GRUNDLAGENSTUDIE FLUGTICKETABGABE SCHWEIZ - FIFLUGVERHALTEN, CO2-EMISSIONEN UND ZWEI AUSGESTALTUNGSMODELLE IM VERGLEICH - SOTOMO

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Grundlagenstudie
Flugticketabgabe Schweiz
     FiFlugverhalten, CO2-Emissionen und zwei
           Ausgestaltungsmodelle im Vergleich

                                   2. Version
Auftraggeber

Verein Rote Annelise
Peter Bodenmann
Postfach 441
3900 Brig

Auftragnehmer

Forschungsstelle sotomo
Dolderstrasse 24
8032 Zürich

Autor/innen (alphabetisch)

Lorenz Bosshardt
Michael Hermann
Bruno Wüest

Zürich, Mai 2020 (2. erweiterte Version)
INHALTSVERZEICHNIS

Inhaltsverzeichnis
1   In Kürze                                                                                                         4
    1.1 Ziel und Grundlage der Studie       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    4
    1.2 Wichtigste Ergebnisse . . . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    5
    1.3 Inhalte . . . . . . . . . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    5
    1.4 Methodisches . . . . . . . . .      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    6

2   Flugverhalten der Schweizer Bevölkerung                                                                          8
    2.1 Nicht erfasste Flugreisen . . . . . . .             .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    8
    2.2 Flugverhalten nach Reiseweck . . . .                .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    9
    2.3 Flugverhalten nach Streckentyp . . . .              .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   11
    2.4 Flugbezogener CO2 -Verbrauch . . . .                .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   12
    2.5 Flughäufigkeit und CO2 -Emissionen .                .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   13

3   Modellierung der Kostenbilanzen                                                                                 15
    3.1 Kombinierter, multivariater Ansatz          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   15
    3.2 Zwei Ausgestaltungsmodelle . . .            .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   16
    3.3 Inländische Kostenbilanzen . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   17
    3.4 Integrale Kostenbilanzen . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   18

4   Kostenbilanzen nach Bevölkerungssegmenten                                                                       20
    4.1 Soziodemographie . . . . . . . . . . . . . .                    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   20
    4.2 Einkommensbezogene Umverteilungseffekte                         .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   22
    4.3 Kantonale Verteilung der Rückvergütung . .                      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   24
    4.4 Rechenbeispiele für ausgewählte Haushalte .                     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   25

5   Fazit                                                                                                           27

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1   IN KÜRZE

1       In Kürze
1.1     Ziel und Grundlage der Studie
Gemäss Angaben des BAZL entsprechen die CO2 -Emissionen des internationalen
Flugverkehrs aus der Schweiz 10 Prozent der gesamten CO2 -Emissionen die-
ses Landes. Der tatsächliche Anteil des Luftverkehrs am menschengemachten
Klimaeffekt wird aufgrund der speziellen Wirkung des Strahlungsantriebs in Reise-
flughöhe teilweise als deutlich grösser eingeschätzt (IPCC 2007). Aufgrund dieses
substanziellen Betrags und der bisher fehlenden Treibstoffbesteuerung im Flugver-
kehr steht in der Schweiz gegenwärtig die Einführung einer Flugticketabgabe zur
Debatte. Nach dem Ständerat hat sich auch die zuständige Umweltkommission
des Nationalrats (UREK-N) für eine Flugticketabgabe ausgesprochen. Die Flug-
ticketabgabe soll als Lenkungsabgabe ausgestaltet werden, bei der die Haushalte,
die wenig fliegen, in der Bilanz finanziell profitieren, während Vielflieger mehr
bezahlen, als sie rückerstattet erhalten. Dabei sind unterschiedliche Modelle zur
Erhebung und Rückerstattung der Flugticketabgabe möglich.1
Diese Studie, die sotomo im Auftrag des Vereins Rote Anneliese erstellt hat,
liefert empirische Grundlagen zur Beurteilung der finanziellen Betroffenheit der
Schweizer Bevölkerung durch unterschiedlich ausgestaltete Flugticketabgaben.
Dafür wurden erstmals der Umfang und die Verteilung der flugbasierten CO2 -
Emissionen in der Schweiz untersucht und auf dieser Basis die finanziellen Effekte
von zwei konkreten Flugticketabgabe-Modellen beziffert. Beim ersten Modell
handelt es sich um das Modell, wie es aktuell von der Umweltkommission des
Nationalrats (UREK-N) favorisiert wird. Beim zweiten Modell («New Climate
2020») handelt es sich um den Alternativvorschlag des Vereins Rote Anneliese.
Die beiden Modelle sind durch folgende Eckwerte charakterisiert:

    • «Modell Nationalrat»: Auf Kurzstreckenflügen aus der Schweiz werden 30
      Franken und auf Langstreckenflügen 120 Franken erhoben. 51 Prozent der
      Einnahmen werden mittels Kopfprämie an die Bevölkerung zurückvergütet.
      49 Prozent fliessen in einen Klimafonds.

    • «New Climate 2020» – Die Flugticketabgabe wird auf den Flügen aus der
      Schweiz in Abhängigkeit des tatsächlichen CO2 -Verbrauchs der Flugreise
      erhoben. (Die Höhe der Abgabe wird so angesetzt, dass sich die Gesamtein-
      nahmen der beiden Modelle entsprechen.) 100 Prozent der Einnahmen
      werden mittels Kopfprämie an die Bevölkerung zurückvergütet.

    Dies ist die zweite, überarbeitete Fassung dieser Studie. Für diese Fassung wurden neben den
    1

Zahlen des Mikrozensus Mobilität und Verkehr die vom Bundesamt für Zivilluftfahrt erfassten
Flugreisen integriert.

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1   IN KÜRZE

1.2    Wichtigste Ergebnisse
Die Studie macht deutlich, dass die CO2 -Emissionen aufgrund von Flugreisen
innerhalb der Bevölkerung sehr ungleich verteilt sind: Während sehr viele wenig
fliegen, fliegen wenige sehr viel. Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden verursachen mit
ihren privaten Flügen rund einen Drittel der gesamten CO2 -Luftverkehrsemissionen
(privat und geschäftlich). Dies hat zur Folge, dass selbst bei einer rein durch
in der Schweiz wohnhafte Personen finanzierte Flugticketabgabe eine Mehrheit
mehr erhält als bezahlt. Bei einer vollen Rückerstattung der Flugticketabgaben
gemäss «New Climate 2020»-Modell hätten nur 21 Prozent eine negative Bilanz.
Bei einer Flugticketabgabe gemäss «Modell Nationalrat», das nur rund die Hälfte
der Einnahmen rückverteilt, hätten 40 Prozent eine negative Bilanz.
Weil jedoch voraussichtlich auch ausländische Personen auf ihrem Rückflug aus der
Schweiz eine Flugticketabgabe bezahlen müssten, von der Rückvergütung jedoch
ausgeschlossen wären, verbessert sich die Bilanz für die Schweizer Bevölkerung
massiv. Bei einer vollen Rückvergütung würden nur 4 Prozent der Schweizer
Bevölkerung eine negative Bilanz aufweisen, während 96 Prozent mehr erhalten
würden, als sie bezahlen. Selbst wenn nur die Hälfte der Abgaben rückvergütet
würden, hätten immer noch 90 Prozent der Schweizer Bevölkerung eine positive
Bilanz.
Die Auswertung zeigt, dass der fluggebundene CO2 -Verbrauch sehr stark vom
Einkommen abhängt. Vielfliegende gibt es insbesondere bei Personen mit einem
Nettoeinkommen von über 12 000 Franken im Monat. Neben den Personen mit
hohen Einkommen sind es insbesondere jüngere Erwachsene, die in Grossstädten in
Flughafennähe leben, die einen grossen fluggebundenen CO2 -Verbrauch aufweisen.
Das Gegenstück dazu bilden Verheiratete und dabei besonders Familien mit kleinen
und mittleren Einkommen in Berg- und Landkantonen. Diese gehören im Mittel
zu den Wenigfliegenden und würden entsprechend von einer Flugticketabgabe in
der Summe am stärksten finanziell entlastet.
Werden die gesamten Einnahmen der Flugticketabgabe von rund 1.3 Mia. Franken
rückvergütet, wie von «New Climate 2020» vorgeschlagen, führt dies zu einer
markanten Regression der Rückerstattungen im Vergleich zu den Einkommen:
Das Bevölkerungssegment mit einem Netto-Einkommen von unter 6000 Franken
erhält 396 Mio. Franken mehr, als es bezahlt. Demgegenüber erhält das Segment
mit einem Einkommen von mehr als 12 000 Franken lediglich 126 Mio. Franken
mehr, als es bezahlt.

