Komplexe biomechanische Analyse der Sprung-technik im Beachvolleyball - Anforderungsprofil und trainingsmethodische Empfehlungen
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1 Komplexe biomechanische Analyse der Sprung- technik im Beachvolleyball – Anforderungsprofil und trainingsmethodische Empfehlungen (AZ 070802/19) Frese, C., Bubeck, D., Milecik, K., Schlechtweg, S. & Alt, W. (Projektleitung) Universität Stuttgart, Biomechanik und Sportbiologie, Stuttgart, Deutschland 1 Einleitung ›› Es wurde sich in der Regel auf die Hüft- und Kniegelenksdynamik Beachvolleyball zählt zu den erfolgreichen konzentriert (Richards et al., 1996; olympischen Sportarten im deutschen Spitzen- Harris et al., 2020). sport. Um der Attraktivität der Sportart gerecht zu werden, existiert für die Nachwuchsathleten ›› Im Vordergrund standen die hori- zontale und vertikale Landephase. und -athletinnen des Deutschen Volleyball- Die „horizontale Landephase“ verbandes (DVV) eine Empfehlung, sowohl in geschieht in der Absprungphase, der Halle als auch im Sand zu trainieren. Die nachdem das Stemmbein Boden- unterschiedlichen Untergründe beeinflussen kontakt aufgenommen hat. Die die Bewegungsdynamik und -steuerung. Es vertikale Landephase beschreibt wird vermutet, dass der sandige Untergrund die Landung nach der eigentli- aufgrund der geringeren Stabilität ein höheres chen Flugphase (Richards et al., Verletzungs- und Schädigungsrisiko für die Ath- 1996). letinnen und Athleten darstellt (Barrett, Neal & Roberts, 1998). Dies zeigt sich in der Praxis am Aus den Untersuchungen gehen folgende Olympiastützpunkt in Stuttgart darin, dass den Erkenntnisse hervor: Trainern eine Anhäufung von chronischen und akuten Verletzungen der unteren Extremität ›› Die Absprungphase scheint beim Wechsel von der Halle- auf Sandböden relevant für die Ausbildung von aufgefallen ist. Knieschmerzen zu sein. Sowohl Da auch die Hallen-Volleyballer und -volleybal- die Spitzenbelastung, das Außen- lerinnen eine sehr hohe Inzidenz von vorderen rotationsmoment als auch das Knieschmerzen haben, gab es bereits viele For- Inversionsmoment des Stemm- schungsgruppen, die sich mit Risikofaktoren beines sind signifikante Prädika- beschäftigt haben. Dennoch sind die bisherigen toren für vordere Knieschmerzen Erkenntnisse zu Risikovariablen sehr diffus. In (Richards et al., 1996). einem Review werden 37 Risikovariablen im ›› In der Landephase werden die Zusammenhang mit vorderen Knieschmerzen bisherigen Risikofaktoren sehr genannt. kontrovers diskutiert (Harris et al., 2020). Dabei hatten die Studien folgendes gemein: ›› Der Fokus lag auf dem Angriffs- schlag. Blockbewegungen oder Sprungaufschläge wurden selte- ner untersucht (Richards et al., 1996; Harris et al., 2020). BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2019/20
2 Komplexe biomechanische Analyse der Sprungtechnik ... Folgende Aspekte wurden bei den bisherigen Studien noch gar nicht untersucht: 2 Methode Es wurde eine Querschnittsstudie mit 20 Vol- ›› Die Bewegungsdynamik in leyballerInnen durchgeführt. Davon waren 11 echten Feldbedingungen, da alle nicht und 9 von Knieschmerzen betroffen, (zwei Studien im Labor durchgeführt Spielerinnen mit bilateralen Beschwerden). Alle wurden (Problem: sehr geringe trainierten am Olympiastützpunkt Stuttgart im Sandhöhe). Folglich gibt es keine Nachwuchskader (14-23 Jahre), vierzehn davon Erkenntnisse zur Bewegungsdy- primär in der Halle und vier im Sand. namik in der Halle oder auf dem Für die komplexe biomechanische Analyse von Sand. volleyballspezifischen Sprüngen wurden die ›› Die neuromuskuläre Ansteuerung Athletinnen und Athleten mit einem auf iner- im Angriffsschlag. Hierzu gibt tial-measurement-units (IMU) bestehenden es weder Ergebnisse aus Labor- Bewegungsanalysesystem (MyoMotion, Nora- noch Feldbedingungen. Folglich xon), mit Druckmesssohlen (MediLogic, T&T gibt es auch keine Resultate über Medizintechnik GmbH, Schönefeld, Germany) Gruppenunterschiede von Ath- und mit Oberflächen-EMG (Noraxon) ausgestat- letinnen bzw. Athleten mit und tet. Das Bewegungsanalysesystem erfasste die ohne vordere Knieschmerzen Bewegung der unteren Extremität. Die Druck- beim Angriffsschlag auf unter- messsohlen befanden sich unter dem Fuß im schiedlichen Bodenbeschaffen- Schuh (Hallenbedingung) oder wurden mit heiten. Elektromyographische Kompressionssocken (Sandbedingung) fixiert. Untersuchungen wurden nur Abgeleitet wurden der VM und VL. Die Mes- in diagnostischen Tests durch- sungen fanden in randomisierter Reihenfolge geführt. Dort häufen sich die in der Halle und auf zwei Sandfeldern statt, Hinweise, dass das M. vastus die mit unterschiedliche Sandsorten aufgefüllt medialis (VM)/M. vastus latera- waren. Im Vergleich von „Sand 1“ und „Sand 2“ lis (VL)-Verhältnis bei Patienten wurde der „Sand 1“ subjektiv von den Athleten mit vorderen Knieschmerzen im als härter wahrgenommen. Der „Sand 2“ wurde Vergleich zu Gesunden erniedrigt vor ein paar Jahren extra zur Vorbereitung auf ist (Bley et al., 2014). die Olympischen Spiele in Rio angelegt, und die Beschaffenheit gleicht der Körnung des Sandes Ziel des Projektes war es zu untersuchen, in Rio. Auf allen drei Feldbedingungen wurden ›› inwieweit die Bewegung und diagnostische und volleyballspezifische Sprünge die Ansteuerungsprofile von der durchgeführt. Bodenbeschaffenheit beeinflusst Zu den diagnostischen Sprüngen gehörte der werden, Counter Movement Jump (ohne und mit Arm- schwung). Beim Countermovement Jump (CMJ) ›› ob Gruppenunterschiede in starten die Athletinnen und Athleten in einer kinematischen, kinetischen und gestreckten Position. In der Absprungphase neuromuskulären Parametern bei wird zunächst der Körperschwerpunkt durch Athletinnen bzw. Athleten mit eine Beugung der Knie und Hüfte abgesenkt. und ohne Knieschmerzen auftre- Durch eine Streckbewegung wird Energie für ten und den Absprung generiert. Beim CMJ ohne Arme ›› ob diese Unterschiede von der werden die Hände in die Hüfte gestemmt. Beim Bodenbeschaffenheit beeinflusst CMJ mit Armen können die Athleten die Arme werden. frei bewegen Die volleyballspezifischen Sprünge umfassten zum einen den Blocksprung. Beim Blocksprung stehen die Athleten vor dem Netz. Beim Start BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2019/20
