II. Börse und andere Handelssegmente
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
II. Börse und andere Handelssegmente 32
Börse und andere Handelssegmente (1) § Begriff der Börse • erst seit 2007 enthält das BörsG in § 2 Abs. 1 eine ge- setzliche Definition des Börsenbegriffs - teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die multila- terale Systeme regeln und überwachen, die die Interessen einer Vielzahl von Personen zum Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammen- bringen, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handels- objekte führt 33
Börse und andere Handelssegmente (2) § Organisation und Rechtsstruktur der Börse • duale Organisationsstruktur - (privater) Börsenträger (z.B. Deutsche Börse AG, Börse Düs- seldorf AG) - Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Organe durch einen entsprechenden organisatorischen Rahmen einen funktionierenden Handel ermöglichen - daneben gibt es noch die Handelsteilnehmer, durch die der Handel betrieben wird o zum Börsenhandel zugelassene Unternehmen (§ 19 BörsG), Bör- senhändler und Skontroführer (zur Feststellung der Börsenpreise zugelassene Unternehmen (§ 27 Abs. 1 S. 1 BörsG) 34
Börse und andere Handelssegmente (3) § duale Bedeutung des Begriffes „Börse“: Börse als Marktveranstaltung bzw. das verantwortliche Rechts- subjekt für die Durchführung des Börsenhandels • Marktveranstaltung, in deren Rahmen sich der Wertpa- pierhandel zwischen den Handelsteilnehmern vollzieht - Zusammenführen von Angebot und Nachfrage wird von den Börsen betrieben (z.B. Frankfurter Wertpapierbörse) o als teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sind sie be- fugt, öffentlich-rechtliche Regelungen als autonome Satzungen zu erlassen (z.B. Börsenordnung, Gebührenordnung) 35
Börse und andere Handelssegmente (4) § Organe der Börse (vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 BörsG) • Börsengeschäftsführung (§ 15 BörsG) als Leitungsorgan, die die den Börsen übertragene öffentliche Verwaltung vornimmt • Börsenrat (§ 12 BörsG) - Aufsichts- und Rechtssetzungsorgan (z.B. Börsenordnung, Bedingungen für Geschäfte an der Börse, Gebührenordnung) - Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer • Handelsüberwachungsstelle (§ 7 BörsG) • Sanktionsausschuss (§ 22 BörsG) 36
Börse und andere Handelssegmente (5) § Aufgaben der Börse • Zulassung und Einbeziehung von Wertpapieren • Feststellung des Börsenpreises - Börsenpreise sind Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im regulierten Markt oder an einer Warenbörse ermittelt werden (§ 24 Abs. 1 S. 1 BörsG) o auch die Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im Freiverkehr/Open Market ermittelt wer- den, stellen Börsenpreise dar (§ 24 Abs. 1 S. 2 BörsG) ØPreisermittlung erfolgt durch Skontroführer (§ 27 BörsG), d.h. von der Börsengeschäftsführung zur Feststellung des Börsenpreíses zugelassene Unternehmen (§ 27 Abs. 1 BörsG) 37
Börse und andere Handelssegmente (6) § (Aufgaben der Börse) • (Feststellung des Börsenpreises) - bei im elektronischen Handelssystem gehandelten Wertpa- pieren kann die Börsengeschäftsführung festlegen, dass sog. Market Maker (im Regelfall Banken oder ein Wertpapierhan- delshaus) eingesetzt werden o an der Frankfurter Wertpapierbörse werden diese als sog. Desig- nated Sponsors bezeichnet (§ 125 Abs. 1 BörsO Ffm) Øgarantieren die fortwährende Handelbarkeit von Wertpapieren, sie werden insbesondere bei umsatzschwachen Wertpapieren eingesetzt ØVerpflichtung, gleichzeitig limitierte Aufträge für die Nachfrage- und Angebotsseite in das Handelssystem einzustellen (Quotes) 38
