Lernreise 2018 Eberhard Karls Universität Tübingen - Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim

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Eberhard Karls Universität Tübingen

Lernreise 2018

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Unterstützt werden wir freundlicherweise durch den Studierendenrat
Tübingen, „Wissenschaft Lernen und Lehren“ (WILLE), Studierendenwerk
 Tübingen-Hohenheim sowie den Unibund der Eberhard Karls Universität
                   Tübingen. Dafür herzlichen Dank!

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Lernreise
          Zwölf Tage. Sechs Schulen. Eine Frage.
                   Was ist eine „gute“ Schule?
Wir sind neun Studierende aus Tübingen, die im September 2018 einen selbstorganis-
ierten Road- und Schultrip zu sechs „besondere“ Schulen in Deutschland erlebt haben.
Wir durften außergewöhnliche Schulkonzepte, innovative pädagogische Praxis und in-
spirierende Persönlichkeiten kennen lernen. Dies hat uns zu vielen Erkenntnissen und
auch zum Nachdenken über unsere Bildungslandschaft angeregt. Im Fokus unserer
regelmäßigen Reflexionen vor, während und nach der Lernreise stand auch immer die
Frage der Schulentwicklung. Welche Merkmale zeichnen Schulen mit gelungener päda-
           gogischer Praxis aus und wie kann sich Schule weiterentwickeln?

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1. Schule Urspring
                               Vom Ursprung nach Urspring

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         ie Lernreise Tübingen 2018 führte uns zunächst von Tübingen aus nach Ur-
         spring; über die Hügel der Schwäbischen Alb, über Blaubeuren ins malerische
         abgelegene Urspring bei Schelklingen. Nicht nur der imposante urige Campus
         vom Urspringinternat, mit seinen grünen Wiesen, Apfelbäumen, alten Gemäuern
und rot-weiss gestreiften Fensterläden sollte uns in Erinnerung bleiben, auch die Her-
zlichkeit und Aufgeschlossenheit des Lehrkörpers und der Schüler_innen überzeugte
vom ersten Moment an.
Kaum auf dem Gelände angekommen, kam uns Martin Witzel – langjährig erfahrener
Pädagogischer Leiter und Teammitglied in der Schulleitung – auch schon entgegenge-
laufen. Klassenbuch und Infobroschüre legere unter den Arm geklemmt, streute er
hier und dort einige interessante Infos über die Schule ein, wobei schon bei diesen
ersten Worten die aufrichtige Hingabe und Ernsthaftigkeit für seinen Beruf und – wie
wir beim mittäglichen Kaffee im Garten seines Mentorats erfahren sollten — mehr
noch für sein Leben deutlich spürbar wurden. Beruf und Leben, so wurde uns schnell
klar, waren bei den internen Urspringlehrer_innen ein gemeinsamer Hut. Denn in den
Mentoraten wohnten Schüler_innen in WG-ähnlichen Zuständen mit jeweils einer/m
Mentor_in zusammen unter einem Dach. Auf die Frage, ob diese Rollenambiguität —
einerseits Lehrperson, andererseits Vertrauensperson bei maximalem Einblick in den
sonst diskreten Bereich — nicht konfliktträchtig sei, funkelten uns Martin Witzels Augen
belustigt entgegen: „Ich bin einfach ich, und meine Schüler_innen wissen das ganz
genau“, lautete seine souveräne Antwort. Das Lehrer_innen-Schüler_innen-Verhältnis
ist auf Urspring ein sehr familiäres und, wie in jeder guten Familie, gehören Spannun-
gen und Konflikte, sowie deren Lösungen eben zur Dynamik.
Und von Dynamik war auf Urspring eine Menge zu spüren; vom bunten AG-Angebot,
der Möglichkeit neben der Schule einen Gesellenbrief in den Bereichen Schneiderei,
Schreinerei oder Feinmechanik erwerben zu können, den Wochenendtanzveranstal-
tungen „Saustall“, bis zur pädagogisch-innovativen und neuen „KultUrspring“-Satz-
ung, die kollegiumskooperativ zwischen Schulleitungsteam und Lehrpersonal im Mo-
dus einer horizontalen Hierarchie verfasst wurde, um der Schule einen Anker in den
wilden Gewässern der kursierenden reformpädagogischen Strömen zu bieten. Auch die
Forderung und Umsetzung maximaler Transparenz in allen organisatorischen und dida-
ktischen Prozessen rund um Schüler_innen und Kollegen_innen klangen in den Worten
des Schulleiters Dr. Rainer Wetzler an. Der Schule eine intern effiziente Struktur zu ver-
leihen, die Infrastruktur zugunsten der Schülerschaft zu sanieren und gleichzeitig mit
Liebe zum (pädgogischen) Detail, auf die Feinheiten im oftmals knirschenden Schulbe-
trieb zu achten, schien ihm wie auf dem Leib geschnitten zu sein.
Auf die Frage, worin Dr. Wetzler unbegrenzte Ressourcen ivestieren würde, lautete die
bescheidene Antwort, dass die Sanierung der Mentorate, der Ausbau des Kollegiums
und Anschaffungen medialen Guts wohl im Fokus stünden.
Schlussendlich lässt sich über Urspring und unseren Impulseindruck mehrerer Stunden
sagen, dass dort ein dynamischer Prozess zwischen starken und präsenten Lehrpersön-
lichkeiten und einer nicht minder charakterstark und eigenverantwortlichen Schüler-
schaft herrscht, eingebettet im Klima einer gemeinschaftlich-familiären Respektatmo-
sphäre bei einem zeitfüllenden Lehr-und Lernangebot motivierter Lehrer_innen.

