IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
IMPULSE Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln Sport WISSENSCHAFT In Zeiten des Wandels: der Internationale Leichtathletikverband | eSportlerInnen: Erfassung einer neuen Risikozielgruppe | Burnout bei TrainerInnen: eine Interven- tionsstudie | Good Governance-Strukturen: eine Bestandsaufnahme | VOICE: Aufarbei- tung von sexualisierter Gewalt im Sport | 01 | 2019 | MAI |
VORWORT Liebe Leserin, lieber Leser, BILDU mit der aktuellen Ausgabe unseres IMPULSE-Magazins geben Ihnen unsere WissenschaftlerInnen einen spannenden Einblick in aktuelle Forschungsprojekte. Dr. Jörg Krieger, bis vor kurzem Mitarbeiter am Institut für Sportgeschichte, hat den Internationalen Leichtathletikverband analysiert. Kommerzialisierung, Politik und Doping sind einige der Aspekte, auf die er in seinem Beitrag fokussiert. In dem zweiten Beitrag geht es um eSport, der weltweit inzwischen über 380 Millionen Zuschauer fasziniert. Wissenschaftler des Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation haben sich die eSportler einmal genauer angesehen. Neben demografischen Angaben wurde vor allem das Trainings- und Gesundheitsverhalten abgefragt. WissenschaftlerInnen des Psychologischen Instituts haben gemeinsam mit Kollegen der Ruhr- Universität Bochum eine Interventionsstudie mit TrainerInnen zum Burnout umgesetzt. Im Rahmen des Verbundprojektes wurden zunächst Risikofaktoren für Burnout in Frühstadien identifiziert und darauf aufbauend konkrete Maßnahmen zur Prävention von Burnout bei TrainerInnen entwickelt, erprobt und evaluiert. Damit Bildung niemals aufhört. Viel erreicht, wenig gewonnen – so betiteln Prof. Dr. Jürgen Mittag und Dr. Ninja Putzmann vom Wir setzen uns dafür ein, dass junge Menschen ihre Institut für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung ihren Beitrag zu Good-Governance- Talente entfalten können, und fördern bessere, Strukturen in deutschen Sportverbänden. Im Rahmen des Projektes wurden ausgewählte deutsche chancengerechte Bildung. Mehr über den Sportverbände im Hinblick auf Transparenz, Demokratie, Kontrolle und Rechenschaft sowie Stifterverband, sein Engagement für Bildung, gesellschaftliche Verantwortung untersucht. Wissenschaft und Innovation sowie Möglichkeiten zum Mitwirken erfahren Sie online. Aus den Erfahrungen von Betroffenen lernen, ist eines der Hauptziele des EU-Projektes VOICE zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Sport. Dr. Bettina Rulofs, Projektleiterin und www.stifterverband.org Wissenschaftlerin am Institut für Soziologie und Genderforschung, stellt das Projekt vor, das Betroffenen von sexualisierter Gewalt im Sport eine Stimme gibt und einen Rahmen schafft, in dem über sexualisierte Gewalterfahrungen gesprochen werden kann. Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre und danke allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für die Beiträge. Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder Rektor der Deutschen Sporthochschule Köln
INHALT 06 Kommerzialisierung, Politik und Doping Der Internationale Leichtathletikverband News.................................................................46 +++ Sport hilft Parkinson-Betroffenen auch in Zeiten des Wandels bei kognitiven Symptomen +++ Aktuell lau- fen zwei Studien zur Weltraumforschung, an denen die Deutsche Sporthochschule Köln beteiligt ist: AGBRESA und SIRIUS +++ Pro- jekt RoSylernNT: Lernende Roboter als Be- 38 gleiter durch den Alltag +++ Aus den Erfahrungen von Betroffenen lernen Das EU-Projekt VOICE zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Sport Impressum IMPULSE Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln 1/2019, 24. Jahrgang Herausgeber Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder Rektor der Deutschen Sporthochschule Köln 20 Psychische Gesundheit Redaktion Deutsche Sporthochschule Köln, Stabsstelle Akademische Planung und Steuerung, Abt. Presse und Kommunikation von Trainern Am Sportpark Müngersdorf 6, 50933 Köln Eine Interventionsstudie Telefon: 0221 4982-3440 Fax: 0221 4982-8400 E-Mail: presse@dshs-koeln.de Redaktionsleitung: Sabine Maas 12 Redaktion und CvD: Lena Overbeck Layout: Sandra Bräutigam 27 Druckerei eSportler im Fokus der DFS Druck Brecher GmbH, www.dfs-pro.de Sportwissenschaft ISSN-Nr. Erfassung einer neuen Viel erreicht, wenig gewonnen 2192-3531 Risikozielgruppe „Good Governance“ als Herausforderung Cover: der deutschen Sportverbände microgen/ istockphoto In dieser Publikation wird aus Gründen einer bes- seren Lesbarkeit teilweise nur die männliche Form/ Ansprache verwendet. Dies soll ausdrücklich nicht als Diskriminierung von Frauen verstanden werden. 4 IMPULSE | 01 | 2019 5
Text Jörg Krieger Kommerzialisierung, Politik und Doping: Der Internationale Leichtathletikverband in Zeiten des Wandels IMPULSE 01 | 2019 7
In den 1980er Jahren passte sich der IAAF unter Präsident Nebiolo dem Zeitgeist von Professionali- sierung und Kommerzialisierung im Sport an. I nternationale Sportfachverbände (ISFs) sind zen- ström IOC-Vizepräsident und wurde 1946 zum IOC- trale Interessensgruppen im globalen Sportsys- Präsidenten gewählt. Sein Nachfolger im IAAF, der tem. Als universell anerkannte, nicht-staatliche Brite Lord Exeter David Burghley, war während sei- Organisationen sind sie autonom in der Steuerung ner Amtszeit ebenfalls IOC-Vizepräsident. Entspre- und Koordination ihrer jeweiligen Sportart(en). Als chend eng arbeiteten die beiden Organisationen in Konsequenz aus der rasanten Professionalisierung wichtigen Entscheidungsprozessen zusammen und und Kommerzialisierung des Sports in den vergan- entwickelten gemeinsam eine stringente Amateur-, genen Jahrzehnten haben sich die ISFs von vorwie- Doping- und Kommerzialisierungspolitik. gend ehrenamtlich geführten Vereinigungen in zu- nehmend komplexere, von festangestelltem Personal Aufgrund der institutionellen Nähe zum IOC ver- geleitete Organisationen entwickelt. anstaltete der IAAF im Gegensatz zu anderen ISFs keine eigene Weltmeisterschaft. Stattdessen wurden Obwohl die Umgestaltung der ISFs die Entschei- die Olympischen Spiele als der führende internatio- dungsprozesse im internationalen Sport entschei- nale Wettkampf in der Leichtathletik anerkannt. Im dend beeinträchtigt hat, gibt es nur wenige Studien, Gegenzug erhielt der IAAF einen bedeutend höheren die sich mit der historischen Entwicklung der ISFs Anteil der Fernseheinnahmen der Olympischen Spiele und deren Auswirkungen auf heutige Sportpolitik als andere Verbände. Aufgrund der rapide steigenden auseinandersetzen. Insbesondere der Internationa- TV-Gelder, die das IOC durch den Verkauf der Über- le Leichtathletikverband (IAAF) und dessen interne tragungsrechte der Olympischen