Intelligente Warenvorselektion im Online-Handel für Mode und Schuhe
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Intelligente Warenvorselektion im Online-Handel für Mode und Schuhe Seminararbeit – Innovationsforum, HU-Berlin Patrick Bottelberger und Peter Hasenstab Patrick.bottelberger@student.hu-berlin.de peter@hasenstab.eu Ein Überangebot von Artikeln im Online-Handel mit Mode und Schuhen er- schwert die Suche und den Kauf für Kunden mit pragmatischer Einstellung beim Kleidungskauf. Die hier beschriebene Innovation soll den Kunden helfen, die große Zahl an Artikeln im Vorhinein entsprechend ihren Bedürfnissen zu reduzieren. Durch die elektronische Befragung einzelner Kunden und Auf- zeichnung des Kaufverhaltens, werden Kundensegmente mit Verfahren aus dem maschinellen Lernen erstellt, in die anschließend für eine intelligente Waren- vorselektion genutzt werden können. Dieser Dienst kann auf vielfältige Weise in ein Geschäftsmodell überführt werden. 1 Einleitung Computer gestützte Fashion Beratung ist ein Thema, welches nicht nur im B2C Bereich immer mehr an Bedeutung gewinnt. In der Modewelt geht es meist darum, zu wissen was morgen „angesagt“ sein wird und welche Trends sich durchsetzen bzw. welche sterben. Dazu werden zunehmend Business-Intelligence-Systeme eingesetzt. Dieser Trend zur IT-Integration im Geschäftszweig Mode, wird von Fachleuten je- doch kritisch beäugt. Die Vorhersage eines Trends könnte über den Aufstieg oder den Untergang eines Modelabels entscheiden Für den Kunden herrsch auf diesem Markt ein Überangebot an Artikeln, das sich auch im Online-Handel zeigt. Anders als die aufwendig gestalteten Filialen vieler Modelabels oder Händler, können Kunden im Internet das Angebot nur auf Basis von wenigen Dimensionen wie etwa Farbe, Größe, Kleidungsart und Marke einschränken. Anschließend bleibt die Zahl der Artikel teilweise weiterhin unüberschaubar. Durch eine intelligente Warenvorselektion soll die Menge der Artikel auf eine An- zahl reduziert werden, die eine neuartige intuitiv zu bedienende Benutzeroberfläche ermöglicht. Dem Kunden soll wie in einer Filiale das Gefühl gegeben werden, durch kompetente Mitarbeiter zu den richtigen Artikeln geführt zu werden. Der erste Schritt zu diesem Ziel ist eine Vorselektion des Überangebots an Kleidungsstücken auf Basis individueller Kundenbefragungen. Die Informationen aus diesen Befragungen werden in einem Algorithmus verarbeitet, der dem Kunden eine Vorauswahl an Artikeln prä- sentiert. adfa, p. 1, 2011. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
Im Folgenden wird ein Überblick zu dem Thema gegeben. In Kapitel zwei wird die Innovation beschrieben. Kapitel drei zeigt den Nutzen der Innovation. Ein Ausblick auf das Geschäftsmodell wird in Kapitel 4 präsentiert.1 1.1 Fashionsegment Der Bereich Fashion ist aus dem E-Commerce nicht mehr weg zu denken. Gleich- zeitig hat sich der E-Commerce für jeden Modehändler sowohl zu einer Gefahr wie auch strategischen Option entwickelt. So hat 2011 auch H&M einen Webshop im Angebot. Die entstandene Vielfalt der Angebote und die gewonnene Informationstransparenz - etwa über Preise, Verfügbarkeit und Service - bringt große Vorteile für den Endkun- den mit sich. Jedoch verursachen das wachsende Angebot und die große Vielfalt eine Überforderung bei diversen Käufergruppen, auf welche später noch genauer einge- gangen wird. 1.2 Herausforderung Das wachsende Angebot von Online Händlern im Fashion Bereich wird für End- kunden zunehmend schwieriger zu überschauen. Filtermechanismen sollen hier oft Abhilfe schaffen. Auch semantische Umschreibungen schwer objektiv klassifizierba- rer Artikelgruppen können dem Endnutzer eines Webshops helfen, seine Kaufent- scheidung zu treffen. Jedoch treten hier zwei Probleme auf. Zum einen vermindert sich die Artikelmenge nur wenig und mühsam. Allein bei Zalando gibt es im Bereich Herrenmode über 27.000 Artikel. Da ist etwa die Filterung nach Größe nur eine schwache Eingrenzung. Zum anderen ist es eine große Herausforderung gerade im subjektiv emotionalen Artikelfeld Mode, passende Filterkriterien zu finden. Überschneidungen sowie abwei- chende nicht normierte Bezeichnungen machen dies zu einem fast unlösbaren Prob- lem. Dennoch scheint diese Vorauswahl durch ein System oder die Kundenorientierte Bezeichnung von Ware essentiell. So hat eine Studie der HU-Berlin über Konsumen- ten Suchverhalten mit Semantischen Begriffen gezeigt, dass eine Kundentyp- Orientierte Bezeichnung von Ware leichter Absatz findet, als eine rein auf objektiven Kriterien basierende. 