Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg

 
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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
Kreuzwegandacht für
                                                                                   Karfreitag 2021

                                                                                                  Foto: Pfarrbriefservice

                                                                               Ein Angebot des Kolpingwerkes
                                                                                  Diözesanverband Limburg
Anmerkung: Die Fotos entstammen alle Pfar r br iefser vice außer Foto zwei
und zwölf, die sind von privat.                                              Fachausschuss „Kirche mitgestalten“
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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
Liebe Kolpingschwestern und Kolpingbrüder – liebe
Freunde der Kolpingfamilie!

Der Karfreitag ist nicht angenehm, aber er gehört zu uns   In Trauer darüber lasst uns beten:
– zu unserem je eigenen Leben. Der Passionsweg Jesu        Was auch immer Menschen einander antun,
an den die Christen weltweit heute denken, ist ein Weg –   der Schrei nach Gerechtigkeit findet seinen Weg zu dir,
der augenscheinlich in die Dunkelheit führt. Von der       guter Gott.
Folterung durch Pontius Pilatus – zur Kreuzigung in        Du bist die Stärke, die die Niedrigen aus dem Staub
einen qualvollen Tod. Aus heutiger Sicht wissen wir        erhebt
mehr; Jesus ist nicht im Tod geblieben, sondern            Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.
auferstanden. Aber dies feiern wir erst an Ostern.
                                                           Mit dem Tod am Kreuz endet unsere Kreuzwegandacht.
Heute blicken wir erst einmal auf die Dunkelheiten in      Jetzt heißt es erst einmal: Warten, Ausharren und mit
unserem Leben. Jeder kennt dunkle Momente – Stunden        existentiellen Ängsten und Nöten umgehen, aber auch
der Krankheit, der Not; Tage der Trauer und Ohnmacht;      zu hoffen. Wir müssen den Karfreitag und den
Krieg, Zerstörung und Terror. Und in diesem Jahr noch      Karsamstag jetzt erst einmal aushalten und dürfen nicht
erschwert die Dunkelheiten der Pandemie: Einsamkeit,       vorschnell direkt zur Auferstehung gehen. Wir haben
Verlassenheit, Krankheit und Tod…...                       die Gewissheit, es gibt ein Ostern, aber erst gibt es den
Wir fragen uns hier: wo stehen wir in diesen Dunkel-       Karfreitag.
heiten? Was trägt uns, was führt uns ans Licht. Adolph
Kolping hat es einmal so gesagt: „Soweit Gottes Arm        Das Zeichen unseres Glaubens ist nicht der strahlende
reicht, ist der                                            Sieger, der unberührt über das Leiden der Menschen
Mensch      nicht                                          und unangefochten über seinem eigenen Schicksal steht,
ganz fremd und                                             nicht der Held mit dem Lorbeerkranz, sondern der
verlassen. Und                                             gekreuzigte Gottessohn mit der Dornenkrone. Er geht
Gottes       Arm                                           die dunklen Wege unserer Ohnmacht mit. Er verzichtet
reicht weiter als                                          im Ölberggarten auf das Schwert und auf die Legionen,
Menschen                                                   die ihn befreien.
denken können.“
Bis     in     die                                          Lasst uns gemeinsam diesen Weg auf Ostern zugehen.
dunklesten
Stunden unseres
Lebens     hinein
reicht     Gottes
Arm. Er selbst ist
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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
diesen Leidensweg gegangen. Er hat am Kreuz
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und Erde fühlen mit ihm in seinem Todeskampf. Sie           Menschen erleiden müssen. Er ist diesen Weg trotz
ertragen diesen Tod nicht: Die Gräber springen auf, die     Zweifel (am Ölberg) und Angst konsequent weiter-
Toten kommen heraus. Der Vorhang im Tempel zerreißt.        gegangen. Von Jesus wissen wir, dass es sich lohnt, der
Er gibt den Blick frei auf das Allerheiligste – jetzt hat   Liebe Gottes zu vertrauen. Der Arm der Liebe lässt uns
jede und jeder freien Zugang. Hier wurde kein Tod           nicht im Tod, er führt uns hinaus auf den Weg ins Licht.
gestorben nach dem Willen Gottes. Gott selbst legt          So gehen wir jetzt voll Vertrauen, dass wir nicht alleine
Protest ein, hier ist das letzte Wort noch nicht            unterwegs sind, diesen Weg Jesus heute mit.
gesprochen.
