Stress, Burn Out: Multiprofessionelle Diagnostik und Behandlung - Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Lalouschek The Tree - Interdisziplinäres Gesundheitszentrum
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Stress, Burn Out: Multiprofessionelle Diagnostik und Behandlung Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Lalouschek The Tree – Interdisziplinäres Gesundheitszentrum
Interdisziplinäres Gesundheitszentrum Wien 13 Neurologie und Psychosomatik Burnout - Schlafstörungen - Schmerz Medizin Coaching Psychotherapie Körpertherapie - Einzelberatung/behandlung - Paare und Familien - Gruppen und Unternehmen www.thetree.at
Fallbeispiel 1 Michaela Schmid*,43 Jahre… Bisher immer hochmotiviert in ihrem Beruf, arbeitet seit 11 Jahren in einer Bank, es ist ihr wichtig, ihre Aufgaben möglichst gut zu erledigen, ihre Gewissenhaftigkeit und ihr Einsatz wurden immer geschätzt In den letzten Jahren gab es mehrfach Umstrukturierungen, seither ist ihr Aufgabengebiet wesentlich größer, die Aufgaben sind nur mehr mit vielen Überstunden zu erledigen – unbezahlt, da sie einen all-inclusive Vertrag hat Und nach dem Arbeitstag sind die Kinder zu Hause zu versorgen, ihr Mann ist auch überlastet, gestritten wird zwar selten, aber oft hat sie das Gefühl nur mehr zu funktionieren Voriges Jahr bekam sie eine neue Vorgesetzte – sie ist 4 Jahre jünger als Frau Schmid und kennt sich eigentlich inhaltlich weniger aus, aber ist sehr bevormundend und kritisierend. Beim ersten Gespräch mit Frau Schmid sagte sie: Ich habe den Eindruck, hier muss einiges anders werden… Wenn sie morgens in die Arbeit fährt hat sie in der letzten Zeit immer wieder beängstigende Gedanken, z.B. dass sie gegen einen Brückenpfeiler fahren könnte oder dass sie gar nicht sie selbst ist; nachts wacht sie oft auf und bekommt keine Luft mehr und hat Herzrasen; tagsüber plagen sie Kopfschmerzen und sie ist nicht mehr leistungsfähig – ganz anders als früher… *Name geändert
Fallbeispiel 2 Dr. Herbert Steiner*, 52 Jahre… …Allgemeinmediziner in einer Kleinstadt in NÖ, seit 23 Jahren arbeitet er in der eigenen Praxis, hat ein gutes Team, den Beruf hat er früher sehr gerne gemacht, in Nachtdiensten hat er sich auf Einsätze gefreut… …doch es gibt auch Belastungen: 80-100 Patienen pro Tag sind die Regel, manchmal mehr, Hausbesuche kommen dazu, das nächste Schwerpunktkrankenhaus ist 35 km entfernt, wenn ein Kollege krank ist, hat er mehrmals pro Woche Bereitschaftsdienst… Vor einiger Zeit hatte ein Patient mit scheinbar banalen Beschwerden einen Herzinfarkt, dann gab es ernste Probleme in seiner Beziehung… In letzter Zeit fühlt er sich müde und erschöpft – ganz anders als früher; wenn im Nachtdienst das Telefon läutet bekommt er Angst, dass es etwas schwieriges sein könnte, die Patienten wollen immer mehr…und 2-3 Gläser Wein sind auch zur Gewohnheit geworden… *Name geändert
Burnout Symptome Körper Emotion Herz-Kreislauf Nervosität, Unruhe Verdauung depressive Verstimmung Kopfschmerz Verlust von Freude , fehlende Müdigkeit Motivation Tinnitus, Hörsturz Kontaktverlust zu Kunden, Mitarbeitern, Infekte, Allergien Kollegen und Freunden Muskelverspannungen innere Leere Lustlosigkeit vermindertes Selbstwertgefühl Sexuelle Funktionsstörungen Angstzustände, Panikattacken Gereiztheit, Aggressivität Geist Verhalten Konzentrationsschwierigkeiten anfangs Hyperaktivität Entscheidungsschwäche später Alkoholkonsum und andere fehlende Ziele Süchte verminderte Belastbarkeit Rückzug Verlust von Kreativität Fehlleistungen
Burnout - Wer ist schuld? Der/die Einzelne mit bestimmter Persönlichkeitsstruktur? oder Das SYSTEM/die ORGANISATION? Die sich wiederum aus Einzelnen zusammensetzt…
Burnout – äußere Auslösebedingungen „High demand/low influence“ Arbeitsüberlastung und Unfairness Zeitdruck Mangel an Mitbestimmung Mangel an Gemeinschaft und Kontrolle (Unterstützung, (Abteilungschaos oder enge Kommunikation, Konflikte) Vorschriften, unklare Ziele und Rollen) Mangel an Wertekonflikte (Missverhältnis Belohnung/Anerkennung, zwischen der Arbeit und eigenen Werten, unklare Werte seitens der fehlende Rückmeldung Organisation/Abteilung)
Burnout – Innere Auslösebedingungen Anerkennung und Liebe Ablenkungen von Konflikten, durch Leistung innerer Leere, traumatischen Erinnerungen Es muss perfekt sein, ich darf keine Fehler machen. Arbeit/meine Tätigkeit ist die einzige Quelle, meine Ich muss es alleine Grundbedürfnisse zu decken schaffen, ich muss die (Liebe, Macht und Sinn) Kontrolle behalten.
