Häufigkeit der HLA-Null-Allele in der Deutschen Stammzellspenderdatei (DSSD) Ulm - oparu
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Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm (IKT) Geschäftsführer: Prof. Dr. med. Hubert Schrezenmeier Häufigkeit der HLA-Null-Allele in der Deutschen Stammzellspenderdatei (DSSD) Ulm Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Michael Begović geboren in Gaildorf 2017
Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: Prof. Dr. Hubert Schrezenmeier 2. Berichterstatter: Prof. Dr. Hayrettin Tumani Tag der Promotion: 15.06.2018
Meiner Frau Yvonne und unseren Kindern Nicole und Tristan gewidmet
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis IV 1. Einleitung 1 1.1 Der Haupthistokompalitätskomplex, MHC (Major Histocompatibility Complex) 1 1.1.1 Bedeutung der MHC-Region 1 1.2 Genetik, allelischer Polymorphismus und Nomenklatur der HLA- Komplexe 2 1.2.1 Genetik 2 1.2.2 Allelischer Polymorphismus 5 1.2.3 Nomenklatur 5 1.3 HLA-A-Moleküle 6 1.3.1 HLA-Klasse I-Moleküle 6 1.3.2 HLA-Klasse II Moleküle 8 1.4 HLA Null Allele 8 1.5 Allogene Erkennung der HLA-Antigene 10 1.6 GvHD (Graft-versus-Host-Disease) 10 1.7 Serologische Typisierung 14 1.8 Molekulargenetische Typisierung 15 1.9 Ziel der Arbeit 17 2. Material und Methoden 18 2.1 Material 18 2.1.1 Geräte 18 2.2 verwendete Chemikalien 20 2.3 verwendete Datenverzeichnisse 23 2.4 Methoden 24 2.4.1 Patientenkollektiv 24 I
Inhaltsverzeichnis 2.4.2 Polymerase Chain Reaction 24 2.4.3 Agarose-Gelelektrophorese (Nachweis von PCR Produkten) 32 2.4.4 HLA-Typisierung mit der Luminex LiquiChip LABType SSO 35 2.4.5 Vorbereitung für die Luminex-Analyse 35 2.4.6 Die einzelnen Schritte der Luminex-Analyse 35 2.4.7 Vorbereitung der Liqui Chip Workstation 39 2.4.8 Auswertung . 41 2.4.9 Freigabe der Ergebnisse 41 2.4.10 Dokumentation 42 2.4.11 Verwendete Statistik 42 3. Ergebnisse 43 3.1 Diskrepanzen nach der Molekulargenetischen Typisierung 43 3.2 Vermutliche oder vermutete HLA-Null Allele 45 3.3 Low Expression Allele 48 3.4 Erläuterung zur Bestätigung der HLA-Null Allele 48 3.5 Erläuterung der Allele mit atypischen Expressionsmuster 50 3.6 Erläuterung zur Bestätigung der Low-Expression Allele 51 4. Diskussion 52 4.1 Bedeutung der HLA-Null Allele in der Stammzell-Transplantation und Deren Typisierung 52 4.2 Molekulargenetische vs. Serologische Typisierung 52 4.3 Diskussion der HLA-Null Allele Ergebnisse 53 4.4 Diskussion der Allele mit atypischen Expressionsmuster 56 4.5 Diskussion der Low-Expression Allel Ergebnisse 58 5. Zusammenfassung 60 6. Literaturverzeichnis 62 Danksagung 84 II
Inhaltsverzeichnis Lebenslauf 85 III
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis % Prozent ° Grad °C Grad Celsius µl Mikroliter A Adenin AEG Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft al andere Amp Ampere APC American Power Conversion ATC Anatomisch-therapeutisch-chemischen Bf Bright Field B-Lymphozyten Bursa fabricii-Lymphozyt bp Basenpaar C Component C2 Component 2 C4 Component 4 C4A Component 4 aktivated C4b Component 4 binding CAG CytosinAdeninGuanin, CD4 Cluster of Differentiation 4 CGC CytosinGuaninCytosin cGvHD Chronic Graft Versus Host Disease CHIP Chromatin-Immunpräzipitation CTG CytosinThyminGuanin dATP Desoxyadenosintriphosphat dCTP Desoxycytidintriphosphat dGTP Desoxyguanosintriphosphat dl Deziliter DMIX Gemisch aus dNTP-Mix-Puffer, deoxyriboNucleoside TriPhosphates DNA Deoxyribonucleicacid DNS Desoxyribonukleinsäure IV
Abkürzungsverzeichnis dNTP Desoxyribonukleosidtriphosphate DSSD Deutsche Stammzellspenderdatei dTTP Desoxythymidintriphosphat EPS Electrophoresis Power Supply et und FasL Fas ligand FI Fluor G Guanin GAC Guanin Adenin Cytosin GAG Guanin Adenin Guanin GAT Guanin Adenin Thymin GCC Guanin Cytosin Cytosin GGC Guanin Guanin Guanin GvH Graft-versus-Host GvHD Graft-versus-Host Disease HI-Virus Humane Immundefizienz-Virus HLA Humanes Leukozyten Antigen HSP-70 Hitzeschockprotein 70 IBMTR International Bone Marrow Transplant Registry IFN Interferone IMGT international ImMunoGeneTics IS Instrumentation kDa Kilodalton L Low LAB Laboratory LE Low Electroendosmosis LiChrosolv Liquid Chromatography Liqui Liquidation LT Lymphotoxin MACS Magnetic Cell Separation mg Milligramm MHC Major Histocompatibility Complex ml Milliliter mRNA messenger RNA V
Abkürzungsverzeichnis n Anzahl N Null NK Natürliche Killerzelle NMDP National Marrow Donor Program PBS Phosphate-buffered saline PC Personal Computer PCR polymerase chain reaction PE Phycoerythrin PMN Polymorphkernige neutrophile Granulozyten PTC Peltier Thermal Cycler PTC Positive Temperature Coefficient SAPE Streptavidin Phycoerythrin SBT Sequence Based Typing SSO Sequence-specific oligonucleotide SSOP Sequence-Specific Oligonucleotide Probe SSP Single Specific Primer T Thymin TAC Thymin Adinin Cytosin TAG Thymin Adenin Guanin Taq Thermus aquaticus TCR T cell receptor Th Thymus-Helfer-Zelle T-Helferzellen Thymus-Helferzellen T-Lymphozyten Thymus-Lymphozyten TNF Tumornekrosefaktor U/µl Units/Mikroliter UV Ultraviolett UV-Licht Ultraviolettes-Licht Var Variation Vs Versus VWR Van Waters und Rogers WHO World Health Organization α Alpha β Beta VI
Einleitung 1. Einleitung 1.1 Der Haupthistokompalitätskomplex, MHC [ Major Histocompatibility Complex] 1.1.1 Bedeutung der MHC-Region MHC-Moleküle finden sich in allen Wirbeltieren. Neben Kontrolle der Immunantwort gegenüber von Transplantaten, hat der Haupthistokompatibilitätskomplex eine große Bedeutung in der Einleitung der spezifischen immunologischen Antwort als antigenbindende Struktur [43,17,15]. Bei jeder Spezies wird der Begriff MHC durch einen separaten, für diese Art spezifischen Namen bezeichnet. Das menschliche MHC-System wird, als HLA (Human Leukocyte Antigen)-System bezeichnet [46]. Es werden zwei Klassen von MHC-Molekülen unterschieden: MHC-Klasse I und MHC-Klasse II [45,19,26]. Werden in den MHC-Klasse I Molekülen Proteine gebunden, die nicht vom eigenen Körper stammen, dann werden diese von CD8+ T-Lymphozyten erkannt. Nach diesem stimulierenden Kontakt auf zellulärer Ebene, werden aus CD8+ Zellen, zytotoxische T-Lymphozyten, welche den Tod deren Zielzelle bewirken [29,37,28,41,42]. MHC Klasse II-Moleküle, die ein Antigen präsentieren, werden von CD4+T-Zellen, sog. T-Helferzellen, erkannt und diese wiederum veranlassen die Bildung von Zytokinen, welche andere Zellen aktivieren, wodurch es dann zu einer Potenzierung der Immunantwort kommt [40, 28,20,32]. HLA-Moleküle stellen Oberflächenglykoproteine dar, deren Hauptfunktion ist, die Präsentation von Antigenpeptidfragmenten z.B. durch Makrophagen, dendritische Zellen und B-Lymphozyten an T-Lymphozyten zu gewährleisten, wodurch die Immunantwort eingeleitet wird [56 ,39,18,38,15,11,2]. 1
