KOMPASS - ZEIT & VERTRAUEN - FOM Hochschule

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KOMPASS - ZEIT & VERTRAUEN - FOM Hochschule
KOMPASS –
ZEIT & VERTRAUEN

                                                               rt
                                              | Ulrike Helle
                       der |   Frank Müller
          Rebek ka Man
KOMPASS - ZEIT & VERTRAUEN - FOM Hochschule
1. Auflage 2020

Das Verbundprojekt „Modelle ressourcenorientierter und effektiver Führung digitaler Projekt- und Teamarbeit (vLead)“ wird mit Mitteln des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms „Zukunft der Arbeit“ als Teil des Dachprogramms „Innovationen für die Produktion,
Dienstleistung und Arbeit von morgen“ und aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) der Europäischen Union gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA)
betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autorenteam.

Ziel der Europäischen Union ist es, dass alle Menschen eine berufliche Perspektive erhalten. Der Europäische Sozialfonds (ESF) verbessert die Beschäftigungs-
chancen, unterstützt die Menschen durch Ausbildung und Qualifizierung und trägt zum Abbau von Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt bei.

       GEFÖRDERT VOM                                                                                               BETREUT VOM
3

INHALTSVERZEICHNIS

1         Zeitkompetenz & Vertrauen: Grundlagen                    4
1.1       Zentrale arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse           4
1.1.1     Arbeitsgestaltung und Arbeitszeit                        4
1.1.2     Typische Anforderungen bei der Arbeit                    5
1.1.3     Typische Ressourcen bei der Arbeit                       5
1.2       Technik bei Flexibler Arbeit                             5
1.3       Zeitkompetenz in virtuellen Teams                        6
1.3.1     Anforderungen an Zeitkompetenz                           6
1.3.2     Gestaltung von Zeitkompetenz                             7
1.4       Vertrauensaufbau in virtuellen Teams                     8

2         Kompass – Zeit & Vertrauen: Orientierung                10
2.1       Aufbau und Nutzung des Kompass – Zeit & Vertrauen       11
2.2       Beispiele zur Anwendung anhand eines fiktiven Teams     12
2.3       Software KompassGuide                                   13

3         Analyse- und Gestaltungsempfehlungen Zeit & Vertrauen   15
3.1       Überblick                                               15
3.1.1     Handlungsempfehlungen auf einen Blick                   16
3.1.2     Checkliste                                              17
3.1.3     Best Practice                                           18
3.1.3.1   Unternehmenskultur bei der perbit Software GmbH         18
3.1.3.2   Implementierung eines Instruments aus dem
          Kompass – Zeit & Vertrauen am Beispiel der
          D.O.M. Datenverarbeitung GmbH                           20

3.2       Impulse                                                 22
3.2.1     Impuls: Ready to fly                                    23
3.2.2     Impuls: E-Coffee                                        25
3.2.3     Impuls: E-Daily                                         27

3.3       Zentrale Elemente                                       29
3.3.1     Dashboard                                               30
3.3.2     E-Talk – Unsere Sprache                                 36
3.3.3     Vereinbarung – Zeit & Vertrauen                         43
3.3.4     E-Leadership-Kompetenz                                  49
3.3.4.1   Selbstcheck E-Leadership-Kompetenz                      49
3.3.4.2   Gestaltung E-Leadership-Kompetenz                       52
3.3.5     Overload – Wahrnehmung und Bewältigung von Überlast     57

Anhang    Glossar                                                 63
          Referenzen                                              65
          Kooperationspartner                                     66
          Impressum                                               67
4

    1 ZEITKOMPETENZ & VERTRAUEN: GRUNDLAGEN

    Folgendes Szenario beschreibt den Alltag in der            Unternehmenskultur bezieht sich auf soziale Aspekte
    modernen Arbeitswelt: Teammitglieder treffen sich          der Arbeitsgestaltung. Werte, Normen und Traditionen
    nur noch zwei oder drei Mal im Jahr persönlich. Statt      sind Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Ausmaß,
    Präsenzmeetings werden Telefonkonferenzen abgehal-         in dem sich die Unternehmensidentität tatsächlich auf
    ten und ein kurzes informelles Gespräch am Morgen          das Verhalten auswirkt, kann variieren.
    wird zugunsten einer schnellen Aufgabenbearbeitung
    zurückgestellt, da keine persönliche Begegnung statt-      Gesundheitsmanagement wird auf organisato­rischer
    findet. An die Stelle kurzer Absprachen im selben Büro     Ebene eingeführt und umfasst Maßnahmen zur Wah-
    treten Chatnachrichten und web- oder cloudbasierte         rung und Förderung der Gesundheit der Mitarbeiten-
    Übersichtssysteme wie etwa Kanban-Boards.                  den. Arbeitgeber/innen sind zum Schutz der Gesund-
                                                               heit der Mitarbeitenden gesetzlich verpflichtet (§ 618
    Diese Umstellung aufgrund technischer Möglichkeiten        BGB).
    und einer damit verbundenen Flexibilität in Raum und
    Zeit ist vielerorts anzutreffen. Einige damit verbundene   Flexible Arbeitszeit ermöglicht eine variable Gestal-
    Aspekte verändern sich und stellen neue Anforderun-        tung von Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit.
    gen an die Arbeitsgestaltung bei digitaler Teamarbeit.     Die Flexibilität kann sowohl mitarbeiter- als auch unter­
    Insbesondere Zeitkompetenz und Vertrauen sind dabei        nehmensorientiert sein. Eine flexible Gestaltung gilt als
    zwei wesentliche Aspekte, die zum Funktionieren bei-       wünschenswert, da somit die Life-Domain-Balance
    tragen. Durch eine reflektierte Gestaltung kann die Ar-    leichter aufrechterhalten werden kann. Es ist jedoch
    beitsfähigkeit digitaler Teams gefördert werden. Am iap    wichtig zu berücksichtigen, um welche Form von Flexi-
    Institut für Arbeit & Personal wurde im Projekt „Modelle   bilität es sich handelt. Denn die eine Art von Flexibilität
    ressourcenorientierter und effektiver Führung digitaler    kann eine andere Art von Flexibilität begrenzen.
    Projekt- und Teamarbeit (vLead)“ untersucht, wie Zeit-
    kompetenz und Vertrauen dazu beitragen, die Zusam-         Vertrauensarbeitszeit ist eine flexible Arbeitszeitform,
    menarbeit im Team zu verbessern. Die Ergebnisse            bei der Mitarbeitende i.d.R. selbst über die Lage und
    liegen nun in Form des „Kompass – Zeit & Vertrauen“        Verteilung der Arbeitszeit bestimmen. Zielorientierung
    vor. Das Handbuch ist als Baukasten zu verstehen, der      hat dabei einen hohen Stellenwert. Die Arbeitszeit
    zum Aufbau dieser Ressourcen beiträgt.                     wird auch bei Vertrauensarbeitszeit dokumentiert (§16
                                                               ArbZG; vgl. Hellert 2014).

    1.1 Zentrale arbeitswissen­­-                              Work-Life-Kohärenz bezieht sich auf die Vereinbarkeit
                                                               verschiedener Lebensbereiche (Arbeit, Gesundheit,
    schaft­liche Erkenntnisse
                                                               Freizeit, Familie, Weiterbildung…). Der Begriff ist eine
                                                               Weiterführung von Work-Life-Balance. Die Lebensbe-
    Wesentliche Erkenntnisse aus über drei Jahrzehnten         reiche Arbeit und Familie/Freizeit stehen untereinander
    der Arbeitsforschung gelten grundsätzlich als gesi-        in einem Spannungsverhältnis, da die Ressource „Zeit“
    chert und können auf virtuelle Teamarbeit übertragen       begrenzt ist und zwischen den Lebensbereichen auf-
    werden.                                                    geteilt werden muss. Jedoch können oft auch Synergi-
                                                               en genutzt werden.
    1.1.1 Arbeitsgestaltung und Arbeitszeit

    Arbeitsumgebung beinhaltet physikalische Aspekte
    am Arbeitsplatz: Lärm, Temperatur und Beleuchtung.
    Die Gestaltung nach Richtlinien der Arbeitssicherheit
    fördert oft auch die Leistungsfähigkeit.
ZEITKOMPETENZ & VERTRAUEN: GRUNDLAGEN                                                                                    5

