In Sport, Spiel und Bewegung

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In Sport, Spiel und Bewegung
Vermittlungskompetenz
in Sport, Spiel und Bewegung

         Tobias Vogt (Hrsg.)
In Sport, Spiel und Bewegung
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In Sport, Spiel und Bewegung
Vermittlungskompetenz in Sport, Spiel und Bewegung: Sportartspezifische Perspektiven

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In Sport, Spiel und Bewegung
Inhalt
                   Vorwort          ...................................................................................................................................................................................................   8
                   Tobias Vogt

             I Theoretische Einordnung                                                                         .................................................................................................................     11
             1 Zur Vermittlungskompetenz in Sport, Spiel und Bewegung                                                                                                                                    .........................   12
                   Tobias Vogt

             2 Zielgruppenspezifische Vermittlung:
               Inhalte, Methoden und Modelle ............................................................................................................... 29
                   Tobias Vogt & Daniel Klein

             II Vermittlungskompetenz in den Sportarten                                                                                                                              ..........................................      51
                   Volleyball
             3 Das Spielgemäße Konzept in der Volleyballvermittlung:
               Zeitgemäß interpretiert – immer noch aktuell .................................................................. 52
                   Jimmy Czimek & Simon Timmer

             4 Engagement durch Motivation – Möglichkeiten der
               Motivationsförderung im Volleyballunterricht an der Schule                                                                                                                                     ...................    60
                   Simon Timmer & Jimmy Czimek

                   Turnen
             5 Effizient, ästhetisch, sicher: Biomechanisches Grundverständnis
               als Fundament turnerischer Bewegungsvermittlung .............................................. 70
                   Jonas Rohleder, Maria Becker & Ilona Gerling

             6 Vermittlungswege im Gerätturnen: Förderung von Lernprozessen
               durch zielgruppenadäquaten Methodeneinsatz ............................................................. 93
                   Maria Becker, Ilona Gerling & Jonas Rohleder

                                                                                                                                                                                                                                                 5

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7 „Teamsport“ Turnen: Gegenseitiges Helfen und Sichern
                   zur Förderung sozialer Kompetenzen ........................................................................................... 106
                        Ilona Gerling, Jonas Rohleder & Maria Becker

                        Schwimmen
                 8 Vermittlungsinhalte einer umfassenden
                   schwimmerischen Grundbildung .......................................................................................................... 129
                        Ilka Staub & Inga Fokken

                 9 Handlungsoptionen und Potenziale
                   eines geöffneten Schwimmunterrichts –
                   wirkungsvoll und motivierend Schwimmen lehren ................................................. 149
                        Luis Ohlendorf & Ilka Staub

                 10 Das Show-Room-Prinzip mit und ohne Videofeedback –
                    individualisierte Schwimmtechnikvermittlung
                    im Schul-, Breiten- und Leistungssport ....................................................................................... 171
                        Lucas Abel, Andreas Bieder & Ilka Staub

                        Badminton
                 11 Vermittlung des Badmintonspiels am Beispiel
                    des Racketspeedmodells in Schule und Verein ............................................................. 189
                        Daniel Hoffmann

                 12 Fehlerkorrekturen im Badminton
                    aus funktionaler Perspektive ..................................................................................................................... 199
                        Daniel Hoffmann

                        Tennis
                 13 Eine kompetenzorientierte Einordnung
                    zur Tennisvermittlung im Sportunterricht ............................................................................. 207
                        Philipp Born & Ralph Grambow

       6

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Inhalt

             14 Moderne spiel- und wettkampforientierte
                Vermittlungskompetenz im Tennis ..................................................................................................... 218
                     Philipp Born & Dominik Meffert

                     Fußball
             15 Spielorientierte Vermittlung technisch-taktischer Aspekte
                im Sportspiel Fußball ............................................................................................................................................. 228
                     Martin Jedrusiak-Jung & Jörg Jakobs

             16 Ein Leitfaden für eine Lehrprobe zur Planung,
                Durchführung und Analyse im mannschaftstaktischen Rahmen
                am Beispiel Fußball ................................................................................................................................................... 238
                     Gerd Merheim & Hans-Jürgen Tritschoks