Spiele generierte, Reformprozesse zur Anpassung an die Realitäten kritisierte Mitte der 1970er Jahre die Mehrheit der des modernen Hochleistungssports zwischen den Olympischen ISFs zunehmend das Verteilungsprin- 1970er und 1990er Jahren bildeten bisher ein For- zip zwischen dem IOC und dem IAAF. Entsprechend schungsdesiderat. Entsprechend wurden im Rahmen gründeten die kleineren Verbände den Internationa- dieses Forschungsprojektes unterschiedliche Aspekte len Dachverband von Sportverbänden (GAISF), um der IAAF-Historie untersucht, die auf grundlegende mehr Druck auf das IOC ausüben zu können. Die- Veränderungen in der Organisation der internationa- ser Vereinigung trat der IAAF zunächst nicht bei len Leichtathletik hinweisen. Ziel war es, den Zu- und entschied sich zur Einführung eigener Leicht- sammenhang zwischen der Kommerzialisierung der athletik-Weltmeisterschaften, die erstmals 1983 in Leichtathletik und der Entstehung von problemati- Helsinki veranstaltet wurden. Damit passte sich der schen verbandsinternen Hierarchien und Entschei- Verband unter der Führung des 1981 neu gewählten dungsprozessen aufzuzeigen. Präsidenten Primo Nebiolo dem Zeitgeist von Profes- größeren nationalen Leichtathletikverbänden mehr Internationale Beziehungen sionalisierung und Kommerzialisierung im internati- Stimmen bei Abstimmungsverfahren im IAAF-Kon- Das Bestreben einer frühen Wiederaufnahme Südafri- Der Erkenntnisgewinn des Forschungsprojektes ba- onalen Sport an und gab seine privilegierte Rolle bei gress zusicherte. Dadurch konnten insbesondere die kas in die globale Sportgemeinschaft nach Ende des siert auf einer umfassenden Analyse von internatio- der TV-Gelder-Verteilung des IOC auf. In den 1980er mitgliederstarken europäischen und nordamerikani- Apartheid-Regimes zeigt, wie rigoros Primo Nebiolo die nalem Archivmaterial. In der folgenden Darstellung Jahren trieb Nebiolo den Verkauf von exklusiven schen Verbände ihre Machtpositionen absichern. Die- persönlichen Ambitionen und Verbandsinteressen des ausgewählter Forschungsergebnisse liegt der Fokus Marketingrechten in Zusammenarbeit mit der Marke- se Regelung geriet in den 1980er Jahren stark in die IAAF über nationale und weltpolitische Belange stellte. auf der Rolle des ehemaligen IAAF-Präsidenten Pri- tingfirma International Sport and Leisure (ISL), ge- Kritik. Als der Druck durch afrikanische und südost- mo Nebiolo, der die Transformation der internationa- gen die mehrfach wegen Korruption ermittelt wurde, asiatische Verbände zu groß wurde, versprach Nebiolo Der ausgewertete Schriftverkehr zwischen Nebio- len Leichtathletik entscheidend geprägt hat. Dabei stetig voran. So wurde der IAAF zu einem wesentli- den Verbänden finanzielle und materielle Unterstüt- lo und südafrikanischen Sportoffiziellen legt offen, soll vor allem seine kontroverse Politik in den Be- chen Element des wirtschaftlich expandierenden und zung durch ein neustrukturiertes Entwicklungshilfe- dass Nebiolo sich persönlich für eine schnelle Wie- reichen Entwicklungshilfe für die Leichtathletik, In- finanziell lukrativen internationalen Sportsektors. Programm, um so Kritik abzuwenden und seine Macht- dereingliederung Südafrikas in den IAAF einsetzte, ternationale Beziehungen, Doping und Manipulation position abzusichern. 1987 führte die IAAF schließlich um südafrikanischen Sportlern eine Teilnahme an der ausgewertet werden. Die steigenden TV-Einnahmen führten zu einem Kräf- das „Ein-Verband-eine-Stimme“-System ein, welches Leichtathletik-Weltmeisterschaft 1991 in Tokio zu er- temessen zwischen dem IAAF und seinen nationalen bis heute Anwendung findet und das gleichberechtig- möglichen. Dabei standen für ihn allerdings nicht die Kommerzialisierung und Entwicklungshilfe Mitgliederverbänden aus finanzärmeren Regionen, da te Mitspracherecht der einzelnen Verbände garantiert. Athletinnen und Athleten sondern finanzielle Aspek- Seit seiner Gründung 1913 bis in die späten 1970er die Verbände nicht direkt an den Gewinnen beteiligt Allerdings begünstigt das Verfahren gleichzeitig kor- te im Vordergrund. Nebiolo erhoffte sich von einer Jahre unterhielt der IAAF enge personelle Verbin- wurden. Vor dem Hintergrund zahlreicher neuer Ver- rupte Aktivitäten, weshalb in den vergangen Jahren südafrikanischen Teilnahme steigende Einnahmen dungen zum Internationalen Olympischen Komitee bandsgründungen im Zuge der Dekolonialisierung hat- in der Wissenschaft teilweise eine Rückkehr zu einem durch zusätzliche Sponsorenverträge und TV-Gelder. (IOC). So war IAAF-Gründungspräsident Sigfrid Ed- te der IAAF 1950 ein Verfahren eingeführt, welches gewichteten Abstimmungsverfahren gefordert wurde. Darüber hinaus wollte er IOC-Präsident Juan Antonio 8 IMPULSE 01 | 2019 9
Fall zunächst nicht. Erst durch öffentlichen Druck und italienische Untersuchungsergebnisse sah sich der Verband gezwungen, Evangelisti rückwirkend zu disqualifizieren. Obwohl es keine eindeutigen Beweise für eine direkte Beteiligung Nebiolos an der Manipulation gibt, zeigt der Umgang des IAAF mit dem Fall Evangelisti den fehlenden Willen, „die dunklen Seiten“ der Leichtathletik gezielt und syste- matisch zu bekämpfen, deutlich auf. Damit ist auch zu begründen, warum der IAAF den Internationalen Die Missstände im Internationa- Sportgerichtshof (CAS) nach seiner Gründung 1982 len Leichtathletikverband (IAAF) nicht anerkannte. Stattdessen wurde ein IAAF-in- haben sich über Jahrzehnte ternes Schiedswesen installiert, welches dem Ver- verfestigt. band ermöglichte, schwierige Konflikte ohne externe Einmischung zu lösen. Entsprechend fehlte es der internationalen Leichtathletik an Durchsetzungsme- chanismen und es entstand in vielen Bereichen ein Klima der Straffreiheit, das Fehlverhalten und Miss- wirtschaft wahrscheinlicher machte. Die diskutierten Beispiele zeigen, dass im IAAF seit Durchführung umfassender Dopingkontrollen kein ernsthaftes Interesse an Verfolgung von Dopingsün- dern bestand. Stattdessen gibt es Nachweise für die Beteiligung an korrupten und manipulativen Aktivi- Samaranch ausmanövrieren, um sich selbst als den system aufgeführt, ohne die eigennützige Politik der gewährleistet werden konnten. Nur wenige Wochen täten. Dies ist unter anderem damit zu erklären, dass Sportfunktionär zu präsentieren, der Südafrika wieder beteiligten internationalen Sportorganisationen zu später führte die Einführung neuer Testverfahren die Kommerzialisierung mit positiven Dopingkontrol- in die Sportgemeinschaft aufgenommen hat. hinterfragen. Die Verflechtung von Wirtschaftlichem durch Manfred Donike bei den Panamerikanischen len nicht zu vereinbaren war. und Politischem im Sport, von prägenden Persön- Spielen 1983 in Venezuela zur Flucht zahlreicher In seinem Vorgehen missachtete