Ins Off zu Lehren ist wie liebevoll-aufwändiges Kochen für Freunde, ohne das Verspeisen zu erleben - Zeitschrift MedienPädagogik
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MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung www.medienpaed.com ISSN 1424-3636 Themenheft Nr. 46: Eltern – Pädagog*innen – Medienkompetenzen. Eltern und Pädagog*innen zwischen Aneignung und Vermittlung von Medienkompetenz. Herausgegeben von Thorsten Naab, Alexandra Langmeyer, Ruth Wendt und Jessica Kühn ‹Ins Off zu Lehren ist wie liebevoll-aufwändiges Kochen für Freunde, ohne das Verspeisen zu erleben› Medienpsychologische Perspektive auf das Lehren in Zeiten einer Pandemie Astrid Carolus1 , und Catharina Münch1 1 Julius-Maximilians-Universität Würzburg Zusammenfassung Die COVID-19-Krise offenbarte Mängel in der Digitalisierung der Schulen, die seither in- tensiv diskutiert wurden. Diese Studie argumentiert für eine Perspektiverweiterung, die über die Ebene der technischen Ausstattung hinausgeht: In der Analyse des Verhaltens, der Kognitionen und Emotionen von Lehrkräften wird ein forschungsheuristisch frucht- barer Ansatz für die Untersuchung von Faktoren erkannt, die der mangelnden Digitalisie- rung potenziell zugrunde liegen. In einer Kombination aus einer qualitativen und quan- titativen Onlineerhebung fragt die Studie N = 50 Lehrkräfte nach ihrem Umgang mit dem Fernunterricht während der COVID-19-Pandemie sowie nach ihrer Perspektive auf digita- le Medien und Technik. Die Ergebnisse geben einen Einblick in die medienbezogene Un- terrichtsgestaltung in der COVID-19-Krise, die Bewertung des Fernunterrichts, weiter in die Nutzung und Bewertung von Medien. Zudem wird gezeigt, dass zwei psychologische Faktoren – «Persönliche Entfaltung» und «Änderungsbereitschaft» – signifikant mit der Technikbereitschaft der Lehrkräfte zusammenhängen. Die Studie leistet insgesamt einen ersten Beitrag zur Analyse der Situation der Lehrkräfte in der gegenwärtigen Pandemie und präsentiert Implikationen sowohl für zukünftige Forschung als auch für die Praxis der Fortbildung der Lehrkräfte. This work is licensed under a Creative Commons http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Attribution 4.0 International License Carolus, Astrid, und Catharina Münch. 2022. «‹Ins Off zu Lehren ist wie liebevoll-aufwändiges Kochen für Freunde, ohne das Verspeisen zu erle- ben›. Medienpsychologische Perspektive auf das Lehren in Zeiten einer Pandemie». MedienPädagogik 46, (Parents - Educators - Literacy), 198–231. https://doi.org/10.21240/mpaed/46/2022.05.13.X.
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung ‹Teaching Offline is like Lovingly Elaborate Cooking for Friends, without Experiencing them Actually Tasting›. Mediapsychological Perspective on Teaching during a Pandemic Abstract COVID-19 shed light on the limitations of digitalization at school, which have been intensively discussed since then. This study argues for a widening of perspectives, which goes beyond the level of technical equipment: The analysis of teachers’ behaviour, cognitions and emotions is presented as a heuristically fruitful approach to study the underlying factors of the lack of digitization. A combination of a qualitative and quantitative online survey asks for N = 50 teachers’ engagement with distance teaching during COVID-19 pandemic and their perspectives on digital media and technology. The results provide insight into media-related design of teaching during the COVID-19 crisis, evaluation of distance learning, and into their use of media and their evaluations of media. In addition, it is shown that two psychological factors – «personal development» and «willingness to change» – are significantly related to teachers’ technology readiness. Overall, the study makes a first contribution to the analysis of the situation of teachers in the current pandemic and presents implications for both future research and continuing education of teachers. 1. Einleitung Spätestens mit Beginn der COVID-19-Krise zeigte sich, was die einen längst wussten, andere aber vehement ablehnten oder nicht wahrhaben wollten: Die Digitalisierung betrifft nahezu alle öffentlichen und privaten Bereiche unseres Lebens – auch die Schule (Bertelsmann Stiftung 2017; Heuermann, Engel, und von Lucke 2018). Ins- besondere für die sogenannten «digital natives» sind digitale Endgeräte, allen vor- an ihre Smartphones, zu ständigen Begleitern geworden (Carolus u. a. 2019; Knop u. a. 2015): 97 % der 16- bis 18-Jährigen und immerhin 39 % der 6- bis 13-Jährigen besitzen ein Smartphone, das für die Mehrheit mit Abstand das wichtigste Medien- gerät darstellt (Feierabend, Rathgeb, und Reutter 2019; Feierabend, Rathgeb, und Reutter 2020). Obwohl fast alle Schülerinnen und Schüler heutzutage Zugang zu ei- nem Smartphone oder Laptop haben (99 % der Haushalte von Sechs- bis 13-Jährigen sind mit diesen Geräten ausgestattet; Feierabend u. a. 2021) und damit viele Funk- tionen wie z. B. eine schnelle Suche nach Informationen nutzen können (Kim und Shin 2013), sind digitale Medien kaum im schulischen Alltag der Kinder vertreten: Nur 16 % bzw. 9 % der 8- bis 9-Jährigen nutzen im Schulunterricht einen Laptop bzw. ein Smartphone (Feierabend u. a. 2021). Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 199
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Der Integration digitaler Medien in den Unterricht stehen viele Lehrkräfte und auch Eltern immer noch kritisch bis ablehnend gegenüber (Gebel u. a. 2018; Knüsel Schäfer 2020; Lorenz, Endberg, und Eickelmann 2017). Für sie gilt das normative «Pri- mat geschriebener und gedruckter Texte als vermeintlich qualitativ bessere Medien» (Marci-Boehncke 2018, 51). Demgegenüber stehen – bereits vor Covid-19 – Bemühun- gen, die Medien- und Digitalkompetenz der Schulen zu erhöhen. 2016 verabschiede- te die Kultusministerkonferenz die Strategie «Bildung in der digitalen Welt», entspre- chend wird beispielsweise auf den Webseiten des bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus der «verantwortungsbewusste, reflektierte und effektive Um- gang mit Medien […] als vierte Kulturtechnik» besprochen (Kerres 2017). 