Hochschulpolitik in Deutschland Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen

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Hochschulpolitik in Deutschland Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen
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                                        der wissenschaftsrat berät die bundesregierung
                                        und die regierungen der länder in fragen der
                                        inhaltlichen und strukturellen entwicklung der
                                        hochschulen, der wissenschaft und der forschung.

HOCHSCHULPOLITIK AKTUELL, BONN 15./16. JULI 2019

 Hochschulpolitik in
 Deutschland
 Aktuelle Entwicklungen und
 Herausforderungen
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 Inhalt
Herausforderungen und politische Antworten

 1. Hochschulfinanzierung
     a)      Hochschulpakt
     b)      Qualitätspakt Lehre
 2. Wettbewerbe für Hochschulen
     a)      Exzellenzstrategie
     b)      Tenure-Track-Professur
     c)      FH-Personalgewinnung
 3. Aufträge und Erwartungen an Hochschulen
     a)      Weiterbildung
     b)      Transfer/ Third Mission/Wissenschaftskommunikation
     c)      Leerstellen

 Wissenschaftsrat | Fortbildung für DAAD-Lektoren/innen | Bonn | 16 07 2019, Gustav-Stresemann-Institut
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 1. Hochschulfinanzierung
Herausforderungen

 1. Expansion des Hochschulsystems
       Studienanfänger                          2005 = 326.407        2018 = 494.795
                                                    Prognose für 2030     ca. 520.00

       Studierende insgesamt                    2007 = 1.941.763                  2018 = 2.815.829

 2. Finanzierung:
     laufende Ausgaben (Grundmittel je Studierenden)                              1999 = 8.700 Euro p.a.
                                                                                  2015 = 5.500 Euro p.a.
       Betreuungsrelationen Prof. : Studierende an Unis                           2007 = 1:55,2, 2015 = 1:63,4
       Betreuungsrelationen Prof. : Studierende an FH                             2007 = 1:39,5, 2015 = 1:49,6

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 1. Hochschulfinanzierung
Herausforderungen

 3. Grundgesetzänderungen und ihre Folgen für die Hochschulen
 _ 2006: Abschaffung Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau, Zusammenwirken von B&L bei
   Vorhaben von Forschung und Lehre sowie Forschungsbauten an Hochschulen
   => Programme Forschungsbauten, Exzellenzinitiative, Hochschulpakt, Qualitätspakt
   Lehre, Offene Hochschule, FH-Forschung, Finanzierung KIT, Programmpauschalen
 _ 2014: in Fällen überregionaler Bedeutung Zusammenwirken von B&L bei der Förderung
   von Wissenschaft, Forschung und Lehre
   => Programme Qualitätsoffensive Lehrerbildung, Tenure Track Professur, Innovative
   Hochschule, Exzellenzstrategie, Zukunftsvertrag, Innovationen in der Hochschullehre
 4. Kontrastprogramm: Pakt für Forschung und Innovation für AUF
     Jährlicher Aufwuchs der Grundmittel um 3% ohne Antrag oder Bedingungen
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 1. Hochschulfinanzierung
a) Hochschulpakt => Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken

 Veränderungen zum bisherigen HSP 2020
 Fördermittel: unbefristet = Stabilität und Planungssicherheit, regelmäßige Evaluation
 (durch Wissenschaftsrat alle 5 Jahre), keine jährliche Erhöhung der Mittel (wie beim PFI),
 aber stufenweise und ohne Bedingungen mehr Bundesgeld (2021 auf 1.88 Mrd. und 2024
 auf 2,05 Mrd.), Gegenfinanzierung für alle Länder 1:1, aber mehrjährige
 Übergangsregelungen
 Förderziel: Vorrangig Kapazitätserhalt und Qualitätsverbesserung, Verteilung der
 Bundesmittel statt nach einem nun nach drei Parametern (20:60:20) an die Länder sowie
 bilaterale Verpflichtungserklärungen der Länder gegenüber dem Bund; die Länder können
 mit ihren Hochschulen eigene Verteilungsregeln aushandeln. (Orientierung am
 Positionspapier WR „Hochschulbildung im Anschluss an HSP“)
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 1. Hochschulfinanzierung
b) Qualitätspakt Lehre => Innovationen in der Hochschullehre

 Veränderungen zum bisherigen QPL
 Fördermittel: statt 200 Mio. p.a. nur 150 Mio., aber diese unbefristet. Verteilung nach
 Länderproporz und nach Qualität.
 Förderziele: Verbesserung der Betreuung der Studierenden und der Qualität der Lehre,
 bessere Personalausstattung , Weiterqualifizierung des Lehrpersonals, Vorbild:
 Positionspapier WR „Strategien für die Lehre“
 Governance: politikdominiert; statt einer eigenständigen neuen Einrichtung eine rechtlich
 unselbständige unter dem Dach einer bestehenden Organisation (Interessenbekundungs-
 verfahren), die die Fördermittel auch verwalten soll. Evaluation alle 7 Jahre.
 Auswahlverfahren: wissenschaftsgeleitet und kompliziert.

