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Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Lebensraum Bayerische Donau Vielfalt schützen und nachhaltig nutzen Masterplan zur Entwicklung und Auswahl von Projekten zur Umsetzung der Europäischen Donauraumstrategie in Bayern www.stmuv.bayern.de
An der Erstellung des Masterplans waren Vertreter und Vertreterinnen folgender Organisationen und Institutionen beteiligt: Arbeitsgemeinschaft Landesfischereiverband Bayerische Fluss-Allianzen Bayern e. V. Auenzentrum Neuburg-Ingolstadt Landkreis Deggendorf Bayerisches Landesamt für Umwelt Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen Bayerisches Staatsministerium für Landratsamt Passau Umwelt und Verbraucherschutz Landratsamt Pfaffenhofen a. d. Ilm Bund Naturschutz in Bayern e. V. Regierung der Oberpfalz Danube Environmental Forum Regierung von Niederbayern Donau-Naab-Regen-Allianz Regierung von Schwaben EU Donauraumstrategie – Schwerpunktbereich 6 Stadt Ingolstadt Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V.
Lebensraum Bayerische Donau Vielfalt schützen und nachhaltig nutzen Masterplan zur Entwicklung und Auswahl von Projekten zur Umsetzung der Europäischen Donauraumstrategie in Bayern
Inhaltsverzeichnis Vorworte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1. Präambel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2. Leitbild. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12 2.1 Fluss und rezente Aue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.1.1 Wichtige Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.1.2 Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Altaue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.2.1 Wichtige Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.2.2 Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.3 K ulturlandschaft im Talraum außerhalb der Altaue; Rand-Niedermoore . . . . . . . . . . . . . . 18 2.3.1 Wichtige Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.3.2 Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.4 R andhänge, Leiten und T errassenkanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.4.1 Wichtige Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.4.2 Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.5 D onau-Korridor als Gesamtheit, großräumige Verbundstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . .20 2.5.1 Wichtige Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20 2.5.2 Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.6 Begleitende Maßnahmen: Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3. B iologische Vielfalt entlang der bayerischen Donau: Bestand, Entwicklungsziele, Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1 Fluss und rezente Aue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1.1 Aktuelle Situation in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1.2 Entwicklungsziele und Maßnahmenvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.2 Altaue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28 3.2.1 Aktuelle Situation in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.2.2 Entwicklungsziele und Maßnahmenvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.3 K ulturlandschaft im Talraum außerhalb der Altaue; Rand-Niedermoore . . . . . . . . . . . . . . 31 3.3.1 Aktuelle Situation in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.3.2 Entwicklungsziele und Maßnahmenvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4
Inhaltsverzeichnis 3.4 R andhänge, Leiten und T errassenkanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.4.1 Aktuelle Situation in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 3.4.2 Entwicklungsziele und Maßnahmenvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.5 D onau-Korridor als Gesamtheit, großräumige Verbundstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . .33 3.5.1 Aktuelle Situation in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.5.2 Entwicklungsziele und Maßnahmenvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.6 B egleitende Maßnahmen: Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .34 3.6.1 Aktuelle Situation in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.6.2 Entwicklungsziele und Maßnahmenvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4. Schlüsselprojekte zur Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.1 Auswahlkriterien zur Festlegung von Schlüsselprojekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35 4.2 V erknüpfung von Entwicklungszielen und Projektvorschlägen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.2.1 Fluss und rezente Aue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36 4.2.2 Altaue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38 4.2.3 Kulturlandschaft im Talraum außerhalb der Altaue; Rand-Niedermoore . . . . . . . . . . . 38 4.2.4 Randhänge, Leiten und Terrassenkanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.2.5 Donau-Korridor als Gesamtheit, großräumige Verbundstrukturen. . . . . . . . . . . . . . . 39 4.2.6 Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39 5. Vorgeschlagene Schlüsselprojekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 5.1 S chlüsselprojekte für Fluss und rezente Aue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 5.2 Schlüsselprojekte in der Altaue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5.3 S chlüsselprojekte in der Kulturlandschaft im Talraum außerhalb der Altaue, Rand-Niedermoore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .80 5.4 Schlüsselprojekte für die Randhänge, Leiten und Terrassenkanten. . . . . . . . . . . . . . . . . .83 5.5 Schlüsselprojekte für begleitende Maßnahmen: Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung . . . . . . 90 5.6 Geschätzte Kosten, F ördermöglichkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 6. Ausblick auf Planungen in weiteren Regionen des Donauraums. . . . . . .97 5