1.3    Inhalte
Die Studie besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil werden das Flugverhalten und
der CO2 -Verbrauch der Schweizer Bevölkerung bezüglich soziodemographischer
Merkmale untersucht. Das Flugverhalten ist durch die Häufigkeit, die Flugdistanz,

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1   IN KÜRZE

den Grund der Flugreise sowie durch die verursachten CO2 -Emissionen charakte-
risiert. Zu den soziodemographischen Merkmalen zählen unter anderem das Alter,
das Geschlecht, das Haushaltseinkommen, der Wohnort und die Familiensituation.
Dieser Analyseteil zeigt die Unterschiede einzelner Bevölkerungsgruppen bezüglich
ihres Flugverhaltens. Er bildet zugleich die Grundlage für den zweiten Teil der
Studie.
Im zweiten Teil der Studie werden die Kostenbilanzen der beiden analysierten
Modelle aufgezeigt. Dabei wird berechnet, wie gross der Anteil der Bevölkerung
ist, der von der Abgabe netto profitiert im Vergleich zu jenem, der mehr bezahlt,
als er rückerstattet erhält. Die Anteile und Geldbeträge werden für verschiedene
soziodemographische Klassen berechnet und anhand von sieben idealtypischen
Fällen konkretisiert.

1.4    Methodisches
Grundlage für diese Studie bildet der Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2015
(MZMV 2015). Erstmals wurden in dieser fünfjährlichen Erhebung des Bundes
die nicht-alltäglichen Verkehrsbewegungen im Detail erhoben. Flugreisen sind
typische Beispiele dieser Art von Mobilität. Insbesondere für den zweiten Studien-
teil bestand dabei die methodische Herausforderung, dass der Mikrozensus nur
die Flugreisen in den vier Monaten vor dem Befragungstermin erfasst. Weil die
Interviews gleichmässig über das Kalenderjahr erfolgten, können Mittelwerte pro-
blemlos hochgerechnet werden. Geht es jedoch um die Verteilung der jährlichen
Flugreisen innerhalb der Bevölkerung, ist ein erweiterter, multivariater Modellan-
satz notwendig. Der im Rahmen dieser Studie entwickelte Ansatz kombiniert für
jede befragte Person ihr tatsächliches Flugverhalten der letzten vier Monaten mit
einem Erwartungswert für den übrigen Teil des Jahres.
Im MZMV 2015 sind die Flüge detailliert und personenbezogen erfasst. Es sind
darin jedoch nicht alle Flüge erfasst, die für eine Flugticketabgabe relevant sind.
Da nur inländische Personen erfragt werden, fehlen darin insbesondere die aus-
ländischen Reisenden, welche von Schweizer Flughäfen abfliegen. Diese bezahlen
jedoch dieselbe Abgabe, wie in der Schweiz wohnhafte Personen – erhalten aller-
dings keine Rückvergütung. Die Schätzung der Gesamtsumme der Ticketabgaben
wurde deshalb auf die Passagierstatistik von 2015 des Bundesamts für Zivil-
luftfahrt abgestützt. Die ausbezahlten Rückvergütungen wurden entsprechend
hochgerechnet.
Das vom Auftraggeber vorgeschlagene Flugticketabgabe-Modell «New Climate
2020» beruht auf den tatsächlichen CO2 -Emissionen. Um die tatsächlichen
Emissionswerte berücksichtigen zu können, wurden die Angaben des Myclimate-
CO2 -Rechners beigezogen. Hierzu mussten für die im Mikrozensus erhobenen

6
1   IN KÜRZE

rund 3000 unterschiedlichen Flugdestinationen die jeweiligen Emissionswerte
berechnet und in den Datensatz übertragen werden.

7
2   FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG

2     Flugverhalten der Schweizer Bevölkerung
Die Basis für die personenbezogenen Auswertungen bildet das Zusatzmodul
«Reisen mit Übernachtungen» im Rahmen des Mikrozensus Mobilität und Ver-
kehr 2015 (MZMV 2015). Im Rahmen dieses Zusatzmoduls wurden 17 060
Zielpersonen detailliert zum Reisezweck und zu den Verkehrsmitteln befragt. Die
Respondentinnen und Respondenten wurden zu maximal drei zufällig ausgewähl-
ten Reisen innerhalb der letzten vier Monate befragt, was insgesamt 16 478
Reisen ergab. Bei 4074 dieser Reisen wurde das Flugzeug als Hauptverkehrsmittel
benutzt. Für den ersten Teil der Studie wurden in Übereinstimmung mit der
Methodik des Bundesamtes für Statistik (BFS/ARE 2017) die Ergebnisse nach
der Gewichtung der Zielpersonen von vier Monaten auf das ganze Jahr projiziert.

2.1     Nicht erfasste Flugreisen
Die Hochrechnung des Flugverhaltens aus dem Zusatzmodul «Reisen mit Über-
nachtungen» des MZMV 2015 auf die Schweizer Bevölkerung 5,5 Mio. Abflüge.
Das sind nur 26% der vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ausgewiesenen
21 Mio. Abflüge von Schweizer Flughäfen (Abflüge ohne Transfer- und Tran-
sitpassagiere) im gleichen Jahr. Dies zeigt, dass in der Mikrozensus-Erhebung
nicht alle relevanten Flugreisen abgebildet sind. Systematisch nicht erfasst sind
Abflüge von Flugreisenden aus der Schweiz, die hier keinen Wohnsitz haben, sprich
Touristinnen und Touristen sowie Geschäftsreisende aus dem Ausland. Wenn es
sich dabei nicht um Transitpassagiere handelt, würde diese ebenfalls eine schwei-
zerische Flugticketabgabe zahlen. Das ist für die Analyse des Flugverhaltens der
Schweizer Wohnbevölkerung nicht relevant, für die rückvergüteten Beträge aber
sehr wohl. Diese sind für die Inländerinnen und Inländern entsprechend grösser,
da die ausländischen Personen nicht davon profitieren. Ein kleinerer Teil der nicht
erfassten Flugreisen betrifft Flüge von in der Schweiz wohnhaften Personen und
geht auf die Erhebungsmethodik des Mikrozensus’ zurück. Folgende Faktoren füh-
ren dazu, dass im MZMV 2015 nicht sämtliche Abflüge der ständigen Schweizer
Wohnbevölkerung erfasst sind:

    • Im MZMV 2015 wurden nur die drei letzten Reisen und ihre Häufigkeit
      innerhalb der letzten vier Monate abgefragt. Wenn Personen mehr als drei
      unterschiedliche Flüge getätigt haben, werden diese somit nicht gezählt.

    • Da das Mobilitätsverhalten erst ab 6 Jahren erfasst wurde, sind Flüge von
      Kindern unter 6 Jahren nicht erfasst.

    • Weil nur Reisen mit Übernachtung detailliert untersucht wurden, sind Flug-
      reisen hin und zurück am selben Tag nicht erfasst. Dies dürfte insbesondere
      Geschäftsreisen betreffen.

8
2   FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG

Das im Folgenden dargestellte Flugverhalten der Bevölkerung bezieht sich auf
die im MZMV 2015 erfassten Flugreisen. Mit dieser Datenbasis werden zwar
nicht sämtliche Flugreisen erfasst, sie bildet jedoch die beste Datengrundlage
zur Analyse der relativen Unterschiede im Flugverhalten innerhalb Schweizer
Bevölkerung. Bei der Berechnung des
Gesamtbetrags, der durch eine Flugticketabgabe eingenommen und potenziell
rückverteilt wird, wird dann jedoch auf das Total der vom BAZL gezählten
Flugreisen zurückgegriffen. Dies erlaubt eine möglichst gute Schätzung der
Gesamtbilanz der Abgabe.

2.2    Flugverhalten nach Reiseweck
Die folgende Abbildung 1 zeigt die Flughäufigkeit der Schweizerinnen und Schwei-
zer insgesamt und aufgeschlüsselt nach dem Zweck der Reise. Für den Reisezweck
wird in den Daten zwischen privaten und geschäftlichen Flügen sowie einer Rest-
kategorie unterschieden. Die Ergenisse stimmen mit den durch das BFS und das
Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) errechneten Zahlen (BFS und ARE
2017) überein.
Gemäss Mikrozensus Mobilität und Verkehr MZMV flogen die Schweizerinnen
und Schweizer im Jahr 2015 im Durchschnitt 0,8 Mal. Wie im vorangegangenen
Abschnitt angegeben, sind im MZMV nicht sämtliche Flugreisen enthalten. Die
tatsächliche Zahl der Flugreisen dürfte entsprechend etwas grösser sei. Grösser
dürfte in Realität insbesondere der Anteil der Geschäftsreisen sein, weil diese
nur die Methodik des MZMV, die auf Privatpersonen optimiert ist, nur teilweise
erfasst werden kann.
Es interessieren uns hier aber vor allem die relativen Unterschiede innerhalb der
Bevölkerung. Dabei zeigen sich besonders grosse Differenzen zwischen den Ein-
kommensklassen. Personen, die über ein Haushaltseinkommen von über 12 000
Franken verfügen, fliegen ausgesprochen viel, wobei auch der Anteil der Ge-
schäftsreisen so hoch ist wie bei keiner anderen Bevölkerungsgruppe. Etwas
weniger stark differenzieren das Alter – jüngere wie auch ältere Personen fliegen
deutlich seltener als Personen mittleren Alters –, der Wohnort – Städter fliegen
häufiger als Personen aus ländlichen Gebieten – sowie die Familiensituation –
ledige Personen fliegen überdurchschnittlich viel. In Bezug auf das Geschlecht
gibt es keine nennenswerten Unterschiede.

