Hospitalisierungen von Betagten im letzten Lebensjahr

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Hospitalisierungen
                                                             von Betagten
                                                             im letzten Lebensjahr
STANDPUNKT
                                                             Verbleib zuhause versus Heimaufenthalt
Bis 2050 wird sich der Anteil der Bevölkerung ab 80 Jah-
ren in der Schweiz verdoppeln. Mit dem Alter nimmt das       Werden Personen, die im Alter zuhause leben, im letzten
Risiko einer funktionalen Beeinträchtigung zu, was zu        Lebensjahr häufiger hospitalisiert ? Wenn ja, weshalb und
mehr Hospitalisierungen und Heimaufenthalten führt.          wie oft ?
Die diesbezügliche Betreuungspolitik variiert je nach Re-
gion. Während in der französischen Schweiz der Verbleib      Im vorliegenden Bulletin wird das letzte Lebensjahr von Personen
zuhause verstärkt gefördert wird, ist die Deutschschweiz     ab 65 Jahren untersucht, die 2018 im Spital oder im Alters- und
eher auf die Betreuung im Alters- und Pflegeheim aus-        Pflegeheim gestorben sind.1 Dabei wird die Inanspruchnahme
gerichtet.                                                   von stationären Spitalleistungen in den einzelnen Kantonen ana-
    Der Ansatz der Romandie trägt dem Wunsch der meis-       lysiert und untersucht, inwiefern ein Zusammenhang mit der kan-
ten Betagten, möglichst lange zuhause zu leben, Rech-        tonalen Langzeitpflegepolitik besteht. Spitalaufenthalte wurden
nung. Folglich werden deutlich mehr Spitex-Leistungen        bislang im Rahmen der Studien zum Behandlungsverlauf in der
und stationäre Behandlungen in der geriatrischen Rehabi-     Langzeitpflege kaum dokumentiert. Der erste Teil dieses Bulletins
litation beansprucht. Letztere bewirken meist eine Wieder-   befasst sich mit den Spitalaufenthalten von zuhause lebenden
herstellung der funktionalen Fähigkeiten und ermöglichen     Personen, der zweite mit den Spitalaufenthalten von Personen,
somit eine Rückkehr nach Hause. Die Kosten hierfür wer-      die vor ihrem Tod in einem Alters- und Pflegeheim wohnten. Im
den teilweise von der Versicherung übernommen. Damit         Kapitel «Synthese und Diskussion» wird die Anzahl der Hospi-
wird auch der Bedarf an Heimplätzen reduziert.               talisierungen im letzten Lebensjahr nach Wohnort (zuhause vs.
    Die in der Deutschschweiz bevorzugte Betreuungsform      Alters- und Pflegeheim) untersucht.
sorgt für ein sicheres Umfeld und trägt dazu bei, Mehr-
fachhospitalisierungen in der letzten Lebensphase zu ver-
meiden. Durch die häufigeren Heimaufenthalte entstehen           Kasten 1: Wichtigste Ergebnisse
aber auch gewisse Kosten, die grösstenteils vom Kanton           –	Zuhause lebende Personen werden in ihrem letzten
und der Person selbst finanziert werden.                            Lebensjahr in allen Kantonen häufiger hospitalisiert als
    Wann eine Person ins Alters- und Pflegeheim kommen              Personen in Alters- und Pflegeheimen.
sollte, hängt von vielen Faktoren ab, insbesondere von           –	In den Kantonen, die u. a. durch den Zugang zu geriatri-
der Einstellung der Person, ihrer funktionalen Fähigkeit,           scher Rehabilitation den Verbleib zuhause fördern, ist die
zuhause leben zu können, und vom Zugang zu formeller                durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen der zuhause
und informeller Unterstützung. Massgebend ist dabei                 lebenden Personen höher.
auch, welche Kosten für die jeweiligen Personen, Kan-            –	Die durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen bei den
tone und Versicherungen entstehen. Da die Finanzierung              im Heim lebenden Personen variiert von Kanton zu Kanton,
je nach System sehr unterschiedlich ist, lässt sich nicht           wobei kein Zusammenhang mit der Politik zur Förderung
abschliessend klären, welche Betreuungsform unter dem               des Verbleibs zuhause ersichtlich ist.
Strich effizienter ist.

Prof. C. Graf
Leiter der Abteilung für Rehabilitation und Geriatrie
des Universitätsspitals Genf                                 1
                                                                 Rund 20% starben ausserhalb einer Gesundheitseinrichtung (Unfall, Suizid,
                                                                 Herz-Kreislauf-Stillstand usw.). Zurzeit ist es nicht möglich, ihren Behand-
                                                                 lungsverlauf aufzuzeigen. Die möglichen Auswirkungen dieser Einschränkung
                                                                 werden im Fazit erläutert.

OBSAN BULLETIN 04/2021
OBSAN BULLETIN 04/2021

Ausgangslage                                                                                             Zuhause lebende Personen werden im letzten
                                                                                                         ­Lebensjahr häufiger hospitalisiert.
Ausgangspunkt waren folgende Überlegungen:
–	Je nach Langzeitpflegepolitik ist der Anteil älterer Personen,                                        Grafik G 2 gibt Auskunft über den Zusammenhang zwischen dem
   die ihr letztes Lebensjahr teilweise oder ganz im Alters- und                                         Anteil Personen, die ihr letztes Lebensjahr teilweise oder ganz in
   Pflegeheimverbringen, sehr unterschiedlich (G1).                                                      einem Alters- und Pflegeheim verbracht haben, und der durch-
–	Wo weniger Personen im Alters- und Pflegeheim leben, wer-                                             schnittlichen Anzahl Hospitalisierungen pro Person im letzten Le-
   den nicht nur mehr Spitex-Leistungen bezogen (vgl. Obsan-                                             bensjahr. Die starke negative Korrelation zwischen diesen beiden
   Bericht 69), sondern auch mehr Spitalaufenthalte registriert                                          Variablen (r = –0,86 ; p < 0,005) lässt darauf schliessen, dass die
   (G 2).                                                                                                in einem Alters- und Pflegeheim lebenden Personen im letzten
   Auf diese beiden Feststellungen wird im Folgenden näher                                               Lebensjahr verhältnismässig seltener hospitalisiert werden bzw.
eingegangen.                                                                                             dass die durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen bei den
                                                                                                         zuhause verbleibenden Personen höher ist.