Komplexe biomechanische Analyse der Sprungtechnik ... 3 befinden sich die Hände vor der Brust. Die Ath- Die Daten wurden in der Noraxon- Software auf letinnen bzw. Athleten springen aus dem Stand ihre Qualität geprüft und anschließend aus der nach oben und drücken beide Hände gegen Noraxon-Software exportiert. einen gehaltenen Ball. Die Ballhöhe wird indivi- Mit Hilfe von Matlab wurden in der Datenana- duell durch 3-5 Testsprünge festgelegt. lyse ausgewertet: Zum anderen gehörte zu den volleyballspezifi- schen Sprüngen der Angriffssprung vorne am ›› kinetische Variablen, die das Maximum, die Loading rate und Netz, welcher positionsspezifisch durchgeführt den Kraftstoß umfassten, wurde. Die drei Angriffssprünge wurden in drei Varian- ›› kinematische Kenngrößen wie ten durchgeführt: der maximale Knieflexionswinkel, die Bodenkontaktzeit und die (I) Der Ball wurde aus einer speziellen Halte- vorrichtung (Spikomat) geschlagen. Beim Sprunghöhe und Angriff können die Athletinnen bzw. Athle- ›› elektromyographische Variablen ten ihre individuelle Stemmtechnik einset- in Form vom VM/VL-Verhältnis. zen. Es gibt keine Vorgaben. Die Ermittlung der passenden Ballhöhe im Spikomaten Dafür wurde die durchschnittliche EMG-Aktivi- erfolgt durch 3-5 Testsprünge. So konnte tät des VM und des VL über die Standphase ins eine hohe Standardisierung der Messbedin- Verhältnis gesetzt. Zwei abgeleitete volleyball- gungen erzielt werden. spezifische Kenngrößen sind die „close-time“ (II) Der Ball wurde angeworfen. Beim Angriff und die„Streckzeit“. Die „close-time“ beschreibt können die Athletinnen bzw. Athleten ihre den Zeitraum vom Einstemmen des Stemmbei- individuelle Stemmtechnik einsetzen. Es nes bis zum Nachsetzen des Beistellbeines in der gibt keine Vorgaben. Für das Timing von Absprungphase. Sobald beide Beine Bodenkon- WerferInnen und SpielerInnen wurden takt haben, beginnt die „Streckzeit“. Diese endet etwa 5 Probeläufe durchgeführt. In der mit dem Absprung. Signifikante Gruppenunter- Messung mussten drei erfolgreiche Versu- schiede wurden mit dem Whitney-U-Test ermit- che aufgezeichnet sein. Der Versuch wurde telt. Wechselbeziehungen im VM/VL-Verhältnis als erfolgreich definiert, wenn WerferInnen zwischen den Sprungformen wurden mit einer und AngreiferInnen den Versuch als subjek- Pearson-Korrelationsanalyse ermittelt. In den tiv gut empfanden. folgenden Ergebnisdarstellungen werden nur die Variablen mit den größten Unterschieden (III) Der Ball wurde angeworfen und die Athle- vorgestellt. tinnen bzw. Athleten mussten reaktiv in eine bestimmte Richtung schlagen. Der Ablauf ist wie in Variante (II). Zusätzlich steht auf der 3 Ergebnis gegnerischen Seite ein „Verteidiger“. Nach Auf Grund von technischen Problemen konnten Anwurf des Balles läuft diese/r aus der Mitte nur 18 VolleyballerInnen ausgewertet werden. nach rechts oder links. Die AngreiferInnen Neun davon waren von Knieschmerzen betrof- müssen reaktiv longline oder diagonal auf fen und die anderen neun nicht. die leere Feldseite schlagen. Dafür mussten die AthletInnen erkennen, ob sich die Per- 3.1 Unterschiede in der Bewegungs- son auf der gegenüberliegenden Seite nach dynamik durch dieBodenbeschaf- rechts oder links bewegte. fenheit Variante (II) und (III) sollten die realen Feldbe- dingungen besser reflektieren. Die größten Unterschiede zwischen den drei Untergrundbedingungen zeigten sich im Für die Analyse wurde bei guter Datenqualität Angriffsschlag (Abb.1), insbesondere im Stemm- immer der erste Sprung verwendet. Lagen im bein. EMG-Artefakte vor, wurde der zweite Sprung analysiert. BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2019/20