Nebiolo die innen- lichkeiten wie Nebiolo unermüdlich vorangetrieben, Athleten und insgesamt sechzehn positiven Doping- Auswirkungen auf heutige IAAF Politik politischen Entwicklungen in Südafrika und die vor- erlaubte es den Verbänden zunehmend „politisch“ zu tests. Obwohl die IAAF letztlich die Kontrollen aner- Die präsentierten Forschungsergebnisse machen herrschende Meinung internationaler Arbeitsgrup- agieren. Gleichzeitig wird bis heute an der Trennung kannte, kritisierte Nebiolo Donikes rigoroses Vorge- deutlich, dass in den 1980er Jahren im IAAF proble- pen, die 1990 und 1991 eine Wiedereingliederung von Sport und Politik festgehalten. hen in Venezuela heftig. matische Strukturen und Prozesse entstanden sind. als verfrüht betrachteten. Ungeachtet dessen schrieb Diese beeinflussen die Verbandspolitik bis heute. Im Nebiolo mehrmals an den südafrikanischen Präsiden- Doping und Manipulation Um einer möglichen hohen Zahl von Dopingfällen Rahmen der Doping-Affäre um Russland wurde der Dr. Jörg Krieger, ten F.W. de Klerck und an Nelson Mandela, um ihre 1928 war der IAAF der erste ISF, der eine Regelung bei der folgenden Weltmeisterschaft in Rom 1987 IAAF von einer unabhängigen Kommission der Welt geboren 1985 in Ochsenhausen, studierte Sportwissenschaften (B.A.), Unterstützung für eine Teilnahme Südafrikas an der gegen den Gebrauch von leistungssteigernden Sub- vorzubeugen, ließ Nebiolo im Vorfeld der Wettkämp- Anti-Doping Agentur (WADA) untersucht. Die Kom- International Sport Policy (M.A.) und Leichtathletik-Weltmeisterschaft 1991 zu gewinnen. stanzen einführte. Allerdings wurden konkrete Maß- fe Donike und seinen Kollegen Arnold Beckett als mission konnte darlegen, dass sich Nebiolos Nachfol- Olympic Studies (M.A.) in Liverpool, Als sich die südafrikanischen Leichtathletikverbän- nahmen zum Dopingnachweis erst Ende der 1960er Dopingkontrollverantwortliche ersetzen. Damit über- ger als IAAF-Präsident, der Senegalese Lamine Diack, Brighton und Köln. 2015 promovierte de gegen eine Teilnahme entschieden, versuchte der Jahre diskutiert und umgesetzt. Damit folgte der IAAF stimmte er eine Entscheidung des Medizinischen an der Vertuschung von positiven Dopingkontrollen er am Institut für Sportgeschichte der IAAF die Funktionäre abermals mit Entwicklungshilfe- dem IOC, welches Dopingkontrollen ab den Olympi- Komitees des IAAF. Schließlich kam es bei den Kon- beteiligte und gegen die Disqualifizierung positiv Deutschen Sporthochschule Köln, wo er bis vor kurzem als wissenschaftlicher Geldern in Millionenhöhe umzustimmen. Auch dieser schen Spielen 1968 durchführte. Während im 1972 trollen in Rom zu größeren Ungenauigkeiten in der getesteter russischer Athletinnen und Athleten aus- Mitarbeiter tätig war. Seit April 2019 Bestechungsversuch wurde abgelehnt. gegründeten Medizinischen Komitee des IAAF der technischen Umsetzung der Analyseverfahren, wel- sprach. Auch seine Söhne Papa Massata und Khalid ist er Assistant Professor in Sport and internationale Kampf gegen Doping bis Anfang der che auch auf die Umbesetzung zurückzuführen sind. waren an der Korruption beteiligt. Die historisch ge- Social Science an der Aarhus University Es ist weiterhin kritisch zu betrachten, dass Nebiolo 1990er Jahre unter der Leitung von führenden Wis- wachsene Kultur des Wegsehens bleibt entsprechend in Dänemark. im Anschluss an seinen gescheiterten Versuch alle senschaftlern wie Manfred Donike von der Deutschen Die vorliegenden Dokumente aus den 1990er Jah- bis heute erkennbar. » krieger@ph.au.dk sportpolitischen Initiativen zur Wiedereingliederung Sporthochschule Köln vorangebracht wurde, zeigte die ren deuten auf eine Fortsetzung in Nebiolos Anti- Südafrikas blockierte, um die Bedeutung des IAAF zu IAAF-Führungsebene wenig Interesse an der Durch- Doping-Politik hin, da er die Ernsthaftigkeit der Als Reaktion auf dieses Missmanagement und die unterstreichen. In einer Umkehr des vorangegangen setzung einer strikten Anti-Doping-Politik. Stattdes- Dopingproblematik weiter ignorierte. Er überließ Korruption auf der IAAF-Führungsebene wurden unter Kräftemessens versuchten nun de Klerck, Mandela sen weisen mehrere Vorfälle darauf hin, dass führende die wichtigsten Entscheidungen dem Medizinischen dem 2015 neu gewählten IAAF-Präsidenten Sebasti- und Samaranch den IAAF von einer Anerkennung ei- IAAF-Offizielle positive Dopingkontrollen missachtet Komitee unter der Führung des schwedischen Medi- an Coe weitreichende Reformen umgesetzt, die ei- nes vereinigten südafrikanischen Leichtathletik-Ver- und Manipulationen zugelassen haben, um kommerzi- ziners Arne Ljungqvist. Zudem äußerte sich Nebiolo nen bedeutenden strukturellen Umbruch im Verband bandes zu überzeugen, um eine Teilnahme Südafrikas ellen Schaden vom Verband abzuwenden. in der Öffentlichkeit regelmäßig kritisch über das darstellen. Zahlreiche Kontrollmechanismen wurden an den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona zu wachsende Interesse am Thema Doping. geschaffen und der Anti-Doping-Kampf durch die Im- ermöglichen. Schließlich „erkaufte“ sich Samaranch Bei den ersten Leichtathletik-Weltmeisterschaften plementierung einer „Athletics Integrity Unit“ formal Nebiolos Unterstützung, indem er ihn gegen einigen 1983 lehnte Nebiolo es ab, umfangreiche Doping- Ein Mangel an Integrität kann Nebiolo auch bei der ausgegliedert. Seit 2017 werden von der neu gegrün- Illustration: Sandra Bräutigam internen Widerstand als IOC-Mitglied vorschlug. kontrollen durchzuführen, um das positive Image Aufarbeitung eines Manipulationsskandals bei der deten Institution Dopingkontrollen überwacht sowie der Veranstaltung nicht zu schädigen. Dennoch gab Weltmeisterschaft 1987 vorgeworfen werden. Dort Manipulation und illegale Wettaktivitäten untersucht. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Rolle des IAAF und es zwei positive Dopingtests, bei denen verdäch- wurde von Offiziellen des italienischen Leichtathle- Dennoch bleibt abzuwarten, ob die neuen Maßnah- seiner Führungspersonen im Kontext internationaler tig hohe Testosteronwerte festgestellt wurden. Das tik-Verbandes der finale Versuch des Weitspringers men tatsächlich wirksam sind, da die Missstände im Beziehungen im Sport bisher unterschätzt wurde. IAAF-Konzil sprach sich aber gegen eine detaillierte Giovanni Evangelisti manipuliert. Der Betrug sicher- IAAF, wie in diesem Forschungsprojekt nachgewiesen, So wird die überhastete Wiedereingliederung Südaf- Analyse der Verdachtsfälle aus. Stattdessen äußer- te Evangelisti den dritten Platz. Obwohl dem IAAF- sich über Jahrzehnte verfestigt haben. rikas in die globale Sportgemeinschaft noch heute te sich Nebiolo im Anschluss an die Entscheidungs- Konzil und Nebiolo klare Beweise für die Manipu- als Grund für Missstände im südafrikanischen Sport- findung erleichtert, dass ‚dopingfreie Wettkämpfe‘ lation vorgelegt wurden, untersuchte der IAAF den Literatur bei dem Autor 10 IMPULSE 01 | 2019 11