Der Anteil Betagte, die ihr letztes Lebensjahr im Heim
verbringen, variiert nach Kanton                                                                         Wie gross ist die Differenz?

Wie in Grafik G1 zu sehen ist, lassen sich beim Anteil der Betag-                                        In der Schweiz wurden im Jahr 2018 durchschnittlich 1,75 Hos-
ten, die ihr letztes Lebensjahr teilweise oder ganz im Alters- und                                       pitalisierungen von Personen im letzten Lebensjahr gezählt (G 2).
Pflegeheim verbracht haben, je nach Langzeitpflegepolitik grosse                                         In den Kantonen mit den höchsten Anteilen an im Alters- und
Unterschiede beobachten.                                                                                 Pflegeheim lebenden Personen (GL, OW, LU, SH2) waren es im
    In den stärker auf eine Betreuung im Heim ausgerichteten Kan-                                        Schnitt 1,3 Hospitalisierungen. Umgekehrt wurde in den Kanto-
tonen (dunkelblau, G1) haben 70% bis 75% ihr letztes Lebensjahr                                          nen, in denen dieser Anteil vergleichsweise niedrig ist (GE, VS, JU,
teilweise oder ganz im Alters- und Pflegeheim verbracht.                                                 VD), eine Person im letzten Lebensjahr durchschnittlich 2   ­ ,1-mal
    In den Kantonen, die den Verbleib zuhause fördern (hellblau, G1),                                    hospitalisiert. Somit weichen die kantonalen Werte um 0,8 Hos-
haben rund 50% der Betagten ihr letztes Lebensjahr im Alters-                                            pitalisierungen zwischen den Extremwerten.
und Pflegeheim verbracht. Schweizweit lag der Durchschnitt im                                               Im Folgenden wird untersucht, welche Verlaufstypen von die-
Jahr 2018 bei 62%.                                                                                       ser erhöhten Inanspruchnahme von stationären Spitalleistungen
                                                                                                         betroffen sind und um welche Art von Versorgung es sich dabei
                                                                                                         handelt.
Anteil Personen ab 65 Jahren, die im letzten Lebens-
jahr in einem Alters- und Pflegeheim lebten und                                                       Inanspruchnahme von Alters- und Pflegeheimen
2018 in einer Gesundheitseinrichtung starben         G1                                               bzw. Spitälern im letzten Lebensjahr*                                                                                                    G2
Raumgliederung: Kantone                                                                                                                                        2,6
                                                                                                      Durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen pro Person

                                                   SH

                               BS
                                                                   TG                                                                                          2,4
                                                                                                                                                                                                       BS
                                         BL   AG         ZH
                         JU                                             AR
                                                                             AI                                                                                2,2                VD
                               SO                                   SG                                                                                                      JU
                                                        ZG                                                                                                                                TI
                                              LU                                                                                                                      GE                        NE
                  NE                                         SZ                                                                                                2,0           VS
                                                                   GL                                                                                                                     BL
                                                   NW
                                    BE
                                              OW                                                                                                               1,8                                    SO CH
                        FR                              UR
                                                                                  GR                                                                                                           FR           AG          TG
            VD                                                                                                                                                                                                    BE     SG UR
                                                                                                                                                                                                      ZG
                                                                                                                                                               1,6                                                                     AI/AR
                                                                                                                                                                                                            GR         SZ NW
                                                              TI                                                                                                                                                  ZH
                                                                                                                                                               1,4                                                               OW
       GE                        VS                                                                                                                                                                                                   GL
                                                                                                                                                                                                                          SH
                                                                                                                                                               1,2                                                               LU
0       25 km
                                                                                                                                                                 0
Anteil1, in %                                                                                                                                                        0%     50%        55%           60%         65%      70%         75%      80%
                                                                                                                                                                            Anteil der im Alters- und Pflegeheim lebenden Personen
< 53,94           53,94–59,22 59,23–64,50 64,51–69,78 ≥ 69,78                             CH: 61,9
                                                                                                        * Personen ab 65 Jahren, die 2018 in einer Gesundheitseinrichtung starben
1
    Die Schwellenwerte dieser Kategorien beruhen auf den Standardabweichungen vom
    Durchschnitt (>1; [1 ; 0,33[ ; [0,33 ; -0,33[ ; [-0,33 ;-1] ;
OBSAN BULLETIN 04/2021