4 Komplexe biomechanische Analyse der Sprungtechnik ... Abb. 1: Kraftkurven vom Stemm- und Beistellbein im Angriff in den drei Untergrundbedingungen “Halle” (blau),”Sand 1” (rot) und “Sand 2” (grün). Die linke Abbildung stellt den Verlauf des Stemmbeines dar, welches in diesem Probandenkollektiv immer das rechte war. Dementsprechend war das Beistellbein immer das linke. Dies ist in der rechten Abbildung dargestellt. Das Stemmbein unterschiedet sich in den Kraftverläufen zwischen den drei Untergrundbedingungen stärker als das Beistellbein. Auffällig ist die deutlich frühere Kraftspitze in der Halle im Vergleich zu den beiden Sandbedingungen. Des Weiteren ist die Differenz der Kraftspitze zwischen den beiden Sandsorten größer (rot und grün) als zwischen der Halle und den beiden Sandsorten. Beim Beistellbein liegen die Kraftspitzen in den bei- den Sandbedingungen relativ nahe aneinander und sind deutlich kleiner als in der Halle. (I) Während die Form der Kraftkurven vom In dem Blocksprung und den diagnostischen Beistellbein in der Halle und in den beiden Sprüngen zeigten sich ähnliche Trends, aber Sandbedingungen sehr ähnlich ist, zeigt sich nicht einheitlich und nicht so ausgeprägt. Dass beim Stemmbein in der Halle ein sehr frü- der Einfluss der Bodenbeschaffenheit beim hes Maximum der Kraft mit einem steilen Angriff am größten ist, zeigt sich auch in der Anstieg der Loading rate und einem lang- Sprunghöhe. Während in den CMJs und beim sam abfallenden Plateau nach dem Maxi- Block nur eine geringe Höhendifferenz von mum und in den beiden Sandbedingun- 2-3 cm zwischen Halle und den beiden Sandbe- gen ein flacherer Anstieg der Loading rate, dingungen vorliegt, sind die Höhendifferenzen einem langsam ansteigenden Kraftplateau von 8-11 cm bei den Angriffsschlägen ausge- und einem späten Kraftmaximum. prägter. Des Weiteren zeigt sich der Trend, dass (II) Die Differenz der Spitzenbelastung zwi- die Sprunghöhe im Angriff mit zunehmender schen den beiden Sandsorten war größer als Komplexität (Variante II und III) in allen drei zwischen den beiden Sandsorten und der Untergrundbedingungen abnimmt. Halle. 3.2 Unterschiede von Athleten mit (III) Während in der Sandbedingung 2 die Beine gleich stark eingesetzt wurden, wurde in der und ohne vordere Knieschmerzen Sandbedingung 1 insbesondere das Stemm- Bei allen unilateral betroffenen Athletinnen bein für die Kraftentwicklung eingesetzt. Im bzw. Athleten war nur das Stemmbein betrof- Gegensatz zum Stemmbein, hat sich beim fen, und bei den beiden bilateral Betroffenen Beistellbein die Bodenkontaktzeit um etwa war die Schmerzsymptomatik auf dem Stemm- 10 % verlängert. Damit wurde die close- bein größer als auf dem Beistellbein. Die größ- time von 200 ms auf 150 ms reduziert und ten Unterschiede zwischen den betroffenen und die Streckzeit von 200 ms auf etwa 250 ms nicht betroffenen Spielerinnen bzw. Spielern erhöht. Außerdem ist der Knieflexionswin- zeigten sich in der Sprunghöhe und in der neu- kel des Beistellbeins um etwa 5-10° im Ver- romuskulären Ansteuerung des Stemmbeines. gleich zur Hallenbedingung erhöht. Durchschnittlich war bei allen Sprungformen BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2019/20