Einleitung 1.2 Genetik, allelischer Polymorphismus und Nomenklatur der HLA- Komplexe 1.2.1 Genetik Das HLA-System wird in der Nähe des Zentromers auf dem kurzen Arm des menschlichen Chromosoms 6 (6p21.1-6p21.3) genetisch kodiert [49,58,16,77]. Siehe Abbildung 1. Abb.1: Struktur des HLA-Systems auf Chromosom 6. Abbildung selber angefertigt. Dargestellt ist hier der Bereich im Chromosom 6, in den die HLA-Gene codiert werden. Die Region 6p21.31 zeigt vergößert die Gen-Klassen I-III. Die Gene der HLA Klasse I (gelb) liegen nahe des Telomers auf dem kurzen Arm, Gene der Klasse II (blau) befinden sich nahe des Zentromers und die Gene der Klasse III (grün) befinden sich zwischen den Klasse I und II. Abkürzungen: class, englisch für Klasse, p = petit für kurz, q = queue, für lang. Bedeutung: Telomer = griechisch für Endteil. Centromer = griechisch für Mittelteil. In Abbildung 1 wird das Chromosom 6 dargestellt, in dessen Bereich von 6p21.1 – 6p21.31 sich ein Genabschnitt mit ca 4.000 Kilobasenpaaren befindet [5,9]. In diesem Abschnitt sind die drei verschiedenen HLA-Regionen [Klasse I, II und III] zu finden [77,78,86]. Die Klasse II-Region liegt zentromerwärts, während der Klasse I-Bereich in Richtung Telomer orientiert ist. Dazwischen liegt die Klasse III-Region, die weder zu Klasse II noch zu Klasse I gezählt werden kann, und auch keine eigentlichen HLA-Merkmale kodiert [50]. 2
Einleitung Abb.2: Humanes MHC (englisch für Major Histocompatibility Complex), Haupthistokompatibilitätskomplex. Der Komplex ist in drei Regionen eingeteilt: HLA (Humanes Leukozyten Antigen) class (englisch für Klasse) I (gelb), II (hellblau) und III (grün). Jede dieser Regionen enthält zahlreiche Gene. Hier sind die wichtigen, exprimierten Gene dargestellt. Bei der HLA-Klasse I Genregion unterscheidet man Genorte, die für HLA-Klasse Ia Moleküle, die sog. klassischen HLA-Klasse I Antigene A (hellblau), B (hellblau), C (hellblau), kodieren von weiteren HLA-Klasse Ib Genorten, zu denen HLA-E (hellblau), F (hellblau), G (hellblau), MICA (hellblau)/MICB (hellblau) gehören. Innerhalb der HLA-Klasse II Genregion werden drei Subregionen unterschieden, die für verschiedene HLA- Klasse II Antigene kodieren. Die HLA-DR-Subregion enthält ein monomorphes Gen für A-Kette (DRA, rot ) und neun Gene für B-Ketten (DRB1-DRB9), wobei es sich bei DRB2 (rot), DRB6-DRB9 um Pseudogene handelt. Die verschiedenen B Kettengene sind vermutlich durch Genduplikationen entstanden. Die HLA-DQ Subregion weist jeweils zwei potentiell funktionelle Genorte für A- und B-Ketten (DQA1, DQA2, DQB1, DQB2, rot) auf. Nur die Loci DQA1 und DQB1 kodieren entsprechende Proteinketten. Die HLA-DP Subregion enthält zwei funktionelle Loci für jeweils eine A- und B-Kette (DPA1, DPB1) von HLA-Klasse II Antigenen sowie zwei Pseudogene für eine A- und B-Kette (DPA2, DPB2). Zwischen der HLA-Klasse I und HLA-Klasse II Region befindet sich eine sog. HLA-Klasse III Region von ca. 1000kb, in der einzelne HLA-Klasse I Gene sowie eine Vielzahl von anderen Genloci (z.B. Gene für Komplementfaktoren, Tumornekrosefaktor, Hitzeschockproteine usw.) zu finden sind, die nur z.T. Funktionen im Immunsystem besitzen, in den strukturellen Eigenschaften sich von HLA-Molekülen deutlich unterscheiden und daher nicht zum eigentlichen HLA-System gerechnet werden. Abkürzungen: HLA = humanes Leukozyten Antigen, MICA = Haupthistokompatibilitätskomplex Klasse I ähnliche Kette A (engl.: major histocompatibility complex class I- realted chain A), MICAB = Haupthistokompatibilitätskomplex Klasse I ähnliche Kette B (engl.: major histocompatibility complex class I-realted chain B), Antigene = -A,-B, -C, -D, -E, -F, -G, HFE (hellblau) = (englisch für High Iron Fe) hereditäre-Hämochromatose-Protein, TAPBP = Tapasin TAP Bindentes Protein, DPB2 = DP beta 1, DPB2 = DP beta 2, DPA1 = DP alpha 1, DOA = DO alpha, DMA = DM alpha, DMB = DM beta, PSMB9 = Proteasome Subunit beta 9, LMP2 = Large Multifunctional Proteasome 2, PSMB8 = Proteasome Subunit beta 8, LMP1 = Large Multifunctional Proteasome 1, DOB = DO beta, DQB1 = DQ beta 2, DOA1 = DO alpha 1, DRB1 = DR beta 1, DRB2 = DR beta 2, DRB3 = DR beta 3, DRA = DR alpha, C21B = Cytochrom P 450 Subfamilie XXI, BF = Komplementfaktor B, C2 = Komplementkomponente 2, C21B = Cytochrome P450 Klasse 21 Unterklasse A Teil 2, C4A und C4B = Komplementkomponenten 4A und 4B, BF = Komplement Faktor B, HFE = Hereditäre-Hämochromatose-Protein, HSP = Hitzeschockprotein, LMP = Multifunktionelle Protease, LTA und LTB = Lymphotoxine A und B, P450 = Cytochrom P-450, PSMB8 und 9 = Proteasom Untereinheit Beta Typ 8 und 9, TAP1 und TAP2 = Antigenpeptid-Transporter assoziiert mit der Antigenverarbeitung 1 und 2, TNF-α = Tumor Nekrose Faktor alpha, HSPA1A, HSPA1B und HSPA1L = Hitzeschockproteine Typ 1A,1B und 1L. (Quelle: www.uni- ulm.de/~wflegel/STUD/FOLIEN/Mytilineos2008HLA.pdf, mit freundlicher Genemigung von PD Dr. Mytilineos) 3
Einleitung Der HLA-Komplex wird, wie oben bereits erwähnt, in drei Regionen eingegliedert. HLA-Klasse I-Moleküle bestehen aus einer α- und eine ß-Kette. Die α-Kette der HLA- Klasse I-Moleküle wird in einem Gen kodiert. Die leichte Kette des HLA-Klasse I- Moleküls, die ß-Kette, auch ß-Microglobulin genannt, wird nicht im Chromosom kodiert und dient lediglich zur Stabilisierung des HLA-Klasse I Moleküls. Die wichtigsten HLA- Klasse I-Moleküle sind HLA-A, -B, -C –E und –G [92]. Darüber hinaus existieren sogenannte Pseudogene denen bisher keine Genprodukte nachgewiesen werden konnten [95]. Zu diesen Pseudogenen zählen, HLA-H, -J, -K, -L, -N, -S, -X und –Z [44,52,47,57]. HLA-Klasse I-Gene sind von kodierenden Abschnitten, sogenannten Exons, aufgebaut [65]. Vor und hinter einem Exon, steht ein nicht-kodierender Abschnitt, welcher als Intron bezeichnet wird. Somit besteht ein HLA-Klasse I-Gen aus sieben Exons und acht Introns. Die wichtigsten HLA-Klasse II-Moleküle sind HLA-DR, -DQ und –DP [54]. Diese bestehen jeweils aus zwei Ketten,αundβ.Die α-Ketten werden von A-Genen kodiert (z.B. DRA1, DQA1, DPA1),währenddieβ-Ketten in B-Genen kodiert (DRB1, DQB1, DPB1) werden [51,62]. A-Gene bestehten aus jeweils vier Exons und vier Introns, die B-Gene aus fünf Exons und fünf Introns. Die HLA-Klasse III-Region befindet sich zwischen der HLA-Klasse I- und -Klasse II- Region und enthält die Gene für die Komplementfaktoren C2, C4, Bf, C4A und C4B [55,59], die Tumornekrosefaktoren TNF-α, -β und LT, das Hitzeschockprotein HSP-70 und die Steroid-21-Hydroxylase [63,73,68,70,66,53,60]. 4