Hospitalisierungen von zuhause                                                       Hospitalisierungen in der Rehabilitation
lebenden ­Personen
                                                                                     Bei den Hospitalisierungen in der Rehabilitation ist die Situ-
Dieses Kapitel befasst sich zunächst mit dem Verlaufstyp «mehr-                      ation anders. Die Verläufe mit mehrmaliger Hospitalisierung
malige Hospitalisierung von zuhause lebenden Personen» sowie                         von zuhause lebenden Personen weisen im letzten Lebensjahr
der Art und der Dauer dieser Spitalaufenthalte. Dabei wird auch                      durchschnittlich 0,4 Hospitalisierungen in der Rehabilitation auf
untersucht, inwiefern ein statistischer Zusammenhang mit der                         (CH = 0,41 [mind. 0,06 (OW); max. 1,05 (GE)]). Dieser Wert variiert
kantonalen Langzeitpflegepolitik besteht. Anschliessend wer-                         stark von Kanton zu Kanton und hängt von der Langzeitpflegepo-
den ähnliche, weniger ausführliche Ergebnisse zum Verlaufstyp                        litik ab. Die Korrelation (r) zwischen der Anzahl Hospitalisierungen
«einmalige Hospitalisierung von zuhause lebenden Personen»                           in der Rehabilitation und dem Anteil Personen, die ihr letztes Le-
präsentiert.                                                                         bensjahr in einem Alters- und Pflegeheim verbracht haben, ist
                                                                                     stark negativ und signifikant (r = –0,84; p < 0,001). In den stärker
                                                                                     auf eine Betreuung im Alters- und Pflegeheim ausgerichteten
Mehrmalige Hospitalisierung von zuhause                                              Kantonen kommt es im letzten Lebensjahr sehr selten zu einer
lebenden Personen                                                                    Hospitalisierung in der Rehabilitation. In bestimmten Kantonen
                                                                                     mit Fokus auf dem Verbleib zuhause sind die Aufenthalte in der
In den Kantonen, die den Verbleib zuhause fördern, betreffen                         Rehabilitation hingegen eine wichtige Massnahme, um eine
Mehrfachhospitalisierungen im letzten Lebensjahr 30% bis                             Rückkehr nach Hause zu ermöglichen. Im Kanton Genf etwa,
40% der zuhause lebenden und in einer Gesundheitseinrichtung                         in dem der Anteil Rehabilitationsaufenthalte am höchsten ist,
verstorbenen Personen ab 65 Jahren. In den stärker auf eine                          kommen die Patientinnen und Patienten im letzten Lebensjahr
Betreuung im Alters- und Pflegeheim ausgerichteten Kantonen                          durchschnittlich einmal in die Rehabilitation.
liegt dieser Anteil unter 20% (nicht abgebildete Zahlen). Dieser
Verlaufstyp mit mehrmaliger von zuhause aus erfolgter Hospi-
talisierung im letzten Lebensjahr tritt somit in den Kantonen mit                    Hospitalisierungen in der Psychiatrie
einer Politik zur Förderung des Verbleibs zuhause häufiger auf
(r = –0,98 ; p < 0,05) 3.                                                            Hospitalisierungen in die Psychiatrie sind im letzten Lebensjahr
    Im Folgenden wird untersucht, ob bei diesem Verlaufstyp die                      sehr selten. Auf die Verläufe mit mehrmaliger Hospitalisierung
Anzahl Spitalaufenthalte in den einzelnen Kantonen vergleichbar                      von zuhause lebenden Personen kommen im letzten Lebens-
ist oder auch von der jeweiligen kantonalen Langzeitpflegepolitik                    jahr durchschnittlich 0,03 Hospitalisierungen in der Psychiatrie
abhängt. Dazu wird nach Hospitalisierungsart (Aufenthalte in der                     (CH = 0,03 [mind. 0,00 (UR); max. 0,06 (OW)]). Dieser Wert ist in
Akutsomatik, der Rehabilitation und der Psychiatrie 4) differen-                     allen Kantonen sehr gering und es besteht kein Zusammenhang
ziert.                                                                               mit der jeweiligen Langzeitpflegepolitik (r = –0,05 ; nicht signifi-
                                                                                     kant).

Hospitalisierungen in der Akutsomatik
                                                                                     Verlaufstyp «mehrmalige Hospitalisierung von zuhause
Beim Verlaufstyp «mehrmalige Hospitalisierung von zuhause le-                        lebenden Personen»: durchschnittliche Anzahl
benden Personen» kommt es im letzten Lebensjahr durchschnitt-                        Hospitalisierungen der 2018 in einer Pflege-
lich zu drei Hospitalisierungen in der Akutsomatik (CH = 3,15                        einrichtung verstorbenen Personen ab 65 Jahren
[mind. 2,7 (SZ); max. 3,7 (BS)]). Es lassen sich kaum Unterschiede                   nach Behandlungstyp                               G3
nach Kanton beobachten (Standardabweichung = 0,2). Zudem                             5
besteht kein statistischer Zusammenhang mit der kantonalen
Langzeitpflegepolitik. Der Korrelationskoeffizient (r) zwischen                      4
der Anzahl Hospitalisierungen in der Akutsomatik und dem Anteil
Personen, die ihr letztes Lebensjahr in einem Alters- und Pfle-                      3
geheim verbracht haben, liegt praktisch bei Null (r = 0,03 ; nicht
signifikant).                                                                        2

                                                                                     1
3
    Der Anteil Personen, die ihr letztes Lebensjahr im Alters- und Pflegeheim ver-
    bracht haben, wird als Indikator für die Ausrichtung der Langzeitpflegepolitik   0
                                                                                         AI/AR
                                                                                            VS

                                                                                            AG
                                                                                            GE

                                                                                            TG

                                                                                            SZ

                                                                                            SH
                                                                                           OW
                                                                                            VD

                                                                                            GL

                                                                                            BE
                                                                                            SO

                                                                                            ZH

                                                                                            LU
                                                                                            BL

                                                                                            NE

                                                                                            CH

                                                                                            SG
                                                                                            BS
                                                                                            JU

                                                                                           NW
                                                                                            ZG

                                                                                            UR
                                                                                            FR

                                                                                            GR
                                                                                             TI

    herangezogen. Die Kantone mit einem stark über dem Durchschnitt liegenden
    Heimbetreuungsanteil gelten als Kantone mit Fokus auf der Heimbetreuung,
    jene mit vergleichsweise sehr niedrigem Heimbetreuungsanteil als Kantone
    mit Fokus auf dem Verbleib zuhause.                                                     Akutsomatik                Rehabilitation               Psychiatrie
4
    https ://www.obsan.admin.ch/de/indikatoren/abgrenzung-und-falldefinition-
    MS                                                                               Quelle: BFS – SOMED 2017–2018; MS 2017–2018 / Analysen Obsan            © OBSAN 2021

