JKI DATENBLÄTTER OBSTSORTEN - SÜßKIRSCHE: 'PISUE 161' - JULIUS ...
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2020, 1 ISSN 2192-6948 DOI 10.5073/20201104-112135 JKI Datenblätter Obstsorten Mirko Schuster Süßkirsche: 'PiSue 161' Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Impressum Die Open-Access-Publikationsreihe „JKI Datenblätter – Obstsorten“ beinhaltet deutschsprachige Original- beiträge, Beschreibungen, Erkenntnisse und Berichte zu Obstsorten aus der Züchtung des Julius Kühn- Instituts. Die Publikationsreihe erscheint seit 2011. Alle Beiträge, die in den JKI Datenblättern zur Veröffentlichung eingereicht werden, werden von mindes- tens zwei unabhängigen Gutachtern blind begutachtet. Die Beiträge werden unter einer Creative-Commons-Lizenz bereit gestellt. Sie können unter Nennung von Autor und Quelle die Dokumente ohne Gebühr nutzen, teilen und weiterverbreiten, solange Sie keine kommerziellen Ziele damit verfolgen und die Werke nicht verändern. Herausgeber/Editor-in-Chief: Prof. Dr. Frank Ordon, Präsident und Professor Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Erwin-Baur-Str. 27 06484 Quedlinburg Redaktion/Schriftleitung: Prof. Dr. Henryk Flachowsky, Direktor und Professor Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Institut für Züchtungsforschung an Obst Pillnitzer Platz 3a 01326 Dresden zo@julius-kuehn.de Einreichung von Beiträgen: Über die Internetseite https://ojs.openagrar.de/ ISSN: 2192-6948 DOI DOI 10.5073/20201104-112135
JKI Datenblätter - Obstsorten Mirko Schuster: Süßkirsche 'PiSue 161'; 2020, 1 1 Mirko Schuster Süßkirsche 'PiSue 161' Institut Institut für Züchtungsforschung an Obst eingereicht Oktober 2020 Zusammenfassung Die Sorte 'PiSue 161' ist eine großfruchtige Süßkirsche für den Erwerbs- und selbstversorgenden Anbau. Die Sorte wurde als Zuchtklon K8c,161 im Julius Kühn-Institut (JKI) in Dresden im Jahr 2000 von Mirko Schuster selektiert. Sie entstammt der gleichen Kreuzungspopulation 'Krupnoplodnaja' x 'Moldavskaja chernaja' wie die Sorte 'Polka'. Die mittelfrühe Sorte reift ca. 14 Tage nach 'Burlat' in der vierten Kirschwoche (KW). Die Früchte sind dunkelrot gefärbt und nierenförmig. Die mittlere Fruchtgröße beträgt 31 mm bei einem Fruchtgewicht von 13 g. Die Fruchtfleischfarbe ist dunkelrot. Der grüne Fruchtstiel ist mittellang. Mit den S-Allelen S1S9 gehört 'PiSue 161' in die Inkompatibilitäts- gruppe XVIII und ist selbstinkompatibel. Der Fruchtbehang ist regelmäßig hoch. Der Baum wächst mittelstark und kann gut auf eine schwachwüchsige Unterlage veredelt werden. Im Jahr 2018 wurde für 'PiSue 161' der Antrag zur Sortenschutzprüfung beim Bundessortenamt gestellt.