Einleitung Abb.3: Anordnung der Exons und Introns am Beispiel des Muskelproteins Tropomyosin in einem eukaryotischen und prokaryotischen Genes. Blau, grün, orange, violet, rot und gelb steht für Exone. Grau steht für Introne. Abbildung selbst erstellt. Abkürzungen: DNA = Deoxyribonucleic acid, englisch für Desoxyribonukleinsäure, E = Exone, I = Introns 1.2.2 Allelischer Polymorphismus Das HLA-System ist das polymorphste System im humanen Genom. Durch Punktmutationen die durch äußere Einflüsse oder spontan auftreten können, führt dies dazu, dass sich ein Gen in einer Vielzahl von Formen sich präsentiert [1,7,12]. Diese Punktmutationen, welche zu neuen Allelen eines Gens führen, werden als Polymorphismus bezeichnet [61,64]. Der HLA-Polymorphismus ist das wichtigste genetische Hindernis bei einer Organ-[Gewebe-] oder Blutstammzelltransplantation. HLA-Klasse-I- und HLA- Klasse-II-Moleküle weisen einerseits eine ausgeprägte Homologie ihrer DNA- und Proteinsequenzen auf, andererseits lässt sich innerhalb der genetischen Regionen eine ausgeprägte allelische Variabilität finden. Dieser ausgeprägte Polymorphismus ist vor allem in den Exonen 2 und 3, bei HLA-Klasse I, und in Exon 2 bei HLA-Klasse II zu finden [14,17,79,81,93]. Die Konzentration der Variabilität auf die Region der Antigenbindungsstelle legt nahe, dass die allelische Variabilität die Grundlage für die effektive Bindung strukturell verschiedener Antigenfragmente ist [46]. 1.2.3 Nomenklatur In Anbetracht des starken Polymorphismus innerhalb des HLA-Systems ergab sich früh die Notwendigkeit, einen Weg zur systematischen Klassifizierung und Benennung von HLA- Gruppen zu entwickeln. Die entsprechende HLA-Terminologie wurde durch das WHO (World Health Organisation) Nomenklatur Komitee entwickelt und gepflegt. Bisher sind 16.251 Allele bekannt. HLA-A * 24 : 02 : 01 : 02 L Abb. 4: Nomenklatur des HLA-Systems. Abbildung selber erstellt. Der Buchstabe A bezeichnet den Genort. Der Stern zeigt, dass es sich um eine molekulargenetische und nicht um eine serologische Testung handelte. Das Hauptantigen wird durch die ersten zwei Zahlen (=erstes Feld) angegeben (hier durch die Zahl 24). Die Zahl im zweiten Feld steht für die Allel-Spezifität dieses Antigens. Im dritten Feld werden stille Mutationen (= Mutationen, die bei der Übersetzung des Gens zu Proteine keine 5
Einleitung Auswirkung haben, da sie nicht zu einer eigenständigen Proteinvariante führen) beschrieben. Das vierte Feld zeigt Polymorphismen, die außerhalb der kodierenden Region dieses Gens vorliegen (Introns, regulatorische Genabschnitte). Der Buchstabe am Ende, hier: L (steht für Low Expression, niedrig exprimiert) charakterisiert den Expressionsstatus des jeweils durch den Allel-Namen angegebene HLA-Allels. Die einzelnen Felder werden durch ``:``- Zeichen voneinander getrennt [84,122,126]. 1.3 HLA-A-Moleküle 1.3.1 HLA-Klasse I-Moleküle HLA-Klasse I-Antigene (HLA-A, B, C) bestehen aus einer schweren Kette mit 44 kDa die nichtkovalentanβ-2–Mikroglobulin angelagert ist. Letzteres wird auf dem Chromosom 15 kodiert [3,4,67]. Der extrazelluläre Anteil der α–Kette besteht aus drei Domänen, von denen die äußeren beiden durch eine Aminosäuresequenz determinierten alloantigenen Determinanten tragen. Die beiden äußeren Domänen bilden eine Rinne, an die die Peptide binden, welche von MHC–Molekülen präsentiert werden, siehe Abb.5 [8,13,80]. HLA-Klasse I-Antigene finden sich auf der Oberfläche von allen kernhaltigen Zellen, Thrombozyten und Spermatozoen. 6
Einleitung Abb.5: Struktur eines HLA-Klasse I Moleküls. Gebildet wird die Peptid-Bindungsstellte durch die links und rechts miteinander verbundenen α1- und α2-Domäne (rot). An die α3-Domäne (rot) hängt eine Transmembranregion, welche mit dem Zytoplasmamembran (blau) verbunden ist, und mit dem zytoplasmatischen Schwanz mit dem Zellinneren (grau) verbunden ist. Das β2 Mikroglobulin (violett), die leichte Kette des Klasse I Molekül, ist nicht-kovalent an das HLA-A-Molekül gebunden ist. Abkürzungen:α1=alpha1,α2=alpha2,α3=alpha3,β2m = Beta2Mikroglobulin, TM = Transmembran. (Quelle: www.uni-ulm.de/~wflegel/STUD/FOLIEN/Mytilineos2008HLA.pdf, mit freundlicher Genemigung von PD Dr. Mytilineos) 7
Einleitung 1.3.2 HLA-Klasse II Moleküle Die HLA-Klasse II-Moleküle, werden als Heterodimere [87] bezeichnet, da Sie aus einer schweren α-Kette mit ca. 34 kDa Molekulargewicht, und einer leichteren β-Kette mit einem Molekulargewicht von ca. 27 kDa bestehen (siehe Abb. 6). Die HLA-Klasse II- Antigene sind nicht auf allen Zellen des Organismus, wie die HLA-Klasse I-Moleküle, zu finden [6,10,14,17]. Man findet Sie auf B-Lymphozyten, Antigen-präsentierenden Zellen, Makrophagen, Monozyten, aktivierten T-Zellen, aktivierte Epithelzellen, Endothelzellen und B-Lymphozyten [25,36]. Abb.6: Struktur eines HLA-Klasse II Moleküls. Hier wird die Pepdit-Bindungsstelle durch die α1-(gelb) und β2-Domäne (orange) gebildet. Diese Domänen sind jeweils mit ihrer entsprechender α2-(gelb) bzw. β2- Domäne (orange) verbunden. Diese sind mit einer Transmembranregion mit der Zytoplasmamembran verbunden, welche durch die Plasmammembran (blau) führt und mit ihrem zytoplasmatischem Schwanz im Zellinneren (grau) verbunden sind. Abkürzungen:α1=alpha1,α2=alpha2,β1=beta1,β2=beta2,TM=Transmembran. (Quelle: www.uni- ulm.de/~wflegel/STUD/FOLIEN/Mytilineos2008HLA.pdf, mit freundlicher Genemigung von PD Dr. Mytilineos). 8