                                                                                                                                                                       3
OBSAN BULLETIN 04/2021

   Aufenthaltsdauer                                                                                                                                           Einmalige Hospitalisierung von zuhause
                                                                                                                                                              lebenden Personen
   In den meisten Kantonen mit Fokus auf dem Verbleib zu-
   hause sind die Aufenthalte in der Akutsomatik länger (r = –0,8,                                                                                            12,2% der in einer Gesundheitseinrichtung verstorbenen Perso-
   p < 0,0001) (G 4). In der Akutsomatik beträgt die durchschnittliche                                                                                        nen wurden in ihrem letzten Lebensjahr nur einmal hospitalisiert
   Hospitalisierungsdauer 10,2 Tage mit einer Standardabweichung                                                                                              und sind dabei gestorben. Der Anteil Betagte mit einem solchen
   von ±1,5 Tagen [mind. 7,8 Tage (NW) ; max. 13,1 Tage (GE)]. Die                                                                                            Verlauf variiert stark nach Kanton (CH = 12,2 [mind. = 7,2 (AI/AR);
   durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der Rehabilitation und der                                                                                           max. = 14,6 (GE)]). Es besteht ein moderater statistischer Zu-
   Psychiatrie wird hier nicht berücksichtigt, da die Fallzahlen zu                                                                                           sammenhang mit der kantonalen Langzeitpflegepolitik (r = –0,5 ;
   niedrig sind.                                                                                                                                              p < 0,01, vgl. G5)5.
                                                                                                                                                                 Einige auf den Verbleib zuhause ausgerichtete Kantone (VD
                                                                                                                                                              und NE) haben einen im Vergleich zum nationalen Durchschnitt
 Verlauf «mehrmalige Hospitalisierung von zuhause                                                                                                             geringeren Anteil an Verläufen von zuhause lebenden Personen
 aus»: Verhältnis zwischen der Langzeitpflegepolitik                                                                                                          mit einmaliger Hospitalisierung.
 und der Dauer der Aufenthalte in der Akutsomatik* G4
                                                        14
Durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der Akutsomatik

                                                                                                                                                        Verlauf «einmalige Hospitalisierung von zuhause aus»
                                                                        GE
                                                        13                                                                                              und Zusammenhang mit der Langzeitpflegepolitik* G5
                                                                                         TI
                                                                             VS
                                                        12                                                                                                                                            16%
                                                                                  VD
                                                                                              FR
                                                                                                                                                   Anteil des Verlaufs «einmalige Hospitalisierung»

                                                                                                                                                                                                      15%        GE    VS
                                                        11
                                                                                              NE         CH                                                                                           14%                                      SO
                                                                                                                     SG                                                                                                                 FR          AG GR
                       (Tage)

                                                        10                                                    TG
                                                                                                                                                                                                                                   TI                         ZH
                                                                             JU                     BS     GR                  LU                                                                     13%
                                                                                         BL                   ZH                                                                                                       JU                                           SH
                                                                                                          AG          SH                                                                                                                                 SZ
                                                         9                                                                                                                                                                                    CH                             LU
                                                                                                                BE        OW        AI/AR                                                             12%                                                          SG
                                                                                                   SO                                                                                                                              BL
                                                                                                                          UR                                                                                                                              BE            OW
                                                                                                                                                                                                                                        NE                                        GL
                                                                                                         ZG    SZ                                                                                     11%                   VD
                                                         8                                                                                                                                                                                         ZG         TG
                                                                                                                                    GL
                                                                                                                     NW                                                                                                                                        NW
                                                                                                                                                                                                      10%                                      BS
                                                         7                                                                                                                                                                                                              UR
                                                                                                                                                                                                       9%
                                                         0
                                                             0%   45%        50%       55%         60%        65%     70%           75%     80%                                                        8%
                                                                                                                                                                                                                                                                                   AI/AR
                                                                  Anteil der im Alters- und Pflegeheim lebenden Personen                                                                               7%
     * Personen ab 65 Jahren, die 2018 in einer Gesundheitseinrichtung starben
                                                                                                                                                                                                       0%
                                                                                                                                                                                                            0%        50%        55%         60%        65%         70%           75%         80%
    Quelle: BFS – SOMED 2017–2018; MS 2017–2018 / Analyse Obsan                                                                     © OBSAN 2021                                                                      Anteil der im Alters- und Pflegeheim lebenden Personen

                                                                                                                                                             * Personen ab 65 Jahren, die 2018 in einer Gesundheitseinrichtung starben

      Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Verläufe mit                                                                                               Quelle: BFS – SOMED 2017–2018; MS 2017–2018 / Analysen Obsan                                                              © OBSAN 2021
   mehrmaliger von zuhause aus erfolgter Hospitalisierung im
   letzten Lebensjahr in den Kantonen, die den Verbleib zuhause
   fördern, häufiger auftreten. In diesen Kantonen ist bei den Ver-                                                                                           Hospitalisierungen von im Alters- und
   läufen mit mehrmaliger Hospitalisierung auch die Gesamtanzahl                                                                                              Pflegeheim lebenden Personen
   der Spitalaufenthalte höher. Die höhere durchschnittliche Anzahl
   Hospitalisierungen – im Vergleich zum schweizerischen Gesamt-                                                                                              Der zweite Teil dieses Bulletins befasst sich mit den Hospita-
   durchschnitt – ist vorwiegend auf Rehabilitationsaufenthalte in                                                                                            lisierungen von Personen, die im letzten Lebensjahr in einem
   den Kantonen GE, VD, VS, JU und NE zurückzuführen. In den                                                                                                  Alters- und Pflegeheim lebten. Dabei wird unterschieden, ob die
   Kantonen TI und (in geringerem Masse) FR überwiegen die Auf-                                                                                               Person vor oder während ihres Aufenthalts hospitalisiert wurde.
   enthalte in der Akutsomatik, während in den Kantonen BS und                                                                                                Schweizweit wurden von den 2018 im Alters- und Pflegeheim ver-
   BL sowohl in der Akutsomatik als auch in der Rehabilitation mehr                                                                                           storbenen Personen 51% im letzten Lebensjahr nie hospitalisiert,
   Aufenthalte registriert werden (G 3). Die Dauer der Aufenthalte in                                                                                         während 19% mindestens einmal vor ihrem Heimeintritt, 20%
   der Akutsomatik ist zudem in den Kantonen, die den Verbleib                                                                                                mindestens einmal nach ihrem Heimeintritt und 10% mindestens
   zuhause fördern, im Durchschnitt länger (G 4).                                                                                                             einmal vor und nach ihrem Heimeintritt ins Spital eingewiesen
                                                                                                                                                              wurden (G 6).

