Jahrbuch der Kölner Münzfreunde 2 (2021) 168-174 - Der Kölner Münzmeister und Präfekt Renerus Budelius (vor? 1540-nach 1602) - Lirias

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Jahrbuch der Kölner Münzfreunde 2 (2021) 168-174

          Der Kölner Münzmeister und Präfekt
        Renerus Budelius (vor? 1540–nach 1602)
                              JOS BENDERS
Im Jahr 1591 publizierte Renerus Budelius De monetis et re numaria libri
duo. Quorum primus artem cudendae monetae, secundus vero quaes-
tionum monetariarum decisiones continet. Seine Arbeit wurde für we-
nigstens zwei Jahrhunderte vielfach in verschiedenen europäischen Län-
dern als Standardwerk benutzt. Trotzdem scheinen er und seine Arbeit
heutzutage praktisch vergessen zu sein. Sogar in der 2014 erschienenen
Geschichte seines Geburtsorts Roermond wird der ehemals berühmte Au-
tor nicht erwähnt (Nissen & Van der Bruggen 2014). Als Anfang eines Ver-
suchs zur „Rehabilitation“ präsentiere ich in diesem Aufsatz seine biogra-
fischen Daten und eine Skizze seiner Karriere. Hoffentlich ist dies ein An-
fang, und hoffentlich auch ein Anreiz für zukünftige Forschung über Bude-
lius’ Einfluss auf monetäre Denkbilder.

Herkunft aus Roermonder Münzmeisterfamilie
Am 21. Dezember 1554 wird ‚Reynair Buydels Reynairszoon‘ zum ersten
Mal genannt, und zwar in einer Gerichtsakte aus Roermond. Das heißt
wohl, dass er zu dieser Zeit bereits als Erwachsener angesehen wurde,
was vermutlich ab einem Alter von 14 Jahren der Fall war. Daraus lässt
sich schließen, dass er spätestens 1540 geboren worden sein muss.
Sein gleichnamiger Vater wird erstmals für das Jahr 1537 als Münzmeister
zu Roermond im Dienste des geldrischen Herzogs Karl von Egmond (reg.
1492–1538) erwähnt. Er war verheiratet mit Catharina van Meijsenburgh,
die aus einer lokalen Magistratenfamilie stammte. Sein Großvater, der
ebenfalls den Vorname Reiner hatte, war Arzt. Über ihn ist wenig bekannt,
aber da sein Sohn eine Tochter aus einer führenden Familie heiratete,
muss er wohl auch zu den lokalen Notabeln gezählt haben.
Das Ehepaar Van Budel – Van Meijsenburgh hatte mindestens vier Kin-
der: Christoffel, Jan oder Johan, Reiner und Catharina. Nach seiner Amts-
zeit in Roermond, die spätestens 1538 endete, war Van Budel senior
Münzmeister für den Prinz-Bischof von Lüttich in der Münzstätte Hasselt
(heute die Hauptstadt der belgischen Provinz Limburg). Wegen mangel-
hafter Überlieferung Lütticher Münzurkunden lässt sich seine Karriere nur
grob nachvollziehen. Mit Sicherheit wurde er vom Lütticher Bischof Georg
von Österreich am 8. August 1556 zum Münzmeister von Hasselt ernannt
168
(de Chestret de Haneffe 1890: 251). Dieser Bischof starb aber bereits
1557, was vermuten lässt, dass Van Budel senior nicht lange in dieser
Münzstätte tätig gewesen ist. Er muss sich jedoch einen guten Ruf erwor-
ben haben, da er als Vertreter von Bischof Gerard van Groesbeek (reg.
1565–1580) zur ersten Tagung des Niederrheinisch-Westfälischen Krei-
ses in Köln gesandt wurde. Wie sein Sohn erwähnt, starb er bereits am
Anfang dieser Tagung, die am 20. Oktober 1566 startete.
Laut Reiner junior waren seine beiden Brüder auch als Münzmeister tätig
(„fratres mei bini, in domino quoque mortui, diversis Rheni & VVestphalici
circuli argyrocopiis, et cudendarum monetarum officinis, videlicet Electo-
rali apud Tuitienses, Ducali, apud Leodienses & Hasselensis, tum etiam
Reg Maiest Hisp apud Traiectenses, & in mea patria Ruremundae,
praepositi fuerunt“). Diese Bestallungen lassen sich nur teilweise bestäti-
gen. Von Jan ist in der numismatischen Literatur bekannt, dass er in den
Städten Hasselt und Lüttich (1573–1574) gearbeitet hat. 1582 wird ein
„Johan van Bulle“ als Wardein genannt, der wohl mit Jan van Budel zu
identifizieren ist. Christoffel ist bekannt als Münzmeister in Maastricht, wo
er in der Periode 1572–1575 für den spanischen König Philipp II., der auch
Herzog von Brabant war, prägte. In der Kölner Münzgeschichte ist die
Stelle von einem der Brüder „apud Tuitienses“, also in Deutz, bisher nicht
belegt. Ihre Schwester Catharina war verheiratet mit einem Van Elsrack –
aus einer Münzerfamilie aus Hasselt. Alle Kinder von Reiner van Budel
senior waren also direkt oder indirekt mit Münzgeschäften verbunden
(Benders 2019).