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2. Freie Aktive Schule Wülfrath

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         ie 2. Station unserer Reise führte uns nach NRW in die “Freie Aktive Schule Wül-
         frath”(FASW). Eine sehr junge Schule, auf die wir hauptsächlich wegen ihrer freien
         und schülerorientierten Lernmethoden und dem Lernen ohne Klassenverbände
         aufmerksam geworden sind. Angekommen an der Schule, die eine Grundschule
und eine Gesamtschule beherbergt, wurden wir von Robert ß Freitag(Mitgründer und
Geschäftsführer) und Anika Göttsche(Sozialpädagogin und Mitglied der Schulleitung)
empfangen.
Die ersten Ein-
drücke      waren
ein freundlicher,
offener      Emp-
fang und ein
Gelände, das wie
eine Mischung
aus       hippem
Uni-Campus
und Freizeitpark
wirkte.      Nach
diesen        Ein-
drücken wurden
wir    von     den
beiden zum Kaf-
fee eingeladen
und wir durften
in lockerer Atmosphäre Fragen stellen. Die Antworten waren offen, ehrlich, transpar-
ent und deshalb sehr überzeugend. Das Schulkonzept wird von vielen Mitarbeitern ge-
staltet, die aus unterschiedlichen Bereichen kommen. Daraus entstand der Eindruck,
dass hier eine hohe Identifikation und Motivation der Mitarbeiter herrscht. Das pädago-
gische Konzept zielt auf Selbstverwirklichung, Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit.
Diese Ziele werden verfolgt, durch die Einrichtung dieses Geländes, das in verschiedene
Fachräume, praktische Lernorte und „Wohlfühlorte“ aufgeteilt wurde. Hier dürfen sich
die SuS ohne Alterstrennung frei bewegen. Allein die Oberstufe, die sich aufs Abitur
vorbereitet, darf ein Stockwerk für sich beanspruchen. Nach einer kleinen Tour durch
die Schulgelände dürften auch wir völlig frei und ohne Begleitung hospitieren. Einzige
Bedingung: die Schüler nicht in ihrem Lernprozess zu stören. Das fiel uns relativ ein-
fach, da die SuS zum einen Hospitationen gewohnt waren und dazu konzentriert lernt-
en. Sie befanden sich oft in den Lernräumen aber auch oft mit oder ohne ihren Mate-
rialien draußen im Freien. Der Tag und seine Pausen wurden auch durch Essen in der
Mensa strukturiert. In diesen Pausen kam es auch zu Gesprächen mit den SuS. Hier
sprachen wir mit einem Schüler aus der 9. Klasse, der die Freiheiten, die Transparenz
und die Lehrer-Schülerbeziehung lobte. Auf die Frage hin, was seine Schule von einer
„normalen“ unterscheidet, meinte er sehr reflektiert, dass er das leider nicht beant-
worten kann, weil er nie eine andere Schule besucht hätte, aber sehr interessiert wäre
wie der Schulalltag da aussehe. Im Gespräch mit der Schulleitung hatten wir erfahren,
dass dieses freie selbstorientierte Lernen im Idealfall früh gelernt werden sollte, da sich
die Kinder die selbstverantwortliche Komponente des freien Lernens ganz von allein
aneignen.
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Deswegen gibt es auch die Grundschule, die sie auf dieses Konzept vorbereitet. Es sei nicht
unmöglich später quer einzusteigen, aber doch deutlich schwieriger, erklärt uns Guido
Jochheim, der als langjähriges Mitglied der Schule und Lehrer an der Grundschule ist. Er
ist sehr überzeugt von ihrem Konzept und erklärt uns, dass jedes Kind einen „Entdecker-
funken“ besitzt, den man hier als Lernbegleiter am Brennen halten muss. Hier wird Hilfe
nur zur Selbsthilfe betrieben und nur auf Anfrage der Kinder und SuS. Weiterhin erklärt
er     auch,
dass Kind-
er      ganz
automa-
tisch     le-
rnen, zum
Beispiel
beim Spiel-
en. Er zeigt
uns,     mit
welcher
Intensität
und Konz-
entration
K i n d e r
spielen und
dabei ihre
U mw e l t
entdecken
aber auch
s o z i a l e
Kompeten-
zen ausbilden. Es scheint völlig plausibel, dass die Kinder hier an der Grundschule
keine konventionellen Klassenzimmer mit Stuhlreihen haben, sondern „natürlich“ Le-
rnen; durch ihre Umwelt; also auch durch Menschen, zu denen ihre Mitschüler_innen
wie auch die Erwachsenen zählen. Natürlich gibt es auch überall praktische und theore-
tische Lernmaterialien, mit denen sich die Kinder trotz oder gerade weil hauseigenem
Kletterturm beschäftigen.
Alles in allem, kann man nur für all die transparenten, echten, offenen Eindrücke die
uns die „Freie Aktive Schule Wülfrath“ geschenkt hat, danke sagen. Speziell an alle Mi-
tarbeiter dieser Schule, die für dieses Konzept brennen, das die Schüler_innen an den
Anfang und den Ursprung ihrer Überlegungen und Anstrengungen stellt und sich als
allwissende Lehrmeister zurückstellen, um den Entdeckerfunken jedes Kindes zu hüten
und am Brennen zu halten. Und den Schüler_innen, die mit den geschenkten Freiheiten
und Fähigkeiten ganz natürlich und verantwortungsbewusst umgehen und lernen.

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3. Waldorfschule Überlingen
               Lebensgesundheit oder das Geheimnis Rudolf Steiners

