HÖR- UND LESE-ECKE IM DIGITALEN EPFI - EPPINGER FIGURENTHEATER
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Hör- und Lese-Ecke im digitalen EpFi Eine heldenhafte Geschichte mit Zukunft Nicolai Köppel Fast jeden Tag tue ich etwas zum letzten Mal. Es liegt nicht am Alter. Früher, ja, das war die spannende Zeit, in der ich das meiste zum ersten Mal getan und in der ich mich an alles erinnert habe, was je passiert ist, weil es ja noch nicht so lange her sein konnte. Es war eine gute Zeit, und ich lebte im Hier und im Jetzt, Heute lebe ich auch im Hier und im Jetzt, aber vor allem deswegen, weil ich nicht mehr so genau weiß, was schon war. Zumindest könnte ich nicht mehr alles. Der Blick ist nicht mehr so nach rückwärts, und ich tue selten etwas zum ersten Mal. Zum letzten Mal, das wohl allerdings immerhin schon. Beispiel gefällig? Ich hab mir letzte Woche eine Spindel CD-Rohlinge gekauft und gewusst: die 25 Stück reichen jetzt vermutlich vollends. Aber meistens merkt man solche Sachen ja gar nicht, und mit dem ersten Mal ist es oft genauso. Eins aber weiß ich noch: die erste E-Mail, die ich je geschrieben habe, die war an Derek aus Arizona. Derek.Miller@irgendwas vermutlich dot com. Und ich hab nie eine Antwort bekommen. Dachte ich. Bis ichs gemerkt habe. Ich lernte Derek, nein, das muss ich anders erzählen. 1983 spornte unsere Englischlehrerin Frau Glauser unsere fünfte Klasse zu einer Brieffreundschaft in die USA an. Eine Schulklasse aus Arizona, da sei sie mit der Lehrerin bekannt und wer die Postadresse eines ebenfalls etwa elfjährigen Kindes aus Amerika haben wolle, könne sie sich am Ende der Stunde bei ihr abholen, und ich stand auf Komma fünf und dachte sinngemäß: what the fuck. Und schrieb an Derek Miller aus Tucson, Arizona. "Hello Derek! I am from Germany and I write to you so you can write me back. My hobbies are bicycle, reading, going swimming and television. I hope you answer. Yours truly." Jede Woche schrieb ich ihm, meistens sonntag abends. Und jede Woche schrieb er mir zurück, keine Ahnung wann genau, die Briefe kamen an keinem festen Wochentag, aber regelmäßig. Jede Woche irgendwann, für über sechs 1
Jahre. Die Urlaubspostkarten gar nicht mitgerechnet macht das zusammen ungefähr fünfhundert Briefe auf beiden Seiten. Als er zum zwölften Geburtstag die ersehnte Sonnenbrille bekam, die ein bisschen aussah wie die von Bono von U2, machte sein Vater ein Foto von ihm, und ich bekam einen Abzug, den ich mir an den Schrank pinnte. Die Sonnenbrille selbst wäre mir zwar lieber gewesen, aber hey, ich hatte einen Kumpel in Amerika, der das Medium Brieffreundschaft voll ausreizte. Einmal bekam ich eine Kinderhandvoll Sand aus Santa Monica per Luftpost, ein anderes Mal eine singende Weihnachtskarte, die mich zum Star bei der Bescherung machte, weil derlei Mitte der 80er auf dem schwäbischen Dorf noch weitgehend unbekannt war. Doch damit der Vorteile nicht genug: mein Englisch wurde besser, ich wusste immer ein paar Monate vorher, wie der neue James Bond Film ausging, weil Derek ihn schon gesehen hatte, und als Falco 1986 mit "Rock me amadeus" in den USA die Charts anführte, prahlte Derek bei sich in der Schule in Tucson, Arizona, er sei auf der anderen Seite des Ozeans mit jemandem aus Deutschland befreundet, der also bei Falco quasi um die Ecke wohne. Falco und ich, wir waren so!, die dachten wahrscheinlich, wir treffen uns beim Einkaufen zufällig oder gehen zum selben