Gründungs-Update Aktuelle Daten und Fakten zum Gründungsgeschehen - Ausgabe 1/2020 Team Wirkungsanalyse, 20.03.2020 Dr. Peggy Kelterborn, Dr ...
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Gründungs-Update Aktuelle Daten und Fakten zum Gründungsgeschehen Ausgabe 1/2020 Team Wirkungsanalyse, 20.03.2020 Dr. Peggy Kelterborn, Dr. Sonja Kind, Dr. Leo Wangler, Dr. Jan Wessels, Dr. Christiane Kerlen
Impressum Institut für Innovation und Technik (iit) in der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Steinplatz 1 10623 Berlin Tel.: +49 30 310078-111 Fax: +49 30 310078-216 E-Mail: info@iit-berlin.de www.iit-berlin.de Autoren Dr. Peggy Kelterborn Dr. Sonja Kind Dr. Leo Wangler Dr. Jan Wessels Dr. Christiane Kerlen (Kerlen Evaluation Ltd) Layout VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Berlin, Juli 2020
Inhalt 1. Gründungsdynamik: Laut aktuellen Umfragen sind die Gründungszahlen weiter rückläufig .................... 4 2. Gründungsfinanzierung: Finanzierungsmöglichkeiten entwickeln sich weiter positiv, dennnoch bleibt die Risikokapitallücke bestehen ............................................................................................................ 7 3. Schwerpunktthema: Metropolregionen ........................................................................................................ 12 4. Schwerpunktthema: Female Founders ........................................................................................................... 14 5. Faktenübersicht................................................................................................................................................. 16 6. Literatur- und Quellenverzeichnis................................................................................................................... 18
4 Gründungs-Update 1/2020 1. Gründungsdynamik: Laut 155.000 Neugründungen, im Vergleich zu 161.000 im Jahr 2017. Dabei ist der Rückgang der Gründungstätigkeit nicht aktuellen Umfragen sind die gleichmäßig über alle Branchen verteilt, sondern ist vor allem Gründungszahlen weiter rückläufig in den Industriebranchen (inklusive Bau) und dem Handel zu beobachten (Comdirect 2019b). Im Vergleich zu den Vorjahren fielen die Gründungszahlen in Deutschland weiterhin leicht ab. Dieses Ergebnis zeigt sich in Die KfW weist in ihrer aktuellen Studie den Bestand innovativer den jüngsten Studien zum Gründungsgeschehen, die aufgrund oder wachstumsorientierter Start-ups seit 2016 aus. Deren Zahl unterschiedlicher Definitionen und Annahmen (vgl. Box „Zur ist von 54.000 (2016) auf 70.000 (2018) gestiegen (KfW 2020). Statistik“) jeweils zu unterschiedlichen Aussagen zum aktuel- Hier zeigt sich offenbar ein gegenläufiger Trend, der Bestand len Gründungsgeschehen kommen: Laut Kreditanstalt für Wie- innovativer oder wachstumsorientierter junger Unternehmen deraufbau (KfW) waren es 2018 rund 547.000 Personen, die nimmt zu. gegründet haben. Das sind 10.000 weniger als ein Jahr zuvor (KfW 2019b). Nach Analysen des Instituts für Mittelstandsfor- schung (IfM) sank die Zahl der Existenzgründerinnen und -grün- Zur Statistik der um 14.000 (3,6 Prozent) von 381.000 (2017) auf 367.000 (2018) (IfM Bonn 2019b). Darunter sind 122.700 Betriebe mit Zur Erfassung der Gründungsdynamik werden drei zent- „größerer wirtschaftlicher Bedeutung“, die übrigen sind Klein- rale Quellen genutzt: unternehmen oder Nebenerwerbsbetriebe (statista 2019). 1. Zahlen des ZEW im sogenannten Mannheimer Grün- Auch ZEW/Creditreform beschreiben in ihrer Studie einen Rück- dungspanel (MUP) in Kooperation mit dem Verband der gang der Gründungstätigkeit und verzeichnen 2018 lediglich Vereine Creditreform e.V., Gründungszahlen im Überblick 1.000.000 KfW KfW - Start-ups ifm ZEW/Creditreform 915.000 900.000 868.000 800.000 763.000 700.000 672.000 600.000 557.000 547.000 500.000 422.000 396.000 388.000 400.000 378.000 381.000 367.000 300.000 200.000 160.536 159.677 156.800 159.321 161.000 155.000 100.000 70.000 54.000 60.000 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Abbildung 1: Gründungszahlen im Überblick (KfW, ifm, ZEW/Creditreform)
Gründungs-Update 1/2020 5 in einzelnen norddeutschen Ländern die Gründungsaktivitäten 2. Zahlen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn weiterhin zunehmen, diese aber ansonsten in allen anderen (IfM) sowie Bundesländern rückläufig sind (IfM Bonn 2019b). Für die po- sitive Entwicklung in Berlin leisten auch IT-Unternehmensgrün- 3. Grundüngszahlen der KfW und des Mikrozensus der dungen einen wichtigen Beitrag, denn laut einer Bitkom-Studie amtlichen Statistik. bildet Berlin einen Schwerpunkt im IT-Bereich (30 Prozent der Befragten gaben an, ihr IT-Unternehmen in Berlin gegründet zu Aufgrund der unterschiedlichen Erfassungsmethoden haben (Bitkom 2019)). kommen die Befragungen zu verschiedenen Ergebnissen über das Gründungsgeschehen. Der wichtigste Grund für die rückläufige Gründungsneigung bleibt in den zitierten Studien die zum Berichtszeitpunkt vor- Das ZEW erfasst Neugründungen und bezieht sich damit herrschende florierende, wenngleich nicht mehr ganz so dy- jeweils auf die in einem Jahr neu gegründeten Unterneh- namische Konjunktur, und die damit verbundene gute