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       ine weitere Station auf unserer Lernreise führte uns zur genossenschaftlichen
       Freien Waldorfschule Überlingen. Morgenmüde und doch ein wenig verzaubert
       von der Fahrt entlang des Bodensees zum Schulcampus, trotteten wir zunächst
       in Richtung der Schule und fanden uns vor einem recht imposanten Gebäude-
komplex wieder. Verwinkelte Dachriste, große Fenster und großzügige Holzvertäfelun-
gen gaben dem Schulgebäude — das zunächst aus Ost- und Westbau bestand und dann
im Zuge eines politischen Zeichens in den 70ern zusammengefügt worden war — einen
altherrschaftlichen Touch, der sich aber beim Eintreten in die große Schulaula sofort
revidierte. Helles Licht in der Aula, gelb-rot-orangene Wandfarben, Nadelholzvertäfe-
lungen an den Wänden sorgten für eine spritzige und angenehme Atmosphäre bei uns
Besuchern.
Kaum dort angekommen, wurden wir auch schon von einem Lehrerteam empfan-
gen, die später auch für die Reflexion der Hospitationen bereitwillig und offen Fragen
beantworten würden. Ohne
viel   Federlesen     wurden
wir in verschiedene Klas-
sen eingeteilt, um einen
normalen Schulfreitag er-
leben zu können und die
Schüler_innen bei ihrer Le-
rntätigkeit erleben zu kön-
nen. Die Deutschepoche,
mit einer extrem kompa-
kten Klassengröße von 40
SuS, wurde in bester Fron-
talunterrichtsmanier abge-
halten. Bei dieser Klassen-
größe und angesichts eines
Freitagmorgens bzw. der
aufkeimenden Wochenend-
stimmung verhielten sich
die Schüler_innen der 9. Klasse relativ ruhig. Ein wenig überraschend und von uns
später auch kontrovers diskutiert wurde die Lehrmethode Frontalunterricht, hatten wir
uns doch auf ein wenig mehr anthroposophischen Weichmuts und weniger Nürnberger
Althergebrachtheit eingestellt. Nichtsdestoweniger war es beeindruckend zu sehen, wie
sich die Schüler_innen in der Deutschepoche präzise über Satire und dessen textliche
Verarbeitung austauschten und ganz im Sinne eigenständigen Denkens kritische Kom-
mentare und szenische Umsetzungen zum Unterrichtsstoff ablieferten. Das erste Resü-
mee nach der Doppestunde Deutsch: zu den Schlüsselkompetenzen der Schülerschaft
gehörte eine eindeutige Präsentationsbereitschaft und - freude — übrigens durch alle
Klassen durchgehend. Von schamgebeugter Pubertät in der 9. keine Spur zu sehen.
Diese Präsentationsdynamik und Körperwohlfühlpolicy führten wir mitunter auf den
Eurythmieunterricht zurück, der SuS mit der eigenen Köperlichkeit bzw. deren Proz-
esshaftigkeit konfrontiert. Im weiteren Verlauf der Hospitation durften wir dem Eu-
rythmieunterricht beiwohnen, in dem SuS zu „Mendelssohns Trauermarsch“ eine Cho-
reografie Steiners einübten und dabei den Unterschied zwischen melodischer Rhythmik
und Taktung des Stückes mit ihren Körpern nachahmten.
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Körperempfindung und -wahrnehmungsfähigkeit standen hier als zentrale Skills im Mit-
telpunkt der Kompetenzausbildung – und Förderung, freilich ohne dies direkt artiku-