Vorwort der Bayerischen Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz Die Donau verbindet Länder und Als Besonderheit bei der Erarbei- Menschen. Sie bildet einen zu- tung des Masterplans hebe ich sammenhängenden Natur- und die intensive und vertrauensvolle Kulturraum vom Schwarzwald bis Zusammenarbeit von öffentlichen zum Schwarzen Meer. Der Erhalt Verwaltungen unterschiedlicher der Biodiversität entlang dieser Ebenen (Bayerisches Staatsminis- Lebensader Europas kann nur in terium für Umwelt und Verbrau- grenzübergreifendenden Koopera- cherschutz, Bayerisches Landes- tionen gelingen. amt für Umwelt, Regierungen, Landkreise und Kommunen) mit Seit 2011 werden im Rahmen der betroffenen Verbänden in Bayern EU Donauraumstrategie länder- (Bund Naturschutz in Bayern e. V., und regionenübergreifende Aktivi- Landesbund für Vogelschutz in täten und Projekte in verschiede- Bayern e. V., Landesfischereiver- nen Themenfeldern entwickelt. band Bayern e. V., Arbeitsgemein- Das Bayerische Staatsministerium schaft Bayerische Fluss-Allianzen, für Umwelt und Verbraucherschutz koordiniert zusam- Donau-Naab-Regen-Allianz), dem Auenzentrum Neu- men mit dem Kroatischen Ministerium für Umwelt burg-Ingolstadt und Umweltbildungseinrichtungen seit und Naturschutz den Schwerpunktbereich 6 „Bio dem Jahr 2013 hervor. Ergebnis dieses partizipativen diversität“ der Donauraumstrategie. Gemeinsam mit Vorgehens ist ein naturschutzfachliches und von einer Vertretern aus Behörden, Zivilgesellschaft und Wis- Vielzahl von Interessensvertretern mitgetragenes Ge- senschaft engagieren wir uns darin, die biologische samtkonzept für den Erhalt und die Entwicklung der Vielfalt zu stärken, Landschaften zu erhalten und für Bayerischen Donau und ihrer Auen. Es bildet eine ver- eine gute Qualität von Luft und Boden zu sorgen. lässliche und langfristige Grundlage für die Umset- zung der Projekte. Dieser Dialog zwischen staatlichen Mit dem „Masterplan Lebensraum Bayerische Donau“ und nicht-staatlichen Einrichtungen kann im Sinne ei- werden wir unserer europäischen Vorreiterrolle ge- ner ausgewogenen Raumentwicklung als beispielhaft recht und setzen Ziele der Donauraumstrategie nun nicht nur in Bayern, sondern für den gesamten Don- ganz konkret am bayerischen Abschnitt dieses euro- auraum gelten. Damit wollen wir Impulse über die päischen Stroms um. Damit wollen wir einen zentra- bayerischen Grenzen hinaus setzen. len Beitrag zum Erhalt und zur Stärkung der biologi- schen Vielfalt entlang der bayerischen Donau und an Allen an der Erstellung beteiligten Partnern danke ich ihren Auen leisten und gleichzeitig Anregungen für an- für die sachorientierte Zusammenarbeit und freue dere Regionen in den Donaustaaten geben. Der Mas- mich auf die Fortsetzung der Kooperation bei der nun terplan verfolgt dabei einen systematischen Ansatz: beginnenden Umsetzungsphase. zunächst werden anhand der einzelnen Landschafts- teilräume gemeinsam von staatlichen und nicht-staat- lichen Organisationen erarbeitete Leitbilder für den gesamten Abschnitt der bayerischen Donau darge- stellt. Die im Anschluss aufgeführten Schlüsselprojek- te stellen konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Ulrike Scharf MdL formulierten Leitbilder dar, die es in den kommenden Bayerische Staatsministerin für Jahren schrittweise umzusetzen gilt. Umwelt und Verbraucherschutz 6
Vorwort des Landesvorsitzenden des BUND Naturschutz in Bayern e. V. Lebensader Donau – was für Kul- Donauraumstrategie umgesetzt turen und Menschen gilt, trifft in werden kann – und auch um besonderer Weise für die Natur gesetzt werden muss. Mit der zu: Sie sind miteinander verbun- Entwicklung von konkreten den. Aber die Natur kennt keine Schlüsselprojekten und den fach- Grenzen. Dabei sind Flüsse und lichen Zielvorstellungen soll auch Auen „hot spots“ der biologi- der Stellenwert des Schutzes der schen Vielfalt in Europa. Gerade biologischen Vielfalt gegenüber die Donau als der europäische anderen Schwerpunkten der Fluss schlechthin weist eine enor- Donauraumstrategie erhöht wer- me Arten- und Lebensraumvielfalt den. Auch wenn nicht alle Defizite auf. Auch wenn sehr viel von die- und nötigen Maßnahmen in der sem Reichtum durch Flussausbau von einem Naturschutzverband oder Ausdeichungen bereits ver- erwünschten Detailliertheit aufge- loren gegangen ist, haben wir ge- nommen werden konnten, so ist rade in Bayern noch sehr wertvol- der Masterplan auch für uns ein le Abschnitte der Donau, allen voran die beiden Meilenstein, weil er fach- und verbandsübergreifend längeren frei fließenden Strecken zwischen Straubing und in enger Kooperation mit der Bayerischen Natur- und Vilshofen und zwischen Vohburg und Kelheim. schutzverwaltung und dem Bayerischen Umweltmi- nisterium entstanden ist. Die Initiative hierzu ging von Es ist auch europäische Verantwortung, die Lebens- BN, Auenzentrum Neuburg-Ingolstadt und Umwelt ader Donau zu erhalten und ökologisch weiter zu ent- ministerium aus. Wir möchten uns stellvertretend für wickeln. Auf Jahrzehnte der Fluss-Korrektur und Fehl- die Naturschutzverbände in der Arbeitsgruppe beim entwicklungen aus ökologischer Sicht müssen nun bayerischen Umweltministerium bedanken, dass es Jahrzehnte der Renaturierung folgen. Der „Master- diese Arbeit ermöglicht und tatkräftig unterstützt hat. plan“ nimmt diese Verantwortung auf und beschreibt erstmals für die bayerische Donau nicht nur Zustand, Die Donauraumstrategie ist eine große Chance für Entwicklungsziele und Leitbilder, sondern auch ganz Mensch und Natur an der Donau in ganz Europa, doch konkrete Maßnahmen und aufeinander abgestimmte sie ist kaum bekannt. Der „Masterplan“ soll nun nicht und nach Dringlichkeit und Bedarf ausgewählte Pro- nur in die praktische Umsetzung gehen, sondern er jekt-Vorschläge, sogenannte Schlüsselprojekte. Davon wird hoffentlich auch viele Menschen von der Not werden die Natur und das Leben in und an der Donau wenigkeit eines grenzenlosen Naturschutzes und vom profitieren, gerade auch der Mensch: Natürlicher Wert des gemeinsamen Naturerbes in Europa über- Hochwasserschutz, Nährstoffrückhalt und faszinieren- zeugen. de Erholungsräume sind ein Gewinn für uns alle. Wir hoffen nun, dass die Projekte zügig umgesetzt wer- den können. Mit dem Masterplan wollen wir unseren Beitrag Prof. Dr. Hubert Weiger für die Donau in Europa leisten und zeigen, wie der Landesvorsitzender Schwerpunkt „Biodiversität“ der europäischen BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN) 7
Legende der Schlüsselprojekte Fluss Projektgebiet Schlüsselprojekt Rezente Aue Altaue Randhänge, Leite Kulturlandschaft (Talraum) Naturschutzgebiet Vogelschutzgebiet Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Schutgebiet Aufbau und Verbesserung von Verbund- korridoren und Trittsteinbiotopen als Teil des Schlüsselprojekts