1.1.2 Typische Anforderungen                                1.2 Technik bei flexibler Arbeit
bei der Arbeit

In vielen Studien konnten typische Faktoren identifiziert   Funktionierende Technik stellt eine Grundvorausset-
werden, die bei Mitarbeitenden zu Unzufriedenheit           zung für reibungslose standortübergreifende Kom-
führen und ihre Motivation beeinträchtigen (vgl. Bakker     munikation dar. Die angewendete Software sollte zur
& Demerouti 2007). Diese Faktoren werden als Anfor-         Arbeitsweise der jeweiligen Teams passen. Beispiels-
derungen bezeichnet und können zu Stress führen.            weise können Erklärungen und Argumente leichter
Stress kann Burnout zur Folge haben, der mit höheren        nachvollzogen werden, wenn beide Gesprächspartner/
Fehlzeiten und geringerer Produktivität einhergeht. Hier    innen denselben Bildschirm vor Augen haben. Damit
folgen Anforderungen, welche im Kontext virtueller          dies nicht nur in Präsenz, sondern auch durch Medien
Teamarbeit üblich sind (Bakker & Demerouti 2007).           vermittelt funktioniert, gelten einige Voraussetzungen:

•   Multitasking                                            • Teilnehmende befinden sich am geeigneten
•   Arbeitsunterbrechungen                                    Bildschirm
•   Arbeitsverdichtung                                      • Stabile Internetverbindung
•   Unsicherheit                                            • Zugriff auf Software, die Bildschirmübertragung
•   Konflikte                                                 ermöglicht
                                                            • Teilnehmende können mit der Software umgehen
1.1.3 Typische Ressourcen bei der Arbeit                    • Datenschutzrichtlinien können eingehalten werden

Während Anforderungen die Zufriedenheit und Moti-           Es kann schnell passieren, dass diese Vorausset-
vation beeinträchtigen, sind Ressourcen positiv. Sie        zungen nicht gegeben sind. Beispielsweise ist die
werden als bereichernd erlebt oder können genutzt           Internetverbindung während einer Fahrt im ICE oft
werden, um mit qualitativen und quantitativen Anforde-      unzureichend und Datenschutzrichtlinien werden
rungen umzugehen. Die folgenden Ressourcen stellen          vernachlässigt. Je nach Anzahl der Teammitglieder
einen Ausschnitt typischer Faktoren dar, die einen po-      und je nach Inhalt, sind unterschiedliche Kommunika­
sitiven Einfluss haben (vgl. Bakker & Demerouti 2007).      tionskanäle hilfreich. Beispielsweise kann ein funktio-
                                                            nierendes Videokonferenzsystem die Kommunikation
• Tätigkeitsmerkmale (nach Hackman & Oldham 1975):          bei Meetings zwischen mehreren Standorten erleich-
  Vielfalt, Autonomie, Identifikation, Bedeutsamkeit,       tern. Arbeitsplätze sollten folglich so eingerichtet sein,
  Feedback                                                  dass sie den Anforderungen entsprechen. Dies gilt
• Soziale Unterstützung                                     insbesondere für mobile Arbeit.
• Gute Führung
• Kompetenzen
• Gesundheit
• Wertschätzung
• Zeitkompetenz
• Vertrauen
• Technik
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    1.3 Zeitkompetenz in                                     Möglichkeiten im Umgang mit Zeit wird selten jede
                                                             mögliche Handlungsstrategie berücksichtigt. Oftmals
    virtuellen Teams
                                                             lösen solche Situationen Stress aus – insbesondere,
                                                             wenn Strategien gewählt werden, die nicht optimal sind.
    Zeitkompetenz: „… die Handlungsfähigkeit, die es einer
    Person ermöglicht, selbstorganisiert in bestimmten       Zusätzlich zu dem beschriebenen Konflikt stellen wei-
    Situationen Zeit zu verwenden, um kreative Ansätze       tere Faktoren Anforderungen an den Umgang mit Zeit.
    zu finden oder eine spezifische Vorgehensweise zu ent-   Ablenkungen können z. B. in Form von Push-Nach-
    wickeln, damit gesteckte Ziele erreicht oder Probleme    richten auf dem Bildschirm oder in Form von Anrufen
    gelöst werden.“ (Hellert 2014, S. 36)                    die Konzentration unterbrechen. Speziell bei flexibler
                                                             Arbeitsgestaltung kann auch das private Umfeld die
    1.3.1 Anforderungen an Zeitkompetenz                     Aufmerksamkeit bei der Arbeit beeinträchtigen.
                                                             Kollegen/Kolleginnen benötigen zu unterschiedlichen
    Da Zeit begrenzt ist, wird es notwendig, Entscheidun­    Zeitpunkten Informationen und müssen folglich bei der
    gen bei der Nutzung von Zeit zu treffen. Das wird        Planung der eigenen Arbeit berücksichtigt werden. So
    besonders deutlich, wenn Termin- und/oder Zeitdruck      ist das soziale Umfeld, das sowohl aus Privatleben als
    auftreten. Wenn Aufgaben in der zur Verfügung stehen-    auch aus der Arbeit besteht, bei Teamarbeit stets zu
    den Zeit nicht erledigt werden können, handelt es sich   berücksichtigen. Arbeitszeitregelungen können stark
    um Zeitdruck. Termindruck besteht bei festen Fristen     variieren. Wenn Arbeitszeiten durch den/die Arbeit-
    oder Treffen, die nur schwer eingehalten werden kön-     geber/in fest vorgegeben sind, besteht wenig Gestal-
    nen. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten mit der    tungsspielraum. Kann die Zeit jedoch eigenständig
    Knappheit von Zeit umzugehen: Ziele können in Qua-       eingeteilt und genutzt werden, hat dies viele Vorteile.
    lität oder Quantität angepasst werden. Das ist jedoch    Es macht jedoch gleichzeitig einen bewussten Um-
    nicht immer eine sinnvolle Option, denn welche Kundin    gang mit Zeit notwendig. Folglich gibt es verschiedene
    und welcher Kunde gibt sich schon mit einem halben       Strukturen, die den Umgang mit Zeit erschweren (vgl.
    Kühlschrank oder einer halben Reparatur zufrieden?       Abb. 1). Sich über diese Erfordernisse und Lösungs­
    Alternativ können Ressourcen aufgebaut – oder Anfor-     ansätze bewusst zu sein und über erfolgreiche Strate-
    derungen abgebaut werden. Die letzte Option besteht      gien zu verfügen, wird als Zeitkompetenz bezeichnet
    darin, die Zeit zu verlängern. Bei den verschiedenen     (vgl. Hellert 2018).

      ABLENKUNG                                                                     KOMMUNIKATION

                             Anforderungen an Zeitkompetenz:
                                      Umgang mit …

      ZEITSPIELRAUM                                                           KNAPPHEIT VON ZEIT

    Abbildung 1: Anforderungen an Zeitkompetenz
ZEITKOMPETENZ & VERTRAUEN: GRUNDLAGEN                                                                                     7

1.3.2 Gestaltung von Zeitkompetenz                            Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Zeitkompetenz
                                                              zu erlangen. Passend zu den unten beschriebenen
Die im Projekt vLead identifizierten Gestaltungsansätze       Ansätzen, besagt z. B. das Konzept der Selbstführung
für den Aufbau von Zeitkompetenz sind in Abb. 2 zu-           (vgl. Neck & Manz 2013), dass es Strategien gibt, mit
sammengefasst. Selbstdisziplin beinhaltet die Regulie-        denen Personen sich selbst beeinflussen können, um
rung von Ablenkungen und die Fokussierung auf Ziele.          ihre Ziele zu erreichen. Selbstführung beinhaltet Strate­
Segmentierungsstrategien helfen bei der Abgrenzung,           gien, die genutzt werden können, um Zeitkompetenz
sodass die Konzentration auf die jeweils wichtigen            zu erlangen. Da Selbstführung eine erlernbare Strate­
Ziele gerichtet werden kann. Eine proaktive Kommuni-          gie ist, bietet sie einen praktischen Ansatzpunkt zur
kation ist im Kontext von Teamarbeit zentral, um über         Förderung der eigenen Zeitkompetenz.
alle notwendigen Informationen zu verfügen und Orien­
tierung bei der Arbeit zu haben. Selbststrukturierung
ist eine Strategie, damit der Überblick über komplexe
Aufgaben erhalten bleibt und diese planmäßig bear-
beitet werden. Zeitplantechniken können gerade bei
knapper Zeit helfen. Im Gegensatz zu produktiven
Zeiten sind Erholungszeiten jedoch ebenso relevant,
um die Arbeitsfähigkeit langfristig aufrecht zu halten. ­In
dieser Zusammenfassung finden Sie eine Übersicht;
wie Zeitkompetenz auf verschiedenen Ebenen konkret
gestaltet werden kann, erfahren Sie in den verschiede-
nen Instrumenten des Kompass – Zeit & Vertrauen.