Arbeits- men, d.h. nicht der Bestand, sondern die jeweils neu hin- marktsituation. Für potenzielle Gründerinnen und Gründer ist zugekommenen Unternehmen. es attraktiver, einer abhängigen Beschäftigung nachzugehen, als sich den mit einer Unternehmensgründung verbundenen Das IfM erstellt seine Statistik basierend auf den Daten Risiken auszusetzen. So lag auch nur bei 4 Prozent der Befrag- des Statistischen Bundesamtes und betrachtet Existenz- ten die Motivation zur Gründung darin, aus der Arbeitslosigkeit gründungen, also alle steuerrechtlich getrennt behandel- zu kommen. Dagegen sind Unabhängigkeit (41 Prozent) und ten selbstständigen Tätigkeiten von Personen. höheres Einkommen/Lebensunterhalt (31 Prozent) die größten Antreiber (KfW/statista 2019). Der KfW-Gründungsmonitor führt eine repräsentative, telefonische Bevölkerungsbefragung von 50.000 Perso- Insgesamt sind aber die Anreize für den Schritt in die Selbst- nen durch und erfasst ebenfalls die Gründungsaktivität ständigkeit über alle Einkommensgruppen hinweg niedrig. Hier von Personen. Hier werden ebenfalls Personen und nicht spielt trotz der sich abkühlenden Konjunktur der weiterhin zu- Organisationen gezählt. Es werden Personen erfasst, die nehmende Fachkräftemangel eine wesentliche Rolle, denn die innerhalb von 12 Monaten eine gewerbliche oder freibe- gute Arbeitssituation der Fachkräfte setzt auch für diese po- rufliche Selbstständigkeit im Voll- oder Nebenerwerb be- tenziellen Gründerinnen und Gründer nur geringe Anreize für gonnen haben (KfW 2019). Im KfW-Gründungsmonitor den Schritt in die Selbstständigkeit. So kann laut DIHK Arbeits- werden auch innovative und wachstumsorientierte Start- marktreport (2019) fast jedes zweite (49 Prozent) der mehr als ups aufgeführt. Darunter werden Unternehmen verstan- 23.000 antwortenden Unternehmen offene Stellen längerfris- den, die vor höchstens 5 Jahren neu gegründet wurden. tig nicht besetzen, weil es keine passenden Arbeitskräfte findet. Innovationsorientiert bedeutet dabei Forschung und Ent- wicklung durchzuführen, um eine technologische Innova- Auch die anhaltende demografische Entwicklung senkt mit- tion zur Marktreife zu führen bzw. eine deutschlandweite telfristig das Gründungspotenzial. Die Anzahl der Personen Marktneuheit anzubieten. im Alter zwischen 35 und 44 Jahren, die typischerweise ein Unternehmen gründen, nimmt in Deutschland kontinuierlich ab. Eine Verschiebung der Verhältnisse zeigt sich auch darin, dass zuletzt die größte Gründungsneigung in der Gruppe der Von 10.000 Personen im erwerbsfähigen Alter (18 bis unter 65 25-34-Jährigen zu beobachten war (RKW Kompetenzzentrum Jahre) gründeten 71 Personen (2018), dies entspricht 0,71 Pro- 2019). Die jüngere Kohorte scheint jetzt mehr zu gründen. Es zent (IfM Bonn 2019). Dabei überwiegen nach wie vor Kleinge- bleibt zu beobachten, inwieweit sich die Gründungsneigung in werbegründungen an den gewerblichen Existenzgründungen, Richtung Jüngere verschieben könnte. also Unternehmen mit eher geringen Wachstumsperspektiven. Der Anteil lag im ersten Halbjahr 2019 bei rund 56 Prozent, ist Auch in den Branchen zeigen sich deutliche Unterschiede hin- damit gegenüber 2015 (60 Prozent) jedoch leicht rückläufig, sichtlich des Rückgangs der Gründungszahlen. Besonders in was für eine Entwicklung in Richtung Hauptgewerbe sprechen den Industriebranchen und im Handel ist der Rückgang zu be- könnte. obachten. Der Trend könnte sich auch durch die schwieriger ge- wordenen globalen Handelsbedingungen verstärkt haben, da Mit Blick auf eine regionale Verteilung der Zahlen zum Grün- hiervon insbesondere Industriegüter betroffen sind. Diese Argu- dungsgeschehen zeigt sich, dass in Berlin und Umgebung sowie mentation ist jedoch als Erklärungsansatz für den Rückgang im
6 Gründungs-Update 1/2020 Bereich der FuE-intensiven Industriezweige der Spitzentechno- logie und höherwertigen Technologien nur wenig plausibel, da hier aufgrund der Spezialisierung und Nischenanwendungen keine gesonderten Bedingungen im globalen Handelsumfeld gelten. Dennoch wurden im Jahr 2018 lediglich rund 1.100 Unternehmen und damit 15 Prozent weniger als im Vorjahr in der FuE-intensiven Industrie gegründet. Das ZEW nennt hier als möglichen Einflussfaktor ein sehr starkes globales Wettbe- werbsumfeld für innovative Start-ups (Comdirect 2019b). Relevante Fakten: f Den aktuellen Statistiken zufolge sind die Gründungsaktivi- täten in Deutschland weiter rückläufig. Dies trifft bis auf die Metropolregion Berlin und einzelne norddeutsche Bundes- länder auf ganz Deutschland zu. f Ein Gründungsrückgang ist vor allem in den Industriebran- chen (inklusive Bau) und dem Handel zu verzeichnen. Besonders stark ist der Rückgang auch in FuE-intensiven Industriezweigen. f Die den Statistiken zugrundeliegende gute Arbeitsmarktsi- tuation scheint wie in den Vorjahren der Hauptgrund dafür zu sein. f Weil der Fachkräftemangel im Betrachtungszeitraum weiter zugenommen hat, haben auch in mittleren und höheren Einkommensschichten Anreize gefehlt, Gründung als Alter- native zur Anstellung zu sehen. f Erstmalig zeigt sich in der Altersgruppe der 25-34-Jährigen die höchste Gründungsneigung. f Berlin bildet in Deutschland einen Schwerpunkt für IT- Gründungen.
