INSIDE AFD INSTAGRAM 2: DIE LÜGDE-LÜGE DER AFD, MERKELS "UNPATRIOTISCHER" ZITTERANFALL

Die Seite wird erstellt Leni Krause
 
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INSIDE AFD INSTAGRAM 2: DIE LÜGDE-LÜGE DER AFD, MERKELS "UNPATRIOTISCHER" ZITTERANFALL
Inside AfD Instagram 2: Die
Lügde-Lüge der AfD, Merkels
„unpatriotischer“
Zitteranfall

Inside AfD – Teil               2
Da bin ich wieder, auf meinem Fake-AfD-Supporter-Account (was
für ein Wort). Und es gibt Neuigkeiten. Innerhalb von rund 12
Stunden habe ich schon 4 neue Follower, davon 3 auf den ersten
Blick rechte Seiten sowie einen 4. „Politik“-Kanal, der sich
auf den zweiten Blick auch als rechter Agitator erweist.
Interessant daran ist, dass ich eigentlich noch gar nicht
interagiert habe – bis auf einige wenige Likes für AfD-
Beiträge und Kommentare unter diesen. Und doch scheinen die
Seiten so gut vernetzt, dass schnell Querverbindungen gezogen
werden. Man gerät praktisch sofort in ein Netz aus rechten
„Informationen“. Man könnte es auch als Propaganda bezeichnen.

Eine Seite unter meinen neuen „Followern“ interessiert mich
besonders: „nationaler_zusammenhalt“. Sie bezeichnet sich als
„Nachrichten- und Medienseite“, die „Identität und Kultur
bewahren“ möchte. Der neueste Beitrag: Ein von „euronews.“
geklautes Video, in welchem gezeigt wird, wie Angela Merkel
einen Anfall von Zittern bekommt, während sie gemeinsam mit
ihrem Gast, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj,
der deutschen Hymne lauscht.

Merkels Zittern und                 die     politische
Instrumentalisierung
Tatsächlich wirkt der Beitrag auf den ersten Blick wie
neutrale Berichterstattung, es ist keinerlei Wertung zu
erkennen (abgesehen von einem lachenden Smiley, aber wir
wollen ja nicht alles überinterpretieren…). Doch in den
Kommentaren wird klar, dass die Follower trotzdem verstanden
haben, worauf der Beitrag hinaus will. „Wird wohl eher eine
Nationalhymnen Allergie sein…“ schreibt ein User. Ein anderer
„Ist schon merkwürdig…die Hymne war aus und das Zittern war
weg“.

Diese Kommentare zeigen ganz klar, was unterstellt werden
soll: Merkel sei eine Feindin Deutschlands, sie zittert, wenn
sie die Hymne hört (dass das hier zum ersten und bislang
einzigen Mal passiert ist, wird natürlich unterschlagen). Und
sie sei auch sonst gegen alles, was für Deutschland steht.
Hier wird also nicht das Feindbild „Altpartei“, sondern das
Feindbild „Merkel“ allgemein bedient. Und das gruseligste
daran: Diese Kommentare waren noch die sanftesten.

Jede Mange Hass und Rassismus in den
Kommentaren
„Hat wahrscheinlich vorher mit dem Juncker noch einen
gesoffen!!“ (20 Likes) kann man ja noch als schlechten Scherz
abtun, doch spätestens beim mit 16 Likes bedachten Kommentar
„Leider verstarb sie nicht an Ort und Stelle, was nur gut für
unser Land wäre“ müsste die selbsternannte „Nachrichten- und
Medienseite“ doch eingreifen – denkste. Stand jetzt (1 Tag
nach Veröffentlichung des Kommentars) ist nichts geschehen.
Auch die folgenden, zum Teil noch deutlicheren Kommentare („ja
da kann man leider nichts machen […] oder etwa doch“ und „also
deine Kognitive Leistungsfähigkeit ist unter dem Niveau eines
N*gers“, Zensur von uns) mit eindeutig rassistischem Inhalt
stehen nach wie vor für jeden sichtbar im Netz.

Spätestens hier muss jedem klar sein: Die Rechten befinden
sich auf der Mission, Dinge wieder sagbar zu machen.
Abwertende, rassistische Begriffe wie „N*ger“ waren aus dem
deutschen Sprachgebrauch aus gutem Grund entfernt worden, doch
seit neuestem scheint so etwas wieder sagbar. Empörung gab es
darüber übrigens keine (oder wenn, wurde sie gelöscht).

Fall Lügde und die Verdrehungen der AfD
Unterdessen bietet die NRW-Fraktion der AfD mir neuen Stoff
an: Unter der Überschrift „Untersuchungsausschuss „Fall
Lügde“? – AfD wirkt!“ präsentieren sie folgende Grafik:
Screenshot instagram.com