2019 einig- ten sich Bund und Länder auf den DigitalPakt Schule und stellten 5 Milliarden Euro «für eine bessere Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik» bereit. Die Heraus- forderungen der Digitalisierung scheinen zwar erkannt und mit ersten Massnahmen adressiert, gelöst sind sie allerdings nicht, was zuletzt die Covid-19-bedingten Schul- schliessungen offenbarten: Von den Milliarden des Digitalpakts war zu Beginn der Krise erst ein Bruchteil abgerufen (Bitkom 2020), als entsprechend begrenzt wurden die technische Ausstattung der Schulen, Schülerinnen und Schüler sowie die Mög- lichkeiten für digitales Unterrichten diskutiert (z. B. Bender 2021; Kwik 2020; Spiegel 2019; Süddeutsche Zeitung 2020; Wacker, Unger, und Rey 2020, 90). Weite Teile der gesellschaftlichen Diskussionen sowie der politischen Lösungs- ansätze enden bei dieser Frage der Ausstattung. So auch der Schulgipfel im Septem- ber 2020, der die Anschaffung von «Dienstlaptops» als zentrales Ergebnis verkündete (tagesschau.de 2020; Wirtschaftswoche 2020). Aus einer wissenschaftlichen Perspek- tive werden dabei die medienbezogenen Kompetenzanforderungen vernachlässigt, die digitaler Unterricht an die Lehrkräfte und ihre professionelle Handlungskompe- tenzen stellt. Die technische Ausstattung allein macht aber noch keinen Unterricht. Folglich sind nicht nur technische Rahmenbedingungen, sondern die Kompetenzen der Lehrkräfte entscheidend. Allerdings: Die Fähigkeit für eine bestimmte Verhal- tensweise bedeutet nicht automatisch, dass das Verhalten – der Einsatz von digita- len Medien im Unterricht – tatsächlich ausgeführt wird. Neben Rahmenbedingungen wie Unterstützung durch die Schulleitung, sozialer Einfluss, erwarteter Mehrwert, geschätzter Aufwand und Selbstwirksamkeit, sind auch auf den Einsatz digitaler Me- dien im Unterricht bezogene Einstellungen und Überzeugungen entscheidend – so- wohl für die Nutzungsabsicht als auch für die tatsächliche Nutzung von Medien im Unterricht (Tappe 2019; Gerthofer und Schneider 2021). Während in diesem Zusammenhang zumeist die Medienkompetenz von Lehrkräf- ten adressiert wird, fokussiert der vorliegende Beitrag insbesondere den Einfluss von Einstellungen und Überzeugungen der Lehrkräfte. Dazu werden eine pädagogische und eine (medien)psychologische Sichtweise kombiniert, um nicht nur die Medien- nutzung der Lehrkräfte während der COVID-19-Krise, sondern auch die ihrem Verhal- ten zugrundeliegende Kognitionen und Emotionen zu analysieren. Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 200
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 2. Kompetenzen und Einstellungen von Lehrkräften Laut Baumert und Kunter (2006) wirken professionelle Handlungskompetenzen von Lehrkräften als Einflussfaktoren auf die Qualität des Unterrichts sowie auf die Lern- erfolge und Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden. Unter dem Begriff Kompe- tenz werden dabei allgemein «Dispositionen, Bedürfnisse, Fähigkeiten zur Stillung von Bedürfnissen und daraus entwickelbaren Fertigkeiten, d.h. von anthropolo- gischen (evolutionären) Vorgaben und ihrer Verwirklichung durch Lernangebote» verstanden (Lepenies 1971, 29). Ein Teilaspekt der professionellen Kompetenz von Lehrkräften ist die medienpädagogische Kompetenz (vgl. u. a. Blömeke 2000; Herzig 2007). Im Rahmen der Konzeptualisierung medienpädagogischer Kompetenz von Lehrkräften wurden in den letzten Jahren unterschiedliche Kompetenzmodelle mit unterschiedlichen Fokussen und Abstufungen formuliert (Schmid und Petko 2020). Im deutschen Sprachraum häufig genutzt wird das Modell der medienpädagogischen Kompetenz von Blömeke (2000; 2005), welches die Facetten medienerzieherischer, mediendidaktischer, organisationsbezogener und sozialisationsbezogener Kompe- tenzen sowie die persönliche Medienbildung und die Medienkompetenz umfasst. Eine einheitliche Definition von Medienkompetenz steht zwar noch aus (Lange 2020), zwei Attribute können mit Möckel u. a. (2019) aber als zentral benannt werden: Medi- enkompetenz ist eine nicht angeborene Fähigkeit (Walker, Walker, und Ganea 2013) mit unterschiedlichen Teilfähigkeiten zur kritischen Nutzung und Betrachtung von Medien (Hobbs 1997), für die zudem meist die Dimensionen Sach-, Selbst- und So- zialkompetenzen genannt werden. Dabei sind zwei Richtungen auszumachen: Ei- nige (Kommunikations-)Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler blicken auf die negativen Effekte der Mediennutzung, vor denen Medienkompetenz schützen kann (z. B. Potter 2010), andere fokussieren die Chancen der Mediennutzung, die wiede- rum durch Medienkompetenz ermöglicht werden (z. B. Hobbs 2011). Die Internati- onal Computer and Information Literacy Study (ICILS) untersuchte 2018 computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern, die sie als «individuelle Fähigkeiten» definierte, digitale Medien zum «Recherchieren, Gestalten und Kommunizieren von Informationen zu nutzen und diese zu bewerten, um am Leben im häuslichen Umfeld, der Schule, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft erfolgreich teilzuhaben» (Eickelmann u. a. 2014, 45). Die Ergebnisse zeigen, dass nur 4 % der deutschen Schulen alle Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten für den Unter- richt ausstatteten (der internationale Mittelwert lag bei 24 %) und dass nur 15 % der deutschen Lehrkräfte «häufig bis immer digitale Medien zur individuellen Förderung einzelner Schülerinnen und Schüler» verwendeten (internationaler Mittelwert: 36 %; Eickelmann u. a. 2019, 18). Gefragt nach ihren professionellen Handlungskompeten- zen erkannten die Lehrkräfte Defizite in der Medienkompetenz. Sie trauen sich zwar die Online-Recherche von Unterrichtsmaterialien zu, nicht aber die Nutzung von Lehrmanagement-Systemen (34 %; ebd). Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 201
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Als Voraussetzung für medienpädagogische Handlungskompetenzen werden neben dem technischen Wissen und den medienbezogenen Selbstwirksamkeitser- wartungen insbesondere die medienbezogenen Einstellungen und Überzeugungen genannt (Herzig und Martin 2018). In der Lehr- und Unterrichtsforschung mit päda- gogisch-psychologischem Schwerpunkt werden Überzeugungen als Teilbereich von Lehrerkognitionen und Einstellungen verstanden, die um eine affektive und beha- viorale Komponente zu erweitern sind (Aronson, Akert, und Wilson 2010; Blömeke u. a. 2008; Dann 2000; Skott 2015). Einstellungen werden dabei als Bewertungen von Personen, Objekten, Gruppen, Situationen oder Vorstellungen bezeichnet, die auf Er- fahrung beruhen, von unterschiedlicher Intensität und Valenz sein können und sich entweder explizit (bewusst, verbalisiert) oder implizit (unbewusst, automatisch) äu- ssern (Eagly und Chaiken 1993; Vaughan und Hogg 2005). Bisherige Forschung konn- te zeigen, dass die medienbezogenen Einstellungen von Lehrkräften den Einsatz di- gitaler Medien im Unterricht beeinflussen (z. B. Eickelmann und Vennemann 2017; Ertmer 2005). Am Beispiel der ICILS-Studie (Fraillon u. a. 2020, 