Börse und andere Handelssegmente (7) § Börsenträger • Börse bedarf, da sie (nur) teilrechtsfähig ist (§ 2 Abs. 1 BörsG), eines Trägers als Zurechnungssubjekt - Börse kann auf Grund der Teilrechtsfähigkeit weder Eigen- tum an den Sacheinrichtungen haben noch privatrechtliche Verträge z.B. mit Mitarbeitern schließen • nach § 5 Abs. 1 S. 1 BörsG ist der Börsenträger (im Re- gelfall eine Kapitalgesellschaft) Normadressat mit eigenen Rechten und Pflichten • mit der Genehmigung wird dem Börsenträger zugleich die Aufgabe zum Betrieb einer Börse übertragen - Genehmigung erfolgt im Wege der öffentlichen Beleihung durch das Sitzland der Börse 39
Börse und andere Handelssegmente (8) § (Börsenträger) • Genehmigung hat rechtliche Doppelnatur - Befreiung vom Verbot des Betreibens einer Börse und zu- gleich Delegation der staatlichen Organisationsgewalt • Rechtsfolge der Genehmigung - Börsenträger wird mit der Erteilung berechtigt und verpflichtet, die Börse zu betreiben und zu erhalten (sog. Betriebspflicht) - konstitutiver Rechtsakt für die Entstehung der öffentlich-recht- lichen Anstalt Börse • Organisationspflichten (ähnlich Verhaltenspflichten nach WpHG) - Vermeidung von Interessenkonflikten, Risikocontrolling 40
Börse und andere Handelssegmente (9) § Handelssegmente • Ausweitung der Handelsplätze durch das FRUG in 2007 - Handelsplatz ist nicht (mehr) nur ein geregelter (organisierter) Markt, sondern auch multilaterale Handelssysteme und syste- matische Internalisierer - wesentliche Neuerung hinsichtlich der Handelsplätze sind Handelstransparenzpflichten, mit der ein wirksamer Wettbe- werb zwischen den verschiedenen Wertpapierhandelssyste- men ermöglicht werden soll 41
Börse und andere Handelssegmente (10) § (Handelssegmente) • regulierter Markt - früher: Differenzierung zwischen dem Börsenhandel am amt- lichen (§§ 30 ff. BörsG a.F.) und dem geregelten Markt (§§ 49 ff. BörsG) - Handel am regulierten Markt erfordert Zulassung oder Einbe- ziehung durch die Geschäftsführung (§ 32 Abs. 1 BörsG) o früher bestehende Zulassungsstellen (§ 31 BörsG a.F.) gibt es nicht mehr, da ihr Aufgabenbereich durch das WpPG und die dort vorgeschriebene Prüfung der Börsenzulassungsprospekte durch die BaFin stark reduziert worden ist 42
Börse und andere Handelssegmente (11) § (Handelssegmente) • (regulierter Markt) - Prime Standard und General Standard o nur Börsensegmente, aber keine börsenrechtliche Unterteilung o General Standard richtet sich an Unternehmen, die vorrangig na- tionale Investoren ansprechen wollen und die die mit dem Listing verbundenen Kosten gering halten wollen o Prime Standard richtet sich an Unternehmen, die auch internatio- nale Investoren ansprechen wollen ØZulassung ist Voraussetzung für die Aufnahme in die Auswahlin- dices DAX, M-DAX, Tec-DAX und S-DAX, die keine eigenständi- gen Marktsegmente darstellen (Deutsche Börse AG entscheidet über Einbeziehung) 43
Börse und andere Handelssegmente (12) § (Handelssegmente) • Handelstransparenz - Vorhandelstransparenz o für Aktien und Aktien vertretende Zertifikate (§ 30 BörsG) ØPreis des am höchsten limitierten Kaufauftrags und des am niedrigsten limitieren Verkaufsauftrags sowie das zu diesen Preisen handelbare Volumen während der üblichen Geschäfts- zeiten der Börse sind kontinuierlich zu veröffentlichen - Nachhandelstransparenz o Börsenpreise und das Volumen sowie der Zeitpunkt der Börsen- geschäfte sind unverzüglich zu veröffentlichen (§ 31 BörsG) 44
Börse und andere Handelssegmente (13) § (Handelssegmente) • Multilaterale Handelssysteme (§§ 31f ff. WpHG) - Handelssysteme, die nicht den Regeln der Börsenmärkte un- terliegen o Betrieb eines MTF ist Wertpapierdienstleistung nach § 2 Abs. 3 Nr. 8 WpHG sowie Finanzdienstleistung nach § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1b) KWG, daher ist Erlaubnis der BaFin notwendig o erforderlich ist, dass es sich um Systeme handelt, die die Interes- sen einer Vielzahl von Personen zum Kauf und Verkauf von Fi- nanzinstrumenten zusammenführen Ønicht ausreichend ist es daher, wenn nur der Kontakt zwischen den Parteien ermöglicht wird o Betreiber muss eine ordnungsgemäße Preisbildung im MTF sicher- stellen (§ 31f Abs. 1 Nr. 4 WpHG) 45