                                                                                                                                                              5
                                                                                                                                                                                                      Unter Ausschluss von AI/AR bei der Analyse (Extremwert) bleibt die Korrela-
                                                                                                                                                                                                      tion gleich (r = –0,43 ; p = 0,04).

   4
OBSAN BULLETIN 04/2021

       Anteil Heimbewohner/innen mit oder ohne                                                                                                    Die im Alters- und Pflegeheim wohnenden Personen, die min-
       Hospitalisierung im letzten Lebensjahr*                                                                                          G6     destens einmal hospitalisiert wurden, kamen in ihrem letzten
                                                                                                                                               Lebensjahr durchschnittlich 1,6-mal ins Spital (CH = 1,6 [mind.
                                                                                                                                               1,3 (OW); max. 1,9 (BS)], nicht abgebildete Zahlen). In der Regel
                                                                                                                                               wurden sie in die Akutsomatik aufgenommen. Auch hier besteht
                                                                                                                          19%
                                                                                                                                               zwischen der Zahl der vom Heim aus erfolgten Hospitalisierun-
                                                                                                                                               gen und der kantonalen Langzeitpflegepolitik kein statistischer
                                                                                    49%
                                                                                                                                               Zusammenhang (r = –0,07; p = 0,7).
                                                            51%                                                          20%
                                                                                                                                                  Die Inanspruchnahme von Spitalleistungen im stationären
                                                                                                                                               Bereich durch die Bewohnerinnen und Bewohner eines Alters-
                                                                                                                         10%                   und Pflegeheims wird somit durch andere Faktoren beeinflusst.
                                                                                                                                               Gemäss den beigezogenen Fachpersonen sind unter anderem
                                                                                                                                               die Heimgrösse, die Nähe zum Spital, der Zugang zu einer spe-
                                                   ohne Hospitalisierung                                                                       zialisierten geriatrischen Behandlung sowie das Vertrauen der
                                                   mit Hospitalisierung(en) vor dem Eintritt in ein APH                                        Betagten und ihrer Angehörigen in die akutpflegerischen Betreu-
                                                   mit Hospitalisierung(en) nach dem Eintritt in ein APH                                       ungsmöglichkeiten im Heim ausschlaggebend. Die Expertinnen
                                                   mit Hospitalisierung(en) vor und nach dem Eintritt in ein APH                               und Experten sind sich weitgehend einig, dass ein Teil der vom
           * Personen ab 65 Jahren, die 2018 in einer Gesundheitseinrichtung starben                                                           Alters- und Pflegeheim aus erfolgten Hospitalisierungen vermie-
                                                                                                                                               den werden könnte. Zu diesem Schluss kam auch eine neuere
       Quelle: BFS – SOMED 2017–2018; MS 2017–2018 / Analysen Obsan                                                             © OBSAN 2021
                                                                                                                                               Studie (Gygli 2020).

       Hospitalisierungen von Heimbewohnerinnen
       und -bewohnern                                                                                                                          Hospitalisierung vor dem Heimeintritt

       In der Schweiz werden 30% der Bewohnerinnen und Bewohner                                                                                Die Analyse der Verläufe der Betagten in ihrem letzten Lebensjahr
       eines Alters- und Pflegeheims in ihrem letzten Lebensjahr min-                                                                          liefert interessante Erkenntnisse über die Spitalaufenthalte vor
       destens einmal vom Heim aus hospitalisiert (CH = 30,3% [mind.                                                                           dem Heimeintritt. Da sich die Analyse auf das letzte Lebensjahr
       23,7% (LU); max. 36,5% (BS)], G7). Dieser Anteil ist je nach Kanton                                                                     bezieht, beschränkt sich der Beobachtungszeitraum auf ein Jahr.
       unterschiedlich. Am höchsten ist er mit 35% in den Kantonen BS,                                                                         Daher können keine Aussagen zur häufig längeren Gesamtaufent-
       JU und AI/AR, am niedrigsten mit je rund 25% in den Kantonen                                                                            haltsdauer in einem Alters- und Pflegeheim gemacht werden. Die
       LU, GE und SH. Diese Ergebnisse sind statistisch gesehen un-                                                                            gewonnenen Erkenntnisse müssten durch eine entsprechende
       abhängig vom Anteil der in der letzten Lebensphase im Alters-                                                                           Analyse über einen längeren Zeitraum bestätigt werden.
       und Pflegeheim lebenden Betagten in den einzelnen Kantonen
       (r = –0,15, nicht signifikant) (G7).
                                                                                                                                               Heimbewohner/innen mit oder ohne Hospitalisierung
                                                                                                                                               vor dem Heimeintritt, nach Aufenthaltsdauer*     G8
    Anteil Bewohner/innen eines Alters- und Pflegeheims,
    die vom Heim ins Spital eingeliefert wurden,
    und Zusammenhang mit der Langzeitpflegepolitik* G7
                                                 40%
Anteil Personen, die vom Heim ins Spital kamen

                                                 38%
                                                                                           BS                                                        60%                              40%                  29%                11%
                                                                   JU
                                                 36%
                                                                                                                                AI/AR
                                                 34%
                                                                               BL          SO                       UR
                                                 32%                    VD          NE          AG
                                                                                                              SG
                                                                                                      ZH BE
                                                                   VS                     CH                             OW
                                                 30%
                                                                                                     GR           NW
                                                                               TI   FR         ZG                             GL
                                                                                                          SZ TG                                       ≥ 365 Tage
                                                 28%
OBSAN BULLETIN 04/2021