Komplexe biomechanische Analyse der Sprungtechnik ... 5 unabhängig von der Bodenbeschaffenheit die Sprunghöhe von den betroffenen Athletinnen 4 Diskussion bzw. Athleten um etwa 5 cm größer. Darüber Ziel dieses Projektes war es: hinaus hatten die Probanden mit vorderen (I) kinetische, kinematische und neuromus- Knieschmerzen ein kleineres VM/VL-Verhältnis kuläre Unterschiede in diagnostischen und auf dem Stemmbein als die nicht Betroffenen. volleyballspezifischen Bewegungen auf drei Der Whitney-U-Test ergab in acht Sprungfor- Bodenbeschaffenheiten aufzuklären und men einen signifikanten Unterschied. In fünf Sprungformen gab es bei den betroffenen Athle- (II) Unterschiede zwischen Volleyballerinnen tinnen und Athleten eine signifikante Differenz bzw. Volleyballern mit und ohne vordere zwischen dem Stemm- und Beistellbein (Tab. 1). Knieschmerzen herauszufinden. In den kinetischen und kinematischen Variab- len zeigten sich keine durchgehenden Gruppen- unterschiede über die drei Feldbedingungen. Tab. 1: VM/VL-Verhältnis von allen Sprungformen auf allen Untergrundbedingungen Halle Sand 1 Sand 2 PFP PFP Gesund PFP PFP Gesund PFP PFP Gesund Stemmbein Beistellbein Stemmbein Stemmbein Beistellbein Stemmbein Stemmbein Beistellbein Stemmbein CMJ ohne 0,72 ± 0,59 3,71 ± 1,91* 1,16 ± 0,59 0,80 ± 0,49 0,84 ± 0,44 1,28 ± 0,49 1,28 ± 0,51 0,91 ± 0,46 1,28 ± 0,51 Arme CMJ mit 0,76 ± 0,45 0,77 ± 0,42* 1,08 ± 0,45* 0,82 ± 0,54 0,83 ± 0,54* 1,19 ± 0,54+ 0,74 ± 0,53 0,90 ± 0,45 1,19 ± 0,53 Armen Block 0,76 ± 0,51 0,79 ± 0,46 1,20 ± 0,51 0,84 ± 0,64 0,89 ± 0,66* 1,60 ± 0,64+ 0,77 ± 0,53 0,93 ± 0,46* 1,24 ± 0,53+ statischer 0,72 ± 0,36 0,84 ± 0,48 1,31 ± 0,99 0,72 ± 0,37 0,83 ± 0,46 1,05 ± 0,57 0,68 ± 0,37 1,06 ± 0,65 1,23 ± 0,82+ Angriff dyna- mischer 0,76 ± 0,40 0,95 ± 0,54 1,12 ± 0,72 0,81 ± 0,42 1,00 ± 0,60 1,05 ± 0,61 0,64 ± 0,37 0,88 ± 0,54 1,32 ± 0,72+ Angriff reaktiver 0,69 ± 0,33 0,74 ± 0,41 1,01 ± 0,51 0,74 ± 0,39 1,25 ± 0,67 1,05 ± 0,64+ 0,71 ± 0,38 1,07 ± 0,69 1,43 ± 0,77+ Angriff * signifikanter Unterschied zwischen dem Stemm- und dem Beistellbein der betroffenen Athletinnen und Athleten + signifikanter Unterschied zwischen dem Stemmbein der betroffenen und nicht betroffenen Athletinnen und Athleten 3.3 Neuromuskuläre Unterschiede Zentrale und neue Erkenntnisse dieses For- sind konstant über verschiedene- schungsprojektes sind folgende: Sprungformen ›› Veränderungen im Bewegungs- verhalten in Abhängigkeit von Pearson Korrelationsanalysen zeigen, dass es der Bodenbeschaffenheit sind eine hohe Korrelation von dem VM/VL-Verhält- nicht über alle Sprungformen nis zwischen den diagnostischen Tests und den konsistent. Während in den CMJs Angriffssprüngen gibt. In Abb. 2 (Seite 6) sind und im Block nur geringe Unter- das VM/VL-Verhältnis des Stemmbeins im CMJ schiede bestehen, zeigen sich im ohne Arme (r = 0,78) und des CMJ mit Armen Angriff, insbesondere im Stemm- (r = 0,89) in Relation zum VM/VL-Verhältnis des bein, große Differenzen in kineti- Stemmbeines im Angriff dargestellt. schen und im Beistellbein vorwie- gend in kinematischen Variablen. BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2019/20
