Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Asthma
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FLUGS-Fachinformationsdienst Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Asthma Asthma bronchiale ist in Deutschland eine der häufigsten chronischen Er- krankungen im Kindesalter. Das Leid der betroffenen Familien und nicht zu- letzt der volkswirtschaftliche Aspekt motivieren Gesundheitspolitiker und Wissenschaftler gleichermaßen, wirksame Methoden zur Vorbeugung und Therapie dieser Erkrankungen zu finden. Foto: Deutsche Atemwegsliga Entstehung von Asthma bronchiale Für die Entstehung allergischer Erkrankungen im Kindesalter sind bislang kaum ursächliche Einflussfaktoren bekannt. Es gibt zahl- reiche Hypothesen, aber leider wenig gesichertes Wissen, mit des- sen Hilfe im Sinne einer sogenannten Primärprävention bereits die Entstehung von Asthma oder anderen allergischen Erkrankungen wirksam verhindert werden könnte. Zu einer solchen Primärprä- vention würde gehören, Umwelteinflüsse zu unterbinden, welche für die Krankheitsentstehung verantwortlich gemacht werden. Se- kundär- oder tertiärpräventive Maßnahmen hingegen sollen Spät- schäden einer bereits eingetretenen Erkrankung verhindern. Es ist davon auszugehen, dass die Weichen für die Entstehung von Asthma bronchiale und anderen allergischen Erkrankungen wie der Neurodermitis bereits sehr früh im Leben gestellt werden. Daher muss jeder Versuch einer primären Prävention ebenfalls sehr früh ansetzen. Prävention Nummer 1 – Rauchfreie Kindheit Tabakrauch ist eine der wichtigsten Quellen für die Schadstoffbela- stung von Innenräumen. Allein 40 erwiesenermaßen Krebs erre- gende Stoffe befinden sich unter den mehr als 4.000 Substanzen, aus denen der Rauch zusammengesetzt ist. Während man früher Helmholtz Zentrum München – FLUGS-Fachinformationsdienst, Ingolstädter Landstraße 1, D-85764 Neuherberg Hotline: 089/3187-2710, E-Mail: flugs@helmholtz-muenchen.de, Internet: http://www.helmholtz-muenchen.de/fugs
- 2 - Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Asthma annahm, dass er nur aktive Raucher schädigt, muss man heute diese Auffassung auf Grund neuerer Untersuchungsergebnisse kor- rigieren: Auch Passivrauch, also vom Nichtraucher mit der Atemluft unfreiwilig eingeatmeter Tabakrauch, hat gesundheitliche Auswir- kungen, die über die reine Belästigung hinausgehen. Passivrauch stellt neben zahlreichen anderen gesundheitlichen Risiken einen ganz wesentlichen Risikofaktor für Atemwegserkrankungen, speziell auch die Entstehung von Asthma bronchiale dar. Die wissenschaft- liche Datengrundlage hierfür ist so überzeugend, dass von einem kausalen Zusammenhang gesprochen werden kann. Neue Studien belegen den direkten Zusammenhang von Passivrauchen und ver- schiedenen Atemwegserkrankungen vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern: Kinder von rauchenden Eltern laufen verstärkt Gefahr, an Husten, Bronchitis und Asthma zu erkranken bzw. bestehende Krankheitsbilder dadurch zu verstärken. Statistisch eindeutige Er- gebnisse liegen beispielsweise auch bei Kindern rauchender Mütter vor, die bereits Asthma haben und bei denen Häufigkeit und Inten- sität der Asthmaanfälle mit Passivrauchen eng korrelieren. Ein erfolgversprechender Weg der primären Prävention ist daher, bereits Kinder vor Passivrauch zu schützen. Eine rauchfreie Um- gebung schon während der Schwangerschaft sollte auch nach der Geburt beibehalten werden. Das Aufwachsen in einem rauchfreien Zuhause sollte zu den Grundrechten jedes Kindes zählen und ist bei Kindern, die eine familiäre Vorbelastung hinsichtlich Asthma und Allergien aufweisen, umso wichtiger. Prävention Nummer 2 - Stillen hilft wahrscheinlich Die umfassende Auswertung von 12 prospektiven Studien aus den Jahren 1966 bis 1999 hat einen eindeutig positiven Effekt von Stil- len als vorbeugende Maßnahme gegen die Entstehung von Asthma und Allergien in der Kindheit gezeigt. Dieser Effekt ist diesen Stu- dien zufolge bei Kindern mit einer familiären Vorbelastung durch Asthma am deutlichsten ausgeprägt und reduziert das Asthmarisiko um die Hälfte. Kindern, die nicht gestillt werden, wird als Alternative hypoallergene Säuglingsnahrung angeboten, die das Risiko der Entstehung von Nahrungsmittelallergien und Neurodermitis bei Kindern mit einer allergischen Erkrankung in der Familie ebenfalls verringern kann. Dieser Schutzeffekt beschränkt sich aber nur auf den relativ kurzen Zeitraum der ersten 2-3 Lebensjahre. Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass die Verwendung von hypoallergener Säuglingsnahrung einer späteren Asthmaentstehung vorbeugen könnte. Die Wirkung probiotischer Zusätze in Säuglingsmilchprodukten wird derzeit wissenschaftlich diskutiert. Bislang gibt es keine ausreichenden Erkenntnisse, die die Wirksamkeit derartiger Maßnahmen bestätigen könnten. Prävention Nummer 3 - Allergene vermeiden – nicht immer der Königsweg Mehrere Studien haben gezeigt, dass hohe Konzentrationen an Katzen- oder Hausstaubmilbenallergen in der Matratze das Risiko erhöhen, eine allergische Reaktion auf diese bestimmten Allergene zu entwickeln. Dieser Zusammenhang hat sich aber für Asthma bronchiale oder Neurodermitis nicht bestätigt. Eine vorsorgliche Allergenreduzierung kann wahrscheinlich nicht der Entstehung von Asthma oder Neurodermitis vorbeugen. In diesem Zusammenhang Helmholtz Zentrum München – FLUGS-Fachinformationsdienst, Ingolstädter Landstraße 1, D-85764 Neuherberg Hotline: 089/3187-2710, E-Mail: flugs@helmholtz-muenchen.de, Internet: http://www.helmholtz-muenchen.de/fugs
Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Asthma -3- wird in jüngerer Zeit die Rolle der Haustierhaltung sehr heftig dis- kutiert. Es liegen widersprüchliche Daten aus verschiedenen Studi- en vor, sodass derzeit keine eindeutige Empfehlung für oder gegen das Halten von Haustieren zur Vorbeugung von Allergien gegeben werden kann. Beschwerden lindern Zwar ist der Nutzen des Allergenvermeidens im Sinne einer vor- beugenden Prävention fraglich, kein Zweifel besteht aber mehr daran, dass diese Maßnahme bei bereits vorliegenden Asthma- und Allergiebeschwerden wirksam hilft. Liegt also eine allergische Re- aktion gegen ein bestimmtes Allergen vor, sind geeignete Metho- den zur Allergenvermeidung nötig. So ist zum Beispiel im Falle der Hausstauballergie vor allem die Reduktion der Milbenexposition im Schlafbereich wichtig. Dazu gehören in erster Linie milbendichte Kopfkissen und Matratzenbezüge ebenso wie die Milbenreduktion bei Stofftieren im Kinderbett. Besteht die Möglichkeit, so sollten Teppichböden aus dem Schlafzimmer entfernt werden. Auch sollten Staubsauger mit besonderen Filtern verwendet werden. Liegt eine Allergie gegen Tierhaare vor, sollten keine Haustiere im Haushalt gehalten werden. Bei saisonal auftretenden Allergenen, wie Pol- len, ist ein Vermeiden der Allergene natürlich schwierig. Zumindest sollte an Tagen mit besonders hoher Pollenbelastung (z. B. bei oder nach Gewitterstürmen in der Hauptblütezeit) der Aufenthalt im Frei- en so weit wie möglich und vor allem in Zusammenhang mit körper- licher Anstrengung vermieden werden. Die schlechte Belüftung von Wohnräumen, welche Feuchtigkeits- schäden und Schimmelbildung im Wohnbereich fördert, ist ein weiterer Risikofaktor für Allergiker: Zu hohe Luftfeuchtigkeit in Innenräumen bietet nicht nur ideale Lebensbedingungen für Haus- staubmilben, sondern kann in Verbindung mit Passivrauchexpositi- on auch Asthmabeschwerden verstärken. Eine gute Belüftung von Wohnräumen und die Sanierung von Feuchtigkeitsschäden wird daher empfohlen. Kooperation von Arzt, Patient und Familie Die wichtigsten Ziele bei der Asthma-Behandlung sind für den Patienten, tags wie nachts beschwerdefrei zu sein, körperlich voll belastbar zu sein und Schul- bzw. Ausbildungsfehlzeiten durch die Asthma-Erkrankung zu verhindern. Ein zentrales Ziel ist es auch, die Lungenfunktion zu normalisieren. Gerade die Behandlung chronisch kranker Kinder bzw. Jugendlicher mit Asthma hat viele Facetten und bedarf deshalb eines gemein- samen Vorgehens von behandelndem Arzt, Lungenfacharzt, Eltern, dem Kind bzw. Jugendlichen, Atemtherapeuten und gegebenenfalls psychosozialen Betreuern. Im Vordergrund aller Bemühungen steht dabei, dass dem betroffenen Kind bzw. Jugendlichen und seinen Eltern ein möglichst umfassendes Verständnis der Erkrankung Asth- ma, seiner Behandlung sowie des therapeutischen Vorgehens bei jedweder Änderung im klinischen Erscheinungsbild vermittelt wird. Erst wenn die Betroffenen selbst verstehen, welches die Auslöser der Beschwerden sind und wie diese frühzeitig erkannt und adäquat behandelt werden können, kann von einer guten Führung der Pati- enten ausgegangen werden. Kinder sollten frühzeitig in die eigene Verantwortung für ihr Befinden einbezogen werden. Häufig wird es dabei notwendig, Ängste bei Eltern anzusprechen und zurück zu nehmen, um dem Kind selbst mehr Eigenverantwortung zuzu- Helmholtz Zentrum München – FLUGS-Fachinformationsdienst, Ingolstädter Landstraße 1, D-85764 Neuherberg Hotline: 089/3187-2710, E-Mail: flugs@helmholtz-muenchen.de, Internet: http://www.helmholtz-muenchen.de/fugs