–	Von den Personen, die zum Zeitpunkt ihres Todes im Alters-           werden als Betagte, die im Alters- und Pflegeheim wohnen. Zu-
   und Pflegeheim wohnten, haben 60,3% ihr ganzes letztes               hause lebende Personen werden über alle Kantone betrachtet
   Lebensjahr dort verbracht (G 8). Dabei sind relativ grosse kan-      2,4-mal häufiger hospitalisiert.
   tonale Unterschiede zu beobachten (CH = 60,3 [mind. 55,3%               Gemäss den beigezogenen Fachpersonen ist die Tatsache,
   (BS); max. 73,3% (JU)]).                                             dass die zuhause lebenden Personen häufiger hospitalisiert wer-
–	Von den rund 40% Personen, die weniger als ein Jahr im Al-           den, auf die «schützende Rolle» der Heime zurückzuführen. Spi-
   ters- und Pflegeheim gelebt haben, wurden 72,0% mindestens           talaufenthalte in der letzten Lebensphase aufgrund eines Bruchs,
   einmal vor ihrem Heimeintritt hospitalisiert. Auch hier sind         einer Infektion oder der Verschlimmerung einer chronischen
   kantonale Unterschiede festzustellen [mind. 60,7% (JU); max.         Krankheit (z. B. Herzinsuffizienz) hängen oft mit einer ungeeig-
   82,7% (TI)], wobei kein Zusammenhang mit der kantonalen              neten Wohnsituation oder einer spät erkannten Verschlechterung
   Politik zur Förderung des Verbleibs zuhause ersichtlich ist          des Gesundheitszustands zusammen. Im Alters- und Pflegeheim
   (r = 0,03 ; p = 0,8).                                                werden solche Probleme früher erkannt. Zudem können die
–	Bei den Personen, die vor ihrem Heimeintritt hospitalisiert          Betroffenen häufiger vor Ort versorgt werden, ohne dass eine
   wurden, kam es im Schnitt zu 2,3 Hospitalisierungen. Die             Hospitalisierung nötig ist.
   Korrelation mit dem Anteil der in einem Alters- und Pflegeheim
   lebenden Personen beträgt r = –0,7 (p < 0,001). Die Anzahl
   der vor dem Heimeintritt erfolgten Hospitalisierungen ist in         Sensitivitätsanalyse
   den Kantonen, die sich verstärkt für den Verbleib zuhause
   einsetzen, höher und scheint somit von der entsprechenden            Die vorliegenden Daten liefern kein vollständiges Bild, da keine
   Förderpolitik beeinflusst zu werden.                                 Aussagen zu den Hospitalisierungen von ausserhalb einer Ge-
   Zusammenfassend geht aus der vorliegenden, auf das letzte            sundheitseinrichtung verstorbenen Personen gemacht werden
Lebensjahr beschränkten Analyse hervor, dass der Anteil an              können. Bei einer Sensitivitätsanalyse mit Berücksichtigung
Personen mit Hospitalisierungen vor dem Heimeintritt in den             dieser Personen unter der Annahme, dass sie im letzten Le-
Kantonen, die den Verbleib zu Hause fördern, nicht unbedingt            bensjahr nicht hospitalisiert wurden, verringert sich der Pro-
höher ist. Die im Alters- und Pflegeheim lebenden Personen mit          portionalitätsfaktor des oben beschriebenen Verhältnisses
früheren Spitalaufenthalten weisen jedoch mehr vor dem Heim-            schweizweit von 2,4 auf 1,5. D. h. selbst bei dieser extremen
eintritt erfolgte Hospitalisierungen auf. Dieses Ergebnis müsste        Annahme verzeichnen zuhause lebende Personen in ihrem letz-
anhand einer Analyse über einen längeren Beobachtungszeit-              ten Lebensjahr durchschnittlich 1,5-mal mehr Spitalaufenthalte
raum geprüft werden.                                                    als Personen, die in einem Alters- und Pflegeheim wohnen. Auch
                                                                        auf Ebene der einzelnen Kantone bleibt mit dieser Annahme der

Synthese und Diskussion
                                                                        Durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen
Im Folgenden wird die durchschnittliche Anzahl Hospitalisierun-         von zuhause bzw. im Heim lebenden Personen
gen im letzten Lebensjahr nach Wohnort (zuhause vs. Alters-             im letzten Lebensjahr*                                                             G9
und Pflegeheim) betrachtet und auf die statistischen Zusam-
                                                                        4
menhänge mit der Politik zur Förderung des Verbleibs zuhause
eingegangen. Dabei wird die Frage näher beleuchtet, inwiefern
eine hohe Anzahl Hospitalisierungen auf eine solche Politik zu-         3

rückzuführen ist.

                                                                        2

Betagte, die zuhause leben, werden im letzten Lebensjahr
in allen Kantonen häufiger hospitalisiert.                              1

Festzustellen ist zunächst, dass die Personen, die ihr letztes Le-
                                                                        0
bensjahr zuhause verbringen, häufiger hospitalisiert werden als
                                                                            AI/AR
                                                                               VS

                                                                               AG
                                                                               GE

                                                                               TG

                                                                               SZ

                                                                              OW
                                                                               SH
                                                                               BE

                                                                               SO

                                                                               ZH
                                                                               LU
                                                                               VD

                                                                               GL
                                                                               BL

                                                                               NE

                                                                               CH

                                                                               SG
                                                                               BS
                                                                               JU

                                                                               FR

                                                                               ZG

                                                                              NW
                                                                                TI

                                                                               GR
                                                                               UR

die Bewohnerinnen und Bewohner eines Alters- und Pflegeheims,
und zwar unabhängig vom Kanton und von der kantonalen Lang-                    durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen bei den zuhause lebenden
                                                                               Personen ab 65 Jahren
zeitpflegepolitik. Wie aus Grafik G 9 ersichtlich ist, ist die durch-
                                                                               durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen bei den im Alters- und
schnittliche Anzahl Hospitalisierungen der zuhause lebenden                    Pflegeheim lebenden Personen ab 65 Jahren (vor/nach Langzeitaufenthalt)
Personen in allen Kantonen höher als jene der Bewohnerinnen                    Verhältnis eigenes Zuhause / Alters- und Pflegeheim
und Bewohner eines Alters- und Pflegeheims. Das mithilfe des            * Personen ab 65 Jahren, die 2018 in einer Gesundheitseinrichtung starben
Dreiecks dargestellte Verhältnis zeigt, dass die zuhause lebenden
Personen 2,0-mal (UR) bis 3,5-mal (GE) häufiger hospitalisiert          Quelle: BFS – SOMED 2017–2018; MS 2017–2018 / Analysen Obsan                © OBSAN 2021