Friseur. Letzteres hätte meine Mutter nicht erlaubt, aber das ist ein anderes Thema. In einem der letzten Briefe, den ich circa 1989-90 von Derek Miller aus Tucson, Arizona bekam, gratulierte er mir auf so überschwängliche Art und Weise zur deutsch-deutschen Wiedervereinigung, als hätte ich persönlich zu Ostern die Zweige eines real existierenden eisernen Busches zur Seite gebogen und dort ein stattliches Ei namens DDR vorgefunden, das ich - gründlich und fleißig und insgesamt deutsch wie ich war - umgehend an die zuständigen Behörden weitergereicht hatte. Zu der Zeit ahnte ich zwar schon, dass Derek und ich uns über kurz oder lang aus den Augen verlieren würden, aber es war mir auch ein bisschen egal geworden. Eine postalische Pubertätsfreundschaft, jetzt waren wir ungefähr erwachsen, er studierte schon irgendwas und ich hatte den Führerschein und Timothy Dalton als James Bond fanden wir beide nicht mehr so cool. Das ganze schlief ein, und es ging ziemlich schnell, dass ich dachte: naja, jetzt sind schon zwei Monate rum, jetzt brauche ich nicht mehr ankommen, der hat mich vergessen, und dann wurde der Gedanke seltener, und wenn er kam, merkte ich, ich ihn eigentlich auch. Aber letzte Woche klingelte das Telefon, und er war dran. 2
"Hallo das ist Derek, Derek deine alt Freund, dya remember me?" Ich war wie vom Donner gerührt. Ein Teil von mir versuchte ihn abzuwimmeln, der andere war plötzlich wieder höchstens sechzehn und hatte ihm ganz unwahrscheinlich viel zu erzählen: Stell dir vor, was mir für ne Scheiße passiert ist, Derek, ich bin heut morgen aufgewacht und war plötzlich Mitte vierzig! "Schwice buddy - es ein verruckte Welt da draußen!" Allerdings. Jetzt erst merkte ich es - er sprach Deutsch. Nicht richtig gut, aber wer war ich, ihn zu belächeln? Derek hatte von mir Briefe auf englisch gekriegt, als ich elf war. "Ich bin in dein Stadt!" rief er. What? "Les meedup, ich bin gleich da!" Die kürzeste Viertelstunde meines Lebens später stand er in der Tür, nach fünf weiteren Minuten hatte er die Füße auf dem Couchtisch und ein Glas in der Hand. Er sah aus wie sein Vater früher, nur mit weniger Haaren. Kunststück: auf dem letzten Foto seines Vaters, das ich zu Gesicht bekommen hatte, war der höchstens Ende dreißig gewesen. Derek nahm einen Schluck und sagte: "This is actually kinda tasty - what is it?" "We call it Hahnenwasser." "Hanewassa", wiederholte er, "s'great. So - you still tryin to be a writer?" "What?" Er lachte. "Schriffschdella. Schab disch gegooglet, dude. Has du misch nie gegooglet? Isch bin ent-tauscht von disch!" Hatte ich tatsächlich nie. "Es gibt ein Schrifschdella Derek Miller und ein Singersongwriter Derek Miller, aber nicht dieselbe Person und beides bin nicht isch." "Ich bin auch Singer-Songwriter", sagte ich. "Schwice, dude, ich hab disch gegooglet! Du bis Kunstler, s'great. Isch bin corporate salesman, aber isch hab ein Jahr freigenommen, weil sonst werd ich verruckt. Kann isch bei dir ubernackten?" 3