Gründungs-Update 1/2020 7 2. Gründungsfinanzierung: Venture Capital: Nach Angaben des Bundesverbands Deut- scher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK), einer weite- Finanzierungsmöglichkeiten ren wichtigen Datenquelle für das zur Verfügung stehende Ka- entwickeln sich weiter pital, erreichten die Venture-Capital-Investitionen im Jahr 2019 einen Höchstwert (BVK 2020). Mit 1,74 Mrd. Euro wurde der positiv, dennoch bleibt die Vorjahreswert von 1,5 Mrd. Euro übertroffen und konnte eine Risikokapitallücke bestehen Steigerung in allen Bereichen aufweisen: In der Seed-Phase mit einem deutlichen Plus von 62 Prozent auf 128 Mio. Euro. Der Die Finanzierungsmöglichkeiten für Gründerinnen und Gründer VC-Bereich zur Start-up-Finanzierung konnte auf 1,043 Mrd. entwickeln sich positiv, die Gesamtsumme der Venture-Capital- Euro gesteigert werden, ein Plus gegenüber dem Vorjahr um Investitionen ist 2019 gegenüber dem Vorjahr weiter gestiegen. 8,8 Prozent. Die Investitionen im Later-Stage Bereich wachsen um 24 Prozent auf 570 Mio. Euro. Damit konnten die Rück- Finanzierungsvolumen für Start-ups: Relevante Zahlen zum gänge des Vorjahres im Seed- und Later-Stage-Bereich wieder gesamten Finanzierungsvolumen für Start-ups (einschließlich wettgemacht werden. Exits und Buy-outs) liefert das Start-up-Barometer Deutschland von Ernst & Young (EY 2020). Der Gesamtwert der Finanzie- Auf die Seed-Phase entfallen 7 Prozent des investierten Kapi- rung in Start-ups wird für 2019 auf 6,23 Mrd. Euro geschätzt tals, 60 Prozent werden in der Start-up-Phase investiert und und weist damit gegenüber dem Vorjahr ein deutliches Wachs- 33 Prozent sind dem Later-Stage-Venture-Capital zuzuordnen tum um 36 Prozent auf. Die Anzahl der Finanzierungsrunden (BVK 2020). Damit bleibt die Verteilung im Großen und Ganzen ist laut dieser Statistik gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent so wie im Vorjahr. Die Zahl der finanzierten Unternehmen ist auf 704 gestiegen. gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent auf 570 gefallen (BVK 2020), was auf eine Erhöhung der Finanzierungsvolumina hin- weist. Investitionen nach Finanzierungsphasen 2012–2019 Seed Start-up Later Stage-Venture-Capital Unternehmen (Anzahl) 1.741 789 760 769 773 1.496 1.500 570 1.308 728 635 659 459 1.066 570 492 1.000 848 722 505 677 579 369 1.043 300 243 958 500 205 716 506 433 380 400 337 37 42 34 46 55 128 100 79 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Abbildung 2: Aufwärtstrend bei Venture-Capital-Investitionen in Deutschland (BVK 2020)
8 Gründungs-Update 1/2020 Zu den Begriffen Zur Statistik Venture Capital: Von Beteiligungsgesellschaften inves- Das German-Private-Equity-Barometer basiert auf tiertes Risikokapital. einer Befragung, die der Bundesverband Deutscher Ka- pitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) unter rund 250 Finanzierungsphasen seiner Mitglieder und weiteren deutschen Beteiligungs- gesellschaften vierteljährlich durchführt. Der BVK macht § Seed: Finanzierung für ein Unternehmen bevor die- auch Angaben zum Gesamtinvestitionsvolumen seiner ses die Massenproduktion/Vertrieb beginnt, mit dem Mitglieder und von anderen in Deutschland aktiven deut- Ziel, Forschung, Produktdefinition oder Produktdesign schen oder ausländischen Beteiligungsgesellschaften, zum Abschluss zu bringen. Dies umfasst auch Markt- nicht jedoch von Business Angels, anderen Privatperso- tests und die Erstellung von Prototypen. nen, Unternehmen oder anderen Investorengruppen wie § Start-up: Finanzierung für Unternehmen, sobald Holdings oder Asset Managern. das Produkt oder die Dienstleistung fertig entwickelt wurde, um Massenproduktion/Vertrieb zu starten und Das Start-up-Barometer Deutschland von Ernst & anfängliches Marketing zu finanzieren. Unternehmen Young nutzt als Datenquellen Pressemitteilungen der können sich im Aufbau befinden oder seit Kurzem Start-ups oder Investorinnen bzw. Investoren, Pressebe- im Geschäft sein, haben jedoch ihr Produkt noch richterstattung, Thomson One und CB Insights. Es kommt nicht auf dem Markt gebracht. Das hauptsächliche daher auf höhere Werte als der BVK. Ziel besteht darin, Investitionsausgaben und Working Capital zu decken. § Later-Stage-Venture Capital: Finanzierung für ein operatives Unternehmen, das den Break-even erreicht Berlin bleibt Gründungshauptstadt und kann das größte In- haben kann oder noch nicht. Later-Stage-Venture- vestitionsvolumen (3,7 Mrd. Euro bzw. 59 Prozent laut Ernst Capital fließt gewöhnlich in bereits mit VC finanzierte & Young, 952 Mio. Euro bzw. 55 Prozent nach BVK) auf sich Unternehmen. lenken. Bayern folgt mit weitem Abstand auf dem zweiten Platz und die anderen Bundesländer liegen abgeschlagen dahinter.