6
OBSAN BULLETIN 04/2021

Proportionalitätsfaktor des Verhältnisses über 1,0 6 (mit Aus-                  Personen, die ihr letztes Lebensjahr im Alters- und Pflegeheim
nahme von AR/AI) und ist im Kanton GE (2,4) am höchsten. Ein                    verbringen, 20 bis 25 Prozentpunkte tiefer. Im Gegenzug bean-
weiteres Szenario, bei dem die ausserhalb einer Gesundheitsein-                 spruchen sie jedoch mehr Spital- und Spitex-Leistungen.
richtung verstorbenen Personen nur einmal hospitalisiert werden                     Das vorliegende Bulletin, das auf einer innovativen Verknüp-
(anstatt 2,8-mal wie die zuhause lebenden Personen), ergibt einen               fung der Daten der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser
Proportionalitätsfaktor von 1,8 (CH); [mind. UR 1,4; max. GE 2,8].              und der Statistik der soziomedizinischen Institutionen (MS und
                                                                                SOMED, BFS) sowie den Vorarbeiten zur Identifizierung der Ver-
                                                                                laufstypen (Obsan Bulletin 1/2019) beruht, liefert neue Erkennt-
Die Politik zur Förderung des Verbleibs zuhause                                 nisse zu den Zusammenhängen zwischen Hospitalisierungen
verstärkt die Unterschiede                                                      und Langzeitpflegepolitik. Es gibt Aufschluss über die Verläufe,
                                                                                die bedingt durch die Politik zur Förderung des Verbleibs zu-
Die zweite Erkenntnis besteht darin, dass bei den zuhause le-                   hause eine höhere Anzahl Hospitalisierungen umfassen. Zudem
benden Betagten die durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen                 informiert es über die Anzahl und die Art der zusätzlichen Spi-
höher ist. In den Kantonen, die den Verbleib zuhause fördern,                   talaufenthalte. Die auf einen einjährigen Beobachtungszeitraum
kommen die zuhause lebenden Betagten im letzten Lebensjahr                      begrenzte Analyse schränkt die Interpretation der Ergebnisse et-
rund 3,0-mal ins Spital, in den übrigen Kantonen rund 2,5-mal;                  was ein, da allfällige vorherige Hospitalisierungen von Personen,
vgl. G 9).                                                                      die mehr als ein Jahr im Alters- und Pflegeheim verbracht haben,
    Die höhere Anzahl Hospitalisierungen in den Kantonen, die                   nicht berücksichtigt werden. Ferner wird die Aussagekraft der
den Verbleib zuhause fördern, lässt sich beim Verlaufstyp «mehr-                Zahlen aufgrund fehlender Informationen zu den Hospitalisierun-
malige Hospitalisierung von zuhause aus» beobachten, wobei im                   gen von Personen, die ausserhalb einer Gesundheitseinrichtung
Vergleich zu den stärker auf die Betreuung im Alters- und Pflege-               verstorben sind, beeinträchtigt. Gemäss der durchgeführten Sen-
heim ausgerichteten Kantonen im Schnitt eine zusätzliche Hospi-                 sitivitätsanalyse dürfte dies jedoch die Bedeutung der Ergebnisse
talisierung und eine längere durchschnittliche Aufenthaltsdauer                 nicht verändern.
festzustellen ist. Dies hängt in erster Linie mit den häufigeren                    Die im Bulletin beschriebenen Analysen beschränken sich
Aufenthalten in der Rehabilitation zusammen, die eine Rückkehr                  zwar lediglich auf zwei Gesundheitseinrichtungen, stellen aber
nach Hause ermöglichen sollen, aber auch mit den zusätzlichen                   dennoch eine konzeptuelle und technische Herausforderung dar.
Aufenthalten in der Akutsomatik. Dieser Verlaufstyp tritt in den                Die damit verbundene methodische Entwicklung ebnet den Weg
Kantonen, in denen der Verbleib zuhause verstärkt gefördert wird,               für weitere Arbeiten, bei denen zusätzliche Einrichtungen einbe-
1,5- bis 2-mal häufiger auf.                                                    zogen werden können. Zum jetzigen Zeitpunkt können anhand
    Bei den im Alters- und Pflegeheim lebenden Personen variiert                der verfügbaren Daten lediglich die ambulanten Spitalleistungen
die durchschnittliche Anzahl Hospitalisierungen von Kanton zu                   in die Analyse einfliessen. Für die Zukunft wäre es im Hinblick auf
Kanton, es besteht jedoch kein Zusammenhang mit der Langzeit-                   die Langzeitpflege wichtig, auf Einzeldaten zum Spitex-Bereich
pflegepolitik. Lediglich eine höhere Anzahl Hospitalisierungen vor              und zu den in den Arztpraxen erbrachten Leistungen zugreifen
dem Heimeintritt ist zu beobachten: In den Kantonen, in denen                   zu können.
der Verbleib zuhause gefördert wird, ist die Anzahl Hospitalisie-                   Die unterschiedlichen Praktiken werfen schliesslich viele Fra-
rungen vor dem Heimeintritt durchschnittlich um eins höher als                  gen in Bezug auf die Angemessenheit und die Kosten der ver-
in den übrigen Kantonen.                                                        schiedenen Betreuungsmöglichkeiten im letzten Lebensabschnitt
                                                                                auf. Denkbar wäre, mithilfe der vorliegenden Daten die gesamten
                                                                                Aufwendungen für die Hospitalisierungen in den verschiedenen
Fazit und Ausblick                                                              Kantonen zu schätzen. Die derzeit verfügbaren Daten zur ambu-
                                                                                lanten Versorgung von Personen zuhause sind allerdings noch
Die Ergebnisse zeigen, dass die Politik zur Förderung des Ver-                  zu lückenhaft, um ein genaueres Bild der Betagtenbetreuung zu
bleibs zuhause die Zahl der Spitalaufenthalte nach oben treibt                  zeichnen.
und es sich dabei um mehrmalige Hospitalisierungen handelt, bei
denen die Person von zuhause aus bzw. vor dem Eintritt ins Al-
ters- und Pflegeheim ins Spital kommt. Dies scheint plausibel, da
es sich dabei in erster Line um Hospitalisierungen in der Rehabili-
tation handelt. Dies deutet darauf hin, dass ein Verbleib zuhause
im Durchschnitt ein oder zwei zusätzliche Hospitalisierungen mit
Rehabilitationsaufenthalten beinhaltet, um eine Rückkehr nach
Hause zu ermöglichen, woraufhin entweder der Tod eintritt oder
der Verbleib zuhause nicht mehr möglich ist und ein kürzerer
Aufenthalt in einem Alters- und Pflegeheim die Folge ist. In den
Kantonen, die den Verbleib zuhause fördern, ist der Anteil der