                                                            Kreuzweg Karfreitag 2021
Was heute geschieht:                                        (Der Text ist eine überarbeitete Fassung des Erwach-
                           Gewalt zur Durchsetzung          senenkreuzwegs, den Jutta Lehnert 2017 für
                           von Interessen ist von der       MISEREOR geschrieben hat. Eine kleine Auswahl habe
                           Erde nicht geschwunden.          ich heute – nach Rücksprache mit Jutta Lehnert für
                           Sie          hat         viele   diesen Kreuzweg für Kolping herausgesucht)
                           Ausdrucksformen; ist mal
                           verborgen, mal offen zu          Den Kreuzweg kann jede/r gehen; es braucht dazu
                           erkennen. Wie ein Schatten       keinen festen Ort. Er kann zu Hause gebetet werden,
                           liegt sie über der Welt.         alleine, in der Familie oder unterwegs. Es empfiehlt
                           An uns ist es, ihr nicht zu-     sich, zwischendurch Zeiten der Stille einzuhalten....
                           zustimmen, sondern Wege          Die Stationen werden jeweils mit einem Zitat aus der
                           zu finden, die Todesmacht        Bibel oder der Überlieferung eröffnet, daran schließt
                           zu überwinden. Es sind die       sich eine Beschreibung des damaligen Kontextes an
                           Opfer der Gewalt, die            verbunden mit den Versuch, das auf unsere Verhältnisse
                           gegen die Macht des              heute zu übertragen. Die Gebetsrufe schließen jede
                           Todes aufstehen.                 Station ab.
Ihre Erfahrungen sollen nicht begraben bleiben. Wenn
Opfer sprechen, wird ihnen oft nicht zugehört; ihr Zeug-
nis hält man sich gern vom Leibe.

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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
Einleitende Gedanken zum Kreuzweg                          In Trauer darüber lasst uns beten:
Das älteste Evangelium – der Markustext – verarbeitet      Schrecklich ist die Gewaltgeschichte der Menschen.
die schrecklichen Erfahrungen des jüdischen Krieges        Das Böse gewinnt die Oberhand, wenn gute Menschen
(66-70 n. Chr.) mit der gewalttätigen Einnahme des         schweigen. Wo ist unser Mut, beizeiten der Gewalt zu
Landes durch das römische Heer.                            widersprechen?
                                                           Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.
Auch Jesus war, einige Jahrzehnte früher, der
Besatzungsmacht zum Opfer gefallen. Seine                  Station: Jesus stirbt am Kreuz
Hinrichtung war tief in das Gedächtnis der ersten
Gemeinden eingeschrieben. So wurde sein Todesweg zu
einem Heiligen Weg, an dem man immer wieder
innehielt, um sich das Leiden Jesu und das Leiden der
damaligen Zeit vor Augen zu führen und im Gebet zu
vergegenwärtigen.

Um 1400 entstanden in Europa erste Nachbildungen
                                dieses letzten, heiligen
                                Weges Jesu. In den
                                Bildern und Gebeten
                                der Kreuzwegstationen
                                verbanden die Gläubi-
                                gen ihr Leiden mit dem
                                Leiden und der Gewalt
                                der jeweiligen Zeit.
                                Solidarität          und
                                Frömmigkeit      fügten    „Und Jesus rief laut: Vater, in deine Hände lege ich
                                immer neue Stationen       meinen Geist. Nach diesen Worten
                                hinzu.                     hauchte er den Geist aus.“ (Lk 23,46)
                                Wer den Kreuzweg
geht und betet, verweigert dem zugefügten Leid die         Was damals geschah:
Zustimmung und mobilisiert tief im Inneren Mitleid und     Eine Finsternis legt sich über das Land, bedeckt die
Protest. Wer sich vom Schmerz berühren lässt, rührt        Stadt, die Menschen, die Hinrichtungsstätte. Himmel
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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
Station: Jesus wird ans Kreuz geschlagen                  sich im besten Sinn des Wortes.