JKI Datenblätter - Obstsorten. 2020.1; S. 1-7, DOI 10.5073/20201104-112135; ISSN 2192-6948 2 Abstammung und Herkunft Die Süßkirsche 'PiSue 161' entstammt einer Kreuzungspopulation 'Krupnoplodnaja' x 'Moldavskaja chernaja' aus dem Institut für Obstforschung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR (AdL) in Dresden-Pillnitz, Außenstelle Kauscha, welche im Jahr 1985 ausgesät wurde. Im Jahr 2000 wurde der Sämling 'K8c,161' als Zuchtklon durch Mirko Schuster im damaligen Institut für Obstzüchtung der Bundesanstalt für Züchtungsforschung, heute Julius Kühn-Institut (JKI), in Dresden selektiert. Die Zuchtziele dieser Kreuzungspopulation waren es, die Fruchtgröße und hohe Fruchtfestigkeit der Sorte 'Krupnoplodnaja' mit der frühen Reife und guten Fruchtqualität der Sorte 'Moldavskaja chernaja' zu kombinieren. Beide Elternsorten stammen aus Zuchtprogrammen der ehemaligen Sowjetunion und wurden im Rahmen eines bilateralen Zuchtprogramms gekreuzt. Der selektierte Zuchtklon 'K8c,161' wurde am Standort Dresden-Pillnitz des JKI und später an verschie- denen Landesversuchsanstalten in Deutschland auf seine obstbaulichen Werteigenschaften geprüft und als neue Sorte 'PiSue 161' selektiert. Im Jahr 2018 wurde 'PiSue 161' zur Sortenschutzprüfung beim Bundessortenamt und 2020 für den Gemeinschaftlichen Sortenschutz angemeldet. Sie besitzt vorläufigen Sortenschutz. Wuchs und Anbaueignung Der Baum wächst mittelstark mit schräg aufstrebenden Gerüstästen und bildet eine breit ausla- dende Krone mit einer guten Verzweigung und Neutriebbildung (Abb. 1 und 2). Er lässt sich gut als Spindel erziehen. Der hohe Fruchtansatz verteilt sich gleichmäßig an der Basis des einjährigen und an den Kurztrieben des mehrjährigen Holzes. Ein regelmäßiger Erziehungsschnitt zur Fruchtholzbil- dung ist notwendig, um einen hohen Fruchtbehang zu fördern und einer Verkahlung des Baumes vorzubeugen. 'PiSue 161' zeigt eine gute Verträglichkeit mit schwachwuchsinduzierenden Unterla- gen wie 'Gisela 5', 'Piku 1' und 'Gisela 3'. Besondere Standortansprüche sind nicht bekannt. Abb. 1: 'PiSue 161' Abb. 2: 'PiSue 161' (Unterlage 'Gisela 5', 7. Standjahr) (Unterlage 'Piku 1', 9. Standjahr)
JKI Datenblätter - Obstsorten Mirko Schuster: Süßkirsche 'PiSue 161'; 2020, 1 3 Blüte und Befruchtung 'PiSue 161' blüht früh, sechs Tage vor 'Regina' gemeinsam mit 'Burlat', am Standort Dresden-Pillnitz (Mittelwert der Jahre 2006-2019). Eine besondere Anfälligkeit gegenüber Blütenfrost wurde nicht beobachtet. 'PiSue 161' ist selbstinkompatibel und benötigt für die Befruchtung eine passende Bestäubersorte. Die Befruchtung der Süßkirschen wird, wie bei den meisten Obstarten, durch ein gametophytisches Selbstinkompatibilitätssystem (GSI) (de Nettancourt 1977) bestimmt. Das GSI wird durch einen multiplen S-Lokus mit verschiedenen S-Allelen kontrolliert. Bei Übereinstimmung des S-Allels im Pollen mit einem der beiden S-Allele im Griffel wird das Pollenschlauchwachstum im Griffel ge- hemmt. Dadurch kann die Eizelle im Fruchtknoten nicht befruchtet werden. Mit Hilfe von moleku- laren Markern konnten für 'PiSue 161' die S-Allele S1S9 bestimmt werden. Damit gehört die Sorte in die Inkompatibilitätsgruppe XVIII. Zur gleichen Inkompatibilitätsgruppe gehören unter anderen die Sorten 'Earlise', 'Bellise' und 'Tamara'; sie kommen somit nicht als