Multiple Entstehungsbedingungen Genetische Faktoren Lebens- Intern Extern Arbeits- geschichte quantität Beruf Persön- Arbeits- lichkeit/ qualität Resilienz Burnout Lebens- Beziehung Erkrankungen Situation Kinder Angehörige Gesell- körperlich schaft Finanzen Rollenbilder, seelisch Vergleiche… ©The Tree 2012
Multiple Auswirkungen Seelisch Körper- lich Burnout Sozial Kognitiv Verhalten ©The Tree 2012
Burnout – Multiprofessionelle Behandlung Medizinische Psychotherapie: Behandlung: DD, in fortgeschritteneren Stadien, somatische Erkrankungen, traumatische antidpressive Th. Ereignisse/Hintergründe Schlafstörungen Coaching Körperorientierte Präventiv; begleitend zu Methoden medizinischer Behandlung; Als Ergänzung von 1-3 oft beim Wiedereinstieg hilfreich Lebensstilmodifikation Sonstiges Ernährung, Bewegung Finanz- und Rechtsberatung
Multiprofessionelles Vorgehen Erstgespräch • aktuelle Beschwerden, Vorgeschichte, • somatische und psychische Anamnese, bisherige Behandlungen, Befunde psychopath.+somatischer Status • berufliche und außerberufliche • kurzfristige und längerfristige Ziele, Belastungsfaktoren und Ressourcen Behandlungsziele Triage: Leitende Fachrichtung Zusatzdiagnostik Medizinische Befunde Psycholog. Diagnostik Medizin Psychotherapie Coaching Stressdiagnostik Bewegung Recht Körperorientierte Biofeedback Begleitende Methoden Ernährung ©The Tree 2012 Finanzen Entspannungstrain. Maßnahmen
Burnout Diagnostik - BOSS • Burnout-Screening-Skalen • Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung von subjektiven psychischen und physischen Beschwerden • BOSS-I: Beruf, Eigene Person, Familie und Freunde • BOSS-II: körperliche, kognitive und emotionale Beschwerden
Burnout Diagnostik – AVEM* *Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster; Schaarschmidt und Fischer , 1996
Herzratenvariabilität als diagnostisches Instrument Optimale Regulation Schweres Burnout
Herzratenvariabilität als diagnostisches Instrument - RSA Optimale Regulation Schweres Burnout
Ambulante Intensivbehandlung Ambulante Intensivbehandlung 3-6 Wochen •Erstgespräch und Diagnostik inkl. AVEM und HRV •Einzel-Coaching •Gruppencoaching •Entspannungstraining •Bewegungstraining und Ernährungsberatung •körperorientierte Therapie •Abschlussgespräch und Planung des weiteren Vorgehens (Psychotherapie, Coaching, med. Therapie, Arbeits/Belastungsbezogene Maßnahmen etc.) ©W. Lalouschek 2011
Der Burnout Patient in der Praxis – Erstgespräch, Erstdiagnostik Erstgespräch mit Erhebung folgender Aspekte: aktuelle Beschwerden, Vorgeschichte, bisherige Behandlungen, vorliegende Befunde berufliche und außerberufliche Belastungsfaktoren und Ressourcen somatische und psychische Anamnese und Statuserhebung Klärung der kurzfristigen und längerfristigen Ziele des Patienten, der Behandlungsziele und der leitenden Fachrichtung (Medizin, Coaching, Psychotherapie/Psychologie) Weitere individuelle Diagnostik: Erhebung Arbeitsbezogener Verhaltens-und Erlebensmuster (z.B. mittels AVEM-Test) HRV-Kurzzeitmessung (nach Erfordernis auch 24 h Messung) Medizinische Diagnostik: z.B. Labor inkl. TSH, EKG, 24 h Blutdruckmessung ©W. Lalouschek 2011