                     „Sie kamen zur Schädelhöhe;
                     dort kreuzigten sie ihn und die      Station: Jesus wird zum Tod verurteilt
                     Verbrecher, den einen rechts von     „Sie aber schrien: Weg mit ihm, kreuzige ihn!...
                     ihm, den anderen links. Jesus        Da lieferte Pilatus ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt
                     aber betete: Vater, vergib ihnen,    würde.“ (Joh 19,15f).
                     denn sie wissen nicht, was sie
                     tun!“                                Was damals geschah:
                     (Lk 23,33f)                                              Die Enttäuschung des Volkes, das
                                                                              von Jesus die Wiedererrichtung des
                      Was damals geschah:                                     Davidreiches erwartet hatte, kommt
                      Gnadenlos wird Jesus zu Boden                           Pilatus gelegen. Enttäuschte Massen
geworfen, dicke Nägel werden in seine Hände und Füße                          lassen sich leichter manipulieren.
geschlagen. Dann ziehen die Soldaten den Querbalken                           So findet Pilatus in Jesus ein Opfer,
hoch, die schrecklichsten Stunden im Leben Jesu begin-                        an dem er seine Macht demon-
nen. Zwei Aufständische werden mit ihm gekreuzigt;                            strieren kann. Aus Angst vor dem
auch ihre Schreie gellen über die Hinrichtungsstätte.                         Kaiser und geprägt von seinem
Die Menschenmenge steht in sicherer Entfernung und                            Hass auf die jüdische Bevölkerung
schaut dem Todeskampf der Verurteilten zu. Gott schreit   führt er Jesus öffentlich vor und treibt sein grausames
hier: an den Kreuzen von Golgotha.                        Spiel mit ihm. Der Zustimmung der Massen kann er
                                                          sich dabei sicher sein. Am Ende wäscht er seine Hände
Was heute geschieht:                                      in Unschuld: Nicht ich war es, das Volk wollte es so!
Es ist bis auf den heutigen Tag eine ungelöste Frage,
warum Menschen einander die schrecklichsten Formen        Was heute geschieht:
von Gewalt antun können. Genügt es zur Rechtferti-        Auch heute ist es leicht, Menschen zu manipulieren;
gung, dem anderen sein Menschsein abzusprechen, wie       vielleicht dank der ungebremsten Medien noch leichter
es in unserem Land vor achtzig Jahren geschah? Löst       als damals. Für Unzufriedenheiten oder enttäuschte
die Gewissheit, straflos zu bleiben, alle Hemmungen?      Erwartungen lassen sich leicht Sündenböcke finden.
Ist der Grund in verletzter Achtung und tief sitzenden    Populisten machen sich die Massen gefügig und nutzen
Ängsten zu suchen? Vielleicht ist es einfach die Kälte    die Menschen für ihre Interessen aus. Sie verformen mit
und die Verachtung gegenüber den Mitmenschen.             ihren Lügen Geist und Seele der Menschen. Aber wenn
                                                          Emotionen die Oberhand gewinnen, gehen Vernunft
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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
und Verstand verloren und der Weg der Gewalt wird         Was damals geschah:
beschritten. In Trauer darüber lasst uns beten:           Jede Folter beginnt damit, einen Menschen zu entblö-
Gott, Du siehst alles Unrecht unter der Sonne.            ßen, ihn vollkommen wehrlos zu machen und ihm seine
Wehre die Lügen ab, die das Recht beugen wollen.          letzte Schutzhülle und Würde zu nehmen. Diese Ernied-
Gib unseren Herzen Mut und Verstand.                      rigung muss auch Jesus über sich ergehen lassen. So
Erbarme Dich über uns und über die ganze Welt!            machen sie sich wieder über ihn her, zerren ihm sein
                                                          Obergewand und sein Unterkleid vom Leib, das an sei-
Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern        nen Wunden klebt. Kleider behüten die Persönlichkeit
„Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Schädelhöhe,      eines jeden Menschen. Deshalb trifft diese Entblößung
die auf Hebräisch Golgota heißt.“ (Joh. 19,17)            Jesus ins Innerste. Sie gibt ihn den unbarmherzigen Bli-
                                                          cken der Menschen preis.
