einkommensklassen sind doch beträchtlich. Insgesamt erhalten die Personen mit Einkommen über 12’000 Franken rund 126 Mio. Franken pro Jahr, was einer durchschnittlichen Vergütung pro Kopf von 89 Franken entspricht. Auf der anderen Seite werden den mittleren Einkommensklassen von 6’000 bis 12’000 Franken 426 Mio. Franken pro Jahr rückvergütet, was bereits eine durch- schnittliche Vergütung pro Kopf von 123 Franken bedeutet. Die Gesamtsumme der Vergütung für Personen mit einem Einkommen von unter beträgt 396 Mio. Franken. Weil aber deutlich weniger Personen zu den unteren als zu den mittleren Einkommensklassen zählen, liegt der Mittelwert der Pro-Kopf-Rückvergütung hier bei 140 Franken. Im Zusammenhang mit dem Gesamtumsatz von 1,3 Mia. Franken ist dies deshalb eine markante Regression der Rückvergütungen zu Gunsten der tieferen Einkommen, weil mit dem Anstieg der Einkommen die Rückvergütungen stark abnehmen. Weil beim «Modell Nationalrat» nur 51 Prozent rückverteilt werden, sind die Bilanzen hier insgesamt tiefer. Die hohen Einkommensklassen mit einem Ein- kommen von mehr als 12 000 Franken profitieren hier mit nur noch rund 14 Mio. Franken. Pro Kopf ergibt dies eine durchschnittliche Rückvergütung von lediglich 10 Franken. Eine weitaus positivere Bilanz weisen in diesem Modell die Einkommen bis 6000 Franken auf mit rund 170 Mio. Franken, was pro Kopf 60 Franken entspricht. Werden die Rückvergütungen für die Personen mit mittleren Einkommen addiert, resultiert eine positive Bilanz von 153 Mio. Franken im Jahr 23
4 KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN bzw. im Durchschnitt 44 Franken pro Kopf. Beim Modell Nationalrat gibt es also ebenfalls eine generelle Regression der Rückvergütungsbeiträge von oben nach unten. Wichtig ist ausserdem, dass auch beim «Modell Nationalrat» ausser bei den grössten Einkommen von über 16 000 Franken immer nur eine Minderheit der Vielfliegenden mehr bezahlt als erhält. 4.3 Kantonale Verteilung der Rückvergütung Die Rückvergütungsbilanzen haben nicht nur soziodemographische Auswirkungen, sondern weisen ebenfalls deutliche regionale Ausprägungen auf. Abbildung 10 zeigt entsprechend die Anteile der Personen, die von einer Flugticketabgabe profitieren würden, pro Kanton. Die Auswertungen basieren auf den Zahlen der Modellversionen mit den auf das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerech- neten Gesamtbeträgen. Es wird klar, dass die Bevölkerung in einem Kanton mit Nähe zu einem internationalen Flughafen anteilsmässig einen grösseren Teil der Flugticketabgabe tragen. Eine vergleichsweise tiefe Netto-Empfängerquote haben Zürich (New Climate: 89 % / Nationalrat: 74 %), Bern (95 % / 87 %), Basel-Stadt (95 % / 89 %), Basel-Landschaft (96 % / 88 %), Genf (97 % / 89 %) sowie die Waadt (96 %, / 89 %). Personen mit einer positiven Bilanz erhalten bei «New Climate 2020» in Zürich CHF 131, in Bern CHF 143, in Basel-Stadt und Basel-Landschaft CHF 141, in Genf 142 und in der Waadt CHF 143. Der Umstand, dass der finanzstarke Kanton Zug ebenfalls einen vergleichsweisen tiefen Anteil an Empfängern aufweist (88 % / 77 %), zeigt, dass das Einkommen auch für die regionalen Unterschiede eine wichtige Rolle spielt. Auffällig ist, dass in den Kantonen Zug und Zürich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung beim «Modell Nationalrat» mehr bezahlt als erhält. Umgekehrt sind der Anteil der Empfänger und auch die Höhe der typischen Rückvergütung in eher ländlich geprägten Kantonen mit einiger Distanz zu den internationalen Flughäfen höher. Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, Frei- burg, Glarus, Graubünden, Jura, Neuenburg, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, St.Gallen, Tessin, Thurgau, Uri und das Wallis weisen alle einen Anteil von Personen mit einer positiven Bilanz von über 96 Prozent für das Modell «New Climate 2020» und über 90 Prozent für das «Modell Natio- nalrat» auf. Auch die mittleren Frankenbeträge, die bei «New Climate 2020» rückvergütet werden, sind in diesen Kantonen mehrheitlich höher (von CHF 148 in Schwyz bis zu CHF 161 im Tessin). Dies gilt allerdings nicht für das «Modell Nationalrat». Der Median der rückvergüteten Abgaben ist nur im Tessin mit 82 Franken deutlich höher als in anderen Kantonen. 24