184f.) ist abzulesen, dass Lehrkräfte zwar Potenziale digitaler Medien erkennen (höchste Zustimmungs- werte: Informationsquelle, gesteigertes Lerninteresse, Anpassung an Bedürfnisse der Lernenden), aber auch Bedenken vortragen, die auf die Nutzung hemmend wir- ken: Digitale Medien könnten zum Plagiieren verleiten und negative Auswirkungen auf die Schreibfertigkeiten und die zwischenmenschliche Kommunikation der Ler- nenden haben. Neben Kompetenzen und Einstellungen entscheiden weitere interindividuelle Unterschiede über den Einsatz digitaler Medien im Unterricht: Zeitmangel ( je weni- ger Zeit für die Unterrichtsvorbereitung, desto seltener werden Medien in den Unter- richt integriert; Totter, Stütz, und Grote 2006), Unterrichtsstil ( je konstruktivistischer, schülerorientierter die Lehre, desto eher werden Medien im Unterricht genutzt; ebd), aber auch demografische Unterschiede wie Alter (eher jüngere als ältere Lehrkräf- te bewerten Medien im Unterricht als nützlich und würden diese im Unterricht nut- zen; Lau und Sim 2008; Scherer, Siddiq, und Teo 2015) und Geschlecht (eher männ- liche als weibliche Lehrkräfte nutzen Technologien im Unterricht, Kay 2006). Auch Fächerunterschiede werden diskutiert. So werden insbesondere für die MINT-Fächer hohe Nutzungspotenziale digitaler Medien erkannt, die «nicht sichtbare, funktionale Strukturen und komplexe Prozesse besser nachvollziehbar» machen können (Kramer u. a. 2019). 3. (Medien)psychologische Perspektive auf Lehrkräfte und digitale Medien Die medienpsychologische Perspektive befasst sich mit den Kognitionen, Emotionen und dem Verhalten von Menschen im Kontext von Medien. Auswahl, Rezeption und Wirkung von Medien werden demnach nicht nur aus einer rationalen Perspektive Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 202
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung und mit Blick auf kognitive Aspekte betrachtet, sondern um eine emotional-moti- vationale Ebene und demnach mit Blick auf affektive und grundlegende menschli- che Bedürfnisse ergänzt. So nimmt der Nutzen- und Belohnungsansatz an (Uses and Gratifications; Katz, Blumler, und Gurevitch 1973), dass Menschen Medien aktiv und gezielt zur Befriedigung von Bedürfnissen auswählen, beispielsweise zur Informati- on (instrumentelle Nutzung) oder zur Entspannung und Unterhaltung (ritualisierte Nutzung; Joo und Sang 2013). Aus dieser medienpsychologischen Perspektive konzeptualisiert der vorliegende Beitrag die pädagogisch sinnvolle Nutzung digitaler Medien im Unterricht als inten- diertes Verhalten, dessen Realisation von weiteren Faktoren abhängig ist. Das Tech- nologieakzeptanzmodell nach Davis (1985) umfasst Bedingungen für die Nutzung von Mediengeräten. Es basiert auf der Theorie des geplanten Handelns (Ajzen 1991; Fishbein und Ajzen 1977), die grundsätzlich besagt, dass das tatsächliche Verhalten von verschiedenen Faktoren abhängig ist, z. B. der Einstellung zum Verhalten und Normen, die auf die Verhaltensabsicht wirken (Ajzen 1980). Für die Nutzung von Me- dien im Unterricht sind z. B. die wahrgenommene Nützlichkeit und die Benutzungs- freundlichkeit des Mediums entscheidend. Darüber hinaus sind aber auch die indivi- duelle Perspektive und die individuellen Einstellungen von Bedeutung. Neyer, Felber, und Gebhardt (2012) präsentieren drei personenbezogene Facetten zur Vorhersage von Techniknutzung: (1) Technikakzeptanz als «ein explizit repräsentiertes Einstel- lungsmerkmal, das die subjektive Bewertung technologischen Fortschritts wider- spiegelt», (2) Technikkompetenzüberzeugungen, also die «subjektive Erwartung von Handlungsmöglichkeiten in technikrelevanten Situationen» und (3) Technikkontroll- überzeugungen, die «das Ausmaß wahrgenommener Kontrollierbarkeit von Technik» widerspiegeln (S. 88). Die Bereitschaft der Lehrkräfte, digitale Medien im Unterricht einzusetzen hängt demnach von weiteren Faktoren als der blossen Verfügbarkeit der Technik, den Voraussetzungen an ihrer Schule oder den eigenen Kompetenzen ab. Aus psychologischer Perspektive sind Emotionen in dem Kontext der vorliegen- den Arbeit bisher eher vernachlässigt worden. Dies galt lange Zeit auch für weite Teile der Forschung im Arbeitskontext, wobei Studien hier eine Trendwende und eine Hinwendung zur Bedeutung der emotionalen Komponente für die Arbeit verzeich- nen (Ashkanasy und Dorris 2017). Das subjektive Wohlergehen bietet einen theoreti- schen Ansatzpunkt (Diener und Ryan 2009). Diener und sein Team (2010) beschreiben das psychologische Wohlbefinden (oft auch Wellbeing) als das Ausmass an persönli- chen Perspektiven und Ressourcen im eigenen Leben im Sinne eines «Aufblühens» der eigenen Persönlichkeit (engl.: «Flourishing»; Diener u. a. 2010, 144),1 wobei die 1 Dieners Konzept des «human flourishing» ermöglicht dem vorliegenden Beitrag, den weiten Bedeutungs- raum des psychologischen Wohlbefindens zu konkretisieren – wie dies bereits zuvor für den Kontext von Lehrkräften geschah (z. B. Collie 2014; Owen 2016). Das verwendete Inventar wurde basierend auf mehr- dimensionalen Ansätzen und Massnahmen zum psychischen Wohlbefinden entwickelt und gilt als intern hoch reliabel (Diener und Ryan 2009; Diener u. a. 2010). Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 203
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Perspektive des Individuums entscheidend ist und weniger die tatsächlichen Um- stände. Studien, die das Wohlbefinden der Lehrkräfte fokussieren, nähern sich dem Konstrukt oftmals indirekt über die Auswirkungen von Burnout und Stress, sozusa- gen den Gegenspielern des Wohlbefindens. Sie konnten zeigen, dass ein als dauer- haft zu hoch empfundenes Stresslevel mit einem verminderten beruflichen Selbst- wertgefühl (Maslach, Schaufeli, und Leiter 2001) und verminderter professioneller Handlungskompetenz einhergeht (Klusmann u. a. 2008; Lauermann und König 2016). Andere Studien, die das psychologische Wohlbefinden im Unterrichtskontext analy- sieren, konnten zeigen, dass dieses das Engagement von Lehrkräften beeinflussen kann (Sisask u. a. 2014; Zaki 2018). Die Wahrnehmung des eigenen Wohlergehens oder des eigenen Glücks (happi- ness; Diener 1984) ist eng verknüpft mit der beruflichen Zufriedenheit (Wright und Doherty 1998). Für viele Menschen ist der Beruf zentraler Bestandteil ihres Lebens, sodass die Zufriedenheit hier mit der generellen Lebenszufriedenheit zusammen- hängt. Während Berufszufriedenheit die allgemeine Zufriedenheit mit der Wahl des Berufes beschreibt (Schütz 2009), kann Arbeitszufriedenheit knapp als Einstellung gegenüber der Arbeit und als momentane Zufriedenheit mit dieser definiert werden (Locke 