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    Bei einem Wert unter 1 wurden im Durchschnitt mehr Hospitalisierungen vom
    Heim aus als vom eigenen Zuhause aus registriert.

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OBSAN BULLETIN 04/2021

    Methode                                                                                 Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan)
    Die Analyse beruht auf einer Verknüpfung der Daten aus                                  ist eine von Bund und Kantonen getragene Institution. Das
    der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser (MS) mit der                              Obsan analysiert die vorhandenen Gesundheitsinforma­
    Statistik der sozialmedizinischen Institutionen (SOMED) des                             tionen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone und
    Bundesamtes für Statistik sowie einer Definition von Verlauf-                           weitere ­Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Pla-
    stypen. Eine detaillierte Beschreibung der Methodik ist im                              nung, ihrer Entscheidfindung und in i­hrem Handeln. Weitere
    Bulletin 2/2019 (Füglister et Pellegrini 2019, S.7) zu finden.                          Informationen sind unter www.obsan.ch zu finden.

    Beigezogene Fachpersonen                                                             Impressum
    –	Sophie Chevrey-Schaller, Stv. Leiterin des Amtes für
                                                                                         Herausgeber
       Gesundheit, Republik und Kanton Jura
                                                                                         Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan)
    –	 Prof. med. Christophe Graf, Leiter der Abteilung für                             Autorinnen/Autoren
       ­Rehabilitation und Geriatrie sowie Leiter der Abteilung für                      Sylvie Füglister-Dousse, Sonia Pellegrini, Obsan
        Innere Medizin und Rehabilitation (SMIR Loex Bellerive)                          Zitierweise
        des Universitätsspitals Genf                                                     Füglister-Dousse, S. und Pellegrini, S. (2021). Hospitalisierungen von Betag-
                                                                                         ten im letzten Lebensjahr. Verbleib zuhause versus Heimaufenthalt (Obsan
    –	Prof. Dr. med. Reto W. Kressig, Ärztlicher Direktor Univer-                       Bulletin 04/2021). Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium.
        sitäre Altersmedizin FELIX PLATTER, Klinische Professur                          Auskünfte / Informationen
        für Geriatrie Universität Basel                                                  Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
    –	Silvia Marti, Projektleiterin, Konferenz der kantonalen                           Espace de l’Europe 10, CH-2010 Neuchâtel, Tel. 058 463 60 45,
                                                                                         obsan@bfs.admin.ch, www.obsan.ch
        Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren
                                                                                         Originaltext
    –	Dr. sc. nat. Susanna Schuppisser, Stv. Amtschefin, Amt                            Französisch; diese Publikation ist auch in französischer Sprache erhältlich
        für Gesundheit, Kanton Thurgau                                                   (BFS-Nummer: 1034-2104).
    –	Dr. Franziska Zúñiga, Universitätsdozentin, Pflegewissen-                         Übersetzung
        schaft, Departement Public Health, Universität Basel                             Sprachdienste BFS
                                                                                         Layout/Grafiken
                                                                                         Bundesamt für Statistik (BFS), Sektion DIAM, Prepress / Print
                                                                                         Karte
    Literaturhinweise                                                                    Bundesamt für Statistik (BFS), Sektion DIAM, ThemaKart
    Dutoit, L., Füglister-Dousse, S. und Pellegrini, S. (2016).                          Online
                                                                                         www.obsan.ch R Publikationen
    Langzeitpflege in den Kantonen: gleiche Herausforderung,
                                                                                         Print
    unterschiedliche Lösungen. Entwicklung 2006–2013 (Obsan                              www.obsan.ch R Publikationen
    Bericht 69). Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobser-                            Bundesamt für Statistik, CH-2010 Neuchâtel,
    vatorium.                                                                            order@bfs.admin.ch, Tel. 058 463 60 60
                                                                                         Druck in der Schweiz
    Füglister-Dousse, S. und Pellegrini, S. (2019). Aufenthaltsorte
                                                                                         BFS-Nummer
    von älteren Menschen im letzten Lebensabschnitt. Analyse der                         1033-2104
    verschiedenen Verlaufstypen: Spital und/oder Alters- und
    Pflegeheim (Obsan Bulletin 2/2019). Neuchâtel : Schweize-                            © Obsan 2021

    risches Gesundheitsobservatorium.
    Gygli N. (2020) : Regional variation of avoidable hospitalisa-
    tions: an observational study. Masterarbeit, Institut für Pfle-
    gewissenschaft, Universität Basel.

             Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine gemeinsame Institution von Bund und Kantonen.
             L’Observatoire suisse de la santé (Obsan) est une institution commune de la Confédération et des cantons.
             L’Osservatorio svizzero della salute (Obsan) è un’istituzione comune della Confederazione e dei Cantoni.

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