Präambel Bedeutung der Donau für die biologische Vielfalt Die Donau durchfließt auf ihrem 385 km langen Weg durch Bayern eine Vielzahl unterschiedlicher Natur Auf Grund des auch im bayerischen Donauraum in den letzten Jahrzehnten gewachsenen Nutzungsdruckes ist die biologische Vielfalt entlang der Donau heute 1 räume und Landschaften. Einzelne Bereiche wie die gefährdet. Der Masterplan will Wege aufzeigen, wie Schwäbische und Oberbayerische Donauniederung, einem drohenden weiteren Verlust der biologischen die Südliche Frankenalb, die Weltenburger Enge, der Vielfalt begegnet werden kann. Dungau mit dem Mündungsgebiet der Isar sowie das Passauer Abteiland beherbergen auf engem Raum Erhaltung und Stärkung der biologischen Vielfalt eine Fülle naturschutzfachlich besonders wertvoller entlang der bayerischen Donau Ökosysteme, die teils auch noch räumlich in Verbin- Um das europäische Ziel, die biologische Vielfalt dung und in ökologisch-funktionalem Austausch stehen. nachhaltig zu sichern, umzusetzen, müssen jeweils Teile der Auwälder, Auegewässer, Auewiesen, Bren- regional vor Ort die erforderlichen Rahmenbedingungen nen, Röhrichte, Feucht- und Nasswiesen erfahren geschaffen werden. Dies bedeutet in erster Linie, auch noch die typische Prägung durch eine abschnitts- dass in den besonders bedeutsamen, artenreichen weise weitgehend intakte Dynamik des Fließgewäs- Naturräumen für die dort lebenden Tier- und Pflanzen- sers. Niedermoore im weiteren Talraum und Durch- arten günstige Lebensbedingungen erhalten oder ggf. bruchstäler erweitern die enorme Lebensraumvielfalt wieder hergestellt werden müssen. am Fluss. Weltweit besteht seit 1992 ein Übereinkommen zum Die beschriebenen Landschaftselemente bilden Erhalt der biologischen Vielfalt. Für das Gebiet der zusammen die Grundlage für einen herausragenden Europäischen Union hat die EU-Kommission im März Artenreichtum. Die besondere ökologische Qualität 2006 eine Strategie zur Sicherung der biologischen der Donaulandschaft und deren Bedeutung für den Vielfalt vorgelegt;2 dieser Plan wurde 2011 fortge- Natur- und Artenschutz wurden u. a. in dem Bericht schrieben,3 auch nachdem das ursprüngliche Ziel, den „Donau – Lebensader im Herzen Europas“ des Baye- Artenverlust bis 2010 zu stoppen, nicht erreicht wer- rischen Umweltministeriums zusammengefasst und den konnte. dokumentiert.1 Die herausgehobene Stellung der baye- rischen Donau wird auch in der Dichte von Schutzge- Die deutsche Bundesregierung veröffentlichte 2007 in bieten sichtbar: Im bayerischen Donauraum sind insge- ihrer „Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt“ samt 44 FFH-Gebiete, 9 EU-Vogelschutzgebiete, 41 ebenfalls ein umfassendes Ziel- und Maßnahmenpaket. Natur- und 34 Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Auf Landesebene besteht seit 2008 außerdem eine Dabei reicht die Funktion der bayerischen Donau für „Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Bay- den Schutz der Biodiversität weit über die Landes- ern“, die den Rückgang der heute noch vorhandenen grenzen hinaus: Der bayerische Donauabschnitt ist Teil Vielfalt wildlebender Arten in Bayern bis 2020 stoppen einer zentralen ökologischen Verbund- und Naturachse sowie den Anteil der vom Aussterben bedrohten und zwischen West- und Osteuropa bzw. zwischen den stark gefährdeten Arten deutlich verringern soll.4 Alpen und dem Mündungsdelta der Donau am Diese Strategie wurde im Juli 2014 um das „Biodiver- Schwarzen Meer. sitätsprogramm Bayern 2030“ ergänzt.5 1 Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (2012): „Bayern Arche: Donau – Lebensader im Herzen Europas“. – München, 2012: 195 S. 2 Mitteilung der EU-Kommission: „Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und darüber hinaus – Erhalt der Ökosystemleistungen zum Wohl der Menschen“; http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52006DC0216 3 Mitteilung der EU-Kommission: „Lebensversicherung und Naturkapital: Eine Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020“; http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52011DC0244 4 www.naturvielfalt.bayern.de/strategie/doc/biodiv_strategie_endfass06_2009_ba1.pdf 5 www.naturvielfalt.bayern.de/strategie/doc/strategie.pdf 9
Eine Intensivierung von Maßnahmen zum Erhalt der Der Masterplan wurde in aufeinander aufbauenden Biodiversität an der Donau wurde im Jahr 2011 durch Schritten erarbeitet, deren Ergebnisse in den nach die „Europäische Strategie für den Donauraum“ an folgenden Kapiteln dokumentiert sind und gestoßen. Ziel dieser von 14 Ländern und der Europäi- schen Union ins Leben gerufenen makroregionalen • entwickelt zunächst für den bayerischen Donau- Strategie ist es, die europäische Donauregion zu- korridor ein naturschutzfachliches Leitbild, d. h. kunftsfähig sowie nachhaltig zu gestalten und zu ent- einen Idealzustand der Landschaft und ihrer Teil- wickeln. In 11 thematischen Schwerpunktbereichen räume mit Blick auf den Erhalt der biologischen wurde eine Vielzahl von Zielen und Maßnahmen defi- Vielfalt, niert. Der Freistaat Bayern hat für den Schwerpunkt- • beschreibt zusammenfassend den gegenwärtigen bereich 6, „Erhalt der Biodiversität, der Landschaften Ist-Zustand und stellt darauf aufbauend mögliche und der Qualität von Luft und Boden“, zusammen mit bzw. notwendige Entwicklungsziele und Maßnah- Kroatien die Federführung und Verantwortung für die men zusammen, Umsetzung übernommen. Bis heute konnte bereits • schlägt schließlich nach Sichtung abgeschlossener, eine Vielzahl von Projekten und Maßnahmen für den sowie derzeit in Umsetzung befindlicher sowie Biodiversitätserhalt angestoßen werden, u. a. wurde geplanter Projekte eine aktuelle Auswahl von ein eigenes Programm für den Erhalt und Wieder „Schlüsselprojekten“ aus naturschutzfachlicher ansiedlung von Donaustörarten aufgesetzt und Maß- Sicht vor. Diese Projekte decken besonders dring- nahmen für gemeinsame Anstrengungen für den Um- liche Lücken hinsichtlich der Biodiversität und des gang mit invasiven gebietsfremden Arten erarbeitet. Artenschutzes ab und lassen intensive Synergie- effekte mit den Zielen des bayerischen Hoch Ein Masterplan zur Umsetzung der Europäischen wasserschutz-Aktionsprogramms 2020plus, sowie Donauraumstrategie im Bereich der Biodiversität der Umsetzung von Planungen im Sinne der EU- Der vorliegende Masterplan greift die in der EU Don- Wasserrahmenrichtlinie und des Schutzgebiets- auraumstrategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt systems Natura 2000 erwarten. Die in Kapitel 5 enthaltenen Ziele und Ideen auf und führt diese für beschriebenen