Und so kam es, dass Derek Miller aus Tucson, Arizona für eine Woche auf meinem Sofa crashte. Er hatte einen Porsche gemietet, ich hatte nichts Dringendes zu tun, er zahlte alles, wir machten Ausflüge und schauten uns abends alte James-Bond-Filme an. "Roger Moore was a cool guy, I actually met him once, isch hab ihm mal getrofen auf de Flughafen in Ontario. Aber er hat misch nich erkannt." Derek lachte. "Sage mal, äh - just spinning some thoughts here - wie hälst du davon, wir fahren morgen nach Saxonime zusammen und du zeigst mir de Stadt?" Puh. In dem kleinen Städtchen Sachsenheim hatte ich mit meiner Mama gelebt, damals, als Derek und ich noch Brieffreunde waren. Sicher hatte ich ihm ein paar Sachen auch über das Provinznest geschrieben, naja, und wenn es ihn interessierte? Mir doch wurscht, vielleicht würde es ja witzig. Und wir verstanden uns gut. "Es is so good, ein alte Freund zum Wiedersehen!", sagte er, obwohl wir uns ja quasi gerade zum ersten Mal sahen. "Schab oft an Disch gedacht, dude, du warst so ein seltsame kid, immer mit die Bucher und die kleine deutsche Abenteuer auf die Spielplatz und in die Schul, ganz anders als die boys bei mir oder isch, und isch hab immer misch gefragt warum ist da nicht mehr ein contact, aber isch hab ja auch nix gemacht!" Und so kam es, dass wir am nächsten Tag im Porsche durch mein Jugendstädtchen brausten und durch die hundertfünfzig Meter lange Fußgängerzone liefen. Und dann wieder zurück. Derek deutete auf einen Dönerladen, über dem am Haus noch die Aufschrift "Friseursalon Hunke" zu lesen war und rief: "Hier hast du ... ninetten-eighty-six diese bescheuerte Haarschnitt ... dir geholt!", stimmt, ich hatte ihm ein Foto geschickt, und den Supermarkt, bei dem ich im Sommer des folgenden Jahres einen Monat lang die Kunst des Konservendosenstapeln erlernt hatte, den erkannte er auch, obwohl da inzwischen ein Fitnesscenter drin war. "Ich weiß noch genau, wie ich gedacht hab was für ein cooler Bastard", sagte er und kauerte sich hinter einen Mauervorsprung, "wie du geschrieben hast neunzn-siebenachtzig du bist nachts aus dem Haus geschlichen und hast hier gewartet, bis die Zeitschriftenlieferung für den Supermarkt gebracht ist und hast die Karton aufgebrochen und dir de Playboy rausgeholt." 4
Hinter Derek befand sich eine Glasfront, die früher zum Supermarkt gehört hatte und deren oberer Teil zur Belüftung auf Kipp gestellt war. Etwa dort, wo früher die Tiefkühlvitrine mit den Tütenpommes gestanden hatte, da joggte jetzt ein dicker Typ Mitte Dreißig auf dem Laufband und sah uns so ernst an, wie ich es von jungen Leuten nicht gewohnt bin. Dies war der Stand der Lage: Derek und ich waren alte Männer, die in Ermangelung eines Krieges in der Biographie eben den anderen Scheiß erzählten, den sie gebaut hatten und der - Tradition verpflichtet - gefälligst etwas Heldenhaftes an sich haben musste. Ich musste ihm ziemlich viel ziemlich detailliert geschrieben haben damals, alles selber vergessen, und entweder er hatte ein ziemlich gutes Gedächtnis oder ich in der Pubertät eine ziemlich einprägsame Schreibe. Letzteres ist aus vielerlei Gründen unwahrscheinlich. "Du hast Dir das alles gemerkt?", fragte ich. "Bullshit", rief er, "Aber isch hab alle dein Briefe nochmal gelesen letzte Monat und mir gedacht: whatever became of that strange funny little kids we were, buddy?" "I guess", sagte ich "we became strange little funny grownups like everybody." "Damn right we did", Dere bemerkte etwas hinter mir. "Look at that woman, let me speak Deutsch ... das ist lustig, Schau dies Frau, shes-a-waving at us, sie ist winking, sie wedelt zu uns. Wussup with her?" Ich drehte mich um und erstarrte. Astrid Körner. Ich wusste es sofort, sie wusste es ohnehin schon, weil sie uns ja zuwedelte. Ich wedelte zurück, und sie kam herüber. Und als ich mich zu Derek beugte und flüsterte: "Das ist Astrid Körner!", wusste er es auch gleich. Ich