Gründungs-Update 1/2020 9 Investitionen nach Bundesländern (in Mio. Euro) 3.691 2019 2018 2.613 1.549 802 548 268 243 254 209 132 71 78 55 73 25 24 58 57 54 15 Berlin Bayern Nordrhein-Westfalen Hamburg Baden-Wüttemberg Sachsen Hessen Rheinland-Pfalz Brandenburg Andere Abbildung 3: Investitionen nach Bundesländern (EY 2020) Investitionen nach Bundesländern 952 Volumen (in Mio. Euro) Unternehmen (Anzahl) 108 185 47 48 28 30 322 19 27 7 21 6 7 6 2 12 5 24 4 109 3 14 13 2 79 1 79 4 8 55 36 BW Bayern Berlin BB Bremen Hamburg Hessen MV NI NRW RP Saarland Sachsen ST SH Thüringen Abbildung 4: Investitionen nach Bundesländern (BVK 2020)
10 Gründungs-Update 1/2020 Trotz dieses positiven Trends bei den aktuellen Zahlen über- Auch aus Perspektive der Gründerinnen und Gründer fehlt es wog im dritten Quartal 2019 der Pessimismus für die Zukunft. weiterhin an externem Kapital. Über 80 Prozent nutzen eigene Während der von KfW und BVK ermittelte Indikator für die Ersparnisse, um ihr Unternehmen zu finanzieren. Wirklichkeit Geschäftslage stieg, sank der Indikator für die Geschäftserwar- und Wunsch klaffen jedoch auseinander. Es besteht eine große tung kräftig (KfW 2019a). Unzufriedenheit mit dem Zugang zu externem Kapital. Insbe- sondere beim Venture Capital klafft die Lücke stark auseinan- der: mehr als doppelt so viele Gründungspersonen hätten gern Geschäftsklima Lage Erwartung besseren Zugang zu dieser Finanzierungsquelle als bisher (DSM 2019). Zwei Drittel bemängeln, dass es in Deutschland zu we- nig Venture Capital für Start-ups gibt (Bitkom 2019). 50 Mit dem Zukunftsfonds plant die Bundesregierung, mehr Ka- Geschäftsklimaindikator 40 pital für Start-ups in Deutschland zur Verfügung zu stellen 30 (Handelsblatt 2019): Das dem Fonds zugrunde liegende Was- serfallmodell soll dabei einen Anreiz für private Investierende 20 bieten und trotzdem dafür sorgen, dass der Staat an Gewinnen 10 beteiligt wird. Die dem Modell zugrundeliegende Idee ist, dass 0 der Staat und Privatinvestierende Geld in einen sogenannten „Dachfonds“ investieren. Dieser Dachfonds investiert wiede- -10 rum in verschiedene Venture-Capital-Fonds, die dann direkt Q3 '14 Q3 '15 Q3 '16 Q3 '17 Q3 '18 Q3 '19 Start-ups finanzieren. Für die staatlichen Einlagen gibt es „Juni- or Shares”, für die privatwirtschaftlichen „Senior Shares”. Die Erträge aus den Investments fließen zunächst vorrangig an die Abbildung 5: Entwicklung des VC-Geschäftsklimaindikators (KfW 2019) Senior Shares, bis diese ihre Investition zurückerhalten haben und danach werden die Junior Shares bedient. Darüber hin- aus fließen Gewinne bis zu einer vorher vereinbarten Rendite 80,8% eigene Ersparnisse 40,3% 39,2% staatliche Fördermittel 51,6% 29,3% Family and Friends 13,3% 23,1% Business Angel 38,5% Innenfinanzierung 22,1% (operativer Cashflow) 38,2% 14,6% Venture Capital 39,7% Inkubator/Company Builder 14,0% und/oder Accelerator 19,6% 13,3% Bankdarlehen 13,3% Crowdfunding/ 4,3% Crowdinvesting 12,3% Kapitalquellen (bisher) bevorzugte Kapitalquellen Abbildung 6: Genutzte vs. bevorzugte Finanzierungsquellen (DSM 2019, S. 47)
Gründungs-Update 1/2020 11 wieder an die Senior Shares und alles weitere erhalten die Juni- or Shares. Diese Konstruktion federt das Risiko der privatwirt- schaftlichen Investitionen ab, ohne auf eigene Gewinne für den Staat zu verzichten. Neben der Bereitstellung von Kapital wird ein weiterer Neben- effekt positiv hervorgehoben: Indem institutionelle Anlegende wie Versicherungen und Pensionseinrichtungen durch eine In- vestition in Start-ups profitieren, kämen die Gewinne auch den (Klein-)Anlegenden zugute, deren Gelder dort verwaltet wer- den (WiWo 2020). Relevante Fakten: f Der Markt für Venture Capital hat einen neuen Höchst- stand erreicht und konnte Wachstum in allen Segmenten aufweisen. f Das Finanzierungsvolumen konnte gesteigert werden, die Anzahl der finanzierten Unternehmen nahm hingegen ab. f Berlin ist ein sehr gutes Umfeld für kapitalsuchende Start-ups. Bayern folgt erst mit weitem Abstand auf Platz 2. f Zur wichtigsten Finanzierungsquelle zählen für Start-ups weiterhin die eigenen Ersparnisse, andere Quellen würden gern in Anspruch genommen, stehen jedoch nicht in aus- reichendem Maße zur Verfügung. f Mit dem von der Bundesregierung geplanten Zukunfts- fonds soll eine weitere Anstrengung unternommen werden, den VC-Markt in Deutschland zu stärken.