lieren zu wollen. In der konkludierenden Aussage einer Lehrkraft, dass die Schule den
SuS eine „Lebensgesundheit“ als zentrales Erziehungsgut mit an die Hand geben wolle,
ohne dabei dogmatische Lehrsätze zu formulieren, fanden sich unsere Beobachtungen
bestätigt. Das Geheimnis der Umsetzung der Steinerschen Anthroposophie in dieser
Waldorfschule lag wohl an der strukturierten und verlässlichen Unaufgeregtheit und
Geerdetheit. Diese „Lebensgesundheit“ bestünde eben konkret in der Ausbildung ver-
schiedener theoretischer und praktischer Skills — Eurythmie, Kunsthandwerk, Rech-
en- und Sprachfähigkeiten —, mindestens genauso sehr aber in einem Wohlgefühl des
eigenen Körpers und einer sozialen Ader für das Umfeld.
Und dazu wurden die SuS nicht mit Zitaten, Lehrsprüchen oder pädagogischen Credos
zugepflastert, wie man es bei einer so präsenten Philosophie Steiners vielleicht zu-
nächst vermuten würde. Im Gegenteil hielten die Lehrer_innen sich mit der Auskunft
bzw. Begründung ihrer Lehrmetho-
den durch den Steinerschen Korpus
sehr zurück. Das Motto: Wer sich
für Steiner interessiert, solle doch
einfach selbst zum Buch greifen
und sich ein eigenes Bild verschaf-
fen; Erziehung zur Selbstverant-
wortlichkeit und -bildung.
Vom Handwerksunterricht zu den
herkömmlichen Fächern – freilich
in Epochen unterteilt — über die
Patenschaft der Älteren für die Jün-
geren, zu einer sehr engagierten
und aktiven Elternschaft und mo-
tivierten SuS, präsentierte sich die
Waldorfschule Überlingen als geer-
dete und kompetente Bildungsein-
richtung, die ihre SuS sehr gut auf das Leben außerhalb der Schulblase vorbereitet,
um mündige junge Menschen in die eigene Lebensverantwortung entlassen zu können.
Dieses Bild speiste sich aus den überlegt und ruhig geäußerten Statements der Leh-
rer_innen, ebenso wie den Befragungen der SuS der Mittel- und Oberstufe — natürlich
unter der Prämisse, dass wir nur einige Stunden dort verbrachten und es sich um Im-
pulseindrücke handelte.
Die wenigen Punkte, die wir in einer Reflexion noch diskutierten, beliefen sich auf die
Heterogenität der SuS, die fakultative Geschlechtertrennung im Fachunterricht einer
6. Klasse, die kommunikative Intransparenz der Steinerschen Pädagogik und die Frage
nach der Aktualität einer so präsenten Schulphilosophie in der heutigen Gesellschaft,
mit den konkreten Fragestellungen, welche pädagogische Anschlussfähigkeit so starke
Konzepte wie z.B. das Steiners, für die aktuelle Debatte der Unterrichts- und Metho-
denentwicklung bieten und wie innovationsaffin eine Schule/ ein Schulkonzept/ eine
Lehrerschaft für aktuelle reformpädagogische Strömungen und Erkenntnisse eigentlich
sein muss, um das Wohl und die Bildung der Schülerschaft garantieren zu können.
An dieser Stelle sei nochmal den Lehrerin_innen gedankt, die Zeit und Mühen auf sich
genommen haben, Hospitationen und die Reflexionsrunde für uns Lernreisende zu er-
möglichen und natürlich den Schüler_innen, die zuvorkommend für Informationen und
Gespräche rund um diese besondere Schule, mit all ihren Aspekten, gesorgt haben.