Börse und andere Handelssegmente (14) § (Handelssegmente) • (Multilaterale Handelssysteme (§§ 31f ff. WpHG)) - Vor- und Nachhandelstransparenz (§ 31g Abs. 1 u. 3 WpHG) o bezieht sich nur auf Aktien und Aktien vertretende Zertifikate, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind Øerforderlich ist, dass der Preis des am höchsten limitierten Kauf- auftrags und des am niedrigsten limitierten Verkaufsauftrags so- wie das zu diesen Preisen handelbare Volumen kontinuierlich während der üblichen Geschäftszeiten veröffentlicht werden o Marktpreis, Volumen und Zeitpunkt der abgeschlossenen Ge- schäfte sind soweit möglich auf Echtzeitbasis zu veröffentlichen 46
Börse und andere Handelssegmente (15) § (Handelssegmente) • Freiverkehr/Open Market - anders als der regulierte Markt handelt es sich hierbei um einen privatrechtlich organisierten außerbörslichen Markt zwischen Freimaklern und Handelsteilnehmern o seit Oktober 2005 wird das Segment als Open Market bezeichnet, um eine bessere internationale Vermarktung zu ermöglichen o zur Durchführung des Open Market werden die Einrichtungen der Börse genutzt, die Organisation obliegt einem von der Börse zuge- lassenen Freiverkehrsträger (z.B. Deutsche Börse AG) o Richtlinien für den Freiverkehr sind privatrechtliche AGB ØGeschäftsbedingungen sind von der Geschäftsführung zu billigen 47
Börse und andere Handelssegmente (16) § (Handelssegmente) • (Freiverkehr/Open Market) - bezieht sich nur auf Wertpapiere, die weder zum Handel am regulierten Markt zugelassen noch in den dortigen Handel ein- bezogen sind - Betrieb des Freiverkehrs bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Börsenaufsichtsbehörde - eingeschränkter Anlegerschutz o keine Pflicht zur Ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG) o keine Meldepflichten bei Erreichen bestimmter Beteiligungsschwel- len (§§ 21 ff. WpHG) o keine Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots bei Erwerb einer Kontrollmehrheit von 30 % der Stimmrechte (§ 35 WpÜG) 48
Börse und andere Handelssegmente (17) § (Handelssegmente) • (Freiverkehr/Open Market) - Entry Standard ist seit Oktober 2005 ein neuer Teilbereich des Freiverkehrs mit zusätzlichen Transparenzanforderungen o Notierung in diesem Marktsegment soll ein Übergangsstadium zum Aufstieg in den General oder Prime Standard darstellen o zusätzliche Publizitätspflichten Ønach den AGB müssen Unternehmen wesentliche Nachrichten oder Tatsachen, die den Börsenpreis beeinflussen können, un- verzüglich auf der eigenen Website veröffentlichen (ähnlich § 15 WpHG) 49
Börse und andere Handelssegmente (18) § (Handelssegmente) • systematische Internalisierer - Unternehmen, das häufig regelmäßig und auf organisierte und systematische Weise Eigenhandel außerhalb organisierter Märkte und multilateraler Handelssysteme betreibt (§ 2 Abs. 10 WpHG) o es handelt sich um einen OTC-Handel o Nachhandelstransparenz, d.h. Veröffentlichung der abgeschlosse- nen Geschäfte (§ 31h WpHG) o Pflicht zur regelmäßigen und kontinuierlichen Veröffentlichung von Quotes für die angebotenen Aktiengattungen während der üblichen Handelszeiten o bei Privatkunden ist eine bestmögliche Auftragsausführung zu ge- währleisten (§ 33a WpHG) 50
Börse und andere Handelssegmente (19) § Zulassung von Wertpapieren • Handel am regulierten Markt bedarf der Zulassung oder Einbeziehung durch die Börsengeschäftsführung (§ 32 Abs. 1 BörsG) • öffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt, erfolgt auf Antrag des Emittenten und eines Emissionsbegleiters (§ 32 Abs. 2 S. 1 BörsG) • Zulassungsantrag ist ein Prospekt beizufügen (wird von der BaFin formal geprüft) • Zulassung ist Voraussetzung für die Börseneinführung, d.h. die Aufnahme der Notierung der Wertpapiere 51