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2    FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG

                                          Total
                                  Total                     0.7 0.1

                                          Geschlecht
                               Mann                        0.6 0.1

                                  Frau                           0.7

                                          Alter
                         6–17 Jahre                   0.5

                        18–24 Jahre                                             1

                        25–44 Jahre                                    0.8     0.2

                        45–64 Jahre                         0.7        0.2

                  mehr als 65 Jahre            0.3

                                          Einkommen
                       0–4000 CHF             0.3

                    4001–8000 CHF                          0.6

                  8001–12000 CHF                                 0.7     0.2

                       12000+ CHF                                                    1.2    0.4

                                          Wohnort
                    ländlicher Raum                  0.5

               kleine Agglomeration                  0.5

                    kleine Kernstadt                  0.5

              grosse Agglomeration                               0.7 0.1

                   grosse Kernstadt                                    0.8 0.1

                                          Familiensituation
                                  ledig                                0.8

            verheiratet/Partnerschaft                  0.6 0.1

                  getrennt/verwitwet                 0.5

                                      0.0              0.5                      1.0        1.5
                                           Anzahl Flüge pro Person und Jahr

                                     privat                 geschäftlich                   übrige

Abbildung 1: Durchschnittliche Anzahl Flüge pro Person und Jahr nach dem Zweck
der Reise (Werte unter 0.1 sind nicht beschriftet).

10
2    FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG

2.3    Flugverhalten nach Streckentyp

                                          Total
                                  Total                  0.6          0.2

                                          Geschlecht
                               Mann                       0.6        0.2

                                  Frau                    0.6         0.2

                                          Alter
                         6–17 Jahre                0.4 0.1

                        18–24 Jahre                                    0.8         0.2

                        25–44 Jahre                              0.8              0.3

                        45–64 Jahre                       0.6          0.2

                  mehr als 65 Jahre         0.2

                                          Einkommen
                       0–4000 CHF           0.2

                    4001–8000 CHF                       0.5 0.2

                  8001–12000 CHF                               0.7          0.2

                       12000+ CHF                                                    1.1     0.5

                                          Wohnort
                    ländlicher Raum                0.4 0.2

               kleine Agglomeration               0.4     0.2

                    kleine Kernstadt               0.4 0.2

               grosse Agglomeration                            0.7          0.2

                   grosse Kernstadt                              0.7          0.3

                                          Familiensituation
                                  ledig                         0.7          0.2

            verheiratet/Partnerschaft                   0.5      0.2

                  getrennt/verwitwet               0.4 0.1

                                      0.0                 0.5                      1.0      1.5
                                           Anzahl Flüge pro Person und Jahr

                                   Kurzstreckenflug                                Langstreckenflug

Abbildung 2: Durchschnittliche Anzahl Flüge pro Person und Jahr nach Streckentyp

11
2   FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG

Wichtig für eine Einschätzung der entstehenden CO2 -Emissionen und der damit
verbundenen Flugkosten ist natürlich die Distanz der Reise. Abbildung 2 zeigt die
Flughäufigkeit entsprechend aufgeschlüsselt nach dem Typ der zurückgelegten
Strecke. Um die Übersichtlichkeit der Darstellung zu erhöhen, werden in Überein-
stimmung mit der Infras-Studie vom September 2019 alle Flüge innerhalb Europas
und einer Distanz von weniger als 4000 km als Kurzstreckenflug eingeteilt (Infras
2019). Alle anderen werden als Langstreckenflüge eingestuft.
Ausser bei den Personen mit einem hohen Haushaltseinkommen, welche im
Mittel 0,5 Mal pro Jahr auf einer Langstrecke fliegen, ist die Häufigkeit der
Langstreckenflüge mit 0,1 bis 0,3 Mal pro Jahr sehr gleichmässig verteilt. Dies
heisst aber auch, dass der Anteil an Langstreckenflügen im Vergleich zu den
Kurzstreckenflügen bei denjenigen Personen deutlich höher ist, die insgesamt
wenig fliegen. Beispiele sind Personen aus dem ländlichen Raum, bei welchen
der Anteil der Langstrecken einen Drittel ausmacht. Bei Personen aus grossen
Kernstädten ist lediglich einen Fünftel der Flüge ein Langstreckenflug.

2.4    Flugbezogener CO2 -Verbrauch
Die Reduktion der CO2 -Emissionen ist das primäre Ziel einer Flugticketabgabe.
Angaben dazu sind in den MZMV 2015-Daten allerdings nicht vorhanden, weshalb
die durch den Myclimate-Flugrechner (Myclimate 2019) geschätzten Werte
herbeigezogen wurden. Der Myclimate-Flugrechner berechnet für jeden Flug die
durchschnittliche Menge an CO2 -Emissionen, die ein streckentypisches Flugzeug
über diese Flugdistanz pro Passagier der Economy Class ausstösst. Obwohl
Stickstoffe und Aerosole als zusätzliche CO2 -Emissionsäquivalente ebenfalls mit
in die Rechnung einbezogen werden, ist die tatsächliche Umweltbelastung eines
Fluges wohl noch höher einzustufen (IPCC 2007).
Mit Hilfe des IATA-Codes der Start- und Zielflughäfen konnten für 3829 Flüge
die Daten des Myclimate Flugrechners dem Mikrozensus hinzugefügt werden.
Bei den nicht hinzugefügten 245 Flügen handelt es sich um Abflüge ausserhalb
der Schweiz. Solche Flüge würden nach gängiger Auffassung nicht unter eine
Flugticketabgabe fallen und wurden deshalb nicht berücksichtigt.
Die durchschnittlichen flugbezogenen CO2 -Emissionen pro Person belaufen sich
auf 390 Kilogramm pro Jahr. Bezüglich der Verteilungen zwischen den Bevölke-
rungsgruppen sind die Resultate ähnlich wie jene zur Flughäufigkeit.

12
2    FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG

                                          Total
                                  Total                         390

                                          Geschlecht
                               Mann                             379

                                  Frau                           401

                                          Alter
                         6–17 Jahre                 232

                        18–24 Jahre                                    463

                        25–44 Jahre                                         523

                        45–64 Jahre                                   445

                  mehr als 65 Jahre            177

                                          Einkommen
                       0–4000 CHF             136

                    4001–8000 CHF                          331

                  8001–12000 CHF                                  424

                       12000+ CHF                                                        895

                                          Wohnort
                    ländlicher Raum                   285

               kleine Agglomeration                   289

                    kleine Kernstadt                      308

              grosse Agglomeration                                    446

                   grosse Kernstadt                                     492

                                          Familiensituation
                                  ledig                               457

            verheiratet/Partnerschaft                           377

                  getrennt/verwitwet                 243

                                          0           250                    500   750
                                                     CO2 –Verbrauch [in Kilo]

Abbildung 3: Verursachte CO2 -Emissionen pro Person und Jahr in Kilogramm

2.5    Flughäufigkeit und CO2 -Emissionen
Obwohl der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Flüge und den ver-
ursachten CO2 -Emissionen sehr stark ist, gibt es Nuancen dieser Beziehung

13
2     FLUGVERHALTEN DER SCHWEIZER BEVÖLKERUNG

zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen. Abbildung 4 zeigt die durchschnittliche
Flughäufigkeit pro Person und Jahr auf der y-Achse und den durchschnittlichen
CO2 -Verbrauch pro Person und Jahr auf der x-Achse.