1.3 Zielgruppenfokus Für den Endkunden ist eine solche Vorauswahl also durchaus ausschlaggebend. Dies äußert sich unter anderem durch die Bereitschaft auf der Zielplattform – dem entsprechenden Webshop – Zeit mit der Suche nach dem gewünschten Produkt zu verbringen. Bei unterschiedlichen Zielgruppen divergiert diese Bereitschaft stark. So zeigen Männer im Durchschnitt weniger Bereitschaft, Zeit für die Online Recherche der Warenangebote im Webshop aufzubringen. Dies führt zu einem durch Pragma- 1 Kapitel 1 und 4; Peter Hasenstab. Kapitel 2 und 3; Patrick Bottelberger
tismus geprägten Suchansatz. Durch die – dem Überangebot verschuldet – ineffiziente Suche, wird dieser Ansatz jedoch nicht befriedigt. Diesen hemmenden Faktor gilt es für speziell die männliche Zielgruppe zu ver- mindern. Hierzu gibt es bereits diverse Ansätze, etwa vorschlagsorientierte Angebote. Anhand vergangener Suchen, Käufe und Data Mining Analysen werden Profile er- stellt auf deren Grundlage neue Angebote kombiniert werden, welche von Interesse für den Kunden sein könnten. Die Hypothese hierbei wäre, dass der Kunde sich ver- hält wie viele andere mit ähnlichem Suchverhalten. Gerade durch die bereits ange- sprochene Semantische Vielfalt im Fashion-Bereich birgt dieser Ansatz ebenso Schwierigkeiten. Auch das Verifizieren von Käufergruppen durch Preisselektion ist durch die homogenen Preisspannen in heterogenen Artikelfeldern nicht sinnvoll. Um die angesprochenen Hürden zu nehmen ist es nötig, sich auf die Ebene des Käufers zu begeben und dessen Bedürfnisse nach Beratung zu analysieren. Im Ein- zelhandel gilt die Devise, dass Beratung entscheidend für eine nachhaltige Kunden- bindung ist. Der Prozess der Kundenbetreuung verläuft hierbei über viele Branchen hinweg sehr ähnlich. Der Kundentyp wird zunächst klassifiziert. Doch im Gegensatz zu Online-Shops wird im Einzelhandel der Kunde befragt um eine qualitativere Klas- sifizierung vorzunehmen. Zum einen da hier nicht die Möglichkeit besteht, Analysen und Statistiken zum Kaufverhalten als Datengrundlage zu verwenden und zum ande- ren, weil der Kunde wenig Aufwand hat, die Fragen zu beantworten. Kombiniert man diese zwei Ansätze der personifizierten Betreuung und der Data Mining gestützten Analyse des Kauf- und Such-Verhaltens, erhält man ein völlig neuen Ansatz Kunden zu betreuen und somit auch eine Möglichkeit ihnen den Zu- gang zum Artikelsortiment zu erleichtern. Nun beziehen wir diesen Ansatz wieder auf die Zielgruppe Männer und das Segment Mode. Für eine qualitative Filterung des Artikelsortiments benötigt man also zunächst ei- nige Informationen des Kunden um ihn exakt klassifizieren zu können. Hier macht man sich die gleiche Vorgehensweise wie im Einzelhandel zu Nutze und erhöht die Bereitschaft der Informationsfreigabe durch die Erwartungshaltung an die fachliche Beratung. So kann eine Online Abfrage von typspezifischen Daten dazu dienen im Vorhinein Artikelgruppen auszuschließen. Dies wird realisiert durch einen Online- Style Guide. Man vermittelt dem männlichen Kunden durch eine Web-Applikation oder ähnli- ches, bei welcher er zu Beginn diverser persönliche Informationen angibt. Hierzu zählen z.B. selbsteinschätzende Fragen über den Typ oder Vorlieben. Die Bereitschaft dies zu tun besteht durch die Erwartung an eine Expertenmeinung. Im Hintergrund werden nun Data Mining Muster und Algorithmen mit den Nutzer-Angaben vergli- chen und zusammengeführt. Die Artikelstammdaten werden anschließend nach den entstehenden Kriterien für ein personifiziertes Angebot durchsucht und ausselektiert. So kann innerhalb kürzester Zeit eine Modeberatung beim Online Shoppen erfol- gen. Diese Beratung wird genutzt, um personifizierte Angebote zu finden und den schnellen Suchansatz zu befriedigen.
