Infektionen durch Zecken - Nicht nur an FSME und Borreliose denken - Lab4more
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Immunologie 7006_Immunologie_I_Infektionen durch Zecken Infektionen durch Zecken Nicht nur an FSME und Borreliose denken Dipl.-Biol. Wolfgang Mayer D ieses Jahr wird mindestens mit einer ähnlich mögliche Träger von intrazellulären Bakterien oder hohen Zeckendichte in Deutschland gerech- Parasiten wie Babesien, Rickettsien, Bartonellen net wie im bereits außergewöhnlichen Jahr und Ehrlichien bekannt. Die assoziierten Erkrankun- 2018. Als Grund nimmt man die immer milderen gen nahmen in den letzten Jahren in der Tiermedizin Winter an. Ab einer Temperatur von ca. 8°C wer- deutlich zu, sind aber bei Menschen bisher selten. den Zecken aktiv, die Durchschnittstemperatur lag Trotzdem sollte die Möglichkeit einer solchen Infek- dieses Jahr z. B. im März mit 6,6°C noch einmal tion bei Zeckenstich und unklarer Symptomatik mit deutlich höher als im März 2018 mit 2,5°C. Der Kli- in Betracht gezogen und ggf. abgeklärt werden, vor mawandel führt neben einer verlängerten Aktivi- allem bei Patienten mit immunologischen Grunder- tätsphase der Zecken auch zu einem Überleben von krankungen oder geschwächtem Immunsystem. Die- neuen Zeckenarten. Neben dem gemeinen Holzbock se intrazellulären Erreger haben die Gemeinsamkeit (Ixodes ricinus), der bisher nur in wärmeren Gefil- Blutzellen zu befallen, diagnostisch schwer fassbar den wie dem Mittelmeerraum oder Afrika vorkam, zu sein und sich klinisch asymptomatisch bis chro- finden z. B. Hyalomma Zecke, Auwaldzecke (Der- nisch aktiv zu manifestieren. macentor reticulatus) oder Ixodes inopinatus durch Babesien: Es sind über 100 Arten bekannt, Über- Zugvögel den Weg nach Deutschland. träger ist z. B. die aus Süd- und Osteuropa stam- Die aktuelle Auswei- mende Auwaldzecke. tung der FSME Risi- Bei Babesien handelt kogebiete seit Januar es sich um einzellige 2019 und die laut Ro- intrazelluläre Parasiten bert-Koch-Institut im (Protozoen). Diese be- Jahr 2018 schon über fallen bei Wirbeltieren (z. dreißigmal in Deutsch- B. Mäuse, Rinder, Scha- land registrierte Hya- Abbildung 1: fe, Ziegen, Hunde, Rehe lomma, sind sympto- Zeckenart Hyalomma (Kenn- und Menschen) die Ery- matisch für die sich Abbildung 2: zeichen: gestreifte Beine) throzyten und führen zu rasch ändernde Situ- Die Auwaldzecke einer Hämolyse, ähnlich ation. wie bei Malaria. Die zu den Spinnentieren gehörenden Zecken sind nach Stechmücken die häufigsten Überträger von Die Infektionen verlaufen beim Menschen klinisch Infektionserkrankungen. Dabei reicht das Spekt- oft unauffällig, allerdings sind chronische Verläufe rum von viralen über bakterielle bis zu parasitären möglich. Typische Symptome sind Fieber, Müdigkeit Erregern. Weit über den gemeinhin bekannten FS- und Muskelschmerzen. Zu beachten ist die Übertrag- ME-Virus als Auslöser der Frühsommer-Meningoen- barkeit durch Bluttransfusionen, eine Behandlung cephalitis und die zu den Spirochäten zählenden mit Antiparasitika (z. B. Clindamycin/Chinin) ist ge- Borrelienarten mit dem klinischen Bild einer Borre- geben. liose (Lyme Arthritis/Neuroborreliose) hinaus, kön- nen auch tödliche Krankheiten