und vorgeschlagenen Schlüssel- den bayerischen Abschnitt der Donau mit weiteren projekte sollen – wo noch nicht begonnen – mit Zielen und Maßnahmenprogrammen zum Erhalt der Nachdruck weiter konkretisiert und gefördert Biodiversität zusammen. Die Konkretisierung erfolgt werden, da sie nicht zuletzt eine entsprechend durch die Vorstellung beispielhafter Umsetzungs hohe Effizienz des Mitteleinsatzes versprechen. projekte. Dabei präzisiert der Masterplan die im Bio diversitätsprogramm Bayern 2030 genannten erfor- Der Masterplan im Kontext bestehender Gesetze, derlichen Umsetzungsmaßnahmen, die für den Pläne, sonstiger Verpflichtungen und Politikziele Donauraum relevant sind. In seinem ersten Teil formu- Der „Masterplan Lebensraum Bayerische Donau“ liert er als rechtlich unverbindliches Fachkonzept aus wie auch die einzelnen Projekte innerhalb des Master- naturschutzfachlicher Sicht ein für die Erhaltung und plans stehen im Kontext vielfältiger gesetzlicher Ver- Stärkung der vorhandenen Artenvielfalt entlang der pflichtungen wie auch sonstiger politischer Zielsetzun- bayerischen Donau geeignetes Leitbild sowie damit gen und Handlungsprogramme. Das Spektrum reicht verbundene Entwicklungsziele und Maßnahmen. In dabei von den gesetzlichen Normen des Natur- und seinem zweiten Teil werden diese fachspezifischen Artenschutzes über den Gewässer-, Ressourcen- und Grundlagen durch das Benennen von Schlüsselprojek- Umweltschutz bis hin zur Hochwasservorsorge und ten mit konkreten und insbesondere transdisziplinären zu allgemeinen wasserwirtschaftlichen Zielen sowie Umsetzungsoptionen versehen und richtet sich damit zu Nutzungsansprüchen der Land- und Forstwirt- an alle Akteure an der bayerischen Donau. Mit seiner schaft und g eplanten Siedlungsentwicklungen. Integration von staatlichen und nicht-staatlichen Vor- haben und Initiativen soll der Masterplan auch als Bei- Die Bezeichnung als „Masterplan“ wurde in diesem spiel für die gesamte Gebietskulisse der Donauraum- Zusammenhang bewusst gewählt: mit diesem Begriff strategie dienen. Der Masterplan will ein Baustein werden z. B. im Städtebau informelle und unverbind sein im gemeinsamen europäischen Bemühen um die liche Planwerke bezeichnet, die vor allem als Diskus nachhaltige Sicherung des biologischen Reichtums sionsgrundlage wie auch zur Vorbereitung von entlang einer einzigartigen Flusslandschaft. anschließenden formalisierten, verbindlichen Planungs- prozessen dienen. 10
So soll auch der „Masterplan Lebensraum Bayerische sowie Gewässerentwicklungs-/Umsetzungskonzepte Donau“ vor allem der inhaltlichen naturschutzfach erarbeitet. Gerade an der Donau selbst werden zum lichen Positionsbestimmung und der Vorbereitung von Teil auch integrierte Managementpläne (z. B. Untere Projekten d ienen. Dabei orientiert er sich gleichwohl Isar, Donauauen zwischen Ingolstadt und Weltenburg, an den e inschlägigen Zielen und Normen des Natur- Donau zwischen Kelheim und Regensburg, Donau und Gewässerschutzes. Der Masterplan soll unter zwischen Straubing und Vilshofen, Donau von Kachlet anderem einen Beitrag leisten bis Jochenstein mit Inn und Ilzmündung) entwickelt, die vielfach an prominenter Stelle auch das Ziel der • zur Umsetzung der europäischen Fauna-Flora- Sicherung der vorhandenen besonderen Artenausstat- Habitat-Richtlinie und der europäischen Vogel- tung verfolgen. Sie verfolgen insofern bereits heute schutz-Richtlinie sowie der EU-Wasserrahmen- die Zielsetzung des Masterplans und bieten für die richtlinie, Umsetzung von Projekten eine hervorragende Basis. • zur Umsetzung des Bundes- und des Bayerischen Naturschutzgesetzes, Kooperation bei der Erstellung und Umsetzung • zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biolo- des Masterplans gischen Vielfalt und des Biodiversitätsprogramms Der vorliegende Masterplan entstand in Kooperation Bayern 2030, zwischen Behörden, Verbänden, Umweltbildungs • zur Umsetzung des bayerischen Auenprogramms, stationen und dem Auenzentrum Neuburg/Ingolstadt. • zur Umsetzung der europäischen Hochwasser Die Beteiligten werden die Umsetzung von Vorhaben risikomanagementrichtlinie, des Wasserhaushalts- im Sinne des Masterplans weiter begleiten und bei und des Bayerischen Wassergesetzes, einzelnen Vorhaben mitwirken. Entsprechend der Ziel- • zur Umsetzung und Entwicklung der europäischen setzung der EU Donauraumstrategie werden bei der Grünen Infrastruktur (Biotopverbund). Projektplanung die Fördermöglichkeiten der Europäi- schen Kommission einbezogen, insbesondere bei Ein besonderes Gewicht hat die laufende Umsetzung den Schlüsselprojekten. Mit dieser Vorgehensweise der europäischen FFH- und Vogelschutz-Richtlinie wie möchte der Masterplan anderen Regionen entlang auch der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Hierfür w erden der Donau Anregungen bieten und gleichzeitig ein bereits seit mehreren Jahren von Seiten der Natur- Baustein im gemeinsamen europäischen Bemühen schutzverwaltung entsprechende FFH-Managementplä- um die nachhaltige Sicherung des biologischen ne und von Seiten der Wasserwirtschaftsverwaltung Reichtums entlang einer einzigartigen Flusslandschaft Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme sein. Silberreiher über der Donau 11
2 Leitbild Sektorale Leitbilder zur Regionalisierung von Biodiversitätszielen Ein allgemein formuliertes Ziel wie der „Erhalt der Gebietskulisse „Donau-Korridor“ Das Leitbild konzentriert sich räumlich auf einen ab gegrenzten „Donau-Korridor“. Darunter wird im biologischen Vielfalt“ ist nur umsetzbar, wenn es auf Zusammenhang mit dem Masterplan jener Raumaus- einen konkreten Landschaftsausschnitt wie z. B. die schnitt links und rechts der zentralen Achse der Donaulandschaft bezogen und in ausreichend konkre- Donau verstanden, der mit dem Fluss in einem ökolo- tisierte Zielaussagen „übersetzt“ wird. gisch-funktionalen Zusammenhang steht.6 Mit in den „Korridor“ einbezogen werden wichtige (größere) In sektoralen Leitbildern werden im Folgenden Vor- Seitenzuflüsse, da auch diese über den Gewässer- stellungen formuliert, wie die Landschaft im Donau- und Auenverbund mit der Donau als Hauptstrom in raum aus naturschutzfachlicher Sicht aussehen müsste, einem intensiven ökologischem Austausch stehen, um der heute bestehenden Vielfalt an Tier- und sichtbar z. B. in Form der Wanderung von Fischen und P flanzenarten ihre Heimat und damit ihren Fortbestand anderen Organismen, etwa über die sogenannten zu