   SELBSTDISZIPLIN                                        Ablenkungen ignorieren, Ziel im Blick behalten

   Arbeit von anderen Lebensbereichen abgrenzen:                                   SEGMENTIERUNGS-
   durch Ort, Zeit oder andere Strategien                                               STRATEGIEN

                                                              Regelmäßigen Kontakt pflegen, Austausch
   PROAKTIVITÄT
                                                                    mit Teammitgliedern aktiv verfolgen

   Struktur hilft, bei Überblick über Nachrichten und
                                                                                             SELBST-
   Termine aktiv zu planen und z. B. verschiedene
   Postfächer und Kalender zu nutzen
                                                                                     STRUKTURIERUNG

   ZEITPLAN-                                                       Techniken für effiziente Zeitnutzung,
   TECHNIKEN                                         z. B. spontane freiwerdende Zeiten sinnvoll nutzen

   Auf arbeitsintensive Phasen sollte ein Freizeitausgleich
                                                                                                 ERHOLUNG
   folgen, Pausen und Ruhezeiten im Voraus planen

Abbildung 2: Gestaltung von Zeitkompetenz
8                                                                          ZEITKOMPETENZ & VERTRAUEN: GRUNDLAGEN

    1.4 Vertrauensaufbau in                                   hinweg aufgrund ihrer individuellen Stärken schätzen
                                                              lernen – unabhängig von anfänglicher Sympathie.
    virtuellen Teams
                                                              Offene Kommunikation ist von Transparenz geprägt.
    Vertrauen entsteht häufig durch gemeinsame positive       Teams sollten die Möglichkeit haben, Arbeitsprozesse
    Erfahrungen und ist von individuellen Faktoren wie        und -entscheidungen nachzuvollziehen. Vertrauen
    etwa der Persönlichkeit abhängig. Im Laufe der Zeit       lebt von einem regelmäßigen Austausch, bei dem die
    wird ein Erfahrungsschatz aufgebaut, auf den das          relevanten Informationen weitergegeben werden. Dies
    Team gemeinsam zurückblicken kann. Vertrauen              erleichtert den weiteren Umgang mit Teammitgliedern,
    durchläuft somit verschiedene Ebenen im Zeitverlauf       da durch mehr Informationen die anderen Personen
    (vgl. Abb. 3). In virtuell arbeitenden Teams ist es       leichter eingeschätzt werden können.
    schwieriger, Vertrauen aufzubauen, es ist jedoch

                                    Neues
                   Gemeinsame       Vertrauenslevel
                   Erfahrungen
    Vertrauens-                                                     VERTRAUEN                             ZEIT
    vorschuss

                                                                                Abbildung 3: Vertrauensaufbau im Zeitverlauf

    möglich, über die Zeit hinweg durch gemeinsame            Wertschätzung lässt sich auf unterschiedliche Art und
    ­positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit ein eben-     Weise ausdrücken. Wichtig ist dabei, respektvoll und
    so hohes Niveau wie in Präsenzteams zu erreichen.         fair miteinander umzugehen. Wenn Teammitglieder
                                                              Verantwortung übernehmen dürfen, erfahren sie einen
    Vertrauen ist zweckgebunden und kann nicht erzwun-        Vertrauensvorschuss. Das kann ihrerseits die Bereit-
    gen werden; jedoch ist es möglich, Vertrauen indirekt     schaft zu vertrauen fördern. Wertschätzung ist also
    durch verschiedene Verhaltensweisen aufzubauen.           von Gegenseitigkeit geprägt. Sie kann zudem durch
    Auch die Einstellung ist dabei maßgeblich. So ist es      Anerkennung in Form von Worten oder Gesten ausge-
    z. B. leichter, einen wertschätzenden Umgang zu etab-     drückt werden. Teammitgliedern bei Bedarf Freiräume
    lieren, wenn Werte wie Fairness und Rücksichtnahme        einzuräumen und so auf sie Rücksicht zu nehmen,
    in den Einstellungen der Teammitglieder verankert sind.   kann ein Ausdruck von Wertschätzung sein.
    Die Maßnahmen zum Aufbau von Vertrauen sind in
    einer Mindmap dargestellt (Abb. 4).                       Persönliche Treffen bereichern die Zusammenar-
                                                              beit, da die Kommunikation über mehr Sinneskanäle
    Gemeinsame Erfahrungen sind die Grundlage, auf            vermittelt abläuft. Die Atmosphäre bei Präsenztreffen
    die sich zukünftige Zusammenarbeit stützt. Die Einhal-    erlaubt oft einen anderen Umgang. Es wird empfohlen,
    tung von Terminabsprachen entscheidet beispielsweise      mindestens zum Kickoff von Projekten ein Treffen in
    darüber, wie zuverlässig jemand eingeschätzt wird.        Präsenz zu ermöglichen. Auf diese Weise können die
    Teambuildingmaßnahmen geben den Teammitgliedern           gemeinsamen Erfahrungen gezielt gefördert und die
    Gelegenheit zum persönlichen Kennenlernen. Vertrau-       Vertrauensentwicklung unterstützt werden.
    ensaufbau ist zum Teil von Sympathie abhängig, jedoch
    kann die Zusammenarbeit unabhängig davon gut
    funktionieren. Teammitglieder können sich über die Zeit
ZEITKOMPETENZ & VERTRAUEN: GRUNDLAGEN                                                    9

                                           VERTRAUEN

    PERSÖNLICHE TREFFEN                                    OFFENE KOMMUNIKATION

    •   Besondere Relevanz von                             •   Kommunikation leichter
        Kickoffs                                               bei hohem Vertrauen

    •   Atmosphäre fördert                                 •   Transparenz im gesamten
        persönliches Kennenlernen                              Team

                                                           •   Regelmäßiges Feedback

    GEMEINSAME ERFAHRUNGEN                      WERTSCHÄTZUNG

    •   Führungskraft als Vorbild               •   Fairness beeinflusst Einstellung

    •   Vertrauensvoller Umgang                 •   Respektvoller Umgang ist
        mit Arbeitszeit                             gegenseitig

    •   Maßnahmen für Teambildung nutzen        •   Anerkennung für Engagement

    •   Zeitebene berücksichtigen               •   Rücksicht aufeinander nehmen

    •   Vertrauensvorschuss geben               •   Kleine Gesten haben großen Effekt

