Konkurrenten in musicis. Thomas Mann, Arthur Schnitzler und Robert Musil im Wettstreit um die "heilige Kunst" - Ingenta ...

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pen           Zeitschrift für Germanistik | Neue Folge XXXI (2021), Peter Lang, Bern | H. 2, S. 68–82

Frieder von Ammon

Konkurrenten in musicis.
Thomas Mann, Arthur Schnitzler und Robert Musil im Wettstreit
um die „heilige Kunst“

In der langen, noch zu schreibenden Geschichte musik-literarischer Intermedialität spielt
die deutschsprachige Erzählliteratur der Moderne eine entscheidende Rolle. Die Musik steht
in dieser Epoche – in auffälligem Unterschied zum Realismus – im Zentrum einer bemer-
kenswert großen Zahl von Erzähltexten, und selbst wenn dies nicht der Fall ist, kommt sie
doch zumindest in signifikanter Weise darin vor. Um sich die quantitativen Dimensionen
dieses Phänomens vor Augen zu führen, muss man sich nur die Titel einiger einschlägiger
Texte verschiedener Art in Erinnerung rufen: Gertrud und Das Glasperlenspiel von Hermann
Hesse, Fluß ohne Ufer von Hans Henny Jahnn, Jazz von Hans Janowitz, Die kleine Stadt
von Heinrich Mann, Symphonie Pathétique von Klaus Mann, Symphonie für Jazz von René
Schickele, Der Weg ins Freie von Arthur Schnitzler, Gänsemännchen von Jakob Wassermann
sowie Verdi von Franz Werfel. Dieser bei weitem unvollständige Katalog ist bereits um-
fangreich genug, obwohl er nur Romane berücksichtigt, und obwohl er den berühmtesten
Musikroman der deutschsprachigen und vielleicht sogar der Weltliteratur, den man in
gewisser Weise als die Summe aller anderen Texte zum Thema ansehen kann – Thomas
Manns Doktor Faustus –, noch gar nicht enthält. Und natürlich könnte und müsste man
den Katalog auch noch um all jene literarischen Werke erweitern, in denen Musik zwar,
wie angedeutet, nicht das Hauptthema bildet, aber dennoch von großer Bedeutung ist, wie
etwa den Zauberberg mit seinem berühmten Grammophon-Kapitel, oder – um noch ein
ganz anders gelagertes Beispiel anzuführen – Alfred Döblins 18. November mit seiner be-
rüchtigten Kritik von Richard Wagners (und Thomas Manns) Tristan. Nähme man diese
Texte alle hinzu, käme man aus dem Aufzählen gar nicht mehr heraus.
   Wie ist das zu erklären? Mit dem naheliegenden Verweis auf die im deutschsprachigen
Raum parallel dazu entstehende Musik wird man sich trotz deren unzweifelhafter Welt-
geltung nicht begnügen können, denn eine solche Parallelität hatte es im Realismus auch
schon gegeben: Johannes Brahms und Richard Wagner – um nur zwei Namen zu nennen
– waren Zeitgenossen Gottfried Kellers und Theodor Fontanes (und nicht etwa Thomas
Manns und Arthur Schnitzlers), ohne dass diese aber in vergleichbarer Weise auf sie reagiert
hätten. Es müssen also weitere Faktoren hinzukommen.

I. Musikalischer Ehrgeiz: „Buddenbrooks“. Bei dem Versuch, sie zu finden, bildet der Brief
einen guten Ausgangspunkt, in dem Thomas Mann seinem Jugendfreund Otto Grautoff,
der sich damals als Literaturkritiker betätigte, ‚vorschlägt‘, was er in seiner Rezension der
gerade erschienenen Buddenbrooks schreiben könne: „[B]etone,“ – heißt es da – „bitte, den
deutschen Charakter des Buches. Als zwei echt deutsche Ingredienzen, die wenigstens im
II. Bande (der wohl überhaupt der bedeutendere sei) stark hervorträten, nenne Musik und

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Philosophie.“ Und weiter: „Es sei dem Verf. gelungen, den epischen Ton vortrefflich fest-
zuhalten. Die eminent epische Wirkung des Leitmotivs. Das Wagnerische in der Wirkung
dieser wörtlichen Rückbeziehung über weite Strecken hin, im Wechsel der Generatio-
nen.“1 Wie immer man diese Instrumentalisierung eines Freundes (der sich getreu an diese
Vorgaben gehalten hat) zum Zweck der Rezeptionssteuerung bewerten mag: Als Doku-
ment der Werkpolitik des jungen Thomas Mann ist dieser Brief hoch aussagekräftig,2
denn er zeigt unmissverständlich, wie Mann sein Romandebüt wahrgenommen wissen
wollte – als einen bei aller Internationalität (die im Brief ebenfalls betont wird) spezifisch
deutschen Text, dessen Deutschtum sich in Bezügen auf (deutsche) Musik und (deutsche)
Philosophie manifestieren sollte.3
   Tatsächlich spielen mit Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche zwei zentrale
deutsche (Musik-)Philosophen des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle für den Roman,
und auch Bezüge auf (deutsche) Musik gibt es in Buddenbrooks zahlreich und auf vielen
Ebenen, zumal in Form von Wagner-Bezügen; zu Recht hat darum Hans Rudolf Vaget
davon gesprochen, der Roman biete eine „Phänomenologie des Wagnerismus“.4 Da ist z. B.
– gar nicht zu überlesen – der Organist Pfühl, der sich mit von Nietzsche übernommenen
Argumenten weigert, den Tristan zu spielen; da ist aber auch – versteckter – das Gespräch,
das Thomas und Toni Buddenbrook im Garten führen und das von Gerdas Geigenspiel
untermalt wird, eine Szene, die ihr Vorbild in dem Dialog zwischen Wotan und Brünn-
hilde im zweiten Aufzug der Walküre hat; da ist außerdem die im Brief hervorgehobene,
an Wagner (aber auch an älteren literarischen Vorbildern) orientierte Leitmotivtechnik, die
für die Struktur des Romans in der Tat von einiger Bedeutung ist.5
   Vor allem aber enthält Buddenbrooks die ersten umfangreichen Musikbeschreibungen
im Werk Thomas Manns: Szenen, die in der deutschsprachigen Erzählliteratur und darü-
ber hinaus bis dahin ihresgleichen suchen. Als „virtuose[] literarische[] Prunkszenen“ hat
Jörg Krämer sie bezeichnet,6 und das trifft die Sache genau, denn es ist offensichtlich, dass
Thomas Mann eine besondere Mühe auf diese Szenen verwendet, dass er seinen ganzen
Ehrgeiz auf sie gerichtet hat. Offensichtlich wollte er mit ihnen ein neues Kapitel in der
Geschichte musik-literarischer Intermedialität beginnen, und dies ist ihm auch gelungen,
mit gravierenden Folgen nicht nur für die Erzählliteratur der Moderne, und auch nicht
nur für die deutschsprachige.7
   Die Besonderheit dieser Musikbeschreibungen lässt sich am besten im Vergleich zu einem
älteren Text herausarbeiten. Gewählt wurde Leo Tolstojs 1890 zuerst auf Deutsch erschie-
nene Erzählung Die Kreutzersonate, ein einschlägiger realistischer Text mit Musikbezügen