Börse und andere Handelssegmente (20) § Widerruf der Zulassung (Delisting) • Rücknahme der Zulassung bzw. Widerruf erfolgen durch die Börsengeschäftsführung - cold delisting liegt vor, wenn Aktionäre zweier Unternehmen die Verschmelzung des börsenzugelassenen Unternehmens auf das nicht gelistete Unternehmen beschließen • Widerruf ist auch auf Antrag des Emittenten möglich, darf aber nicht dem Anlegerschutz widersprechen (§ 39 Abs. 2 BörsG) - erforderlich ist, dass nach dem Widerruf der Zulassung der Handel an einem in- oder ausländischen organisierten Markt gewährleistet ist oder die Anleger hinreichend Zeit haben, die Aktien über die Börse zu veräußern 52
III. Prospektpflicht und Prospekthaftung 53
Prospektpflicht und Prospekthaftung (1) § Prospektpflicht nach WpPG • das WpPG ist nach § 1 Abs. 2 anwendbar bei der Erstel- lung, Billigung und Veröffentlichung eines Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren zu veröffent- lichen ist oder für die Zulassung der Wertpapiere an einem organisierten Markt verwendet werden soll - öffentliches Angebot: Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Infor- mationen über die Angebotsbedingungen und die anzubieten- den Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu ver- setzen, über den Kauf oder die Zeichnung der Wertpapiere zu entscheiden (§ 2 Abs. 4 WpPG) 54
Prospektpflicht und Prospekthaftung (2) § (Prospektpflicht nach WpPG) • Ausnahmen - Angebote, die sich ausschließlich an qualifizierte Anleger rich- ten (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 WpHG) o nicht nur institutionelle Anleger, auch kleine und mittlere Unterneh- men sowie natürliche Personen, die bei der BaFin als qualifizierte Anleger registriert sind (vgl. § 27 WpPG) - Angebot von Wertpapieren mit einer Mindeststückelung von € 500.000,- (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 WpPG) - Verkaufspreis für alle angebotenen Wertpapiere beträgt weni- ger als € 100.000,- (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 WpPG) 55
Prospektpflicht und Prospekthaftung (3) § Anforderungen an den Prospekt • Prospekt wird meist als ein einteiliges, kann aber auch als ein aus drei Teilen (Registrierungsformular, Wertpapier- beschreibung und Zusammenfassung) bestehendes Do- kument erstellt werden (§ 12 Abs. 1 WpPG) • erforderlich ist, dass der Prospekt grundsätzlich sämtliche Angaben enthält, die im Hinblick auf den Emittenten und die öffentlich angebotenen oder zum Handel an einem or- ganisierten Markt zugelassenen Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil u.a. über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sowie die mit den Wertpapieren verbundenen Recht zu ermöglichen (§ 5 Abs. 1 S. 1 WpPG) 56
Prospektpflicht und Prospekthaftung (4) § (Anforderungen an den Prospekt) • § 7 WpPG verweist hinsichtlich der Mindestangaben auf die EU-Prospektverordnung - enthält je nach Art der Wertpapiere und des Emittenten unter- schiedliche Kataloge von Pflichtangaben („Baukastenprinzip“) - Werbung muss jeweils auf den Prospekt hinweisen (§ 15 Abs. 2 u. 3 WpPG) o Werbung: Bekanntmachung, die sich auf eine konkrete Emission bezieht und auf die Förderung des Verkaufs bestimmter Wertpapie- re abzielt 57
Prospektpflicht und Prospekthaftung (5) § Billigung des Prospekts • Zuständigkeit für die Prospektbilligung (Verwaltungsakt) liegt nach § 13 WpPG bei der BaFin - BaFin prüft den Prospekt auf seine Vollständigkeit, Kohärenz, d.h. die mangelnde innere Widersprüchlichkeit sowie auf Ver- ständlichkeit - eine Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Prospekts erfolgt nicht o Prospektbilligung führt daher auch nicht zu einem Wegfall der Prospekthaftungsansprüche bei Fehlerhaftigkeit des Prospekts ØBaFin übernimmt keine Prospektverantwortlichkeit durch die Billigung 58