- 4 - Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Asthma sprechen. Wenn dies frühzeitig und allmählich gelingt, lassen sich schwere Autonomiekonflikte in der Pubertät vielleicht vermeiden. Aber: Eine solche „Selbstbetreuung“ der Patienten kann nur die täglichen Probleme angehen. Der langfristige Therapieplan muss in den Händen eines pneumologisch geschulten und erfahrenen Kin- derarztes im Team mit dem Hausarzt, den Physiotherapeuten und gegebenenfalls psychosozialen Betreuern liegen. Hausapotheke des Asthmatikers Im einzelnen sollten kindliche Asthmapatienten und ihre Eltern den Unterschied zwischen Medikamenten, die eine rasche Linderung der Beschwerden herbeiführen, und Medikamenten, denen eine vorbeu- gende Wirksamkeit zugesprochen wird, kennen. Sie sollten ferner detailliert in die verschiedenen Techniken der Inhalationsbehand- lung eingewiesen werden und diese gut beherrschen. Dies erfordert eine fachgerechte Schulung durch einen entsprechend ausgebil- deten Atemtherapeuten. Der Gebrauch des peak flow meter, einem Gerät zur Messung von Atemfunktionen, muss verstanden sein, um es sinnvoll einsetzen zu können. Auch sollten Kinder selbst wissen, welche Medikamente sie im Falle einer Verschlechterung einnehmen sollen und welches die subjektiven und objektiven Anzeichen einer Atemwegsverengung sind. Gerade in der Betreuung von Heranwachsenden kann dieser Plan je- doch nicht strikt mit ärztlichen Anweisungen durchgeführt werden, vielmehr ist die Kooperation zwischen Arzt und Patient essentiell und erfordert häufig Geduld und/oder Kompromisse. Denn gerade jugendliche Asthmapatienten leiden, sofern sie die Probleme der Pubertät noch nicht hinter sich gelassen haben, oft doppelt: Immer ist es für den Arzt erforderlich, sie in ihren Ansichten und Gefühlen ernst zu nehmen und gegebenenfalls in ihren Bestrebungen der Ab- grenzung von den Eltern zu unterstützen. Besonderes Augenmerk muss bei der Betreuung jugendlicher Patienten auf den Beginn des Aktivrauchens gelegt werden, denn im Alter von 15 Jahren rauchte bereits die Hälfte aller Jugendlichen, wie eine Befragung in Bochu- mer Schulen ergab. Die chronische medikamentöse Behandlung des Asthma bronchiale verläuft nach einem Stufenplan, der dem jeweiligen Schweregrad der Erkrankung angepasst. Dabei kommt der Inhalationsbehandlung ein sehr großer Stellenwert zu, der je nach Schwere der Erkrankung auch eine Behandlung mit inhaliertem Kortison erforderlich macht. Eine gute Atemtherapie kann helfen, die Medikamente an den richtigen Wirkort in den unteren Atemwegen zu bringen. Nebenwir- kungen sind bei den meisten Asthma-Präparaten gering, manche Kinder können allerdings mit starker Unruhe und Nervosität auf die bronchialerweiternden Medikamente reagieren. Grundsätzlich ist die dauerhafte Therapie von Asthma heute soweit fortgeschritten, dass fast alle Patienten mit den derzeit zur Verfügung stehenden Medi- kamenten ein „normales“ Leben im Sinne der eingangs erwähnten Behandlungsziele führen können. Literatur Helmholtz Zentrum München (2002): Asthma und Allergien –Wenn die Luft zum Atmen fehlt. – mensch+umwelt spezial 15. Ausg. An- forderung per Postkarte an: Helmholtz Zentrum München, Postfach 1129, 85758 Neuherberg oder per E-Mail unter oea@helmholtz- muenchen.de Helmholtz Zentrum München – FLUGS-Fachinformationsdienst, Ingolstädter Landstraße 1, D-85764 Neuherberg Hotline: 089/3187-2710, E-Mail: flugs@helmholtz-muenchen.de, Internet: http://www.helmholtz-muenchen.de/fugs
Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Asthma -5- Stand: Jäger, L. (2000): Allergien. Ursachen, Therapien, Vorbeugung. August 2002 Beckverlag Autoren: Mutius, E. von (1999): Asthma bronchiale und atopische Erkran- Dr. Michael Kabesch, Prof. Dr. kungen im Kindesalter. Prävalenz und Risikofaktoren. München: Erika von Mutius Dustri Verlag Deisenhofen Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Erika von Mutius Helmholtz Zentrum München – FLUGS-Fachinformationsdienst, Ingolstädter Landstraße 1, D-85764 Neuherberg Hotline: 089/3187-2710, E-Mail: flugs@helmholtz-muenchen.de, Internet: http://www.helmholtz-muenchen.de/fugs
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