6 Komplexe biomechanische Analyse der Sprungtechnik ... Abbildung 2 Korrelation von VM/VL-Verhältnis beim CMJ und Angriff im Stemmbein VM/VL-Verhältnis im CMJ 0 0,5 1 1,5 2 2,5 VM/VL-Verhältnis im Stemmbein beim Angriff CMJ mit Armen CMJ ohne Arme Verhältnis 1:1 Abbildung 2 Pearson-Korrelation vom VM/VL-Verhältnis vom Stemmbein beim Angriff und des entsprechenden Beines in den Abb. 2: Pearson-Korrelation vom VM/VL-Verhältnis vom Stemmbein beim Angriff und des entsprechen- beiden CMJs (mit und ohne Armschwung) in der Halle. den Beines in den beiden CMJs (mit und ohne Armschwung) in der Halle. Dabei scheint in der Angriffsbe- Obwohl keine kinetischen Differenzen zwi- wegung die Sandkörnung einen schen Athletinnen bzw. Athleten mit und ohne maßgeblichen Einfluss auf die vordere Knieschmerzen auf den drei Unter- kinetischen Kenngrößen des gründen gefunden wurden, ist es auffällig, dass Stemmbeines zu haben. Damit alle Athletinnen und Athleten die Schmerzen bestätigen wir vorangegangene auf dem Stemmbein hatten, welches die größten Untersuchungen in den diagnos- Differenzen zwischen den drei Untergründen tischen Tests (Giatsis et al., 2018; aufwies. Da die neuromuskulären Unterschiede Bishop, 2003) und liefern neue nicht von den Bodenbeschaffenheiten beein- Erkenntnisse in Bezug auf die flusst wurden, ist nicht davon auszugehen, dass Angriffsbewegung auf verschie- diese beim Transfer von Halle in den Sand die denen Sandböden. Ursache, sondern eher eine Folge sind. Prospek- tive Studien sind erforderlich, um die Angriffs- ›› Mit diesen Ergebnissen wer- technik von Athleten und Athletinnen in Halle den Befunde aus der Literatur und Sand zu untersuchen. Dann könnten ggf. bestätigt, dass Athletinnen und bei Spielerinnen bzw. Spielern, die zukünftig Athleten mit Knieschmerzen von der Halle primär in den Sand umsteigen, eine veränderte neuromuskuläre Risikovariablen für vordere Knieschmerzen im Ansteuerung haben. Darüber Sand besser aufgeklärt werden. Der Fokus sollte hinaus zeigte sich erstmals auch, auf dem Stemmbein in der Absprungbewegung dass sich eine Dysbalance der liegen. neuromuskulären Ansteuerung in diagnostischen Tests auch in sportartspezifischen Situationen widerspiegelt. BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2019/20
Komplexe biomechanische Analyse der Sprungtechnik ... 7 5 Literatur Barrett, R. S., Neal, R. J., & Roberts, L. J. (1998). The dynamic loading response of surfaces encountered in beach running. Journal of Science & Medicine in Sport, 1(1), 1-11. Bishop, D. A. (2003). comparison between land and sand-based tests for beach volleyball assessment. Journal of Sports Medicine & Physical Fitness, 43(4), 418-423. Bley, A. S., Correa, J. C. F., Reis, A. C., D., Rabelo, N. D. D. A., Marchetti, P. H., & Lucareli, P. R. G. (2014). Propulsion Phase of the single leg triple hop test in women with patellofe- moral pain syndrome: A biomechanical study. PLoS One. https://doi.org/10.1371/ journal.pone.0097606 Giatsis, G., Panoutsakopoulos, V., & Kollias, I. A. (2018). Biomechanical differences of arm swing countermovement jumps on sand and rigid surface performed by elite beach volleyball players. Journal of Sports Sciences. DOI:10.1080/02640414.2017.134 8614 Harris, M., Schultz, A., Drew, M. K., Rio, E., Adams. S., & Edwards, S. (2020). Thir- ty-seven jump-landing biomechanical variables are associated with asympto- matic patellar tendon abnormality and patellar tendinopathy: A systematic re- view. Physical Therapy in Sport, 45, 38-55. Richards, D. P., Ajemian, S. V., Wiley, J. P., & Zernicke, R. F. (1996). Knee joint dynamics predict patellar Tendinitis in elite volley- ball players. American Journal of Sports Medicine, 24(5), 676-683. BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2019/20
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