sichern. Welche Lebensräume müssen erhalten, „Biotopbrücke“ Lechtal. wiederhergestellt oder ausgeweitet werden, welche Qualität müssen die Lebensräume aufweisen, welche Um den Masterplan insgesamt überschaubar zu halten, sonstigen Randbedingungen müssen eingehalten wurde hierbei vor allem nach Süden, d. h. quer über werden? Das nachfolgende Kapitel beschreibt all dies die alpinen Zuflüsse, eine Grenze gezogen. Kriterium zusammenfassend als „Leitbilder“ für den Donaukor- für diese Grenzziehung war, ob und inwieweit ökolo- ridor. Diese Leitbilder übernehmen innerhalb des gisch der Einfluss der Alpen überwiegt. Masterplans wichtige Funktionen: anhand der Leitbilder werden zum einen der aktuelle Zustand der Land- Landschafts-Teilräume innerhalb des Donau- schafts-Teilräume und in ihrer Gesamtheit innerhalb Korridors des Donau-Korridors bewertet („Wie weit weicht der Die Formulierung des Leitbildes wie auch die Bestands- aktuelle Ist-Zustand von der Idealvorstellung des analyse und die Auswahl bzw. der Vorschlag von Leitbilds ab?“); zum anderen orientieren sich die Maß- Projekten erfolgen getrennt für charakteristische, nahmen- und Projektvorschläge ebenfalls an diesen sinnvoll abgrenzbare Teilräume innerhalb des Gesamt- Leitbildern („Welche Maßnahmen müssen ergriffen Korridors. Hierfür werden folgende Bereiche unter- werden, um den vorgefundenen Zustand eines Land- schieden: schaftsausschnittes in Richtung Leitbild zu entwi- ckeln?“). • Der Fluss mit der rezenten Aue (= rezentes Über- flutungsgebiet; soweit eine Bedeichung vorhan- Die Formulierung der Leitbilder erfolgt vor allem im den ist, entspricht dies dem Raum zwischen den Hinblick auf den Erhalt der Biodiversität. Nicht alle der Deichlinien); hierbei werden auch die verschiede- genannten Maßnahmen und Schlüsselprojekte sind nen Aspekte der Durchgängigkeit mit behandelt; bereits mit den Zielen anderer Politikfelder abgestimmt, • Die Altaue im Talraum, d. h. der Teil des Über zudem ist jeweils im Einzelfall zu klären, ob entspre- flutungsgebietes, der natürlicherweise vom Über- chende Mittel für die Umsetzung verfügbar sind. Die flutungs- und Grundwasserregime des Flusses Leitbilder und Handlungsvorschläge ermöglichen je- erfasst würde, heute aber durch Deiche oder an- doch, dass bei jeder Entscheidung über die Nutzung dere Hochwasserschutzanlagen von Überflutungen oder Entwicklung von Flächen deren Konsequenzen und zum Teil auch vom flussbestimmt-dynamischen für die Biodiversität vor Ort oder sogar im gesamten Grundwasserregime abgetrennt wird; Donaugebiet erkannt und abgewogen werden können. 6 Der Bezug auf den Donaukorridor, d. h. auf einen begrenzten Raumausschnitt bedeutet gleichzeitig, dass der Masterplan allgemeine Aufgabenstellungen zur Sicherung der Biodiversität, wie z. B. den Schutz von Urwäldern generell, die Umkehr des allgemeinen Trends zur Intensivierung in der Landnutzung und ähnliches nicht als Schwerpunkt sieht und nur am Rande mit behandelt. 12
Abbildung 1: Landschafts-Teilräume des Masterplans am Beispiel des Isartales bei Dingolfing. Daten: Aueabgrenzung: LfU Bayern / BfN; Moorflächen: LfU Bayern; Leiten: ABSP Dingolfing-Landau, eigene Ergänzungen; Kartengrundlage: Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter OdbL; Höhenrelief: SRTM, Daten des USGS / LP DAAC. • Die Kulturlandschaft im restlichen Talraum; dieser 2.1 Fluss und rezente Aue Raum ist in der Regel intensiv besiedelt, mit Infrastruktureinrichtungen belegt und wird meist intensiv land- und forstwirtschaftlich genutzt; 2.1.1 Wichtige Merkmale • Soweit vorhanden: die Randhänge, das heißt die Dynamik der Abflüsse und der Wasserspiegel sogenannten „Donauleiten“ bzw. markante Leiten Natürliche und naturnahe Flüsse sind Ökosysteme mit entlang der Zuflüsse; erfasst werden hierdurch einer intensiven Dynamik, die Lebensräume im Fluss Standorte mit besonderen Lebensbedingungen, sind durch große zeitlich-räumliche Heterogenität und die sich an markanten Hang- oder Terrassenkan- Variabilität gekennzeichnet. Ähnliches gilt für die an ten ausgebildet haben. naturnahe Flüsse angrenzenden Auen – auch hier ist Dynamik in unterschiedlicher Ausprägung7 das kenn- Zusätzlich betrachten eigene Kapitel, wo dies sinnvoll zeichnende Merkmal. Aue-Lebensräume unterliegen ist, den gesamten Korridor, um so der „Summe aller der permanenten Änderung der Nässegrade bis hin zu Teile“ und den ggf. vorhandenen ökologischen Wech- Überflutungen. Umgekehrt können Aueökosysteme selwirkungen zwischen den zuvor unterschiedenen auch ihrerseits Wirkung auf das angrenzende Gewäs- Teilräumen gerecht zu werden. In diesem Zusammen- ser entfalten, indem z. B. der Bewuchs der Aue die hang werden auch allgemeine Maßnahmen wie die Strömungs- und Sedimentationsverhältnisse ändert. Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und der Um- weltbildung behandelt. Die Dynamik wird vor allem angetrieben durch die Energie des fließenden Wassers sowie durch die jahreszeitliche Variabilität der Abflüsse. In der Regel 7 Dister, E. (1991): Situation der Flussauen in der Bundesrepublik Deutschland. – Laufener Seminarbeiträge 4/91, S. 8–16. 13
spiegeln sich die wechselnden Abflüsse in veränder mündenden Seitenzuflüssen und Altwassern, im lichen Wasserspiegelhöhen wider, so dass der Fluss Naturzustand ohne Hindernisse durchwanderbar („bio- charakteristische Niedrigwasser- und Hochwasser logische Durchgängigkeit“). Dies ist für viele Fisch phasen zeigt, bis hin zur partiellen Austrocknung der arten überlebensnotwendig, da z. B. Seitengewässer Gewässersohle oder zur Ausuferung des Flusses in für das Laichgeschäft oder in bestimmten Alters- und die angrenzende Aue. Aufwuchsphasen obligatorisch erreichbar sein müs- sen. Vielfach muss zudem die Aufwärtswanderung Morphodynamik erwachsener Tiere die Abdrift von Jungtieren ausglei- Die Energie der fließenden Welle bewirkt morphody- chen können. namische Prozesse, die sich entsprechend des Reliefs und entsprechend der jeweiligen Fließgeschwindig- Ein zweiter Aspekt der Durchgängigkeit bezieht sich keitsverteilung im Längs- und Querprofil unterschied- als „hydromorphologische Durchgängigkeit“ auf den lich intensiv auswirken. Die Morphodynamik umfasst Transport von Kies, Sand, Feinteilen und gelösten die Tiefen- und Seitenerosion, den Transport von Stoffen, von Lebewesen, Pflanzenteilen, Samen, Geschiebe auf der Flusssohle sowie Feststoffanlage- Biomasse etc. durch das fließende Wasser. Vor allem