Budelius in Köln
Am 11. März 1563 wurde laut der Transkription ein „Ren. Buserus Rure-
mundanus“ als Student an der Kölner Universität eingeschrieben. Seine
Studien waren erfolgreich, da er 1566 erstmals als „der Rechten Licentiat“
erwähnt wird. Er heiratete, wohl auch in Köln, eine Barbara von Coesfeldt.
Hier lässt sich fragen, ob Budelius’ Gattin verwandt war mit Heinrich von
„Coisfelt“, der u.a. 1509 als städtischer Münzprüfer erwähnt wird.
1569 schrieb er als Empfehlung für ein Buch des katholischen Theologen
Martin Eisengrein eine Lobrede in Gedichtform (Janssen 2020). Die latei-
nische Fassung dieses Buches wurde von Graminaeus (ca. 1540–ca.
1596) herausgegeben, der wie Budelius aus Roermond stammte (aber als
Mathematiker immer noch als berühmter Sohn seiner Mutterstadt gilt). Ein
zweites Gedicht von Budelius’ Hand befindet sich im Buch Tractatus varii
                                                                         169
atque utiles de monetis earumque mutatione ac falsitate in gratiam studi-
osorum ac practicorum collecti seines Freundes Matthæus Boys (1574).
Der Jurist Boys lehrte an der Kölner Universität und war möglicherweise
ein Verwandter von Budelius. In dem Buch gab er verschiedene bereits
existierende monetäre Traktate neu heraus. Der Autor des Gedichtes wird
„docto atque egregio viro Reinhero Bevdelio Rvremvndano“ genannt, und
„Principis & Electoris Colon. in re monetali prefecto“.
Ab ungefähr 1570 muss Budelius im Dienste des Kölner Erzbischofs Sa-
lentin von Isenburg (reg. 1567–1577) gestanden haben. Zuvor, um 1566,
hatte er seinem Bruder in der Lütticher Münzstätte Hasselt assistiert. 1572
ist Budelius erstmals als Münzmeister in Deutz bezeugt (Noss 1925: 47).
Schon 1574 war er „Präfekt“, ein Amt, über das wenig bekannt ist. Dies
legt auf alle Fälle nahe, dass Budelius bereits in relativ jungen Jahren ein
hohes Amt anvertraut wurde. Vermutlich unter seinem Vorgänger wurde
1568 die erzbischöfliche Münzprägung mechanisiert, womit die Münze in
Deutz zu den Pionieren der mechanisierten Ausmünzung gehört. Budelius
muss also mit dieser damals neuen Maschine gearbeitet haben, die aber
abgeschafft wurde, nachdem Von Isenburg 1577 als Erzbischof zurückge-
treten war.
1578 geriet Budelius in Schwierigkeiten. Aus der Deutzer Münze war Sil-
ber an die Heckenmünze in Hedel (nördlich von Herzogenbusch in den
Niederlanden) geliefert worden. Am 8.10.1578 wurde Budelius gefangen
gesetzt. Obwohl sich herausstellte, dass er unschuldig war, wurde er vom
Erzbischof entlassen. Sein Nachfolger starb aber bald, und „Reinhardt
Beittel“ versuchte, erneut Münzmeister in Deutz zu werden, allerdings
ohne Erfolg (Hirsch 1761: 187). Erst unter Erzbischof Ernst von Bayern
(reg. 1583–1612) fungierte Budelius wieder als Deutzer Münzmeister.
Seine Vereidigung 1586 war jedoch umstritten, aber dank eines Plädoyers
des kölnischen Gesandten wurde „Reinerus Beuttelius“ letztendlich doch
wieder angestellt. Ein Pluspunkt für ihn war, dass die Kölner Universität
ihn mittlerweile zum „Licentiatus juris“ promoviert hatte (Häberlin 1783:
484–485).
Auch außerhalb Kölns wurde Budelius’ Expertise in Münzsachen ge-
schätzt. Caspar von Fürstenberg, ein hoher Beamter des Paderborner Bi-
schofs Theodor von Fürstenberg, erwähnt am 15. März 1591: „Ich schreib
an Lic. Reinerum Budelium Münzmeistern, daß er mir von allerlei golde
3000 Gulden uf meines g. F. und hern zu Paderborn stempel münzen soll“
(Pieler 1873: 146).