    •   Einhalten von Absprachen

    •   Grenzen von Vertrauen akzeptieren

Abbildung 4: Mindmap zum Aufbau von Vertrauen
10

     2 KOMPASS – ZEIT & VERTRAUEN: ORIENTIERUNG

     Das Handbuch ist als Unterstützung und Orientierung        Auch agile Teams finden hier Anregungen für die
     bei der Arbeitsgestaltung von Teamarbeit in virtuellen     Gestaltung ihrer Teamarbeit. Da der Kompass – Zeit
     Strukturen gedacht. Teams, die zeitlich oder örtlich       & Vertrauen für alle KMU anwendbar sein soll, gehen
     verteilt arbeiten, können von den Handlungsempfeh-         wir nicht explizit auf die Verwendung in agilen Teams
     lungen profitieren. Virtuelles Arbeiten bedeutet dabei     ein. Die Überschneidung der relevanten Inhalte für agile
     durch Medien vermittelte Arbeit. Das bezieht z. B.         Teams ist jedoch hoch. Einige Instrumente sind sogar
     auch Telefongespräche ein. Wenn Teams über meh-            aus agiler Projektarbeit inspiriert und greifen verallge-
     rere Standorte verteilt sind, ist schnell klar, dass sie   meinerbare Konzepte wie das „Daily Scrum“ auf.
     virtuell zusammenarbeiten. Wenn jedoch mehrere
     Personen zwar am selben Ort arbeiten, aber aufgrund         Bitte berücksichtigen Sie, dass die Anwendung des
     von Teilzeit oder Reisetätigkeiten nur kurze Zeitfenster    Kompass – Zeit & Vertrauen ein grundlegendes
     haben, in denen sie sich begegnen, zählt dies eben-        ­Akzeptanzlevel voraussetzt. Um nachhaltig eine Ver-
     so zu virtueller Arbeit.                                    besserung herbeizuführen, sollten die Teams bereits
                                                                 im Vorfeld auf die Inhalte eingestimmt werden. Es hat
     In virtuellen Strukturen ergeben sich für die Zusammen-     sich bewährt, den Kompass – Zeit & Vertrauen als
     arbeit neue Herausforderungen. Da Begegnungen               Instrument zur Begleitung eines Change-Prozesses in
     seltener stattfinden, ist es schwieriger, Vertrauen im      Unternehmen einzuführen. Für eine Verhaltens- oder
     Team aufzubauen. Während z. B. bei informellen Ge-          Einstellungsänderung sollten möglichst viele Mitarbei-
     sprächen in der Kaffeeküche Sichtweisen und Meinun-         tende die Möglichkeit haben, sich an Entscheidungen
     gen geteilt werden können, werden scheinbar unwich-         zu beteiligen. Eine schrittweise Einführung kann dabei
     tige Themen über Wahrnehmungen und Gefühle bei              unterstützen, Akzeptanz zu schaffen. Partizipation sollte
     virtueller Teamarbeit eher vernachlässigt. Zudem geht       gefördert werden und der gesamte Prozess sollte akti-
     mit einer hohen Flexibilität in modernen Arbeitsstruk-      vierend moderiert werden.
     turen ein hoher Abstimmungsbedarf und eine erhöhte
     wahrgenommene Arbeitsdichte einher. Unsicherheiten
     in Bezug auf informelle Regeln, wie etwa zur Pausen-
     nutzung oder zur Erreichbarkeit sowie in Bezug auf
     Zuständigkeiten können die Arbeit erschweren. Um
     diesen Herausforderungen zu begegnen, wurden
     mit dem Kompass – Zeit & Vertrauen verschiedene
     Ansatzpunkte entwickelt. In Zusammenarbeit mit Un-
     ternehmen wurden die hier empfohlenen Instrumente
     in mehreren Schritten auf ihre Praxistauglichkeit und
     ihren Nutzen überprüft und angepasst.

     Als Einstieg empfiehlt sich, zunächst die Software
     KompassGuide zu nutzen. Jedes Teammitglied kann
     hier eigenständig oder auch im Gespräch mit Kollegen/
     Kolleginnen eine Kombination der Themen wählen,
     die jeweils relevant sind. So ergibt sich eine Empfeh-
     lung, auf welcher Seite dieses Handbuchs Sie starten
     sollten. Alle Inhalte sind als Anregung zu verstehen. ­
     Sie können auch nur einzelne Bestandteile nutzen,
     die Ihnen hilfreich erscheinen. Sie können die unter-
     schiedlichen Instrumente zu jeder Zeit durchlesen und
     in einer beliebigen Reihenfolge anwenden.
KOMPASS – ZEIT & VERTRAUEN: ORIENTIERUNG                                                                            11

2.1 Aufbau und Nutzung des                                 sollten Sie zunächst 30 Minuten einplanen, um sich in
                                                           einem Handlungsfeld mit einem Führungsinstrument
Kompass – Zeit & Vertrauen
                                                           auseinanderzusetzen und Ihre nächsten Schritte zu
                                                           planen. Im Anschluss wird empfohlen, regelmäßige
Der Kompass – Zeit & Vertrauen ist je nach Bedarf im       Reflektionen einzuplanen und Zeitfenster dafür ggf. im
Team anwendbar: entweder als Printversion oder als         Kalender zu blockieren.
beschreibbares Formular in PDF-Format. Somit ist
er für virtuelle Teams ideal auch bei räumlicher Distanz   Nicht jedes Instrument ist für jede Konstellation
anwendbar. Virtuelle Teams sollten sich zur Förderung      gedacht. Der Selbstcheck für Teamleiter/innen kann
des Vertrauens im Team auch persönlich treffen.            z. B. allein oder ergänzend durch die Mitarbeitenden
Hierfür kann der Kompass – Zeit & Vertrauen ebenfalls      durchgeführt werden.
eingesetzt werden. Eine mögliche Anwendung könnte
wie folgt aussehen: Das Team trifft sich zu einer Klau-
surtagung, um die zwei Instrumente E-Talk – Unsere
Sprache sowie Vereinbarung – Zeit und Vertrauen zu
bearbeiten. An einem Tag werden beide Instrumente in
der Gruppe bearbeitet. So wird die gemeinsame Zeit
sinnvoll genutzt, da die Instrumente dabei unterstützen
können, bestimmte Herausforderungen oder Wünsche
zu thematisieren.

Bei den Anwendungsbeispielen wird grundsätzlich
von Teams ausgegangen, die sich in einzelnen Video­
konferenzen jeweils mit den Instrumenten auseinan­
dersetzen. Videokonferenzen sind, falls möglich,
Telefonkonferenzen vorzuziehen, da über die Körper-
sprache mehr Kommunikationskanäle wahrgenommen
werden können. Durch Mimik und/oder Gestik der
Personen sind zusätzliche Reaktionen und Emotionen
zu beobachten, die eine etwaige Nachfrage sinnvoll
machen. Telefonkonferenzen sind dann sinnvoll, wenn
die Bandbreite bei der Übertragung bzw. die Übertra-
gungsgeschwindigkeit begrenzt ist. Außerdem ist das
Telefon dem Video vorzuziehen, wenn die Konzentration
auf Inhalte im Vordergrund steht. Videokonferenzen
können die Beteiligten vom eigentlichen Inhalt ablen-
ken. Bei der Wahl der Medien kommt es folglich auf
den Anlass an. Die verschiedenen Instrumente sind so
konzipiert, dass sich meistens eine Person vorbereitet
und das Meeting moderieren kann.

In der Übersicht am Anfang jedes Instruments ist
eine kurze Zusammenfassung mit Inhalt, Zielsetzung,
Anwendung und Bearbeitungsdauer aufgeführt. Das
Ziel und der Punkt Anwendung verdeutlichen, in wel-
chen Situationen das Instrument nützlich ist. Die Bear-
beitungsdauer bezieht sich auf die Einarbeitung und
Diskussion der Maßnahmen. Wenn Sie z. B. das Instru-
ment Gestaltung E-Leadership-Kompetenz anwenden,
12                                                                                    KOMPASS – ZEIT & VERTRAUEN: ORIENTIERUNG

     2.2 Beispiele zur Anwendung anhand eines fiktiven Teams

     Beispielsteam                                                    Medienagentur mit 50 Mitarbeitenden. Das Projekt-­
                                                                      Team ist aus organisatorischen Gründen auf zwei
     In dem Kompass Zeit & Vertrauen werden immer wieder              Standorte verteilt. Ziel des Teams ist es, zum 15. Okto­
     Beispiele genutzt, um die Anwendung zu verdeutlichen.            ber die ausgearbeitete Umweltschutz-Kampagne bei
     Auf dieser Seite stellen wir Ihnen das Beispielsteam             dem/der Kunden/Kundin zu präsentieren. Das Team
     vor, das von typischen Herausforderungen virtueller              wurde aus verschiedenen Abteilungen zusammen­
     Arbeit betroffen ist. Die Zeit & Vertrauen GmbH ist eine­        gestellt, die sich gegenseitig ergänzen.

     TEAM FRANKFURT                                                                                  TEAM HAMBURG

     Eric Kühn                        Lara Fischer                    Franziska Barth                Vanessa Seiler
     • Auszubildender, 18 J.          • Teamleitung, 32 J.            • Verwaltung, 55 J.            • Mediengestaltung, 25 J.
     • Arbeitet 32 Std. pro           • Arbeitet 32 Std. pro          • Arbeitet 30 Std. pro         • Arbeitet 35 Std. pro
        Woche im Büro                    Woche im Büro                   Woche im Büro                  Woche im Büro
     • Hat eine eigene Aufgabe,       • Koordiniert und coacht        • Ist auf Kommunikation        • Neu im Team, zuständig
        für die er verantwortlich        das Team, achtet auf            mit Teammitgliedern            für Bearbeitung von
        ist: Kundendatenbank            Zielerreichung                   angewiesen                     Videoclips

     Robin Schneider                  Stephan Braune                                                 Janine Hirsch
     • Mediengestaltung, 25 J.        • Kundenbetreuung, 29 J.                                       • Redaktion, 45 J.
     • Arbeitet 20 Std. pro           • Arbeitet 40 Std. pro                                         • Arbeitet 40 Std. pro
        Woche im Home-Office             Woche, viel bei Kunden/                                        Woche im Büro
     • Erreichbarkeit ist ein-           Kundinnen                                                   • Zuständig für Recher-
        geschränkt, weil er für       • Kann selten an Telefon-                                         che und Verfassen von
        seine Familie flexibel sein      konferenzen teilnehmen,                                       Texten
        möchte                           weil er viel unterwegs ist