                                                                                 12000+ CHF
                                        1.6
     Anzahl Flüge pro Person und Jahr

                                        1.4

                                        1.2
                                                                                                            18-24 Jahre
                                                                                                                              25-44 Jahre
                                        1.0
                                                                        8001-12000 CHF
                                        0.8                                                                               45-64 Jahre

                                              4001-8000 CHF
                                        0.6                                                       6-17 Jahre

                                        0.4
                                                       0-4000 CHF                                          mehr als 65 Jahre
                                        0.2
                                              0        200        400        600        800   0          200        400        600        800
                                                  CO2 -Verbrauch pro Person und Jahr [Kilo]         CO2 -Verbrauch pro Person und Jahr [Kilo]

Abbildung 4: Flughäufigkeit und CO2 -Verbrauch nach Einkommen (links) und Alter
(rechts)

Für den Vergleich des Flugverhaltens zwischen den Einkommensklassen wird
ersichtlich, dass die Personen mit hohem Haushaltseinkommen (über 12 000 Fran-
ken) und einem Haushaltseinkommen zwischen 4000 und 8000 relativ betrachtet
mehr CO2 -Emissionen verursachen als Personen mit einem Haushaltseinkommen
von 0-4000 Franken und von 8000-12 000 Franken. Es wir noch aufgezeigt,
dass dies zu einer etwas schlechteren Rückvergütungsbilanz der erstgenannten
Einkommensklassen führt.
Ähnliches lässt sich für bestimmte Altersgruppen feststellen. Während Personen
in einem Alter von 18-24 Jahren und Personen zwischen 25 und 44 Jahren
ungefähr gleich häufig fliegen, reisen 18- bis 24-Jährige vergleichsweise eher auf
Kurzstrecken, weshalb ihre Rückvergütungsbilanz auch besser ausfallen wird.

14
3   MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN

3        Modellierung der Kostenbilanzen
Welche und wie viele Haushalte werden durch eine Flugticketabgabe mit Rückver-
gütung finanziell belastet und welche entlastet? Antworten auf diese Fragen sind
entscheidend für die soziale Tragbarkeit einer solchen Abgabe, und sie sind rele-
vant für die Einschätzung der politischen Mehrheitsfähigkeit bei einer allfälligen
Volksabstimmung.
Die Kostenbilanzen lassen sich anhand der vorliegenden Daten am besten als
relative Vergleiche der Personen mit einer positiven und solcher mit einer ne-
gativen Bilanz schätzen. Für diese Vergleiche werden prozentuale Anteile sowie
Frankenwerte für die mittlere bzw. typische Person berechnet. Anschliessend
werden die Auswirkungen auf verschiedene sozialdemographische Eigenschaften
sowie eine Reihe von exemplarischen Haushaltsgruppen aufgezeigt.

3.1      Kombinierter, multivariater Ansatz
Die im MZMV 2015 befragten Personen wurden nur zu ihren Flugreisen in den
letzten vier Monaten befragt, alle Resultate müssen aber immer auf ein ganzes
Jahr hochgerechnet werden, damit die Implikationen für ein Rückvergütungsmodell
aufgezeigt werden können. Eine einfache Hochrechnung durchzuführen, ist nicht
zulässig, denn sie würde zu Verzerrungen führen. Weil Flugreisen relativ selten
sind, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass das Flugverhalten der jeweils letzten
vier Monate nicht einem Drittel der Flüge des gesamten Jahres entsprechen. Bei
einer einfachen Hochrechnung würde implizit angenommen, dass Personen, die
keinen Flug angegeben haben, das ganze Jahr nicht geflogen sind. Umgekehrt
würde eine Person, die in den letzten vier Monaten einen Langstreckenflug
unternommen hat, implizit auf drei entsprechende Flüge hochgerechnet. Mit einer
Hochrechnung von vier auf zwölf Monate würde sowohl der Anteil der Wenig- als
auch der Anteil der Vielfliegenden überschätzt.
Um diesen Verzerrungen entgegenzuwirken, wurde der flugbezogene CO2 -
Verbrauch jeder Zielperson der Befragung für jeweils ein ganzes Jahr modelliert.
Das Modell setzt sich dabei aus zwei Komponenten zusammen: Die erste
Komponente basiert auf einer multiplen Regression. Diese ermittelt den
Erwartungswert des flugbezogenen CO2 -Verbrauchs jeder Zielperson der
Befragung auf Basis ihres soziodemographischen Profils sowie ihres alltäglichen
Mobilitätsverhaltens.2 Die mit dem Regressionsmodell ermittelten Werte gelten
unabhängig vom konkreten Befragungszeitpunkt der Person für das gesamte
Jahr. Diese Werte sind die bestmögliche Schätzung für die 8 Monate, in denen
das Flugverhalten nicht direkt erhoben wird. Die zweite Komponente der
Berechnung beruht auf dem tatsächlichen Flugverhalten der Zielperson in den

    Die Modell- und Variablenselektion geschah parametrisch aufgrund der Gesamterklärungs-
     2

kraft der Modelle.

15
3   MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN

vier Monaten vor der Befragung. Die Befragung des realen Flugverhaltens bildet
einen Drittel des Jahres korrekt ab. Entsprechend fliessen die erhobenen Werte
zu einem Drittel und die modellierten Werte zu zwei Dritteln ins Gesamtmodell
ein.

3.2    Zwei Ausgestaltungsmodelle
Die finanziellen Bilanzen wurden für zwei Ausgestaltungsmodelle einer Flugticket-
abgabe mit Rückvergütung berechnet.

«New Climate 2020»: Für dieses Modell wurden die durch Myclimate geschätz-
   ten CO2 -Kompensationskosten für alle erhobenen Flugstrecken verwendet.
   Wie bei den CO2 -Emissionen liegt für die Kosten die Annahme zugrunde,
   dass die Flugstrecken mit typischen Flugzeugen und mit Economy-Class ge-
   flogen werden. In diesem Modell werden alle Einkünfte der Flugticketabgabe
   rückvergütet.

«Modell Nationalrat»: Dieses Modell basiert auf der im Postulat der UREK-N
   geäusserten Vorgabe, dass Kurzstreckenflüge mit 30 Franken und Lang-
   streckenflüge mit 120 Franken belastet werden. Zusätzlich wird davon
   ausgegangen, dass nur 51 Prozent der Einnahmen rückvergütet werden und
   die restlichen 49 Prozent einem Klimafonds zugute kommen.

Um eine direkte Vergleichbarkeit zwischen den Modellen herzustellen, wurde in
beiden Fällen von demselben Gesamtertrag der Flugticketabgabe ausgegangen.
Die Referenz bildet dabei das Modell des Nationalrats mit einem durch Inländerin-
nen und Inländer generierten Ertrag aus der Flugticketabgabe von rund 332 Mio.
Franken für das Jahr 2015. Um auf dieselbe Gesamtsumme zu kommen, wurde die
Basiskompensation des Myclimate-Flugrechners mit dem Faktor 4,2 multipliziert.
Dadurch werden auch hier von Flugreisen durch die Schweizer Wohnbevölkerung
insgesamt rund 332 Mio. Franken eingenommen.

                                               Modell Nationalrat    «New Climate 2020»
Bsp. Strecke:         ungefähre CO2-Verbrauch Abgabe Rappen pro Abgabe Rappen pro
Zürich nach…        Distanz [km]          [kg] [CHF]    kg CO2   [CHF]    kg CO2
Sydney                   16’600        2’900      120         4.15      340        11.75
Buenos Aires             11’300        1’900      120         6.30      218        11.50
Tokyo                     9’600        1’600      120         7.50      181        11.30
San Francisco             9’400        1’500      120         8.00      176        11.75
Palma de Mallorca         1’000          213       30        14.10       25        11.85
Barcelona                   900          195       30        15.40       21        10.75
London                      800          182       30        16.50       21        11.55
Paris                       500          144       30        20.85       17        11.65

Tabelle 1: Flugticketabgaben von Beispielstrecken für beide Modelle

16
3   MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN

Tabelle 1 zeigt die Höhe der Flugticketabgabe für eine Reihe von Beispieldestina-
tionen. Dabei sind die Kosten pro Person für beide Modelle dargestellt. Zusätzlich
sind die Kosten pro Kilogramm CO2 -Emission dargestellt. Dabei wird deutlich,
dass die Abgabe pro Kilogramm CO2 beim «Modell Nationalrat» mit steigender
Flugdistanz proportional stark abnimmt. Der Ansatz von «New Climate 2020»
diskriminiert hingegen nicht zugunsten der Langstreckenflüge, da die Abgabe pro
Kilogramm CO2 konstant bleibt.