Was damals geschah:
Mit der entsetzlichen Hinrichtung am Kreuz wurden nur     Was heute geschieht:
entlaufene Sklaven und aufständische Rebellen bestraft.   Überlebende Frauen aus Konzentrationslagern erzählen
Die Kreuzigung sollte abschrecken und jeden Protest im    – mit leiser Stimme und schweren Herzens–, dass dies
Keim ersticken. Weil man den Gehenkten die                der schlimmste Moment nach ihrer Ankunft im Lager
Bestattung verweigerte,                                   war: komplett ausgezogen zu werden, unter dem Spott
galt die Kreuzigung bei                                   und den schmutzigen Bemerkungen der Wachmann-
den       Juden        als                                schaft ihre Körper nur noch notdürftig mit den Händen
Verfluchung vor Gott.                                     bedecken zu können, den letzten Schutz zu verlieren.
Die Verurteilten mussten                                  Ein tiefer Eingriff in die Persönlichkeit, der traumati-
den schweren Querbalken                                   siert. Die Folter hat bis heute nicht aufgehört, wir be-
durch die Menschen-                                       gegnen ihr in jedem Bürgerkrieg.
menge tragen bis zum
Hinrichtungsplatz.                                        In Trauer darüber lasst uns beten:
                                                          Gnadenlose Hände greifen nach den wehrlosen Körpern
Was heute geschieht:                                      von Menschen.. Sie machen Angst, diese Hände.
Mit den Kreuzen, die Menschen heute tragen müssen,        Wer weiß noch: Des Menschen Körper ist der Tempel
ist Gott nicht einverstanden. Nicht mit dem Kreuz des     des Heiligen Geistes? Erbarme dich über uns und über
Krieges, nicht mit dem Kreuz der Gewaltherrschaft,        die ganze Welt.
nicht mit dem Kreuz der Ausbeutung, nicht mit dem
Kreuz des Missbrauchs und der Vertuschung. Diese

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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
Was heute geschieht:                                      Kreuze werden den Menschen aufgezwungen.
Der größte Teil der Frauen, die weltweit auf der Flucht   Arroganz und Verblendung einer verfehlten Politik,
sind, ist der Gefahr durch sexualisierte Gewalt aus-      Profitgier und Menschenverachtung,        legen eine
gesetzt. In der von Krisen und Krieg gezeichneten         schwere Last auf die Menschen. In Trauer darüber lasst
Heimat fehlt der Schutz, auf der Flucht droht ihnen       uns beten:
neue Gefahr. Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist          Gott, sieh unsere müden Schritte.
Alltag auch in demokratischen Gesellschaften; auch in     Wir schwanken unter den Lasten des Unrechts.
unserem Rechtsstaat. Sie verbirgt sich in den Häusern,    Aber wir sind doch Menschen, geschaffen nach deinem
sie zeigt sich in frauenverachtender Sprache.             Bilde! Erbarme Dich über uns und über die ganze Welt!
Die Zweitrangigkeit der Frau ist immer noch fest veran-
kert im Unterbewusstsein, oft auch in vielen
Frauen selbst.                                            Station: Jesus fällt unter dem Kreuz
                                                          „Auf seinem Weg zur Hinrichtungsstätte fiel Jesus meh-
In Trauer darüber lasst uns beten:                        rere Male.“
Das Leid der Frauen und Mädchen wird oft                  (Überlieferung der Gemeinde von Jerusalem)
verschwiegen. Dein Blick, Jesus, trifft sich mit ihrem
Blick. Deine Tränen, Jesus, vermischen sich mit ihren     Was damals geschah:
Tränen. Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.    Die Folterungen und der Blutverlust sind nicht ohne
                                                          Folgen geblieben: Jesus ist geschwächt, er taumelt und
                                                          fällt unter der Last des Balkens zu Boden. Hat jemand
                                                          Mitleid? Aber Jesus richtet sich wieder auf, er hat
Station: Jesus wird seiner                                seinen letzten Weg gerade erst begonnen. Er nimmt
Kleider beraubt                                           seine Kräfte zusammen und kommt wieder vom Boden
„Dann warfen sie das Los                                  hoch. Die aufgezwungene Gewalt will er aushalten, sie
und verteilten seine Kleider                              soll bei ihm enden und nicht weitergehen – auch wenn
unter sich. Die Leute standen                             es sein Ende ist.