                                                                                                                     FRANKFURT

                                                                                                                      HAMBURG
KOMPASS – ZEIT & VERTRAUEN: ORIENTIERUNG                                                                                                                            13

2.3 Software KompassGuide                                                       können Teamleitung und Mitarbeitende in Mitarbei-
                                                                                tenden- oder Feedbackgesprächen eine mögliche
Inhalt: Durch unterschiedliche Kombinationen auf der                            Kernthematik identifizieren. Die Orientierung an den
Outcome-Ebene, der Gestaltungsebene, der Bedürfnis-                             vorgeschlagenen Themen kann helfen, das Gespräch
ebene und der Akteursebene ergeben sich verschie-                               in eine lösungsorientierte Richtung zu lenken und die
dene Empfehlungen zur Orientierung.                                             verschiedenen relevanten Betrachtungsebenen zu
                                                                                berücksichtigen.
Bearbeitungsdauer: ca. 15 Minuten
                                                                                Bei Interesse an der Software wenden Sie sich gerne
Ziel: Hinweise zur situationsgerechten Anwendung der                            unter iap@fom.de an uns. In der Software können
Instrumente erhalten                                                            Sie unterschiedliche Faktoren auf den vier Ebenen
                                                                               „Outcome“, „Gestaltung“, „Bedürfnis“ und „Akteur“
Anwendung: In Feedback-Gesprächen oder                                          (vgl. Abb. 5) anklicken und miteinander kombinieren.
Team-Meetings                                                                   Je nach Kombination bekommen Sie dann eine Emp-
                                                                                fehlung, mit welchem Instrument in diesem Handbuch
Der KompassGuide ist auf Basis einer Interview-Studie                           Sie anfangen sollten. Die Einschätzung dient Ihnen als
entstanden und stellt zusammengefasst die unter-                                Orientierung, da das Handbuch modular aufgebaut ist.
schiedlichen Betrachtungsebenen dar. So bieten die                              Eine Unterscheidung auf der Ebene Virtualität entfällt,
fünf Ebenen eine wissenschaftlich fundierte Voraus-                             da sich die Empfehlungen für die unterschiedlichen
wahl relevanter Handlungs-Faktoren für gute virtuelle                           Ausprägungen nicht unterscheiden.
Teamarbeit und Führung. Anhand der Anwendung

                                                                                      Motivation

   VIRTUALITÄTS-                                                                      Vertrauen
       EBENE
                                                                                     Orientierung
      AKTEURS-
       EBENE                                                                        Teammitglied
                                           Prozessfeedback

                                                             Wertschätzung

                                                                                                                                     Zeitkompetenz
                                                                                                           Teamleitung
                              Gesundheit

                                                                                                                                                     Effektivität
                                                                                                                         Anschluss

    BEDÜRFNIS-
                                                                             Team

      EBENE                                                                           Virtualität

  GESTALTUNGS-
     EBENE                                                                           Organisation

                                                                                      Empathie
     OUTCOME-
      EBENE
                                                                                    Kommunikation

                                                                                Wirtschaftlichkeit
Von innen nach außen
                                                                                       Abbildung 5: Schaltfläche aus der Software KompassGuide
14                                                            KOMPASS – ZEIT & VERTRAUEN: ORIENTIERUNG

     Beispiel zur Anwendung:

     Herr Schneider arbeitet seit Kurzem im Home-Office
     und ist sich oft nicht sicher, wie er mit dieser neuen
     Situation umgehen soll. Grundsätzlich gibt es keine
     Probleme, aber manche Arbeitsschritte laufen den-
     noch sehr schleppend. Daher sucht er das Gespräch
     mit seiner Vorgesetzten Frau Fischer.

     Um sich dem Thema zu nähern, nutzen beide den
     KompassGuide und gehen der Reihe nach die unter-
     schiedlichen Betrachtungsebenen durch.

     • Virtualität tritt hier in Form von Home-Office auf
       (Virtualität liegt im Kern der Darstellung).

     • Auf Ebene der Akteure erkennen beide, dass das
       ganze Team betroffen ist.

     • Beim Bedürfnis meint Frau Fischer, dass wohl die
       Orientierung nicht ausreichend gegeben ist (wer
       ist wofür zuständig?), während Herr Schneider
       eher Empathie als problematisch betrachtet (wann
        brauchen andere eine Antwort, damit sie selbst
       weiterkommen?) ➤ nach kurzer Aussprache stellen
       sie fest, dass das Team tatsächlich stark auf die
       ­individuellen Aufgaben fokussiert ist und Empathie
        in Bezug auf gemeinsame Ziele und die dazu not-
       wendigen Schritte fehlt.

     • Gestalten lässt sich hier v. a. über die Kommunika-
       tion. Frau Fischer und Herr Schneider einigen sich
       darauf, mit dem Team eine mögliche Lösung zu
       besprechen.

     • Der Outcome sollte schließlich eine bessere Effek­
       tivität sein.

     ➤ Bei der obigen Kombination zeigt der
       Kompass­Guide die Lösung Vereinbarung –
       Zeit & Vertrauen an. Das Team nimmt also das
       entsprechende Instrument zur Hand und spricht ­­
       es in einem Meeting durch. Schließlich einigt sich
       das Team im Gespräch darauf, einen wöchentlichen
       telefonischen „Check“ durchzuführen.
15

3 ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN
ZEIT & VERTRAUEN

Dieses Kapitel enthält verschiedene Empfehlungen
zur Analyse und Gestaltung von Zeitkompetenz und
Vertrauen und damit verbundenen Ansätzen. Es ist
gegliedert in drei Bereiche

• Überblick: Dieses Teilkapitel ermöglicht anhand der     • Zentrale Elemente: Wer Team-, Organisations- und
  wichtigsten Informationen virtueller Teamarbeit und       Personalentwicklung im Kontext virtueller Team­
  deren Voraussetzungen einen schnellen Einstieg.           arbeit nachhaltig gestalten möchte, findet in diesem
                                                            Bereich detailliert ausgearbeitete Maßnahmen. Die
• Impulse: Die Impulse stellen einzelne Maßnahmen           Maßnahmen sind an einzelnen Themen orientiert,
  dar, die Sie im Team direkt umsetzen können. Sie          die im Kontext von Zeitkompetenz und Vertrauen
  sind als Hilfestellung bei der Gestaltung virtueller      eine wichtige Rolle spielen.
  Teamarbeit zu verstehen und können die Nachteile
  virtueller Kommunikation teilweise auffangen.

3.1 Überblick

 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
                                                  CHECKLISTE                         BEST PRACTICE
     AUF EINEN BLICK

  • Schneller Einstieg                    • Zur Überprüfung von tech-          • Beispiel für Umsetzung von
                                            nischen Voraussetzungen              Maßnahmen in der Praxis
  • Aus Sicht der einzelnen
    Akteure                               • Übersicht arbeitsorganisa-         • Unternehmenskultur in der
                                            torischer Voraussetzungen            Praxis
16                                             ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – ÜBERBLICK

     3.1.1 Handlungsempfehlungen auf einen Blick

           Virtualität            Akteur                  Bedürfnis             Gestaltung              Outcome

           Virtuelles         Teammitglied,           Wertschätzung,         Zeitkompetenz,           Motivation,
           Arbeiten            Organisation            Orientierung,            Vertrauen,            Effektivität,
                                                        Empathie,            Prozessfeedback,       Wirtschaftlichkeit,
                                                        Anschluss             Kommunikation            Gesundheit

     Inhalt: Übersicht der wichtigsten Empfehlungen              Ziel: Schnelle Umsetzung

     Bearbeitungsdauer: ca. 10 Minuten                           Anwendung: Virtuelle Teamarbeit allgemein

                                                • Arbeitsunterbrechungen durch Abgrenzung minimieren
        INDIVIDUUM                              • Umfeld über eigene Arbeitsweise und Grenzen informieren
                                                • Zeit für Entwicklung einplanen

                                                • Teamintern Kommunikationsrichtlinien festlegen
        TEAM                                    • Teamintern Erreichbarkeit transparent machen
                                                • Zeit für teaminterne Kommunikation einplanen