Der Burnout Patient in der Praxis Burnout und Depression, Abgrenzung Depression: Anamnese, bisherige Episoden, Behandlungen Familienanamnese; längerdauernde Belastungssituation? begleitende Depression meistens bei Burnout Fragen/Psychopathologischer Status: Orientierung, Gedankenductus, Mnestik, Konzentration Stimmungslage in d. letzten Wochen, Antrieb, Affektlage, Affizierbarkeit Schlaf (!), Appetit, Libido Ängste/Panikattacken Suizidalität (Dokumentation!)
Der Burnout Patient in der Praxis Cave: Verdeckte manisch-depressive Erkrankung? - Achtung auf medizinische/somatische Begleiterkrankungen und Differenzialdiagnosen: z.B. Hyperthyreose
Antidepressiva bei Burnout • SSRI: stimmungsaufhellend, antriebssteigernd Nebenwirkungen: sexuelle Funktionsstörungen , Übelkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit, Unruhe • SNRI: stärkere Antriebssteigernde Wirkung Nebenwirkungen: wie SSRI, zusätzlich Angst, Blutdruckanstieg, • NDRI: besondere Förderung von Energie und Motivation Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Angst, geringe sexuelle NW, keine Gewichtszunahme, keine Tagesmüdigkeit; KI bei Epilepsie; Anorexie/Bulimie; Psychosen; bipolarer Störung, • Agomelatin: gleichzeitige schlaffördernde Wirkung; cave: Kontrolle der Leberwerte
Schlafstörungen bei Burnout Bei Burnout fast immer Schlafstörungen • Trazodon: gut verträglich, nicht immer ausreichend wirksam • Mirtazapin mögliche NW: Gewichtszunahme, Aggressivität, Alpträume, RR-Anstieg • Amitriptylin: z.B. wenn Trazodon ungenügend wirksam • Benzodiazepine:nur kurzfristig einsetzen; Hohes Risiko der Abhängigkeit • Zolpidem, Indapamid: geringeres Abhängigkeitsrisiko; Wirkungsverlust bei längerer Einnahme
Arbeitsmedizinische Aspekte • Früherkennung und -intervention (oft einzige Vertrauensperson für Mitarbeiter im Unternehmen) • Identifizierung und Kenntnis gesundheitlicher Gefährdungsfaktoren im Unternehmen • Kenntnis von Unternehmenscharakteristika (Organisation, Konfliktherde, Veränderungen etc.) • Beratung und Unterstützung bei Wiedereingliederung
Belastung und Resilienz in Unternehmen 100% Erklärung: 90% Der kritische akut-Stress wird anhand des Stressindex bestimmt. 80% 70% Im dargestellten Fall zeigten zum Beispiel 26 Teilnehmer einen Stressindex-Wert von 90% aller gesunden Menschen dieses Alters. 50% 40% 30% < kritischer akut-Stress (N=26) 20% < hohe Stressbelastung (N=18) 26 10% 18 22 < latente Stressbelastung (N=22) 14 9 0% < geringe Stressbelastung (N=14)
Stressindex nach Abteilung A) B) C) < Firmenschnitt 100,0 100,0 100,0 75,0 75,0 75,0 65,1 50,3 50,7 50,0 50,0 50,0 43,7 40,4 33,7 35,6 29,2 29,6 25,0 25,0 25,0 0,0 0,0 0,0 Stressindex Gesamtenergie Fitnessindex Stressindex Gesamtenergie Fitnessindex Stressindex Gesamtenergie Fitnessindex D) E) F) 100,0 100,0 100,0 75,0 75,0 75,0 58,5 53,3 53,2 51,4 50,2 50,0 43,6 50,0 50,0 41,9 36,5 28,2 25,0 25,0 25,0 0,0 0,0 0,0 Stressindex Gesamtenergie Fitnessindex Stressindex Gesamtenergie Fitnessindex Stressindex Gesamtenergie Fitnessindex ©Benefit/MC Medical Coaching 2010