12 Gründungs-Update 1/2020 3. Schwerpunktthema: Die Relevanz entsprechender Faktoren für die Standortwahl wird durch weitere Studienergebnisse bestätigt. Aktuelle Daten Metropolregionen zu Standortentscheidungen von Gründerinnen und Gründern, z.B. von bitkom, machen deutlich, dass sich Gründende vor Innovative Gründungen werden als wichtige Impulsgeben- allem von persönlichen Faktoren wie der Nähe zu Bezugsper- de für regionale Innovationsökosysteme gesehen. Sie sorgen sonen und zur Familie sowie der Lebensqualität vor Ort leiten für Anschlussfähigkeit an aktuelle technologische Trends, sie lassen. Daneben spielen aber auch die Infrastruktur und die zwingen etablierte Unternehmen zu erhöhten Innovationsan- Personalsituation eine wichtige Rolle. Bei acht von zehn Grün- strengungen und schaffen so im besten Fall Wachstum und denden (80 Prozent) haben persönliche Gründe eine zentrale Arbeitsplätze. Entsprechend sind sie eine wichtige Zielgruppe oder wichtige Rolle bei der Standortwahl gespielt. Für rund innovationspolitischer Maßnahmen. Praktisch flächendeckend zwei Drittel (65 Prozent) war die Infrastruktur vor Ort von ho- wird in Deutschland um potenzielle Gründerinnen und Gründer her Bedeutung, beispielsweise die Verkehrsanbindung oder die geworben. Gleichzeitig zeigt ein Blick in aktuelle Studien, dass Verfügbarkeit von schnellen Breitbandanschlüssen. Es folgen die deutsche Gründungslandschaft regional sehr konzentriert weiche Faktoren. Jeweils rund sechs von zehn Gründenden le- ist. So weist der Deutsche Startup Monitor 2019 eine Konzen- gen großen Wert auf die Lebensqualität (61 Prozent), also Frei- tration der deutschen Start-ups auf wenige Metropolregionen zeitmöglichkeiten oder kulturelles Angebot, sowie auf die Ver- aus. 50 Prozent aller hier betrachteten Start-ups sind in den fünf fügbarkeit, Qualifikation und Kosten von Personal (60 Prozent) Metropolregionen Berlin, Hamburg, Stuttgart/Karlsruhe, Mün- (Bitkom 2015). Bei vielen dieser Faktoren bieten Metropolregio- chen sowie Rhein-Ruhr angesiedelt (PwC 2019). Auch die ost- nen deutlich bessere Voraussetzungen für Gründungswillige als deutschen Bundesländer verzeichnen, wie eine Studie des IFO- kleinere Städte oder ländliche Räume. Eine Untersuchung von Instituts zeigt, geringere Gründungsintensitäten als westdeut- PwC aus dem Jahr 2018 zeigt, dass die digitale Infrastruktur in sche Bundesländer (IFO Institut 2019). Gerade in neuen Techno- Metropolen von 94 Prozent der Befragten als sehr gut bis gut logiefeldern scheint dieser Trend besonders ausgeprägt zu sein. bewertet wird, während die Zustimmungsrate für den ländli- So belegen aktuelle Daten zu Gründungszahlen im B ereich der chen Raum nur bei 66 Prozent liegt (PwC 2018). künstlichen Intelligenz, dass hier bereits jetzt ein hohes Maß an regionaler Konzentration zu beobachten ist, und zwar für Mün- Neben der Infrastruktur scheint für innovative Firmen und chen und Berlin. Nach Angaben der Initiative appliedKI sind 86 damit auch für innovative Start-ups vor allem der Zugang zu KI-Start-ups und damit 40,2 Prozent aller g elisteten KI-Start-ups neuem Wissen ausschlaggebend zu sein. Das Zentrum für Eu- 2019 in Berlin ansässig, München folgt mit 57 Start-ups (26,6 ropäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat in einer Studie zur Prozent aller deutsch KI-Start-ups) (UnternehmerTUM 2019). Mikrogeographie innovativer Firmen in Berlin herausgefunden, Ähnliche Entwicklungen sind für F inTechs zu beobachten, hier dass sich innovative Firmen in Berlin deutlich näher an Wissen- nimmt der Standort Berlin mit Blick auf die Anzahl der Neu- schaftszentren und Universitäten ansiedeln als nicht-innovative gründungen und VC-Investments mit Abstand eine Sonderrolle Firmen. Bars, Restaurants oder Galerien dagegen haben keinen ein (Comdirect 2019a). positiven Einfluss auf die Innovationskraft eines Unternehmens. Es zeigt sich, dass Innovationen in Berlin eher wissenschafts- In ihrem letzten Gutachten verweist auch die Expertenkommis- getrieben sind und das vielzitierte „kreative Umfeld“ hingegen sion Forschung und Innovation (EFI) darauf, dass in Berlin und weniger bedeutend für das Gründungsgeschehen ist. Gleich- München besonders viele Gründungsprojekte zu finden sind, zeitig steigt die Innovationskraft der bereits ansässigen Unter- die z.B. durch die EXIST-Programme gefördert wurden. Diese nehmen, wenn sich weitere innovativ Agierende am Standort räumliche Konzentration spiegele sich auch in der Verteilung ansiedeln (ZEW 2016). der durch den Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungs- gesellschaften (BVK) dokumentierten Wagniskapitalinvestitio- Entgegen der Hoffnung, dass digitale Kommunikationsmög- nen über die Bundesländer wider (vgl. Abschnitt 2). Auch hier lichkeiten solchen räumlichen Konzentrationstrends entgegen- liegen Berlin und Bayern an der Spitze. Ein Blick in andere Län- wirken, scheint die Digitalisierung eher zu weiteren räumlichen der zeigt, dass eine solche räumliche Konzentration keine deut- Clusterbildungen zu führen. Eine Studie der Bertelsmann-Stif- sche Besonderheit ist. Start-ups bilden und entwickeln sich in tung zeigt, dass die Konzentration der globalen Innovations- allen Ländern dort besonders gut, wo sie ein funktionierendes kraft in den letzten 20 Jahren trotz Digitalisierung nicht abge- Start-up-Ökosystem mit Hochschulen und außeruniversitären nommen hat. Die führenden 10 Prozent der Städte vereinen Forschungseinrichtungen, mit etablierten Unternehmen und knapp zwei Drittel der Patentanmeldungen in den 30 OECD- Investierenden sowie mit anderen Start-up-Gründerinnen und Ländern auf sich. Dieser Wert ist von 1995 bis 2014 sogar von -Gründern sowie qualifizierten Fachkräften vorfinden (EFI 2019). 61 auf 64,5 Prozent gestiegen. Die Untersuchung zeigt auch,
Gründungs-Update 1/2020 13 dass die digitale Transformation in den letzten 20 Jahren nicht zu einer gleichmäßigeren Verteilung von Innovationen geführt hat. Stattdessen hat die Digitalisierung die Konzentration von Innovationskraft in Ballungszentren noch verstärkt. In Deutsch- land ist die Konzentration auf einzelne Ballungsgebiete aller- dings noch deutlich schwächer ausgeprägt. Dies ist laut der Studie auf die räumlich breiter verteilte Bevölkerung und die dezentrale Wirtschaftsstruktur zurückzuführen. (Bertelsmann Stiftung 2019). Relevante Fakten: f Gründungen konzentrieren sich in Deutschland insbesonde- re auf wenige Metropolregionen, dies gilt insbesondere für neue Technologien wie Künstliche Intelligenz oder FinTechs. f Ausschlaggebend hierfür sind neben einer guten Infrastruk- tur insbesondere auch Zugang zu Kapital und Fachkräften sowie die Nähe zu Forschungseinrichtungen. f Auch wenn eine hohe Lebensqualität ein wichtiger Stand- ortfaktor für Gründende ist, siedeln sich innovative Firmen z.B. in Berlin doch vor allem in der Nähe von Forschungs- einrichtungen an. f Insgesamt ist weltweit eine weiter zunehmende Konzen- tration von Innovationsagierenden an wenigen Standorten zu beobachten, dieser Trend scheint durch die Digitalisie- rung eher weiter befördert zu werden.