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4. Gemeinschaftsschule in Wutöschingen

D
           ie Gemeinschaftsschule in Wutöschingen ist unsere vierte Station. Die kleine
           Gemeinde am südöstlichen Rand des Schwarzwalds lässt auf den ersten Blick
           nicht vermuten, dass sich hier einer der fortschrittlichsten Schulen Deutschlands
           befindet. Um sich auf die ändernden Anforderungen von Schule und Wirtschaft
anzupassen, wurde hier von tradierten Schul- und Lernstrukturen Abschied genommen,
um Platz für neue Lernformen zu schaffen. Diese sind das Lernen ohne Klassenverbund,
am eigenen Arbeitsplatz und das Lernen mit dem Ipad und eigener Onlinelernplattform
„DiLer“.
An der Schule angekommen wurden wir freundlich begrüßt und eine Präsentation klärte
uns über das Lernen 3.0 und die Besonderheiten der Schule auf. Darunter wurde das eigens
entwickelte Kompetenzraster erklärt, das für Schüler_innen transparent macht, welche
Kompetenzen man schon erworben hat und welche man noch erwerben kann. Beim Hos-
pitieren wird erneut klar, wie junge Menschen verantwortungsbewusst lernen können und
sich an Regeln und Anforderungen halten, wenn sie nur die Relevanz und den Sinn eben
jener nachvollziehen können. Beim weiteren Hospitieren durch die Gebäude sehen wir:
Lernen im Sitzen, Stehen und Liegen; Jung mit Alt; Zusammen oder allein. Das Raum-
konzept der Schule bietet für jeden etwas: Hörsäle, kleine und große Gruppenräume,
Stehtische, Vorhänge, stille Räume und einen Marktplatz, an dem man sich austauschen
kann. Zum zusät-
zlichen Austaus-
ch stehen Clubs
am Nachmittag
zu Verfügung in
denen die Lern-
partner und Le-
rn p a r t n e r i nne n
zusammen             an
Schwächen und
Stärken arbeiten
und Projekte re-
alisieren können.
Die       Beziehung
von Lernpartnern
und Lernbegleit-
ern hat uns eben-
so positiv überra-
scht. Es kommt
nicht selten vor,
dass sich eben jene im Gang begegnen und sich respektvoll die Hände schütteln. Noch
dazu, erklärt uns eine Lernbegleiterin, habe sich auch die Beziehungsarbeit stark ver-
bessert seit der Umstellung auf Lernen 3.0. Dadurch dass jetzt jeder individuell lernt,
kämen die Lernpartner_innen mit spezifischen Fragen oder Problemen direkt zur Lern-
begleiter_in und dadurch habe man auch mehr Zeit sich auszutauschen.
Die Alemannenschule in Wutöschingen ist für uns ein eindrückliches Beispiel, was aus
einer mit staatl. Mitteln finanzierten Schule werden kann, wenn man die Unterstützung
seines Umfelds durch engagierte Überzeugungsarbeit des ganzen Kollegiums erkämpft.
Vielen Dank für diese transparenten Eindrücke.
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5. St. Dominikus Mädchengymnasium in Karlsruhe