1.4 Mitbewerber Der Ansatz kurze Suchzeiten zu bevorzugen und nicht in ein Stöbern zu verfallen ist eine Voraussetzung für das Problem des Überangebots. Da dieses Verhalten vor- wiegend bei Männern besteht, ist der Online-Style-Guide primär auf diese Zielgruppe ausgerichtet. Der Ansatz der Style-Beratung Online wird bereits durch einen Deut- schen Mitbewerber verwirklicht. ’Paul Secret’ ist ein Münchner Start-Up welches den Anspruch der persönlichen Beratung sehr ernst genommen hat. Hier wird durch eine professionelle persönliche Style Beratung und der Information anhand eines Fragebo- gens ein Profil erstellt und man erhält durch einen persönlichen Telefonkontakt einen Modevoschlag, welcher sofort über Paul Secret bestellbar ist. Die Ware wird dann zusammengestellt und verschickt. Das Modesegment ist jedoch ausschließlich in der gehobenen Klasse verfügbar und die persönliche Beratung ist zwar wie der Versand kostenfrei, jedoch wird bei der Zusammenstellung noch eine Preisdifferenz für den Service genutzt bzw. die Vorbestellung genutzt. Da Versand und Rücksendung kos- tenfrei sind, trägt der Anbieter ein erhöhtes finanzielles Risiko. Da er die Ware even- tuell nicht auf Kommissionsbasis kaufen kann. Auch ist das Konzept der persönlichen Beratung nicht skalierbar. Die Berater für Paul Secret sind professionelle Style Gui- des jedoch können diese nur jeweils eine fixe Anzahl von Anfragen bearbeiten. Nachdem bereits Mode Vorhersagen auf Business Intelligence Systemen basieren, ist die Beratung also nicht mehr ausgeschlossen. Durch diesen hier vorgestellten in- novativen Ansatz könnte ein System ähnlich wie Paul Secret für viele Online-Shops für Herrenmode verfügbar sein. 2 Innovation Das Überangebot an Artikeln im Online-Handel führt zu ähnlichen listenorientier- ten Warenpräsentationen in vielen Online-Shops. Kunden können das Angebot nur auf Basis von wenigen Dimensionen wie etwa Farbe, Größe, Kleidungsart und Marke einschränken. Anschließend bleibt die Zahl der Artikel teilweise weiterhin unüber- schaubar. Das „Online-Shoppingerlebnis“ kostet den Benutzer viel Zeit und stellt sich durch ständiges „scrollen“ und „weiter-klicken“ eintönig dar. Durch eine intelligente Warenvorselektion soll die Menge der Artikel auf eine An- zahl reduziert werden, die eine neuartige intuitiv zu bedienende Benutzeroberfläche ermöglicht. Diese Benutzeroberfläche soll durch spielerische und dynamische Ele- mente ein innovatives „Online-Shoppingerlebnis“ bieten. Der Kunde kann dadurch zum längeren Verweilen im Online-Shop und zum Cross- und Upselling angeregt werden. Dieses innovative „Online-Shoppingerlebnis“ setzt sich aus drei Komponenten zu- sammen: Jeder individuelle Kunde muss erstens durch Ausfüllen eines Fragebogens
Informationen preisgeben, die seine Einordnung in ein bestehendes Segment ermögli- chen und Rückschlüsse auf den von ihm fokussierten Bedarf zulassen. Die zweite Komponente ist die Segmentierung auf Basis von historischen Daten. Durch Verfah- ren aus dem maschinellen Lernen werden Kunden und Produkte in Segmente einge- teilt. Der dritte Baustein ist die Anwendung des „künstlich“ generierten Wissens. Dabei wird ein neuer Kunde durch den von ihm ausgefüllten Fragebogen, in ein be- stehendes Segment eingeteilt. Anschließend werden ihm die passenden Produkte für sein Kundensegment angeboten. Durch die Anwendung werden wiederrum neue Da- ten generiert, die eine ständige Verbesserung und Anpassung des maschinellen Ler- nens ermöglichen. Alle drei Komponenten werden nachfolgend im Einzelnen be- schrieben. Die beschriebene Dienstleistung wird Online-Versandhändlern als Web-Service zur Verfügung gestellt. Die Daten über Kunden und Produkte bleiben somit in unserer Datenbank und werden nur aggregiert an Geschäftspartner weitergegeben. 