1   Mann (1975, 139 f.).
2   Zu Thomas Manns Selbstinszenierung und Werkpolitik vgl. Ansel, Friedrich, Lauer (2009).
3   Zu den Kontexten des Konnexes von Deutschtum und Musik vgl. Vaget (2006, 21–47).
4   Vaget (2006, 97).
5   Für weitere Zusammenhänge vgl. Vaget (2006, 97–121).
6   Krämer (2019, 378).
7   Die Wirkungsgeschichte von Thomas Manns Musikbeschreibungen wurde ebenfalls noch nicht geschrieben,
    obwohl dies überaus lohnend wäre; Spuren finden sich nicht nur in der – im Folgenden behandelten – Literatur
    der Moderne, sondern auch in der der Gegenwart (von Robert Schneider bis Ian Mc Ewan) und in der Musik-
    kritik (insbesondere bei Joachim Kaiser und der von ihm geprägten Tradition).

Peter Lang                                                           Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXXI (2021)
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also, auf den in Buddenbrooks im Zusammenhang mit dem möglichen Ehebruch von
Hanno Buddenbrooks geigender Mutter Gerda mit dem sie am Klavier begleitenden Herrn
Leutnant von Trotha angespielt wird. Thomas Mann hat somit selbst die Fährte zu Tolstojs
Text gelegt und einen Vergleich auf diese Weise geradezu herausgefordert. Zitiert sei der
entscheidende Passus der Kreutzersonate, in dem die Hauptfigur Posdnyschew, der seine
Frau und den Geiger, den sie beim Spielen von Beethovens Kreutzersonate auf dem Klavier
begleitet hatte, umgebracht hat, von ebenjener Sonate spricht:

        „Sie spielten die Kreutzersonate von Beethoven“, fuhr er endlich fort. „Kennen Sie das erste Pres-
        to? Sie kennen es?!“ rief er. „Huhuhu! Ein furchtbares Werk ist diese Sonate. Und gerade dieser
        Teil. Und die Musik überhaupt ist etwas Furchtbares! Was ist sie? Ich verstehe es nicht. Was ist
        die Musik? Was bewirkt sie? Und warum wirkt sie so, wie sie wirkt? Man sagt, die Musik wirke
        erhebend auf die Seele. Das ist nicht wahr, das ist Unsinn! Sie wirkt, sie wirkt furchtbar – ich
        rede aus eigener Erfahrung –, aber keineswegs erhebend. Sie erhebt die Seele nicht, sie zerrt sie
        herab, sie stachelt sie auf.“8

Musik wird hier demnach gar nicht beschrieben, stattdessen geht es um die Wirkungen,
die von ihr ausgehen bzw. die ihr von einer Figur zugeschrieben werden. Tolstoj legt seiner
Figur dabei Thesen in den Mund, die alles andere als neu sind: Ähnliches kann man etwa
im zehnten Buch der Confessiones lesen, wo Augustinus von den „Voluptates aurium“ spricht,
den „Genüssen des Hörens“, die ihn „umgarnt und unterjocht“ hätten.9 Der zitierte Passus
bietet mithin einen Diskurs über die gefährliche Macht der Musik, doch er ist keine Be-
schreibung eines bestimmten Musikstücks, auch nicht des ersten Satzes der Kreutzersonate.
    Ganz anders ist das in den ausführlichen Musikbeschreibungen in Buddenbrooks, von
denen hier Hannos zweite Klavierphantasie aus dem elften und letzten Teil des Romans
(der in der Erstausgabe dem erwähnten Otto Grautoff gewidmet war) herausgegriffen sei.
Nachdem er den Vormittag in der Schule überstanden hat und nach Hause zurückgekehrt
ist, spielt Hanno zunächst mit seiner Mutter die Frühlingssonate von Beethoven – ein deut-
licher Verweis auf Tolstojs Erzählung, aber zugleich ein Zeichen, dass Thomas Mann von
da an eigene Wege gehen wird, denn Hanno und seine Mutter brechen ihr Spiel bald ab.
Ihre Geige sei nicht in Stimmung, sagt Gerda und zieht sich zurück. Daraufhin beginnt
der allein am Flügel zurückgebliebene Hanno „eine seiner Phantasieen“, und damit beginnt
auch die Musikbeschreibung:

        Es war ein ganz einfaches Motiv, das er sich vorführte, ein Nichts, das Bruchstück einer nicht
        vorhandenen Melodie, eine Figur von anderthalb Takten, und als er sie zum ersten Mal mit einer
        Kraft, die man ihm nicht zugetraut hätte, in tiefer Lage als einzelne Stimme ertönen ließ, wie
        als sollte sie von Posaunen einstimmig und befehlshaberisch als Urstoff und Ausgang alles Kom-
        menden verkündigt werden, war gar nicht abzusehen, was eigentlich gemeint sei. Als er sie aber
        im Diskant, in einer Klangfarbe von mattem Silber, harmonisiert wiederholte, erwies sich, daß
        sie im Wesentlichen aus einer einzigen Auflösung bestand, einem sehnsüchtigen und schmerz-
        lichen Hinsinken von einer Tonart in die andere … eine kurzatmige, armselige Erfindung, der
        aber durch die preziöse und feierliche Entschiedenheit, mit der sie hingestellt und vorgebracht

8   Tolstoj (1984, 114).
9   Augustinus (2008, 136 f.).

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       wurde, ein seltsamer, geheimnis- und bedeutungsvoller Wert verschafft ward. Und nun began-
       nen bewegte Gänge, ein rastloses Kommen und Gehen von Synkopen, suchend, irrend und von
       Aufschreien zerrissen, als sei eine Seele voll Unruhe über das, was sie vernommen und was doch
       nicht verstummen wollte, sondern in immer anderen Harmonieen, fragend, klagend, ersterbend,
       verlangend, verheißungsvoll sich wiederholte.10