4 KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN «New Climate 2020» «Modell Nationalrat» Anteile der Empfänger in % 70 bis 75 75 bis 80 80 bis 85 85 bis 90 90 bis 95 95 bis 100 Abbildung 10: Rückvergütungsbilanzen nach Kantonen. Die Abbildung zeigt die prozentualen Anteile für Personen mit positiver Bilanz. 4.4 Rechenbeispiele für ausgewählte Haushalte Aus den beiden Bilanzierungsmodellen können schliesslich Ergebnisse für Haus- halte geschätzt werden, die nach feingliedrigeren und vor allem kombinierten Eigenschaften unterschieden werden. In der Folge wird für sieben beispielhafte Haushalte aufgelistet, welche Rückvergütungsbilanz sie typischerweise mit den beiden Modellen erzielen würden. Das bedeutet konkret, dass die Personen der Haushalte aufgrund der beschriebenen Eigenschaften aus den Bilanzierungsdaten ausgewählt wurden, bevor die Summe der mittleren Werte berechnet wurde. Weil die Verteilungen innerhalb der Gruppen meistens sehr schief sind, wurde jeweils der mittlere Wert (Median) und nicht der Durchschnitt berechnet. Wiederum wurden die Zahlen der Modellversionen zugrunde gelegt, für welche der Gesamtbetrag der Flugticketabgabe auf das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerechnet wurde (vgl. Abb. 7). 1. Beispiel: Rentner-Ehepaar • Beide sind über 65 Jahre alt, wohnen in einer ländlichen Gegend und haben ein monatliches Einkommen von 4001-6000 Franken. • Das Paar würde normalerweise mit «New Climate 2020» 313 Franken und mit dem Modell Nationalrat 157 Franken erhalten. 2. Beispiel: Manager • Mann im Alter von 46-65 Jahren, lebt getrennt in der Agglomeration einer grossen Stadt und verfügt über ein monatliches Einkommen von über 12 000 Franken. • Er bekäme typischerweise mit «New Climate 2020» 115 Franken und mit dem Modell Nationalrat 35 Franken. 25
4 KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN 3. Beispiel: Mittelstandsfamilie • Familie mit zwei Kindern, die Eltern sind zwischen 25 und 64 Jahren alt, die Kinder zwischen 6 und 17 Jahren. Die Familie ist in einer ländlichen Gegend wohnhaft und muss mit einem monatlichen Einkommen von 4001-8000 Franken auskommen. • Normalerweise würden sie 621 Franken («New Climate 2020») bzw. 227 Franken (Modell Nationalrat) rückvergütet bekommen. 4. Beispiel: Witwe • Über 65 Jahre alte Frau, in einer ländlichen Gegend zuhause. Sie verfügt über ein monatliches Einkommen von 2001-4000 Franken. • Die Frau würde typischerweise über «New Climate 2020» 160 Franken und über das Modell Nationalrat 80 Franken erhalten. 5. Beispiel: Doppelverdiener-Familie • Doppelverdiener-Paar mit einem Kind. Die Eltern sind zwischen 25 und 44 Jahren alt und haben ein monatliches Einkommen von über 12 000 Franken. Das Kind ist zwischen 6 und 17 Jahren alt. Die Familie wohnt in der Agglomeration einer grossen Stadt. • Sie würden mit «New Climate 2020» normalerweise 345 Franken be- kommen und mit dem Modell Nationalrat eine positive Bilanz von 113 Franken aufweisen. 6. Beispiel: Doppelverdiener-Paar • Ein Doppelverdiener-Haushalt. Beide sind zwischen 45 und 65 Jahren alt und haben ein monatliches Einkommen von über 12 000 Franken. Das Paar ist in einer grossen Stadt wohnhaft. • Ein solches Paar würde typischerweise mit «New Climate 2020» 179 Franken und mit dem Modell Nationalrat nur noch 15 Franken erhalten. 7. Beispiel: Junger Single • Ein lediger Mann im Alter von 18 bis 24 Jahren, lebt alleine in einer urbanen Gegend und verfügt über ein monatliches Einkommen von 4001-8000 Franken. • Die Rückerstattung beläuft sich bei «New Climate 2020» auf 116 Franken und beim Modell Nationalrat auf 36 Franken. 26
5 FAZIT 5 Fazit Diese Studie zeigt sehr deutlich, dass ein grosser Teil der flugverkehrsbezogenen CO2 -Emissionen in der Schweiz von einer kleinen Minderheit verursacht wird. Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden tragen alleine mit ihren privaten Flügen rund einen Drittel zu den gesamten Flugverkehrsemissionen bei. Es handelt sich dabei insbesondere um Personen mit hohen Einkommen sowie um jüngere Erwachsene, die in Grossstädten in Flughafennähe leben. Das Gegenstück dazu bilden Verhei- ratete und insbesondere Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in Berg- und Landkantonen. Aufgrund der sehr ungleichen Verteilung der Flughäufigkeit würde selbst bei einer alleine durch die Schweizer Bevölkerung getragenen Flugticketabgabe mit Rückvergütung eine deutliche Mehrheit mehr erhalten als bezahlen. Bei einer vollen Rückvergütung gemäss Modell «New Climate 2020», wie es vom Verein Rote Anneliese zur Debatte gestellt wird, wären dies 79 Prozent. Ein Flug nach Palma de Mallorca im Jahr würde bei diesem Modell rund 18 Franken weniger kosten, als die zu erwartende Rückvergütung zu Buche schlägt. Selbst wenn nur die Hälfte der inländischen Abgaben rückverteilt würden, ergäbe dies immer noch eine Mehrheit von 60 Prozent mit einer positiven Bilanz. Dieses überraschende Resultat macht die ungleiche Verteilung der Flugintensität innerhalb der Bevölkerung sehr gut greifbar. Wird die Flugticketabgabe jedoch nicht als reine Besteuerung der inländischen Bevölkerung angelegt, sondern als Abgabe auf allen Flugtickets ab Schweizer Flughäfen sieht die Bilanz für den grössten Teil der Schweizer Bevölkerung finan- ziell positiv aus. Weil Flüge von Personen mit Wohnsitz im Ausland sowie alle Geschäftsflüge zwar besteuert aber nicht an die entsprechenden Gruppen rück- verteilt werden, verbessert sich die Bilanz für natürliche Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ausserordentlich. Bei einer vollen Rückerstattung würden rund 19 von 20 Personen in der Schweiz am Ende des Jahres mehr Rückvergütung erhalten, als sie Flugticketabgaben bezahlen. Das Modell «New Climate 2020» hat gemessen am Gesamtumsatz der vorgeschlagenen Flugticketabgabe von rund 1,3 Mia. Franken im Jahr einen markanten Regressionseffekt: Die Einkommensklassen von über 12 000 Franken bekommen insgesamt rund 126 Mio. Franken mehr, als sie erhalten, die Einkommen unter 6000 Franken erhalten insgesamt rund 396 Mio. Franken mehr, als sie bezahlen. Geht man davon aus, dass ein Teil der privaten Flüge von Vielfliegenden durch den MZMV nicht erfasst sind, dürfte der Umverteilungseffekt in Realität sogar noch etwas grösser sein. Beim vom Nationalrat vorgeschlagenen Modell werden nur 51 Prozent der Einnah- men rückvergütet. Dennoch würde aufgrund der Rückzahlung alleine an natürliche Personen mit Wohnsitz in der Schweiz eine grosse Mehrheit, nämlich 90 Prozent, mehr erhalten, als bezahlen. Allerdings ist die Bilanz für die Durchschnittsschwei- 27
5 FAZIT zerin und den Durchschnittsschweizer aufgrund der geringeren Beträge mit plus 66 Franken deutlich tiefer als beim Modell «New Climate 2020» mit 146 Franken. Ausserdem zahlen hier zwar die höchsten Einkommen mehr als sie erhalten, die tiefen Einkommen werden insgesamt aber weniger finanziell entlastet. Gemessen an den typischen Personen haben jedoch beide Modelle zur Folge, dass Personen mit geringeren Einkommen und Personen aus ländlichen Regionen netto am meisten profitieren. Beim Modell «New Climate 2020» ist dieser Effekt stärker ausgeprägt. Eine typische ländliche Mittelstandsfamilie erhält netto bei «New Climate 2020» 621 Franken, beim Modell des Nationalrats 227 Franken zusätzlich in die Haushaltskasse. Ein zweiter wichtiger Unterschied zwischen den beiden analysierten Modellen liegt in der Berechnungsgrundlage der Flugticketabgabe. Das Modell des Natio- nalrats unterscheidet nur zwei Streckentypen: Kurz- und Langstreckenflüge. Das Modell «New Climate 2020» beruht hingegen auf dem tatsächlichen Klimaeffekt eines Fluges. Es orientiert sich an den Emissionsberechnungen des Myclimate- Flugrechners. Das Modell «New Climate 2020» hat den Vorteil, dass es keine Destinationen gegenüber anderen bevorzugt. Insbesondere die Obergrenze von 120 Franken für die Ticketabgabe könnte beim «Modell Nationalrat» zu unbe- absichtigten Anreizen für lange Langstreckenflüge führen, die gewissermassen klimaquersubventioniert werden. So kommt ein Flug nach Sydney gemäss «Mo- dell Nationalrat» pro Kilogramm emittiertem CO2 mehr als drei Mal so günstig wie ein Flug nach Palma de Mallorca. Hierfür gibt es kaum eine begründbare Argumentation. Dessen ungeachtet unterscheiden sich die sozioökonomischen Verteilungseffekte nur wenig zwischen den beiden Berechnungsgrundlagen. Der Vorteil des Ansatzes von «New Climate 2020» beruht in einer deutlich faireren und klimagerechteren Berechnungsgrundlage der Flugticketabgabe. 28
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