Schlafstörungen bei Burnout Bei Burnout fast immer Schlafstörungen • Trazodon: gut verträglich, nicht immer ausreichend wirksam • Mirtazapin mögliche NW: Gewichtszunahme, Aggressivität, Alpträume, RR-Anstieg • Amitriptylin: z.B. wenn Trazodon ungenügend wirksam • Benzodiazepine:nur kurzfristig einsetzen; Hohes Risiko der Abhängigkeit • Zolpidem, Indapamid: geringeres Abhängigkeitsrisiko; Wirkungsverlust bei längerer Einnahme
Der Arztberuf… hohes Prestige ! Berufung hohes Einkommen
…und seine Kehrseiten - Morbidität/Mortalität/Suizidrisiko bei ÄrztInnen erhöht (Gundersen, Ann Intern Med 2001) - "high demand/low influence" - Deutliche Entmutigungserscheinungen bereits früh, Altersgipfel tlw. bei 30 Jahren (!) - 1/3 würde den Beruf nicht mehr ergreifen - Überlastung = „Notwendigkeit“ des Arztberufs - Auswirkungen von Burnout auf ärztliche Entscheidungen!
Burnout bei ÄrztInnen - Häufigkeit bei Ärzten mind. 20% (in westl. Ländern vergleichbar) - 78% resignativ o. unzufrieden - 58% würden nicht mehr als Vertragsarzt arbeiten wollen - 37% würden Beruf nicht mehr ergreifen (Bergner, Dt. Ärzteblatt 2004) ja 76 Meine Arbeit macht Spaß und mein Erfolg befriedigt mich nein 24 ja 59 Meine Arbeit laugt mich aus nein 41 Ich leide darunter, zuwenig ja 59 Zeit für meine Patienten zu haben nein 41 53% am Ende des Tages "völlig erledigt" Dt. Ärzteblatt 2004
High demand/low influence Hohe Anforderungen Geringer Einfluss für Einzelne - Täglicher Umgang mit Krankheit, - Erfolgreich behandeln auch bei geringer Leiden, Tod, Ängsten Compliance - lebensbeeinflussende - Vorgaben des Systems, die f. Einzelnen Entscheidungen, oft wider- nicht (immer) nachvollziehbar sind sprüchliche/uneindeutige Befunde - (macht)politische Entscheidungen - Nachtdienste, Notsituationen - Missverhältnis Leistung/Verantwortung - Entscheidungen einsam treffen vs. Entlohnung - Konflikte mit Kollegen, Vorgesetzten - etc… - dauerndes Berufsrisiko, Klagemöglichkeit
eine Lebenslauf, ein Berufsweg... Mein Standort? Überlastung Mein Original? Ermüdung Meine Ziele? Routine Qualität meiner Die Jahre Arbeit? verstreichen... Lebensweg gestalten vs. geschehen
Wie weit bin ich (noch) mein Original? 1 10 Überhaupt Völlig! nicht! Und woran würde ich merken, dass ich eine Stufe höher stehe?...
Strategien gegen Burnout Der erste Schritt… Welche Ziele haben für mich Priorität? Genügt Veränderung im Beruf allein?
3 STANDBEINE „ICH“
Persönliche Strategien gegen Burnout Zeitmanagement z.B. Unangenehmes nicht Soziale Stützsysteme aufschieben Familie, Freunde, Kollegen… feste Zeiten Arbeitsgestaltung ICH…ZEIT Arbeitsbedingungen Stress-Management Was ändern? Spezialisierung? (realistische) Ziele Schwerpunkte, Grenzen Aus- und Weiterbildung Entspannungsmöglichkeiten Praxisbezogen EIGEN…LEBEN
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Interdisziplinäres Gesundheitszentrum Wien 13 www.thetree.at www.medical-coaching.at
Wege finden... Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu. (Ö. v. Horvath)
Sie können auch lesen