Hoffnung am Horizont - KDA Nordkirche
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36 Hoffnung am Horizont Nebenwirkung der Corona-Pandemie: Ein neues Gesetz verbessert die Arbeits bedingungen in der Fleischindustrie TEXT Heike Riemann und Jens Haverland (Gastautor) „Speranta“ heißt Hoffnung auf Rumänisch. „Speranta la orizont“ bedeutet ent sprechend „Hoffnung am Horizont“. Trotz Missständen, Skandalen und Corona in der Fleischindustrie wurde 2020 zu einem Hoffnungsjahr für die überwiegend aus Osteuropa stammenden Werkvertragsbeschäftigten. Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt
um der mehrfachen Ausbeutung 37 der Werkvertragsbeschäftigten nun endlich einen Riegel vorzuschieben. Dann kam Corona. In Birkenfeld bei Pforzheim kam es Anfang April 2020 zu einer ersten Masseninfektion mit dem Coro- na-Virus in der Fleischindustrie. 1100 Menschen arbeiteten dort, rund 700 davon mit Werkverträgen, bis Juni infizierten sich über 400 Mit- arbeitende2. Aber schon bald gab es Ausbrüche auch an anderen Stand- orten der Fleischwirtschaft. FLEISCHINDUSTRIE ALS HOTSPOT Arbeitsquarantäne: So lautete eine der ersten Antworten auf die zahlreichen Infektionen in der Fleischbranche. Wer an Corona erkrankt, gehört in Quarantäne, separiert von allen anderen. Das leuchtet ein. Arbeitsquarantäne jedoch bedeutet: Auch wer negativ getestet wird, muss in der Unter- kunft bleiben – wenn er oder sie nicht bei der Arbeit ist. Begründet wurde dies mit der Systemrelevanz der Fleischindustrie. U. a. durch das Konstrukt der Arbeitsquaran- täne konnten die großen Fleisch- konzerne im Frühjahr 2020 in ihren 1 Zum Bündnis gehö- Pressemeldungen betonen, dass ren: DGB Schles- es nicht zu Engpässen bei der Ver- wig-Holstein Nordwest, KDA Nord- sorgung der Bevölkerung mit kirche, Gewerkschaft Fleischprodukten kommen werde.3 NGG, Ev.-luth. Kirchenkreis Rant- Auch für Erntehelfer*innen gab zau-Münsterdorf, es im Laufe des Sommers 2020 katholische Kirchen- „Arbeitsquarantäne“. Ein sehr gemeinde St. Ansgar Itzehoe, Christian reduziertes Menschenbild findet Jensen Kolleg, die mit dieser Maßnahme seinen Beratungsstelle Faire euphemistischen Ausdruck, indem Mobilität sowie lokale Unterstützer, der Mensch auf seine ökonomische D Partner und Einzel- as Jahr 2020 begann Kellinghusen mühten sich Rats Produktivität reduziert wird. personen. mitglieder und Vertreter*innen 2 https://www.die- unspektakulär. Wie selbst- In den Medien tauchte zudem neue-welle.de/ verständlich setzten sich von DGB, Kirche/KDA und anderen, der Begriff „Fremdarbeiter“ auf, corona/corona- Missstände und Ausbeutung in der (finanzierbare) Antworten zu fin- und es bleibt durchaus unklar, ob tests-bei-mueller- fleisch-in- Fleischindustrie fort. Für die Mit- den, wie die auf den Schlachthöfen diese Bezeichnung einfach nur birkenfeld-negativ glieder des Stützkreises in Kelling- Beschäftigten besser vor Ort zu ungeschickt gewählt wurde und (zuletzt abgerufen husen bedeutete dies: Auch integrieren seien. Integration war deutlich machen sollte, dass es sich am 11.03.2021) 3 Z. B. Pressemitteilung weiterhin wandten sich Menschen, auch das Thema beim Runden Tisch bei den Werkvertragstätigen in vom 23.04.2020, die auf den nahe gelegenen in Husum. Und die Mitglieder des einem Betrieb eben nicht um https://www.muel- ler-fleisch.de/aktu- Schlachthöfen in Kellinghusen und Bündnisses für