Prospektpflicht und Prospekthaftung (6) § (Billigung des Prospekts) • sofern nach Billigung, aber vor der Notierungsaufnahme bzw. dem Ende des öffentlichen Angebots eine wesent- liche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts festgestellt wird, besteht eine Nachtragspflicht (§ 16 Abs. 1 WpPG) - Nachtrag ist vor der Veröffentlichung durch die BaFin zu bil- ligen (§ 16 Abs. 2 S. 3 WpPG) • Prospekt ist nach seiner Veröffentlichung zwölf Monate gültig (§ 9 Abs. 1 WpPG) - danach darf auf der Grundlage des Prospekts kein neues öf- fentliches Angebot von Wertpapieren mehr erfolgen (§ 9 Abs. 5 WpPG) 59
Prospektpflicht und Prospekthaftung (7) § Hinterlegung des Prospekts • Prospekt ist nach Billigung durch die BaFin bei dieser zu hinterlegen und dem Publikum spätestens einen Werktag vor Beginn des öffentlichen Angebots zur Verfügung zu stellen (§ 14 Abs. 1 S. 1 WpPG) • Veröffentlichung - bestimmte Wirtschafts- und Tageszeitungen - Bereitstellung in gedruckter Form zur kostenlosen Ausgabe an das Publikums - Veröffentlichung auf der Internetseite des Emittenten - Veröffentlichung auf der Internetseite des organisierten Mark- tes, für den die Zulassung zum Handel beantragt wurde 60
Prospektpflicht und Prospekthaftung (8) § Europäischer Pass für Prospekte (§ 17 WpPG) • Unternehmen können ihre Wertpapiere europaweit anbie- ten, wenn der Prospekt durch die Aufsicht eines einzigen Mitgliedstaates gebilligt wurde - Notifikation: Übermittlung der Billigungsbescheinigung an die zuständige Behörde des jeweiligen Aufnahmestaates, um dort für ein öffentliches Angebot oder eine Börsenzulassung ver- wendet zu werden o Prospekt muss aber in einer in allgemeinen Finanzkreisen ge- bräuchlichen Sprache verfasst sein Ømöglich ist es, einen Prospekt in englischer Sprache mit deut- scher Übersetzung der Zusammenfassung vorzulegen (§§ 17 Abs. 3, 19 Abs. 4 WpPG) 61
Prospektpflicht und Prospekthaftung (9) § Prospektpflicht nach VerkProspG • VerkProspG ist anwendbar auf das öffentliche Angebot von nicht in Wertpapieren i.S. des WpPG verbrieften Ver- mögensanlagen - erfasst wird daher nur der außerbörsliche Vertrieb von Wert- papieren - öffentliches Angebot: richtet sich an einen unbestimmten Per- sonenkreis o Prospekt ist daher nicht erforderlich, wenn sich das Angebot ledig- lich an einen bestimmten Personenkreis richtet Ømaßgeblich ist eine qualitative Bestimmung des begrenzten Per- sonenkreises 62
Prospektpflicht und Prospekthaftung (10) § (Prospektpflicht nach VerkProspG) • erfasste Anlagen - Unternehmensanteile (z.B. Beteiligungen an Personengesell- schaften, GmbH-Anteile, Genossenschaftsanteile und stille Beteiligungen) - Anteile an Treuhandvermögen - Anteile an geschlossenen Fonds - Namensschuldverschreibungen, soweit sie nicht dem Anwen- dungsbereich des WpPG unterfallen • Ausnahmen von der Prospektpflicht bei fehlender Investi- tionsgefahr für den Anleger (§ 8f Abs. 2 VerkProspG) 63
Prospektpflicht und Prospekthaftung (11) § (Prospektpflicht nach VerkProspG) • Hinterlegung des Prospekts bei BaFin (§ 8i VerkProspG) - BaFin überprüft nur Inhalt und Aufbau der Verkaufsprospekte nach den Anforderungen der VermVerkProspV o keine Prüfung des Prospekts auf inhaltliche Richtigkeit • Veröffentlichung - Börsenpflichtblatt oder - Schalterpublizität, d.h. das Bereithalten zur kostenlosen Aus- gabe des Prospekts o Einstellen des Prospekts im Internet stellt keine hinreichende Ver- öffentlichung dar 64
Prospektpflicht und Prospekthaftung (12) § Börsengesetzliche Prospekthaftung • die §§ 44 ff. BörsG sind nur anwendbar auf Wertpapiere, die zum regulierten Markt zugelassen sind - für den Freiverkehr nach § 48 BörsG gelten die Vorschriften daher nicht, hier greift ggf. die zivilrechtliche Prospekthaftung • Prospekthaftung ist auf Wertpapiere beschränkt, so dass die §§ 44 ff. BörsG keine Anwendung finden, wenn Rech- te (z.B. Optionsrechte) erworben werden 65