                     Kampfsport
             17 Vermittlungsmethoden: Kämpfen im Schulsport
                im Spannungsfeld zwischen Tradition und Nichtlinearität ....................... 245
                     Susen Werner, Swen Körner & Mario S. Staller

             18 Begrenzen für mehr Freiheit: Der Constraints-Led-Approach
                als trainingspädagogische Perspektive auf das Design
                von Lehr-Lern-Settings in- und außerhalb des Sports ........................................ 276
                     Swen Körner & Mario S. Staller

                     Autorenschaft                            ......................................................................................................................................................................     300
                     Index         ..................................................................................................................................................................................................    306
                     Bildnachweis                          ...........................................................................................................................................................................   320

                                                                                                                                                                                                                                                  7

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9             Handlungsoptionen und Potenziale
                           eines geöffneten Schwimmunterrichts
                           – wirkungsvoll und motivierend
                           Schwimmen lehren
                           Luis Ohlendorf & Ilka Staub

             Schwimmenlernen als anfänglicher und zentraler Auseinandersetzungsprozess mit dem
             Element Wasser sollte freudvoll und motivierend gestaltet werden, denn Sicherheit im
             und Freude am Wasser lassen sich nicht erzwingen, sondern entwickeln sich in den Ler-
             nenden, wenn die Lernumgebung richtig gestaltet ist (Rheker, 2010).

             Schwimmunterricht nach dem hier dargestellten Verständnis schafft daher eine Lernum-
             gebung, in der die Schüler selbstbestimmt vielfältige Erfahrungen sammeln und ihren
             individuellen Lernweg gehen können. Die Befriedigung des psychologischen Grundbe-
             dürfnisses nach Selbstbestimmung gilt als wichtige Voraussetzung für intrinsisch moti-
             viertes Handeln . Intrinsische Motivation ist jedoch nicht nur ein starker und nachhaltiger
             Antrieb für den Lernprozess, sondern beeinflusst die Qualität des motorischen Lernens
             auch direkt positiv (Wulf & Lewthwaite, 2016).

             Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse stellt das folgende Kapitel den geöffneten
             Schwimmunterricht als methodischen Ansatz des Anfängerschwimmunterrichts dar, in
             dem Schüler selbstbestimmt Schwimmen lernen. Es werden Möglichkeiten zur Unter-
             richtsgestaltung begründet dargestellt und anhand von Beispielen aus der Unterrichts-
             praxis verdeutlicht. Die so entstehenden Handlungsempfehlungen beschreiben einen
             Unterrichtsrahmen, aufbauend auf einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung
             (s. Kap. 8).

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Ohlendorf & Staub

                 9.1           Zum Verständnis von geöffnetem Schwimmunterricht

                 Geöffneter Schwimmunterricht ist ein Unterricht, der Rahmenbedingungen für intrin-
                 sisch motiviertes Verhalten im Wasser schafft und so optimales und nachhaltiges Lernen
                 fördern soll. Der Begriff geöffnet wird verwendet, um zu verdeutlichen, dass die Rahmen-
                 bedingungen auf das selbstbestimmte Handeln der Lernenden ausgerichtet sind. Das
                 fordert Organisationsformen und Strukturen, die Freiheit und individuelle Gestaltung
                 zulassen und somit als offen(er) bezeichnet werden.

                    Theoretischer Exkurs

                  Das Motivationsspektrum der Selbstbestimmungstheorie nach Ryan und Deci (2017)

                   Tab. 9.1.: Das Motivationsspektrum der Selbstbestimmungstheorie in Anlehnung an Ryan und
                   Deci (2017)