bessere Lebens- Angestellte des Betriebes handelt, elles/aktuelles/ Bad Bramstedt tätig waren, mit der und Arbeitsbedingungen für Werk- oder ob damit Fremdheit und newsmeldung/pres- Bitte um Unterstützung an sie. vertragstätige in Schleswig- Nichtdazugehören betont werden semitteilung/; Pres- semitteilung vom Auch die Mitarbeiterinnen der Holstein1 folgten der Aufforderung sollten. Wir erinnern uns: Dieser 18.03.2020, https:// Fairen Mobilität in Kiel mit ihrer des Sozialausschusses im Landtag Begriff fand auch für ausländische toennies.de/cate- Beratungsarbeit auf Polnisch und und reichten Stellungnahmen ein, Zwangsarbeiter*innen in der Zeit gory/presse/page/7/ (jeweils zuletzt Rumänisch hatten alle Hände mit denen sie die Dringlichkeit des des Nationalsozialismus Verwen- abgerufen am voll zu tun. Beim Runden Tisch in politischen Handelns unterstrichen, dung. 05.03.2021) Hoffnung am Horizont
38 „Endlich handeln": beim Aktionstag im Mai 2020 vor dem Schlachthof in Husum. Erschreckend: Die unzureichenden Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche wurden überwiegend als Gefahr für die Ausbreitung von Covid-19 auf „die Bevölke rung“ diskutiert, nicht aber als Skandal an sich. „Ohne Hoffnung kein Ehrenamt. werden. Die Stimmung in der mag es ja gar nicht sagen, aber Wir betrachten das Arbeitsschutz- Region (und anderswo) reichte endlich ist das Thema so in der kontrollgesetz, trotz einiger von verärgert bis wütend und Öffentlichkeit, wie es gehört. Defizite, als Hoffnungsschimmer dieser Ärger brach sich Bahn in Corona sei Dank.“ für die gesamte Branche und mehrere Richtungen. Inhaltlich ergaben sich für versuchen, die Corona-Krise mit Die allgemeine Kritik an den die Engagierten vor allem folgende all ihren Problemen auch als Lebens- und Arbeitsbedingungen Fragen: Wie kann verhindert wer- gesellschaftliche Chance für längst der in der Fleischbranche Tätigen den, dass Themen wie die oftmals überfällige Veränderungen zu wurde lauter, es gab aber auch unzureichende Unterbringung, die sehen.“ Äußerungen und Aktionen, überlangen Arbeitszeiten und das die wahlweise „Tönnies“, „der Nichteinhalten von Arbeitsschutz- Anja Halbritter und Marvin Wölk, 1. und Fleischindustrie“, „der Politik“ bestimmungen mit der Zeit wieder 2. Vorsitzende*r Stützkreis Kellinghusen e. V. oder eben „den Rumänen“ Schuld aus der öffentlichen Wahrneh- an den infektionszahlbedingten mung verschwinden und ein Schul- und Geschäftsschließungen rechtsfreier Raum entsteht, der und Mobilitätseinschränkungen weitere Widrigkeiten mit sich Im Juni 2020 wurden in gaben. zieht? Und: Was ist zu tun, um die Rheda-Wiedenbrück im größten Erschreckend war die Tatsache, Beschäftigten auf den Schlacht Schweineverarbeitungsbetrieb dass die unzureichenden Lebens- höfen und in der Fleischverarbei- Deutschlands (bis zu 30 000 und Arbeitsbedingungen öffentlich tung in ihrer noch einmal Schlachtungen täglich) immer überwiegend als Gefahr für die schwieriger gewordenen Situation mehr Mitarbeitende positiv getes- Ausbreitung von Covid-19 auf „die zu unterstützen? tet – bis zum 23. Juni waren es Bevölkerung“ diskutiert wurden, schon 1500. Letztendlich musste nicht aber als Skandal an sich. SOLIPÄCKCHEN FÜR DIE der ganze Betrieb für mehrere Trotzdem begann zu der Zeit so BESCHÄFTIGTEN Wochen geschlossen und ein manches Arbeitstreffen von Enga- In Rheda-Wiedenbrück riefen die „regionaler Lockdown“ angeordnet gierten mit den Worten: „Man Faire Mobilität, der DGB, die NGG Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt
und weitere Organisationen und Initiativen dazu auf, für die in Spenden willkommen! 39 (Arbeits-)Quarantäne isolierten Der KDA bittet um Ihre Spende für die Arbeit mit ost- Arbeitnehmer*innen sowie für ihre europäischen Wanderarbeiter*innen. Wir verwenden Familien „Solipäckchen“ zu packen, das Geld, um Teilhabe zu fördern, für Einzelfall- und mit Spielzeug, allerlei Nützlichem Soforthilfen sowie für gemeinsame Veranstaltungen und/oder einem netten Gruß. Über und Bildungsangebote. die große Resonanz und den Zuspruch waren die Aufrufenden Empfänger: NKK HB2 selbst überrascht. IBAN: DE64 5206 0410 5606 5650 00 Auch in Schleswig-Holstein Verwendungszweck: Kostenstelle 320 100 11, kam es zu diversen Corona-Aus- KDA_Wanderarbeiter brüchen an den Standorten der Fleischindustrie. Als Erste infizier- ten sich Anfang Mai Arbeitneh- mer*innen auf dem Schlachthof in Bad Bramstedt. Sie waren von da an, im wahrsten Sinne des Wortes, „kaserniert“, denn ein Großteil von Tag Informationen zum Arbeits- „Ich beobachte eine neue Haltung ihnen war/ist in einer ehemaligen schutz und „Hoffnungsworte“ bei den Ratsuchenden, sie haben Bundeswehrkaserne in Kellinghu- der Nordkirche in verschiedenen andere Fragen: Wie geht das sen untergebracht. Als Zeichen der Sprachen berührungslos an die mit der Gewerkschaftsmitglied- Solidarität brachten Mitglieder Beschäftigten übergeben werden. schaft? Werden bisherige des Stützkreises Kellinghusen ein Der Tag bot zugleich kleine und Beschäftigungszeiten anerkannt? Kuchenpaket vorbei, das sie vor dennoch erschütternde Einblicke Einige erzählen, dass sie schon dem Zaun des Kasernengeländes in die aktuelle Lage: Durch die in ihren Herkunftsländern gewerk- abstellen mussten, denn eine Anwesenheit vor den Werkstoren schaftlich aktiv waren, sie ver Kontaktaufnahme war streng war zu sehen, wie voll besetzt die suchen, sich untereinander zu untersagt. Die strikten Hygiene Kleinbusse (kein Sitzabstand mög- organisieren. Das macht mir regeln führten noch einmal sinn- lich) für die Fahrten zur und von Hoffnung, dass sich parallel zur bildlich vor Augen, wie der Arbeit waren; und es war zu Gesetzgebung von oben auch abgeschnitten diese Menschen erleben, wie sich das Schichtende etwas von unten ändern könnte.“ sowohl von Kontakten als auch verschob, weil kurz vorher noch von Informationen waren. ein Transporter mit Schlachtvieh Helga Zichner, Beratungsstelle Faire Mobilität in Kiel Für den 20. Mai 2020, den ankam. Auch die Mitglieder des Mittwoch vor Himmelfahrt, orga Bündnisses standen nach 18 Uhr nisierte deshalb das schles- noch vor dem Werkstor, während wig-holsteinische Bündnis einen andernorts der folgende Feiertag herbeiführen zu können. Anderer- Aktionstag: Unter der Überschrift durch vernehmbaren Grillduft ein- seits sorgte die Pressemitteilung „Endlich handeln!