14 Gründungs-Update 1/2020 4. Schwerpunktthema: Female Bestehende Gründungsbarrieren sind ein Grund, weshalb Frau- en seltener gründen. Laut (GEM 2019) ist die Gründungsquote Founders von Männern doppelt so hoch. Auch in den Gründerteams sind Frauen viel zu selten vertreten, 2018 lag der Frauenanteil an In den letzten Jahren bahnen sich Frauen vermehrt ihren Weg Gründungsteams bei 15,1 Prozent (FFM 2019). Die Unterschie- in bisher eher männerdominierte Bereiche – seit 2005 hat de sind wiederum branchenspezifisch. Bei den im Bitkom-Start- Deutschland eine Bundeskanzlerin und 2019 war Jennifer Mor- up-Report untersuchten IT-Start-ups waren 34 Prozent Frauen gan die erste Frau an der Spitze eines DAX-Konzerns. Und auch in den Gründungsteams beteiligt (Bitkom 2019). Der Gründe- im Gründungskontext verändert sich das Bild, was aktuelle rinnenanteil in den von der KfW untersuchten Start-ups lag in Studien zum Gründungsgeschehen von Frauen zeigen ((FFM den Jahren 2016 bis 2018 bei 19 Prozent, der Anteil der Frauen 2019), (IfM Bonn 2019a), (KfW 2020)). an den untersuchten Existenzgründungen bei 39 Prozent (KfW 2020). Das IfM Bonn kommt in seinen Untersuchungen zu ei- Die Studien machen deutlich, dass Frauen anderen Gründungs- nem Frauenanteil bei den gewerblichen Einzelunternehmen barrieren begegnen, als es bei Gründern der Fall ist. An erster i. H. v. 28,8 Prozent (IfM Bonn 2019a). In dieser Sonderauswer- Stelle steht hier die Doppelbelastung von Beruf und Familie. tung wurde auch deutlich, dass Frauen in den Freien Berufen Laut (FFM 2019) arbeiten Gründerinnen ohne eigene Kinder am stärksten vertreten sind – hier beträgt ihr Anteil 2018 51,9 werktags im Durchschnitt ca. 6 Stunden mehr als Frauen Prozent. Die Untersuchungen machen auch deutlich, dass die ohne eigene Kinder. Gründerinnen bleibt damit weniger Zeit Gründungsneigung von Frauen in den letzten Jahren stärker für das Gründungsvorhaben. Bei Gründern zeigt die Statistik zurückgegangen ist als bei Männern. hier wiederum keinen Unterschied. Lauf HWWI lässt sich dieser doppelten Arbeitsbelastung u. a. durch zwei Aspekte entge- Die Studien machen weitere Unterschiede im Gründungsver- genwirken: Erstens durch finanzielle Anreize für Männer, um halten deutlich. So gründen Frauen beispielsweise in anderen mehr Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Zweitens durch Infor- Bereichen als Männer, sie sind häufiger im Dienstleistungsbe- mationskampagnen zur Stärkung von Familienmodellen, nach reich vertreten und ihr Anteil (im eher männerdominierten) denen sich Männer und Frauen die Kinderbetreuung aufteilen produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) ist in den letzten (HWWI 2014). Jahren spürbar angestiegen (IfM Bonn 2019a). Zudem gründen sie häufiger im Nebenerwerb als im Vollerwerb (FFM 2019, KfW Als zweite zentrale Hürde wird die Benachteiligung von Frauen 2020) und zeigen zum Zeitpunkt der Gründung häufiger die beim Zugang zu Finanzierungsquellen für das Gründungsge- Bereitschaft, Personal einzustellen. schehen gesehen (KfW 2020). Häufig wird die Investorensei- te durch Männer vertreten, die in ihrer Beurteilung des Grün- Zu den Gemeinsamkeiten gehört es, dass sich von Frauen dungsvorhabens und des Geschäftserfolgs zu keinen neutralen gegründete Einzelunternehmen hinsichtlich der Unterneh- Bewertungen kommen. Vielmehr greift das Ähnlichkeitsprin- mensgröße nicht von männlich geführten Einzelunternehmen zip, was bedeutet, dass die vorwiegend männlichen Investo- unterscheiden. Zudem gründen Frauen mit Blick auf Einzelun- ren männliche Gründer fördern, weil sie hier ähnliche Muster ternehmen genauso häufig in Branchen mit Innovationspo- erkennen. Die Studie macht auch darauf aufmerksam, dass tenzial, wenngleich Frauen stärker in den wissensintensiven durch einen solchen Bias Potenziale nicht vollumfänglich ge- Dienstleistungen vertreten sind. Männer hingegen bevorzugen nutzt werden. Eine Abkehr vom Ähnlichkeitsprinzip könnte sich etwas stärker forschungsintensive Industrien (IfM Bonn 2019a). daher positiv auf die Rendite der Investoren auswirken. Weitere Laut (KfW 2020) liegt die zentrale Herausforderung weiterhin Studien deuten darauf hin, dass Wagniskapitalinvestoren in vie- darin, Frauen mehr für Gründungen aus den MINT-Fächern he- len Fällen keine neutralen Entscheidungen fällen, was zu einer raus zu gewinnen. Benachteiligung von Gründerinnen führt (z. B. Malmstrom et al. 2017, Edelman et al. 2018). Beispielsweise bewerteten laut Von politischer Seite werden bereits umfassende Anreize ge- einer schwedischen Studie Investoren das Alter von Gründungs- setzt, um Frauen in ihren Gründungsvorhaben zu unterstützen. personen unterschiedlich, je nachdem, um welches Geschlecht Beispielhaft sind hier der „GirlsDay“, die Initiative „Klischee- es sich handelte (Malmstrom et al. 2017). Bei jungen Gründern frei“ oder auch der Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen wurde es als „erfolgsversprechend“ bewertet, bei jungen Grün- „Komm, mach MINT“ genannt. Das Bundesministerium für derinnen hingegen mit „Unerfahrenheit“ assoziiert.1 Wirtschaft und Energie hat sich in der 2018 ausgesprochenen 1 Nähere Informationen hierzu finden sich in der aktuellen Studie zum Thema „Female Founders in der Digitalbranche“ Andres et al. 2020.