3.3                                            Inländische Kostenbilanzen

                                               CHF
                                                          79% haben eine positive Bilanz                             «New Climate 2020»
                                                50

                                                 0
                                                                                            CH-Durchschnittsperson
                                                -50

                                                                                                                        21% haben eine
     Bilanz Flugticketabgabe - Rückvergütung

                                               -100
                                                                                                                         negative Bilanz
                                               -150
                                                                                                                          Top-5%
                                                                                                                          Vielfliegende
                                               -200

                                                  0%                25%                 50%                               75%              100%

                                               CHF
                                                50     60% haben eine positive Bilanz                                «Modell Nationalrat»

                                                 0
                                                                                          CH-Durchschnittsperson

                                                -50

                                               -100
                                                                                                                        40% haben eine
                                                                                                                         negative Bilanz
                                               -150
                                                                                                                         Top-5%
                                                                                                                         Vielfliegende
                                               -200

                                                  0%                25%                 50%                               75%              100%
                                                        Anteil der Bevölkerung (sortiert nach Häufigkeit des Fliegens)

Abbildung 6: Rückvergütungsbilanzen der zwei Modelle (5%-Gruppen von Personen)

Abbildung 6 zeigt die finanziellen Auswirkungen des inländischen Anteils einer
Flugticketabgabe. Die Bilanz entspricht der von der ständigen Wohnbevölkerung
bezahlten Flugticketabgaben und der teilweisen oder vollen Rückvergütung dieser
Abgaben gleichmässig an die Bevölkerung. Jede Säule im Diagramm entspricht

17
3   MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN

5 Prozent der Bevölkerung. Die Säulen sind nach der Häufigkeit des Fliegens
sortiert. Dabei wird eine sehr schiefe Verteilung sichtbar. Ein grosser Teil der
Bevölkerung fliegt nicht oder nur wenig und würde netto auch aus einer rein
inländerbasierten Flugticketabgabe mehr erhalten als bezahlen. Dem steht ein
kleines Bevölkerungssegment gegenüber, das sehr viel fliegt und netto deutlich
mehr bezahlen würde, als rückvergütet erhalten. Bei beiden Modellen werden rund
15 Prozent dieser Einnahmen durch Geschäftsflüge generiert. Wird diese durch
inländische Personen generierte Summe pro Kopf auf die ständige Wohnbevölke-
rung (ab dem siebten Lebensjahr) rückvergütet (Stand 2015: 7,7 Mio. Personen)
ergeben sich folgende Rückerstattungsbeträge pro Person und Jahr: 43 Franken
für das «New Climate 2020» sowie 22 Franken für das «Modell Nationalrat».
Der grösste Unterschied der beiden Modelle resultiert aus dem unterschiedlichen
Ausmass der Rückvergütung. Während in einem Modell nur die Hälfte der Einnah-
men an die Bevölkerung ausgezahlt wird, werden im anderen Modell die ganzen
Einnahmen rückverteilt. Die Art der Berechnung der Flugticketabgabe hat nur
einen geringen Einfluss auf die Zahl der negativ und positiv Betroffenen. Bei
einer vollen Rückverteilung der durch die inländische Bevölkerung generierten
Einnahmen erhalten beim New-Climate-Modell 79 Prozent der Schweizer Bevöl-
kerung mehr, als sie bezahlen. Beim Modell des Nationalrats sind dies 78 Prozent.
Wird nur die Hälfte der inländischen Einnahmen rückverteilt, haben gemäss «New
Climate 2020» und dem «Modell Nationalrat» je 60 Prozent eine positive Bilanz.

3.4    Integrale Kostenbilanzen
Im Mikrozensus Mobilität und Verkehr MZMV 2015 werden die Abflüge durch
ausländische Personen aus der Schweiz nicht erfasst. Einzelne Flüge inländischer
Personen ebenfalls nicht – insbesondere von Geschäfts- und anderen Vielfliegenden
nicht. Die Abgaben dieser nicht erfassen Flugreisen fliessen jedoch ebenfalls in
den Flugticketabgabetopf. Ausgehend von den insgesamt 21 Mio. Passagieren,
welche das BAZL für das Jahr 2015 ausweist können die Abgaben der inländischen
Flugpassagiere mit einem Faktor 3,8 hochgerechnet werden. Dies ergibt eine
Gesamtsumme von 1,3 Mia. Franken. Diese Summe entspricht dem von Infras
(2019) in einem unabhängig von der vorliegenden Studie geschätzten Volumen. Da
diese zusätzlichen Flugreisen überwiegend nicht an die Verursacher rückvergütet
werden, steigt durch den Einbezug die Summe der Geldmittel, die an die Schweizer
Wohnbevölkerung zurückgezahlt werden können.
Abbildung 7 zeigt, dass sich die positiven Verteilungseffekte bei dieser Betachtung
substanziell verstärken. So vervierfacht sich der rückvergütete Betrag auf 164
Franken für das New-Climate-Modell und 84 Franken für das «Modell Natio-
nalrat». Der Anteil der Bevölkerung, welche von der Flugticketabgabe etwas
zurückerhält, erhöht sich für beide Modelle ebenfalls drastisch. So werden beim
New-Climate-Modell 96% und beim «Modell Nationalrat» 90% begünstigt. Die

18
3   MODELLIERUNG DER KOSTENBILANZEN

durchschnittliche Person erhält laut dieser Schätzung netto 146 Franken («New
Climate 2020») bzw. 66 Franken («Modell Nationalrat») pro Jahr, während
Top-5-Prozent-Vielfliegenden netto 99 Franken («New Climate 2020») bzw. 155
Franken («Modell Nationalrat») pro Jahr bezahlen.

                                               CHF                                                            «New Climate 2020»
                                               200
                                                                                  96% haben eine positive Bilanz
                                               150

                                               100

                                                50

                                                 0
     Bilanz Flugticketabgabe - Rückvergütung

                                                                                                                 4% haben eine

                                                                                             schnittsperson
                                                -50
                                                                                                                 negative Bilanz

                                                                                             CH-Durch-
                                               -100
                                                                                                                        Top-5%
                                               -150                                                                     Vielfliegende
                                               -200
                                                      0%               25%                50%                     75%                   100%

                                               CHF                                                            «Modell Nationalrat»
                                               200

                                               150
                                                             90% haben eine positive Bilanz
                                               100

                                                50

                                                 0
                                                                                             schnittsperson

                                                -50                                                            10% haben eine
                                                                                                                negative Bilanz
                                                                                             CH-Durch-

                                               -100
                                                                                                                   Top-5%
                                               -150                                                                Vielfliegende
                                               -200
                                                      0%               25%                50%                     75%                   100%
                                                           Anteil der Bevölkerung (sortiert nach Häufigkeit des Fliegens)

Abbildung 7: Rückvergütungsbilanzen der zwei Modelle mit Hochrechnung auf das
reale Passagieraufkommen (5%-Gruppen von Personen)

Insgesamt ergaben sich daraus folgende Eckwerte:

«New Climate 2020»: Der rückvergütete Betrag liegt bei 164 Franken. 96 Pro-
   zent der ständigen Wohnbevölkerung (ab dem siebten Lebensjahr) erhalten
   mehr zurück, als sie über die Ticketabgabe einzahlen. Die durchschnittliche
   Person erhält netto 146 Franken pro Jahr (CHF 164 Rückvergütung minus
   CHF 18 Flugticketabgabe). Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden bezahlen netto
   100 Franken (CHF 164 Rückvergütung minus CHF 264 Flugticketabgabe),
   was ungefähr den Kompensationskosten eines Langstreckenfluges entspricht.

19
4   KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN

«Modell Nationalrat»: Der rückvergütete Betrag liegt bei 84 Franken (da nur
   51 Prozent der Einnahmen rückvergütet werden). 90 Prozent der ständigen
   Wohnbevölkerung (ab dem siebten Lebensjahr) erhalten bei diesem Modell
   mehr zurück als sie über die Ticketabgabe einzahlen. Die durchschnittliche
   Person erhält netto 66 Franken pro Jahr (CHF 84 Rückvergütung minus
   CHF 18 Flugticketabgabe). Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden bezahlen netto
   155 Franken (CHF 84 Rückvergütung minus CHF 239 Flugticketabgabe),
   was den Kompensationskosten von rund einem Langstreckenflug und drei
   Kurzstreckenflügen entspricht.