eSportler im Fokus D er eSport fasziniert weltweit über 380 Millionen Zuschauer, vergibt Preisgelder in Millionenhöhe und der Sportwissenschaft rückt hierzulande immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Trotzdem befindet sich die sportwis- senschaftliche Forschung in diesem Bereich noch in den Anfängen. Erste Erkenntnisse bringt jetzt das eSport-Projekt des Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabi- litation der Deutschen Sporthochschule Köln. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse entstan- den bereits in der Vergangenheit Vorstudien und diverse Abschlussarbeiten zum eSport. Seit Ende 2017 wird das Institut durch die AOK Rheinland/Hamburg und das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung unterstützt. Das übergeordnete Ziel des eSport-Projekts ist es, das Trainings- und Gesundheitsverhalten Erfassung einer neuen Risikozielgruppe von eSportlern zu analysieren und Optimierungsmaßnahmen zu entwickeln. Text Chuck Tholl, Kevin Rudolf, Konstantin Wechsler, Ingo Froböse, Christopher Grieben 12 IMPULSE 01 | 2019 13
Hintergrund teils männlich (71%), zwischen 16 und 34 Jahren Laut dem Verband der deutschen Games-Branche alt, hat eine gute schulische Ausbildung und ein game spielt fast jeder zweite Deutsche (42%) Com- mittleres bis hohes Einkommen (GlobalWebIndex, puter- oder Videospiele (game & GfK Consumer Pa- 2018). Prognosen zufolge soll die weltweite Zahl nel, 2018). Dabei sind Männer (53%) und Frauen der eSport-Enthusiasten bis 2021 auf 250 Millionen (47%) fast gleichermaßen vertreten (game & GfK ansteigen und der Gesamtumsatz der Szene von etwa Consumer Panel, 2018). Vor allem Kinder und Ju- 900 Millionen Euro 2018 auf 1,6 Milliarden Euro gendliche sind Gaming-Fans. Knapp drei von fünf der 2021 anwachsen (newzoo, 2018). 12- bis 19-Jährigen spielen mehrmals pro Woche di- gitale Spiele (Medienpädagogischer Forschungsver- Trotz dieser Größe und Reichweite des eSports, ist bund Südwest, 2018). Dabei ist der Anteil, welcher bislang nur wenig über das Gesundheits- und Trai- mindestens einmal pro Monat spielt, bei den Jungen ningsverhalten der Athleten bekannt. Die aktuellen höher (95%) als bei den Mädchen (82%). Damit ist Erkenntnisse aus der Literatur bestehen meist aus das Gaming aus deutschen Haushalten nicht mehr Abschlussarbeiten oder einzelnen Erhebungen und wegzudenken. sind noch sehr inkonsistent. So weisen Studien da- rauf hin, dass in der professionellen eSport-Szene Der Begriff eSport ist dabei vom gewöhnlichen „Ga- zwar Ausgleichssport betrieben wird, aber oft ohne ming“ abzugrenzen. Der eSport beschreibt den or- konkrete Trainingsplanung oder sportwissenschaft- ganisierten und kompetitiven elektronischen Sport in Form von Computer- und Videospielen (Müller- Lietzkow, 2006). Im Gegensatz zum gewöhnlichen Gaming, liegt hier der Wettkampf mit anderen menschlichen Kontrahenten anstelle von computer- gesteuerten Gegnern im Fokus. Je nach Spielgenre herrschen dabei unterschiedliche Bedingungen und Reglements für die eSportler. Vergleichbar ist dies mit den unterschiedlichen Sportarten oder Diszipli- nen im klassischen Sport. Besonders beliebt ist der eSport ist Massenphänomen, Jugendkultur und Wettkampf in ei- digitale Wettkampf bei jungen Erwachsenen sowie nem. Der Begriff beschreibt den organisierten und kompetitiven Kindern und Jugendlichen. Schätzungen zufolge elektronischen Sport, bei dem sich ein oder mehrere Spieler in- gibt es in Deutschland 3 Millionen, weltweit sogar nerhalb von Video- und Computerspielen messen. Je nach Spiel- 165 Millionen eSport-Enthusiasten, also jene, die genre und -titel herrschen dabei völlig andere Bedingungen und selbst eSport praktizieren oder sich dafür interes- Reglements für die eSportler. Der Wettkampfgedanke steht immer sieren (newzoo, 2018). Diese Gruppe ist größten- klar im Vordergrund. 8,2% Gelegenheitsspieler 52,8% Hobby Spielerkategorie eSportler 33,0% eSport-Amateure 4,7% aktiver oder ehemaliger eSport-Profi n=1158 in % 0 10 20 30 40 50 60 Abb. 1 Verteilung der Befragten auf die vier Leistungsstufen des Gamings. eSport-Profi: Hobby-eSportler/in: Sie gehören zu den Besten Ihres eSport-Spiels und Sie spielen regelmäßig (mehrmals pro Woche) erzielen dabei regelmäßig nennenswerte Einkünfte Videospiele, jedoch ohne an Wettbewerben (durch Sponsoren, Organisationen oder Preisgelder) teilzunehmen eSport-Amateur/in: Gelegenheitsspieler/in: Sie spielen wettbewerbsmäßig Videospiele Sie spielen unregelmäßig (mehrmals ohne nennenswerte Einkünfte pro Monat oder seltener) Videospiele 14 IMPULSE 01 | 2019 15
Wie wirkt sich „...“ auf Ihre Leistung im eSport aus? Aus diesem Grund befasst sich das eSport-Projekt 0,3% 0,2% 0,3% des Instituts für Bewegungstherapie und bewe- 100 1,1% 1,4% 0,8% 6,4% gungsorientierte Prävention und Rehabilitation mit 18,4% dem Trainings- und Gesundheitsverhalten dieser 28,6% 80 21,5% besonderen Zielgruppe. Der Fokus liegt hierbei auf den eSportlern selbst. Die einzelnen Bausteine des Projekts sind: 60 » Erstellung eines Belastungs- und Anforderungs- in% 48,4% profils von eSportlern anhand objektiver und sub- 40 49,0% jektiver Messverfahren, » Entwicklung eines Best-Practice-Trainingskonzepts für Gamer und eines Präventions-Modellvorhabens 20 für eSportler 31,8% 70,5% 21,4% » sowie die Implementierung des Präventions- 0 Modellvorhabens in die Lebenswelt der Betriebe. körperlicher Fitness nächtlicher Schlaf ausgewogene Ernährung Star posi eicht posi Weder noch eicht nega Star nega In einem ersten Schritt wurde daher als Grundlage für die weiteren Projektbausteine das subjektive Gesund- heits- und Trainingsverhalten von eSportlern erfasst. Abb. 2 Subjektive Einschätzung zur Auswirkung des Gesundheitsverhaltens auf die eSport-Leistung (n=1093). Methode p=0,024 Design Die vorliegende Untersuchung stellt eine Quer- 50 schnittserhebung dar und beschäftigt sich aus- p=0,001 schließlich mit den Ergebnissen der deutsch- 40 landweiten Online-Umfrage unter eSportlern. Die dreimonatige Fragebogenerhebung verlief von Juli Spielstunden pro Woche bis Oktober 2018 und beinhaltete neben demogra- 30 fischen Angaben auch Fragen zum Trainings- und Gesundheitsverhalten. Der Umfragelink wurde auf 20 der Projektwebseite (www.esportwissen.de), auf eSport-Großveranstaltungen (u.a. ESL One Cologne), 27,7 28,5 21,8 in eSport-Online-Foren und Community-Seiten sowie 10 über Kontakte in der eSport-Branche (u.a. eSport- Vereine) und nicht-endemische Kontakte (u.a. DSHS- 0 Webseite) gestreut. (ehemalige) Profis Amateure Hobby-eSportler