“ informierten geläutet wurde. Dass die Informa- für Diskussionen: Werden Werkver- die Vertreter*innen von Kirchen tionen und „Hoffnungskarten“ träge tatsächlich abgeschafft? Wer und Gewerkschaften an vier auch auf Russisch, Bulgarisch und ist alles gemeint, wenn es heißt, Standorten Beschäftigte in mehre- Arabisch erbeten wurden, war ein das Schlachten und die Verarbei- ren Sprachen, welche Schutzmaß- weiteres Indiz, wie vielfältig sich tung von Fleisch sollen nur noch nahmen im Betrieb nötig wären, die Belegschaften zusammenset- durch Beschäftigte des eigenen um das Covid-19-Risiko möglichst zen und wie viel schwieriger Betriebes zulässig sein? Gehört zur gering zu halten. Mit Blick auf die dadurch die Informationslage für „Verarbeitung“ das Eindrehen von zeitgleich laufenden Debatten in Menschen ohne (gute) Deutsch- Würstchen in Gläser? Das Eindo- Bund und Land ging es auch kenntnisse ist. sen? Also Arbeiten im Bereich „Ver- darum, erneut nachhaltige Ver Früh erreichte an diesem Tag packung“? Oder wird es in diesen besserungen von Arbeits- und die Bündnispartner*innen vor den Bereichen weiter Werkvertragstä- Wohnbedingungen zu fordern: Werkstoren die Pressemitteilung tige geben, wie auch im Reini- „Gesundheit geht vor wirtschaftli- der Bundesregierung, man habe gungsbereich? chen Interessen“, so die Botschaft sich auf ein Eckpunktepapier für Die Zeit bis zur Einführung der Bündnispartner. ein Arbeitsschutzprogramm für die des Arbeitsschutzkontrollgesetzes Fleischindustrie geeinigt. Einerseits am 1. Januar 2021 lässt sich schnell „HOFFNUNGSWORTE“ AN DEN sorgte das für ein tiefes Aufatmen: erzählen, auch wenn es auf dem WERKSTOREN Es tut sich was – und vor allem: Weg dahin noch so manche Wen- In Husum, Satrup, Böklund und Die Ankündigungen sind vielver- dung und Aufregung gab. So z. B. Kellinghusen konnten an diesem sprechend, tatsächlich Änderungen die von der Fleischindustrie kol- Hoffnung am Horizont
40 portierte Sorge, die Versorgung mit Grillfleisch sei ohne den Einsatz von Leiharbeit nicht zu leisten. Sie führte kurz vor der endgültigen Lesung im Bundestag zur Interven- tion der CDU/CSU-Fraktion. In der Regierungskoalition wurde noch einmal am Text „geschraubt“, um nicht das ganze Gesetz und seine Einführung platzen zu lassen. Zahlreiche Organisationen, u. a. die Nordkirche, vertreten durch Bischof Magaard, hatten darauf gedrängt, am angekündigten Termin festzu- halten.4 Es bleibt ein Wermutstropfen, dass Leiharbeit – entgegen der ursprünglichen Fassung – nach dem 1. April 2021 erlaubt bleibt, wenn auch unter strengen Auflagen. Unser Gastautor Jens Haverland ist Pastor in der Ökumenischen Arbeitsstelle im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf. „Der uneigennützige, nachhaltige Einsatz von Menschen für ihre Mitbürger gibt mir die Hoffnung, dass die Deutschen – jenseits aller Ellenbogenmentalität – ihrer Verträge direkt bei Unternehmen baren“ und Ausgeschlossenen sozialen Verantwortung gerecht angeboten. Einen „historischen können und müssen anerkannter werden. Ich hoffe, dass die Inter- Meilenstein auf dem Weg zu bes- Teil der städtischen oder dörflichen essengruppen den begonnenen seren Arbeits- und Lebensbedin- Gemeinschaft werden. Weg der Gemeinsamkeit weiter gungen“ nannte es Guido Zeitler, Da ist es ein gutes und beschreiten, gemachte Zusagen Vorsitzender der Gewerkschaft NGG. stärkendes Zeichen, dass die Mit- eingehalten werden und die Ein Allheilmittel hingegen ist es glieder des Stützkreises Kelling erzeugte Nachdenklichkeit bei der nicht. Es braucht an vielen Stellen husen sich entschieden, ihre Arbeit Industrie zu fairer Umsetzung der das Zusammenspiel von Bund (ursprünglich auf zwei Jahre gesetzlichen und moralischen und Land, um bei Arbeits- und befristet) fortzusetzen, und den Verpflichtungen führt. Auch hoffe Gesundheitsschutz, Fragen zur Verein „Stützkreis Kellinghusen“ ich auf eine strikte analoge Unterkunfts- und Wohnsituation gründeten. Anwendung der für die Fleisch oder bei der Integration voranzu- Und auch sonst hat sich im industrie gefundenen gesetzlichen kommen. Da gibt das Arbeits- Netzwerk der Bündnispartner*in- Regelung auf vergleichbare schutzkontrollgesetz nur eine nen vieles getan, was Hoffnung Arbeitsverhältnisse.