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     n der Innenstadt Karlsruhes befindet sich das St.Dominikus Mädchen-Gymnasium:
     katholische Privatschule mit monoedukativem Konzept. Konkret wird dies so real-
     isiert, dass die Schülerinnen in kompakten Klassengrößen geschlechterhomogen
     unterrichtet werden. Die Eindrücke der Lernreise bisher crashen ein wenig mit dem
Angebot dieser besonderen Schule. Lag der Fokus bisher auf innovativen Konzepten
und Methoden, ereilt uns Besucher hier
schnell der Eindruck einer althergebrachten
Bildungsinstitution, deren Fokus auf Strebsa-
mkeit, Ehrgeiz und der Ausbildung sozialer
Kompetenzen durch externe Praktika liegt.
Man könnte an dieser Stelle einwenden, dass
die ausgelagerte Praktikumsstruktur obliga-
torisch ist, da soziale Kompetenzen gerade
im Schulunterricht nicht auf der Tagesord-
nung steht; zumindest was die Konfrontation
im Schulunterricht angeht. Die ganzen Spe-
renzchen, das vorsichtige Herantasten an den
Umgang mit dem anderen Geschlecht, die
Ausbildung der eigenen Rolle im Geschlech-
terdiskurs wird durch das monoedukative Konzept unterbunden. Die Formel ist kurz,
das Erfolgsgeheimnis trivial: mehr Leistung durch weniger Ablenkung. Die Schülerinnen
absolvieren von der 5. bis zur 12. Klasse das altbekannte Schulmodell, wobei die Meth-
oden und Lernziele des Bildungsplans ohne Wenn und Aber umgesetzt werden — man
hat das auf der Lernreise auch ganz anders erlebt. Methodeninnovation, Reflexion der
Lehrer_innenrolle bzw. potentielle Korrekturschleifen für eine dynamischere Lehr-Lern-
landschaft lassen sich bei diesem kurzen Besuch nicht unbedingt erkennen. Der Kon-
trast zu den bisherigen Erfahrungen wird auch im Gespräch mit der Schulleiterin klar,
deren klares Anliegen es ist, dass die Schülerinnen zu „starken Frauen“ zu machen und
sie notentechnisch so affin wie möglich zu machen; für das Leben nach der Schule.
Und sicherlich auch gebührend auszustatten, mit einem starken Selbstverständnis, was
es heißt, eine Frau in dieser unseren Gesellschaft zu sein. Im Gespräch mit der Schul-
leiterin wird klar, dass dieser Punkt einer der wichtigsten Pfosten der Ausbildung am
St. Dominikus ist; mündige Frauen in die große (böse und männerdominierte) Welt zu
entlassen. Unter anderem, erleben wir einen sehr disziplinierten Frontalunterricht in
der 12. Klasse Musik, der an Strukturiertheit, Classroommanagement und Wissenser-
werb nur so schillert und funkelt. Der Ort für Spielereien ist hier nicht: die Schülerin-
nen sind hochmotiviert und arbeiten in völliger Harmonie mit der Lehrkraft, wobei das
Leistungsniveau in diesem Profilkurs in atemraubenden Höhen schwebt. Verunsichert
wechseln mein Hospitationskollege und ich Blicke; hätten wir in unserer eigenen Schul-
zeit einen so leistungsstarken Kurs bei allen jugendlichen Sperenzien meistern kön-
nen? Klar ist: die Schülerinnen profitieren einerseits notentechnisch von dem strikten
Programm. Andererseits haben sie die Möglichkeit mit einer selbstbewussten Haltung
als „starke Frauen“ die zu Schule zu verlassen, um ihren Lebensweg anhand der Ori-
entierung (christlicher) Werte souverän zu beschreiten.Inwiefern das monoedukative
Konzept letztlich Schlüsselkompetenzen im sozialen Umgang „mit dem anderen Ges-
chlecht“ fördert, das strikte Schulcurriculum Raum für Kreativität (SOL Impressionen)
lässt und die Relevanz der Notenaffinität außerhalb der Wirtschaftslobby niedrig oder
hoch ist, wird von uns kontrovers diskutiert.
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6. Dalton Gymnasium in Alsdorf