Prospektpflicht und Prospekthaftung (13) § (Börsengesetzliche Prospekthaftung) • Haftungsvoraussetzungen - es muss sich bei dem Prospekt um einen (Zulassungs-)-Pros- pekt nach § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG handeln o entscheidend ist daher, dass die Zulassung zum Börsenhandel auf Grund des Prospekts erfolgt ist - Prospekt muss fehlerhaft (unrichtig oder unvollständig) sein o abzustellen ist auf den Horizont eines aufmerksamen Lesers oder durchschnittlichen Anlegers o maßgeblicher Zeitpunkt ist die Prospekterstellung bzw. dessen Veröffentlichung 66
Prospektpflicht und Prospekthaftung (14) § (Börsengesetzliche Prospekthaftung) • (Haftungsvoraussetzungen) - Haftungsadressat (§ 44 Abs. 1 S. 1 BörsG) o insbesondere Emittent o Prospekterlasser ØUnternehmen oder Personen, die hinter dem Prospekt stehen und somit die eigentlichen Urheber sind - Anspruchsteller o ersatzberechtigt ist nur derjenige, der die Wertpapiere nach Ver- öffentlichung des Prospekts und innerhalb einer sechsmonatigen Frist seit Erstveröffentlichung (entgeltlich) erworben hat o Inlandbezug des Erwerbsgeschäfts 67
Prospektpflicht und Prospekthaftung (15) § (Börsengesetzliche Prospekthaftung) • (Haftungsvoraussetzungen) - haftungsbegründende Kausalität o Zusammenhang zwischen Prospekt und Erwerb der Wertpapiere (§ 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG) Øes besteht ein Anscheinsbeweis, dass der Prospekt die Einschät- zung des Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und daher eine Anlagestimmung erzeugt Øauf die tatsächliche Kenntnis des Anlegers vom Prospekt kommt es nicht an - Verschulden (§ 44 Abs. 1 BörsG) o Haftungsadressat muss Fehlerhaftigkeit des Prospekts gekannt oder grobfahrlässig nicht gekannt haben (§ 45 Abs. 1 BörsG) 68
Prospektpflicht und Prospekthaftung (16) § (Börsengesetzliche Prospekthaftung) • Haftungsfolgen - Unterscheidung, ob Anspruchsteller noch Inhaber der Wertpa- piere ist oder nicht o sofern der Erwerber noch Inhaber ist, kann er nach § 44 Abs. 1 BörsG die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Er- werbspreises verlangen o ist der Erwerber nicht mehr Inhaber der Wertpapiere, so kann er die Differenz zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungs- preis verlangen • Verjährung - ein Jahr seit Kenntnisnahme des Erwerbers von der Unrichtig- keit / Unvollständigkeit des Prospekts, spätestens drei Jahre nach der Veröffentlichung 69
Prospektpflicht und Prospekthaftung (17) § Prospekthaftung nach VerkProspG • Haftung bei fehlerhaftem Prospekt (§ 13 VerkProspG) - Besonderheiten gegenüber Haftung nach §§ 44 ff. BörsG o 6-Monats-Zeitraum bemisst sich vom ersten öffentlichen Angebot im Inland - maßgeblich für Unrichtigkeit ist der Zeitpunkt der Veröffentli- chung - Haftungsadressat: Prospektverantwortliche (Anbieter und je- ne, von denen der Erlass ausgeht) - Rechtsfolge: Erwerber kann vom Prospektverantwortlichen die Übernahme der Vermögensanlagen gegen Erstattung des Er- werbspreises verlangen o hat er die Wertpapiere schon verkauft, kann er Zahlung des Unter- schiedsbetrages zwischen Erwerbs- und Veräußerungspreis ver- langen 70
Prospektpflicht und Prospekthaftung (18) § (Prospekthaftung nach VerkProspG) • Haftung bei fehlendem Prospekt (§ 13a VerkProspG) - Voraussetzung ist, dass trotz bestehender Prospektpflicht kein Prospekt veröffentlicht worden ist - Erwerbsgeschäft muss vor Veröffentlichung eines Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach dem ersten öffentli- chen Angebot im Inland getätigt worden sein - Haftung ist verschuldensunabhängig, Kausalitätsnachweis ist nicht erforderlich - Rechtsfolge: Erwerber kann vom Prospektverantwortlichen die Übernahme der Vermögensanlage gegen Erstattung des Er- werbspreises verlangen o hat er die Wertpapiere schon verkauft, kann er Zahlung des Unter- schiedsbetrages zwischen Erwerbs- und Veräußerungspreis ver- langen 71
Sie können auch lesen