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Als Deutzer Münzmeister wird Budelius um 1599 genannt, als er über die
Prägung von Hellern advisierte (Noss 1925: 93–94). Am 6. März 1602 gab
„de[r] gelehrte[.] deutzer Münzmeister Lic. Reiner Budels“ dem Rheinisch-
Westfälischen Kreis Rat in Sachen Scheidemünzen (Noss 1931: 215).
Noss vermutet, dass Budelius wohl kurz danach gestorben ist, da er nicht
mehr in den Probationsprotokollen erwähnt wird, die ab 1604 verfügbar
sind (Noss 1925: 93–95).
Aus seiner Lebensgeschichte geht hervor, dass Budelius in der idealen
Lage war, um praktische und theoretische Einsichten zu kombinieren.

De monetis et re numaria …
Der kölnische Drucker Johannes Gymnius hatte Budelius gebeten, das
vergriffene Buch von Boys zu überarbeiten. Dies tat Budelius gründlich.
Boys’ Tractatus waren zum größten Teil eine neue Ausgabe von Werken
anderer Autoren über monetäre Themen, mit einigen Annotationen von
Boys selbst. Wie in Budelius’ Titel De monetis et re numaria libri duo. Quo-
rum primus artem cudendae monetae, secundus vero quaestionum mo-
netariarum decisiones continet steht, handelt es sich eigentlich um zwei
Bücher. Das erste handelt von der „Ar[s] cudendae monetae“, also von
„der Kunst, Münzen zu prägen“. Vor dem eigentlichen Text stehen Vorbe-
merkungen von 76 Seiten. Das zweite Buch enthält „quaestionum mone-
tariarum decisiones“: Münzpolitik und Währungsfragen. Nach Budelius’ ei-
gener Arbeit folgt ein Tractatus. Mit Ausnahme einer Publikation von Ga-
briel Biel stehen in Budelius’ Buch alle Werke, die Boys bereits publiziert
hatte, sowie 15 zusätzliche Werke. Um eine Idee vom Umfang zu geben:
Die Vorbemerkungen umfassen 76, der Liber primus 155, der Liber
Secundus 109 und der Tractatus 458 Seiten. Es ist durchnummeriert, aber
merkwürdigweise fehlen die Seiten 270 bis 350. Jedenfalls endet das
Buch auf Seite 798, und der Autor hatte Grund abzuschließen mit einer
„Laus Deo, Virginique Matri“.
In beiden Libri kombiniert Budelius Erkenntnisse anderer Autoren, sowohl
klassischer als auch moderner, mit Erfahrungen aus der Praxis. Ein brei-
tes Spektrum von Aspekten wird besprochen, inklusive Münzmaterial, me-
tallurgischer Kenntnisse, Münzrecht, Münzherren, und Falschmünzerei.
Besonders viel Beachtung schenkt Budelius den intrinsischen Werten kur-
sierender Münzen, wobei Köln verständlicherweise der Mittelpunkt der
Erde zu sein scheint. Da seine Meinungen ausführlich diskutiert sind, geht
die Bedeutung seiner Arbeit weit über das Regionale und Zeitgenössische
                                                                        171
heraus. Sie ist ein wahres Kompendium, das noch mehr als 200 Jahre
später in verschiedenen europäischen Ländern benutzt wurde.
Weniger geläufig ist, dass zumindest ein Käufer des Buches bekannt ist,
nämlich der Kölner Patrizier Hermann von Weinsberg (1518–1597). Er
schrieb:
„A. 1591 den 2. septembris habe ich das boich Reneri Budelii ‚De monetis
et re numeraria‘ bei dem trucker, Johannem Gymnicum im Einhorn, lais-
sen kaufen und darvor 9 mr. bezalt, noch vom inbindem 3 oct. 26 alb.
bezalt. Disser Budelius war Ruremundanus, civis Coloniensis, licentiatus
iuris, prefectus monetarum archiepiscopi Coloniensis, wonte mit siner
hausfrauwen hinder den Minderbrodern, hatzs diss jar 1591 laissen aus-
gain und trucken“ (Weinsberg / Lau 2000: 129).
Tatsächlich lässt sich nachweisen, dass Budelius 1589 in dieser Gegend
wohnte, nämlich in der Drususgasse im Kirchspiel St. Kolumba (Greving
1900: 107).