“ grobe Richtung vor und manchem macht und zur Weiterarbeit ani- Martin Kayenburg, ehem. Landtagspräsident, ist z. B. die Übergangsfrist viel zu miert. Mehr und mehr inhaltlich stellv. Vorsitzender der katholischen lang, die Zahl der zu kontrollieren- interessierte Gruppen und Einzel- Pfarrei St. Ansgar Itzehoe und Moderator des den Betriebe viel zu gering. Erst personen finden zusammen. Runden Tisches Kellinghusen 2026 wird eine jährliche Kontrolle Waren es vor zehn Jahren über- von 5 % aller Betriebe verbindlich wiegend Gewerkschaften und ein- vorgeschrieben sein. zelne kirchliche Vertreter*innen, Deutlich ist: Ungleichbehand- die auf Missstände aufmerksam lung und mangelnde Augenhöhe machten, sind in den zurücklie- GESETZ ALS „MEILENSTEIN“ lassen sich nicht durch ein Gesetz genden drei bis fünf Jahren regio- Noch vor Jahresende begann allein verändern. Es braucht auch nale Netzwerke gewachsen, in jedoch die Umwandlung von künftig das Bemühen um Integra- denen sich vor allem besorgte Mit- Arbeitsverträgen: Mit der Ankündi- tion in den Betrieben, in den menschen, Nachbarn und kritische 4 S. Pressemitteilung gung, Werkverträge in den Kernbe- vom 28.10.2020, Kommunen und Bundesländern, Bürger*innen engagieren. Einen reichen der Fleischindustrie ab https://kda-nordkir- durch aufgeschlossene Nachbar- Eindruck von der Größe dieser che.de/presse/16 2021 tatsächlich zu verbieten, schaften oder Runde Tische. Die Bündnisse vermittelte die erste (zuletzt abgerufen erhielten Werkvertragsbeschäftigte am 09.04.2021) bisher auch im Stadtbild „Unsicht- Initiativenkonferenz in Elmshorn Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt
bereits 2019, bei der sich Enga- Die Fleischindustrie ist ein Beispiel gierte aus dem norddeutschen für Lieferketten, die in Deutsch- Arbeitshilfe 41 Raum trafen. 2021 wird dieses For- land beginnen. Anregungen für die Gemeinde- mat (via Zoom) nun bundesweit Die Mitglieder des schles- arbeit und für Gottesdienste, stattfinden. wig-holsteinischen Bündnisses mit die sich mit den Arbeitsbedin- Auch in Schleswig-Holstein neuen Mitstreiter*innen trafen sich gungen in der Fleischindustrie wächst das Bündnis. Denn je mehr Ende 2020 zum dritten Mal im und der Ernte beschäftigen, die menschenverachtenden Struk- Christian Jensen Kolleg in Breklum finden sich in dieser Broschüre. turen in der Fleischindustrie durch (nach der Auftaktveranstaltung massenhafte Corona-Infektions- 2018 und der Zwischenbilanz im ausbrüche in den Betriebsstätten Frühjahr 2020). Dieses führte zu und durch die zusätzlichen Ein- weiterer Vernetzung etwa mit Ver- schränkungen in den betroffenen treter*innen aus Landwirtschaft Landkreisen öffentlich bekannt und Handwerk. Damit weitet sich wurden, desto mehr Menschen der Blick auf Notsituationen wie wollten sich informieren und Schweinestau und Dumpingpreise engagieren. in der Landwirtschaft sowie auf weitere Branchen, in denen