Auch wenn diese „Prunkszene“ damit noch längst nicht zu Ende ist, der Unterschied zu
der entsprechenden Passage in der Kreutzersonate dürfte bereits deutlich geworden sein:
Im Gegensatz zu Tolstoj bietet Thomas Mann hier tatsächlich die Beschreibung eines
spezifischen musikalischen Vorgangs. Dieser wird detailliert und konkret vom Erzähler
beschrieben, so konkret sogar, dass ein improvisatorisch begabter Pianist die fiktive Phan-
tasie ohne große Mühe in reale Musik übersetzen könnte. Thomas Mann geht es also aus-
drücklich um die Verbalisierung von Musik. Er begnügt sich nicht mit einem Diskurs über
die Wirkungen von Musik, sondern will die Musik selbst zur Sprache bringen. Dies aber
stellt eine besondere Herausforderung dar, nicht zuletzt deshalb, weil es hier um Instru­
mentalmusik geht, bei deren Beschreibung nicht auf einen Text zurückgegriffen werden
kann, wie es bei der Beschreibung eines Liedes oder einer Opernszene der Fall wäre. Die
Beschreibung von Instrumentalmusik ist deshalb gewissermaßen die Königsdisziplin der
Musikbeschreibung, und es ist programmatisch zu verstehen, dass Thomas Mann sich in
dieser Disziplin versucht. Wie ist er dabei vorgegangen?11
   Einer seiner Kunstgriffe besteht darin, bei entsprechend informierten Lesern keinen
Zweifel daran aufkommen zu lassen, in welchem Stil Hanno phantasiert: Es ist der Stil
Wagners, einige Details – so vor allem der Verweis auf die „Figur von anderthalb Takten“
– lassen sogar darauf schließen, dass Hanno bei seiner Improvisation insbesondere das
Tristan-Vorspiel als Muster dient. Das ist geschickt: Denn abgesehen davon, dass Hanno
so als ein Adept Wagners und damit als décadent charakterisiert wird, erleichtert es den
Lesern die Imagination der fiktiven Musik; bei Lesern, die den Tristan gut kennen, entsteht
auf diese Weise sogar eine Art imaginäre Begleitmusik zur Lektüre, die Musik zum Roman
gewissermaßen. Ein zweiter Kunstgriff besteht in der Vermischung musikalischer Fachter-
minologie mit einer dezidiert poetischen, vor allem in einem hohen Maße metaphorischen
Sprache. Dadurch ergibt sich auf der einen Seite die erwähnte musikalische Konkretheit,
auf der anderen Seite aber auch eine besondere ‚Anhörlichkeit‘: Auch einem Leser, der mit
den Fachtermini nichts anfangen kann, wird es so noch möglich sein, sich vorzustellen,
wie Hannos Phantasie klingt.
   Dazu kommt – und das ist entscheidend –, dass Thomas Mann bei seiner Beschreibung
der Musik zugleich versucht, diese Musik mit sprachlichen Mitteln zu imitieren. Die
Musikbeschreibung selbst soll so ‚klingen‘ wie die Musik, die sie beschreibt. Ein Beispiel
kann das verdeutlichen: Ein für Wagner charakteristisches kompositorisches Verfahren
ist die – mit einem schillernden, von Wagner selbst verwendeten Begriff – sogenannte
‚unendliche Melodie‘.12 In einem engeren musikalischen Sinn kann man darunter eine

10 Mann (2002, 824 f.).
11 Vgl. zum Folgenden Odendahl (2008, 63–83), die bislang gründlichste Untersuchung speziell zu den Musik-
   beschreibungen, und, ergänzend aus der Perspektive der Musik, Krämer (2019).
12 Vgl. dazu Reckow (1971).

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fließende, Geschlossenheit meidende und darum scheinbar unendliche Melodiebildung
verstehen. Etwas Ähnliches lässt sich aber nun auch in Thomas Manns Musikbeschrei-
bung beobachten, vor allem in dem letzten Satz der zitierten Passage: Dieser in Parataxe
geradezu schwelgende Satz geht einer geschlossenen Syntax ebenfalls aus dem Weg und
könnte entsprechend noch lange so weitergehen. Man könnte dieses Verfahren analog als
den ‚unendlichen Satz‘ bezeichnen, der im Medium Literatur aller Unterschiede zum Trotz
vergleichbare Wirkungen hervorbringt wie die unendliche Melodie im Medium Musik.
Hinzu kommt die Strategie, den Text durch die Verwendung bestimmter rhetorischer Stil-
mittel zu musikalisieren: Alliterationen, Anaphern, Assonanzen etc. Es werden gleichsam
alle rhetorischen Register gezogen, um die Sprache zum Klingen zu bringen.
   Thomas Mann versucht also auf eine so ambitionierte wie avancierte Weise, seine Musik-
beschreibung der beschriebenen Musik anzunähern. Man könnte von einem ‚musikalischen
Ehrgeiz‘ sprechen, der darin besteht, die – zumal im Vergleich zur Lyrik – beträchtliche,
kaum zu überbrückende mediale Differenz von Romanprosa und Klaviermusik zu über-
spielen und die Prosa selbst so weit wie möglich zu Musik werden zu lassen. Die Tatsache,
dass dies – bei aller Virtuosität – nur bis zu einem bestimmten Punkt möglich ist, scheint
diesen Ehrgeiz nur noch gesteigert zu haben. Offenbar war gerade die begrenzte Realisier-
barkeit des Vorhabens eine entscheidende Triebfeder für Thomas Mann, es dennoch mit
aller Kraft zu versuchen und damit über seine realistischen Vorgänger hinauszugehen bzw.
an die entsprechenden Versuche der Romantiker, allen voran E.T.A. Hoffmanns, anzu-
knüpfen und sie in die Moderne zu überführen.
   Es muss aber nun die Frage gestellt werden, warum Thomas Mann überhaupt einen
solchen musikalischen Ehrgeiz entwickelt hat. Oder, anders gefragt: Warum war ihm so
sehr daran gelegen, seine Laufbahn als Romancier mit einem derart emphatisch musika-
lischen Roman zu beginnen?
   Drei Aspekte sind dabei von grundlegender Bedeutung. (Thomas Manns privates
Interesse an der Musik bleibt hier unberücksichtigt; es wurde bereits oft und gründlich
dargestellt,13 außerdem kann man den Sachverhalt damit nur unzureichend erklären.) Der
erste Aspekt betrifft den Status der Musik in der Hierarchie der Künste um 1900. Die
Musik hatte im ästhetischen Diskurs damals nach wie vor eine Vorrangstellung inne. Sie
galt noch immer – mit einer viel zitierten Formulierung Schopenhauers – als die „mäch-
tigste unter allen“ Künsten.14 Dies indes war keine neue Entwicklung: Der entscheidende
Paradigmenwechsel, der auf einen kompositionsgeschichtlichen, in der Musik der Wiener
Klassik kulminierenden Wandel reagierte, hatte vielmehr bereits 100 Jahre zuvor in der
Romantik stattgefunden.15 War der Musik – und dies gilt insbesondere für die Instrumen-
talmusik – aufgrund ihrer semantischen Unbestimmtheit in der Ästhetik bis um 1800 in
der Regel noch der unterste Rang zugewiesen worden, etwa von Kant, der sie in der Kritik
der Urteilskraft auf eine Stufe mit Blumen und Tapetenmustern stellt,16 wurde sie jetzt aus
genau demselben Grund an die Spitze der Hierarchie gestellt. Als eine der Mimesis nur sehr

13   Vgl. dazu Mertens (2006) und, zusammenfassend, Görner (2015).
14   Schopenhauer (1993, 582).
15   Vgl. dazu Lubkoll (1995) und Valk (2008).
16   Kant (1993, 555).