1976; Schütz 2009). Arbeitszufriedenheit zeigt sich in der Meinung gegen- über der Arbeit sowie in der Bereitschaft zu bestimmten Verhaltensweisen wie z. B. einer gesteigerten Leistungsbereitschaft (Six und Felfe 2004). Der Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und der Leistungsbereitschaft konnte auch für Lehrkräfte gezeigt werden (Granziera und Perea 2019; Judge u. a. 2001). Über den Arbeitskontext hinaus zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Arbeits- zufriedenheit und der Lebenszufriedenheit (Judge u. a. 1998). Die Selbstwirksamkeit bezieht sich auf die Überzeugung eines Individuums, neue oder schwierige Anforderungen bewältigen zu können und beschreibt das wahr- genommene Ausmass an persönlichem Einfluss auf das Verhalten und die eigene Entwicklung (Bandura 1997). Die Bedeutung der Selbstwirksamkeit für den Lehrbe- ruf wird intensiv beforscht und zeigt u. a. positive Effekte für erfolgreichen Unter- richt und die Bewältigung des Berufsalltags, die Leistungen der Schülerinnen und Schüler sowie grundsätzlich die Verfolgung pädagogischer Ziele (z. B. Schmitz und Schwarzer 2000; Schmitz und Schwarzer 2002). Skaalvik und Skaalvik (2007) zeigten zudem einen Zusammenhang zwischen einer niedrigen Selbstwirksamkeit von Leh- renden und einem erhöhten Burnout-Risiko, das auf eine Überbewertung bedrohli- cher Situationen zurückgeführt wurde, die erhöhten Stress, Angst und emotionale Erschöpfung befördert. Für den Einsatz digitaler Technologien im Unterricht konnte bisherige Forschung die Bedeutung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen unter- streichen (Baumert und Kunter 2006; Kumar, Rose, und D’Silva 2008; Scherer, Siddiq, und Tondeur 2019). Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 204
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Wie bereits ausgeführt, stellt die Integration digitaler Medien in den Unterricht Lehrkräfte vor Veränderungen und neue Herausforderungen. Der pandemiebeding- te, plötzliche Wegfall des Präsenzunterrichts und die Transformation auf digitale Formate innerhalb kürzester Zeit beschleunigten diesen Prozess. Lehrkräfte muss- ten hohes professionelles Engagement erbringen und neue berufliche Kompetenzen entwickeln (Becker und Riel 2000; Kim und Asbury 2020). Der Umgang mit Verände- rungen dieser Art setzt psychologische Flexibilität als die Fähigkeit voraus, sich an neue Umstände sowohl kognitiv als auch emotional und im Verhalten anzupassen (Kashdan und Rottenberg 2010). Menschen mit einer hohen Flexibilität schauen auf Veränderung und Wandel positiv, während Menschen mit einer niedrigen Ausprä- gung neue und unvorhersehbare Situationen als negativ bewerten. Für Lehrkräfte zeigte sich, dass ihre psychologische Flexibilität z. B. positiv mit ihrem Engagement zusammenhängt (Dramanu, Milledzi, und Asamani 2020). Das Konzept der Anpas- sungsfähigkeit bezieht sich in diesem Sinne auf den Umgang mit «veränderten Auf- gaben und veränderte Rollen» und die erfolgreiche Bewältigung, auch im beruflichen Kontext (Karaevli und Hall 2006; Savickas 2005). Mit der Digitalisierung gehen grund- legende Veränderungen des Unterrichtskontexts einher, die enorme Anforderun- gen an die psychologische Flexibilität und die Anpassungsfähigkeit von Lehrkräften stellen. Die Verfügbarkeit von Informationen im World Wide Web und die zeit- und ortsunabhängige Zugänglichkeit dieser Informationen durch mobile internetbasierte Mediengeräte (z. B. Smartphones) revolutionierten das Informations- und Lernver- halten (Mallat u. a. 2009). Die Möglichkeiten des Online-Lernens nehmen an Bedeu- tung zu (Pillay, Irving, und Tones 2007) und bieten den Schülerinnen und Schülern Lernangebote, die sie unabhängig von der Lehrkraft (und unabhängig von örtlicher Co-Präsenz) nutzen können. Dabei bieten sie Chancen des gleichzeitigen Zugriffs auf mehrere Lernressourcen (unabhängig von zeitlicher Co-Präsenz) wie z. B. Interaktio- nen zwischen den Lernenden (Barcelona 2009). Die neu entstehenden Möglichkeiten zum Informationsaustausch und kollaborativen Lernen erfordern eine konsequen- te Anpassung an neue Medienumgebungen (Corpuz 2015). Weiter verändern sie die Kommunikation und die Zusammenarbeit in Teams: In einer virtuellen Umgebung ist es einerseits einfacher, ein grosses Publikum zu erreichen, andererseits schwieriger, soziale Verbundenheit zu Einzelnen aufzubauen (z. B. als Lehrkraft zu den Schüler- innen und Schülern). Für genau diese Verbundenheit konnte jedoch gezeigt werden, dass sie sich positiv auf den akademischen Erfolg auswirkt (Dikkers, Whiteside, und Lewis 2012). Neben den Rahmenbedingungen des Berufsbildes ändern sich auch die Anforderungen, die Schülerinnen und Schüler an ihre Lehrkräfte stellen (Bayne und Ross 2011; Sokal, Trudel, und Babb 2020). Als Digital Natives sind sie den Umgang mit digitalen Medien von klein auf gewöhnt (Prensky 2004) und tragen ihre Nutzungsge- wohnheiten sowie ihre digitalen Kompetenzen und Fertigkeiten in die Schule. Die Liste der Herausforderungen, die die Digitalisierung an die Lehrenden stellt, ist lang, Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 205
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung mündet aber insgesamt in Forderungen an die Anpassungsfähigkeit der Lehrenden, die den Erfolg der Integration von Medien im Lehrkontext beeinflussen kann (Kohl 2017). Zusammenfassend versucht dieser Beitrag die Perspektive auf den Einsatz digita- ler Medien im Unterricht zu erweitern. Die Herausforderungen, aber auch die Chan- cen der Digitalisierung für die Schulen werden nicht erst seit der COVID-19-Pandemie diskutiert, standen aber durch den Wegfall des Präsenzunterrichts zuletzt im Fokus breiter öffentlicher Aufmerksamkeit. Der vorliegende Beitrag begreift die zumeist im Fokus stehende technische Ausstattung als eine notwendige Bedingung für den er- folgreichen Einsatz digitaler Medien für die Unterrichtsgestaltung, nicht aber als hin- reichende Bedingung. In einer Kombination aus pädagogischer und psychologischer Perspektive erkennt der Beitrag individuelle Einstellungen, Wahrnehmungen und Be- wertungen auf kognitiver und affektiver Ebene als forschungsheuristisch fruchtba- ren Ansatzpunkt für die Analyse und das Verständnis des Status Quo der Digitalisie- rungsaktivitäten von Lehrkräften – in den Zeiten der Pandemie und darüber hinaus. Aus einer Vielzahl möglicher Variablen und Faktoren legt dieser Beitrag den Schwerpunkt zum einen auf die Einstellungen der Lehrkräfte gegenüber digitalen Medien und fragt nach der Wichtigkeit digitaler Technologien für den Unterricht, der Technologieakzeptanz und der Bereitschaft, Technik