Bestäuber für 'PiSue 161' in Frage. Als Bestäubersorten, welche ungefähr zur gleichen Zeit blühen, können 'Polka' (S3S9), 'Grace Star' (S4'S9), 'Lapins' (S1S4'), 'Samba' (S1S3) und 'Vanda' (S1S6) empfohlen werden. Einen Überblick zu den S-Allelen in Süßkirschsorten wird in Schuster (2017) zusammengefasst beschrieben. Reife und Fruchtbehang Die Früchte reifen in der Mitte der Kirschsaison in der vierten Kirschwoche. Am Standort Dresden- Pillnitz reifen die Früchte gemeinsam mit 'Grace Star' und 'Summit', durchschnittlich 14 Tage nach 'Burlat'. Die Sorte 'Carmen' reift durchschnittlich drei Tage zuvor und 'Areko' drei Tage später. In Tabelle 1 ist die Reifezeit von 'PiSue 161' im Vergleich zu den Sorten 'Burlat', 'Kordia' und 'Regina' grafisch dargestellt. Der Fruchtbehang ist regelmäßig hoch bis sehr hoch. Tab. 1: Reifezeit von 'PiSue 161' im Vergleich zu 'Burlat', 'Kordia' und 'Regina' (Mittelwert 2006-2020, Standort Dresden-Pillnitz) Fruchtmerkmale Die Früchte von 'PiSue 161' sind gleichmäßig groß und zeichnen sich durch eine durchschnittlich sehr hohe Fruchtgröße bzw. -masse aus. Die mittlere Fruchtgröße betrug 31,4 mm bei einem Fruchtgewicht von 13,4 g in den Jahren 2006-2019 am Standort Dresden-Pillnitz (Abb. 6 und 7). Die Frucht hat eine nierenförmige Form mit einer nur schwach ausgeprägten Bauchnaht und teilweise hervortretenden Schultern auf der Rückseite. Der Stempelpunkt ist leicht eingesenkt. Die Farbe der Fruchthaut ist dunkelrot (Farbtafel 6, Ctifl*-Farbskala) (Abb. 3 und 4). Die Früchte sind fest (Abb. 8) und besitzen ein dunkelrotes Fruchtfleisch, welches sich gut vom Stein löst. Der mittellange Stiel ist grün mit einer durchschnittlichen Länge von 4 cm (Abb. 4). Der Stein ist groß und breit elliptisch. Die Mittel- sowie die Seitenwülste des Steins sind kräftig ausgebildet (Abb. 5).
JKI Datenblätter - Obstsorten. 2020.1; S. 1-7, DOI 10.5073/20201104-112135; ISSN 2192-6948 4 Der sehr gute Geschmack der Früchte wird durch einen hohen Zuckergehalt von 18,8 % Brix und einer angenehmen Säure von 11,1 g/l Apfelsäure bestimmt (Abb. 9 und 10). Durch ihre hohe Fruchtgröße können die Früchte bei ungünstigen Witterungsverhältnissen zum Platzen neigen. In den Tabellen 2 und 3 sind die wichtigsten Baum- und Fruchtmerkmale von 'PiSue 161' im Vergleich zu den Sorten 'Burlat', 'Kordia' und 'Regina' zusammengefasst dargestellt. Die Lagerfähigkeit der Früchte ist als gut zu bewerten. Bei einem einfachen Lagerversuchen in den Jahren 2008, 2010, 2011 und 2014 mit reifen unbehandelten Früchten für einen Zeitraum von 18- 24 Tagen bei 5 °C wurden im Durchschnitt 13 % der Früchte mit Fruchtfäule bonitiert (Tab. 4). Die Stiele behielten dabei ihre grüne Farbe. (* Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes) Abb. 3: Fruchtast 'PiSue 161' Abb. 4: Früchte 'PiSue 161' Abb. 5: Steinform 'PiSue 161'
JKI Datenblätter - Obstsorten Mirko Schuster: Süßkirsche 'PiSue 161'; 2020, 1 5 Abb. 6: Mittlere Fruchtgröße in mm (2006-2019) von 'PiSue 161' und Vergleichssorten (li.) Abb. 7: Mittlere Fruchtfestigkeit in g/mm (2006-2019) von 'PiSue 161' und Vergleichssorten (re.) Abb. 8: Mittlerer Gehalt an löslicher Trockensubstanz in % Brix (2006-2019) von 'PiSue 161' und Vergleichssorten (li.) Abb. 9: Mittlerer Gehalt an Apfelsäure in g/l (2006-2019) von 'PiSue 161' und Vergleichssorten (re.)
