In der Petruskirche in Heidelberg-Kirchheim (zuvor wurde eine Erwachsene getauft)
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1 Predigt am Sonntag Judika, den 26.3.2023 zu Mk 10,45-55 Geschwister - Marie Luise Kaschnitz bringt es mit einem gehalten von Pfarrerin Dr. Christiane Bindseil Gedicht auf den Punkt. in der Petruskirche in Heidelberg-Kirchheim Was anders heißt Geschwister sein (zuvor wurde eine Erwachsene getauft) als Abels Furcht und Zorn des Kain, als Streit um Liebe, Ding und Raum, Liebe Gemeinde, als Knöchlein am Machandelbaum. Bruder und Schwester, so haben sich Christinnen und Christen Und dennoch, Bruder, heißt es auch schon in den ersten Gemeinden genannt. die kleine Bank im Haselstrauch, Geschwister sind die Menschen, mit denen man sein Leben lang den Klageton vom Schaukelbrett, verbunden bleibt, egal was passiert. Geschwister sind die das Flüstern nachts von Bett zu Bett, einzigen Menschen, mit denen man ohne Ende streiten kann – den Trost - und sie bleiben Geschwister. Ich habe selber Brüder, und ich habe Kinder. Ich weiß wohl, wie anstrengenden Beziehung von Geschwister werden später fremd, Geschwistern sein können. vom eigenen Schicksal eingedämmt, Und immer wieder erzählen mir Menschen, wie sehr sie darunter doch niemals stirbt die wilde Kraft leiden, dass die Beziehung zu einer Schwester, vergiftet ist. Oder der alten Nebenbuhlerschaft, sogar ganz abgebrochen. Aber selbst in einem solchen Schmerz und keine andere vermag bleibt immer etwas Verbindendes. Und Gott sei Dank, es gibt so bittres Wort, so harten Schlag. auch die herzlichen Geschwisterbeziehungen, die durchs Leben Und doch, sooft man sich erkennt tragen.
2 und bei den alten Namen nennt, doch Teil der Familie. So, wie ich mich niemals auf wächst der Heckenrosenkreis. „entschwistern“ kann, kann ich mich nie mehr „enttaufen“. Du warst von je dabei. Du weißt. Die christliche Gemeinde ist eine Großfamilie, mit allem Segen, der dadrin steckt. Und mit allen Herausforderungen. Schon in Jesus hat diejenigen, die ihm nachgefolgt sind, als seine Familie den allerersten christlichen Gemeinden ist das Geschwistersein bezeichnet. Als seine wahre Familie, viel wichtiger als seine bisweilen ziemlich herausfordernd, auch im Neuen Testament Blutsverwandten. Und mindestens so unauflöslich miteinander wird immer wieder von Konflikten erzählt. Auch in unserem verbunden. Predigttext. Deswegen haben Christinnen und Christen in seiner Nachfolge Schon die zwölf ersten Jünger Jesu verstehen sich als schon sehr früh angefangen, sich als Geschwister zu bezeichnen. Geschwister und verhalten sich wie Geschwister. Ringen und Habe sich mit „Bruder“ und „Schwester“ angeredet. Und die rangeln immer wieder um ihre Rolle, um ihre Stellung. Zwei von Taufe bekam die Bedeutung der Aufnahme in dieser Familie. ihnen, sie sind sogar leibliche Brüder, kommen einmal heimlich Wer getauft ist, hat in jedem Christen, in jeder Christin, seinen zu Jesus. Hören wir aus Mk 10 die ersten Verse des Bruder, seine Schwester. Es spielt keine Rolle mehr, ob jemand Predigttextes. Einzelkind ist oder keine Kinder im eigenen Haushalt hat. In Christus sind die Kinder und die Geschwister nicht mehr zu Da gingen zu Jesus Jakobus und Johannes, die Söhne des zählen. Zebedäus, und sprachen: Meister, wir wollen, dass du für uns Die Aufnahme in diese große Familie ist nicht mehr rückgängig tust, um was wir dich bitten werden. Er sprach zu ihnen: Was zu machen. Ich kann mich von meiner Familie entfernen, ich wollt ihr, dass ich für euch tue? Sie sprachen zu ihm: Gib uns, kann im Ernstfall sogar den Kontakt abbrechen, aber ich bleibe
3 dass wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Das Entlastende ist: es ist normal, dass sich nicht alle immer nur Linken in deiner Herrlichkeit. lieb haben. Es gehört dazu, miteinander zu ringen und zu Die Frage wirkt schon fast unanständig. Aber sie scheint mir so streiten. Das Verbindenden bleibt. typisch für Geschwister. Zwei verbünden sich, um gemeinsam Aber doch kann es immer wieder geschehen, dass Frieden was Besseres zu bekommen als die anderen. Es gibt Unmut und aufleuchtet in dieser Familie. Frieden, wie Gott ihn gibt. Es Streit, und Jesus mittedrin. geschieht, dass Frieden strahlt aus den Augen der einzelnen Familienmitglieder, dass Frieden ausstrahlt in die Welt hinein. Ich möchte das Bild vom Gewistersein in der Gemeinde gerne Es kann gelingen, dass die Menschen drum herum merken: in stark machen. Es ist verheißungsvoll, anspruchsvoll und dieser Familie, da herrscht ein besonderer Geist; dass sie