                                            Extrinsisch/
                       Autonomiegrad                           Regulation              Grund des Verhaltens
                                             intrinsisch
                       Selbstbestimmt/     Intrinsisch         Intrinsische         Interesse
                           autonom                             Motivation           Freude
                                                                                    Den Werten entsprechend
                                           Extrinsisch         Integrierte      Sinn und Notwendigkeit von Hand-
                                                               Regulation       lungen wurden erkannt (identifiziert)
                                                                                und werden in das eigene Wertesys-
                                                                                tem integriert.
                                                               Identifizierte   Handlungsgründe werden als sinn-
                                                               Regulation       voll und/oder notwendig wahrge-
                                                                                nommen.
                                                               Introjizierte        Schuld
                                                               Regulation           Scham
                                                                                    Angst vor Ablehnung
                                                                                    Ego
                                                               Externe              Belohnung
                       Fremdbestimmt/
                                                               Regulation           Bestrafung
                          kontrolliert

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

             Begründet ist dieses Konzept auf der Selbstbestimmungstheorie von Ryan und Deci
             (2017), die das Bedürfnis nach Selbstbestimmung als Grundlage für intrinsisch motivier-
             tes Verhalten erklärt. Je mehr sich eine Person als Verursacher der eigenen Handlungen
             und Erfahrungen erlebt, desto mehr können diese Handlungen und Erfahrungen als wert-
             voll und in Übereinstimmung mit den eigenen Werten und Interessen wahrgenommen
             werden und sind intrinsisch motiviert.

             Extrinsisch motiviertes Verhalten, hervorgerufen durch z. B. Belohnungs- oder Bestra-
             fungssysteme, zeichnet sich durch ein hohes Maß an Fremdbestimmung aus und gilt als
             weniger nachhaltig (Deci, Koestner & Ryan, 1999). In Bezug auf das motorische Lernen
             stellen Wulf und Lewthwaite (2016) fest, dass die Unterstützung des Bedürfnisses nach
             Selbstbestimmung das motorische Lernen verbessert und fordern dazu auf, motorische
             Lernprozesse so zu gestalten, dass über Wahlmöglichkeiten und eine autonomieunter-
             stützende Sprache das selbstbestimmte Handeln und die Motivation der Lernenden ge-
             fördert wird. Für die Unterrichtspraxis des Anfängerschwimmens ergeben sich hieraus
             Möglichkeiten der praktischen Gestaltung, die im Folgenden in Form von Handlungs-
             empfehlungen dargestellt werden.

                Theoretischer Exkurs

                Die OPTIMAL-Theorie nach Wulf und Lewthwaite (2016)

                Die OPTIMAL-Theorie (Optimizing Performance through Intrinsic Motivation and
                Attention for Learning) ist eine Theorie des motorischen Lernens, die den Einfluss
                der Motivation auf motorische Lernprozesse erklärt. Es werden zwei Voraussetzun-
                gen postuliert, die sich positiv auf die Motivation und motorische Lernprozesse
                auswirken:

                1) Eine positive Erwartungshaltung an die Ergebnisse einer Handlung (z. B. einer
                   motorischen Übung („Enhanced Expectancies“) wir handeln, wenn wir daran
                   glauben, positive (Lern-)Ergebnisse zu erzielen.

                                                                                                        151

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                        Diese positive Erwartungshaltung lässt sich u. a. durch folgende Faktoren be-
                        einflussen:

                             positives Feedback;
                             die wahrgenommene Aufgabenschwierigkeit;
                             die Vorstellung über die eigenen Fähigkeiten (Selbstkonzept).

                    2) Selbstbestimmtes Handeln, also das Gefühl, die Ergebnisse einer Handlung
                       selber herbeigeführt zu haben („Autonomy“)        wir handeln, wenn wir daran
                       glauben, positive (Lern-)Ergebnisse zu erzielen und das Gefühl haben, diese Er-
                       gebnisse selbst herbeigeführt zu haben.
                       Das Gefühl, selbstbestimmt zu handeln, lässt sich durch folgende Faktoren be-
                       einflussen:

                             Kontrolle über die Lernbedingungen durch die Lernenden;
                             Kommunikation der Lehrperson.

                    Schlussfolgerung:
                    Eine positive Erwartungshaltung gegenüber Ergebnissen einer (motorischen) Hand-
                    lung sowie selbstbestimmtes Handeln sind zwei wichtige Voraussetzungen für ge-
                    steigerte Motivation, diese Handlung auszuführen. Die Verbindung zwischen den
                    Zielen der Handlung und der Handlung selbst wird gestärkt, was zu verbesserter
                    motorischer Leistungs- und Lernfähigkeit führt („coupling of goals to action“).