im Unterricht zu nutzen. Zum anderen wurde die Bedeutung des psychologischen Wohlbefindens, im Leben insgesamt aber auch im beruflichen Kontext, sowie die Rolle der Selbstwirksamkeit aufgezeigt. Diese Konstrukte (psychologisches Aufblühen bzw. Wellbeing, Arbeits- zufriedenheit, Selbstwirksamkeit) werden als Indikatoren für eine «Persönliche Ent- faltung» betrachtet. Die sich weiter verändernden beruflichen Rahmenbedingungen der Lehrkräfte fordern von diesen Veränderungsbereitschaft ein. Sich auf neue Be- dingungen und Veränderungen einzulassen und diese erfolgreich zu gestalten, setzt eine psychologische Flexibilität und eine Anpassungsbereitschaft voraus, die im Fol- genden als «Änderungsbereitschaft» bezeichnet werden. Es resultieren drei Forschungsfragen, die zum einen nach dem Verhalten, d. h. nach der Unterrichtsgestaltung in der COVID-19-Krise fragen (FF 1) und zum anderen die Einstellungen gegenüber digitalen Medien fokussieren (FF 2). Dabei fragt FF 2a nach der Nutzung von Medien im Unterricht vor und während der Krise und FF 2b nach Alters- (Lau und Sim 2008; Scherer, Siddiq, und Teo 2015) und Fächerunter- schieden (Kramer u. a. 2019). Zuletzt fragt FF 3, inwieweit die Bereitschaft, digitale Medien zu nutzen mit zugrundeliegenden psychologischen Variablen (Anpassungsfä- higkeit: Karaevli und Hall 2006; Kohl 2007; Savickas 2005; Psychologisches Wohlbe- finden: Sisask u. a. 2014; Zaki 2018; Psychologische Flexibilität: Dramanu, Milledzi, und Asamani 2020; Arbeitszufriedenheit: Granziera und Perea 2019; Judge u. a. 2001 und Selbstwirksamkeit: Baumert und Kunter 2006; Kumar, Rose, und D’Silva 2008; Scherer, Siddiq, und Tondeur 2019) in Verbindung steht: Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 206
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung FF 1. Wie gelingt Unterrichtsgestaltung in der COVID-19-Krise? FF 2. Wie sind Lehrkräfte digitalen Technologien gegenüber eingestellt und wie nutzen sie diese? FF 2a. Wie unterscheidet sich die Nutzung digitaler Medien im Unterricht vor und während der Krise? FF 2b. Zeigen sich interindividuelle Unterschiede entlang der unterrichteten Fä- cher und des Alters der Lehrkräfte? FF 3. Lassen sich Unterschiede in der Technikbereitschaft durch psychologische Variablen vorhersagen? 4. Methode Die Datenerhebung erfolgte online vom 16. Mai bis 02. Juli 2020, folglich nach der Phase der ersten Schulschliessung (13. März 2020). Die Rekrutierung der Stichprobe (über Kontakt der Studienleitung zu Lehrkräften, die dann ihre Verteiler anschrieben) verlief schleppend, sodass wir insgesamt nur 50 Teilnehmende verzeichnen konn- ten. Die aufgrund der geringen Stichprobengrösse limitierte Aussagekraft der empi- rischen Daten wird in der Diskussion besprochen. Der Fragebogen begann mit einer Begrüssung und einer kurzen Einführung in das Thema sowie der Aufklärung über Datenschutz, Freiwilligkeit der Teilnahme, sowie der Zusicherung der Anonymität. Es folgen die Bearbeitung der im Folgenden aufgeführten Instrumente und die Abfrage der demografischen Daten (Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Angaben zum Lehrbe- ruf). 4.1 Stichprobe 80 % der Befragten ordnen sich dem weiblichen Geschlecht zu (N = 40), 18 % dem männlichen (N = 9), eine Person identifiziert sich als divers (2 %). Die Teilnehmenden sind zwischen 23 und 64 Jahren alt (M = 42; SD = 10,48) und haben zwischen einem und 42 Jahren Berufserfahrung (M = 16,50; SD = 10,84). Sie unterrichten überwiegend an Grundschulen (42 %), Gymnasien (22 %), Realschulen (12 %), kaum an Haupt- (8 %), Ganztags- (4 %) und Gesamtschulen (4 %). Drei Personen sind im Referenda- riat, die anderen als Lehrerin oder Lehrer tätig. 32 % unterrichten im Primar- und Sekundarbereich I, 22% im Sekundarbereich II und 12% im Elementarbereich. Ein Grossteil unterrichtet in den Fächern Deutsch (70 %), Mathematik (60 %), Englisch (46 %), Kunst und Sport (30-40 %). Die Mehrheit der befragten Personen unterrichtet in Bayern (72 %), Thüringen (12 %) und Nordrhein-Westfalen (4 %). Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 207
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 4.2 Instrumente Das Vorgehen in der Unterrichtsgestaltung unter COVID-19-Bedingungen (FF 1) wird über vier offene Fragen erhoben. Diese fragen nach (1) der Verteilung von Unter- richtsmaterialen an die Schülerinnen und Schüler, (2) Lernerfolgskontrollen und da- nach, was während des Fernunterrichts (3) gut oder (4) schlecht funktioniert hat. Zudem werden acht Items bewertet, die nach den Erfahrungen im Fernunterricht fragen (z. B. «Ich habe während der Corona-Zeit viel dazugelernt»). Beantwortet wur- den diese Items auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 – trifft überhaupt nicht zu bis 5 – trifft voll und ganz zu). Für FF 2 wird neben der täglichen Nutzungsdauer von Smartphone, Notebook und Desktop PC die instrumentelle und ritualisierte Mediennutzung abgefragt (Joo und Sang 2013; Rubin 1984): vier Items zur instrumentellen Nutzung (Interne Konsis- tenz, angegeben als Cronbachs Alpha, α = .63) wie «Ich nutze meine Geräte für die Ar- beit oder zum Lernen» und vier weitere Aussagen zur ritualisierten Nutzung (α = .85) wie «Ich nutze meine Geräte, um dem Alltag zu entfliehen». Für zwölf Medien wird erhoben, wie wichtig die Medien für den Unterricht sind – unabhängig von der COVID-19-Krise. Die Erfassung der Nutzung digitaler Medien im Unterricht erfolgt über eine Liste aus 14 Medien, für die jeweils anzugeben ist, ob diese vor und/oder während der Pandemie eingesetzt wurden. Zur Erfassung der Einstellung zu digitalen Medien im Unterricht (Sad und Göktas 2014, 611) werden 16 Items beantwortet (z. B. «Digitale Medien erlauben effizienteres Lernen», α = .85). Die Technikbereitschaft wird anhand der Skala von Neyer u. a. (2012) abgefragt. Sie besteht aus insgesamt 12 Items (α = .86): vier Items untersuchen die Technikakzep- tanz (z. B. «Ich finde schnell Gefallen an technischen Neuentwicklungen»), vier Items beziehen sich auf individuelle Technikkompetenzüberzeugungen (z. B. «Im Umgang mit moderner Technik habe ich oft Angst, zu versagen») und vier weitere Items be- handeln Technikkontrollüberzeugungen (z. B. «Ob ich erfolgreich in der Anwendung moderner Technik bin, hängt im Wesentlichen von mir ab»). Die psychologischen Faktoren der Technikbereitschaft (FF 3) fragen nach der Ar- beitszufriedenheit. Zwölf Items aus der Skala «Subjektive Aspekte des Lehrerberufs» (Dann u. a. 2014) werden beantwortet (z. B. «Ich bin mit meinem Beruf sehr zufrie- den», α = .90). Zur Erfassung der Anpassungsfähigkeit (Nota, Ginevra, und Soresi 2012) wird aus der Sicht guter Bekannter/Freund_innen fünf Aussagen zur eigenen Person zugestimmt (z. B. «Ich mag es, Risiken einzugehen, Dinge auszuprobieren und da- mit zu experimentieren», α = .62). Die Selbstwirksamkeit wird mit drei Items gemes- sen (z. B. «Die meisten Probleme kann ich aus eigener Kraft gut meistern», α = .86; Beierlein u. a. 2012). Die vier Items der Subskala «Positive Perception of Change» von Ben-Itzhak, Bluvstein und Maor (2014) erfassen die psychologische Flexibilität (z. B. «Ich sehe Veränderungen oft als Herausforderung», α = .63). Psychologisches Wohl- befinden (Wellbeing) wird über die acht Items der «Flourishing Scale» nach Diener Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 208
