Künstler, denkt wie Unternehmer! - Magnus Resch
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7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Künstler, denkt wie Unternehmer! Was Kunstschaffende beachten müssen, um mit ihren Werken auch wirtschaftlich Erfolg zu haben. Magnus Resch 16.07.2021, 22.00 Uhr Netzwerk in Aktion: Der Künstler Oscar Murillo (l.) mit dem Sammlerpaar Don und Mera Rubell in Los Angeles. (17. Januar 2014) Joshua Blanchard / WireImage Es ist eine grossartige Zeit, um Künstler oder Künstlerin zu sein. Die letzten Jahre brachten Rekord um Rekord: 450 Millionen Dollar für einen Leonardo, 91 Millionen für einen Hasen von Jeff Koons. Damien Hirst verdient mehr als Picasso, Leonardo und Monet zusammen. Trotzdem: Die Realität sieht ganz anders aus. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 1/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Es ist hart, heute bildender Künstler zu sein. Kein anderer Abschluss hat eine höhere Arbeitslosenquote als das Kunststudium. Und der jährliche Durchschnittsverdienst einer Künstlerin in Berlin liegt bei 11 000 Dollar. Irgendwann haben wir akzeptiert, dass Künstler arm sein müssen. Aber das ist falsch. Um es als Künstler zu schaffen, muss man wie ein Unternehmer denken. Kein anderer Abschluss hat eine höhere Arbeitslosenquote als das Kunststudium. Vermitteln Kunsthochschulen ihren Studierenden diesen unternehmerischen Geist? Leider gar nicht. Institutionen wie die Kunstakademie Düsseldorf oder die Zürcher Hochschule der Künste haben zwar die wichtigsten Künstler ihrer Generation hervorgebracht. Aber irgendwann sind sie stehengeblieben. Das Curriculum liest sich noch wie vor hundert Jahren: Es geht ausschliesslich um Kunst. Studierenden wird erklärt, dass sie Talent haben und hart arbeiten müssen, und dann werden sie schon entdeckt. Geld, Marketing, Instagram-Promotion, Netzwerken – all das sei unverträglich mit der Karriere eines Künstlers. Ja, sogar schädigend. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 2/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Das Netzwerk zählt Natürlich klingt die Idee des armen Künstlers, der sich nur der Kunst widmet, romantisch. Doch sie ist schlicht falsch. In einer Studie, die im Magazin «Science» publiziert wurde, konnten wir den entscheidenden Erfolgsfaktor identifizieren: Es ist das Netzwerk. In dieser Langzeitstudie haben wir die Karrieren von 500 000 Künstlern und Künstlerinnen untersucht und ihren Ausstellungsverkauf mit ihren Preisen verglichen. Durch die Abbildung von Karrieren und Institutionen haben wir eine Karte der Netzwerke im Kunstmarkt erstellt, die zeigt, wie die einzelnen Institutionen miteinander verbunden sind und welchen Einfluss sie auf die Preise haben. Die Analyse zeigt, dass nur ein Weg zum Erfolg führt. Wenn ein Künstler nicht Teil eines bestimmten Netzwerks ist, wird er nicht erfolgreich. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 3/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Das Netzwerk der wichtigen Institutionen am Kunstmarkt. ZVG von Magnus Resch Dieses eine Netzwerk ist das «heilige Land» der Kunst, und hier dominieren New Yorker Institutionen. Alle anderen Netzwerke sind vergleichsweise irrelevant. Deutsche oder Schweizer Institutionen spielen keine Rolle. Künstler fühlen sich hier zwar beschäftigt, da sie viele Ausstellungen haben, von der Marktmacht bleiben sie jedoch abgeschnitten. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 4/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Südtirol mit der Bahn Per Bahn in den Sommerurlaub reisen - na Deutsche Bahn Je Auch die Tatsache, dass Frauen, Farbige oder Mitglieder der LGBTQ+- Community am Kunstmarkt so dramatisch unterrepräsentiert sind, lässt sich an der Karte ablesen: Das zentrale Netzwerk wird dominiert von weissen, älteren Männern – die bevorzugt weisse, männliche Maler ausstellen und sammeln. Wen man kennt, ist wichtiger, als was man macht. Zudem sind die ersten fünf bis zehn Ausstellungen entscheidend. Gelingt es einem Künstler, früh in seiner Karriere bei einer Top- Institution auszustellen, ist lebenslanger Erfolg garantiert. Schafft er es nicht, wird es sehr schwierig, langfristig zu reüssieren. Klar gibt es Ausnahmen. Die sind jedoch gering: Von den 500 000 untersuchten Künstlern haben weniger als 250 den Aufstieg von einem schwachen Start ins heilige Land des Kunstmarktes geschafft. Das sind ernüchternde Zahlen. Aber sie belegen: Künstler brauchen mehr als nur eine ästhetische Ausbildung. Der Erfolg liegt im Netzwerk. Wen man kennt, ist wichtiger, als was man macht. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 5/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Südtirol mit der Bahn Per Bahn in den Sommerurlaub reisen - na Deutsche Bahn Je Das Erfreuliche an den Zahlen ist jedoch, dass man die Bausteine einer erfolgreichen Karriere lernen kann. Dazu müssen Künstler ihr Verständnis von Erfolg erweitern. Ich definiere einen erfolgreichen Künstler als jemanden, der von seiner Referenzgruppe respektiert wird, aber auch seinen finanziellen Profit zu maximieren versucht – auf der Basis von ethischen Geschäftspraktiken. Um dieser Definition und den Zahlen Leben einzuhauchen, sprach ich mit dem Kurator Hans Ulrich Obrist, den Künstlern Marilyn Minter, Sean Scully, Shirin Neshat, Kenny Scharf, Gregor Hildebrandt und vielen mehr. Von Instagram zur Ausstellung Drei Erkenntnisse stechen hervor: In allen Gesprächen mit erfolgreichen Künstlern wurde deutlich, welche enorme Wichtigkeit ihr Netzwerk für sie besitzt. Niki Haas von den Haas-Brüdern berichtete, wie er Fotos von wichtigen Kunstmarkt-Akteuren ausgedruckt hat, um beim nächsten Event zu wissen, mit wem er sein Netzwerk ausweiten soll. Der Kolumbianer Oscar Murillo, der Shooting Star der David- Zwirner-Galerie in New York, hat in seinem Studium konsequent daran gearbeitet, internationale Kontakte aufzubauen. So geriet er an einen Galeristen aus Los Angeles, der ihn zu einer Gruppenausstellung einlud. Dort sahen die Sammler Don und Mera Rubell seine Arbeiten, luden ihn nach Miami ein, und von dort aus ging es weiter zu David Zwirner, einem der vier weltweit wichtigsten Galeristen. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 6/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Südtirol mit der Bahn Per Bahn in den Sommerurlaub reisen - na Deutsche Bahn Je Instagram ist für viele die wichtigste Plattform, um das eigene Netzwerk voranzubringen. Salman Toor schrieb den Kunstkritiker Jerry Saltz auf Instagram an, dieser teilte Fotos seiner Arbeiten. Ein Kurator am Whitney-Museum sah Saltz’ Post, besuchte daraufhin eine Ausstellung und bot Toor eine Einzelausstellung im Whitney- Museum an. Ein anderes Beispiel ist der junge Fotograf Tyler Mitchell. Er schrieb über Instagram einen Musiker an, um ihn für einen Videodreh zu gewinnen. Das Video sah ein Redakteur der «Vogue» und lud Tyler Mitchell für das Cover-Shooting von Beyoncé ein. Viele Künstler verkaufen schlicht und einfach nicht, weil sie ihre Werke am Anfang zu teuer ansetzen. Natürlich gehört auch Glück dazu. Nicht jede Instagram-Nachricht führt zu einer Ausstellung im Museum. Aber es gibt weitere Bausteine zum Erfolg, die sich leicht umsetzen lassen. Ein Beispiel ist die Preisfindung: Der Durchschnittspreis von Werken junger Künstler in Galerien liegt bei 9000 Dollar. Jedoch ist die Mehrheit von Kunstkäufern nicht bereit, mehr als 5000 Dollar für junge Kunst zu zahlen. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 7/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Endlich Mein Schiff - Single Spezial mit reduzierten Einzelkabinen- Zuschlag von nur 20% TUI Cruises Viele Künstler verkaufen schlicht und einfach nicht, weil sie ihre Werke am Anfang zu teuer ansetzen. Wer also als junger Künstler verkaufen will, muss Arbeiten für 5000 Dollar anbieten – genau der Preis, den Mega-Sammler wie Mera und Don Rubell bereit sind zu zahlen. Und noch etwas zeigt eine Zahlenanalyse: Die Verkaufschancen steigen dramatisch, wenn der Preis transparent ist, das heisst, wenn er in der Galerie angeschrieben ist oder beim Instagram-Post gelistet wird. All die Beispiele zeigen: Die Kunstausbildung vermittelt nicht die Mechanismen des Marktes. Und Galeristen sind zu beschäftigt damit, ihren zwanzig Künstlern und allen Sammlern gerecht zu werden. Daher sind Künstler auf sich alleine gestellt. Aber ihr Erfolg liegt mehr in ihren eigenen Händen, als sie denken. Es ist an der Zeit, zu akzeptieren, dass Künstler nicht nur kreative Schöngeister sind. Sondern auch Unternehmer. Magnus Resch ist Unternehmer und unterrichtet Kulturmanagement an der Yale Universität. Sein neues Buch «How to Become a Successful Artist» erschien im Juni 2021 und basiert auf einer im Magazin «Science» publizierten Langzeitstudie. Mehr zum Thema Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 8/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Das fulminante Schaffen von Kara Walker ist nun in Basel zu sehen Die US-Künstlerin ist eine entschiedene künstlerische Stimme afroamerikanischen Leids. Im Kunstmuseum Basel gibt sie einen fulminanten Einblick in ihr Werk. Gerhard Mack Wie die Musikindustrie die Gratis-Kultur hinter sich lassen konnte Tonträgerfirmen verdienen fast wieder so viel wie zu CD-Zeiten. Schweizer Musiker müssen aber besonders erfinderisch sein. Moritz Kaufmann Nur für Sie Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 9/10
7/18/2021 Künstler, denkt wie Unternehmer! | NZZ am Sonntag Keiner anderen Stadt wäre CO2-Reduktion: Böse Buben: W ein Italien-Sieg so zu Vermeiden genügt nichtsexualisierter – gönnen wie Bergamo es braucht auch deutschen Rap Einlagerung Peter Hossli (Text) und Alessio Perboni wird (Fotos) David Strohm Frank Heer NZZaS abonnieren Kontakt AGB und Datenschutz Impressum Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG. Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von Neue Zürcher Zeitung ist nicht gestattet. Hören Teilen https://nzzas.nzz.ch/kultur/kuenstler-denkt-wie-unternehmer-ld.1636104 10/10
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