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begrenzt fähige, so abstrakte wie selbstreflexive Kunst war die Musik für die Romantiker
eine geradezu ideale poetologische Projektionsfläche. Bei E.T.A. Hoffmann heißt es ein-
mal: „Unser Reich ist nicht von dieser Welt, sagen die Musiker, denn wo finden wir in der
Natur, so wie der Maler und der Plastiker, den Prototypus unserer Kunst?“17 Gerade dieses
Potenzial der Musik, bei dem Versuch der Verabschiedung eines traditionell mimetischen
Literaturverständnisses als Modell fungieren zu können, wurde in der Literatur der Moderne
wieder virulent, nicht nur als es in den 1890er Jahren darum ging – mit Hermann Bahrs
Schlagwort –, den Naturalismus zu überwinden.
   Wie der Verweis auf das Johannes-Evangelium bei Hoffmann zeigt, war in der Romantik
damit eine Sakralisierung der Musik verbunden gewesen. An prominenter Stelle spricht
Hoffmann einmal ganz explizit von der „heilige[n] Musik“,18 und auch bei anderen roman-
tischen Autoren kann man derartige Formulierungen finden. Diese spezifisch deutsche
Musikfrömmigkeit war in der Zeit um 1900 ebenfalls wieder hochaktuell. Dies zeigt – als
ein Beispiel von vielen – die Oper Ariadne auf Naxos von Richard Strauss und Hugo von
Hofmannsthal, entstanden nicht lange nach Buddenbrooks. Im Vorspiel der Ariadne kommt
es zu einem Gespräch zwischen einem jungen Komponisten und der Sängerin Zerbinetta,
die in dessen neuer Oper auftreten soll. Es geht um die Frage, „was ist denn Musik?“ Der
Komponist antwortet – wie es in der Regiebemerkung heißt – „Mit fast trunkener Feier-
lichkeit“: „Musik ist heilige Kunst, zu versammeln alle Arten von Mut wie Cherubim um
einen strahlenden Thron! Das ist Musik, und darum ist sie die heilige unter den Künsten!“19
Richard Strauss hat bei seiner Vertonung dieser Worte keinen Zweifel daran gelassen, dass
er mit dem fiktiven Komponisten in dieser Frage einer Meinung war, und Hofmannsthal
war es – aller Ironie seines Librettos zum Trotz – wohl auch.
   Vor diesem Hintergrund wird der musikalische Ehrgeiz Thomas Manns besser verständ-
lich: Indem er in Buddenbrooks die „heilige Kunst“ ausführlich intermedial thematisierte
und imitierte, sie seinem Roman also gleichsam einverleibte, konnte er sein Debüt von der
(damals noch dominanten) realistischen Romanpoetik programmatisch abgrenzen und es
zugleich an der Dignität der Musik als Leitkunst der Epoche teilhaben lassen. Der empha-
tische Bezug auf die Musik ist somit auch als ein Versuch anzusehen, die Gattung Roman
zu modernisieren und zu nobilitieren, die um 1900 in der Hierarchie der literarischen
Gattungen in Deutschland noch keineswegs so unangefochten den ersten Rang einnahm
wie in späteren Jahrzehnten, eine Entwicklung, zu der Thomas Mann mit seinen Roma-
nen wesentlich beigetragen hat, nicht zuletzt eben auch durch ihre besondere Musikalität.
   Der zweite Aspekt betrifft Richard Wagner als eines der zentralen kulturellen Phäno-
mene der Zeit, europaweit und auch über Europa hinaus.20 Auch gut 20 Jahre nach seinem
Tod bestimmte Wagner die Diskurse der Epoche noch wie kein anderer Komponist vor
und nach ihm. Von Nietzsche – einem der Wortführer des Wagnerismus – stammt das
Diktum, Wagner resümiere die Modernität.21 Wer also in der Zeit um 1900 Anspruch auf
Modernität erhob, musste sich in der einen oder anderen Form mit ihm auseinandersetzen.

17   Hoffmann (1993, 453).
18   Hoffmann (1993, 61).
19   Hofmannsthal (1985, 24).
20   Zum europäischen Wagnerismus vgl. immer noch Koppen (1973) und jetzt Kablitz (2017).
21   Nietzsche (1999, 12).