vermute, ich hatte sie damals ein-zwei- drei-vier-fünfmal in meinen Briefen erwähnt. Eher öfter. Aber er nickte nur und sagte: "You don't say." Wir kamen zu dritt ins Gespräch, zu Beginn freute sich Astrid noch, mich mal wiederzusehen, ein Vierteljahrhundert nach der gemeinsamen Schulzeit, aber ich wusste nicht recht, was ihr erzählen, in Astrids Anwesenheit war ich immer schüchtern gewesen, daher zog Derek bald alle Aufmerksamkeit auf sich mit seinen Geschichten aus Amerika und dem Rest der ihm bekannten Welt. (..bsp..) Sie setzte sich zu uns, wir tranken noch einen Kaffee, und es ergab sich, dass der Porsche in der Nähe geparkt war, gleich am Bahnhof - in Sachsenheim 5
gibt es nichts, was allzuweit weg vom Bahnhof ist - aus Gründen - und ich erkannte, was zu tun war. Ich fuhr mit dem Zug nach Hause und überließ die beiden einander. Es war ohnehin der vorletzte Tag von Dereks Besuchswoche bei mir, und ich kann gut verstehen, nach einer knappen Woche mit mir alleine wird mir auch oft langweilig. No hard feelings, wie der Lateiner sagt. Er kam in der Nacht zurück. "Isch habe getan, was eine Mann tun muss", sagte er und legte sich aufs Sofa. "Manchmal kriegst du ein Gefühl, vom dem du weißt, du musst etwas unternehmen. Jetzt kann ich mit Ruhe schlafen, das hätte ich niemals gedacht, dass diese Chance so einfach kommt. Aber wenn sie kommt, einfach man muss sie nehmen!" Ich sagte nichts. Was für ein blöder Sack! Ich war so verliebt gewesen in Astrid Körner, von der sechsten bis zur zehnten Klasse inklusive. Und wenn Derek vor seiner Reise wirklich all meine Briefe an ihn nochmal gelesen hatte, wusste er das. In der elften Klasse war Astrid Körner nicht mehr auf dem Gymnasium, weil sie eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau machte. In dem einen Reisebüro von Sachsenheim, wo ich nicht einfach unter einem Vorwand hinkonnte, weil wenn sie fragte, wohin ich will, hätte ich doch nur sagen können: "Zu dir", und dafür war ich zu schüchtern. Schauspieltalent ja, aber schüchtern. Nicht so schüchtern war Daniela Arens aus der Theater-AG, die mich in der elften Klasse per Besetzungscouch für die Rolle ihres festen Freundes engagierte und mich nach einer mäßig erfolgreichen Premiere eine Spielzeit später wieder schasste. Ausgerechnet Astrid Körner. Und ich hatte sie quasi auch noch mit Derek verkuppelt, ohne mich wäre sie doch nicht rübergekommen, jawoll, gewunken hat sie doch mir und nicht ihm. Und wenn er ihr jetzt das Herz gebrochen hat, bin ich auch noch schuld, das war ja wie Rache, ohne dass einem jemand was getan hatte, denn was konnte denn Astrid Körner dafür, dass ich meinen Mund damals nicht aufbekommen hatte? Anyway, was für ein blöder Sack, dieser Derek. Ich ließ ihn auf dem Sofa liegen, legte mich selbst in mein eigenes Bett, schlief am nächsten Tag aus und Derek fuhr am Nachmittag alleine zur Autovermietung und von dort gleich weiter zum Flughafen. Meine Adresse hatte er ja, ich fragte ihn nicht nach seiner. Wir kumpelten zwar noch ein bisschen rum, aber ich kam mir angemessen amerikanisch vor in meiner aufgesetzten Freundlichkeit und dem Versprechen, 6