rungen, z. B. in Form von Kiesbänken im Fluss oder der Transport von Geschiebe wie Schotter, Kies und an Land am Übertritt des Flusses in die hydraulisch Sand ist von großer Bedeutung, da von der Bewe- rauere Aue. Im Lauf der Zeit kann es zur allmählichen, gung und Umlagerung dieses Materials ein großer bei extremen Abflüssen auch zur weitgehend sponta- Teil der Standortdynamik und damit der Qualität der nen Verlagerung des Flusslaufes kommen. Infolge der Lebensräume im Fluss und in der Aue abhängt. Morphodynamik entsteht ein kleinräumig wechseln- des Mosaik von Böden mit unterschiedlichem Alter, Verbund der Auelebensräume, Wechselwirkungen Mächtigkeit und Feuchtigkeit.8 zwischen Fluss und Aue Neben der Durchgängigkeit des Flusses ist ein mög- Grundwasserdynamik lichst intakter Verbund der Auelebensräume unterein- Die Dynamik der Fluss-Wasserstände setzt sich mehr ander für den Erhalt der in der Aue lebenden Arten oder weniger zeitverzögert und mehr oder weniger von großer Bedeutung. „Verbund“ bedeutet hier, dass gedämpft im Grundwasserkörper in der seitlich an- ähnliche Lebensraumtypen räumlich und funktional grenzenden Landschaft fort. Die intensive Wechsel- miteinander so in Verbindung stehen, dass z. B. ein wirkung zwischen Fluss und Grundwasser kann auch genetisch wirksamer Austausch zwischen Teilpopula- noch in größerer Entfernung vom Fluss zu charakteris- tionen stattfinden kann. tischen Grundwasserstands-Schwankungen führen; hierbei können im Extrem Amplituden von mehreren In Bezug auf die Qualität der Verbundsysteme führen Metern erreicht werden. vor allem Flächenverluste, Störungszonen oder Zerschneidungen z. B. durch querende Infrastruktur Die Grundwasserstands-Schwankungen kennzeichnen zu Einschränkungen. die betroffenen Lebensräume als Aue-Lebensräume, selbst dann, wenn die Flächen z. B. nach der Errich- Vielfalt der Lebensräume, Vielfalt der Arten tung von Deichen nicht mehr von Oberflächenwasser Die beschriebenen vielfältigen und dynamischen überflutet werden. Lebensraumbedingungen führen zu einer großen Dichte höchst unterschiedlicher Lebensraumtypen Durchgängigkeit des Gewässersystems und Habitatelementen. Ein Fließgewässerökosystem ist in der Regel von Natur aus durchgängig, das heißt longitudinal und Das Spektrum der Lebensräume reicht vom Fließ lateral vernetzt. Für Lebewesen ist ein Fluss in Längs- gewässer über die Wechselwasserzonen (je nach richtung wie auch in Querrichtung, von und zu ein- Strömung mit Uferröhrichten), die Standorte der 8 Morphologie und ökologische Ausprägung der bayerischen Donau entsprechen den Typen 9.2, „Große Flüsse des Mittelgebirges“ und 10 „Kiesgeprägte Ströme“ (Gewässertypologie nach Pottgiesser, T. & Sommerhäuser, M., 2008: „Erste Überarbeitung der Steckbriefe der deutschen Fließgewässertypen“; download unter http://www.wasserblick.net/servlet/is/18727/12_Typ10_April2008.pdf?command=downloadContent&filename=12_Typ10_ April2008.pdf), bzw. dem Typ der durch Kies-Schotter geprägten gefällereichen Flussaue (bis Regensburg) bzw. gefällearmen Stromaue (Regensburg bis Passau); Koenzen, Uwe (2005): „Fluss und Stromauen in Deutschland – Typologie und Leitbilder “. Bonn-Bad Godesberg, BfN (Hrsg.), 327 S., Kartenbeilage 14
Weichholz- und Hartholzaue bis hin zu vor allem Dynamik bodenbedingt trockenen Sonderstandorten wie den Der Flusslauf zeigt die typische Abfluss- und Wasser- „Brennen“. Diese Vielfalt ist zudem nicht statisch und spiegeldynamik, eine intakte Umlagerung von Material unveränderlich, sondern kann im Lauf der Zeit ver- mit der Strömung sorgt für eine ausreichende Aus- gleichsweise rasch wechseln, angetrieben durch die stattung mit essenziellen Habitatelementen, wie z. B. natürliche Sukzession und durch die gewässerindu- flach überströmten, unverschlammten Kiesufern. zierte Morphodynamik. Hinzu kommt, dass die Aue- Diese werden ergänzt durch strömungsabhängig ent- Biotope sich wegen der stets möglichen Überflutungen stehende Lebensräume und Habitatelemente in der der andernorts möglichen Intensivierung der Nutzung Aue, wie Uferanbrüche, Rohbodenstandorte oder durch den Menschen und der damit oft einhergehen- Altwasser in verschiedenen Entwicklungsstadien. den Uniformierung der Standorte weitgehend ent zogen haben. Durchgängigkeit Die Donau ist im Leitbild für Wasserorganismen in Naturnahe Flüsse und Auen besitzen in der Summe Längs- wie in Querrichtung, d. h. von und zu den seit- eine im Vergleich zu anderen Landschaftsausschnitten lichen Zuflüssen und Altwassern, sowie bei Hoch herausragende Bedeutung für die biologische Vielfalt. wasser in die Aue voll durchgängig. Die hydromorpho- logische Durchgängigkeit ist soweit intakt, dass Wasserqualität ausreichend Geschiebe von oben nachgeliefert wird, Neben den physikalischen und morphologischen so dass der Geschiebehaushalt im Gleichgewicht Standortbedingungen entfalten in den Gewässer- und bleibt und keine unnatürlichen Eintiefungen auftreten. Aueökosystemen auch chemische Wasserinhaltsstoffe ihre Wirkung. Der Gehalt an gelösten und festen Aue-Lebensräume Stoffen (vor allem Schad- und Nährstoffe, aber auch Der Flusslauf wird von einem Gürtel natürlicher oder Sauerstoff) im Wasser hat Einfluss auf die Lebens naturnaher Aue-Lebensräume begleitet, der in seiner gemeinschaften. Gelöste Stoffe wie z. B. Nitrat oder Ausdehnung der Breite und der Geländeausformung Pflanzenschutzmittel erlangen zudem auch im Grund- des Talraumes folgt; idealerweise verzahnen sich wasser Bedeutung. innerhalb der Aue entlang des Höhen- bzw. Über- schwemmungs- und Bodengradienten die verschiede- Prinzipiell sind Auen an größeren Gewässern wie der nen Lebensraumtypen der Aue. Neben Wechsel Donau Anreicherungsstandorte, d. h. ein Eintrag und wasserzonen und Uferröhrichten, Auwäldern und die Sedimentation von Stoffen ist natürlich. Obwohl Altwassern in verschiedenen Verlandungsstadien sind in den letzten Jahrzehnten in Bezug auf die aus Ab- auch „Spezialstandorte“ wie z. B. Brennen zu finden. wässern stammenden Nährstoffe (vor allem Stickstoff Die Lebensräume bilden insgesamt ein Lebensraum- und Phosphat) durch den Ausbau der Klärtechnik mosaik, das sich im Lauf der Zeit mit unterschiedlicher deutliche Fortschritte erreicht werden konnten, ist Geschwindigkeit verändert. Zumindest in einem Teil nach wie vor eine deutlich erhöhte Belastung durch dieser Lebensräume ist eine vollständig natürliche den Eintrag von Feinteilen aus der Bodenerosion und