Einleitung 1.4 HLA Null Allele HLA-Null-Allele sind durch die fehlende Expression des korrespondierenden HLA- MerkmalsaufderZelloberflächecharakterisiert.DieUrsacheliegtmeistensin„nonsense“- Mutationen, die durch ein sog. Stopp-Codon zu einem frühzeitigen Abbruch in der Proteinsynthese führen. Solche werden häufig durch eine Punkt-Mutation verursacht oder durch Mutationen in der Promoter Region, die zu einer Veränderung in der Gentranslation führen können [91,151,154,157,158]. Solche Mutationen können aber auch für den Austausch von Genabschnitten, Löschen oder Einfügen von Nukleotiden [83,153], sowie Rekombinationen [91] verantwortlich sein. Bei nicht Erkennen eines Null-Alles kann es dann zu einer unerwünschten Abstoßungsreaktion kommen [71,82,91]. Über 190 HLA Null-Allele der Klasse I und Klasse II wurden bisher identifiziert [84]. Die Häufigkeit der HLA-Null-Allele wird bisher mit 0,003-0,07% angegeben [89,90]. Der Nachweis der HLA-Null-Allele mit modernen molekulargenetischen Methoden ist schwierig, da routinemäßig nur ein Teil des Gens untersucht wird (meist Exon 2 und 3) [156], jedoch die Mutationen, welche zur nicht-Expression eines HLA-Merkmals führen, an beliebiger Stelle der Exone oder der Promoter Region eines HLA-Gens vorkommen können [69,76]. Der Nachweis der Null-Allele kann mit kombinierter Anwendung eines serologischen HLA-Typisierungsverfahrens (Lymphozytotoxizitätstest, der auf eine Antigen-Antikörper-Reaktion und somit auf die Expression des Moleküls beruht) und molekulargenetischen Typisierung der HLA-Merkmale erfolgen [72,74,91]. Dabei kann eine Diskrepanz zwischen diesen zwei Typisierungsverfahren auf das Vorliegen eines Null-Allels hinweisen [75,94,96]. Ein endgültiger Nachweis kann lediglich nur durch die Sequenzierung des entsprechenden Genabschnittes erfolgen. Bei Vorliegen eines Null-Allels kann es zu Fehltypisierungen kommen, was folglich zu einer Inkompatibilität zwischen Spender und Empfänger führen kann [71]. Inwieweit bei Verdacht auf ein Null-Allel dieses weiter differenziert werden sollte, wird aktuell debattiert [148,159]. Von der NMDP “Policy for Confirmatory Typing Requirements“ wurde empfohlen, bei keiner Eindeutigkeit des Typisierungsergebnisses zumindest die in der Tabelle 1 aufgezeigten Null-Allele auszuschließen, wenn der in der Tabelle dazugehörige haplotypische Zusammenhang besteht [152]. 9
Einleitung Tabelle 1: Die zwei häufigsten Null-Allele bei den HLA-A und HLA-B-Allelen [150]. Dargestellt sind die Null Allele, welche bei einem HLA-Typisierungsergebnis ausgeschlossen werden müssten, da diese zu einer Inkombatibilität von Spender und Empfänger führen könnten. Links sind die HLA-Null-Allele aufgelistet. Mitte das Allel, das differentialdiagnostisch am ehesten in Frage kommt und die rechte Spalte gibt den Haplotypen an, der am häufigsten mit dem entrsprechenden Null-Allel assoziiert ist. Abkürzungen: N = Null-Allel, A-,B-,Cw,J = Antigene, DRB1 = DR beta Null Allel Alternativ Gemeinsames Assoziierte Allele im Allel Haplotyp A*24:09 N A*24:02:01:01 B*40 oder B*27 B*51:11 N B*51:01:01 A*02:01 und DRB1*04:02 und Cw*15BJ 1.5 Allogene Erkennung der HLA-Antigene Eine Transplantation zwischen genetisch differenten Individuen der gleichen Spezies wird als allogene Transplantation bezeichnet [97] Bei der Unterscheidung zwischen „Selbst“und„Nicht-Selbst“habenHLAAntigeneeine sehr wichtige Bedeutung. Im Fall der Transplantation, die einen nicht physiologischen Vorgang darstellt, werden die HLA-Merkmale von allogenen Transplantaten als Fremd erkannt und die entsprechenden Zellen abgestoßen [98,99,110]. Die auf den Spenderzellen getragenen HLA-Merkmale können im Organismus des Empfängers zelluläre und humorale Abwehrmechanismen [Graft-versus-Host Reaktion] auslösen. Dies ist der Grund weshalb bei einer Transplantation eine hohe Übereinstimmung der HLA Merkmale zwischen dem Spender und dem Empfänger angestrebt wird [100]. 1.6 GvHD [Graft-versus-Host-Disease] Die Graft-versus-Host-Disease (dt: die Graft-versus-Host-Krankheit) kann in zwei Reaktionen unterteilt werden [101,117]. Die akute und die chronische GvHD. Sie kann bei einer allogenen Knochenmark- bzw. Stammzelltransplantation als immunologische Reaktion auftreten. Die T-Lymphozyten, welche sich im Transplantat des Spenders befinden, reagieren gegen den Empfänger [104,105]. Diese Reaktion, die meist mit Hautveränderungen, bis zu Manifestationen an Organen [Haut, Leber, Augen, Lunge, Gastrointestinal Trakt] einhergeht, kann letztendlich zum Tode des Patienten führen [102,111,112,103]. Bei der akuten GvHD können die Symptome auch nach drei Monaten 10
Einleitung nach erfolgter Transplantation auftreten. Nach diesem Zeitraum geht die akute in die chronische GvHD über. Die akute GvHD zeigt sich klinisch unterschiedlich ausgeprägt (siehe Tabelle 2). Die Stadieneinteilung, welche 1974 nach Glücksberg deklariert wurde, zeigt die Ausprägungen an Haut, Leber, Gastrointestinal Trakt sowie den klinischen Zustand des Patienten. Tabelle 2: Einteilung nach Stadium der akuten GvHD gemäß Glücksberg 1974. Auflistung der GvHD Stadien und der dazu gehörigen Veränderungen der Haut, Leber und im Magen-Darm Trakt. Der klinische Zustand (ganz rechts) zeigt in Abhängigkeit des Stadiums, die aufgelisteten Symptome des Patienten. Abkürzungen: < = kleiner als, > = größer als, / = pro, % = Prozent, mg/dl = Miligramm pro Deziliter, ml = Milliliter, - = bis Stadium Haut Leber Gastrointestinal Klinischer makulopapulöses Bilirubinwert Trakt Zustand Exanthem Diarrhö 0 kein Ausschlag < 2 mg/dl keine Diarrhö normal oder < 500 ml/Tag 1 < 25 % der 2 – 3 mg/dl > 500 ml/Tag normal Körperoberfläche 2 25 – 50% der 3,01 – 6 mg/dl > 1000 ml/Tag leichte Körperoberfläche Einschränkung 3 generalisierte 6,01 – 15 mgdl > 1500 ml/Tag mäßige Erythrodermie Einschränkung 4 generalisierte > 15 mg/dl starke schwere Erythrodermie abdominale Einschränkung Schmerzen mit oder ohne Ileus Eine weitere Einteilung zeigt die überarbeitete Version (siehe Tabelle 3, in Anlehnung der Glücksberg-Einteilung, von der Consensus Conference von 1995 [107,108]. Diese zeigt ebenfalls eine Gradeinteilung der Schwere der GvHD jedoch ohne den klinischen Zustand des Patienten. Tabelle 3: Graduierung der akuten GvHD nach der Consensus Conference 1995, in Anlehnung an die Glücksberg Einteilung (siehe Tabelle 2). Die Schwere der Erkrankung wird hier von Grad I bis Grad IV unterteilt, wobei das Stadium aus der oben gezeigten Glücksberg-Einteilung mit eingebracht wird. Z.B.: Grad II beudetet: Hautveränderung zeigt bei Stadium 3 generalisierte Erythrodermie, Stadium 1 der Leber mit erhöhten Billirubinwerte 2-3 mg/dl und Stadium 1 des Gastrointestinaltrakt mit Diarrhöen vom mehr als 500 ml pro Tag. Abkürzungen: GvHD = Graft-versus-Host-Disease (dt: Graft-versus-Host-Krankheit) Grad Haut Leber Darm I Stadium 1 oder 2 keine Beteiligung keine Beteiligung II Stadium 3 Stadium 1 Stadium 1 III Stadium 1 – 3 Stadium 2 oder 3 Stadium 2 oder 4 IV Stadium 4 Stadium 4 Stadium 4 11