2.1 Kundenprofile Die Aufnahme von Kundenprofilen ist aus zwei Gründen wichtig: Erstens ist sie die grundlegende Voraussetzung für die Erstellung eines Trainingsdatensatzes zur ersten Segmentierung von Kunden- und Produktdaten; zweitens kann ein neuer Kun- de nur einem bestehenden Segment zugeordnet werden, wenn Informationen über sein Profil erfasst werden. Ein Kundenprofil besteht aus zwei Elementen: einem ausgefüllten Fragebogen zur psychologischen und demografischen Einordnung des Kunden und aus der Kaufhisto- rie des Kunden. Fragebogen zur Einordnung des Kunden Der Fragebogen zur Einordnung des Kunden hat vier Bestandteile: (a) Selbsteinschätzung (b) Kleiderbestand (c) Fakten (d) Demografische Daten (e) Fokus Die Selbsteinschätzung des Kunden soll helfen, seinen derzeitigen aber auch ge- wünschten Stil zu identifizieren. Hierzu können dem Kunden neben Fragen zur Mode auch Fragen aus anderen Bereichen gestellt werden, die Rückschlüsse auf seinen Stil oder einen Stil-Stereotypen schließen lassen; etwa Reiseziele, Automarken, Wohnge- gend, Mobiliar, bevorzugter IT-Hersteller, Filme oder Musik. Fragen nach dem Kleiderbestand gehen in eine ähnliche Richtung wie die Selbst- einschätzung, haben aber den bestehenden Inhalt des Kleiderschranks als Fakt. Eine mögliche Frage ist „Welches der abgebildeten Kleidungsstücke findet sich am ehesten in Ihrem Kleiderschrank?“. Zu den Fragen nach Fakten zählt die Auskunft über Kleidergröße, bevorzugte Marken, Lieblingsfarben, Schnitt und Preissegment.
Demografische Daten wie das Alter, Beruf, Wohnort und Lebensverhältnisse wer- den ebenfalls zur Einschätzung herangezogen. Zuletzt gilt es auch den Fokus des Kunden im Kaufprozess zu Erfassen. Dass Kun- den sich umfassend einkleiden wollen ist eher die Ausnahme. Der Kunde soll daher die Möglichkeit haben, ein bestimmtes Kleidungsteil, das er gerade am dringendsten benötigt, anzugeben. Kaufhistorie Eine weitere Datenquelle für die Bildung eines Kundenprofils sind die operativen Datenbanken (OLTP) oder auch analytischen Datenbanken (OLAP) der Versandhänd- ler. Hieraus können Daten über das Kaufverhalten von Kunden über deren gesamte Beziehung zum Unternehmen extrahiert werden. Neben dem Kaufverhalten kann das auch das Nutzungsverhalten der Website beinhalten. 2.2 Technische Umsetzung Für die technische Umsetzung der Innovation werden drei bewährte Technologien eingesetzt. In einer Datenbank werden alle gesammelten Daten zu Kunden und Pro- dukten verwaltet. Auf der Datenbank werden regelmäßig Clusteranalysen aus dem maschinellen Lernen zur ständigen Segmentierung angewendet. Die Bereitstellung der Informationen erfolgt über Web Services. Datenbank Jeder über den Webservice angebundene Kunde leitet die Daten der Kunden, die den Fragenbogen zur Profilerstellung ausgefüllt haben, an die Datenbank weiter. Ebenso werden alle Daten über Produkte in der Datenbank hinterlegt. Die Ergebnisse der Clusteranalyse werden als Metadaten abgespeichert, sodass Kunden und Produkte mit