Gründungs-Update 1/2020 15 Gründungsoffensive Go! explizit für die verstärkte Förderung Relevante Fakten: von Gründerinnen ausgesprochen. Auch hier kommen vielfäl- tige Maßnahmen zur Anwendung: Frauen werden darin be- f Das Thema Female Founders wird in jüngster Zeit zuneh- stärkt, sich unternehmerische Kompetenzen anzueignen. Auch mend als Schwerpunkt in Studien zur Untersuchung der werden Gründerinnen darin unterstützt, Kontakte zu Vorbildern Gründungssituation in Deutschland aufgegriffen. und Gründungsnetzwerken herzustellen (siehe Infokasten). Die Ausschlaggebend hierfür sind neben einer guten Infrastruk- zunehmende Sensibilisierung für die Geschlechterneutralität im tur insbesondere auch Zugang zu Kapital und Fachkräften Gründungskontext ist vielschichtig und betrifft beispielsweise sowie die Nähe zu Forschungseinrichtungen. auch das Labelling von Maßnahmen. So wird nicht mehr vom f Frauen sind im deutschen Start-up-System Barrieren aus- „Gründerwettbewerb“ gesprochen, als vielmehr vom „Grün- gesetzt, die sich von Gründungsbarrieren von Männern dungswettbewerb“. Auch in Publikationen wird vermehrt auf unterscheiden. eine genderneutrale Sprachverwendung geachtet, um mehr f Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Frauen anzusprechen und Sonderstudien im Rahmen des Grün- adressiert in seiner 2018 gestarteten Gründungsoffensive dungswettbewerbs adressieren vermehrt Female Founders go! explizit das Thema Gründerinnen. (Andres et al. 2020). f Die Zahl der Start-up-Gründerinnen steigt in Deutschland langsam an, bleibt jedoch auf einem niedrigen Niveau. Infokasten „Frauenspezifische Förderung des Bun- desministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi)“ im Rahmen der Gründungsoffensive Go! Gründerinnenportal Gründungsinteressierte Frauen sowie Unternehmerinnen finden auf www.existenzgruenderinnen.de spezifisch auf Frauen ausgerichtete Informationen und Serviceangebo- te. Das Angebot ergänzt die Informationen des BMWi- Existenzgründungsportals www.existenzgruender.de. Initiative „FRAUEN unternehmen“ Mit der neu ausgerichteten Initiative „FRAUEN unter- nehmen“ werden Frauen mithilfe von „Role Models“ ermutigt, ihre Geschäftsideen umzusetzen und Unter- nehmen aufzubauen. Gründerinnenplattform Angehende Gründerinnen finden auf der Seite www.gruenderplattform.de Erfahrungsberichte von erfolgreichen jungen Unternehmerinnen. Sichtbarkeit des Themas „Frauen in der Wirtschaft“ stärken. Der Beitrag, den Frauen für unsere Wirtschaft leisten, soll sichtbar gemacht werden, beispielsweise durch öffentliche Veranstaltungen, u.a. anlässlich des Internati- onalen Frauentags am 8. März.