Einleitung Eine weitere Einteilung wurde 1997 von der International Bone Marrow Transplant Registry (IBMTR-Index) eingeführt [106,109,113]. Diese Einteilung wurde entwickelt, da es immer wieder bei Patienten, welche an einer bestimmten Schweregrad der gleichen GvHD litten, jedoch andere Organverteilungsmuster aufzeigten. Auch diese Einteilung beinhaltet nicht den klinischen Zustand des Patienten. Tabelle 4: Einteilung der Stadien der IBMTR Severity Index, mit Anlehnung an die Glücksberg Einteilung (siehe auch Tabelle 2). Index Haut [maximales Leber [maximales Darm [maximales Stadium] Stadium] Stadium] A 1 0 0 B 2 1–2 1–2 C 3 3 3 D 4 4 4 Die akute GvHD kommt in ca. 50% der Blutstammzell- bzw. Knochenmark- Transplantierten auf. Die seltene chronische GvHD zeigt sich in ca. 30 % der Fälle. Auch bei der chronischen GvHD gab es Einteilungen die jedoch 2005 von Filipovich modifiziert wurden. Letztere korreliert die Anzahl der betroffenen Organe mit dem aktuellen Schweregrad. Die Einteilung erfolgte in Score, wobei Score 0 keine Symptome, Score 1 milde Symptome, Score 2 mäßig, starke Symptome und Score 3 ausgeprägte, starke Symptome bezeichnet [114,115,116] siehe Tabelle 5. Tabelle 5: Score Einteilung der chronischen GvHD. Diese Tabelle zeigt die Zuordnung der GvHD in Indices abhänging von der Organspezifischen, symptomorientierte Stadiumeinteilung nach Glücksberg (siehe dafür Tabelle 2). Abkürzungen: GvHD = Graft-versus-Host-Reaktion (dt: Graft-versus-Host-Krankheit) Anzahl der milde cGvHD mäßig starke Ausgeprägte starke Organe cGvHD cGvHD 1 Organ Score 1 Score 2 Score 3 2 Organe Score 1 Score 2 Score 3 3 Organe Score 1 Score 3 Lungenbefall Score 1 Score 2 12
Einleitung Abb.7: Schematische Darstellung einer Graft-versus-Host-Reaktion. Abbildung selbst erstellt. Die Pathophysiologie der GvHD beruht auf drei aufeinander folgenden Phasen. Die 1. Phase beginnt mit der Gewebeverletzung (host tissue, orange) welche zur Freisetzung von Warnsignalen, sogennante proinflamatorische Zytokine, IFN-β (blau) und TNF (blau) führt. Die 2. Phase führt zur Donor-T-Zell (grüne Kreise) Aktivierung, sowie zur Proliferation und Differenzierung. Die Aktivierung beginnt wenn ein Donor- T-Zellrezeptor an einen MHC/Peptid-Komplex der an einem APC-Empfänger (roter Kreis) sitzt, bindet. In Anweseneheit von sogennanter Co-Stimulatorischer Signale kommt es zur weiteren Aktivierung von T- Tellen. Aktivierte Donor-T-Zellen unterliegen einer weiteren Prolifertaion und Differenzierung und beginnen Zytokine zu produzieren. Die 3. Phase ist die Zelluläre und inflamatorische Phase. Durch die Aktivierung von T-Zellen kommt es zur Entstehung von Effektorzellen welche direkt oder über die Produktion von entzündlichen Zytokinen (Monozyten hellbraun) Organe schädigen. Abkürzungen: GvHD = Graft-versus-Host-Reaktion, IFN-γ= Interferon gamma, TNF = Tumornekrosefaktor, APC = Antigen-Präsentierende Zelle, MHC = Major-Histokompatibilitäts-Komplex, T = T-Zelle, TCR = T-Zell-Rezeptor, Fas = Fas-Rezeptor, Th1 = T-Helfer-Zelle 1, Th2 = T-Helfer-Zelle 2, NK (hellbraun) = Natürliche Killer-Zelle, PMN (hellbraun) = Polymorphkernige Neutrophile Granulozyten, FasL = Fas-Rezeptor Ligand In Abbildung 7 sieht man die Phasen der Graft-versus-Host-Reaktion. Man erkennt schon zu Beginn, nach T-Lymphozyten Aktivierung, dass bereits Zytokine ausgeschüttet werden. Diese setzen weitere Reaktionen in Gang. Dies wiederum führt zu weiteren Reaktionen, die als Ergebnis Schäden an der Haut, Leber, Gastrointestinal Trakt, usw. mit sich ziehen. 13
Einleitung Nach dieser Schädigung an zuvor erwähnten Organen, werden erneut Zytokine ausgeschüttet und somit der zerstörende Kreislauf fortgesetzt [34,118,125,127]. Für eine erfolgreiche Transplantation und ein möglich langes Überleben des Patienten ist die Übereinstimmung der HLA-Merkmale zwischen Spender und Empfänger äußerst wichtig und entscheidend. Der häufigste Grund für eine Transplantatabstoßung oder eine GvHD wird auf eine HLA-Inkompatibilität zurückgeführt. Je nach Organ das transplaniert wurde, ist der Einfluss der Spender-Empfänger Kompatibilität unterschiedlich. 1.7 Serologische Typisierung Das serologische HLA-Typisierungsverfahren, das in HLA-Laboratorien angewendet wird, geht auf den Lymphozytotoxizitätstest von Paul Terasaki zurück. HLA Klasse I – und/oder Klasse II Antigene, lassen sich mit spezifischen Antikörpern (Alloantikörper) nachweisen. [119]. Bei der HLA-Klasse I-Typisierung werden normalerweise unseparierte periphere Blutlymphozyten eingesetzt, die aus ca. 80% T-Lymphozyten und ca. 20% B- Lymphozyten bestehen [122]. Jedoch exprimieren T-Lymphozyten keine Klasse II Moleküle, deshalb wird die HLA- Klasse II-Testung mit angereicherten B-Lymphozyten-Präparationen durchgeführt. Zur Isolierung von B-Lymphozyten kommen zwei Methoden zur Anwendung. Zur Gewinnung kann die MACS-Methode verwendet werden, welche die Zellen mit monoklonalen Antikörpern, die auf Magnetperlen konjugiert sind, bindet. Die gängigste Methode ist die Verwendung von Nylon-Watte [120,121]. Die Nylon-Watte wird in eine Säule gefüllt und die Zellsuspension hinzugegeben. Hierbei binden die B-Lymphozyten beim Durchwandern an die Wolle. Die T-Lymphozyten passieren ohne anzuheften. Anschließend werden die B-Lymphozyten von der Nylon-Wolle herausgepresst. Bei der Inkubation der Testzellen mit spezifischen HLA-Alloantiseren binden diese an die Lymphozyten und durch Hinzugabe von Komplement werden letztere lysiert. Durch Zugabe eines speziellen Farbstoffes, der in die oben genannten lysierten Zellen eindringt, kann die Bindung von Antikörpern an ein HLA-Merkmal indirekt sichtbar gemacht werden. Die lysierten Lymphozyten nehmen den Farbstoff auf (=sog. positive 14
Einleitung Reaktionen), während der Nachweis einer negativen Reaktion darauf beruht, dass die vitalen Zellen keine Färbung aufnehmen. Führt man dieses Verfahren mit Antiseren gegen jedes HLA-Merkmal durch, kann jedes der vorliegenden Gewebemerkmale nachgewiesen (=typisiert) werden [123]. 