entsprechenden Clustern in Verbindung gebracht werden können. Das Schema der Datenbank wird ähnlich dem Star-Schema von Data-Warehouses aufgebaut, bei dem im Mittelpunkt eine Relation mit Fakten (z.B. Produkte) steht, die durch Dimensionen (z.B. Farbe, Größe oder Stil) beschrieben werden. Jede Dimensi- on ist ebenfalls durch eine Relation vertreten, die in Verbindung mit der Faktenrelati- on steht. Eine so strukturierte Datenbank ermöglicht es, Aussagen über die Beziehung zwi- schen Kunden und Produkten zu machen, genauso wie Aussagen über einzelnen Kun- den oder Produkte. Mit anderen Worten, das Wissen in der Datenbank ermöglicht sowohl die intelligente Warenvorselektion von Artikeln, als auch die Bereitstellung von Informationen über Produkte und Kunden an dritte Unternehmen. Clusteranalyse Für die Durchführung einer Clusteranalyse ist das Vorhandensein eines Trainings- datensatzes obligatorisch. Es kann also kein Dienst angeboten werden, bevor nicht ein Minimum an Daten bereitsteht, um den Clusteralgorithmus zu trainieren. Eine mögli-
che Vorgehensweise für die Erstellung, ist die Schaffung von Anreizen für Bestands- kunden, den Fragebogen zur Profilerstellung auszufüllen. Bei dieser Vorgehensweise kann eine repräsentative Untermenge oder eine spezielle Untermenge an Bestandkun- den mit interessanter Kundenhistorie ausgewählt werden. Durch die Verknüpfung der Ergebnisse aus den Fragebogen mit der Kundenhisto- rie entsteht die Trainingsmenge für die Clusteranalyse. Bevor die eigentliche Clusteranalyse durchgeführt werden kann, müssen die Daten jedoch in eine geeignete Form gebracht werden. So enthalten die Ergebnisse der Fra- gebogen etwa pro Zeile nur einen Kunden, während die Kundenhistorie eine Zeile pro Transaktion eines Kunden speichert. Neben dieser strukturellen Anpassung müssen die Daten auch hinsichtlich Format und Wertebereich angepasst werden. Schließlich muss vor allem die Datenqualität hoch sein. Es müssen Regeln für den Umgang mit fehlenden Werten, sowie mit Ausreißern und Extremwerten definiert werden. Sind die Daten zusammengeführt und bereinigt, muss die Auswahl von Feldern vorgenommen werden, die in die Clusteranalyse eingehen. Dazu sind umfangreiche Datenexplorationen notwendig, in denen Verteilungen der Daten, Korrelationen und statistische Kennzahlen untersucht werden. Für Clusteranalysen stehen verschiedene Algorithmen zur Verfügung. Man unter- scheidet zwischen partitionierenden und hierarchischen Verfahren. Ersteres versucht durch Iteration des gesamten Verfahrens optimale Cluster zu finden, letzteres definiert zunächst jedes Objekt als eigenes Cluster und bildet dann aus diesen schrittweise immer größere Cluster (agglomeratives Verfahren). Beiden Verfahren gemein ist die Suche nach Ähnlichkeitsstrukturen. Das gesamte Analyseverfahren ist nicht im Vorhinein zu automatisieren. Es ist da- her ein zweistufiges Vorgehen für die Entwicklung vorzusehen. Zunächst wird in einem Pilotprojekt eine manuelle Clusteranalyse durchgeführt. Darin wird vor allem Erfahrung im Umgang mit den Daten, als auch mit den unterschiedlichen Algorith- men gesammelt. Im zweiten Schritt wird dann aus den Erfahrungen ein standardisier- ter Prozess abgeleitet, der in einem eigenen Algorithmus abgebildet wird. Nachfol- gende Projekte können dann auf dieser Struktur aufsetzten, da sowohl Fragebogen als auch Produktdaten standardisiert sind. Web-Service