n = 56 n = 384 n = 611 Stichprobe Abb. 3 Spielzeit der Befragten in Abhängigkeit der Leistungsstufe (n=1051). Das erreichte Gesamtsample beträgt n=3.488, wovon 1.172 (33,6%) Datensätze in die Auswertung einflie- ßen. Einschlusskriterien waren ein fester Wohnsitz in Deutschland und das Beherrschen der deutschen Sprache. Um die eSport-Zielgruppe differenzierter liche Betreuung (Bäcker, 2016; Kari & Karhulahti, betrachten zu können, wurde die Stichprobe in un- 2016; Schulz, 2015). Ebenfalls wenig fundiertes Wis- terschiedliche Spielerkategorien unterteilt: Gelegen- sen ist über das Gesundheitsverhalten der eSportler heitsspieler, Hobby-eSportler, eSport-Amateure und bekannt. Zwar gibt es langsam ein Bewusstsein für (ehemalige) eSport-Profis (siehe Abb. 1). gesundheitliche Themen wie Ernährung, Schlaf und Regeneration, diese findet aber meist ausschließlich Messinstrument in der Profi-Ebene statt. Im Breitensportbereich ist Der Fragebogen beinhaltete Fragen in Anlehnung an die Lage noch undurchsichtiger, hier existieren an- standardisierte Messinstrumente zu den Themenbe- nähernd keine Daten im deutsch- oder englischspra- reichen der Demografie, des Gesundheits- und Vi- chigen Raum. Hinzu kommt, dass der eSport fast aus- deospielverhaltens, zum eSport-Training sowie zur schließlich sitzend stattfindet. Gerade diese langen persönlichen Einschätzung der Auswirkung des Ge- Sitzzeiten gelten mittlerweile als eigenständiger Ri- sundheitsverhaltens auf die eSport-Leistung. sikofaktor für die Gesundheit und sind verantwortlich für eine Vielzahl heutiger Zivilisationskrankheiten Statistik (Chau et al., 2013; Pandey et al., 2016; Rezende et Die Datenanalyse wurde mit dem Programm IBM SPSS al., 2016). 25 durchgeführt. Neben der deskriptiven Auswertung 16 17
Im Mittel geben die Probanden an, 1,4 (± 1,3) Por- fast ausschließlich sitzend stattfindet, ergeben sich Limitationen tionen Obst und 1,4 (± 1,1) Portionen Gemüse pro hierdurch lange Sitzzeiten (und dementsprechend Da die Befragung nicht nur online, sondern eben- Tag zu essen, 89% erreichen nicht die Ernährungs- weniger Zeit für Ausgleichssport). Demgegenüber falls auf Großveranstaltungen durchgeführt wurde, empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernäh- steht die (subjektive) körperliche Aktivität der Pro- sind Aspekte wie die soziale Erwünschtheit nicht rung (DGE), von fünf Portionen Obst und Gemüse banden. Hier gaben lediglich 55% der Befragten an, auszuschließen. Darüber hinaus sind Vergleiche der am Tag. Die eigene Schlafqualität wird von 18,2% mindestens 2,5 Stunden pro Woche körperlich aktiv Spielergruppen mit Vorsicht zu betrachten, da die der Befragten als „ziemlich schlecht“ eingestuft, zu sein, was den Mindestanforderungen für einen Gruppengrößen teils stark variieren. Des Weiteren auf einer Likertskala von sehr schlecht, ziemlich gesundheitsförderlichen Effekt der WHO entspricht handelt es sich zwar um einzelne validierte Messins- schlecht über ziemlich gut bis sehr gut. Die durch- (World Health Organization 2010). Allerdings trumente, jedoch wurde der selbstkonzipierte Frage- schnittliche Schlafdauer der eSportler beträgt 7,1 schätzt die große Mehrheit der Befragten ihren Ge- bogen in seiner Gesamtheit nicht extra auf Validität (± 1,3) Stunden pro Nacht. sundheitszustand gut bis ausgezeichnet ein. geprüft. Die Einschätzung der Probanden zur Auswirkung des Mit diesen Ergebnissen wurde erstmalig das Trai- Ausblick Gesundheitsverhaltens auf die eSport-Leistung fiel nings- und Gesundheitsverhalten von in Deutsch- Fast jeder zweite Deutsche spielt regelmäßig Video- überwiegend positiv aus. Der Einfluss der Dimensi- land lebenden eSportlern erfasst. Auffällig ist der spiele und mindestens 3 Millionen Menschen davon onen „körperliche Fitness“, „nächtlicher Schlaf“ und gutbewertete subjektive Gesundheitszustand der betreiben es kompetitiv, Tendenz steigend. Damit „ausgewogene Ernährung“ wurden jeweils mit min- Probanden, welcher trotz vermuteter langer Sitz- ist der eSport ein gesamtgesellschaftliches Phäno- destens 70% als positiv bewertet (siehe Abb. 2). zeiten und der teilweise fehlenden körperlichen men, welches in den kommenden Jahren noch weiter Aktivität angegeben wurde. Diese Selbsteinschät- wachsen wird. Daher ist es die Pflicht der Sportwis- eSportler sind jung, gebildet und zum Großteil Spielervergleich zung ähnelt den Angaben der 18- bis 29-Jähri- senschaft, aber auch anderer Disziplinen, sich mit männlich. Etwa dreiviertel der weltweiten eSportler Ein signifikanter Unterschied zwischen den Grup- gen in Deutschland. Mit steigendem Lebensalter, diesem neuen Forschungsfeld auseinander zu setzen. sind zwischen 16 bis 34 Jahren alt. pen der (ehemaligen) Profis und den Amateuren zu nimmt jedoch der subjektive Gesundheitszustand Insbesondere die Optimierung von Belastungsnor- den Hobby-eSportlern konnte bei den Spielstunden ab (Lampert, Schmidtke, Borgmann, & Poethko- mativen, Regeneration und Ernährung sollten im pro Woche nachgewiesen werden (siehe Abb 3). Müller, 2018). Fokus der Forschung liegen. Durch die hohen physi- Demnach spielen (ehemalige) Profis (p=0,024) und schen und psychischen Belastungen, der fehlenden Amateure statistisch signifikant mehr als Hobby- Grund hierfür könnte sein, dass sich die langen Trainingsplansteuerung sowie der mangelnden Ge- eSportler (p0,05). Ebenfalls konnten keine statistisch signifi- Stichprobe relativ gering ausfallen, wenn man wird eine intensivierte Forschung für diese Risiko- Zur Überprüfung statistischer Unterschiede zwi- kanten Unterschiede zwischen den Gruppen bezogen bedenkt, dass die durchschnittliche Videospielzeit zielgruppe benötigt. schen den Spielerkategorien wurden parametrische auf die Ernährung, körperliche Aktivität, Schlafzeit allein etwa vier Stunden pro Tag ausmacht. Das (t-test und ANOVA) und nicht-parametrische Tests und den Gesundheitszustand festgestellt werden würde bedeuten, dass die eSportler abseits des Ein Hauptziel solcher Untersuchungen muss sein, (Mann-Whitney-U und Kruskal-Wallis) herangezo- (alle p>0,05). Spielens an PC oder Konsole, nur weitere drei bis Belastungsnormative im eSport zu verbessern und gen. Unvollständige sowie auffällige Datensätze in vier Stunden pro Tag sitzen. Dies wäre ein sehr validierte Gesundheitsprogramme für eSportler zu der Plausibilitätsprüfung wurden ausgeschlossen. Zusammenhänge geringer Wert im Vergleich zur Allgemeinbevölke- entwickeln. In diesem Bereich forscht das Institut Bezogen auf die Spielerkategorie bzw. der Professi- rung und mit der Information, dass eSport aktuell für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Fotos: Norbert Levajsics/Unsplash; Sebastian Bahr; Deutsche Sporthochschule Köln Ergebnisse onalität des eSportlers, können leicht positive Kor- noch hauptsächlich im Sitzen stattfindet. Weiter Prävention und Rehabilitation bereits jetzt. Deskriptive Zusammensetzung der Stichprobe relationen mit den Spielstunden (r=0,148; p
