Leitsymptom Fieber (erhöhte Körpertemperatur) - Dr. med. Joachim Aspacher Paracelsus-Klinik Karlsruhe Abteilung für Innere Medizin

 
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Leitsymptom Fieber (erhöhte Körpertemperatur) - Dr. med. Joachim Aspacher Paracelsus-Klinik Karlsruhe Abteilung für Innere Medizin
Leitsymptom Fieber
(erhöhte Körpertemperatur)

     Dr. med. Joachim Aspacher
     Paracelsus-Klinik Karlsruhe
     Abteilung für Innere Medizin
Leitsymptom Fieber (erhöhte Körpertemperatur) - Dr. med. Joachim Aspacher Paracelsus-Klinik Karlsruhe Abteilung für Innere Medizin
Ein kurzer Fall zum Einstieg
An einem heißen Sommertag (>35ºC im Schatten)
wird eine 80-jährige, demente, immobile, schwer
pflegebedürftige Patientin aus einem Pflegeheim der
heißen Innenstadt in die Notfallambulanz gebracht.
Sie hat eine im Ohr gemessene Temperatur von
40ºC, eine rosige Hautfarbe, eine Tachypnoe (30/min)
und Distanzrasseln

Was ist Ihr Verdacht?
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Merke:

Nicht jede erhöhte
Körpertemperatur ist Fieber
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Der Patient mit erhöhter
       Körpertemperatur

• Erhöhte Körpertemperatur ist in der
  Notfallambulanz und im Dienst nicht so selten.
• Sie kann Symptom einer harmlosen oder einer
  lebensbedrohlichen Erkrankung sein.
• Sie ist eine große Herausforderung an
  diagnostisches und therapeutisches Können.
Leitsymptom Fieber (erhöhte Körpertemperatur) - Dr. med. Joachim Aspacher Paracelsus-Klinik Karlsruhe Abteilung für Innere Medizin
Was ist Fieber?
        Hypothalamische
          Sollwertverstellung!
        • Morgens >37.2º C
        • Abends > 37.7º C
        • Rektale Messung ist
          der Körperkern-
          temperatur am
          nächsten
        • Tympanische
          Messung bis zu 0.8º
          niedriger als rektal
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Hyperthermie
     • Temperaturerhöhung
       ohne hypothalamische
       Sollwertverstellung
     • Endogene oder exogene
       Wärmeproduktion, bzw.
       Wärmezufuhr übersteigt
       die Möglichkeit die
       Wärme abzugeben
     Therapie: Kühlung!
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Hyperpyrexie

Fieber über 41º C,
mit Versagen der Thermoregulation
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Malignes neuroleptisches
           Syndrom
In 2% aller           - Hyperthermie
Behandlungen mit:     - Schwere extra-
- Antipsychotika        pyramidale
- Neuroleptika          Symptome
- Antiemetika         - Vegetative
                        Symptome
Allmählicher Beginn
                      - erhöhte CK
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Serotonin-Syndrom
Meist abrupter Beginn:   - Hyperthermie
In der Regel             - Hyperreflexie, Kloni
innerhalb von 6h         - Rigor,
nach Einnahme            - Krampfanfälle
einer serotoninergen     - Delir,
Substanz                 - Rhabdomyolyse,
Leitsymptom Fieber (erhöhte Körpertemperatur) - Dr. med. Joachim Aspacher Paracelsus-Klinik Karlsruhe Abteilung für Innere Medizin
Fragenkatalog zur Diagnose des
       Serotonin-Syndroms
       (Boyer und Shannon)
Hat der Patient in den letzten 5 Wochen ein
serotoninerges Medikament erhalten?
Wenn ja:
  - Tremor? Hyperreflexie?
  - Spontane Krämpfe?
  - Rigidität? Hyperthermie?
  - okuläre- und/oder induzierbare Krämpfe
  - Schwitzen? Agitiertheit?
Was steckt hinter erhöhter
   Körpertemperatur am
        häufigsten?
- Ca. 7% der Patienten in der Notaufnahme
  - Infektionen der Atemwege
  - Infektionen des Abdomens
  - Infektionen der Urogenitaltraktes
- Ca. 3% sind kritisch krank
Systematisches Vorgehen bei
           Fieber
           •   Gründliche Anamnese:
                – Vorgeschichte
                – Seit wann welche Beschwerden?
                – Welche Begleitumstände,
                  Begleiterkrankungen?
                – Kontakte zu ebenfalls Erkrankten?
                – Auslandsreisen? Ethnie?
                – Immunsuppression?
           •   Gründliche körperliche Untersuchung:
                –   Schmerzen wo?
                –   Husten, Schnupfen, Heiserkeit?
                –   Rachen, Tonsillen, Ohren?
                –   Hautausschläge, oft nur flüchtig
                –   Atemnot, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen?
                –   Meningismus
                –   Urogenitale Symptome? Rektaler Befund?
                –   Gelenkschmerzen?
                –   Herzgeräusch?
                –   Fremdkörper („Viggo“,BDK, ZVK,
                    Herzschrittmacher, Herzklappe, Shunt etc.)
Labor und apparative Diagnostik