Für die Kommunikation des hier beschriebenen Systems mit den Anwendungen der Online-Versandhändler wird eine Web-Service-Architektur angewendet. So kön- nen die Versandhändler den Dienst für die intelligente Warenvorselektion in ihr Onli- ne-Angebot integrieren. Die Integration ist vorteilhaft, da die Auslagerung des Diens- tes für den Kunden transparent ist und somit keine zwei Dienstleister während des Einkaufs in Erscheinung treten. Jeder Online-Versandhändler kann den Dienst auf seiner Website unterschiedlich einbinden und sich somit von Mitbewerbern differen- zieren. Die Funktion des Dienstes bekommt als Parameter die Ergebnisse des Fragebo- gens, den der Kunde ausgefüllt hat, sowie eine ID des Online-Versandhändlers, damit keine Artikel angeboten werden, die nicht im Sortiment sind. Der Dienst verarbeitet
die Abfrage dann und gibt eine Liste der in Frage kommenden Produkte an den Webshop zurück. Dieser kann dann die Produkte dem Kunden anbieten. 2.3 Anwendung auf neue Kunden Nach dem Aufbau eines ersten Datenbestands kann der Dienst für neue Kunden angeboten werden. Der Kunde bekommt den Dienst auf der Website des Online- Versandhändlers als Option angeboten. Entscheidet er sich dafür, muss er den Frage- bogen ausfüllen. Anschließend wird der Webservice aufgerufen und der Kunde erhält eine vorselektierte Auswahl aus dem Sortiment des Online-Versandhändlers. Seine Daten werden in der Datenbank des Services gespeichert und für die Verbesserung und Aktualisierung der Clusteranalyse verwendet. Die Reduktion der angebotenen Artikel eröffnet für den Online-Versandhändler anschließend neue Möglichkeiten der Warenpräsentation. Unter der Annahme, dass die Artikel bereits dem gewünschten Stil entsprechen und die Anzahl überschaubar ist, lassen sich Webanwendungen implementieren, in denen der Benutzer dynamisch und intuitiv komplette Outfits gestalten kann. Hier könnten zum Beispiel durch Bild- kennung, farblich abgestimmte Kleidungsstücke direkt auf eine digitale Schaufenster- puppe projektiert werden. Dieses Verfahren kann vor allem Cross- und Upselling- Effekte verstärken. Eine vorselektierte Auswahl von Artikel könnte sich zudem für Anwendungen auf Smartphones eignen. Da auf dem Display kein Platz für die Darstellung großer Listen von Artikeln vorhanden ist, lassen sich spielerische Anwendungen realisieren. Zum Beispiel wird dem Benutzer eine Folge von Artikel einzeln angezeigt, und er kann über eine positive und negative Antwortmöglichkeit entscheiden, ob ihm der Artikel gefällt. Oder er kann den Artikel direkt unter bestimmten Kriterien (Farbe, Schnitt oder Stoff) positiv/negativ bewerten. Auch hierüber können Daten gesammelt werden, die eine Verbesserung des Lernalgorithmus bewirken. 3 Nutzen 3.1 Endkunden Für die Gruppe von Endkunden, die den Kleiderkauf sehr pragmatisch angeht, ergibt sich durch die Innovation zum einen eine Zeitersparnis, die sich messen lässt, und zum anderen ein subjektives Gefühl schneller zur den wirklich interessanten Ar- tikeln gekommen zu sein als über den konventionellen Weg des Suchens. Mit der Herausgabe von persönlichen Daten und der dafür erhaltenen Aufbereitung eines personalisierten Angebots, ändert sich auch die Beziehung des Endkunden zum Online-Versandhändler. War er zuvor nur ein anonymer Besucher der Website, ist er jetzt ein wertvoller Kunde, der ein eigen für ihn definiertes Sortiment erhält.