4     Kostenbilanzen nach Bevölkerungssegmenten
4.1    Soziodemographie
Abbildung 8 zeigt, welche Konsequenzen die beiden Modelle einer Flugticketab-
gabe auf das Verhältnis von Empfängern und Zahlenden innerhalb bestimmter
Bevölkerungssegmente haben. Die Auswertungen basieren auf denjenigen Versio-
nen der beiden Modelle, für welche der Gesamtbetrag der Flugticketabgabe auf
das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerechnet wurde (vgl. Abb. 7), weil
diese den in den eidgenössischen Räten besprochenen Vorschlägen am nächsten
kommen. Für die Einschätzung der Grössenordnung zeigt die Abbildung 8 zudem
(in Klammern), wieviel eine durchschnittliche Person mit einer positiven Bilanz
erhält und eine durchschnittliche Person mit negativer Bilanz bezahlen muss.
Insgesamt fällt auf, dass bei den meisten Bevölkerungssegmenten die Mehrheit
eine positive Bilanz aufweist. Diese einseitigen Verteilungen sind möglich, weil
in jedem Segment die Hauptlast der Abgaben durch eine kleinere Gruppe von
Vielfliegenden getragen wird und die ausländischen Touristen- und Geschäftsrei-
senden zwar mit einem Flug ab der Schweiz die Flugabgabe entrichten müssen,
aber als nicht in der Schweiz wohnhafte Personen keine Rückvergütung erhalten.
Beim Modell «New Climate 2020» mit einer vollen Rückerstattung müssen nur
in einem einzigen Segment mehr als zehn Prozent der Personen mehr bezahlen,
als sie erhalten. Bei der obersten Einkommensklasse mit einem Netto-Einkommen
von über 12 000 Franken liegt der Anteil der Netto-Zahlenden bei 11 Prozent.
Dagegen profitieren bei allen anderen Einkommensklassen über 90 der Personen
von der Flugticketabgabe, diejenigen mit einem Netto-Einkommen von bis zu
4000 Franken sogar zu 99 Prozent. Ausserdem profitieren praktisch alle der unter
18-Jährigen (99 %) und der über 64-Jährigen (99 %). Demgegenüber weisen
von der reisefreudigen Altersklasse der 18- bis 44-Jährigen 6 bis 8 Prozent eine
negative Bilanz auf. Auch räumliche Unterschiede fallen etwas ins Gewicht. Von
den Personen, die ausserhalb einer grossen Agglomeration leben, haben 97 bis
99 Prozent eine positive Bilanz.

20
4     KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN

                                 «New Climate 2020»                       «Modell Nationalrat»
                                 Geschlecht
                        Mann              3 (-74)              97 (149)            9 (-54)                   91 (71)

                         Frau             4 (-87)              96 (147)           11 (-55)                89 (68)

                                 Alter
                   6-17 Jahre              1 (-70)             99 (152)             4 (-44)                  96 (73)

                 18-24 Jahre             6 (-46)           94 (134)              18 (-47)               82 (57)

                 25-44 Jahre             8 (-90)           92 (138)              19 (-60)               81 (62)

                 45-64 Jahre              3 (-72)              97 (147)            9 (-51)                91 (69)

           mehr als 65 Jahre               1 (-82)             99 (154)              3 (-52)                 97 (75)

                                 Einkommen
                 0-4000 CHF                1 (-93)             99 (158)                 2 (-57)               98 (78)

             4001-8000 CHF                3 (-79)          97 (148)                  9 (-53)              91 (70)

            8001-12000 CHF                4 (-73)          96 (144)                  11 (-51)             89 (66)

                12000+ CHF               11 (-88)         89 (126)               26 (-61)              74 (53)

                                 Wohnort
             ländlicher Raum               3 (-82)             97 (150)             7 (-54)               93 (72)

        kleine Agglomeration               2 (-93)             98 (154)             5 (-42)                  95 (75)

             kleine Kernstadt              1 (-58)             99 (155)             4 (-36)                  96 (75)

       grosse Agglomeration               6 (-62)          94 (140)               14 (-65)               86 (63)

            grosse Kernstadt             7 (-87)           93 (137)              17 (-59)               83 (61)

                                 Familiensituation
           getrennt/verwitwet             3 (-62)              97 (151)            7 (-53)                   93 (72)

     verheiratet/Partnerschaft            3 (-77)              97 (150)            7 (-50)                   93 (71)

                         ledig            6 (-86)          94 (144)              15 (-57)                85 (67)

                                   20     0    20    40   60     80 100     20      0       20    40    60       80 100
                                           Anteile an jeweiliger Bevölkerungsgruppe in %,
                                           in Klammern Medianwert der Bilanz in CHF

                                 Personen mit negativer Bilanz             Personen mit positiver Bilanz

Abbildung 8: Rückvergütungsbilanzen nach soziodemographischen Eigenschaften. Die
Abbildung zeigt die prozentualen Anteile sowie in Klammern die mittleren Werte
(Mediane) für Personen mit positiver und Personen mit negativer Bilanz.

Auch beim «Modell Nationalrat» gehören bei 11 der 19 untersuchten Segmente
jeweils mehr als 90 Prozent der Personen zu den Profiteuren einer Flugticketab-
gabe. Weil jedoch nur 51 Prozent der Einnahmen rückverteilt werden, gibt es
dennoch einige Segmente, bei denen die Verringerung der Rückverteilung einen
deutlichen Anstieg derjenigen bewirkt, die mehr bezahlen, als sie erhält. So haben

21
4   KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN

hier ein Viertel der Personen aus der obersten Einkommensklasse eine negative
Bilanz. Ausserdem zahlen knapp 20 Prozent der 18 bis 44-Jährigen mehr ein,
als sie erhalten, und es sind schliesslich auch 17 Prozent der Menschen aus
grossen Kernstädten, die netto mehr bezahlen, als sie an Rückvergütung erhalten.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass beim «Modell Nationalrat» im Vergleich
zum Modell «New Climate 2020» der Anteil der Personen mit einer positiven
Bilanz stärker variiert.

4.2    Einkommensbezogene Umverteilungseffekte
Wie die Auswertung nach Bevölkerungssegmenten gezeigt hat, sind Personen mit
tieferen Einkommen deutlich weniger stark von einer Flugticketabgabe betroffen
als Personen mit hohen Einkommen. Die Frage der sozialen Tragbarkeit ist ein
wichtiger Aspekt und Streitpunkt von Umweltabgaben. Die vorliegende Analyse
zeigt dabei, dass eine Flugticketabgabe eher zu einer sozialen Entlastung als zu
einer Mehrbelastung führt. Abbildung 9 zeigt die Rückvergütungsbilanzen in Ab-
hängigkeit des Netto-Haushaltseinkommens für beide Modelle in der Version mit
den auf das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerechneten Gesamtbeträgen
(vgl. Abb. 7). Die Abbildung zeigt dabei zwei unterschiedliche Bilanzkurven. Links
ist der Durchschnitt über die jeweils ganze Einkommensklasse dargestellt. Das
rechte Diagramm zeigt die Bilanz der durchschnittlichen Person der jeweiligen
Einkommensklasse (Median-Wert). Die durchschnittliche Person ist jene, die
mehr fliegt als die 50 Prozent Wenigfliegenden und weniger als die 50 Prozent
Vielfliegenden. Es handelt sich um die jeweils typische Person jeder Einkom-
mensklasse. Es fällt auf, dass die beiden unterschiedlich berechneten Mittelwerte
sehr deutlich voneinander abweichen. Das arithmetische Mittel (links) liegt tiefer
als der Median (rechts). Die Erklärung liegt wiederum in der Tatsache, dass in
allen Einkommensklassen viele wenig und wenige viel fliegen. Es ist jeweils die
kleine Gruppe der Vielfliegenden, welche die durchschnittliche Bilanz in Richtung
einer negativen Bilanz zieht. Um zu ermessen, wie die Rückvergütungsbilanz der
typischen Person jeder Einkommensklasse aussieht, ist der Medianwert im rechten
Diagramm entscheidend. Für die Umverteilungsbilanz insgesamt ist dagegen das
arithmetische Mittel in der linken Grafik die richtige Grösse.

22
4        KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN

                                                                            Bilanz der Flugticketabgabe nach Einkommensklassen

                                                    Durchschnittsbilanz                                                                           Bilanz der mittleren Person
Flugticketabgabe - Rückvergütung [CHF]

                                         160                                                                                           160
                                         140                                                                                           140
                                         120                                                                                           120
                                         100                                                                                           100
                                          80                                                                                            80
                                          60                                                                                            60
                                          40                                                                                            40
                                          20                                                                                            20
                                           0                                                                                             0
                                                 00

                                                          00

                                                                   00

                                                                             0

                                                                                       0

                                                                                                 0

                                                                                                           0

                                                                                                                    0

                                                                                                                                                00

                                                                                                                                                         00

                                                                                                                                                                  00

                                                                                                                                                                            0

                                                                                                                                                                                      0

                                                                                                                                                                                                0

                                                                                                                                                                                                          0

                                                                                                                                                                                                                   0
                                                                            00

                                                                                      00

                                                                                                00

                                                                                                          00

                                                                                                                00

                                                                                                                                                                           00

                                                                                                                                                                                     00

                                                                                                                                                                                               00

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                                                                                                                                                                                                               00
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                                                                                                                                             40