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 2. Wettbewerbe für Hochschulen
Herausforderungen

 1. Instrumente der politischen Steuerung von Hochschulen
       Hochschulverträge, Zielvereinbarungen, Leistungsorientierte Mittelvergabe,
       Wettbewerbe
 2. Verhältnis Grundmittel zu Drittmitteln
       2016 = 20 Mrd. Grundmitteln zu 7.5 Mrd. Drittmitteln
 3. Differenzierung versus Konformitätsdruck
       Profilbildung mit denselben Anreizen führt zu ähnlichen Ergebnissen
 4. Und was ist nicht beschlossen worden?
       Deutsche Transfergemeinschaft, Promotionsrecht FH, Sanierung und Neubauten
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 2. Wettbewerbe für Hochschulen
a) Exzellenzinitiative => Exzellenzstrategie

 Veränderungen zum bisherigen Programm
 Förderlinien: statt früher drei (GRS, EXC, ZUK) seit 2017 noch zwei FL (EXC und EXU), seit
 November 2018 werden 57 EXC gefördert. Voraussetzung für EXU = 2 EXC (allein oder
 kooperativ), Voraussetzung für EXU-Verbund = 3 EXC.
 Förderperioden von 5 auf 7 Jahre erhöht, Programm auf Dauer beschlossen.
 Fördermittel: 533 Mio. p.a. im Verhältnis von 75 Bund : 25 Sitzland, 385 Mio. für EXC
 (jeweils 6,7 Mio. Euro DS), 148 Mio. für EXU (jeweils 10-15 bzw. 15-18 Mio. Euro)
 Governance: Expertengremium (39 Sachverständige aus aller Welt, von DFG und WR
 vorgeschlagen, von GWK berufen) und Exzellenzkommission, Durchführung: DFG und WR
 Verfahren: EXC mit Panel für Skizzen u. Vollanträge, EXU mit Anträgen u. Ortsbesuchen
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 2. Wettbewerbe für Hochschulen
b) Programm Tenure Track Professur
 Förderziele: Verankerung eines eigenständigen, zusätzlichen Karriereweges an Universi-
 täten, Erweiterung der Karriereperspektiven durch Schaffung von 1.000 unbefristeten
 Professuren, frühere Berufungen, Entwicklung von Personalstruktur und PE-Konzepten
 Förderangebot: der Bund finanziert von 2018 bis 2032 insgesamt 1.000 zusätzliche (?)
 Professuren W2 oder W2 mit tenure track, 118.000 Euro p.a. pro TTP für max. 8 Jahre
 Förderverfahren: Zwei Ausschreibungen 2017 und 2019, Verteilung nach Länderkontingent
 und Qualität, 12 Sachverständige aus Wissenschaft, HS-Management und Nachwuchs
 (vorgeschlagen durch HRK, DFG, WR, ergänzt und bestellt durch GWK), 2 Vertreter Bund, 4
 Vertreter Länder, Durchführung: PT
 Ergebnisse: In der erste Runde werden seit 2018 insgs. 468 Tenure-Track-Professuren an
 34 Universitäten gefördert. Aktuell sind erst 50 Berufungen erfolgt.
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 2. Wettbewerbe für Hochschulen
c) Personal an Fachhochschulen
 Förderziele: Unterstützung der FH bei Gewinnung von Prof. durch Instrumente zur
 Personalgewinnung und –qualifizierung. Konzeptbasierte Förderung gemäß Empfehlung WR.
 HS-spezifischer Strategieprozess, Exploration neuer Rekrutierungs- und Qualifizierungs-
 wege, Vernetzung und Austausch, Attraktivitätssteigerung FH-Prof.
 Förderangebot: Konzeptbildungsphase (50.000 Euro), Umsetzungsphase in zwei
 Bewilligungsrunden 2020 (70%) und 2022 (30%), Länderkontingente, keine Vorgabe zur
 Fördersumme je Antrag. Volumen: 431,5 Mio. für 10 Jahre
 Förderverfahren: Begutachtung durch 16 Sachverständige im Auswahlgremium, dem
 außerdem 2 Vertreter des Bundes und 4 Vertreter der Länder angehören, Durchführung: PT
 Finanzierungsschlüssel: 2019 bis 2022: Bund 100%, 2023 bis 2026: Bund 75%, Länder
 25%, 2027 bis 2028: Bund 50%, Länder 50% (In Summe: Bund 71%, Länder 29%).
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 3. Aufträge und Erwartungen an Hochschulen
Herausforderung