1.8 Molekulargenetische Typisierung Nachteile des serologischen Typisierungsverfahrens sind eine niedrige Auflösung, und die starke Abhängigkeit der Testung von der Vitalität der zu untersuchenden Zellen. Daraus resultiert eine höhere Fehlerrate. Durch die molekulargenetische Verfahren wird eine höhere Auflösung erzielt. Sowohl die Zuverlässigkeit als auch die Genauigkeit dieser Verfahren sind der serologischen Typisierung überlegen [124,128]. Die Polymerase-Ketten-Reaktion, die erstmalig 1985 beschrieben wurde [129], dient als Grundlage der molekulargenetischen Typisierungsverfahren. Aufgrund der stetig steigenden Zahl von identifizierten HLA-Antigenen wurde inzwischen die serologische Typisierung, vor allem für den Nachweis von HLA-Klasse II Antigenen, durch die molekulargenetische Verfahren weitgehend abgelöst. Die am häufigsten angewandten molekularen Typisierungsverfahren in der klinischen HLA-Diagnostik sind die “Sequence-Specific Oligonucleotide Probe Analyse“, kurz PCR- SSOP [130,131], die “Sequence-Specific Priming-Analyse“, kurz PCR-SSP [134,138,140] und die “Sequenze-Based Typing-Analyse“ kurz PCR-SBT [132,138,140]. Ganz aktuell kam hinzu das Verfahren„NextGenerationSequencing“(NGS),dasvermutlichdieHLA- Diagnostik in den nächsten Jahren entscheidend prägen wird [201,202]. Bei der PCR-SSOP [130,135,136] werden einzelne Allele oder Allel-Gruppen nach einer genortspezifischen Vervielfältigung mittels Hybridisierung mit sequenzspezifischen Gensonden differenziert. Die Hybridisierung kann in diesem Falle nur ablaufen, wenn eine vollständige Komplementarität zwischen dem Oligonukleotid-Primer und der amplifizierten Test-DNA besteht. Sollten Oligonukleotide nicht komplementär sein, können diese nicht binden. Die PCR-SSP ist die heute am stärksten verbreiterte Variante der molekulargenetischen HLA-Typisierung. Diese Methode beruht darauf, dass sequenzspezifische Primer während der Amplifikation einzelne Allele erkennen [137,139]. Bei der PCR-SSP werden 15
Einleitung verschiedene Primerpaare eingesetzt, welche sequenzspezifisch sein müssen. Hier kommt es nur zur Amplifizierung, wenn jeweils beide Primer eines Ansatzes an ihrer genauen Zielsequenz binden. Pro Typisierung werden somit viele verschiedene Primerpaarkombinationen für alle möglichen Allelgruppen bzw. Allele eingesetzt. Im Anschluss wird mittels Gelelektrophorese das PCR-Produkt, bei passender Basenkombination, von definierter Länge, welche im Gel als Bande zu erkennen ist, nachgewiesen. Sollte keine Amplifikation stattgefunden haben, fehlt die Bande. Zur Kontrolle wird zu jedem PCR-Primerpaar immer ein Kontroll-PCR-Primerpaar beigefügt, dessen PCR-Produkte sich bei der Gelelektrophorese immer sichtbar darstellen lässt. Geeignet ist die PCR-SSP vor allem bei einem geringen Probendurchsatz [141,142,147]. Die Methode mit der höchsten Auflösung ist die sogenannte PCR-SBT (Sequenz-based Typing). Bei diesem Verfahren wird die zu untersuchende polymorphe HLA-Region (wie z.B. HLA-DRB1) zunächst mittels PCR Locus-spezifisch bzw. nach Möglichkeit Allel- oder Gruppen-spezifisch amplifiziert und anschließend mittels Sanger-Sequenzierung analysiert [143,144,146]. Im Vergleich zu den zuvor erwähnten Typisierungsverfahren ist die SBT zwar die aufwändigste zugleich jedoch die zuverlässigste Methode um HLA- Genotypen zu charakterisieren [145]. Für die PCR wird als Ausgangsprodukt genomische DNS, welche primär aufgereinigt und isoliert wurde. Anschließend wird die DNA mittels Polymerasekettenreaktion amplifiziert. Die dafür benutzen spezifischen Primer, sind mit Biotin markiert. Die Amplifikate (biotinylierte DNA-Kopien) werden im weiteren Schritt eingesetzt. Bei der Hybridisierungsreaktion erfolgt die Charakterisierung der amplifizierten Gensegmente mit sequenzspezifischen, immobilisierten Oligonukleotiden. Die biotinylierten Amplifikate werden denaturiert und während der Hybridisierung mit den sequenzspezifischen Gensonden (Oligonukleotide) gebunden. 16
Einleitung 1.9 Ziel der Arbeit Das Ziel dieser Arbeit war, die Ermittlung der Häufigkeit sowie die Analyse von HLA-A- und HLA-B-Null Allelen in einer normalen, gesunden, lokalen Kohorte [89,90]. Auch sollten möglicherweise neu entdeckte, Null-Allele charakterisiert werden. Diese Arbeit sollte darüber hinaus als Grundlage dienen, um die Strategie zum Ausschluss/Erkennen von Null-Allelen in der HLA-Diagnostik besser zu planen bzw. die Möglichkeit Konsequenzen eines Nicht-Nachweises von Null-Allelen genauer einschätzen zu können. 17
Material und Methoden 2. Material und Methoden 2.1 Material 2.1.1 Geräte Thermocycler Gene Amp 9700 Firma Applied Biosystems PCR Systems Thermocycler PTC-200 Firma MJ Research Sequenzier Gerät 3100, 3730 Firma Applied Biosystems Spektralphotometer Firma Beckmann Mikrowelle AEG Mikromat AEG 8- oder 12- Kanal Pipette 5-50µl Firma Socorex, Firma Eppendorf und Spitzen T.I.P.S. Standard 2-200µl Multipette Firma Eppendorf Pipetten und Filterspitzen Firma Eppendorf und Firma Biozym 10µl, 100µl, 1000µl Analysen-Waage Sartorius L610D Firma Sartorius Vortexer VWR International Optical 96-Well Reaktion Platte Firma Applied Biosystems mit Barcode Optical Verschlüsse Firma Applied Biosystems (Otical Caps) 18
Material und Methoden Reaktionsgefäße Firma Eppendorf Sequenziergerät 3730 Firma Applied Biosystems Thermocycler 9700 Firma Applied Biosystems Zentrifuge 5415 D Firma Eppendorf neoLab-Regenzglasmixer Vortex Firma neoLab Laborbedarf Laborzentrifuge SIGMA 2-6 Firma Sigma Laborzentrifugen GmbH Luminex Liqui Chip Firma Qiagen 4072 Hieden Biozym Electronik Firma Biozym Scientific GmbH Pipettor 50-1200 Ultraschall-Reinigungsgerät Firma VWR International USC 100 Schüttelgerät REAX top Firma Heidolph Gel-Elektrophoresekammer Firma Pharmacia Biotech Spannungsversorger Firma Pharmacia Biotech Pharmacia Biotech EPS 300 UV Transilluminator Firma MWG Biotech Video copy Processor Firma Mitsubishi zur Fotodokumentation Klebefolie für 96 Well Platten Firma Nunc Sequence Pilot-HLA SBT Firma JSI Medical Systems 19
Material und Methoden Allele Identification Software 2.2 Verwendete Chemikalien LABType® SSO A Locus Typing Test Firma BMT Bestandteile: SSO Bead Mix 400µl Primer Set 400 µl Primer Set D-mix 2 x 690 µl Hybridization Buffer 3,4 ml Denaturation Solution 2,25 ml (Natriumhydroxid) Wash Buffer 55 ml SAPE Buffer 4,95 ml Neutralization Buffer 2,5 ml LABType® SSO B Locus Typing Test Firma BMT Bestandteile: SSO Bead Mix 400µl Primer Set 400 µl Primer Set D-mix 2 x 690 µl Hybridization Buffer 3,4 ml Denaturation Solution 2,25 ml (Natriumhydroxid) Wash Buffer 55 ml SAPE Buffer 4,95 ml Neutralization Buffer 2,5 ml 20
Material und Methoden Denaturierungslösung ( Natriumhydroxid) ONE LAMBDA,INC. Neutralisierungspuffer ( Essigsäure) ONE LAMBDA,INC. Dinatriumethylenediamintetraacetatdihydrat ONE LAMBDA,INC. SAPE-Puffer Firma BMT Stamm-SAPE-Lösung Firma BMT D-Mischung Firma BMT HLA Locus-spezifische Primermischung Firma BMT LABType® SSO Bead-Mischung Firma BMT Taq DNA Polymerase Firma Roche SeaKem LE Agarose Firma Biozym Ethidiumbromid Firma Eurobio Olerup SSP DNA Size Marker Firma GenoVision Loading Dye Firma Fermentas Marker9 Firma Fermentas LiquiChip™SystemFluid Firma Qiagen PE-Conjugated Streptavidin (100xSAPE) Firma BMT LiquiChip Calibration Bead Kit Firma Qiagen 21