                                                                                                                                                     60

                                                                                                                                                              80
                                                                        10

                                                                                  12

                                                                                            14

                                                                                                      16

                                                                                                               16

                                                                                                                                                                       10

                                                                                                                                                                                 12

                                                                                                                                                                                           14

                                                                                                                                                                                                     16

                                                                                                                                                                                                              16
                                             s

                                                      s

                                                               s

                                                                                                                                            s

                                                                                                                                                     s

                                                                                                                                                              s
                                          Bi

                                                    bi

                                                              bi

                                                                                                                                         Bi

                                                                                                                                                   bi

                                                                                                                                                             bi
                                                                        s

                                                                                 s

                                                                                           s

                                                                                                     s

                                                                                                           Ab

                                                                                                                                                                       s

                                                                                                                                                                                s

                                                                                                                                                                                          s

                                                                                                                                                                                                    s

                                                                                                                                                                                                          Ab
                                                                                                                            Netto-
                                                                    bi

                                                                                 bi

                                                                                           bi

                                                                                                     bi

                                                                                                                                                                   bi

                                                                                                                                                                                bi

                                                                                                                                                                                          bi

                                                                                                                                                                                                    bi
                                                 01

                                                          01

                                                                                                                                                01

                                                                                                                                                         01
                                                                   01

                                                                             1

                                                                                       1

                                                                                                 1

                                                                                                                                                                  01

                                                                                                                                                                            1

                                                                                                                                                                                      1

                                                                                                                                                                                                1
                                               40

                                                         60

                                                                                                                                             40

                                                                                                                                                        60
                                                                                                                        Einkommen in
                                                                            00

                                                                                      00

                                                                                                00

                                                                                                                                                                           00

                                                                                                                                                                                     00

                                                                                                                                                                                               00
                                                               80

                                                                                                                                                              80
                                                                        10

                                                                                  12

                                                                                            14

                                                                                                                                                                       10

                                                                                                                                                                                 12

                                                                                                                                                                                           14
                                                                                                                            CHF

                                                                                       «New Climate 2020»                         «Modell Nationalrat»

Abbildung 9: Durchschnitte und mittlere Werte (Mediane) der persönlichen
Rückvergütungsbilanzen nach Einkommen.

Bei «New Climate 2020» leistet keine Einkommensklasse einen positiven Netto-
betrag in die Kasse der Flugticketabgabe, aber die Differenzen der Rückerstattung
zwischen den Einkommensklassen sind doch beträchtlich. Insgesamt erhalten
die Personen mit Einkommen über 12’000 Franken rund 126 Mio. Franken pro
Jahr, was einer durchschnittlichen Vergütung pro Kopf von 89 Franken entspricht.
Auf der anderen Seite werden den mittleren Einkommensklassen von 6’000 bis
12’000 Franken 426 Mio. Franken pro Jahr rückvergütet, was bereits eine durch-
schnittliche Vergütung pro Kopf von 123 Franken bedeutet. Die Gesamtsumme
der Vergütung für Personen mit einem Einkommen von unter beträgt 396 Mio.
Franken. Weil aber deutlich weniger Personen zu den unteren als zu den mittleren
Einkommensklassen zählen, liegt der Mittelwert der Pro-Kopf-Rückvergütung
hier bei 140 Franken. Im Zusammenhang mit dem Gesamtumsatz von 1,3 Mia.
Franken ist dies deshalb eine markante Regression der Rückvergütungen zu
Gunsten der tieferen Einkommen, weil mit dem Anstieg der Einkommen die
Rückvergütungen stark abnehmen.
Weil beim «Modell Nationalrat» nur 51 Prozent rückverteilt werden, sind die
Bilanzen hier insgesamt tiefer. Die hohen Einkommensklassen mit einem Ein-
kommen von mehr als 12 000 Franken profitieren hier mit nur noch rund 14
Mio. Franken. Pro Kopf ergibt dies eine durchschnittliche Rückvergütung von
lediglich 10 Franken. Eine weitaus positivere Bilanz weisen in diesem Modell die
Einkommen bis 6000 Franken auf mit rund 170 Mio. Franken, was pro Kopf 60
Franken entspricht. Werden die Rückvergütungen für die Personen mit mittleren
Einkommen addiert, resultiert eine positive Bilanz von 153 Mio. Franken im Jahr

23
4   KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN

bzw. im Durchschnitt 44 Franken pro Kopf. Beim Modell Nationalrat gibt es also
ebenfalls eine generelle Regression der Rückvergütungsbeiträge von oben nach
unten. Wichtig ist ausserdem, dass auch beim «Modell Nationalrat» ausser bei
den grössten Einkommen von über 16 000 Franken immer nur eine Minderheit
der Vielfliegenden mehr bezahlt als erhält.

4.3    Kantonale Verteilung der Rückvergütung
Die Rückvergütungsbilanzen haben nicht nur soziodemographische Auswirkungen,
sondern weisen ebenfalls deutliche regionale Ausprägungen auf. Abbildung 10
zeigt entsprechend die Anteile der Personen, die von einer Flugticketabgabe
profitieren würden, pro Kanton. Die Auswertungen basieren auf den Zahlen der
Modellversionen mit den auf das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerech-
neten Gesamtbeträgen. Es wird klar, dass die Bevölkerung in einem Kanton
mit Nähe zu einem internationalen Flughafen anteilsmässig einen grösseren Teil
der Flugticketabgabe tragen. Eine vergleichsweise tiefe Netto-Empfängerquote
haben Zürich (New Climate: 89 % / Nationalrat: 74 %), Bern (95 % / 87 %),
Basel-Stadt (95 % / 89 %), Basel-Landschaft (96 % / 88 %), Genf (97 % / 89
%) sowie die Waadt (96 %, / 89 %). Personen mit einer positiven Bilanz erhalten
bei «New Climate 2020» in Zürich CHF 131, in Bern CHF 143, in Basel-Stadt
und Basel-Landschaft CHF 141, in Genf 142 und in der Waadt CHF 143. Der
Umstand, dass der finanzstarke Kanton Zug ebenfalls einen vergleichsweisen
tiefen Anteil an Empfängern aufweist (88 % / 77 %), zeigt, dass das Einkommen
auch für die regionalen Unterschiede eine wichtige Rolle spielt. Auffällig ist, dass
in den Kantonen Zug und Zürich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung beim
«Modell Nationalrat» mehr bezahlt als erhält.
Umgekehrt sind der Anteil der Empfänger und auch die Höhe der typischen
Rückvergütung in eher ländlich geprägten Kantonen mit einiger Distanz zu den
internationalen Flughäfen höher. Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, Frei-
burg, Glarus, Graubünden, Jura, Neuenburg, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen,
Schwyz, Solothurn, St.Gallen, Tessin, Thurgau, Uri und das Wallis weisen alle
einen Anteil von Personen mit einer positiven Bilanz von über 96 Prozent für
das Modell «New Climate 2020» und über 90 Prozent für das «Modell Natio-
nalrat» auf. Auch die mittleren Frankenbeträge, die bei «New Climate 2020»
rückvergütet werden, sind in diesen Kantonen mehrheitlich höher (von CHF 148
in Schwyz bis zu CHF 161 im Tessin). Dies gilt allerdings nicht für das «Modell
Nationalrat». Der Median der rückvergüteten Abgaben ist nur im Tessin mit 82
Franken deutlich höher als in anderen Kantonen.

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4    KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN

            «New Climate 2020»                                                    «Modell Nationalrat»

                    Anteile der Empfänger in %
                      70 bis 75   75 bis 80   80 bis 85   85 bis 90   90 bis 95    95 bis 100

Abbildung 10: Rückvergütungsbilanzen nach Kantonen. Die Abbildung zeigt die
prozentualen Anteile für Personen mit positiver Bilanz.

4.4    Rechenbeispiele für ausgewählte Haushalte
Aus den beiden Bilanzierungsmodellen können schliesslich Ergebnisse für Haus-
halte geschätzt werden, die nach feingliedrigeren und vor allem kombinierten
Eigenschaften unterschieden werden. In der Folge wird für sieben beispielhafte
Haushalte aufgelistet, welche Rückvergütungsbilanz sie typischerweise mit den
beiden Modellen erzielen würden. Das bedeutet konkret, dass die Personen der
Haushalte aufgrund der beschriebenen Eigenschaften aus den Bilanzierungsdaten
ausgewählt wurden, bevor die Summe der mittleren Werte berechnet wurde. Weil
die Verteilungen innerhalb der Gruppen meistens sehr schief sind, wurde jeweils der
mittlere Wert (Median) und nicht der Durchschnitt berechnet. Wiederum wurden
die Zahlen der Modellversionen zugrunde gelegt, für welche der Gesamtbetrag
der Flugticketabgabe auf das tatsächliche Passagieraufkommen hochgerechnet
wurde (vgl. Abb. 7).