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung u. a. (2010) gemessen (z. B. «Ich blicke optimistisch in die Zukunft», α = .81). Die Aus- wertungs-Systematik der genannten Verfahren sieht die Berechnung von Skalen-Mit- telwerten vor. Das Verfahren für die Erhebung des psychologischen Wohlbefindens bildet hier eine Ausnahme und sieht die Berechnung von Summenscores vor. Diese unterschiedlichen Skalenwerte sind im folgenden Ergebnisteil zu beachten. 5. Ergebnisse Die Ergebnisdarstellung folgt den drei Forschungsfragen. Zuerst wird ein Einblick in die Unterrichtsgestaltung in der Krise gegeben. Die weitere Analyse deckt Unter- schiede in der Nutzung digitaler Medien und in den Einstellungen gegenüber diesen auf. Zuletzt werden die Technikbereitschaft und zugrundeliegende interindividuelle Unterschiede analysiert. 5.1 FF 1: Wie gelingt der Unterricht in der COVID-19-Krise? Die Angaben zu den vier offenen Fragen zur Unterrichtsgestaltung wurden inhalts- analytisch ausgewertet. Dazu wurden induktiv aus den Antworten der Befragten Ka- tegorien abgeleitet und die einzelnen Aussagen dann diesen Kategorien zugeteilt. Die Wortwolken zeigen diese Kategorien, wobei die Grösse der jeweiligen Kategorie die Anzahl ihrer Nennungen widerspiegelt. Anhand der Antworten auf die erste Frage («Lassen Sie Ihren Schülerinnen und Schülern Unterrichtsmaterialien zukommen?») soll das Vorgehen exemplarisch erläutert werden. Die Auswertung der sich anschlie- ssenden Fragen erfolgt dann knapper.2 Gaben die Teilnehmenden an, ihren Schülerinnen und Schülern Unterrichtsma- terialen zukommen lassen, konnten sie ihr Vorgehen in einem offenen Textfeld spe- zifizieren. Von den insgesamt 50 befragten Lehrkräften gaben 47 Befragte an, Unter- richtsmaterialen an die Schülerinnen und Schüler zu verteilen – in digitaler sowie in analoger Form. Aus den offenen Antworten wurden dann induktiv insgesamt 15 Ka- tegorien abgeleitet, wobei oftmals Mehrfachnennungen erfolgten, da Befragte meh- rere Kategorien in ihrer Antwort nannten. Exemplarisch sei eine umfassende Antwort genannt. Diese beschreibt «…einen wöchentlichen Arbeitsplan per Mail an die Eltern, den sie ausdru- cken. Vier Kindern werfe ich die Blätter ausgedruckt ein. Zu neuen Unterrichts- inhalten drehe ich daheim kleine Lernvideos und lasse die per Link den Eltern zukommen. In unregelmässigen Abständen werden Hefte/Arbeitsblätter in der Schule zum Korrigieren eingeworfen». 2 Die Darstellung in Wortwolken ermöglicht einen überblicksartigen Eindruck der unterschiedlichen Aussa- gen der befragten Lehrkräfte zum Unterrichten in der Krise. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird hier auf eine exakte Darstellung numerischer Kennwerte verzichtet. In den nachfolgenden quantitative Analy- sen und den Diagrammen erfolgt dann die präzise Darstellung der numerischen und statistischen Kenn- werte. Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 209
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Insgesamt wird die Kommunikation über E-Mail von 20 Befragten genannt, so- dass die E-Mail die grösste Kategorie bildet. Häufig verwendet werden auch Learning Management Systeme (LMS, z. B. «Mebis») mit 20 Nennungen, Videochat-Programme (18 Nennungen), Lernpläne (16) oder Lernvideos (14). Quizze (2) oder Apps (1) sind kaum relevant. Abbildung 1 fasst die Kategorien und die Häufigkeit ihrer Nennungen grafisch in einer Wortwolke zusammen. Homepage der Schule Präsenzform Videochat Papier/Abgabe Mail Telefon Links Chat Cloud Mail Quizze Abholungs-/Abgabeort Videos Post Präsenzform Cloud LMS Kommentar Lernvideos Telefon Lernpläne LMS Bilddatei/PDF Apps Post Test/Quiz Chat Abb. 1.: Unterrichtsmaterialien (links) und Lernerfolgskontrolle im Fernunterricht. 49 Befragte gaben an, Lernerfolgskontrollen durchzuführen. Die offenen Antwor- ten lassen sich in insgesamt 12 Kategorien einteilen. Mit 20 Nennungen zeigt sich, dass auch die Kontrolle der Lernenden grösstenteils über E-Mail erfolgt. An zweiter Stelle steht die Feedbackvergabe über Bild- oder PDF-Dateien (10 Nennungen), ge- folgt von Abgaben in Papierform (9). Ein/e Befragte/r schreibt hierzu: «Eltern und Schüler können das Material freiwillig schicken, per Mail oder Post, wöchentliche Tests, Telefongespräche bei Bedarf». Fristen Technik LMS erlernter Technikumgang Motivation Audio Kommunikation Videochat Rückmeldung Lernvideos Abholung von Arbeitsblättern Homepage der Schule Abb. 2.: «Gut am Fernunterricht»: Schülerinnen und Schüler (links) und Technik (rechts). Es folgt die Auswertung der Aspekte, die während des Fernunterrichts gut funk- tioniert haben. Die Antworten von insgesamt 48 Teilnehmenden lassen sich in fünf Überkategorien unterscheiden: Schülerinnen und Schüler (26 Nennungen), Allge- mein (21), Technik, (14) sowie Eltern (8) und Kollegium (3). Die meisten Nennun- gen beziehen sich demnach auf die Kategorie der Schülerinnen und Schüler, wobei die Nennungen der einzelnen Unterkategorien eher gering ausfallen. Die Kommu- nikation zwischen Lehrenden und Lernenden werden am häufigsten genannt (11), gefolgt von der Motivation der Schülerinnen und Schüler (8). Rückmeldungen und Fristeinhaltungen werden dann schon weniger als fünfmal genannt. Auf den Bereich Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 210