3.2 Online-Versandhändler Durch die optimierte Aufbereitung der Warenpräsentation ergeben sich für den Versandhändler Möglichkeiten im Bereich Cross- und Upselling. Ein Kunde der sich für einen Stil-orientieren Einkauf entschieden hat, ist offener für ähnliche, bessere oder ergänzende Angebote. Durch die Reduzierung der Suchzeiten im Online-Shop bei gleichzeitiger Eingren- zung des Angebots, lässt sich auch die „Conversation-Rate“ verbessern. Mit der „Conversation-Rate“ wird der Anteil von Käufern an Besuchern ausgedrückt. Im Wettbewerb kann die Innovation dem Online-Versandhändler auch helfen, sich von Konkurrenten zu differenzieren. 3.3 Bekleidungshersteller und Modemarken Modemarken und Bekleidungshersteller, die den größten Teil ihres Geschäfts über Zwischenhändler abwickeln, verfügen über nur wenige direkte Informationen zu ihren Kunden. Mit der hier beschriebenen Datenbank können diese Informationen aber pro Kleidungsstück, Marke oder Hersteller aggregiert werden. 4 Positionierung am Markt Die Idee kann auf verschiedene Art und Weise im Markt positioniert werden. Hierbei hilft vor allem die Adaptivität der IT-Lösung. Da der Web-Service schnell und einfach in jede Systemlandschaft integrierbar ist, entstehen auch verschiedene Modelle der technischen Umsetzung. Eigenständige Websites, Frontend und Backend Integration in Shopsysteme, Einzelhandelssupport durch mobile Anwendungen und vieles mehr. 4.1 Alternativen Vielfalt Zum einen könnte man die Lösung als ’Software as a Service’ anbieten und von den Nutzern im Business-Segment einen Anteil von daraufhin erfolgreichen Kauf- Transaktionen erheben. Zum anderen ist die Einbindung in eine Shoplandschaft ohne Barriere möglich, so dass die Lösung gelabelt werden und die anfallenden Daten nach entsprechenden Geschäftsbedingungen weiterverwendet werden können. Weiter könnte man den Service über eine eigenständige Homepage anbieten und die zusammengestellten Lösungen mit einem Preis- bzw. Servicevergleich Kunden- orientiert darstellen. Die Werbung bzw. die Präsens der Händler könnte dann entspre- chend vermarktet werden. Vor allem in diesem Anwendungsfall zeigt sich einer der Vorteile gegenüber Mit- bewerbern. Der Kunde erhält ohne Latenz und völlig diskret personifizierte Angebote und kann selbst entscheiden welche er auswählt. Statt auf einen Rückruf durch einen
Berater und die Bestellung über den Service angewiesen zu sein. Man hat somit keine Händlerbindung und kann Preisunterschiede besser nutzen. 4.2 Realisierung Die Vielfältigkeit der Umsetzung birgt jedoch auch die Gefahr den Fokus zu ver- lieren. Daher realisiert man die Idee zunächst eingeschränkt um eben mögliche Fol- geprojekte fokussiert für Skalierungseffekte zu nutzen. 4.3 Eintrittsbarrieren Zu Beginn sind die Eintritts und Umsetzungsbarrieren zu betrachten. Hier sehen wir vor allem das Bedürfnis nach Daten zum Nutzerverhalten, diese sind selbst mit dem Einverständnis möglicher Partnerunternehmen aus Datenschutzgründen oftmals nicht für externe Instanzen verfügbar. Ohne diese, sind jedoch eine Ausarbeitung und vor allem die Verifizierung der Data Mining Algorithmen kaum möglich. Weiter ist der Bekanntheitsgrad und somit die Nutzerzahl zunächst eingeschränkt und kann ohne aufwendiges Marketing kaum exponentiell wachsen. Jedoch wäre dies nötig um die Qualität der Ergebnisse nachhaltig zu verbessern und eigene Korrelationen zum Nut- zerverhalten selbst beschreiben zu können. 4.4 Umsetzung Um die beschriebenen Herausforderungen forcieren zu können ist es nötig eine strukturierte Strategie zu haben. Im Folgenden beschreiben wir eine mögliche Strate- gie zur Umsetzung eines konkreten Handlungsansatzes. Pilotprojekt Zu Beginn der Umsetzung benötigt man einen Prototypen – neben der Vorarbeit durch algorithmische Recherche und der Zusammenstellung möglicher Data Mining Ansätze ist die Logik des Gesamtprozess zu implementieren. Mit dieser Umsetzung ist es einfacher einen Partner aus dem E-Commerce Bereich für Männer Mode zu finden um den Piloten exklusiv in dessen Umgebung auszubauen. Wichtig hierbei ist rechtlich zu separieren, zwischen Geschäftslogik und Datengrundlage des Partners. Die benötigten Daten zur Verifizierung der Prozesslogik und zum Erhalt der Klassifi- zierungskriterien sind dann vorhanden. Innerhalb oder für die Belange des Unterneh- mens können diese dann verwendet werden, um die Algorithmen zu verbessern. Den- noch ist rechtlich hier zu klären in wie fern man gefundene Korrelationen weiterver- wenden darf. Weiter ist durch dieses Pilotprojekt die Finanzierung gesichert um anschließend ei- nen möglichen Ausbau voranzutreiben. Für das Pilotprojekt selbst gibt es Eintrittsbar- rieren. Diese werden im folgenden Absatz beschrieben und eine mögliche Lösung aufgezeigt.