                                                •     Orientierung geben, klare Anweisungen, bei Überlast r­ eagieren
                                                •     Wenig kontrollieren und mehr über Aufgaben austauschen
        FÜHRUNGSKRAFT                           •     Verstärkt auf der Beziehungsebene kommunizieren
                                                •     Zeit für transformationale Führung einplanen

                                                •     Alle Akteure müssen beteiligt sein
                                                •     Verbesserung wirklich wollen
        ORGANISATION                            •     Präventive Maßnahmen nutzen
                                                •     Zeit für Führung, Kommunikation und Entwicklung einplanen
ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – ÜBERBLICK                                                                         17

                      3.1.2 Checkliste

                             Virtualität                     Akteur                  Bedürfnis                Gestaltung                  Outcome

                            Standort-                  Organisation               Orientierung,            Zeitkompetenz,              Motivation,
                          übergreifende                                           Wertschätzung            Prozessfeedback,             Effektivität,
                           Teamarbeit,                                                                      Kommunikation            Wirtschaftlichkeit,
                         Videokonferenz                                                                                                 Gesundheit

                      Inhalt: Liste zum Abhaken, um zu prüfen, ob die                          Ziel: Übersicht und Selbstüberprüfung für Unter­
                      wichtigsten Voraussetzungen für virtuelle Teamarbeit                     nehmen
                      vorliegen
                                                                                               Anwendung: Projektbeginn, Meilensteine, jährliche
                      Bearbeitungsdauer: ca. 15 Minuten                                        Überprüfung der eigenen virtuellen „Kompetenz“

                          Checklistenpunkt                    Bestandteile und Inhalt                        Was wird benötigt?                      1–5
                        Moderne                          Bereitstellung einer modernen               • Telefon / Headset
                        IT-Infrastruktur 1               Infrastruktur, damit man von allen          • Videokonferenzsystem
                                                         Standorten/Home-Office den                  • Messenger, Web-Konferenz-Software,
                                                         ­gleichen Zugriff hat, um standort­           virtuelle Konferenzräume, etc.
                                                         unabhängig zu arbeiten
                        Ressourcen für mobiles           Flexible Arbeitsplätze (mindestens          • Notebook
                        Arbeiten bereitstellen   1
                                                         eine Option):                               • Mobile Devices
                                                         • An allen Standorten                       • Home-Office-Vertrag: Datenschutz
                                                         • Home-Office-Möglichkeit                     bei Home-­Office, Zugangsrechte in
                                                         • Buchbare Besprechungsräume                  Partnerschaften / Mitbewohner
                                                             mit entsprechend technischer            • Leitfaden / Anwendungsbeispiele im
                                                             Ausstattung                               Umgang mit Home-Office
                        Technische Ausstattung:          Integration verschiedener Anwen-            • Entsprechende Software
                        Kommunikation interner           dungsprogramme zur Förderung                • Betriebliche Regelungen der
                        Systeme 2                        der Übersichtlichkeit. Z. B. Inte­            ­Kommunikation
                                                         gration Mailclient, Telefonclient,          • Intranet
                                                         ­Kalender, Projektmanagement,
                                                         CRM, Dokumentation, etc. (Erken-
                                                         nung von erreichbaren Kollegen/
                                                         innen) ­(vlg. Instrument „Dashboard“)
                        Umgang mit Zeit­                 Zeitmanagement als Element des              Webinare / Trainings zum Thema Zeit­
                        management in der                Einarbeitungsplans durch Coaching           management und zu mobilem Arbeiten
                        Einarbeitung integrieren 2       in Präsenz
                        Gelegenheit zu persön­           Vereinbarungen, sich regelmäßig             Organisation von Dienstreisen
                        lichem Austausch /               zu treffen – vorgegeben durch
                        Face-to-face Treffen 2           Teamleitung
* TM = Teammitglied

                        Kompetenzen/  Auswahl            Anforderungen an die TM*:                   Passendes Persönlichkeits- und
                        der teilnehmenden                •   Organisiertheit                         ­Kompetenzprofil für das jeweilige Team
                        Teammitglieder /                 •   Selbstständigkeit
                        Teamleitung 2                    •   Zielorientiertheit
                                                         •   Vertrauensvoll und ehrlich
                        Führungsstil   2
                                                         TM dürfen nicht allein gelassen             Ständige Reflexion der Aufgaben und
                                                         werden – kooperativer Führungsstil          Tätigkeiten; Gesprächstermine, Vereinba-
                                                                                                     rungen, etc. Niederschreiben von To-Dos

                      1: Grund­voraussetzung; 2. Optimierungs­potenzial               Bewerten Sie die Umsetzung der Checklistenpunkte in Schulnoten von 1–5.
18                                                 ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – ÜBERBLICK

     3.1.3 Best Practice

           Virtualität               Akteur                Bedürfnis             Gestaltung              Outcome

           Virtuelles            Teammitglied,          Wertschätzung,        Zeitkompetenz,           Motivation,
           Arbeiten               Organisation           Orientierung,           Vertrauen,            Effektivität,
                                                          Empathie,           Prozessfeedback,       Wirtschaftlichkeit,
                                                          Anschluss            Kommunikation            Gesundheit

     Inhalt: Beispiel für Umsetzung und Unternehmens­             Ziel: Inspiration, Perspektivenwechsel, Sammlung und
     kultur in der Praxis                                         Kommunikation von Best Practice-Beispielen

     Bearbeitungsdauer: ca. 10 Minuten                            Anwendung: KMU, die sich den Herausforderungen
                                                                  virtueller Teamarbeit stellen wollen, können durch diese
                                                                  Texte einen Einstieg finden

     3.1.3.1 Unternehmenskultur                                   Gesundheitsmanagement bei perbit
     bei der perbit Software GmbH
                                                                  Gesundheit ist ein wichtiges Gut. Durch das betrieb­
                                                                  liche Gesundheitsmanagement soll dieses erhalten
                                                                  und gefördert werden.

                                                                  Die Balance zwischen Beruf und Privatleben ist ein
                                                                  wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden. Denn
     In diesem Abschnitt werden Best Practice-Beispiele           gesunde engagierte Mitarbeitende sind eine wichtige
     der perbit Software GmbH zu verschiedenen Aspekten           Voraussetzung für Produktivität und Wettbewerbs­
     dargestellt, die die Unternehmenskultur beeinflussen.        fähigkeit.
     Diese Beispiele sollen die Leser und Leserinnen inspi-
     rieren und zur Orientierung beitragen.                       perbit setzt sich für die Gesundheit der Mitarbeitenden
                                                                  sowie für Prävention am Arbeitsplatz mit folgenden
     Du- und „Offene Tür“-Kultur bei perbit                       Maßnahmen ein:

     Bei perbit herrscht eine Kultur der offenen Türen für alle   • Wöchentliche Massagen
     Mitarbeitenden. Sowohl Kollegen/Kolleginnen, direkte         • Täglich frisches Obst, Gemüse und Mineralwasser
     Vorgesetzte, Personalabteilung als auch Geschäfts­           • Sport (Yoga, Joggen, Fußball, Radfahren,
     führung zeigen damit ihre jederzeitige Ansprechbarkeit,        Tischtennis) initiiert durch Mitarbeitende
     was zu kurzen Wegen der Ansprache und Problem­               • Beratung der ergonomischen Ausrichtung des
     lösung beiträgt. Dies fördert das Betriebsklima durch          Arbeitsplatzes
     die damit verbundene Aufhebung symbolischer Hie­             • Anschaffung ergonomisch adäquater Arbeitsmittel
     rarchien. Der kollegiale Umgang und die Vertrauens­            (Büromöbel, Maus, Tastatur, Gel-Kissen)
     kultur fördern informelle Gespräche auf den „Fluren          • Finanzierung von Computerbrillen
     und in den Cafeterien“. Auch am Arbeitsplatz ist jeder-
     zeit Gelegenheit für informelle Gespräche.In virtueller
     Zusammenarbeit wird der Ansatz weiterverfolgt, indem
     die offene Tür durch eine Software im Telefon-Client
     symbolisiert wird.
ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – ÜBERBLICK                                                    19

Vertrauensarbeitszeit bei perbit                             Maßnahmen zur Gestaltung flexibler Arbeit