 1. Systemexpansion => Zunahme der Aufträge und Erwartungen
 2. Differenzierung => Profilbildung durch Wettbewerbe erzeugt
    Anpassung und Gleichförmigkeit
 3. Externe Einflüsse: Globalisierung, Digitalisierung, Demographie,
    Vollbeschäftigung …
 4. Internet und Neue soziale Medien: Selbstvermarktung, Wissen-
    schaftskommunikation, Umgang mit Zensur und Fake news
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 3. Aufträge und Erwartungen an Hochschulen
a) Weiterbildung
 Weiterbildung = gesetzliche Aufgabe der Hochschulen, wird aber i.d.R. als wirtschaftliche
 Tätigkeit eingeordnet u. unterliegt damit dem europäischen Beihilferecht => staatliche
 Finanzierung untersagt.
 Folgen: Trennungsrechnung, keine Grundmittel für Entwicklungskosten, Teilnahmegebühren,
 Franchise-Studiengänge mit privaten Bildungsanbietern oder privatrechtliche
 Ausgründungen => unzureichendes Angebot von weiterbildenden und berufsbegleitenden
 Studiengängen oder Zertifikatskursen.
 Lösungsvorschlag WR: Anpassung rechtlicher und finanzieller Rahmenbedingungen,
 bedarfsgerechte Ausgestaltung hochschulischer Weiterbildung, strategische Ansätze und
 Anreize zum Ausbau hochschulischer Weiterbildung bei Politik und Hochschulen.

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 3. Aufträge und Erwartungen an Hochschulen
b) Transfer/ Third Mission/ Wissenschaftskommunikation
 Neues Verständnis von Transfer: nicht lineare Kette, sondern interaktive Prozesse, nicht
 nur Technologie, sondern auch dialogische Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse in
 Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik. WR empfiehlt Hochschulen Transferstrategie.
 Third Mission: Alter Wein in neuen Schläuchen? Integriert in Forschung und Lehre oder on
 top? Wäre das eine genuine Mission für Fachhochschulen (gewesen)?
 Wissenschaftskommunikation: Vertrauen in die Wissenschaft stärken – bei wem? Das
 gesellschaftliche Vertrauen in die Wissenschaft ist stabil, das in die Politik erodiert, zugleich
 steigen die Rechenschaftspflichten der Wissenschaftseinrichtungen.

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 3. Aufträge und Erwartungen an Hochschulen
c) Leerstellen
 _ Erstaunlicherweise richten sich keine Erwartungen auf zeitgemäße Bildungskonzepte,
 stattdessen erwartet man Anrechnung von Leistungen aus der beruflichen Bildung,
 Schaffung von Übergängen und Durchlässigkeiten zwischen Bildungssektoren.

 _ Erstaunlicherweise gibt es keinen Digitalpakt für die Hochschulen, weder inhaltliche
 Konzepte noch die Finanzierung von Software, Hardware und rechtlichen oder
 infrastrukturellen Rahmenbedingungen.
 _ Erstaunlicherweise gibt es kein Programm zur Bewältigung des Sanierungs- und Neubau-
 Staus, hat auch kaum Ideen für eine bessere Kommunikation der Wissenschaft mit der
 Öffentlichkeit, fördert kaum die Fähigkeiten für das Management großer Organisationen,
 traut Hochschulen aber implizit zu, alle Versäumnisse von Schulen reparieren…

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

                                                                 Dr. Sabine Behrenbeck
                                                                 Leiterin der Abteilung Tertiäre Bildung

                                                                 WR | W I S S E N S C H A F T S R A T

                                                                 behrenbeck@wissenschaftsrat.de
                                                                 www.wissenschaftsrat.de

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