      152

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

             9.2           Allgemeine Unterrichtsstruktur

             Für die Planung von geöffnetem Anfängerschwimmunterricht lässt sich der Unterricht
             grundsätzlich in drei organisatorische Einheiten unterteilen.

             1. Gemeinsame Rituale: Der Unterricht beginnt und endet mit der ganzen Gruppe mit
                wiederkehrenden Ritualen.
             2. Übungsphasen (in Kleingruppen): Für einen begrenzten Zeitraum von nicht mehr
                als 15 Minuten wird gezielt für bestimmte Teillernziele geübt. Hier bietet sich eine
                Unterteilung der Gruppe in leistungshomogenere Kleingruppen an, ist aber nicht
                zwingend erforderlich.
             3. Offene Phase in einer Lernlandschaft: Eine gut vorbereitete Lernlandschaft mit viel-
                fältigen Möglichkeiten, sich im Wasser auszuprobieren, hat einen hohen Aufforde-
                rungscharakter und schafft für jedes Kind individuelle Lern- und Explorationszugän-
                ge (Abb. 9.8).

             Die Wassertiefe für den hier vorgestellten Unterricht beträgt ca. 75-80 cm, sodass die
             Kinder stehen können. Grundsätzlich lassen sich die folgenden Empfehlungen auch im
             für Kinder nicht stehtiefen Wasser umsetzen, erfordern dann allerdings eine engere Be-
             treuung und Variation einiger Organisationsformen.

             9.3           Einen klaren Rahmen für selbstbestimmtes Handeln schaffen

             Begründung

             Die Begriffe Autonomie und Selbstbestimmung im Lernkontext führen leicht zu der An-
             nahme, Autonomieunterstützung im Unterricht bedeutet, die Schüler könnten völlig frei
             machen, was sie wollen. Im Anfängerschwimmen würde das bedeuten, dass die Lehrkraft
             die Schüler dauerhaft frei spielen ließe und sich lediglich um die Aufsicht kümmert und
             Material bereitstellt.

             Auch wenn solche Phasen durchaus ihre Berechtigung haben, sind sie nicht dauerhaft
             und ausschließlich mit einem zielgerichteten Schwimmenlernen zu vereinbaren (Wilke &

                                                                                                        153

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Ohlendorf & Staub

                 Daniel, 2007). Diese Arrangements fördern auch nicht zwingend das Gefühl der Selbst-
                 bestimmung der Lernenden. Eine klare Struktur und präzise Aufgabenstellungen sowie
                 Zielformulierungen in den Übungsphasen ermöglichen es den Schülern, den Lernfort-
                 schritt auf ihre eigenen Leistungen zurückzuführen und den Übungsprozess zu interna-
                 lisieren (Tab. 9.1).

                 Umsetzung

                          Ritualisierte Stundenbeginne und Abschlüsse.
                          Transparente Phasierung, sodass der Unterschied zwischen Übungsphasen und
                          offenen Spielphasen klar erkennbar ist.
                          Klar formulierte Teillernziele in der Übungsphase, die es den Schülern ermöglicht,
                          die Sinnhaftigkeit des Übens zu verstehen.
                          Eindeutige und verständliche Bewegungsanweisungen.

                    Praxisbeispiel

                    Anfangsritual

                    Als Anfangsritual lässt sich folgender Kinderreim gut nutzen:

                    Ene mene miste,
                    Es rappelt in der Kiste,
                    Ene mene meg,
                    Und wir sind weg!

                    Die Schüler stehen mit der Lehrkraft im Kreis in der Mitte des Beckens und tauchen
                    nach dem Aufsagen so gut sie können unter. Je nach Könnensstand kann das Un-
                    tertauchen mit kleinen Zusatzaufgaben verbunden werden:

                        Untertauchen mit Blubbern;
                        Augenzwinkern nach dem Tauchen, um das Wasser ohne Hilfe der Hände aus
                        den Augen zu bekommen;
                        sich auf den Boden setzen oder legen.