Bei perbit wird eine variable Vertrauensarbeitszeit          Flexible Arbeitszeit
praktiziert. Im Mittelpunkt stehen die Begriffe Vertrauen,
Eigenverantwortung, Flexibilität und Ergebnisorien­          • Flexible lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle
tierung.                                                     • Teilzeitmodelle auch für Führungskräfte
                                                             • Reduzierung von Reisezeiten durch verstärkten
perbit vertraut auf die Leistungsbereitschaft der Mit-         Einsatz von Online-Dienstleistungen
arbeitenden und den Willen, gemeinsam die Unter-             • Elternzeit-Gespräche (auf Wunsch für beide
nehmensziele zu erreichen. Die gelebte Vertrauens­             Elternteile)
arbeitszeit ist ergebnisorientiert gestaltet und bietet
den Mitarbeitenden die erforderliche Zeitautonomie.          Flexibler Arbeitsort
Die freie Arbeitszeitgestaltung wird sehr geschätzt.
Die Mitarbeitenden erfüllen ihre arbeitsvertraglichen        • Gesetzliche Vorgaben für erfolgreiches Arbeiten
Verpflichtungen basierend auf den rechtlichen Grund­            im Home-Office
lagen eigenverantwortlich im Team.                           • Home-Office – Tipps zur Arbeitsorganisation im
                                                               Home-Office
In Abhängigkeit von der Funktion ergeben sich die            • Nutzung eines Videokonferenzsystems zur
Anforderungen an die Arbeitszeitgestaltung. Die                ­Reduzierung von Reisen zwischen den Standorten
Gewährleistung eines reibungslosen Geschäfts- und            • Nutzung modernster Kommunikationstechnik
Betriebsablaufes liegt in der Verantwortung des
jeweiligen Teams in Abstimmung mit den zuständigen           Unterstützung Life-Domain-Balance
Vorgesetzten. Planungsgrundlagen sind dabei bei-
spielsweise die aktuelle Auftragssituation, die Erreich-     • Angebot von Resilienz-Seminaren, um Krisen,
barkeit für Kunden/Kundinnen oder die Einhaltung                auch im privaten Bereich, besser zu meistern
entsprechender Servicestandards.                             • Angebot einer Notfallbetreuung von Kindern im
                                                                Betrieb
Mitarbeitende, deren Leistungen an Kunden/Kundinnen          • Kinderbetreuungszuschüsse
fakturiert werden, dokumentieren diese Leistungsstun-        • Unterstützungsmaßnahmen bei der Pflege von
den gemäß den Richtlinien für die Leistungsstunden­            Angehörigen
erfassung. Für betriebswirtschaftliche Betrachtungen         • Führung eines Kontakthalteprogramms für
werden die fakturierten Stunden erfasst und bei den            ­Beurlaubte
Außendienstmitarbeitenden die Reisezeiten.

Dafür, dass kein Missverhältnis zwischen vertraglicher
Arbeitszeit, Funktion und Aufgabenumfang (Über- bzw.
Unterlast) entsteht, sind sowohl die Mitarbeitenden
als auch die Führungskräfte verantwortlich. Bei der
Bewertung von Arbeitszeit werden auch Reisezeiten
der Außendienstmitarbeiter/innen berücksichtigt. Als
Instrument zum Ausgleich von Überstunden kann die
Führungskraft Freizeitausgleich gewähren. Die gesetz-
lichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG)
sind einzuhalten.
20                                             ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – ÜBERBLICK

     3.1.3.2 Implementierung eines Instruments
     aus dem Kompass – Zeit & Vertrauen am
     Beispiel der D.O.M. Datenverarbeitung
     GmbH

     Die beiden Instrumente E-Talk – Unsere Sprache und      Vorhaben von der Belegschaft sehr gut angenommen.
     Vereinbarung – Zeit & Vertrauen wurden von der D.O.M.   Es wurde von einer verbesserten Kommunikation be-
     Datenverarbeitung GmbH eingeführt, um Leitbilder für    richtet. Da die Implementierung in mehreren Schritten
     die einzelnen Teams und später ein Unternehmensleit-    besonders erfolgsversprechend ist, kann der erfolg-
     bild daraus zu generieren. Durch eine Begleitung des    reiche Umsetzungsprozess auch für andere Unterneh-
     Prozesses mit organisationalen Informationsmaßnah-      men als Vorbild dienen.
     men und die Förderung von Partizipation wurde das

                                                     PHASE 1

          Organisatorische
                                               Erstellung einer                   Erster Workshop
          Vorbereitungen und
                                               Basis-Checkliste                   durch initiales
          Workshops durch
                                               als Impulsgeber                    Pilotteam
          Projektteam

     I.   Gemeinsames Brain­                   Darstellung der Leit­themen            Gemeinsame Diskus­sion
          storming hinsichtlich wichti-        und Indikatoren in Form einer          und teamindivi­duelle
          ger Leitthemen zu Kommuni­           Liste mit Raum für eigene,             Anpassungen der einzelnen
          kation und ­Zusammenarbeit           individuelle Elemente                  Leitthemen auf Grundlage
          im ­Unternehmen                                                             der Basis-Checkliste
                                               Skalen zur persönlichen
     II. Weitere Operationalisierung           Einschätzung der                       Evtl. Ergänzung der Basis-­
         durch die Entwicklung                 Wichtigkeit der einzelnen              Checkliste um weitere
         zugehöriger Elemente und              Elemente                               Elemente
         Aus­prägungen
                                               Persönliche Einschätzung               Verteilung der Checkliste
     III. Entwicklung einer Prototyp-­         des Ist-Zustands hinsichtlich          an alle Team-Mitglieder
          Checkliste durch metho­              der Verbesserungspoten­
          dische gemeinsame                    ziale im Team in Form eines            Auswertung aller Checklisten
          Visualisierung an Whiteboard         Ampelsystems                           durch Leitung: Festhalten
          und mit Kärtchen                                                            der wichtigsten Leitthemen

     IV. Auswahl eines initialen                                                      Gemeinsame Fest­legung
         ­Pilotteams für das                                                          von verbind­lichen
          Prototyping                                                                 Maßnahmen
ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – ÜBERBLICK                                             21

                                               PHASE 2

                                                                            Sukzessive
   Vorstellung des
                                         Mobilisieren                       Durchführung der
   Vorhabens in einer
                                         von Promotern                      Workshops in
   Infoveranstaltung
                                                                            allen Teams

Vorstellung des Prozesses              Vertreter der betreffenden              Workshops im Rahmen
und dessen Ziele an alle               Teams als Multiplikator /               der turnusmäßigen Retro­
Mitarbeiter                            Promoter gewinnen durch                 spektive, um Verbesserungs-
                                       persönliche Gespräche mit               potenziale direkt ansprechen
Beschreibung erster                    Projektteam                             zu können
Eindrücke und Ergebnisse
des Pilotteams                         Zielsetzung:                            Ergänzung um weitere
                                                                               individuelle Elemente zu
Zielsetzung:                           • Begeisterung und                      den Leitthemen in den
                                         Interesse wecken                      einzelnen Teams
• Begeisterung und                     • Herausstellen der Vorteile
  Interesse wecken                       und Nutzen                            Begleitung/Moderation der
• Hohe Partizipation                                                           Workshops durch Vertreter
  der Mitarbeiter                                                              des Projektteams

                                                                               Erstellung einer team­
                                                                               individuellen Unterlage mit
                                                                               den wichtigsten Leitthemen
                                                                               und Elementen

                                                                               Ausblick: Review zur
                                                                               Kontrolle der adäquaten
                                                                               Übersetzung der Leitthemen
                                                                               in die Praxis

Anvisiertes übergeordnetes Ziel:                       Auswertung der wichtigsten Leitthemen, resultierend
                                                       aus allen Checklisten aller Teams / Abteilungen
Entwicklung eines Kommunikationsleitbilds
für das Unternehmen                                    Gemeinsame Definition des internen Kommunika­
                                                       tionsleitbilds für das Unternehmen
22                                                  ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – IMPULSE

     3.2 Impulse

     Die Impulse stellen einzelne Maßnahmen dar, die Sie        hen und können die Nachteile virtueller Kommunikation
     im Team direkt umsetzen können. Sie sind als Hilfestel-    teilweise auffangen.
     lung bei der Gestaltung virtueller Teamarbeit zu verste-

     Impuls: Ready to Fly

           Virtualität              Akteur               Bedürfnis             Gestaltung               Outcome

           Video­              Teammitglieder,            Empathie          Kommunikation,            Effektivität,
         konferenzen               Team                                     Zeitkompetenz,          Wirtschaftlichkeit
                                                                               Vertrauen,
                                                                            Prozessfeedback

     In Videokonferenzen steht oft eine effiziente und ziel-    Vorbereitungsmaßnahmen abzuschließen und alle auf
     führende Durchführung im Vordergrund und das har-          einen Informationsstand zu bringen. Nutzen Sie diese
     monische Miteinander geht leicht verloren. Daher sind      Maßnahme in virtuellen Meetings, um zu überprüfen,
     Nachfragen besonders wichtig, um Anliegen zu klären,       ob alle Beteiligten bereit zum „Abflug“ sind.