dabei und schauten zu; auch
die führenden Männer des                                  Was heute geschieht:
Volkes verlachten ihn...“ (Lk                             Ja, es gibt Lasten, die sind zu schwer zu tragen.
23,34f)                                                   Menschen verzweifeln und gehen zu Boden. Die Angst
                                                          vor dem Hunger, die Ausweglosigkeit, die Enge, in die
                                                          Menschen getrieben werden. Ein Bild unserer Tage:
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Kreuzwegandacht für Karfreitag 2021 - Kolpingwerk-Limburg
Wanderarbeiter, Tage-        Die Ängste und Schmerzen der Opfer haben kein
                                  löhner in Indien – ohne      Gewicht.
                                  Anstellung und Ver-          Doch du gibst ihnen ein Gesicht, einen Namen.
                                  dienst, ohne Brot in         Warum erreicht ihre Not uns nicht mehr?
                                  einer gespenstisch stillen   Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.
                                  Stadt, vom Coronavirus
                                  lahmgelegt. Doch ihr         Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen von
                                  Rücken ist gerade, sie       Jerusalem
richten sich auf und gehen los.                                                             „Es folgte eine große
                                                                                            Menschenmenge,
Wenn Lasten zu sehr drücken, geht der Blick nur nach                                        darunter auch Frauen,
unten. Wer nur nach unten schaut, sieht keine Hoffnung                                      die um ihn klagten und
mehr. Was lässt uns wieder aufstehen und weitergehen?                                       weinten. Jesus wandte
Erbarme Dich über uns und über die ganze Welt.                                              sich zu ihnen um und
                                                                                            sagte: Ihr Frauen von
Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch                                              Jerusalem, weint nicht
„Mein Gesicht barg ich nicht vor Schmähungen und                                            über mich; weint über
Speichel. Doch Gott, der Herr, wird mir                        euch und eure Kinder!“ (Lk 23,27f).
helfen; darum werde ich nicht in Schande enden.“
(Jes 50,6f)                                                    Was damals geschah:
                                                               Die Frauen von Jerusalem haben erfahren, was Krieg,
Was damals geschah:                                            Folter und Unterdrückung haben anrichten können.
Die Überlieferung weiß von einer Frau am Wegrand,              Unbewaffnet und schutzlos sind sie der Willkür und den
Veronika, die mit Jesus fühlt und mit ihm leidet. Sie          Übergriffen der Soldaten ausgeliefert. Dazu kommt die
sieht, wie Blut und Schweiß über sein Gesicht laufen, in       materielle Not. Ihnen ist das Leben der Kinder und der
seine Augen dringen und seinen Gang erschweren. Da             Kranken der Familien anvertraut. Sexualisierte Gewalt
tritt sie beherzt aus der Menge der Zuschauer, ein Tuch        gegen Mädchen und Frauen ist in allen Kriegen ein
drückt sie ihm voll Mitleid auf das geschundene Gesicht.       übliches Mittel, dem Feind einen besonders tief wirken-
Das Tuch trägt nun seine Spuren; das ist das Gesicht, das      den Schaden zuzufügen. So stehen die Frauen hier am
er uns hinterlassen wollte. So sollen wir ihn erkennen: im     Leidensweg Jesu – sein Leid ist ihr Leid, ihre Tränen
geschlagenen und entstellten Gesicht der Verachteten und       sind seine Tränen.
Leidenden.

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