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

                Teillernziel Gleiten

                Der Sinn des widerstandsarmen Gleitens wird vielen Schülern deutlich, wenn sie,
                wie in Abb. 9.2 und 9.6 dargestellt, die Möglichkeit bekommen, ihre zurückgelegte
                Strecke zu messen und verschiedene Positionen zu erproben. Korrekturmaßnahmen
                an der Gleitposition schaffen eine direkte und sichtbare Verbesserung und lassen
                den Sinn der Übung deutlich werden.

                 Abb. 9.1: Der Start erfolgt in einer widerstandsarmen Gleitposition vom Beckenrand.

                                                                                                        155

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                     Abb. 9.2: Durch die Markierungen am Beckenrand erhalten die Kinder eine direkte Rückmel-
                     dung über die von ihnen erreichte Weite.

      156

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

             9.4           Wahlmöglichkeiten lassen – in Übungsphasen

             Begründung

             Es ist mehrfach belegt, dass sich das motorische Lernen verbessert, sobald den Schü-
             lern die Kontrolle über die Lernbedingungen gegeben wird (Sanli, Patterson, Bray & Lee,
             2012). Einflussnahme führt zur verbesserten Informationsverarbeitung und zur besseren
             Anwendung individueller Lernstrategien (Bund, 2004). Zusätzlich ist die Einflussnahme
             ein entscheidender Mechanismus zur Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Selbst-
             bestimmung und der damit einhergehenden Förderung der intrinsischen Motivation
             (Deci & Ryan, 2008; Wulf & Lewthwaite, 2016).

             Über verschiedene Wahlmöglichkeiten im Laufe des Übungsbetriebs der Unterrichtsstun-
             de bekommen die Schüler die Möglichkeit, Selbstkontrolle auszuüben (Abb. 9.3). Auch
             wenn diese Wahlmöglichkeiten mit dem eigentlichen Übungsgegenstand nichts zu tun
             haben und ihn scheinbar nicht beeinflussen, bleibt der positive Effekt auf die Motivation
             und darüber auf das motorische Lernen erhalten (Wulf & Lewthwaite, 2016).

             Umsetzung

             Wahlmöglichkeiten entstehen durch den Einsatz unterschiedlicher

                       Wege durch das Becken, die verschiedene Aufgaben beinhalten und sich an den
                       Stufen der schwimmerischen Grundbildung (s. Kap. 8) orientieren;
                       Materialien, wie z. B. verschiedenfarbige Tauchringe, Bälle oder Bausteine
                       (Abb. 9.7);
                       Bewegungsaufgaben, wie z. B. Gleiten in Bauch- oder Rückenlage mit verschiede-
                       nen Armpositionen (Abb. 9.6).

                                                                                                          157

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                    Praxisbeispiel

                    Organisationsform eines Übungsbetriebs

                    Im Gegensatz zur offenen Bewegungslandschaft ist der Übungsbetrieb oft stark reg-
                    lementiert. Das dargestellte Beispiel zeigt einen exemplarischen Aufbau, der unter-
                    schiedliche Wege, Materialien und Bewegungsaufgaben gut miteinander verbindet
                    und eine individuelle Impulsgebung zulässt.

                    1) Start, hier können von der Lehrkraft verschiedene Bewegungsaufgaben gestellt
                       werden (s. Kap. 8, Abb. 8.2).
                    2) Die Schüler dürfen sich für einen der beiden Rückwege entscheiden.
                    3) Gleitstation zur Erprobung verschiedener Gleitpositionen (s. Abb. 9.6)
                    4) Sprungstation mit der Möglichkeit, verschiedene Sprünge durchzuführen
                       (s. Abb. 9.5).
                    5) Untertauchen, unter Wasser ausatmen und in einem Reifen auftauchen und
                       Luft holen. So lässt sich das rhythmische Atmen erfahren.
                    6) Tauchstation mit verschiedenen Tauchgegenständen, die Tauchtiefe lässt sich
                       z. B. durch den Einsatz der Leitersprossen variieren (s. Abb. 9.7).