Weiterentwicklung zur „Wildnis“ möglich. von Nährstoffen aus der Fläche festzustellen. Dies ist z. B. anhand deutlich erkennbarer Auflandungen und Die Breite der Aue reicht von wenigen Metern (in den an der Vorherrschaft von nährstoffliebenden Groß- Durchbruchstälern) bis hin zu mehreren Kilometern in stauden wie der Brennnessel in der heutigen Aue breiten Talräumen wie dem Donauried oder der nieder ersichtlich. Auch im Grundwasser hinterlassen Einträge bayerischen Donauniederung im Dungau. Der Aue von Nitrat und von Pflanzenschutzmitteln (bzw. deren gürtel weist im Idealzustand des Leitbildes einen Abbauprodukte) aus der Landbewirtschaftung vielfach durchgängigen räumlichen Zusammenhang auf, so ihre Spuren. dass Kontakt, Wanderung und Austausch von Teil populationen innerhalb dieses Gürtels möglich ist. 2.1.2 Leitbild Das Leitbild für den Fluss und rezente Aue orientiert sich im Wesentlichen am unverbauten Zustand der Donau bzw. der jeweiligen Nebenflüsse mit ausge- prägten Merkmalen der Dynamik, Durchgängigkeit und naturnaher Aue-Lebensräumen: 15
2.2 Altaue Mit dem Hinzutreten von verschiedenen Grünlandtypen zu den ursprünglichen naturnahen Auebiotopen war zunächst eine deutliche Bereicherung der Biotop- und 2.2.1 Wichtige Merkmale Artenvielfalt verbunden. Mit dem Entstehen des Grün- In einer nicht oder nur wenig durch den Menschen lands etablierte sich die zugehörige Artenausstattung. beeinflussten Naturlandschaft würden große Teile des So weiteten sich etwa die Bestände von Wiesenbrü- Talraums der Donau und der Seitengewässer bei tern von den natürlichen Niedermoor-, Röhricht- und Hochwasser durch die Ausuferung des Flusses oder Riedflächen weiter aus. Innerhalb der Pflanzenwelt auch durch das mit dem Hochwasser ansteigende erreichten z. B. Stromtalarten des Offenlandes größere Grundwasser überflutet bzw. merkbar durchfeuchtet Verbreitung und Häufigkeit. werden. In diesen Bereichen würde der Talraum im Naturzustand im Wesentlichen von Auwäldern bzw. 2.2.2 Leitbild anderen Auebiotopen wie Altwässern, Röhrichten Auch für den Landschaftsteilraum „Altaue“ orientiert oder auch Brennen eingenommen. Vor allem in den sich das Leitbild im Wesentlichen am natürlichen Randbereichen kommen oft weitere, ausgesprochen Zustand. Ergänzt wird dieses durch wertgebende (dauer-)nasse, großflächige Niedermoor- und Bruch- Elemente einer nachhaltigen Landnutzung. Demnach waldstandorte hinzu. fokussiert es die Erfordernisse in den Bereichen Rück- entwicklung zu aktiver Aue, Sicherung von naturnahen Zu Beginn der Kultivierung der Talräume wurden zu- Lebensräumen, Landwirtschaft und Siedlungen. nächst vor allem die weniger häufig überfluteten (Hartholz-)Auwaldflächen gerodet und landwirtschaft- Entwicklung von Altaue zu aktiver Aue lich genutzt. Solange die Boden- und Grundwasser- Im Leitbild ist zugunsten der Aue-Lebensräume und verhältnisse mehr oder weniger unverändert blieben, -Arten wie auch zugunsten des natürlichen Hoch entstanden hierdurch meist artenreiche, in der Regel wasserschutzes an Stellen, an denen dies möglich ist, wechselfeuchte Grünlandflächen. Im Kern des Talraums die heutige Altaue wieder zu aktiver Aue zu entwi- blieb das häufiger überschwemmte und daher nur ckeln. In diesen Bereichen führen somit zurückverlegte schwer nutzbare Fluss-Aue-System als naturnahe Ach- Deiche dazu, dass Aueflächen wieder in die volle se dagegen zunächst vergleichsweise lange e rhalten. Überschwemmungs-, Grundwasser- und Morpho Abbildung 2: Lage der Siedlungsflächen bei Straubing in Bezug auf die historischen Überflutungsgebiete der Donau (blaue Flächen: Überflutungsgebiete der Hochwasser in den Jahren 1920, 1924; die Hochwasser entsprachen im dargestell- ten Raum etwa 10–20-jährlichen Ereignissen). Karte: Oberste Baubehörde im Staatsministerium des Innern: Der Hochwasserschutz an der Donau in Bayern. München, 1927 16
Abbildung 3: Von den ursprünglichen Aue-Biotopen sind in der Altaue, wie hier im Bereich Straubing, im Zuge der Intensivierung der Flächennutzung nur kleine Restflächen verblieben. Noch vorhanden sind heute schmale Feuchtwiesenstreifen und Röhrichte sowie einzelne Auwaldreste. Sie finden sich vor allem in ehemaligen, verlandeten Flussschlingen mit relativ hohem Grundwasserstand. Dominierend sind ansonsten Ackernutzung und Siedlungsflächen. Datengrundlagen: Aueabgrenzung: LfU Bayern / BfN; Biotopkartierung: LfU Bayern; Kartengrundlage / Datenquelle Luftbild: Bayerische Vermessungsverwaltung – www.geodaten.bayern.de dynamik der Donau und ihrer Seitenzuflüsse einbezo- Land- und forstwirtschaftliche Nutzungen in der gen werden. Altaue Außerhalb der Flächen mit naturnahen und/oder Sicherung von naturnahen Lebensräumen und extensiv genutzten Lebensräumen ist die Intensität artenreichem Grünland der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung so ausge- Das Grundwasser als maßgeblicher ökologischer staltet, dass Belastungen von Schutzgütern vermie- Faktor für die Qualität der Auwald-Reste und der den werden. Dies bedeutet, dass z. B. Dünge- und Grünlandflächen in der Altaue zeigt im Leitbild eine Pflanzenschutzmittel in einem Umfang eingesetzt naturnahe, auentypische Ausprägung, sowohl in werden, bei dem keine Belastungen des Grundwas- Bezug auf die Höhe Wasserspiegel unter der Gelände sers, der Oberflächengewässer oder angrenzender oberkante wie auch in Bezug auf die Schwankungs- extensiv genutzter Biotope auftreten. Auch der Ein- amplituden und die Grundwasserdynamik. trag von Bodenpartikeln in die Oberflächengewässer aus Flächenerosion bleibt ausgeschlossen bzw. auf Die Grünlandflächen und insbesondere der Nieder- ein unerhebliches Niveau begrenzt. moorstandorte sind durch eine für die Artenvielfalt günstige (d. h. in der Regel schwache) Nährstoffver- Innerhalb der forstwirtschaftlich genutzten Wälder sorgung gekennzeichnet, die Nutzung der Flächen ist werden vor allem standorttypische (Auwald-)Baum in Intensität und Zeitpunkten an die Bedürfnisse der arten genutzt und die auetypische Strukturvielfalt spezifischen Arten angepasst. erhalten und gefördert. Wo dies möglich ist, sind Auwälder und sonstige Auebiotope durch Rückdei- Qualität, Ausdehnung und räumlicher Verbund der chungen oder Ausleitungen wieder an ein möglichst enannten Lebensräume sind im Leitbild so ausge- g naturnahes Überflutungs- und Grundwasserregime staltet, dass kennzeichnende Ziel- und Indikator-Arten des Flusses angeschlossen (s. o.). in langfristig überlebensfähigen Populationen gesi- chert sind. 17