Psychische Gesundheit von Trainern Eine Interventionsstudie Text Christian Zepp, Marion Sulprizio, Paul Schaffran, Michael Kellmann & Jens Kleinert 20
B urnout im Leistungssport 2012; Malinauskas, Malinauskiene & Dumciene, 2010; Olusoga, Butt, ist seit fast drei Jahrzehn- Maynard & Hays, 2010; Schliermann, Hagenah & Hörmann, 2002). ten ein Thema der Sport- Dies erschwert sowohl die Generalisierung auf deutsche Strukturen wissenschaft. Seit der ersten als auch die Ableitung praktischer Empfehlungen zur Prävention und Publikation, die sich mit Burn- Früherkennung. outprozessen im Sport beschäf- tigte (Caccese & Mayerberg, Die bisherigen Studien im Bereich des Trainerburnouts fokussierten 1984), hat dieses Thema zuneh- das Stressempfinden von Trainern (Fletcher & Scott, 2010; Schlier- mendes Interesse gefunden. Die mann, 2005) sowie den Zusammenhang von soziodemographischen Übersichtsarbeiten von Dale und (z. B. Alter, Geschlecht) und sportspezifischen (z. B. Sportart, Leis- Weinberg (1990), Goodger, Gore- tungslevel) Variablen mit der Ausprägung von Burnoutsymptomen. ly, Lavallee und Harwood (2007) Trainer sind täglich einer In einer Interviewstudie befragten Thelwell et al. (2008) Elitetrai- sowie Altfeld und Kellmann Vielzahl von Stressoren ner unterschiedlicher Disziplinen nach ihren persönlichen Stress- (2013) zeigen, dass die Anzahl ausgesetzt, und müssen quellen. Die Trainer gaben an, dass neben leistungsbezogenen von Burnoutstudien im Sport in gleichzeitig ihren emoti- (z. B. Instruktionsumsetzung von Athleten, Teamleistung) und organi- den letzten Jahren beständig ge- onalen und psychischen satorischen Stressoren (z. B. Trainings-/Wettkampfvorbereitung) der stiegen ist, zugleich aber auch, Zustand regulieren. internale und externale Leistungsdruck die Hauptbelastungsquellen dass die zu Grunde gelegten ausmachen. In einer Studie von Altfeld und Kellmann (2014) gaben Forschungskonzeptionen über- die befragten deutschen Trainer am häufigsten Konflikte mit Athle- wiegend stresstheoretisch ausge- ten, im privaten Umfeld und dem Vereins- bzw. Verbandsvorstand als richtet sind. Stressoren an. Kleinert und Sulprizio (2014) konnten zeigen, dass die Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse nach Autonomie und Trainer liefern täglich Höchst- Beziehung mit verringerten Burnoutwerten einhergeht; dementspre- leistungen ab und sind zahl- chend können bedürfnisbefriedigende, kompensatorische Verhaltens- reichen Stressoren ausgesetzt: weisen (wie z. B. Treffen mit Freunden) starke Belastungen ausglei- Auswahlsituationen bewältigen, chen (Sulprizio, Winkler & Kleinert, 2012). kurzfristig Entscheidungen fäl- len und Probleme lösen, die die Altfeld und Kellmann (2015) stellten zudem den Wert von Erholung, Leistungen ihrer Athleten beein- sozialer Unterstützung, sowie der Wahrnehmung der eigenen Jobsitu- flussen. Gleichzeitig müssen sie ation als wichtige Determinanten für emotionale Erschöpfung heraus. ihren eigenen emotionalen und In der Studie gaben hoch-erschöpfte Trainer an, ihre Trainertätigkeit psychischen Zustand so regulie- mit weniger Sinn zu sehen und sich in ihrer aktuellen Trainerpositi- ren, dass sie stets auf optimalem on weniger wohl zu fühlen. Zudem hat Frey (2007) in einer Studie Level agieren können (Thelwell, Niederlagenserien, Probleme im Familienleben und den Wunsch nach Weston, Greenless & Hutchings, mehr Freizeit als weitere Einflussfaktoren auf das Stressempfinden von 2008). In ihrem Überblicksartikel finden Goodger et al. (2007) zwar 23 Studien zum Trainerburnout, wovon jedoch bis auf zwei Un- Workshop Trainern und die Entwicklung von Burnout, Karrierebeendigung oder Kellmann, 2018). Darauf aufbau- tersuchungen alle an amerikani- beidem herausgestellt. Trainer mit einem intakten familiären und so- end wurden konkrete Maßnah- schen Collegetrainern, und nur in Follow-up-Gruppe zialen Umfeld nehmen Stresssituationen als weniger belastend wahr men zur Burnoutprävention bei Ausnahmefällen an Elitetrainern (Kelley, 1994; Kelley & Gill, 1993). Trainern entwickelt, erprobt und durchgeführt wurden. Altfeld evaluiert. In der vorliegenden Einzelbetreuung Kontrollgruppe und Kellmann (2013) verweisen Fasst man die aktuelle Forschungslage zusammen, so lässt sich festhal- Studie wurde untersucht, ob und in ihrem Literaturüberblick zum ten, dass eine Vielzahl an Faktoren zur Entstehung von Trainerburnout wie sich zwei unterschiedliche Trainerburnout auf die defizitäre beitragen. Die theoretischen Konzepte zur Erfassung dieser Faktoren Interventionsmaßnahmen auf Forschungslage im europäischen Workshop sind überwiegend stresstheoretisch ausgerichtet bzw. orientieren sich das Wohlbefinden, Burnouterle- und deutschen Raum – im eu- Wartegruppe auf Symptomatikebene an den drei Faktoren des Maslach Burnout In- ben und das Depressionsrisiko ropäischen Raum sind lediglich Einzelbetreuung ventars (emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung, reduzierte Leis- Burnoutprävention sollte von Trainern auswirken. sieben Studien zu finden (Gen- tungszufriedenheit; Maslach & Jackson, 1981). Bei der Entwicklung sich verstärkt an vorhande- cay & Gencay, 2011; Hjälm, von Interventionen zur Burnoutprävention sollte daher der Schwer- nen Risikofaktoren Methodik Kenttä, Hassmén & Gustafsson, punkt verstärkt auf Risikofaktoren gelegt werden. Im Rahmen eines orientieren. Design der Studie 2007; Karabatsos, Malousaris & Diagnostik Verbundprojekts der Ruhr-Universität Bochum und der Deutschen In der Studie wurden die Effek- Apastolidis, 2006; Lundkvist, Sporthochschule Köln wurden zunächst Risikofaktoren für Burnout in te von zwei Interventionsformen Gustafsson, Hjälm & Hassmén, Abb. 1 Untersuchungsdesign Frühstadien identifiziert (vgl. Schaffran, Kleinert, Altfeld, Zepp & untereinander und mit einer 22 IMPULSE 01 | 2019 23