Men- KINOFILM SORGT FÜR IMPULSE schen als billige Arbeitskräfte Kultur und Kunst brachten und angeworben und ausgenutzt wer- SCHAUT HIN (MK 6,38) - bringen ganz eigene, sehr hilfrei- den. Getragen wird diese Gemein- VON DER ARBEIT – FÜR DAS ESSEN che Aspekte in die Debatte ein: So schaft durch den Wunsch, AUF UNSEREM TELLER Arbeitshilfe und Ideensammlung für Kirchengemeinden kam der Dokumentarfilm „Regeln solidarisch zu handeln, und die am Band – bei hoher Geschwin- Hoffnung, dass man gemeinsam digkeit“ der Nachwuchs-Regis- stark ist. seurin Yulia Lokshina im Herbst Gedruckte Exemplare können 2020 genau zur rechten Zeit in die DIE WÜRDE JEDES MENSCHEN bei heike.riemann@kda. deutschen Kinos. Die Premieren Als Christ*innen und Vertreter*in- nordkirche.de bestellt werden. konnten unter Corona-Hygiene- nen kirchlicher Organisationen Download unter vorgaben bundesweit stattfinden erleben wir in diesen sehr vielfäl- https://kda-nordkirche.de/ und wurden auch in Schles- tig zusammengesetzten Bündnis- publikationen/41 wig-Holstein und Hamburg zu sen immer wieder, wie wichtig „Gipfeltreffen“ menschenrechtsbe- es ist, als Kirche mit dabei und wegter Menschen. Der Film erkennbar zu sein. Zum einem betrachtet die Fleischindustrie geht es in der Sache um ureigene stellvertretend für eine aus dem christliche Anliegen, zum anderen Ruder gelaufene Wirtschaftsstruk- kann Kirche oftmals Besonderes tur insgesamt. bieten: Wir kennen uns aus vor Lieferdienste und Hafenarbeit, Ort, verfügen über ein Netzwerk das Baugewerbe oder Erntebe- und Ressourcen, manchmal Das seit diesem Jahr geltende triebe gehören genauso in den braucht es z. B. nur einen Ort zum Arbeitsschutzkontrollgesetz ist ein Blick genommen wie die 24-Stun- Treffen. Und unsere ureigene Hal- Meilenstein auf dem Weg zu mehr den-Pflege. Alles Betriebe, deren tung, dass jeder Mensch eine Menschenwürde und Gerechtigkeit. Produktionsstätten nicht ins billi- unaufgebbare, von Gott gegebene Der Schlusspunkt ist es nicht. Auch gere Ausland verlagert werden Würde besitzt, lässt uns auf die jetzt werden wieder Schlupflöcher können. Deswegen werden billige einzelnen Menschen und ihre gesucht und gefunden, Grenzen Arbeitskräfte nach Deutschland Lebensumstände besonders ach- ausgereizt. Aber mit Hoffnung und importiert, was in den Herkunfts- ten. Vor allem aber leben wir von Solidarität können die ländern zu weiterer Arbeitsmigra- der Hoffnung her und erinnern 2020er-Jahre zu Hoffnungsjahren tion führt (in Rumänien arbeiten uns jedes Jahr zu Ostern an das werden. Aus der vagen „Speranta inzwischen noch billigere asiati- Unfassbare und zugleich Lebens- la orizont“, Hoffnung am Horizont, sche Arbeitskräfte in der heimi- stiftende, das mit dem Kind in der werden so „Douazeci de speranta“, schen Schlachtindustrie). Krippe zu Weihnachten begann. die Zwanziger der Hoffnung! nnn Auch das mittlerweile sehr Diese unerschütterliche Hoffnung breite Bündnis für ein verlässliches braucht es auch in den Bündnis- Lieferkettengesetz, um Menschen- sen der Menschen, die sich für die rechte und Umweltstandards in Einhaltung der Menschenrechte in der ganzen Wertschöpfungskette den Lieferketten, der Fleischpro- eines Produktes zu gewährleisten, duktion und -verarbeitung und gehört zu den Hoffnungsstiftern. den anderen Branchen einsetzen. Hoffnung am Horizont
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