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung «Allgemein» entfallen insgesamt 21 Nennungen, wobei die gelungene Vergabe von Aufgaben an die Lernenden neunmal genannt wird. Effizienz als zweithäufigste Un- terkategorie wird weniger als fünfmal genannt. In der Kategorie Technik wird keine Unterkategorie mehr als fünfmal genannt, am häufigsten wird noch die Funktiona- lität von Videochat und LMS erwähnt ( je 4). Die Eltern werden insgesamt achtmal positiv erwähnt, fünf Nennungen entfallen auf die gute Kommunikation mit den El- tern («Der Kontakt zu den Eltern und Schülern war sehr rege und es herrschte eine angenehme Atmosphäre»). Die gelungene Zusammenarbeit im Kollegium wird von nur drei Teilnehmenden genannt. Abbildung 2 beschränkt sich auf die Darstellungen der Wortwolken für die zwei grössten inhaltlichen Oberkategorien Schülerinnen und Schüler sowie Technik. Die als problematisch erkannten Aspekte des Fernunterrichts formen das komple- xe Bild des Untersuchungsgegenstands. Wurden die Schülerinnen und Schüler von der Hälfte der Befragten als «gut funktionierend» genannt, werden diese nun von nahezu allen (N = 46) als grösste Herausforderung beschrieben, insbesondere die problematische Kommunikation (15), die mangelnde Technikausstattung (13) und die geringe Motivation (11). Die Technik bildet die zweigrösste Oberkategorie, auf die allerdings vergleichsweise geringe 11 Nennungen fallen (technische Schwierig- keiten: 6; instabile Internetverbindung: 4). Acht Nennungen entfallen auf die Kate- gorie Lehrkräfte (gestiegener Arbeitsaufwand, erschwerte Stoffvermittlung, fehlen- der Kontrolle). Die Eltern (7 Nennungen; fehlende Kommunikation, Unterstützung) und die Schulleitung (3: mangelnde Unterstützung) werden selten genannt. Eine/r der Befragten formulierte in diesem Zusammenhang den Satz, der den Titel dieses Beitrags bildet: «Ins Off zu lehren ist wie liebevoll-aufwendiges Kochen für Freunde, ohne das Verspeisen zu erleben». instabiles Netz fehlende Technikkompetenz Motivation Kommunikation Technikausstattung Schwierigkeiten Überforderung unzureichende Digitalisierung Abb. 3.: «Schlecht am Fernunterricht»: Schülerinnen und Schüler (links) und Technik. Abbildung 4 stellt die Erfahrungen im Fernunterricht dar. Neben den Mittelwer- ten der acht Skalen-Items werden die Standardabweichungen aufgeführt, die auf- zeigen, dass die Einschätzungen der Befragten unterschiedlich ausfallen. Insgesamt wird der Fernunterricht «als echte Herausforderung» bewertet (M = 4,00; SD = 0,99), bei der die Befragten «viel dazugelernt» haben (M = 4,02; SD = 0,89). Die Bewer- tung, wie «gut [der Fernunterricht] funktioniert» hat, fällt zwar eher positiv aus (auf der Skala von 1 bis 5: M = 3,56; SD = 0,79), die Befragten sind sich aber recht einig, dass Fernunterricht eher keine «gute Alternative zum normalen Schulalltag» bietet Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 211
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung (M = 2,22; SD = 0,96). Der Blick auf die Schülerinnen und Schüler zeigt, dass mit die- sen über die digitalen Wege eher «viel Kontakt» bestand (M = 3,68; SD = 1,08), wobei ihre «Scheu sich über den digitalen Weg […] zu melden» unterschiedlich auszufal- len schien (M = 3,40; SD = 1,14). In Ergänzung zu den oben aufgeführten Angaben zu «technischen Problemen» werden diese auch hier erkannt, im Mittel allerdings mit «weder noch» bewertet (M = 3,32). Obgleich die Standardabweichung (SD = 1,15) un- terschiedliche Einschätzungen aufzeigt, deutet sich für die vorliegende Stichprobe bereits an dieser Stelle der Befragung an, dass nicht alle eine eindeutig positive Sicht auf den Fernunterricht haben, dass diese Form des Unterrichts – entgegen gängigen Medienberichten – allerdings auch nicht von allen nur negativ bewertet wird. Der Fernunterricht war eine echte Herausforderung. 4.00 Der Fernunterricht hat gut funktioniert. 3.56 Der Fernunterricht ist eine gute Alternative zum norma- len Schulalltag. 2.22 Die Schüler haben während der Coronazeit viel dazugelernt. 3.04 Ich habe während der Coronazeit viel dazugelernt. 4.02 Die Schüler hatten keine Scheu sich über den digita- 3.40 len Weg bei mir zu melden. Ich hatte viel Kontakt mit Schülern über den digitalen Weg. 3.68 Technische Probleme sind aufgetreten. 3.32 1 2 3 4 5 trifft überhaupt trifft voll und nicht zu ganz zu Abb. 4.: Bewertung des Fernunterrichts. 5.2 FF 2: Wie sind Lehrkräfte digitalen Technologien gegenüber eingestellt und wie nutzen sie diese? Die Erhebung der durchschnittlichen Mediennutzungsdauer «an einem normalen Tag unabhängig von der Corona-Krise» beschränkt sich mit Notebook, Tablet und Smartphone auf drei der populärsten digitalen Endgeräte (s. Abb. 5). Die Befragten verbringen 2,5 Stunden täglich (M = 144,00 Minuten) mit dem Notebook, wobei die Standardabweichung (SD = 141,36) grosse Unterschiede zwischen den Befragten auf- zeigt: vier Teilnehmende nutzen das Notebook gar nicht, eine Person 780 Minuten, also 13 Stunden pro Tag. Das Smartphone wird im Durchschnitt weniger genutzt: 101 Minuten pro Tag. Wobei auch hier die Standardabweichung von 91 Minuten anzeigt, dass die einzelnen Lehrkräfte das Smartphone unterschiedlich nutzen. So reicht die Nutzungsdauer von 10 Minuten bis zu 500 Minuten, also gut acht Stunden pro Tag. Das Tablet wird von der Stichprobe deutlich weniger genutzt (M = 54,00 Minuten). Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 212
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Den 23 Befragten, die gar kein Tablet nutzen, stehen vier Intensiv-Nutzende gegen- über, die ihre Tablets 180 Minuten oder länger nutzen. Notebook 144 Smartphone 101 Tablet 54 0 25 50 75 100 125 150 Minuten Abb. 5.: Durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer von Notebook, Smartphone und Tablet. FF 2a: Wie unterscheidet sich die Nutzung digitaler Medien im Unterricht vor und während der Krise? Der Vergleich der Nutzung digitaler Medien im Unterricht vor und während der Krise deckt die Effekte des Wegfalls der örtlichen und zeitlichen Co-Präsenz im Unterricht auf. Die detaillierten Vergleiche aus Tabelle 1 knapp zusammengefasst: Insgesamt werden mehr Mediengeräte genutzt; Beamer und interaktives Whiteboard werden von signifikant weniger Lehrkräften genutzt, PC/Notebook, Smartphone, E-Mail, Ins- tant Messenger und Videochat von signifikant mehr Befragten. vor COVID-19 während COVID-19 Medium N Prozent N Prozent Trend Beamer 39 78,0 10 20,0 ↓*** PC/Notebook 37 74,0 48 96,0 ↑*** Webseiten/Internet 36 72,0 40 80,0 ↑ Standardsoftware (z. B. Office) 31 62,0 29 58,0 ↓ Lernsoftware für Kinder 25 50,0 32 64,0 ↑ Smartphone 23 46,0 37 74,0 ↑** E-Mail 19 38,0 45 90,0 ↑*** Interaktives Whiteboard 18 36,0 6 12,0 ↓*** Desktop-Computer 16 32,0 19 38,0 ↑ Digitalkamera 15 30,0 9 18,0 ↓ Tablets 15 30,0 21 42,0 ↑ Instant Messenger 11 22,0 21 42,0 ↑** Videochat (z. B. Zoom) 1 2,0 32 64,0 ↑*** Tab. 1.: Nutzung digitaler Medien im Unterricht vor und während COVID-19. Anmerkung. Es wur- den t-Tests für abhängige Stichroben gerechnet. Die Signifikanzniveaus lagen bei *p < .05, **p < .01 und ***p < .001. Um das Risiko des Fehlers 1. Art zu minimieren, wurden die p-Werte der einzelnen Tests nach Bonferroni korrigiert. Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 213