  1. Beispiel: Rentner-Ehepaar

       • Beide sind über 65 Jahre alt, wohnen in einer ländlichen Gegend und
         haben ein monatliches Einkommen von 4001-6000 Franken.
       • Das Paar würde normalerweise mit «New Climate 2020» 313 Franken
         und mit dem Modell Nationalrat 157 Franken erhalten.

  2. Beispiel: Manager

       • Mann im Alter von 46-65 Jahren, lebt getrennt in der Agglomeration
         einer grossen Stadt und verfügt über ein monatliches Einkommen von
         über 12 000 Franken.
       • Er bekäme typischerweise mit «New Climate 2020» 115 Franken und
         mit dem Modell Nationalrat 35 Franken.

25
4   KOSTENBILANZEN NACH BEVÖLKERUNGSSEGMENTEN

 3. Beispiel: Mittelstandsfamilie

      • Familie mit zwei Kindern, die Eltern sind zwischen 25 und 64 Jahren alt,
        die Kinder zwischen 6 und 17 Jahren. Die Familie ist in einer ländlichen
        Gegend wohnhaft und muss mit einem monatlichen Einkommen von
        4001-8000 Franken auskommen.
      • Normalerweise würden sie 621 Franken («New Climate 2020») bzw.
        227 Franken (Modell Nationalrat) rückvergütet bekommen.

 4. Beispiel: Witwe

      • Über 65 Jahre alte Frau, in einer ländlichen Gegend zuhause. Sie verfügt
        über ein monatliches Einkommen von 2001-4000 Franken.
      • Die Frau würde typischerweise über «New Climate 2020» 160 Franken
        und über das Modell Nationalrat 80 Franken erhalten.

 5. Beispiel: Doppelverdiener-Familie

      • Doppelverdiener-Paar mit einem Kind. Die Eltern sind zwischen 25 und
        44 Jahren alt und haben ein monatliches Einkommen von über 12 000
        Franken. Das Kind ist zwischen 6 und 17 Jahren alt. Die Familie wohnt
        in der Agglomeration einer grossen Stadt.
      • Sie würden mit «New Climate 2020» normalerweise 345 Franken be-
        kommen und mit dem Modell Nationalrat eine positive Bilanz von 113
        Franken aufweisen.

 6. Beispiel: Doppelverdiener-Paar

      • Ein Doppelverdiener-Haushalt. Beide sind zwischen 45 und 65 Jahren
        alt und haben ein monatliches Einkommen von über 12 000 Franken.
        Das Paar ist in einer grossen Stadt wohnhaft.
      • Ein solches Paar würde typischerweise mit «New Climate 2020» 179
        Franken und mit dem Modell Nationalrat nur noch 15 Franken erhalten.

 7. Beispiel: Junger Single

      • Ein lediger Mann im Alter von 18 bis 24 Jahren, lebt alleine in einer
        urbanen Gegend und verfügt über ein monatliches Einkommen von
        4001-8000 Franken.
      • Die Rückerstattung beläuft sich bei «New Climate 2020» auf 116
        Franken und beim Modell Nationalrat auf 36 Franken.

26
5   FAZIT

5    Fazit
Diese Studie zeigt sehr deutlich, dass ein grosser Teil der flugverkehrsbezogenen
CO2 -Emissionen in der Schweiz von einer kleinen Minderheit verursacht wird.
Die Top-5-Prozent-Vielfliegenden tragen alleine mit ihren privaten Flügen rund
einen Drittel zu den gesamten Flugverkehrsemissionen bei. Es handelt sich dabei
insbesondere um Personen mit hohen Einkommen sowie um jüngere Erwachsene,
die in Grossstädten in Flughafennähe leben. Das Gegenstück dazu bilden Verhei-
ratete und insbesondere Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in Berg-
und Landkantonen.
Aufgrund der sehr ungleichen Verteilung der Flughäufigkeit würde selbst bei
einer alleine durch die Schweizer Bevölkerung getragenen Flugticketabgabe mit
Rückvergütung eine deutliche Mehrheit mehr erhalten als bezahlen. Bei einer vollen
Rückvergütung gemäss Modell «New Climate 2020», wie es vom Verein Rote
Anneliese zur Debatte gestellt wird, wären dies 79 Prozent. Ein Flug nach Palma
de Mallorca im Jahr würde bei diesem Modell rund 18 Franken weniger kosten, als
die zu erwartende Rückvergütung zu Buche schlägt. Selbst wenn nur die Hälfte der
inländischen Abgaben rückverteilt würden, ergäbe dies immer noch eine Mehrheit
von 60 Prozent mit einer positiven Bilanz. Dieses überraschende Resultat macht
die ungleiche Verteilung der Flugintensität innerhalb der Bevölkerung sehr gut
greifbar.
Wird die Flugticketabgabe jedoch nicht als reine Besteuerung der inländischen
Bevölkerung angelegt, sondern als Abgabe auf allen Flugtickets ab Schweizer
Flughäfen sieht die Bilanz für den grössten Teil der Schweizer Bevölkerung finan-
ziell positiv aus. Weil Flüge von Personen mit Wohnsitz im Ausland sowie alle
Geschäftsflüge zwar besteuert aber nicht an die entsprechenden Gruppen rück-
verteilt werden, verbessert sich die Bilanz für natürliche Personen mit Wohnsitz
in der Schweiz ausserordentlich. Bei einer vollen Rückerstattung würden rund
19 von 20 Personen in der Schweiz am Ende des Jahres mehr Rückvergütung
erhalten, als sie Flugticketabgaben bezahlen. Das Modell «New Climate 2020» hat
gemessen am Gesamtumsatz der vorgeschlagenen Flugticketabgabe von rund 1,3
Mia. Franken im Jahr einen markanten Regressionseffekt: Die Einkommensklassen
von über 12 000 Franken bekommen insgesamt rund 126 Mio. Franken mehr,
als sie erhalten, die Einkommen unter 6000 Franken erhalten insgesamt rund
396 Mio. Franken mehr, als sie bezahlen. Geht man davon aus, dass ein Teil der
privaten Flüge von Vielfliegenden durch den MZMV nicht erfasst sind, dürfte der
Umverteilungseffekt in Realität sogar noch etwas grösser sein.
Beim vom Nationalrat vorgeschlagenen Modell werden nur 51 Prozent der Einnah-
men rückvergütet. Dennoch würde aufgrund der Rückzahlung alleine an natürliche
Personen mit Wohnsitz in der Schweiz eine grosse Mehrheit, nämlich 90 Prozent,
mehr erhalten, als bezahlen. Allerdings ist die Bilanz für die Durchschnittsschwei-

27
5   FAZIT

zerin und den Durchschnittsschweizer aufgrund der geringeren Beträge mit plus
66 Franken deutlich tiefer als beim Modell «New Climate 2020» mit 146 Franken.
Ausserdem zahlen hier zwar die höchsten Einkommen mehr als sie erhalten, die
tiefen Einkommen werden insgesamt aber weniger finanziell entlastet.
Gemessen an den typischen Personen haben jedoch beide Modelle zur Folge,
dass Personen mit geringeren Einkommen und Personen aus ländlichen Regionen
netto am meisten profitieren. Beim Modell «New Climate 2020» ist dieser Effekt
stärker ausgeprägt. Eine typische ländliche Mittelstandsfamilie erhält netto bei
«New Climate 2020» 621 Franken, beim Modell des Nationalrats 227 Franken
zusätzlich in die Haushaltskasse.
Ein zweiter wichtiger Unterschied zwischen den beiden analysierten Modellen
liegt in der Berechnungsgrundlage der Flugticketabgabe. Das Modell des Natio-
nalrats unterscheidet nur zwei Streckentypen: Kurz- und Langstreckenflüge. Das
Modell «New Climate 2020» beruht hingegen auf dem tatsächlichen Klimaeffekt
eines Fluges. Es orientiert sich an den Emissionsberechnungen des Myclimate-
Flugrechners. Das Modell «New Climate 2020» hat den Vorteil, dass es keine
Destinationen gegenüber anderen bevorzugt. Insbesondere die Obergrenze von
120 Franken für die Ticketabgabe könnte beim «Modell Nationalrat» zu unbe-
absichtigten Anreizen für lange Langstreckenflüge führen, die gewissermassen
klimaquersubventioniert werden. So kommt ein Flug nach Sydney gemäss «Mo-
dell Nationalrat» pro Kilogramm emittiertem CO2 mehr als drei Mal so günstig
wie ein Flug nach Palma de Mallorca. Hierfür gibt es kaum eine begründbare
Argumentation. Dessen ungeachtet unterscheiden sich die sozioökonomischen
Verteilungseffekte nur wenig zwischen den beiden Berechnungsgrundlagen. Der
Vorteil des Ansatzes von «New Climate 2020» beruht in einer deutlich faireren
und klimagerechteren Berechnungsgrundlage der Flugticketabgabe.

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