               • BB mit Diff.-BB und evtl.
                 Blutausstrich mikroskopisch
               • BKS, CRP, (Procalcitonin)
               • Kreatinin, E`lyte, CK
               • Transaminasen, Bilirubin,
                 y-GT, AP, LDH, Lipase
               • Urinstatus
               • Rö-Thorax, Abdomen-Sono
               • Alle weitere Diagnostik
                 gezielt
Häufig
Aber auch nicht so selten...
Die vollständige klinische Untersuchung
  ist wichtig, aber nicht immer sicher
         bezüglich der Diagnose

                          Röntgen-Thorax

                     Pneumonie    Bronchitis

 Klinische   Pneumonie     7            22
 Diagnose
             Bronchitis    13           360
Ambulant erworbene Pneumonie
        • Risikostratifikation durch CRB-65-Index:
           – Verwirrtheit ja/nein        1Pkt
           – Atemfrequenz ≥30/min        1Pkt
           – Blutdruck    ≤60 diast.     1Pkt
Antibiotikatherapie CAP
Merke: bei der ambulant erworbenen
            Pneumonie CRB-65 0-(1) ist
 das           Mittel der Wahl:

         •   Amoxicillin 3x1g 5-7Tage
         •   Alternativ Makrolid oder Tetracyclin
         •   Nicht indiziert ist Ciprofloxacin!
Ambulant erworbene Pneumonie:
  besonders zu beachtende
        Risikofaktoren
1. Antibiotikatherapie in den letzten 3 Monaten
2. Bewohner von Pflegeeinrichtungen
3. Chronische internistische oder neurologische
   Begleiterkrankungen
Resistenzsituation
Enterobakterien (ESBL):
  5.1% 2009
  1.9% 2001

  Erhöhtes Risiko von ESBL-Bildnern vor allem
  bei Vortherapie mit:
          •   Cephalosporinen und
          •   Fluorochinolonen
Ein neuer Fall im Hausdienst
Ein 70-jähriger Patient, der seit einer Woche
in der Klinik wegen einer bislang
unkomplizierten Pneumonie mit
Ampicillin/Sulbactam behandelt wird und darunter
gut entfiebert hat, bekommt plötzlich Schüttelfrost,
Fieber, Atemnot und fühlt sich sehr schlecht.

Was machen Sie?
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Nosokomiale Pneumonie
Nosokomiale Pneumonie
- Gezielte mikrobiologische Diagnostik
- Invasive und nicht invasive
  mikrobiologische Diagnostik gleichwertig
- Oft Staphylokokken und Enterobakterien
- Immer resistente Keime bedenken (MRE)
- Initial breites Erregerspektrum therapieren
- Deeskalation nach Erhalt der Mikrobiologie
Harnwegsinfektionen
      •   Kompliziert, Unkompliziert
      •   Mann, Frau
      •   Lokale Resistenzsituation
      •   Begleitumstände- /erkrankungen:
           -   Schwangerschaft
           -   Diabetes mellitus
           -   Niereninsuffizienz
           -   Z. n. (Nieren)Transplantation
           -   Geplante urogenitale Interventionen
Antibiotikatherapie der
    unkomplizierten Zystitis
Frau:
  Fosfomycin (Monuril®) 3g einmalig

Mann:
  Ciprofloxacin 2 x (250)500 mg 3Tage

Bei Frau und Mann, wenn lokale E. coli
Resistenz
Merke: jeder Patient mit HWI und
     Fieber sollte zügig eine
Ultraschalldiagnostik bekommen
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Asymptomatische Bakteriurie
Keine Therapie für:
  - Nicht schwangere Frauen
  - Diabetiker
  - Pflegepatienten
  - Querschnittgelähmte Patienten
  - Dauerkatheterträger
Therapie für:
  Schwangere Frauen
  Vor urologischen Prozeduren
Nosokomiale Infektionen
           Harnwegsinfektionen 42%
           Untere
           Atemwegsinfektionen 21%
           Wundinfektionen 16%
           Primäre Sepsis 8%
• Merke:
  Bei allen nosokomialen Infektionen muss
  bei der Antibiotikaauswahl an die
  Möglichkeit multiresistenter Keime gedacht
  werden:
  - MRSA, ESBL, VRE
Ein weiterer Fall im Notdienst
Ein 60-jähriger, mit Metformin-Monotherapie schlecht
eingestellter Diabetiker wird Ihnen im Notdienst vorgestellt.
Die Ehefrau berichtet Ihnen, ihr Mann sei seit 2 Stunden
akut verwirrt und wirke schwer krank. Kein Fieber.
Bei Ihrer klinischen Untersuchung vor Ort erheben Sie
folgende Befunde:
             •   Dyspoe/Tachypnoe AF 35/min
             •   Tachykardie 100/min
             •   RR syst.
Notfall: Sepsis!!
       • Diagnosekriterien:
          – Nachweis einer Infektion:
              • Mikrobiologisch (4 BK!!) oder klinisch
          – SIRS-Kriterien:
              • Fieber ≥ 38ºC oder Hypothermie
                < 36ºC
              • Tachykardie >90/min.
              • Tachypnoe >20/min
              • Leukozytose
Was sind Früh- und
 Verdachtssymptome einer Sepsis?
- Schweres Krankheitsgefühl (43%)
- Hohes Fieber (29%)
- Akute Verwirrtheit (16%)