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Entsprechend haben alle dies getan, allen voran die Schriftsteller: von Charles Baudelaire
über George Bernard Shaw bis hin zu Gabriele D’Annunzio und Marcel Proust. Und da
natürlich auch der junge Thomas Mann als ein moderner Autor gelten wollte, blieb ihm
im Grunde gar nichts anderes übrig, als sich ebenfalls an dem literarischen Diskurs über
Wagner zu beteiligen; bekanntlich hat er damit nie mehr aufgehört.
   Über diese beiden Aspekte, die jeweils nicht allein für Thomas Mann und auch nicht
allein für die deutschsprachige Erzählliteratur relevant sind22 – wenn hier auch in einem
besonderen Maße –, dürfte weitgehend Konsens bestehen.23 Hinzu kommt aber nun ein
dritter Aspekt, der bisher noch nicht so viel Aufmerksamkeit gefunden hat. Von Thomas
Manns musikalischem Ehrgeiz war bereits die Rede. Man muss jedoch konzedieren, dass es
ihm wirklich gelungen ist, im Hinblick auf die Bezüge zur Musik – und das gilt vor allem
für seine Musikbeschreibungen – neue Maßstäbe zu setzen. An seinen Texten mussten die
anderen Autoren ihre eigenen Versuche auf diesem Gebiet fortan messen lassen. Und nicht
nur Buddenbrooks enthielt Musikbeschreibungen, beinahe mit jedem neuen Roman, jeder
Erzählung Thomas Manns kam ein neuer „locus classicus der Musikdarstellung“ hinzu.24
Bereits zwei Jahre nach Buddenbrooks erschien der Novellenband Tristan, der schon in seinem
Titel unmissverständlich wieder einen programmatischen Anspruch auf Musikalität erhob,
ein Anspruch, der u. a. mit der titelgebenden Erzählung auch in vieler Hinsicht eingelöst
wurde, vor allem durch die in ihr enthaltene große Musikbeschreibung, in gewisser Weise
aber auch schon mit ihrem ersten, auf Wagners Villa Wahnfried anspielenden Satz: „Hier ist
‚Einfried‘, das Sanatorium!“25 Auch Königliche Hoheit und Betrachtungen eines Unpolitischen
enthalten zum Teil umfangreiche Musikbeschreibungen, Der Zauberberg und Doktor Faustus
sowieso, und noch ein halbes Jahrhundert später wird Der Erwählte durch eine virtuose
Beschreibung des römischen Glockenläutens eröffnet werden. Ein weiterer Grund für die
Omnipräsenz von Musik in der deutschsprachigen Erzählliteratur der Moderne – so die
These, die hier vertreten werden soll – ist also eine Art innerliterarischer Konkurrenzdruck:
Thomas Manns Versuch, das Erzählen von Musik gewissermaßen neu zu erfinden und diese
Tradition für sich zu beanspruchen, war ein zusätzlicher Anreiz für andere deutschsprachige
Autoren, sich in ihren Texten ebenfalls über die „heilige Kunst“ zu äußern. Und durch
Thomas Manns wachsenden, im Nobelpreis gipfelnden Ruhm wurde dieser Anreiz noch
gesteigert: Man wollte die Musik nicht einfach dem erfolgreichen Kollegen in München
überlassen. Wer auf diesem Gebiet mit ihm konkurrieren wollte, musste sich allerdings
anstrengen. Und so ist ein produktiver Wettstreit entstanden, aus dem eine große Zahl
von signifikanten Texten hervorgegangen ist. Nicht zuletzt aus diesem Grund also sind
Musikbezüge, insbesondere in Form von ambitioniert-avancierten Musikbeschreibungen,
ein unverzichtbarer Bestandteil fast jedes anspruchsvollen deutschsprachigen Erzähltexts
der Moderne, und auffallend viele dieser Texte stehen in einem engen Zusammenhang
mit Thomas Mann.
   Exemplarisch zeigen lässt sich dies an einem Roman, der parallel zu dem wachsenden
Erfolg von Buddenbrooks entstand und zuerst 1914 erschien: Heinrich Manns Untertan. Im
22   Für die englischsprachige Literatur vgl. Wolf (1999).
23   Vgl. z. B. – als eine der ersten Untersuchungen – Huber (1992).
24   Vaget (2006, 78).
25   Mann (2004, 319).

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fünften Abschnitt dieses Romans gibt es eine berühmt-berüchtigte Musikszene: Diederich
Heßling und seine Verlobte Guste besuchen – genau wie Hanno in Buddenbrooks – eine
Aufführung des Lohengrin.26 Bis in Details hinein ist diese Szene als ein satirischer Gegen-
entwurf zu den Musikszenen Thomas Manns zu verstehen, insbesondere zu denen in Bud-
denbrooks. Alles, was dort mit positiven Vorzeichen versehen ist, wird im Untertan in den
Schmutz gezogen: An die Stelle des sensiblen Hanno tritt der grobschlächtige Diederich; wo
jener gebannt der Aufführung folgt, kann dieser es nicht lassen, an seiner Verlobten – man
kann es nicht anders ausdrücken – herumzufummeln. Auch die Rangordnung der Künste
wird angesprochen. Laut Diederich ist die höchste Kunst die Musik, und „daher“ – man
beachte die Logik – „ist es die deutsche Kunst“. „Und der Roman?“ fragt ihn daraufhin
Guste. „Der ist keine Kunst. Wenigstens Gott sei Dank keine deutsche“.27 Zentral für diese
Szene ist aber das, was man die ostentative Verweigerung der Musikbeschreibung nennen
könnte, denn genau darum handelt es sich, wenn Heinrich Mann sich ausschließlich auf
die Ebenen der Handlung, der Aufführung und der Rezeption des Lohengrin bezieht,
die Ebene der Musik aber bewusst fast vollständig ausblendet. Fast: Dem berühmten
Lohengrin-Vorspiel widmet er immerhin einen Satz. Er lautet: „Im Orchester war großer
Betrieb“.28 Das war eine Ohrfeige für jeden Wagner-Anhänger, am meisten aber sicherlich
für Heinrich Manns Bruder.
   Die Satire war freilich nur eine Möglichkeit für Autoren, mit ihrem Konkurrenten
in musicis Thomas Mann umzugehen. Zwei weitere Möglichkeiten sollen im Folgenden
skizziert werden.

II. Umwege: „Der Weg ins Freie“, „Fräulein Else“. Zuerst ist dabei auf Arthur Schnitzler
einzugehen, der 1902, also ein Jahr nach dem Erscheinen von Buddenbrooks, die Arbeit
an seinem Roman Der Weg ins Freie aufnahm. War die Hauptfigur der ein Jahr vor dem
Erscheinen von Buddenbrooks veröffentlichten Novelle Lieutnant Gustl noch eine der un-
musikalischsten Figuren der gesamten deutschsprachigen Literatur gewesen – Gustl in-
teressiert sich bekanntlich weniger für das Oratorium, in dessen Aufführung er sich zu
Beginn der Novelle befindet, als für die Choristinnen –, stellte Schnitzler mit Georg von
Wergenthin jetzt auffälliger Weise einen Komponisten in den Mittelpunkt.
   Wie Buddenbrooks ist auch Der Weg ins Freie ein Musik- und zugleich ein Dekadenzro-
man. Fast könnte es scheinen, als sei von Wergenthin ein nicht in der Pubertät an Typhus
gestorbener, sondern erwachsen gewordener und von Lübeck nach Wien verpflanzter Hanno
Buddenbrook: Auch er hat seinen Vater, dessen Maßstäben er nicht gerecht werden konnte,
verloren, auch er phantasiert im Stil Wagners auf dem Klavier, und auch er liebt insbesondere
den Tristan. Zudem verbindet beide Figuren ihre Schwäche und Antriebslosigkeit: Sowohl
Hanno Buddenbrook als auch Georg von Wergenthin sind exemplarische décadents, denen
es nicht gelingen will, sich zu einer kontinuierlichen Tätigkeit aufzuraffen; entsprechend
bleiben Wergenthins Kompositionen allesamt unvollendet.

26 Vgl. dazu, wie zu dem Topos des Opernbesuchs insgesamt, Ludwig (2012, 302).
27 H. Mann (1991, 354).
28 H. Mann (1991, 347).