Im „Fall Lügde“ geht es um den tragischen Missbrauchsskandal
auf einem Campingplatz in Lügde. Es wird unterstellt, die AfD
sei die einzige Partei, die von Anfang an für den sofortigen
Einsatz eines Untersuchungsausschusses gewesen sei – die
Oppositionsparteien SPD und Grüne hätten angeblich diesen
Ausschuss auf später verschoben, während CDU und FDP klar
dagegen waren – bis im Juni auf einmal alle dem Drängen der
AfD nachgegeben hätten und widerwillig ihr „Okay“ dazu gegeben
hätten. Dabei entsteht eindeutig der Eindruck, dass alle
anderen Parteien etwas zu verbergen hätten oder aus anderen
Gründen gegen die Aufklärung dieses schrecklichen Verbrechens
waren – es entsteht eine Art „Mitschuld“ dieser Parteien.
Faktencheck zu Lügde
Diesmal stelle ich den Faktencheck voran: Rückblende, 14.04.
Wir erinnern uns, die SPD hat hier laut AfD gesagt „vielleicht
später“, der Farbton spricht hier noch dafür, dass die SPD
nicht an einer Aufklärung interessiert gewesen sei. Doch an
eben diesem Tag fordert die SPD bereits den Rücktritt von NRWs
Innenminister Herbert Reul (Quelle). Grund: Die SPD warf vor,
die Aufklärung sei nicht schnell genug gegangen! Am 04.05.
lehnte Reul einen Rücktritt ab (Quelle). Die AfD hingegen
hatte tatsächlich schon am 02.04. diesen Antrag verfasst, der
einen Untersuchungsausschuss fordert. Allerdings muss man
bedenken, dass es bei dem Untersuchungsausschuss nicht darum
geht, möglichst schnell möglichst viele Täter zu fassen – das
ist Aufgabe der Strafverfolgung.

Es geht hier darum, aufzuklären, weswegen der Fall Lügde
passieren konnte und welche Konsequenzen gezogen werden
müssen. Eine direkte Gefahr kann dadurch nicht abgewendet
werden, deswegen ist der Ruf zur Eile an der Stelle
unangebracht. Vielmehr sollte genau überlegt und abgewogen
werden, welche Kompetenzen ein potenzieller Ausschuss erhält.
Und was sein Ziel ist, sodass das Geld der Steuerzahler so
effizient wie möglich eingesetzt werden kann. Die AfD hat
Recht, wenn sie fordert, Missstände bei etlichen Behörden
aufzuklären. Dazu gehört eine schlechte Kommunikation zwischen
den einzelnen Polizeibehörden genauso wie die Frage, warum
Beweismaterialien einfach verschwinden können. Für die
Nachbereitung ist das wichtig, aber diese Entscheidungen
sollten gut überdacht werden.

Der Post der AfD-Fraktion bleibt aber dabei: Die „Altparteien“
(ah, da ist der Begriff wieder…) gefährdeten mit ihrer
Trägheit die Sicherheit der Kinder. Hier schwingt übrigens
noch ein anderes, älteres Feindbild mit. Gerne wird (besonders
den Grünen) Pädophilie vorgeworfen. Diesen Gedanken fasse ich,
als ich gerade die Kommentare öffne und siehe da – eine
(zugegebenermaßen nicht gerade sachliche) Kritik an der Partei
an sich (nicht etwa an deren Umgang mit dem Fall Lügde!) wird
beantwortet mit der Frage: „pedo?“.

Fazit:
Mein Wissen über das Feindbild der AfD hat sich heute
erweitert. Es geht nicht nur um träge „Altparteien“, denen die
AfD (in Goebbels-Manier) als neue, frische Kraft
gegenüberstehen will, nein, es wird sogar noch weiter
denunziert indem (vor allem den Grünen, AfD-Gegner No.1) das
Prädikat „pädophil“ angehängt wird (und das trotz Äußerungen
aus der AfD, die deutlich fragwürdiger in diese Richtung
gehen). Andererseits muss man zugeben, dass, wenn man den Post
der AfD-Fraktion NRW unkritisch betrachtet und die
Hintergrundinfos nicht hat, dieser Eindruck tatsächlich
widerstandslos entstehen kann.

Deswegen ist unabhängige und kritische Aufklärungsarbeit
notwendig. In diesem konkreten Fall heißt das, man muss klar
und deutlich zeigen, warum man den Antrag der AfD abgelehnt
hat und muss die Fakten unterstreichen. Nicht immer, aber
vermutlich doch an dieser Stelle kann man Populismus
tatsächlich mit Fakten besiegen. Die Fraktionen des Landtags
NRW haben das wohl leider beim Fall Lügde verpasst.

die Schlacht um Wähler im Jahre 2019
Außerdem muss man feststellen, dass die Rechten enorm fleißig
dabei sind, ihre Netzwerke immer weiter zu spannen und eng zu
knüpfen. Es reicht, ein paar Likes in der Nähe der AfD zu
hinterlassen und schon gehört man praktisch „dazu“. Dazu
gehören sicherlich die zahllosen Bots der AfD, aber auch
Online-Arbeit rechter Propagandisten, die erkannt haben, dass
die Schlacht um Wähler im Jahre 2019 auf Instagram geschlagen
wird.

Sicherlich wird man damit nicht alle Menschen erreichen. Doch
es reicht aus, um sich zumindest einen großzügigen Kern an
Wählern „hochzuziehen“ – gerade unter Jugendlichen. Solange
die demokratischen Parteien keine gleichwertige Alternative
(sorry, der musste sein) bieten können, darf man sich nicht
wundern, wenn die AfD diesen Markt übernimmt. Eine groß
angelegte Social-Media-Strategie sollte zur Pflicht jeder
Partei werden!

Zu Teil 1:
 Inside AfD Instagram: Upskirting-Heuchelei, Meuthen im
 Cabrio, FPÖ-TV

Artikelbild: pixabay.com, CC0

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