Cave:
  Wenn Patienten oder Angehörige berichten,
  Dass sie oder ihr Angehöriger sich „schwer
  Krank fühlt“, „etwas einfach nicht stimmt“ oder
  „etwas ganz anders ist als sonst“
Häufigkeit positiver Blutkulturen
 - Septische Arthritis/Bursitis             19-33%
 - Hautphlegmone/Erysipel                   2%
 - Akute Cholecystitis                      8%
 - Akute Cholangitis                        46%
 - Leberabszess                             37%
 - Meningitis                               66%
 - Infektiöse Endokarditis                  90%
 - Ambulant erworbene Pneumonie             2-9%
 - Nosokomiale Pneumonie                    7-12%
 - Wirbelkörperosteomyelitis                      50-72%
 - Pyelonephritis                           23-30%
 - Fieber bei Neutropenie                   21-32%
 - HWI im Kindesalter                       5%
 - Mastoiditis im Kindesalter               14%
 - Pneumonie im Kindesalter                       3%
 - Osteomyelitis/Arthritis im Kindesalter   50%
Und dann muss es schnell
        gehen!
Antibiotikatherapie bei Sepsis

• Initial breites Erregerspektrum bedenken
• Hohe Erstdosis auch bei Nieren- und
  Leberinsuffizienz
• Nach Erhalt der mikrobiologischen Ergebnisse,
  gezielte Umstellung der Therapie
• Leitlinien bei neutropenischem Fieber oder bei
  andere speziellen Infektionen beachten!
Zügige Fokussuche und
      Sanierung

„focus, focus, focus…“
Fallgeschichte
Eine junge Frau ist vor 3 Wochen von einem
Kenia-Urlaub zurück gekehrt und ruft Sie
jetzt wegen Fieber und Durchfall im
Notdienst

Wie weiter?
Weitere potenziell lebensbedrohliche
  infektiöse Fieberursachen, die schnelles
      und gezieltes Handeln erfordern

• Meningitis
• Endokarditis
• Neutropenisches
  Fieber nach
  Chemotherapie
Antibiotikatherapie bei Meningitis,
    Endokarditis und Neutropenie oder
           Immunsuppression

• Unbedingt Leitlinien konsultieren,

• Keine Antibiotikatherapie nach eigenem
  Gutdünken!!

• Bei Malaria tropica Rücksprache mit
  Tropenklinik
HIV und AIDS

• Die akute HIV-
  Infektion kann Fieber
  verursachen (EBV-
  ähnliches Bild)
• Opportunistische
  Infektionen bei AIDS,
  erweitertes
  Erregerspektrum
  bedenken!
Weitere Fieberursachen

• Tonsillitis
• Otitis media
Nichtinfektiöse Fieberursachen
• Erkrankungen aus dem
  vaskulitisch-rheumatischen
  Formenkreis
• Granulomatöse Lungen- und
  Systemerkrankungen
• Hämatologisch-onkologische
  Erkrankungen/Tumorfieber
• Chronisch entzündliche
  Darmerkrankungen, auch
  ohne Durchfall!
Medikamentenfieber
Endokrinologische
            (Fieber)ursachen

• Hyperthyreose/
  thyreotoxische Krise

• Phäochromozytom

• Thyreoiditis de
  Quervain
Seltene Fieberursachen
Periodische Fiebersyndrome

• Erworben:

   – PFAPA (periodisches Fieber, aphtöse Stomatitis, Pharyngitis und
     zervikale Adenitis)

• Hereditär:

   – Zyklische Neutropenie
   – Hyper-IgD-Syndrom
   – TRAP-Syndrom (Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-1-assoziiertes
     periodisches Syndrom)
   – und am häufigsten von den seltenen….
Und noch ein Fall zum
                Abschluss
Ein 20-jähriger Mann aus der Türkei,
seit der Kindheit in Deutschland, hat
Seit 5 Jahren in unregelmäßigen
Abständen einige Tage anhaltende
Fieberschübe, meist mit heftigen
Bauchschmerzen, seltener auch
Gelenk- oder Thoraxschmerzen.

Sein Arbeitgeber hat ihm wegen
häufiger Fehlzeiten gekündigt.

Mit Fieber und Bauchschmerzen stellt
er sich wiederholt in Ihrer Praxis vor
Familiäres Mittelmeerfieber
• Nichtinfektiöse, rezidivierende
  Polyserositis
• In ca. 80% der Fälle durch Mutationen im
  MEFV-Gen zu diagnostizieren
• Unbehandelt: Amyloidose
• Therapie: Colchicin
Vielen Dank
  Fragen?
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