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   Das Besondere ist nun, dass in dem ganzen, immerhin gut 400-seitigen Roman zwar
unentwegt von Musik die Rede ist, es aber keine einzige Musikbeschreibung im Stil Tho-
mas Manns gibt. Und dies, obwohl im neunten Kapitel sogar eine Aufführung des Tristan
geschildert wird, bei der es aber – ähnlich wie im Untertan – gerade nicht um die Musik,
sondern ausschließlich um die Handlung des Musikdramas und die durch die Aufführung
ausgelösten Empfindungen Wergenthins geht.29 Ein Ausschnitt sei hier zitiert:

        Eine Viertelstunde später saß Georg auf seinem Parkettsitz in der Oper, zuerst noch ein wenig
        verdrossen und matt; bald aber strömte die Freude des Genießens durch sein Blut. Und als Bran-
        gäne ihrer Herrin den Königsmantel um die Schultern warf, Kurwenal das Nahen des Königs
        meldete und das Schiffsvolk auf dem Verdeck im Glanz des aufleuchtenden Himmels dem Land
        entgegenjauchzte, da wußte Georg längst nichts mehr von einer übel verbrachten Nacht im Coupé,
        von langweiligen Bestellungsgängen, von einem recht gezwungenen Gespräch mit einem alten,
        jüdischen Doktor und von einem Spaziergang über feuchtes Pflaster, in dem das Licht der Laternen
        sich spiegelte, an der Seite einer jungen Dame, die brav, vornehm und etwas gedrückt aussah.
        Und als der Vorhang zum erstenmal gefallen war und das Licht den rotgoldenen Riesenraum
        durchflutete, fühlte er sich keineswegs in unangenehmer Weise ernüchtert, sondern es war ihm
        vielmehr, als tauchte er sein Haupt von einem Traum in den andern; und eine Wirklichkeit, die
        von allerhand Bedenklichem und Kläglichem erfüllt war, floß irgendwo draußen machtlos vorbei.30

Wenn er sie auch nicht verweigert hat wie Heinrich Mann, ist Schnitzler der Musikbeschrei-
bung hier also gleichsam aus dem Weg gegangen und hat es somit fertiggebracht, mit Der
Weg ins Freie einen Musikroman ohne Musikbeschreibungen vorzulegen.
   Wollte man versuchen, diesen bemerkenswerten Sachverhalt zu erklären, hätte es keinen
Sinn, bei Schnitzlers Musikalität anzusetzen. Denn im Vergleich zu Thomas Mann war
Schnitzler zweifellos der musikalischere: Er spielte hervorragend Klavier, und zwar nicht nur
Beethoven und Schubert, sondern auch Wagner und Mahler (zu dessen ersten Anhängern
er gehörte). Auch auf dem Gebiet der Musiktheorie kannte er sich aus, und es gibt sogar
einige kleinere Kompositionen von ihm.31 Sein Traumtagebuch zeigt darüber hinaus, dass er
häufig auf signifikante Weise von Musik träumte, oft von Mahler, einmal aber etwa auch
von einer nicht existenten Goethe-Vertonung Beethovens einschließlich ihrer Tonart.32
Den faszinierendsten all seiner Musik-Träume hat er im Jahr 1931, kurz vor seinem Tod,
festgehalten: In diesem Traum phantasiert er – „mit einem Finger spielend, nicht immer
richtig“ – auf einem Klavier, aber nicht allein, sondern gemeinsam mit Richard Strauss
und Wagner, wobei letzterer – wie Schnitzler ausdrücklich vermerkt – „unpraecis“ spielt.33
   Mangelnde Musikalität kann also nicht der Grund sein, warum Schnitzler in seinem
Roman Musikbeschreibungen vermieden hat. Nicht von der Hand zu weisen ist aber die
Vermutung, dass er dies deshalb tat, weil er auf diesem Gebiet in keine direkte Konkurrenz
zu Thomas Mann treten wollte. Für diese Erklärung spricht u. a. der Traum, den er in der
Neujahrsnacht 1908 hatte, kurz nach Erscheinen seines Romans:

29   Zu der Bedeutung des Tristan für den Roman vgl. Fliedl (2005, 177–183).
30   Schnitzler (2002b, 334).
31   Vgl. dazu den einschlägigen Sammelband Aurnhammer, Martin, Schnitzler (2014).
32   Schnitzler (2012, 50).
33   Schnitzler (2012, 263).

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       [M]ein Vater ruft mich ins andere Zimmer (so deutlich wie ich ihn seit seinem Tod nicht gesehen),
       sagt herzlich, aber in nicht ganz unbesorgtem Ton (ganz so wie der Vater Georgs im Roman), ich
       hätte in diesem Jahre doch sehr wenig geschrieben. Ich wehre mich, sage, dass Thomas Mann seit
       99 nichts schrieb, es käme aufs Wie an (ungefähr) ‚Recht behalten werde doch ich‘. Vater gibts
       zu, spielt mit dem Zwicker (wie Georgs Vater im Roman), ich suche und finde endlich mit Mühe
       den Roman in der Neuen Rundschau, hole das Heft von meinem Pult-Manuscriptenschrank […],
       auch eine preussische Militärmusik spielt unklar hinein, die Lunzer (Komiker) nicht leiten kann.34

Es gehört nicht allzu viel Beschlagenheit in der Traumdeutung dazu, um zu erkennen,
dass Schnitzler Thomas Mann in der Gattung des Romans damals als einen ihm überle-
genen Konkurrenten betrachtet haben muss. Bezeichnend ist, dass im Traum vorkommt,
Thomas Mann habe „seit 99“ nichts geschrieben – also auch nicht Buddenbrooks –, und
die Tatsache, dass eine „preussische Militärmusik“ eine Rolle spielt, macht deutlich, dass
es bei diesem Konkurrenzverhältnis, das im Traum ins Nationale ausgeweitet wird, auch
um Musik ging. Fasst man Schnitzlers Traumerzählungen als authentisch auf – und dafür
spricht Vieles –,35 liegt es also nahe, anzunehmen, dass Schnitzler aus diesem Grund darauf
verzichtet hat, in seinen Roman Musikbeschreibungen im Stil Thomas Manns einzufügen:
ein exemplarischer Fall von nicht bewältigter Einflussangst.
   Einige Jahre später hat er dann jedoch eine Möglichkeit gefunden, seinem Konkurrenten
auch auf dem Gebiet der Musikbeschreibung etwas entgegenzusetzen, bezeichnenderweise
allerdings nicht in der Gattung des Romans, sondern in der der Novelle: Die Rede ist
von seiner 1924 publizierten, als weibliches Gegenstück zu Lieutnant Gustl konzipierten
Monolognovelle Fräulein Else. Im Gegensatz zu Gustl ist Else sehr musikalisch; wie es
sich für eine höhere Tochter gehört, spielt sie Klavier, aber sie tut dies gerne, und die Oper
liebt sie ebenfalls. In diesem Zusammenhang entscheidend ist jedoch die Stelle, an der
Else den Salon des Trentiner Hotels, in dem die Handlung spielt, betritt und sich dort vor
aller Augen entblößt – während jemand auf dem Klavier musiziert. Denn an dieser Stelle
hat Schnitzler Noten in den Text integriert (es handelt sich um Auszüge aus Schumanns
Klavierzyklus Carnaval)36 und damit einen neuen Weg bei der Bezugnahme auf Musik
eingeschlagen: Schnitzler beschreibt die im Salon erklingende Musik nicht, sondern er
zitiert sie. Und er ist darin – wie auch im Hinblick auf die konsequente Verwendung des
Inneren Monologs – ein Pionier. James Joyce zitiert zwar ebenfalls Musik im Ulysses, aber
dieser Roman war zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf Deutsch erschienen; auch Hans
Henny Jahnns Perrudja, der erste deutschsprachige Roman der Moderne, der (nach dem
Vorbild des Ulysses) Noten enthält, war damals noch unveröffentlicht. Vor allem aber hatte
Thomas Mann bis dahin keine Notenzitate verwendet, und er hat dies auch später nie
getan. Mit seinen Notenzitaten konnte Schnitzler auf dem Gebiet der musikliterarischen
Intermedialität also eine echte Innovation präsentieren und Thomas Mann auf diese Wei-
se etwas originelles Eigenes entgegensetzen. Über diese Innovation und ihre zahlreichen
Funktionen wäre viel zu sagen,37 in diesem Zusammenhang ist aber vor allem wichtig, dass