Material und Methoden LiquiChip Control Bead Kit Firma Qiagen Amplifikationsmischung Bestandteile: Primer 4,0 µl DMIX 13,8 µl Taq (5U/µl) 0,2 µl (Isolierte DNA-Proben: DNA 2,0 µl) SEAKEM Le Agarose Firma Cambrex Ethidiumbromid Firma Innotrain Ladepuffer LoadingDyeSol Firma MB Fermentas Boratpuffer Firma Fermentas Längenmarker Phix 174-DNA Firma MB Fermentas LE Agarose Firma Biozym Loading Buffer 1:3 Firma MB Fermantes QIAmp Kit Firma Qiagen Aqua ad iniectabilia Firma Braun LiChrosolv Wasser Firma Merk PBS Firma C.C.pro 22
Material und Methoden Ethanol reinst Firma Merk SeaKem LE Agarose Firma Biozym Olerup SSP DNA Size Marker Firma GenoVision 2.3 verwendete Datenverzeichnisse Immunogenetische Datenbank (IMGT/HLA) des Anthony Nolan Research Institute http://www.ebi.ac.uk/imgt/hla/align.html The HLA dictionary 2004: A summary of HLA-A, -B, -C, -DRB 1/3/4/5 and –DQB1 alleles and thei association with serologically defined HLA-A, -B, -C, -DR and –DQ antigens (Schreuder G.M.Th. et al. 2004) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15686589 Exon identities and ambiguous typing combinations des Anthony Nolan Research Institute, Stand Januar 2005 http://www.ebi.ac.uk/imgt/hla/pdf/ambiguity_v280.pdf 23
Material und Methoden 2.4 Methoden 2.4.1 Patientenkollektiv Die Proben, die wir für die Analyse benötigten, stammten von Spendern, die sich in der Deutschen Stammzellspenderdatei Süd (DSSD Süd) freiwillig registriert hatten. Die Spender gaben ihr Einverständnis dazu, dass Ihre HLA-Merkmale getestet werden. Die Anzahl der Proben, die in die Studie aufgenommen wurden, betrug 10.690. Diese wurden zunächst serologisch durch Mitarbeiter des Instituts für Transfusionsmedizin in Ulm typisiert und in die Knochenmarkspenderdatei aufgenommen. Unter den initial typisierten Spendern wurden diejenigen herausgesucht, die primär serologisch als HLA-A- bzw. HLA-B-homozygot eingestuft wurden. (Homozygot bedeutet, dass das Genom einer Zelle zwei identische Allele enthält, Heterozygot bedeutet, dass das Genom zwei unterschiedliche Allele aufweist). Diese Proben wurden anschließend molekulargenetisch nachtypisiert. Die molekulargenetische Typisierung erfolgte mit Hilfe des Luminex-Verfahrens. Zeigte sich im Endresultat eine Diskrepanz zwischen der serologischen und der molekulargenetischen Typisierung, deutete dies auf ein Null-Allel hin, wobei zu beachten war, dass niedrig exprimierte Antigene zu einer sogenannten vorgetäuschten Homozygotie führen können, ebenso wie neue, bisher unbekannte HLA-Gruppen, gegen die keine Alloantiseren existieren sowie Null-Allele. Das Projekt wurde von der Ethikkommission der Universität Ulm positiv beurteilt (Antrag-Nr. 286/07). 2.4.2 Polymerase Ketten Reaktion Für die Typisierung benötigte DNA musste zunächst mittels PCR vervielfältigt werden. Zuvor musste ein LABType PCR-Protokoll erstellt werden. Dieses Protokoll besteht aus zwei Seiten, siehe Abbildung 8 und 9. Hierbei musste zunächst dokumentiert werden, welcher Genort (HLA-A bzw. HLA-B) amplifiziert werden sollte. Anschließend musste berechnet werden, welche Menge und mit welcher Zusammensetzung ein PCR-MIX benötigt wird. Auf der weiteren Seite ist schematisch eine mit 96-Kavitäten (= Well-Platte) abgebildet, auf welcher die Nummern der zu testenden DNA Proben notiert sind. Jede einzelne Zahl (von 1-96) steht für eine Vertiefung in einer 96-Well-Platte. 24
Material und Methoden Abb.8: PCR-Protokoll, Vorderseite. Auf diesem Protokoll werden die eingesetzten Volumina aller verwendeten Chemikalien und Primergemische pro Ansatz aufgezeichnet. 25
Material und Methoden Abkürzungen: BH = Baden-Württemberg-Hessen, FB = Formblatt, PCR = Polymerase-Ketten-Reaktion, HLA = Humanes Leukozyten Antigen, IKT = Immunogenetik, UL = Ulm, A = Antigen A, B = Antigen B, Cw = Antigen Cw, DRB1 = DR beta 1 Antigen, DQB1 = DQ beta 1, MIX = Mixtur, Hyp.-Puffer = Hybridisierungspuffer, DMIX = Gemisch aus dNTP-Mix-Puffer, deoxyriboNucleoside TriPhosphates, Taq = Thermus aquaticus, U = Units, µl = Mikroliter, SAPE = Streptavidin Phycoerythrin, FN-UL-L- 528B_LABType PCR-Protokoll = selbstgenerieter Dateiname (Quelle: Scan eines PCR-Protokols, mit freundlicher Genehmigung von PD Dr. Mytilineos). 26
Material und Methoden Abb.9: PCR-Protokoll, Rückseite. Auf diesem Protokoll wird in jeder „Box“ (= 1 – 96) die in der entsprechenden Kovitität der PCR-Platte eingesetzte DNA-Id-Nummer dokumentiert. 27
Material und Methoden Abkürzungen: BH = Baden-Württemberg-Hessen, FB = Formblatt, PCR = Polymerase-Ketten-Reaktion, HLA = Humanes Leukozyten Antigen, IKT = Immunogenetik, UL = Ulm, FN-UL-L-528B_LABType PCR- Protokoll = selbstgenerieter Dateiname. (Quelle: Scan eines PCR-Protokols, mit freundlicher Genehmigung von PD Dr. Mytilineos). Die PCR dient, um eine Vervielfältigung der DNA-Region zu ermöglichen, die anschließend untersucht werden soll. Aus einem einzelnen Molekül ausgehend gewinnt man nach der PCR die millionenfache Menge, die einem dann erlaubt, die vervielfältigte Region der DNA weiter zu analysieren, z.B. mittels Sequenzanalyse oder Hybridisierung [174,178,176]. Für die PCR benötigt man pro Vertiefung der 96-Well-Platte: 2,0μlDNA 4,0 µl Primer 13,8 µl DMIX-Lösung 0,2 µl Taq-Polymerase, welche eine Gesamt Menge von 20 µl ergibt. Was geschieht in einer Polymerase Ketten-Reaktion (PCR): 28
Material und Methoden Abb.10: Schematische Darstellung eines PCR-Zyklus. Abbildung selber erstellt. Nr.1 1zeigt die zu vervielfältigende DNA (schwarzer Strang) (rot) welche als Template (englisch für Matrize, Muster) verwendet wird. Nr. 2 zeigt die Denaturierung bei 94 °C in zwei einzelne Stränge. Nr. 3 zeigt wie die zugesetzten Primer (Vorwärts- und des Rückwärtsprimer, grüner und oranger Punkt) bei 60 °C an deren Komplementären Position auf jeden Einzelstrang anlagern. Nr. 4 zeigt die Bildung der neuen DNA- Einzelstränge durch Verlängerung der Primersequenzen in ihre jeweilige Richtung. Nr. 5 zeigt die nun sich neugebildete DNA, und der Zyklus läuft nun von vorne erneut. Abkürzungen: PCR = Polymerase Ketten-Reaktion, Nr = Nummer, DNA = Desoxynukleinsäure Die PCR beruht auf sich zyklisch wiederholenden drei Schritten: 1. Denaturierung: Aufspalten des DNA-Doppelstranges in Einzelstränge 2. Anlagerung (Annealing) der Primer-Oligonukleotide 3. Polymerisation (Neubildung) einer doppelsträngigen DNA mit Hilfe der Primer, von denen sie ausgeht, und des Enzyms Polymerase sowie der vier Desoxynukleotide (dATP, dTTP, dCTP, dGTP) [180,175,177] 29