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Die folgenden Abbildungen fassen die Perspektive der Stichprobe auf digitale Medien im Unterricht zusammen. Neben den Werten für die Gesamt-Stichprobe wur- de auch nach interindividuellen Unterschieden innerhalb der Stichprobe gefragt – mit Blick auf das Alter und die unterrichteten Fächer (FF 2b). Dazu werden Subgruppen unterschieden. Zum einen Lehrkräfte, die mindestens ein MINT-Fach (Mathematik, Biologie, Physik, Chemie) unterrichten (N = 34) und solche, die keine MINT-Fächer un- terrichten (N = 16). Zum anderen werden über einen Mediansplit zwei Altersgruppen unterschieden: jüngere (M = 32,48; SD = 4,87; N = 23) und ältere Lehrkräfte (M = 49,96; SD = 6,41; N = 27). Insgesamt zeigt sich, dass die Befragten Notebooks und Mails für eher wichtig halten, Smartphones und Desktop PCs für deutlich weniger wichtig. Rund 75 % be- trachten Notebooks im Unterricht als sehr wichtig oder wichtig, nur ca. 25 % für nicht wichtig, Einzelstimmen entfallen auf überhaupt nicht wichtig (vgl. Abb. 6). Dabei zei- gen sich lediglich minimale Unterschiede zwischen den Subgruppen der Stichprobe: Jüngere und ältere Lehrkräfte sowie Lehrkräfte, die MINT-Fächer unterrichten und solche die Nicht-MINT-Fächer unterrichten, schätzen die Wichtigkeit von Notebooks nahezu gleich hoch ein. Gesamt 0 2 9 14 25 Jung 0 1 3 6 13 Alt 0 1 6 8 12 MINT 0 1 6 10 17 Nicht-MINT 0 1 3 4 8 0% 25% 50% 75% 100% keine Angabe überhaupt nicht wichtig nicht wichtig weder noch wichtig sehr wichtig Abb. 6.: «Für wie wichtig halten Sie Notebooks im Unterricht». Wie Abbildung 7 zeigt, werden Mails für den Unterricht als vergleichsweise wich- tig eingeschätzt. Knapp 70 % bewerten diese als wichtig bzw. sehr wichtig, 20 % als nicht wichtig (6 %) oder überhaupt nicht wichtig (14 %). Für Ältere und Nicht-MINT- Lehrkräfte sind Mails wichtiger als für Jüngere und MINT-Lehrkräfte. Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 214
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Gesamt 0 7 3 7 11 22 Jung 0 3 1 6 5 8 Alt 0 4 2 1 6 14 MINT 0 6 2 6 8 12 Nicht-MINT 0 1 1 1 3 10 0% 25% 50% 75% 100% keine Angabe überhaupt nicht wichtig nicht wichtig weder noch wichtig sehr wichtig Abb. 7.: «Für wie wichtig halten Sie Mails im Unterricht». Anders fällt die Bewertung von Desktop PCs aus, die nur ca. 50 % für wichtig (20 %) oder sehr wichtig (28 %) halten, knapp 40 % aber für nicht wichtig oder über- haupt nicht wichtig ( je 18 %). Abbildung 8 zeigt zudem, dass Lehrkräfte, die keine MINT-Fächer unterrichten, die Wichtigkeit von Desktop PCs am höchsten einschätzen (knapp 70 %), während knapp 50 % der MINT-Lehrkräfte und ältere Lehrkräfte den Desktop PC für (überhaupt) nicht wichtig halten. Gesamt 1 9 9 7 10 14 Jung 1 3 3 4 4 8 Alt 0 6 6 3 6 6 MINT 1 7 8 5 5 8 Nicht-MINT 0 2 1 2 5 6 0% 25% 50% 75% 100% keine Angabe überhaupt nicht wichtig nicht wichtig weder noch wichtig sehr wichtig Abb. 8.: «Für wie wichtig halten Sie Desktop PCs im Unterricht». Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 215
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Die eher kritische Perspektive der Schule auf das Smartphone spiegelt die Aus- wertung in Abbildung 9. Insgesamt wird das Smartphone häufiger als überhaupt nicht wichtig und nicht wichtig bewertet (44 %). Nur 38 % halten es für wichtig oder sehr wichtig. Vor allem ältere und MINT-Lehrkräfte bewerten das Smartphone als unwich- tig. Auffällig ist, dass vor allem die Befragten, die keine MINT-Fächer unterrichten, dem Smartphone mit knapp 70 % die grösste Bedeutung zuschreiben. Allerdings, und das gilt es insgesamt bei den Auswertungen zu beachten: Die Stichprobengrösse der vorliegenden Erhebung ist schlicht zu gering, um statistisch belastbare Unter- schiede zwischen den Gruppen zu berechnen. Hier können lediglich Tendenzen auf- gezeigt werden (weitere Ausführungen folgen in der Diskussion). Gesamt 0 12 10 9 7 12 Jung 0 5 4 3 5 6 Alt 0 7 6 6 2 6 MINT 0 10 9 7 2 6 Nicht-MINT 0 2 1 2 5 6 0% 25% 50% 75% 100% keine Angabe überhaupt nicht wichtig nicht wichtig weder noch wichtig sehr wichtig Abb. 9.: «Für wie wichtig halten Sie Smartphones im Unterricht?». Die Selbsteinschätzungen zur Technikbereitschaft in Abbildung 10 ergeben ein (überraschend eindeutig) positives Bild. Gut 80 % der Befragten stimmen den Aus- sagen entlang der drei Dimensionen Technikakzeptanz, Technikkompetenzüberzeu- gungen und Technikkontrollüberzeugungen «völlig» oder zumindest «ziemlich» zu, wobei die MINT-Lehrkräfte ihre Technikbereitschaft am ausgeprägtesten einschät- zen. Insgesamt beschreiben sich nur 2 % als «gar nicht» oder «wenig» technikbereit. Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 216
MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung Gesamt 01 7 30 12 Jung 0 3 12 8 Alt 0 1 4 18 4 MINT 0 3 23 8 Nicht-MINT 0 1 4 7 4 0% 25% 50% 75% 100% gar nicht wenig teilweise ziemlich völlig Abb. 10.: Technikbereitschaft der Stichprobe. FF 2b: Zeigen sich interindividuelle Unterschiede entlang der unterrichteten Fächer und des Alters der Lehrkräfte? Zwischen jüngeren vs. älteren Lehrkräften und MINT- vs. Nicht-MINT-Lehrkräften er- geben sich nur vereinzelte signifikante Unterschiede. Ein Alterseffekt zeigt sich ledig- lich für die Techniknutzung (F(1,47) = 8,85; p < .01; η2 = .16): Jüngere Lehrkräfte zeig- ten eine höhere Motivation zur ritualisieren Techniknutzung (M = 3,11; SD = 0,86) und nutzen ihre Geräte demnach eher auch zur Entspannung und zur Unterhaltung als ältere Lehrkräfte (M = 2,28; SD = 1,07). Für die Fächerunterscheidung zeigt sich ein ein- ziger signifikanter Unterschied in der Einstellung zu digitalen Medien, (F(1,47) = 6,51; p = .028; η2 = .12; p-Wert nach Bonferroni korrigiert): Lehrkräfte, die keine MINT-Fä- cher unterrichten, schätzen die Wichtigkeit von Smartphones im Unterricht signifi- kant höher ein (M = 6,94; SD = 2,95) als ihre MINT-Kolleginnen und Kollegen (M = 4,61; SD = 3,02). 5.3 FF 3: Lassen sich Unterschiede in der Technikbereitschaft durch psychologische Variablen vorhersagen? Die deskriptive Analyse ergibt, dass die Befragten im Mittel im oberen Bereich der Wellbeing-Skala liegen (M = 47,44; SD = 5,27). Ihre Selbstwirksamkeit bewerten die Befragten als sehr gut (M = 4,25; SD = 0,52), ihre Berufszufriedenheit eher mittelmä- ssig (M = 3,06; SD = 0,54). Die Anpassungsfähigkeit (M = 3,68; SD = 0,62) und die psy- chologische Flexibilität (M = 3,99; SD = 0,60) werden hingegen wieder besser bewer- tet. Astrid Carolus und Catharina Münch www.medienpaed.com > 13.05.2022 217
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