34   Schnitzler (2012, 41).
35   Vgl. dazu das instruktive Nachwort der Herausgeber in Schnitzler (2012, 407–458).
36   Schnitzler (2002a, 68–70).
37   Und es wurde auch schon viel dazu gesagt, vgl. etwa Schneider (1969) und in jüngerer Zeit den anregenden
     Beitrag von Gess (2010).

Peter Lang                                                         Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXXI (2021)
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Schnitzler so indirekt auf ein jeder Musikbeschreibung (und damit auch denen Thomas
Manns) inhärentes Problem hingewiesen hat: dass eine Verbalisierung von Musik – und
sei sie noch so virtuos – zwangsläufig eine Reduktion ihres Bedeutungsspektrums darstellt.
Wer Musik beschreibt, schreibt sie auch fest. Indem er selbst die Musik aber nur zitierte,
überließ Schnitzler die Deutung der Musik den Lesern und hielt ihr Bedeutungsspektrum
somit programmatisch offen.

III. Die Austreibung der Musikfrömmigkeit aus dem Roman: „Der Mann ohne Eigenschaf-
ten“. Ein weiterer Konkurrent Thomas Manns in musicis (und nicht nur in dieser Hin-
sicht) ist Robert Musil.38 Entsprechend finden sich Musikbezüge auch im Mann ohne
Eigenschaften, und zwar in den Abschnitten 14 (Jugendfreunde) und 38 (Clarisse und ihre
Dämonen) im ersten und zweiten Teil des ersten Buches. Beide Szenen sind wahre Kabi-
nettstücke, auf die erste soll hier näher eingegangen werden.39
   Zuerst zum Beginn der Szene, den man nicht anders als Absatz für Absatz, Satz für Satz
lesen kann. Ulrich besucht seine Jugendfreunde Walter und Clarisse und trifft sie beim
gemeinsamen Musizieren an:

        Jedesmal, wenn er ankam, spielten sie Klavier. Sie fanden es selbstverständlich, ihn in einem
        solchen Augenblick nicht zu bemerken, ehe das Stück zu Ende war. Es war diesmal Beethovens
        Jubellied der Freude; die Millionen sanken, wie es Nietzsche beschreibt, schauervoll in den Staub,
        die feindlichen Abgrenzungen zerbrachen, das Evangelium der Weltenharmonie versöhnte, ver-
        einigte die Getrennten; sie hatten das Gehen und Sprechen verlernt und waren auf dem Wege,
        tanzend in die Lüfte emporzufliegen. Die Gesichter waren gefleckt, die Körper verbogen, die
        Köpfe hackten ruckweise auf und nieder, gespreizte Klauen schlugen in die sich aufbäumende
        Tonmasse. Unermeßliches geschah; eine undeutlich umgrenzte, mit heißem Empfinden gefüllte
        Blase schwoll bis zum Platzen an, und von den erregten Fingerspitzen, den nervösen Runzeln der
        Stirn, den Zuckungen des Leibs strahlte immer neues Gefühl in den ungeheuren Privataufruhr.
        Wie oft hatte sich das wohl schon wiederholt?40

Unter Bezugnahme auf einen einschlägigen Prätext, und zwar Nietzsches Geburt der Tragö-
die, wird hier also ein Ehepaar beim vierhändigen Spiel des vierten Satzes von Beethovens
9. Symphonie beschrieben. Mittels einer überaus plastischen Metaphorik wird das Klavier-
spiel dabei als ein dionysischer Rausch, genauer: als ein vom Bett auf die Tasten verlagerter
Liebesakt kenntlich gemacht. Diese Ehepartner lieben sich, indem sie gemeinsam musizieren
(aber auch wohl nur in dieser Form). So weit, so brillant, aber auch so – vergleichsweise
– konventionell. Ähnlich hätte Thomas Mann eine solche Szene auch erzählen können.
Und anscheinend war Musil auch daran gelegen, dass seine Leser an dieser Stelle an den
Nobelpreisträger dachten, zu dem er bekanntlich ein problematisches Verhältnis hatte und
auf den (u. a.) wohl auch die satirische Darstellung des „Großschriftstellers“ im Mann ohne
Eigenschaften gemünzt ist. Speziell auf die Musikbeschreibungen in Buddenbrooks verweist
die Tatsache, dass hier wie dort am Klavier phantasiert wird und dass es hier wie dort um

38 Zu Musil und seinem zwiespältigen Verhältnis zur Musik vgl. zusammenfassend Gess (2016).
39 Dazu vgl. einlässlich Neymeyr (2005, 107–142), die die Szenen insbesondere im Spannungsfeld von Wag­
   nerismus und Nietzscheanismus interpretiert.
40 Musil (2016, 72 f.).