JKI Datenblätter - Obstsorten. 2020.1; S. 1-7, DOI 10.5073/20201104-112135; ISSN 2192-6948 6 Tab. 2: Baummerkmale der Sorte 'PiSue 161' im Vergleich zu 'Burlat', 'Kordia' und 'Regina' (Mittelwerte 2006-2019, Dresden-Pillnitz) Tab. 3: Fruchtmerkmale der Sorte 'PiSue 161' im Vergleich zu 'Burlat', 'Kordia' und 'Regina' (Mittelwerte 2006-2019, Dresden-Pillnitz) Tab. 4: Ergebnisse von Lagerversuchen bei 5 °C mit reifen Früchten von 'PiSue 161' in den Jahren 2008, 2010, 2011 und 2014 (JKI, Dresden-Pillnitz) Die Sorte 'PiSue 161' ist eine sehr interessante, großfruchtige, reich tragende und wohlschmeckende Neuzüchtung und kann das Sortensortiment im mittleren Erntezeitraum im Erwerbs- und selbstver- sorgenden Obstbau bereichern. Durch ihre sehr guten Fruchtmerkmale sowie den stabilen Fruchtbe- hang ist 'PiSue 161' eine sehr gute Ergänzung für das Süßkirschsortiment im mittleren Reifebereich (4. KW) vor der Standardsorte 'Kordia' (5. KW).
JKI Datenblätter - Obstsorten Mirko Schuster: Süßkirsche 'PiSue 161'; 2020, 1 7 Widerstandsfähigkeit Eine besondere Anfälligkeit der Sorte 'PiSue 161' gegenüber biotischen Schaderregern ist nicht be- kannt. Verfügbarkeit Für die Sorte 'PiSue 161' wurde im Jahr 2018 Sortenschutz für Deutschland beantragt und 2020 auf den EU-Raum erweitert. Bis zum erfolgreichen Abschluss der gegenwärtigen Sortenschutzprüfung besitz die Sorte vorläufigen Sortenschutz. Sortenschutzinhaber ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Julius Kühn-Institut (JKI). Alle Fragen zur Nutzung der Sorte in Deutschland und im Ausland werden über das Lizenzbüro Deutsche Saatgutgesellschaft mbH Berlin, Internationales Li- zenzbüro (www.dsg-berlin.de) im Auftrag des JKI abgewickelt. Lizenznehmer für die Vermehrung und Vermarktung von 'PiSue 161' in Deutschland und Europa ist die Artevos GmbH (www.artevos.de). Danksagung Die Selektion der Sorte 'PiSue 161' konnte nur in enger Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen des JKI ZO in Dresden und der Landesversuchsanstalten in Deutschland erfolgen. Besonde- rer Dank gilt Antje Zakostelecky, Beate Neidhardt, Prof. Dr. H. Flachowsky, Frank Urbitsch vom JKI, Monika Möhler (LVG Erfurt), Ute Ellwein (LTZ Augustenberg) und Peter Hilsendegen (DLR Oppen- heim) stellvertretend für die Landesversuchsanstalten. Literatur 1. de Nettancourt D (1977) Incompatibility in Angiosperms. Springer, Berlin Heidelberg New York 130 pp. 2. Schuster M (2020) Self-incompatibility (S) genotypes of cultivated sweet cherries – An overview update 2020. OpenAgrar. https://doi.org/10.5073/20201016-141600
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