entlastend zugleich. Verheißungsvoll, denn es bedeutet: egal, wo nachfragen und sogar selber ein Teil werden wollen dieser auf der Welt ich bin – wenn ich eine christliche Gemeinde Familie. aufsuche, gehöre ich zur Familie. Ich darf jederzeit kommen, ich gehöre dazu. Das ist einfach großartig. Wie kann so ein Frieden werden? Jesus zeigt eine Weg dahin. Anspruchsvoll ist es, weil auch gilt: ich suche mir meine Einen Weg, der hindurchführt durch allen Geschwisterzwist und Geschwister nicht aus. Wer getauft ist, gehört dazu. Punkt. Egal durch allen Unfrieden dieser Welt. wie sympathisch mir die Person ist. Die Taufe begründet das Den beiden Brüdern, die zu seiner Rechten und zu seiner Linken Verwandtschaftsverhältnis. Es gilt: auch die Geschwister, die ich sitzen wollen, antwortet er: noch gar nicht kenne, gehören dazu. Und wenn ich sie kennenlernen, haben sie einen Platz in unserer Mitte, egal ob mir Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den das passt oder nicht. ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich
4 getauft werde? Sie sprachen zu ihm: Ja, das können wir. Jesus Für den großen Johann Wolfgang von Goethe sind die Dinge aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ganz einfach. ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde; zu sitzen aber zu meiner Rechten oder zu meiner Linken, Du mußt steigen oder sinken, das steht mir nicht zu, euch zu geben, sondern das wird denen Du mußt herrschen und gewinnen, zuteil, für die es bestimmt ist. Oder dienen und verlieren, Und als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über Jakobus Leiden oder triumphieren, und Johannes. Da rief Jesus sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr Amboß oder Hammer sein. wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und Diese Logik, die die Welt bestimmen will, ist mit Jesus schon ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch längst außer Kraft gesetzt. Jesus selbst sinkt hinab zu den Toten nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer – und steigt hinauf in den Himmel. Jesus leidet. Macht sich zum Diener sein; und wer unter euch der Erste sein will, der soll Amboß, auf den der Hammer die Nägel einschlägt, am Kreuz. aller Knecht sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht UND er triumphiert. gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele. Herrschen und gewinnen – oder dienen und verlieren? Nein, sagt Jesus. Probiert es aus, mit dem Dienen, und ihr werdet sehen: ihr Möglicherweise finden manche Menschen es ziemlich verrückt, gewinnt. Vor Gott. Ich mache es euch doch vor. sich taufen zu lassen. „Dienen“, das ist ein altes Wort. Ich finde es ein sehr Und tatsächlich – Jesus ver-rückt die Verhältnisse total und stellt ehrwürdiges Wort. sie auf den Kopf. Oder vielleicht – vom Kopf auf die Füße?
5 »Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein in meinem Namen. Und helft, die Sehnsucht nach meinem dienen.« Frieden in ihnen zu wecken. Und danach zu handeln. So antwortete Jesus einst dem Versucher in der Wüste. Gott allein sollst du dienen – wenn du Menschen dienst, dann machst Wir sind und bleiben Menschen und Geschwister vor Gott und du deutlich: ihr seid Gottes Ebenbilder. Indem du Menschen werden als solche immer wieder aneinander geraten. Aber wir dienst, erinnerst du sie an ihre göttliche Würde. Und wer sich sind Menschen, Gott zum Bilde geschaffen, wir sind gesegnete seiner göttlichen Würde bewusst ist, der wird tun, was Gottes Glieder in der Familie Jesu. Geschwister. Willen entspricht. Durch ihn kann Gottes Frieden Trost. Und: Du warst von je dabei. Du weißt. hindurchwirken. Die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Du weißt, wie Jesus uns diente, mit seiner Liebe. Bedingungslos. Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Lasst uns einander dienen, den Menschen dienen, dem Frieden Sagt Jesus. Und Gewalt erzeugt Gegengewalt und das Blut dienen. Immer wieder. Nach dem Vorbild Jesu. Mit Gottes Hilfe. schreit zum Himmel. Aber so ist es unter euch nicht, so soll es nicht sein unter euch. Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, Ihr braucht nicht darum zu kämpfen, die Besten zu sein, wie bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. Geschwister es sonst tun, denn das Allerbeste habt ihr doch sowieso, meine Liebe. Das Allerbeste seid ihr schon, Gottes Ebenbild. Dient den Menschen, dort, wo ihr lebt, und zeigt ihnen auf diese Weise, dass sie zu Gottes Ebenbild geschaffen sind. Dient ihnen
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