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Nietzsche (und indirekt damit auch um Wagner) geht, des Weiteren erinnert die bei der
Beschreibung der Musizierenden verwendete, unverhohlen sexuelle Metaphorik auffällig an
die Beschreibung von Hannos erster Klavierphantasie.41 Offenbar bilden insbesondere die
„Prunkszenen“ aus Buddenbrooks also die Folie dieser Szene im Mann ohne Eigenschaften,
man soll sie – ähnlich wie in Buddenbrooks die Kreutzersonate – gleichsam mitlesen. Doch
das, was auf diesen ersten Absatz folgt, geht dann in eine andere Richtung, eine Richtung,
die Thomas Mann niemals eingeschlagen hätte. Schon der nächste Satz macht dies un-
missverständlich klar:

       Ulrich hatte dieses stets offene Klavier mit den gefletschten Zähnen nie leiden mögen, diesen breit-
       mäuligen, kurzbeinigen, aus Teckel und Bulldogg gekreuzten Götzen, der sich das Leben seiner
       Freunde unterworfen hatte, bis zu den Bildern an der Wand und den spindeldürren Entwürfen
       der Kunstfabrikmöbel […].42

Was Musil hier betreibt, ist nichts anderes als der Versuch der Austreibung der Musik-
frömmigkeit aus dem Roman, eine Art umgekehrter literarischer Exorzismus (nicht zufällig
wird Ulrich wenig später als „böser Geist“ bezeichnet). Wiederum mit Hilfe einer überaus
plastischen, jeden Illustrationsversuch von vornherein überflüssig machenden Metaphorik
wird der Flügel erkennbar gemacht als der Götze, dem ein bürgerliches Ehepaar huldigt,
das in der Musik eine Ersatzreligion gefunden zu haben glaubt. Doch dieser Glaube wird
sogleich als eine Illusion entlarvt, und dies abermals mittels einer Metaphorik, die an
Plastizität und Suggestivität kaum mehr zu überbieten ist:

       Jedoch die Wohnung vermochte das Klavier dröhnen zu machen und war eins jener Megaphone,
       durch welche die Seele ins All schreit wie ein brünstiger Hirsch, dem nichts antwortet als der
       wetteifernde gleiche Ruf tausend anderer einsam ins All röhrender Seelen.43

Wie der nächste Satz zeigt, geht es hier allerdings nicht nur gegen die Musikfrömmigkeit,
sondern auch gegen die Musikphilosophie, zumal die deutsche:

       Ulrichs starke Stellung in diesem Haus beruhte darauf, daß er Musik für eine Ohnmacht des
       Willens und Zerrüttung des Geistes erklärte und geringschätziger von ihr sprach, als er es meinte;
       denn für Walter und Clarisse war sie zu jener Zeit höchste Hoffnung und Angst. Sie verachteten
       ihn teils dafür, teils verehrten sie ihn wie einen bösen Geist.44

Zielscheibe von Musils Spott ist hier namentlich Schopenhauer, der die Musik in Die Welt
als Wille und Vorstellung als Darstellung des „Willen[s] selbst“ interpretiert hatte.45 Zugleich
ist dies jedoch auch gegen Thomas Mann gerichtet, der Schopenhauer in dessen Interpre-
tation der Musik gefolgt war und das auch immer wieder zum Ausdruck gebracht hatte.
Wenn Musil in Bezug auf Musik nun von der „Ohnmacht des Willens“ spricht, ist dies

41   Vgl. Mann (2002, 556 f.).
42   Musil (2016, 73).
43   Musil (2016, 73).
44   Musil (2016, 73 f.).
45   Schopenhauer (1993, 582).

Peter Lang                                                        Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXXI (2021)
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darum auch als ein Seitenhieb gegen Thomas Mann zu verstehen, dem er auf diese Weise
unterstellt, sich ein unhaltbares Philosophem zu Eigen gemacht zu haben.
   Aber die Szene erschöpft sich nicht in Spott und Kritik, wie man erkennt, wenn man
sich ihre Faktur etwas genauer ansieht. Zunächst ist hervorzuheben, dass Musil die Musik-
beschreibung nicht verweigert (wie Heinrich Mann), dass er sie nicht umgeht (wie Schnitzler
im Weg ins Freie) und dass er sie auch nicht durch das Musikzitat ersetzt (wie Schnitzler in
Fräulein Else). Was er bietet, ist ein selbstbewusster Gegenentwurf zu den Musikbeschrei-
bungen Thomas Manns, bei dem es vor allem auf die andersartige Machart ankommt. Dass
Thomas Manns Musikbeschreibungen sich durch ihre besondere Musikalität auszeichnen,
ihre Anhörlichkeit, wurde gesagt. Im Hinblick auf diese Passage des Mannes ohne Eigen-
schaften muss man hingegen von einer besonderen Visualität sprechen, von Anschaulichkeit,
und zwar im wörtlichen Sinn: Musil verzichtet demonstrativ auf alles sprachliche Musizieren
im Stile Thomas Manns und setzt ein virtuoses sprachliches Visualisieren von Musik an
dessen Stelle. Gewissermaßen ersetzt er das Sinnesorgan Ohr durch das Sinnesorgan Auge,
und zweifellos tut er dies in programmatischer Absicht. Musils Musikbeschreibung lesend,
meint man entsprechend keine Musik zu hören, sondern zu sehen, und zwar mit großer
Tiefenschärfe. Denn Musil visualisiert ja nicht nur musikalische Vorgänge, sondern auch
und vor allem die mit ihnen verbundenen Diskurse und Praktiken. Er wendet gleichsam
einen Röntgenblick an auf die Musik und diejenigen, die sie machen. Und so wird diese
Musikbeschreibung zu einer beeindruckenden Demonstration der Möglichkeiten von
Musils Romanprosa: Er führt darin vor, wie man Musik im Roman behandeln kann, ohne
gleichzeitig ihrer Macht zu erliegen. Oder, mit anderen Worten: Er führt vor, wie man sich
die „heilige Kunst“ mit den Mitteln der Literatur vom Leibe halten kann. Auch das aber ist
ein Beitrag zu dem Wettstreit, den eine (noch zu erweiternde) Reihe von Autoren damals
um die Musik führte und der sich literaturgeschichtlich als äußerst produktiv erwiesen hat.

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Abstract

Der Beitrag geht der Frage nach, wie die Intensität der musikliterarischen Intermedialität in der deutsch-
sprachigen Erzählliteratur der Moderne erklärt werden kann. Eine zentrale Rolle spielen dabei die
Musikbezüge und insbesondere die Musikbeschreibungen in den Texten Thomas Manns, mit denen
sich andere Autoren in der Folge auseinanderzusetzen hatten. Dabei ist eine produktive Konkurrenz-
situation entstanden, die im Beitrag anhand von Texten Manns, Schnitzlers und Musils untersucht wird.

The present contribution asks how the intensity of musico-literary intermediality in narrative texts of
German modernism can be explained. Crucial are the references to and descriptions of music in the texts
of Thomas Mann which other authors had to face. The result was a specific competitive situation with
productive potential. It is examined on the basis of texts by Mann, Schnitzler, and Musil.

Keywords: musikliterarische Intermedialität, Musikbeschreibung, Notenzitat, Wagnerismus

Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. Frieder von Ammon, Universität Leipzig, Philologische
Fakultät, Institut für Germanistik, Beethovenstraße 15, D–04107 Leipzig, 

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