                    Eine alternative Form des Übungsbetriebs mit Schwerpunkt auf einer individualisier-
                    ten und strukturierten Rückmeldung wird in Kapitel 10.4 beschrieben.

                     Abb. 9.3: Gestaltungsmöglichkeit eines Übungsbetriebs mit verschiedenen Wahlmöglich-
                     keiten

      158

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

             9.5           Implizite Lernphasen ermöglichen –
                           in offenen Bewegungslandschaften

             Begründung

             Intrinsisch motiviertes Handeln drückt sich bei Kindern oft als Spiel aus (Meinel, Schna-
             bel & Krug, 2015). Während des freien Spiels verfolgen die Schüler unbewusst bestimmte
             Lernziele, dennoch machen sie eine Vielzahl an Erfahrungen und schaffen sich einen
             eigenen Zugang zum Bewegungsraum Wasser. Völlig selbstbestimmt tauchen sie unter,
             stoßen sich ab, öffnen vielleicht unter Wasser die Augen und fühlen sich zunehmend
             sicher im Umgang mit dem Element Wasser. Freien Spielphasen sollte daher in jeder Un-
             terrichtsstunde eine gewisse Zeit eingeräumt werden. Anregend gestaltete Bewegungs-
             landschaften, die dazu auffordern, sich mit dem Wasser vielfältig auseinanderzusetzen,
             bieten hier ideale Voraussetzungen.

             Diese Bewegungslandschaften bedürfen einer vorausschauenden Planung und sollten
             nicht dem Trugschluss zum Opfer fallen, dass Offenheit und Planung gegensätzlich zu
             verstehen sind (Zimmer, 2003).

             Umsetzung

                       Das Schaffen von Lernlandschaften mit unterschiedlichen Stationen ist eine gute
                       Möglichkeit, das freie Spiel anzuregen und für alle Lernenden Zugänge zu schaf-
                       fen (Abb. 9.8).
                       Die verschiedenen Stationen können sich an den vorgestellten Lerngelegenheiten
                       der schwimmerischen Grundbildung (s. Kap. 8) orientieren.

                                                                                                          159

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                    Praxisbeispiel

                    Offene Lernlandschaft

                    Eine offene Lernlandschaft (Abb. 9.8) mit den folgenden Stationen:

                    1) Schwimmstation: Ein Teil des Beckens wird für Schüler, die bereits erste
                       Schwimmversuche oder andere Formen der Fortbewegung selbstständig durch-
                       führen möchten, zur Verfügung gestellt.

                     Abb. 9.4: Die Möglichkeiten der Fortbewegung können von den Kindern frei gewählt wer-
                     den. Dabei steht die Lehrkraft für Anregungen und Beobachtungen zur Verfügung.

      160

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

                2) Sprungstation: Von einer Matte oder einem kleinen Podest können verschiede-
                   ne Sprungmöglichkeiten und -aufgaben ausprobiert werden. Springen ist eine
                   attraktive Beschäftigung, die einen spielerischen Zugang zum Wasser oft gut
                   gewährleistet.

                 Abb. 9.5: Die Lehrkraft sorgt an der Sprungstation für die Einhaltung der Sicherheits- und
                 Verhaltensregeln.

                                                                                                               161

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Ohlendorf & Staub

                    3) Gleiten: Drei Hütchen markieren verschiedene Streckenlängen. Die Schüler dür-
                       fen Gleitpositionen erproben und ihre eigene Strecke messen.

                     Abb. 9.6: Das Experimentieren mit verschiedenen Gleitpositionen führt zu Unterschieden in
                     der erreichten Weite und macht den Widerstand des Wassers direkt erfahrbar.

      162

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

                4) Tauchen: Ein Teil des Beckens wird für verschiedene Tauchspiele und Übungen
                   zur Verfügung gestellt. Tauchringe, andere Gegenstände und Reifen zum Durch-
                   tauchen schaffen vielfältige Anreize.