16 Gründungs-Update 1/2020 5. Faktenübersicht Thema Indikator Wert Quelle Hintergrund Gründungs- Die Gründungszahlen sind seit Jahren stag- dynamik nierend bis rückläufig. Wichtige Gründe sind Gründungen 367.000 (2018, (IfM Bonn in der guten Beschäftigungssituation sowie (Erwerbstätige) 381.000 2017) 2019c) übergreifenden demografischen Trends zu sehen. 155.000 (2018, (Comdirect Auch das ZEW verzeichnet einen Rückgang Gründungstätigkeit 161.000 2017) 2019b) der Gründungen. Von 10.000 Personen im erwerbsfähigen Alter Anzahl Gründungen 71 pro 10.000 (IfM Bonn (18 bis unter 65 Jahre) gründeten 71 Perso- pro 10.000 Personen (2018) 2019c) nen (2018). Anteil Kleingewerbe- 56 Prozent (2018, (IfM Bonn Es überwiegen Kleingewerbegründungen vor gründungen 60 Prozent 2015) 2019c) gewerblichen Existenzgründungen. 30 Prozent Berlin Favorisierte Stadt für IT-Unternehmen tragen zum stabilen Grün- (8 Prozent Ham- IT-Gründungen in (Bitkom 2019) dungsgeschehen in Berlin und Metropolregion burg, 8 Prozent Deutschland bei. München) Typischerweise gründen Personen im Alter Alterskohorte mit 25-34-Jährige zwischen 35 und 44 Jahren. Zuletzt zeigte größter Gründungs- (GEM 2019) (30 Prozent) sich die größte Gründungsneigung in der aktivität Kohorte der 25-34-Jährigen. Im Jahr 2018 wurden lediglich rund 1.100 Anzahl Gründungen 1.100 (2018, (Comdirect Unternehmen und damit 15 Prozent weniger in FuE-intensiver 1.265 2017) 2019b) Unternehmen in der FuE-intensiven Industrie Industrie als im Vorjahr gegründet. Finanzierung Im Venture-Capital-Bereich ist die Stimmung 1,74 Mrd. € sehr gut. Die Steigerung des Finanzierungs- (2019; 1,5 Mrd. € Umfang der Risikoka- volumens beträgt 16 Prozent gegenüber dem 2018; 1,31 Mrd. (BVK 2020) pitalinvestitionen Vorjahr mit einem Wachstum in allen Seg- € 2017 und 1.07 menten. Die deutlichsten Zuwächse verzeich- Mio. € 2016) net die Seed-Phase (+62 Prozent). 570 (684 2018; Die Zahl der finanzierten Unternehmen ist Anzahl der finanzier- gegenüber dem Vorjahr gesunken, was auf 659 2017 und (BVK 2020) ten Unternehmen gestiegene Investitionssummen hinweist. 649 2016) 6,3 Mrd. € (2019; 4,6 Mrd. € 2018; Umfang der Risikoka- Das Investitionsvolumen ist gegenüber dem 4,3 Mrd. € 2017 (EY 2020) pitalinvestitionen Vorjahr deutlich um 36 Prozent gestiegen. und 2,3 Mrd. € 2016) 704 (2019; 621 Die Anzahl der Finanzierungsrunden verzeich- Anzahl der Finanzie- 2018; 507 2017 (EY 2020) net ein Wachstum von 13 Prozent gegenüber rungsrunden und 485 2016) dem Jahr 2018.
Gründungs-Update 1/2020 17 Thema Indikator Wert Quelle Hintergrund Metropolen Anteil der fünf 50 Prozent aller hier betrachteten Start-ups größten Gründungs- sind in den fünf Metropolregionen Berlin, 50 Prozent (PwC 2019) metropolen an allen Hamburg, Stuttgart/Karlsruhe, München Start-ups sowie Rhein-Ruhr angesiedelt. Nach Angaben der Initiative appliedKI sind Anteil der Berliner 86 KI-Start-ups und damit 40,2 Prozent aller KI-Start-ups an (Unternehmer- 40,2 Prozent gelisteten KI-Start-ups 2019 in Berlin ansässig, allen KI-Start-ups in TUM 2019) München folgt mit 57 Start-ups (26,6 Prozent Deutschland aller deutschen KI-Start-ups). Für rund zwei Drittel (65 Prozent) aller Relevanz des Faktors Gründenden war die Infrastruktur vor Ort von Infrastruktur für die 65 Prozent (Bitkom 2019) hoher Bedeutung, beispielsweise die Ver- Standortwahl kehrsanbindung oder die Verfügbarkeit von schnellen Breitbandanschlüssen. Eine Untersuchung von PWC aus dem Jahr Zufriedenheit von 2018 zeigt, dass die digitale Infrastruktur in Gründenden mit dem Metropolen von 94 Prozent der Befragten als 66 Prozent (PwC 2018) Faktor Infrastruktur sehr gut bis gut bewertet wird, während die im ländlichen Raum Zustimmungsrate für den ländlichen Raum nur bei 66 Prozent liegt. Frauen Gründungsbeteili- 39 Prozent (2019; Die Gründungsbeteiligung von Frauen sinkt gung von Frauen (KfW 2019b) 40 Prozent 2018) weiter. insgesamt Die Gründungsbeteiligung von Frauen an in- Gründungsbeteili- 15,7 Prozent (DSM 2019, novativen Start-ups ist weiter leicht gestiegen, gung von Frauen in (2019; 15,1 Pro- 2018; FFM liegt mit 15,7 Prozent aber noch weit unter innovativen Start-ups zent 2018) 2019) dem Frauenanteil bei Gründungen insgesamt. Start-ups mit Bezug zu Internettechnologien, Gründungsbeteili- die 2019 von Bitkom befragt wurden, weisen gung von Frauen an 34 Prozent (2019) (Bitkom 2019) in ihren Gründungsteams einen Frauenanteil IT-Start-ups von 34 Prozent auf. Anteil von Frauen an 28,8 Prozent und Es zeigt sich, dass Frauen verstärkt eine gewerblichen Einzel- (IfM Bonn 51,9 Prozent Gründungstätigkeit in den Freien Berufen unternehmen und 2019a) (2018) aufnehmen. Freien Berufen
18 Gründungs-Update 1/2020 6. Literatur- und Quellenverzeichnis f EFI (2019): Expertenkommission Forschung und Innovation Gutachten 2019. Kapitel B1: Die Rolle von Start-ups im f Andres, A.; Groß, W.; Kelterborn, P.; Kudernatsch, W.; Innovationssystem. Online verfügbar unter https://www.e- Wessels, J. (2020): Female Founders in der Digitalbranche – fi.de/fileadmin/Inhaltskapitel_2019/EFI_Gutachten_2019_ Gründungsbarriere Rollenbilder (Arbeitstitel). Nicht veröf- B1.pdf. fentlichte Studie des iit. f EY (2020): Start-up-Barometer Deutschland. Online ver- f Bertelsmann Stiftung (2019): Digitalisierung verstärktre- fügbar unter https://www.ey.com/de_de/news/2020/01/ gionale Ungleich-gewichte bei Innovationen. Policy Brief ey-start-up-barometer-januar-2020. #2019/09. Online verfügbar unter https://www.bertels- f FFM (2019): Female Founders Monitor. 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