Fazit
Diese Skizze über Budelius’ Leben und Arbeit zeigt, dass er unter seinen
Zeitgenossen mehr als 30 Jahre lang als monetärer Experte par
excellence galt. In De monetis et re numaria publizierte er eine Übersicht
seiner Kenntnisse. Das Buch und der Autor sind heutzutage kaum noch
bekannt, selbst nicht in Fachkreisen. Zukünftige Forschung zur Bedeutung
von Budelius’ Arbeit ist wünschenswert. Sein Werk sollte übersetzt wer-
den, was jedoch hohe linguistische und technische Kenntnisse voraus-
setzt. Eine andere Forschungsroute wäre, diese Skizze zu ergänzen, zum
Beispiel mit archivalischen Daten. Zweifellos gibt es noch viel zu finden,
unter anderen im Archiv des Kurrheinischen Kreises (Landesarchiv NRW
Abteilung Rheinland, Kurköln IX, Münzsachen (Bestand) 1372–1895,
101.09.00). Das wichtigste Desideratum ist wohl Forschung zur Rezeption
seines Werkes. Für Hinweise auf weitere Erwähnungen von Renerus Bu-
delius in den Quellen und auf die Rezeption seines Werkes wäre der Autor
sehr dankbar. Klar ist, dass sein Buch bis weit ins 18. Jahrhundert konsul-
tiert wurde. Budelius hat einen langfristigen Einfluss auf monetäre Fragen
gehabt, aber trotzdem ist er in Vergessenheit geraten.

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Dank
Ohne Mithilfe von Patrick Breternitz, Gerard van de Garde, Andreas
Henseler, Guus Janssen, Saskia Klimheit, Jan Ruiten und Frans Slits
hätte ich diesen Beitrag nicht schreiben können. Allen danke ich gerne.

Literatur
- Benders, Jos (2019) Numismatica Limburgensia, in: B. Aarts, A. van
  Pinxteren & J. Schatorjé (Hrsg.), Limburgensia; De schatten van Schil-
  lings, Nijmegen: Vantilt, S. 68–71 & 238–239.
- Boys, Mathæus (1574) Tractatus varii atque utiles de monetis earum-
  que mutatione ac falsitate in gratiam studiosorum ac practicorum col-
  lecti, Köln: T. Baumium.
- Budelius, Renerus (1591) De monetis et re numaria libri duo. Quorum
  primus artem cudendae monetae, secundus vero quaestionum mone-
  tariarum decisiones continet, Köln: J. Gymnich.
- de Chestret de Haneffe, J(ules) (1890) Numismatique de la principauté
  de Liège et des ses dépendences (Bouillon, Looz), Brüssel: F. Hayez.
- Greving, Joseph (1900) Steuerlisten des Kirchspiels S. Kolumba in
  Köln vom 13.–16. Jahrhundert, Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von
  Köln 30, Köln: Verlag der M. Dumont-Schauberg’schen Buchhandlung.
- Häberlin, Franz Dominicus (1783) Neue Teutsche Reichs=Geschichte,
  vom Anfange des Schmalkaldischen Krieges bis auf unsere Zeiten;
  Vierzehnter Band, Halle: J.J. Gebauer.
- Hirsch, Johann Christoph (1761) Des Teutschen Reichs Münz-Archiv;
  Siebender Theil, Nürnberg: Adam Jonathan Felßecker seel. Erben
- Janssen, Guus (2020) Latijnse dichters uit Roermond in het laatste
  kwart van de zestiende eeuw, De Spiegel van Roermond 28, 90–107.
- Nissen, Peter & Hein van der Bruggen (2014) Roermond; Biografie van
  een stad en haar bewoners, Hilversum: Verloren.
- Noss, Alfred (1925) Die Münzen der Erzbischöfe von Köln 1547–1794;
  Die Münzen und Medaillen von Köln; 3. Band. Köln: Selbstverlag der
  Stadt.
- Noss, Alfred (1929) Die Münzen von Berg und Jülich-Berg; Band I,
  München: Kress & Hornung.
- Noss, Alfred (1931) Die Münzen der Grafen und Herzöge von Kleve,
  München: Kress & Hornung.
- Pieler, Franz Ignaz (1873) Leben und Wirken Caspar’s von Fürsten-
  berg: nach dessen Tagebüchern; auch ein Beitrag zur Geschichte
  Westfalens in den letzten Decennien des 16. und im Anfange des 17.
  Jahrhunderts, Paderborn: Schöningh.

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- Weinsberg, H. / Lau, F. (Bearbeitung) (2000) Das Buch Weinsberg;
  Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert; Vierter Band, Düs-
  seldorf: Droste Verlag.

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