                 Abb. 9.7: Möglichkeiten zur Gestaltung einer Tauchstation (auch in Becken mit größerer
                 Wassertiefe realisierbar)

                 Abb. 9.8: Aufbau einer offenen Lernlandschaft mit vier Stationen

                                                                                                           163

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                 9.6           Autonomieunterstützend sprechen und Feedback geben

                 Begründung

                 Im Schwimmunterricht in der Schule und im Verein spielt die Art und Weise, wie die Leh-
                 renden mit den Schülern umgehen, eine große Rolle. Es ist ihre Aufgabe, ein Lernumfeld
                 zu schaffen, in dem die Schüler gerne und motiviert lernen.

                 Wird unterstützende Sprache verwendet, die Perspektive der Lernenden eingenommen
                 und Anweisungen gut begründet, kann von autonomieunterstützender Unterrichtsfüh-
                 rung gesprochen werden (Reeve, 2016). Diese wirkt sich positiv auf die Motivation und
                 damit auf das motorische Lernen aus (Chang, Chen, Tu & Chi, 2016; Shen, McCaughtry,
                 Martin & Fahlman, 2009; Wulf & Lewthwaite, 2016).

                 Umsetzung

                          Verzicht auf kontrollierende Formulierungen wie: „Du musst“ oder: „Ich möchte,
                          dass du . . .“;
                          Einsatz von autonomieunterstützender Sprache wie: „Probiere doch mal . . .“ oder:
                          „Du kannst es auch so versuchen“;
                          sachliches und gut begründetes Feedback (s. Kap. 10.1).

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

                Praxisbeispiel

                Korrektur zur Kopfsteuerung

                Bei Schülern, die in Rückenlage ihren Kopf stark zur Brust gebeugt haben, sinken
                die Beine oft stark ab, sodass ein effizientes Gleiten oder Schwimmen auf dem Rü-
                cken nicht möglich ist. Ein Feedback und ein Korrekturvorschlag im Sinne der Auto-
                nomieunterstützung könnte lauten:

                „Wenn dein Kopf so stark zur Brust geneigt ist, sinken deine Beine ab und das
                Schwimmen wird viel anstrengender. Probiere doch mal, etwas weiter nach oben/
                hinten zu schauen und teste, ob du so besser auf dem Wasser liegst.“

                Zusätzlich dazu können Gegensatzerfahrungen mit verschiedenen Kopfhaltungen
                dazu führen, dass die Lernenden die Wirkungsweise der Kopfsteuerung besser ver-
                stehen und die Übungen so internalisieren können.

             9.7           Individuelles Lerntempo zulassen

             Begründung

             Ein wichtiger Bestandteil von autonomieunterstützendem Unterricht ist, dass jeder Schü-
             ler nach seinem individuellen Tempo lernen kann (Reeve, 2016). Im Anfängerschwim-
             men unterscheiden sich die Fertigkeiten der Lernenden unter Umständen stark. Dieser
             Heterogenität der Lerngruppen gerecht zu werden, ist eine Herausforderung. Die uner-
             fahrenen Schüler dürfen nicht überfordert und die fortgeschrittenen nicht unterfordert
             werden, um den Lernfortschritt jedes Einzelnen sicherzustellen.

             Das ist nur zu gewährleisten, wenn die Lehrkräfte in der Lage sind, differenziert Aufga-
             ben zu stellen und das individuelle Lerntempo der Lernenden zu berücksichtigen. Ein
             geöffneter Schwimmunterricht, wie hier dargestellt, bietet gute Möglichkeiten, jedem
             Kind die nötigen Herausforderungen zu ermöglichen und gleichzeitig den Freiraum für
             eigenständige Lernprozesse in unterschiedlichen Lerntempi zuzulassen.

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Ohlendorf & Staub

                 Umsetzung

                          Strukturen schaffen, die Eins-zu-eins-Situationen von Lehrkräften zu Schülern er-
                          möglichen. So wird individuelle Diagnostik und Feedback möglich.
                          Für wichtige Teillernziele, wie das Untertauchen, in allen Unterrichtssituationen
                          Anreize schaffen.
                          Freiräume für implizites Lernen und exploratives Verhalten ermöglichen.