sich bald wieder beieinander melden zu wollen. Hasta la vista, Hurensohn. See you, SOB. Scheiße, war ich froh, als er weg war. Scheiße, war ich überrascht, als Astrid Körner mich ein paar Tage später anrief. Erst dachte ich, sie wolle Derek sprechen und sagte ihr, er sei schon weg, aber sie sagte, das wisse sie, er habe ihr eine Mail geschickt, sie müsse jetzt mit mir sprechen. Worüber, fragte ich. Sie sagte, das wisse sie noch nicht so genau. Mein erster Gedanke war, er hat ihr ein Kind gemacht, aber das wusste sie doch jetzt noch nicht, oder? Und dann kam alles ganz anders. Zum zweiten Mal. Das erste Mal, als alles ganz anders kam, das war damals, als ich Astrid unbedingt hatte haben wollen und nicht kriegte. Und das zweite Mal, dass alles ganz anders kam, war jetzt. Sie zeigte mir Fotos auf ihrem Handy, die ihr Derek geschickt hatte. Fotos von handbeschriebenen Seiten. Es war, als hätte ich Tagebuch geführt und die einzelnen Seiten nach Amerika zur Ablage geschickt, von wo sie jetzt wieder auftauchten, weil Derek Miller im Sabbatjahr von seinem drögen Job Zeit hatte, den Keller aufzuräumen. Gedichte für Astrid. Geschichten über Astrid, ein paar Songtexte auf englisch, die ich ihn wohl gebeten haben muss, zu korrigieren, was er nie tat, weshalb ich sie wieder vergaß. Ich erzählte ihr, dass ich Matze Lober in der achten Klasse eins auf die Nase gegeben hatte, weil er Astrid an den Zöpfen gezogen hatte. Matze Lober hat Astrid nie wieder an den Zöpfen gezogen, und er hat auch nie jemandem erzählt, warum ich ihm eins auf die Nase gegeben habe, und Astrid hat mir nie erzählt, dass sie das mitgekriegt hat. Und dass sie sich geärgert hat, dass ich ein Jahr später in der Tanzschule ein Mädchen zum Abschlussball gefragt habe, das ich offenkundig nur so lala leiden konnte, weil sie sich nicht getraut hatte, mich zu fragen, denn es müssen immer die Jungs sein, die die Mädchen ansprechen, nie umgekehrt. Derek wäre, wenn er mal in Deutschland vorbeigekommen wäre, die Geheimwaffe gewesen, ein Freund, der Bescheid wusste und der keine Hemmungen hatte. Aber meine Geheimwaffe war einen Ozean entfernt und damit noch weiter weg als Astrid, wenn das überhaupt möglich war. Doch dann kam alles ganz anders, quasi von hinten durchs Knie ins Auge. Derek hatte vor seiner Abreise den rettungslos verknallten Teil meiner Korrespondenz abfotografiert und Astrid erzählt, wie verliebt ich in sie gewesen war, was nicht nötig war, um das zu untermauern, die Briefe waren in dieser Hinsicht recht hemmungslos, aber jetzt verstand ich erst: ich war seine Mission, er war 7
meinetwegen hergekommen, um diese Teil der Vergangenheit in Ordnung zu bringen und damit - das muss man ihm lassen, der Plan war aufgegangen - Astrid zu mir kam wie eben jetzt. Ihre Reaktion auf all das hat vielleicht nichts mit der Zukunft oder dem Rest des Lebens zu tun, aber die Zukunft baut man ja nicht an einem Tag. Die Zukunft existiert ohnehin nur im Rückblick. Jedenfalls, er hatte recherchiert, Astrid war googlebar, weil unverheiratet, sie arbeitete noch immer in dem kleinen Reisebüro in der Sachsenheimer Fußgängerzone, er lockte mich hin, genau zu ihrer Mittagspausenzeit, der Rest ist genauso Geschichte, wie rückblickend auch die Zukunft Geschichte sein wird, davon ausgegangen, dass es eine gibt. Zukunft jetzt, nicht Geschichte. Geschichten gibt's immer. Geschichten sind vielleicht das einzige, was wirklich Zukunft hat. Man tut jeden Tag etwas zum letzten Mal. Zum Beispiel zum ersten Mal Astrid Körner küssen. Die letzte E-Mail in wackligem Englisch, die ich Derek Miller in der Woche darauf nach Tucson, Arizona schrieb, blieb ohne Antwort. Aber das kannte ich ja schon. Und wer weiß schon, was morgen ist? 8
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