Tab. 1 Deskriptive Daten zum Risiko eine Depression zu entwickeln und zur psychischen Gesundheit in der Gesamtstichprobe. Depressionsrisiko Psychische Gesundheit Min Max M SD Min Max M SD MZP1 0,00 5,00 1,48 1,23 2,00 20,00 11,89 5,32 MZP2 0,00 6,00 1,34 1,25 2,00 24,00 12,17 5,97 MZP3 0,00 4,00 1,15 1,17 1,00 21,00 12,94 5,73 Anmerkung: N = 65; n = 65 (MZP1), n = 61 (MZP2), n = 62 (MZP3). Kontrollgruppe verglichen: Die teilnehmenden Trainer wurden entwe- Kernsymptome einer Depression bei sich selbst wahrgenommen ha- der in Workshops oder im Rahmen von Einzelcoachings betreut und ben („Ich hatte wenig Interesse oder Freude an Dingen, die ich getan mit einer Kontrollgruppe verglichen. Vor und nach den durchgeführ- habe.“, „Ich habe mich niedergeschlagen, schwermütig oder hoffnungs- ten Interventionen wurden Fragebögen zur Erfassung des Burnout los gefühlt.“). Mit einem Summenscorebereich von 0-6 schlagen die Kontrollgruppe Interventionsgruppe und weiterer psychologischer Faktoren eingesetzt. Die Studie wurde Autoren einen Cut-Off Wert von ≥ 3 für ein relevantes Risiko von von der Ethik-Kommission der Deutschen Sporthochschule Köln ge- Depressionen vor (Kroenke & Spitzer, 2003). 1,55 nehmigt. Sportpsychologische Betreuungsqualität 1,50 Stichprobe Die Qualitätssicherung der sportpsychologischen Interventionen wur- Die Stichprobe bildeten 65 Trainer (76.9% männlich) mit einem de mit dem Fragebogen QS-17 (Kleinert & Ohlert, 2014) durchgeführt. durchschnittlichen Alter von M = 43.5 Jahren (Min. = 23 Jahre, Max. Der Fragebogen besteht aus 17 Items, die den drei Faktoren Betreu- 1,45 = 68 Jahre), aus 18 verschiedenen Sportarten (50.8% Mannschafts- ung (z.B. „Der Sportpsychologe weiß wovon er spricht.“), Skills (z.B. sport, 49.2% Individualsport). Von den teilnehmenden Trainern „Ich habe neue sportpsychologische Techniken kennen gelernt.“) und besaßen 3.1% eine internationale Trainerlizenz, 15.4% waren Dip- Leistung (z.B. „Ich glaube, das Erlernte und Erfahrene hilft mir auch in 1,40 lom-Trainer und 47.7% besaßen eine A-Lizenz. Die weiteren Trainer Situationen außerhalb des Sports.“) zugeordnet sind. Zusätzlich konn- besaßen eine B- (12.3%), C- (16.9%) oder Breitensportlizenz (4.6%). ten die Befragten in zwei offenen Fragen ergänzen, welche Aspekte Die Trainer waren zu 55.5% auf nationaler oder internationaler Ebene der Maßnahme sie besonders positiv fanden und an welchen Punkten Abb. 2 Interaktionseffekt zwischen der Interventionsgruppe (Workshop im Nachwuchs- oder Erwachsenenleistungssport, bzw. zu 44.5% auf sie noch Verbesserungspotential sehen. + Einzelbetreuung) und der Kontrollgruppe von Messzeitpunkt 1 zu 2. nationaler Ebene bis zur Regionalliga im Erwachsenen- und Nach- wuchsbereich tätig. Insgesamt wurden über verschiedene Kooperati- Methodisch-didaktische Planung und Durchführung onspartner mehr als 5.000 Trainer kontaktiert. Workshops Das Ziel der zwei je dreistündigen Workshops war den teilnehmen- Betreuung Skills Leistung Messinstrumente den Trainern die individuelle Arbeit an Themen, die für ihre psychi- Screening zur Burnoutprävention sche Gesundheit relevant waren, zu ermöglichen. Dies wurde sowohl Das von Schaffran et al. (2017) entwickelte Screeningtool zur Burn- über den Input der Workshopleiterin, als auch vor allem mit Hilfe 4,0 outprävention bezieht sich auf die vergangenen zwei Wochen und des ‚peer-orientierten‘ Lernens erreicht. Dies bedeutet, dass im Sinne umfasst die sieben Bereiche Allgemeine Beanspruchung, Übermü- eines Intervisionsprozesses die Trainer sich gegenseitig als ‚Experten‘ dung, Körperliche Beschwerden, Allgemeine Erholung, Gestörte Pau- wahrnehmen und der Austausch untereinander über ähnliche Proble- 3,0 se, Emotionale Erschöpfung und Ungestörte Freizeit. me und deren mögliche Lösung ein zentrales didaktisches Element der Workshop-Module darstellt; die Workshopleitung fungiert in diesem Psychische Gesundheit Prozess lediglich als Moderation. Der WHO-5 Well-Being Index (WHO-5; Blom et al., 2012; Bonsigno- 2,0 re, Barkow, Jessen, & Heun, 2001) misst das subjektive psychische In Workshop 1 erlangten die Trainer ein erweitertes Wissen darüber, Wohlbefinden. Die teilnehmenden Personen werden gebeten anzu- wie Stress entsteht und welche vor allen Dingen gesundheitlichen Fol- geben, wie sie sich in den letzten zwei Wochen gefühlt haben (z.B. gen Stress haben kann. Außerdem tauschten sie sich intensiv über „...war ich froh und guter Laune.“). Mit einem absoluten Summens- belastende und beanspruchende Situationen, ihre individuellen Er- 1,0 core von 0-25 wurde in einer repräsentativen deutschen Stichprobe fahrungen über Belastungssituationen und Beanspruchungserleben ein optimaler Cut-Off Wert von ≤ 9 für das Risiko bedeutsam einge- und den unterschiedlichen Auswirkungen auf ihre Gesundheit aus. In schränkter psychischer Gesundheit identifiziert (Löwe et al., 2005). Workshop 2 wurde das in Workshop 1 vermittelte und erweiterte Wissen zum Thema Stress im Trainerberuf noch einmal intensiv vertieft, sowie 0,0 Gesamt Einzelbetreuung Workshops Depressionsrisiko individuellen Erfahrungen und Beobachtungen zum Beanspruchungs- Der Patient-Health-Questionnaire-2 (PHQ-2; Kroenke & Spitzer, und Belastungserleben und den unterschiedlichen Auswirkungen auf Abb. 3 Darstellung der Betreuungsqualität allgemein in den beiden Interven- 2003; Löwe et al., 2005) wird häufig als krankheitsorientiertes Scree- ihre Gesundheit in den vergangenen vier Wochen ausgetauscht. In tionsformen, sowie aufgeteilt nach Einzelbetreuungen und Workshops (Skala: ninginstrument für Depressionen eingesetzt. Personen werden ge- beiden Workshops wurden verschiedene Entspannungs- und Erho- 1=trifft gar nicht zu, 4=trifft voll und ganz zu). beten anzugeben, wie häufig sie in den vergangenen zwei Wochen lungsverfahren besprochen, geübt und bei Bedarf vertieft. IMPULSE 01 | 2019 25
Einzelbetreuung Trainer in der Workshop-Gruppe die beiden Workshops (Woche 1 und Das Ziel der drei Einzelbetreuun- Woche 4) an der Deutschen Sporthochschule in Köln, sowie die drei gen war die im Vergleich mit den telefonischen Einzelbetreuungen der Trainer statt. Die Termine für die Workshops intensivere Auseinan- Einzelbetreuungen wurden individuell von dem betreuenden Sportpsy- dersetzung mit individuellen The- chologen mit den Trainern so gelegt, dass sie optimal in den Tagesab- men, die für die Trainer bezogen lauf der Trainer passten, um eine mögliche zusätzliche Beanspruchung auf ihre psychische Gesundheit so gering wie möglich zu halten. Eine Woche sowie drei Monate nach relevant sind. Die Betreuungen Ende der Interventionen wurden die Trainer wieder via E-Mail gebe- waren so konzipiert, dass neben ten, den Post-Fragebogen online zu bearbeiten. Nach Abschluss der einem möglichen Input zur psy- Interventionen erhielten alle Trainer (WS, EB, KG) den PsyGA Ordner chischen Gesundheit bei Trainern Die Ergebnisse zeigen, dass „Kein Stress mit dem Stress“ (Sulprizio & Kleinert, 2014). Abschlie- der Schwerpunkt auf der individu- positive Effekte auf die ßend wurden die Treatment-Effekte analysiert, und die entwickelten ellen Ressourcenorientierung und psychische Gesundheit von Interventionen auf ihre Akzeptanz von Seiten der Trainer überprüft. der Vermittlung von Stressbe- Trainern mit vergleichswei- wältigungstechniken lag. Neben se wenig Aufwand erzielt Ergebnisse der Erarbeitung und kritischen werden können. In Tabelle 1 ist die deskriptive Statistik