                    Praxisbeispiel

                    Untertauchen als zentrales Lernziel der schwimmerischen Grundbildung

                    Untertauchen gilt als das „Tor zum Schwimmen“ (Wilke, 1997, S. 16), es nimmt
                    also in Bezug auf das Schwimmenlernen eine Schlüsselrolle ein (s. Kap. 8.2). Für
                    Schwimmanfänger kann dieser wichtige Schritt aber eine große Hürde sein. Umso
                    wichtiger ist es, dass sie im Unterricht immer wieder ohne Zwang mit dem Tauchen
                    konfrontiert werden.

                    Aufgabe der Lehrenden ist es, eine Lernumgebung zu schaffen, in der Schüler immer
                    wieder mit dem Tauchen in einer Weise konfrontiert werden, die sie dessen Wert
                    erkennen lässt, sodass sie selbst tauchen wollen, denn dann haben sie das Tauchen
                    internalisiert. Im optimalen Fall ist das Tauchen Bestandteil jeder Phase und jedes
                    Spiels. Die Lernenden werden jedoch nicht gezwungen, zu tauchen und können
                    auch so am Unterricht teilnehmen.

                    Exemplarisch steht hierfür das Anfangsritual (s. Kap. 9.3). Dort dürfen die Schüler
                    selbst entscheiden, ob und wie weit sie untertauchen. Es ist also jedem Kind mög-
                    lich, zu Beginn der Stunde neu zu erleben, wozu es bereits in der Lage ist und was
                    ihm noch schwerfällt. Im Verlauf der Stunde erleben die unerfahrenen Schüler an-
                    dere Kinder, die durch das Tauchen den Bewegungsraum Wasser vielfältiger nutzen
                    und erkennen so schrittweise seinen Wert.

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

                In der Übungsphase werden für Schüler, die noch nicht tauchen können, Lerngele-
                genheiten geschaffen, die sie bestmöglich darauf vorbereiten (s. Kap. 8.2). Während
                des freien Spiels mit den Mitschülern kommt es oft zu Situationen, in denen ganz
                nebenbei Wasser ins Gesicht gelangt und untergetaucht wird (Abb. 9.4 und 9.5). So
                kann jeder Lernende sein eigenes Lerntempo und seinen eigenen Lernweg wählen,
                ohne von den Lehrenden unter Druck gesetzt zu werden.

                Lernkasten

                     Geöffneter Anfängerschwimmunterricht bildet einen Rahmen, in dem Schüler
                     selbstbestimmt das Schwimmen lernen können. Er fördert so die intrinsische
                     Motivation und schafft Voraussetzungen für eine individuelle, vielseitige und
                     effektive schwimmerische Grundbildung.

                     Das psychologische Grundbedürfnis der Selbstbestimmung und das daraus re-
                     sultierende Motivationsspektrum ist in der Selbstbestimmungstheorie von Ryan
                     und Deci (2017) begründet.

                     Die OPTIMAL-Theorie von Wulf und Lewthwaite (2016) erklärt den positiven
                     Zusammenhang von intrinsischer Motivation durch Selbstbestimmung und
                     motorisches Lernen.

                     Ein geöffneter Anfängerschwimmunterricht ist in die drei organisatorischen Ein-
                     heiten gemeinsame Rituale, Übungsphasen (in Kleingruppen) sowie offene
                     Lernlandschaften unterteilt.

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Ohlendorf & Staub

                        Es ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen:

                              Durch Rituale, gute Strukturierung und klare Zielformulierungen einen kla-
                              ren Rahmen für selbstbestimmtes Handeln schaffen.

                              Geleitete Übungsphasen erhalten durch Wahlmöglichkeiten z. B. der Wege
                              durch das Becken ein Element der Selbstbestimmung für die Schüler.

                              Durch geöffnete Lernlandschaften das implizite Lernen durch das Spielen
                              ermöglichen.

                              Autonomieunterstützend sprechen und Feedback geben, indem die Per-
                              spektive der Lernenden eingenommen und Anweisungen gut begründet
                              werden.

                              Individuelles Lerntempo zulassen, indem Eins-zu-eins-Situationen geschaf-
                              fen werden und exploratives Verhalten gefördert wird.

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Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts

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Ohlendorf & Staub

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