durch Zecken über- Rickettsia rickettsii: Rickettsien sind gramnegative tragen werden, z. B. Fleckfieber oder Krim-Kongo Bakterien mit ausschließlich intrazellulärem Vermeh- Fieber durch Hyalomma-Zecken aus Asien und rungszyklus, Auslöser des Fleckfiebers mit starken Afrika. In den in Deutschland gefundenen Exemp- Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Erschöp- laren wurden allerdings diese Erreger bisher nicht fung, Muskelschmerzen. Sie werden durch nachgewiesen. Auch in Deutschland sind Zecken als Hundezecken und den gemeinen Holzbock www.lab4more.de
Immunologie 2/3 übertragen. In den USA sind sie sehr häufig, in bis zu schwüre, betroffen sind oft Waldarbeiter und Förster. 20 % der Fälle kommt es zu einer lebensbedrohli- Coxiella burnetii: Erreger des Q-Fiebers. Dieses chen Infektion, wenn nicht frühzeitig mit Antibiotika intrazelluläre, gramnegative Bakterium konnte behandelt wird. ebenfalls in Zecken nachgewiesen werden und ist Ehrlichien: Ehrlichien vermehren sich in M onozyten/ Erreger des Q-Fiebers. Der Erreger kann als Spo- Makrophagen. In Süddeutschland sind bis zu 5 % renform lange infektiös überleben, vor allem Schafe der Zecken Träger von Ehrlichien. sind Träger des Bakteriums. Die Infektion erfolgt in Klinische Symptome der Regel durch Inhalation des Erregers, kann aber der durch Ehrlichia auch durch Zecken (Auwaldzecke) auf Menschen chaffeensis verur- übertragen werden. Die Symptome sind ähnlich wie sachten humanen bei einem grippalen Infekt, oft verläuft die Infektion monozytären Ehr- asymptomatisch oder unbemerkt mit milder Symp- lichiose (HME) sind tomatik. CAVE: Meldepflichtige Infektion! Fieber, Schüttelfrost, Neoehrlichia mikurensis: Neoehrlichia ist ein im Kopfschmerzen, Myal- Abbildung 3: Der gemeine Jahr 2004 benanntes, obligat intrazelluläres Bak- gien, Arthralgien, Le- Holzbock Ixodes rhizinus terium, welches Neoehrlichiose auslösen kann. ber- und Nierenfunk- Unspezifische Symptome sind Fieber, Muskel- und tionsstörungen. Gelenkschmerzen mit Gefäßkomplikationen. Bis zu Überträger sind meist Schildzecken, zu denen auch 10 % der Zecken sind befallen. Der Erreger spricht der gemeine Holzbock gehört. gut auf Antibiotika (Doxycyclin) an, ist allerdings Die Seroprävalenz von Anti-HME-Antikörpern in schwer nachweisbar. Für immunsupprimierte Patien- Deutschland liegt bei bis zu 3 % in der Normalbe- ten kann eine lebensbedrohliche Infektion entstehen. völkerung und bis ca. 20 % bei Risikopersonen. Labordiagnostisch ist eine CRP Erhöhung erkennbar Antibiotika (Doxycyclin oder Tetracyclin) sind bei ei- mit Leukozytose, Neurophilie, Anämie. ner Infektion das Mittel der Wahl. Grundsätzlich verlaufen Infektionen mit diesen Anaplasmose (Anaplasma phagocytophilum): Erregern in vielen Fällen klinisch unauffällig oder Anaplasma ist ein intrazelluläres Bakterium, das mild, haben aber das Potential einer Chronifizie- durch Schildzecken übertragen wird und zur glei- rung oder schwerer Manifestationen, besonders bei chen Ordnung wie Rickettsien gehört. Es infiziert immungeschwächten Patienten (z. B. rheumatoide Granulozyten und kann zur Erkrankung der Huma- Patienten, HIV-Infizierte, ältere Menschen, Kinder, nen Granulozytären Anaplasmose (HGA) führen, die Patienten mit Stresserkrankungen). ein ähnliches klinisches Bild wie die HME aufweist. Labordiagnostik Die Mehrzahl der Infektionen verläuft subklinisch. Die Diagnostik ist in der Regel schwierig: Goldstan- Bartonellen: Bartonellen sind intrazelluläre Bak- dard der aktiven Infektion ist der Erregernachweis. terien, wobei Bartonella henselae die Bartonellose Da die klassische Mikroskopie im Blutausstrich (Katzenkratzkrankheit) auslöst. Erreger können, oder mikrobiologische Anzucht der Erreger sich außer durch Zecken, auch über Kratzverletzun- manchmal schwierig bis unmöglich erweist, haben gen von befallenen Haustieren übertragen werden. hier molekularbiologische Verfahren (PCR) klare Symptome sind primär lang anhaltende Lymphknoten- Präferenz. Allerdings sind die Erreger im Blut nicht schwellungen, daneben ggf. Fieber, Gliederschmerzen, in allen Phasen nachweisbar, so dass ein negati- rezidivierende Übelkeit, Leber-/Milz-Schwellungen. Die ver Befund keinen sicheren Ausschluss bedeutet. Infektion verläuft meist harmlos, bei chronischen Ebenfalls kann natürlich ein Erregernachweis in der Verläufen können allerdings Nervensystem, Knochen, fraglichen Zecke direkt durchgeführt werden. Im Herz oder Lunge befallen werden. positiven Fall ist dies natürlich kein Infektionsnach- weis, kann allerdings zu einer sehr gezielten weite- Francisella tularensis: Dieses Bakterium kann ren Diagnostik hinleiten. Im negativen Fall dagegen Tularämie (Hasenpest) auslösen. Charakteristisch ist es ein klarer Ausschluss einer Infektion durch sind starke Lymphknotenschwellungen und Hautge- diese Zecke. www.lab4more.de
Immunologie 3/3 Diagnostisch verwertbare Antikörpertiter treten erst 1. Erregernachweis in der Zecke bis zu 4 Wochen nach Krankheitsbeginn auf und PCR basierter Nachweis von persistieren dann über Jahre. Somit sind Antikörper ¾¾ FSME nur sehr bedingt für die Diagnose einer akuten oder ¾¾ Borrelien (Borrelia burgdorferi/miyamotoi/ chronisch aktiven Infektion geeignet, allenfalls zur hermsii/afzelii/garinii/lusitaniae/spielmanii), nachträglichen Bestätigung einer stattgefundenen ¾¾ Rickettsie (spp) Infektion. ¾¾ Babesien (microti/divergens) An dieser Stelle kann der Nachweis einer erregerspe- ¾¾ Ehrlichien (chafeensis/muris) zifischen T-Zell-Antwort im zellulären Funktionstest ¾¾ Anaplasma phagocitophylum (ITT) wertvoll sein. Der Nachweis peripher zirkulie- Achtung kein Infektionsnachweis, ggf. Folgediag- render T-Zellen stellt weit besser als der Antikörper- nostik aus Blut notwendig nachweis einen Spiegel der akuten Auseinanderset- Material: aus der isolierten Zecke zung der Immunabwehr mit Erregern dar, zu denen normalerweise kein rezidivierender Kontakt besteht. 2. ITT Zeckenassoziierte Als labordiagnostische Optionen zum Screening Infektionen bei Verdacht auf zeckenübertragene Erkrankungen T-Zell-Immunantwort erregerspezifisch für können deshalb folgende Untersuchungen herange- Borrelien, Babesien, Bartonellen, Ehrlichien zogen werden: Material: Heparinblut, max. 24 h Lab4more GmbH • Augustenstraße 10 • 80333 München • Tel.: +49 (0) 89 54 32 17 0 • email: info@lab4more.de • www.lab4more.de
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