Siedlungsentwicklung in der Altaue von seitlich zuströmendem Grundwasser bestimmt. Siedlungsflächen beschränken sich im Leitbild auf Die Niedermoore ergänzen die Grünland- und Streu- geeignete, d. h. ausreichend hoch gelegene Bereiche, wiesenflächen innerhalb der Altaue. in denen auch z. B. Deichbrüche oder extreme Hoch- wasser keine erheblichen Schäden anrichten. Maß- Die großen Torfkörper leisten einen nennenswerten stab sind die Flächenabgrenzungen der Hochwasser- Beitrag zur Bindung von Kohlenstoff; umgekehrt führte Risikokarten. Eine an Hochwasser angepasste und führt die Störung des Wasserhaushaltes in der Bauweise und eine entsprechend angepasste techni- Regel zu einer verstärkten Mineralisation von im sche Ausstattung reduzieren zudem durchgängig Boden abgelagertem organischen Material und damit potenzielle Schadensrisiken (z. B. zur Vermeidung von zur Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre. Auch auf Ölschäden). Siedlungsflächen und Infrastruktureinrich- den Wasserabfluss wirken die Moorkörper ausglei- tungen wie Straßen und Autobahnen sind so ausge- chend und verzögernd, intakte Feuchtflächen nehmen staltet, dass ihre Zerschneidungs- und Störungseffek- Niederschläge länger und intensiver auf als viele te nicht die oben für die Biotop- und Artenausstattung mineralische Böden, geben das Wasser deutlich formulierten Ziele gefährden. verzögert an die Vorfluter ab, und leisten so einen Beitrag zur Abmilderung von Hochwasserspitzen. Die Nutzung von Ressourcen, z. B. die Entnahme von Grundwasser als Trinkwasser beschränkt sich im Sin- 2.3.2 Leitbild ne der Nachhaltigkeit auf Entnahmemengen unterhalb Gesicherte oder wieder hergestellte Niedermoor- der Grundwasser-Neubildungsraten; die Entnahmen und Grünlandflächen im Verbund sind zudem so festgelegt, dass auch Schäden an Kern des Leitbildes für die Kulturlandschaft in den grundwasserabhängigen Biotopen und Vegetations- Talräumen außerhalb der Aue sind gesicherte bzw. elementen sicher ausgeschlossen werden können. wieder hergestellte Niedermoorflächen, einschließlich der extensiv genutzten, artenreichen und sekundär entstandenen Kulturlandschaftselemente wie z. B. 2.3 K ulturlandschaft im Talraum Streuwiesen. außerhalb der Altaue; Rand-Niedermoore Die Niedermoorflächen weisen im Leitbild (wieder) den ursprünglichen Grundwasserhaushalt auf, in den Kernflächen mit einem Grundwasserstand von oft nur 2.3.1 Wichtige Merkmale wenigen Dezimetern bzw. Zentimetern unter der Innerhalb der breiten Talräume, die von der Donau Geländeoberfläche, so dass die entsprechend ange- und ihren Zuflüssen über die verschiedenen geologi- passten Vegetationsgesellschaften und die entspre- schen Epochen hin ausgeformt wurden, bestehen chende Ausstattung an Tier- und Pflanzenarten ihre zum Teil Bereiche außerhalb der Altaue, die ökologisch optimalen Lebensbedingungen finden. Die Flächen nicht mehr direkt durch Überflutung oder indirekt über bleiben in ihren Kernbereichen unbeeinflusst bzw. die natürliche Grundwasserdynamik vom Fluss ge- werden in angepasster Intensität genutzt. prägt werden. Die Wälder dort sind daher z. B. in ihrer Struktur und Artenzusammensetzung nicht mehr Wie in der Altaue sind die Moor- und Feuchtbiotope zwingend auetypisch ausgeprägt. sowie die Grünlandflächen in Qualität, Ausdehnung und räumlichem Verbund so ausgestaltet, dass kenn- In den Talverebnungen sind allerdings mit den rand zeichnende (Indikator-)Arten in langfristig überlebens- lichen Flach- und Niedermooren und/oder Bruch fähigen Populationen in ihrem Bestand gesichert sind. wäldern, sowie den hier sekundär entstandenen Bio- toptypen wie z. B. Streuwiesen gleichwohl wichtige Für die übrige Kulturlandschaft entspricht der Leitbild- wertgebende Bereiche zu finden; sie gehen auf den Zustand der Kulturlandschaft der Altaue; auch hier ist spezifischen Grundwasserhaushalt zurück, welcher eine Belastung von Schutzgütern bzw. von benach durch knapp unter der Geländeoberfläche anstehende barten Biotopflächen ausgeschlossen. Wie auch inner- Grundwasserspiegel gekennzeichnet ist. Die Spiegel- halb der Altaue ist der Eintrag von Bodenpartikeln höhe wie auch die Qualität des Grundwassers wird in die Oberflächengewässer aus Flächenerosion aus- von der mittleren Wasserspiegellage des Flusses und geschlossen bzw. auf ein unerhebliches Niveau 18
egrenzt. Siedlungsflächen und Infrastruktureinrich- b Je nach Ausgangsgestein haben sich auf den Steil- tungen wie Straßen und Autobahnen sind so aus hängen spezifische Lebensgemeinschaften angesiedelt, gestaltet, dass ihre Zerschneidungs- und Störungs in der Regel in Anpassung an die besonderen, extre- effekte nicht die für die Biotop- und Artenausstattung men Temperatur-, Bodenwasser- und Belichtungsver- formulierten Ziele gefährden. hältnisse. Natürlicherweise werden die Leiten von wärmeliebenden bzw. trockenheitsertragenden Wald- gesellschaften besiedelt, zusammen mit Felsspalten- 2.4 R andhänge, Leiten und gesellschaften und natürlichen, meist kleinflächigen Terrassenkanten (Trocken-)Rasen. Vielfach hat die frühere, extensive Nutzung durch Beweidung zu einer Ausweitung der Trocken- und Halbtrockenrasen und in der Summe zu 2.4.1 Wichtige Merkmale einer deutlichen Vergrößerung der Artenvielfalt ge- Das Donautal wird in Teilstrecken, je nach Geologie führt. und geologischer Entwicklungsgeschichte, von deutlich erkennbaren, steil abfallenden Randhängen Die Leiten ergänzen in besonderer Weise das Spekt- begleitet. Diese „Leiten“ ziehen sich vor allem am rum der Biotope wie auch der Arten des Talraums; Abhang der südlichen Frankenalb und am Abhang des vor allem auch entlang der Leiten entwickelten Bayerischen Waldes zwischen Regensburg und sich die floristischen und faunistischen Verbindungen Passau an der Donau entlang. Analoges gilt für einen zu wärmeliebenden Steppenwäldern und anderen Teil der großen Zuflüsse (vor allem Altmühl, aber Lebensräumen und Arten mit südosteuropäischer auch z. B. Isar, Inn und Salzach). Auch die Kante der Verbreitung. Exemplarisch sei auf das Vordringen von Niederterrasse erreicht örtlich deutliche Höhen und wärmeliebenden Tierarten wie der Smaragdeidechse eine größere Ausdehnung. und der Äskulapnatter entlang der Donauleiten bis unterhalb Passau und bis in die Inn- und Salzachleiten verwiesen. Altwasser in den Donauauen bei Neuburg a. d. Donau 19
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