zum Depressionsrisiko und der Reflexion von Belastungen sollte psychischen Gesundheit in der Gesamtstichprobe aller teilnehmenden daher der Fokus auf individuellen Trainer zusammenfassend dargestellt. Bewältigungsressourcen liegen, die die Trainer bei sich identifi- Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Interventionen von MZP zieren und wahrnehmen konn- 1 zu 2 kurzfristig in der Einzelbetreuungsbedingung zu signifikan- ten. Den Trainern sollte in den ten Verbesserungen in den Bereichen Allgemeine Beanspruchung Einzelbetreuungen verdeutlicht (z = -2.183, p = .029) und Gestörte Pause (z = -2.174, p = .030) führten. werden, dass sie bereits über ein Von MZP 1 zu 3 führten die Interventionen mittelfristig bei den Work- umfassendes Expertenwissen und shopteilnehmern in den Bereichen Gestörte Pause (z = -2.334, p = .020) einen Methodenpool verfügen, sowie tendenziell in Ungestörte Freizeit (z = -1.953, p = .051), und bei um damit die unterschiedlichen den Teilnehmern der Einzelbetreuungen in Allgemeine Beanspruchung Belastungen und Beanspruchun- (z = -2.248, p = .025) und Körperliche Beschwerden (z = -2.016, p = .044) shop oder als Einzelbetreuung durchgeführt werden. Angesichts der gen zu bewältigen. von MZP 1 zu 3 zu signifikanten Verbesserungen. relativ kleinen Untersuchungsgruppe lassen sich in der vorliegenden Dr. Christian Zepp Studie jedoch nur relativ große Unterschiede zwischen Workshop und Psychologisches Institut der Deutschen Untersuchungsverlauf Während es von MZP 1 zu MZP 2 einen Interaktionseffekt zwischen der Einzelbetreuung ausschließen – kleinere Unterschiede sind durchaus Sporthochschule Köln Die Trainer wurden randomi- Interventions- (Workshop und Einzelbetreuung) und der Kontrollgrup- denkbar. Wichtiger als die Form der Betreuung scheint allerdings, dass » c.zepp@dshs-koeln.de siert zwei Interventionsgruppen pe für das Depressionsrisiko (PHQ-2) gab (F(1) = 4.583, p = .037) gab, überhaupt eine Intervention angeboten wird, da sich unabhängig von Marion Sulprizio (Workshop (WS) vs. Einzelbe- konnten keine weiteren kurz- (MZP 1-2) oder langfristigen (MZP 1-3) der Methode positive Auswirkungen einer Betreuung auf die psychische Psychologisches Institut der Deutschen treuung (EB)) und einer Warte- Interaktionseffekte für die untersuchten Variablen identifiziert werden Gesundheit bei Trainern gezeigt haben. Sporthochschule Köln gruppe (WG) zugewiesen. Die WG (Abb. 2). » sulprizio@dshs-koeln.de fungiert als Kontrollgruppe und Die Ergebnisse der Interventionsstudie zeigen darüber hinaus, dass Prof. Dr. Jens Kleinert wurde in Phase 2 ebenfalls rando- Die unterschiedlichen Interventionsangebote in Form von Workshops eine Betreuung von Trainern mit vergleichsweise wenig Aufwand (z.B. Leiter des Psychologischen Instituts misiert den WS oder EB zugewie- und telefonischer Einzelbetreuung wurden von den Trainern insgesamt durch kurze Telefongespräche) zu positiven Effekten auf die psychische der Deutschen Sporthochschule Köln sen. Die Interventionen fanden sehr positiv beurteilt (vgl. Abb. 3). Besonders lohnend wurde bei den Gesundheit führen kann. Daher sollten Sportverbände sowohl in der » kleinert@dshs-koeln.de über einen Zeitraum von zweimal Workshops der Austausch mit Kollegen sowie die direkte Anwendbarkeit Traineraus- und -weiterbildung, als auch in der langfristigen Beglei- Fotos: Lena Overbeck; Shutterstock (2) Paul Schaffran vier Wochen statt, die von je der vermittelten Methoden und praktischen Hinweise wahrgenommen. tung ihrer Trainer entsprechende Maßnahmen integrieren und anbie- Fakultät für Sportwissenschaft, einer Woche zur Prä- bzw. Post- ten. Um einen möglichst großen Effekt auf die psychische Gesundheit Trainingswissenschaft, Ruhr-Universität Diagnostik umgrenzt wurden. Die Fazit von Trainern zu haben, sollten entsprechende Angebote nicht in oder Bochum Trainer wurden via E-Mail über Die Ergebnisse der Interventionsstudie zeigen, dass die Workshops und unmittelbar nach Ferienzeiten durchgeführt werden, um einer verzerr- » paul.schaffran@rub.de den Interventionsbeginn in der Einzelbetreuungen zu einigen kurz- und mittelfristigen Verbesserungen ten Wahrnehmung des Belastungs- sowie Beanspruchungszustands, Prof. Dr. Michael Kellmann kommenden Woche informiert. bei den identifizierten Risikofaktoren sowie einer Risikoreduktion eine und dadurch idealisierten Angaben zum Wohlbefinden, Burnouterleben Literatur bei den AutorInnen. Aus Fakultät für Sportwissenschaft, Leiter Gleichzeitig wurden sie gebeten Depression zu entwickeln führen. Unterschiede zwischen den verschie- und Depressionsrisiko, vorzubeugen. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, Gründen der besseren Lesbarkeit Sportpsychologie, Ruhr-Universität den Prä-Fragebogen online zu be- denen Interventionsgruppen konnten nicht nachgewiesen werden. Da- dass sich die Integration einer aktiven Gesundheitsförderung und Pri- wurde auf die gleichzeitige Ver- Bochum antworten. In den darauffolgen- mit gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass es bedeutsam ist, ob märprävention bei Trainern positiv auswirkt und so auch zu funktions- wendung männlicher und weibli- » michael.kellmann@rub.de den vier Wochen fanden für die Interventionen zur Förderung der psychischen Gesundheit als Work- fähigen Trainer-Athlet-Beziehungen beitragen kann. cher Sprachformen verzichtet. 26 IMPULSE 01 | 2019 27
Text Jürgen Mittag & Ninja Putzmann e r r e i c h t , Viel n w o n n e wenig ge ru ng o v e rn a n c e “ a ls Herausforde „Good G r d e u ts c h e n Sportverbände d e „Good Governance“ ist seit Beginn des 21. Jahrhunderts im Sport zu einem Schlagwort avanciert, mit dem nicht nur hohe Erwartungen sei- tens der Öffentlichkeit verbunden werden, sondern dem in wissen- schaftlicher Perspektive auch zunehmende Beachtung im Hinblick auf Fragen der Messbarkeit und Implementierung entgegengebracht wird. Die Berichterstattung über Sportgroßveranstaltungen und eine ein- gehendere Befassung mit den Akteuren der Sportpolitik haben dazu geführt, dass Fehlentwicklungen wie Spielmanipulationen, Betrug oder Bestechung, aber auch Missmanagement oder Vorteilsnahme im Sport zunehmend ins Blickfeld gerückt sind. War es zunächst das IOC, das im Zuge des Skandals um die Olympischen Winterspiele 2002 von Salt Lake City schwerwiegende Verfehlungen der Offiziellen einräumen musste, so erlebte die FIFA mit den Verhaftungen von Exekutivkomi- tee-Mitgliedern im Rahmen der Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 den Tiefpunkt ihrer Reputation. Der Ruf nach strukturellen Reformen in den internationalen Sportorganisationen ist seitdem nicht mehr verstummt und gehört zu den zentralen Themen der Sportpolitik. 28 IMPULSE 01 | 2019 29
Sie können auch lesen