Eintrittsbarrieren – im Pilotprojekt Die Partnerschaft zu einem E-Commerce Unternehmen einzugehen birgt diverse Herausforderungen. Die erste und offensichtlichste ist, ein Partnerunternehmen zu finden. Hier glauben wir an die Möglichkeiten und den Erfolg unserer Idee. Wider- spiegeln könnte sich dies am Preismodell für den Pilot. So ist zum Beispiel eine Grundfinanzierung des Unternehmens möglich, welche durch Anteilige Gewinnbetei- ligung im Erfolgsfall ausgebaut werden kann. So minimiert man das Risiko des Part- nerunternehmens und sichert die Finanzierung des eigenen Unternehmens. Eine andere Eintrittsbarriere für das Pilotprojekt ist die rechtliche Seite nach Ab- schluss des Projekts. Da beiden Seiten einen Profit aus der Partnerschaft ziehen ist es schwierig Forderungen aufzustellen. Die Möglichkeit einer Lizenzierung wäre gege- ben, so bleibt dem eigenen Unternehmen genug Handlungsspielraum für den Ausbau und Entwicklung. Die Während der Partnerschaft entstandenen Daten sind möglicherweise Eigentum des Partners. Hier ist rechtlich zu klären ob diese anschließend weiter verwendbar sind. Andernfalls sollte die Optimierung der Algorithmen entsprechend Datenunab- hängig weiterverwendbar sein. Die Daten werden also lediglich für die Optimierung gebraucht und das Resultat bleibt abstrakt und datenunabhängig. Weiterentwicklung Nach der Pilotphase konnte der Erfolg der Idee bewiesen werden, zudem sind Branchen-Abhängiges Know-How gewachsen. Damit ist es möglich Folgeprojekte zu gewinnen, bei welchen der entstandene Dienst adaptiert werden kann. Auch sollte man den Dienst eigenständig und unabhängig anbieten – etwa als Beratungs- und Vergleichs-Portal. Durch Vermittlung sichert dies eine Grundfinanzierung und man erhält sein eigenes Testfeld. Der Großteil des Umsatzes sollte aber aus den B2B Be- ziehungen resultieren. Hier basiert das Geschäftsmodell auf Lizenzierung und Bera- tungsleistung. Die Gewinnbeteiligung bezüglich exakter Vorschläge – welche dann anschließend gekauft wurden – wäre eventuell lukrativer. Jedoch ist es unwahrschein- lich, dass Unternehmen sich auf dieses Modell einlassen. Da der Zusammenhang zwischen Vorschlag und Kaufentscheidung nur schwer beweisbar ist. Dennoch ist eine Anpassung an den Umfang des Unternehmens enorm wichtig. So entsteht das folgende Geschäftsmodell. 4.5 Geschäftsmodell Direktgeschäft Da die Beweisbarkeit eines erfolgreichen Kaufabschluss schwierig ist und das Un- ternehmen den Umfang dieser Quote zu Beginn schwer einschätzen kann, ist es einfa- cher die Anfragenanzahl des Dienstes zu betrachten und diese ins Lizenzierungsmo- dell mit einzuplanen. So ergibt sich eine monatliche Grundgebühr etwa für Hardware und die Bereitstellung des Dienstes und eine zugriffszahlabhängige Lizenzierung.
Abbildung 1 - Geschäftsmodell style.me Beratungsgeschäft Da während des Operativen Einsatzes des Service verwertbare Muster und Analy- sen anfallen, welche weiter verwendet werden können ist eine weitere Teilsparte des Geschäftsmodells das Beratungsgeschäft. Hier werden auf Anfrage Analysen zu be- stimmten Korrelationen untersucht und so könnten etwa Mode-Trends erkannt werden oder Suchverhalten analysiert werden. Dieses Beratungsgeschäft wäre dann Projekt- basiert um das Preismodell flexibel zu halten.
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