     Impuls: E-Coffee

           Virtualität              Akteur               Bedürfnis             Gestaltung               Outcome

          Standort­            Teammitglieder,           Anschluss             Vertrauen,            Gesundheit,
        übergreifende           Teamleitung,                                 Kommunikation,           Motivation,
         Teamarbeit              Organisation                               Prozessfeedback,        Wirtschaftlichkeit,
                                                                              Zeitkompetenz            Effektivität

     Da bei standortübergreifender Arbeit der persönliche       Videoübertragung in der Arbeitszeit werden die Mitar-
     Kontakt leicht verloren geht, bietet der E-Coffee die      beitenden hier aufgerufen, informelle Kommunikation
     Gelegenheit, einen Ausgleich zu schaffen. Über eine        zu nutzen und sich auszutauschen.

     Impuls: E-Daily

           Virtualität              Akteur               Bedürfnis             Gestaltung               Outcome

           Virtuelles              Team,              Wertschätzung,            Prozess­              Effektivität,
           Arbeiten             Teammitglieder           Anschluss,            feedback,            Wirtschaftlichkeit,
                                                        Orientierung,        Zeitkompetenz,            Motivation,
                                                          Empathie              Vertrauen              Gesundheit

     Das Daily-Stand-Up-Meeting dient in agiler Projekt­        los funktioniert, bietet es sich an, das „Daily“ tele­
     arbeit dazu, sich täglich auf den neuesten Stand zu        fonisch durchzuführen und routiniert die wichtigsten
     bringen. Damit dies auch in virtuellen Teams reibungs-     Informationen auszutauschen.
ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – IMPULSE                                                        23

3.2.1 Impuls: Ready to fly

      Virtualität               Akteur                Bedürfnis           Gestaltung               Outcome

       Video­              Teammitglieder,            Empathie          Kommunikation,           Effektivität,
     konferenzen               Team                                     Zeitkompetenz,         Wirtschaftlichkeit
                                                                           Vertrauen,
                                                                        Prozessfeedback

Inhalt: Checkliste für virtuelle Meetings; vor der          Ziel: Die Kommunikation und den Ablauf virtueller
Durchführung kann das Team die Punkte gemeinsam             Meetings verbessern; Förderung von Zeitkompetenz
durchgehen und Unklarheiten beseitigen
                                                            Anwendung: Strukturierung virtueller Meetings
Bearbeitungsdauer: ca. 45 Minuten

Hintergrund: Jeder kennt das – der Kaffee zur Be­           TIPP
grüßung, Smalltalk in der Pause, Austausch mit Ge-          Verwenden Sie Elemente der Checkliste nach
sprächspartnern... Hierbei werden Kontakte geknüpft         Bedarf, sodass der Ablauf dynamisch bleibt.
und es wird das ein oder andere Problem unkonven-
tionell gelöst. Anders verhält es sich beim virtuellen
Meeting – hier funktioniert das so nicht. Bei virtuellen
Meetings ist es unumgänglich, schon im Vorfeld an-
ders zu planen und zu kommunizieren.

Erläuterung: Die Checkliste enthält Tipps für die Vor­      Beispiel: Herr Kühn nimmt regelmäßig an der wö-
bereitung und Umsetzung virtueller Meetings. Modera-        chentlichen Telefonkonferenz teil, da es wichtig ist,
toren und Moderatorinnen können die Liste nutzen, um        dass auch er als Auszubildender über die Vorgänge
vorab zu prüfen, ob alles Wichtige erledigt und bespro-     informiert ist. Da er jedoch bei einigen Besprechungen
chen wurde.                                                 nicht dabei ist, bekommt er einiges nicht mit. Deswe-
                                                            gen kann er den Gesprächen in Telefonkonferenzen
Anwendung:                                                  oft nicht folgen. Manchmal fehlt ihm nur eine kurze
                                                            Information über den Arbeitsstand zu einer Aufgabe,
• Gehen Sie als Moderator/in die Liste vorab durch          um sich selbst einbringen zu können.
  und markieren Sie, was Sie in jedem Fall prüfen
  möchten                                                    Der Impuls: Ready to fly bietet Herrn Kühn die Möglich-
• Prüfen Sie, ob alle Vorbereitungen Ihrerseits getrof-      keit, das Thema anzusprechen. Er argumentiert, dass
  fen wurden                                                es nützlich wäre, wenn bei dem Jour-fixe jeder noch
• Im Meeting: Gehen Sie Punkt für Punkt der Reihe           vor Beginn zu Wort kommt, da es ihm sonst schwer-
  nach durch. Wenn es ein paar Minuten länger dau-          fällt, die anderen Teammitglieder in ihren Ausführungen
  ert, sparen Sie dafür später Zeit, da alle „mitgenom-     wegen Rückfragen zu unterbrechen. Mit der Checkliste
  men werden“                                              – Startphase eines virtuellen Meetings haben zudem
• Fragen Sie, ob alle Vorbereitungen getroffen wur-          auch die anderen Teammitglieder die Möglichkeit,
  den, z. B. jeder mit Getränken ausgerüstet ist und        ­etwas anzusprechen, was sie sonst während der Tele-
  Handys aus sind                                           fonkonferenz ablenken würde.
• Vergessen Sie nicht den letzten Punkt: Der Hauptteil
  des Meetings startet erst, wenn alle „Ready to fly“
  gesagt haben
24                                  ANALYSE- UND GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN ZEIT & VERTRAUEN – IMPULSE

     Checkliste – Startphase eines virtuellen Meetings

      Vorbereitungsphase

      01. Moderator/in und Präsentator/       Moderator/in leitet und moderiert das Meeting
          in bestimmen                        Präsentator/in stellt Inhalte vor

      02. Agenda erstellen und frühzeitig
                                              Ablauf inkl. Zeitabschätzung, Pausenplanung und
          an alle Teilnehmenden
                                              Teilnehmerliste
          versenden

                                              z. B. aufzurufende URL, Einwahl-Code, genutzte
                                              Software
      03. Technische Voraussetzung
          klären, ggfs. testen und an         Hinweis: Die Teilnehmenden sollten sich idealer­weise
          Teilnehmende versenden              bereits einige Minuten vor Beginn des Meetings
                                              einloggen. Technische Probleme lassen sich somit
                                              noch erkennen und beheben.

                                              Alle Teilnehmenden darauf hinweisen, dass man für
                                              einen möglichst niedrigen Geräuschpegel rundherum
      04. Ruhe während des Meetings
                                              sorgt. Dazu evtl. Fenster und Türen schließen, die
                                              Kollegen/Kolleginnen im Großraumbüro informieren.

                                              Vorab Einhaltung der Zeitvorgaben besprechen
      05. Zeitplan einhalten
                                              (ggf. auch der einzelnen Agendapunkte)

      Zu Beginn des Meetings

                                              Der/die Moderator/in begrüßt alle Anwesenden und
                                              erklärt Thema sowie Ziel des Meetings.
      06. Begrüßung
                                              Die Rollenverteilung für alle zusammenfassen:
                                              Moderator/in, Protokollant/in, Zeitnehmer/in.

                                              • Alle Teilnehmenden sollten klar, deutlich und
                                                langsam sprechen
                                              • Vereinbarung wie kommuniziert wird
      07. Meeting-Regeln                        (Handzeichen, Chat, Diskussion)
                                              • Konzentration ist Voraussetzung, daher der Hinweis,
                                                keine Mails checken und kein Internet­surfen
                                                während des Meetings

                                              Wenn nicht bekannte Teilnehmende im Meeting dabei
                                              sind, sollten sich alle Personen miteinander bekannt
      08. Persönliche Vorstellung
                                              machen, um eine angenehme Gesprächs­atmosphäre
                                              zu erzeugen.

      09. Vorstellung Agenda

                                              Moderator/in versucht hierdurch nochmals alle auf den
      10. Offene Fragen /
                                              gleichen Stand zu bringen, um dann in ange­nehmer
          Erwartungen vorab klären
                                              Atmosphäre zu starten.

      „Ready to fly!“
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