Material und Methoden Ad 1: bei der Denaturierung wird durch das Einwirken einer hohen Temperatur, hier 94°C, der DNA-Doppelstrang in zwei Einzelstränge getrennt. Erst nach dieser Trennung, können die Primer an die passenden DNA-Abschnitte binden. Ad 2: das Annealing, zuDeutsch,„dieAnlagerung“,bezeichnetdenSchritt,währenddessensich die Primer an den homologen DNA-Abschnitt anlagert. Dies geschieht bei einer Temperatur von 54°C. Primer sollten im Überschuss vorhanden sein, damit sie die Anlagerung des DNA- Gegenstranges kompetitiv verdrängen. Ad 3: AlsLetzteswirddasEnzym„DNA-Polymerase“eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein Enzym, das die Neubildung der neuen DNA-Stränge ermöglicht. Hierbei wird ein DNA-Abschnitt als Ablese-Matrize benutzt und komplementär dazu, von Primer ausgehend der neue DNA-Abschnitt synthetisiert. Bevor die 2 µl DNA in die Vertiefung der 96-Well-Platte hinzugefügt wird, werden in einem separaten Eppendorf-Gefäß, das DMIX (dNTP-Mix-Puffer, DeoxyriboNucleoside TriPhosphates), die Primer und die Taq-Polymerase zusammen gefügt. Diese wird dann als PCR-MIX bezeichnet. Pro Vertiefung der 96-Well-Platte, werden (wie oben erwähnt) 13,8 µl der DMIX, 4,0 µl des Primers und 0,2 µl der Taq-Polymerase benötigt, was eine Gesamt Menge von 20 µl ausmacht. Bei bekannter DNA-Menge, kann das Gesamt-Volumen des PCR-MIX berechnet, und dieser in einem separaten Eppendorf-Gefäß zusammengefügt werden. 30
Material und Methoden Beispiel-Rechnung: Wird die komplette 96-Well-Platte verwendet, rechnet man die Menge für 95 Proben (die 96. Probe ist die Negativ-Kontrolle) also der PCR-MIX ohne DNA. Bei der Mischung der PCR-MIX, sollte man folgende Reihenfolge beachten. Zuerst werden das DMIX und Primer zusammengefügt. Die beiden Reagenzien werden zuvor gut per Vortex vermischt (Reagenzglaßschüttler). Die Taq-Polymerase wird zum Schluss hinzugefügt, da sonst die Gefahr bestünde, dass der PCR-MIX anfängt mit sich zu reagieren (= Gefahr der Bildung von Primerdimeren). Nachdem in jeder Vertiefung der 96-Well-Platte jeweils 2 µl DNA hinzu pipettiert wurden, fügt man 18 µl der PCR-MIX Lösung in jede der Vertiefungen hinzu, so dass sich ein Gesamt-Volumen von 20 µl pro Well ergibt. Anschließend verschließt man die 96-Well-Platte luftdicht mit Hilfe einer Thermo-Stabilen selbstklebenden Folie und legt sie in den Thermocycler. Das PCR-Programm kann gestartet werden. 31
Material und Methoden PCR-Programm: Tabelle 6: Die gesamte zyklische Amplifikationsreaktion mit einer Gesamtmenge von 20 µl pro Vertiefung der 96-Well-Platte dauert etwa 90 Minuten. In der abgebildeten Tabelle, wurden zum Verständnis, die einzelnen Schritte dargestellt. Abkürzungen: °C=GradCelsius;∞=unendlich. Temperatur Inkubationszeit Anzahl der in Grad in Minuten Zyklen Schritt 1 96°C 03:00 1 Schritt 2 95°C 00:20 5 60°C 00:20 72°C 00:20 Schritt 3 96°C 00:10 30 60°C 00:15 72°C 00:20 Schritt 4 72°C 10:00 1 Schritt 5 4°C ∞ 1 2.4.3 Agarose-Gelelektrophorese (Nachweis von PCR Produkten) Die Gel-Elektrophorese die im Anschluss der PCR-Amplifikation erfolgt, dient zum semi- quantitativen visualisierenden Nachweis der PCR-Amplifikate [179,182]. Die Gel- Elektrophorese beruht auf dem Prinzip, dass Amplifikate aufgrund ihrer Größe und elektrischen Ladung in einem elektrischen Feld unterschiedlich schnell laufen und dadurch voneinander getrennt werden [186,185]. Aufgrund deren Molekülgröße laufen größere Moleküle langsamer, die Kleineren schneller und weiter durch das Gel. Für die Elektrophorese wird ein 0,2% iges Agarosegel hergestellt. Hierfür werden exakt 300 ml Boratpuffer in einem entsprechend großen Glasgefäß eingefüllt und zusätzlich 6 g Agarose hinzugefügt. Diese Suspension wird in der Mikrowelle bei 600 Watt so lange aufgekocht bis eine klare, reine, homogene Lösung entsteht. Die Lösung wird nun auf 60°C abgekühlt. Bei der erreichten Temperatur von 60° werden 10 Tropfen Ethidiumbromid dazu gegeben. Anschließend wird die abgekühlte Agaroselösung in eine abgedichtete Gelwanne, in welcher Kämme mit Zähnen vorhanden sind, eingefüllt. Diese Prozedur sollte blasenfrei 32
Material und Methoden erfolgen. Die Gelwanne wird während der Polymerisation in einer luftdicht abgeschlossenen Ablufthaube für mindestens 30 Minuten gestellt. Ist die Agaroselösung ausgehärtet, wird Boratpuffer in die Gelwanne eingefüllt bis das Agarose-Gel komplett durch den Puffer umspült ist und die Kämme werden entfernt. Durch die Zähne der Kämme entstehen Geltaschen mit einem Volumeninhalt von 15 µl. Bevor die DNA in die Geltaschen einpipettiert wird, werden von jeder amplifizierten DNA 4 µl in eine neue 96-Well-Platte mit jeweils 2 µl Loading Farbstoff pipettiert. Die restliche Menge des DNA-Amplifikats, die sich noch in der 96-Well-Platte befindet, wird Luftdicht mit einer sterilen selbstklebenden Folie verklebt und zur Lagerung im Kühlschrank deponiert. Diese gesamte Menge von nun 6 µl wird vorsichtig in die Geltaschen pipettiert. In die vorletzte Geltasche kommt eine Negativ Probe, also Loading Farbstoff ohne DNA. Um feststellen zu können, wie groß die jeweiligen Moleküle sind, wird der Gel- Elektrophorese ein bestimmter Längen-Marker mit bekannten Basenpaaren (Molekulargewichtsstandart 50-1000bp) in eine separate Geltasche gegeben. Anhand dieses Markers kann abgelesen werden, wie groß das jeweilige Amplifikat ist. Nachdem alle Proben in den Geltaschen gefüllt sind, wird die Gel Wanne für 15 Minuten unter Spannung von 180 Volt und ca. 140 mA gesetzt. Am Ende des Vorganges wird die Spannung ausgeschaltet. Zum eigenen Schutz werden nun Handschuhe angezogen, und mit einer Pinzette und einem Skalpell das Gel-Stück, in dem die Proben sich befinden, separat ausgeschnitten. Dieses Gel-Stück wird auf den UV- Transilluminator zur Begutachtung und Fotodokumentation gelegt [184,181]. Vor Einschaltung des UV-Lichtes werden die Augen zum Schutze mit einer speziellen Brille bedeckt. Unter UV-Licht bei einer Wellenlänge von 254 nm und dem zuvor eingefügtem Ethiumbromid zum Einfärben der Nukleinsäuren [183], werden die Banden, welche die DNA beim Durchlaufen unter angelegter Spannung hinterlässt, sichtbar gemacht. Die UV Bestrahlung sollte jedoch so kurz wie möglich gehalten werden, da ultraviolettes Licht die Bildung von Pyrimidin-Dimeren begünstigen kann, was zur Folge haben könnte, das Mutationen oder Strangbrüche entstehen könnten. Anschließend wird zur Dokumentation mit einer integrierten Fotographie Einheit ein Bild (siehe Abbildung 11) des Gel-Stückes gemacht. 33
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