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        nsere Letzte Schule, die wir besuchen, befindet sich nahe der niederländischen
        Grenze in Alsdorf. Es ist der deutsche Schulpreisgewinner von 2013, das Dalton
        Gymnasium Alsdorf. Im Vorfeld interessiert uns hier vor allem, wie die Dalton
        Pädagogik umgesetzt wird.
Schon bei der Ankunft an der Schule merken wir, dass die Schule wohl sehr oft von Inter-
essierten besucht wird. (500-1000 Personen pro Jahr) Wir werden in einen Konferenz-
raum geführt, in dem der Schulleiter schon mit drei anderen Besuchergruppen freudig
auf uns wartet. In einer sozial-integrativen Präsentation stellt der charismatische und
sehr selbstbewusste Schulleiter Wilfried Bock seine Schule vor. Im Mittelpunkt steht die
Dalton Pädagogik, die
Schüler und Schüler-
innen zu ihrem eigen-
ständigen Lernprozess
führt. Bock erklärt,
dass die Schule 2003
an einem Tiefpunkt
gewesen wäre. Kon-
ventionelle Lehrmeth-
oden wie z.B. Fronta-
lunterricht waren nicht
mehr ausreichend um
das Lernpotential einer
heterogenen Schüler-
landschaft zu entfalten.
Das Dalton Konzept
musste her und räum-
te Zeit und Raum für
freies    selbständiges
Arbeiten ein. Konkret:
die SuS haben 3 Stun-
den pro Tag, in denen
sie eigenständig Themen bearbeiten, bei denen sie noch Probleme haben. Um die Be-
wertung von Schülerleistung fairer zu machen und auf Stärken individuell einzugehen
werden auch Tests schriftlich und mündlich und früher und später angeboten.
Nach der Präsentation hospitierten wir ganz frei in einer der oben erwähnten Dalton
Stunden. Die Schüler_innen arbeiteten in verschiedenen Fachräumen oder auf den Gän-
gen. Wichtig hier ist auch, dass sich alle Lernende ihre Fachräume und somit auch ihr
Lernbegleiter_innen im ganzen Schulhaus frei aussuchen können. Dies hat den Vorteil,
dass sich die SuS weniger von den LuL stigmatisiert fühlen und von anderen Lehrer-
persönlichkeiten profitieren können. Nach dieser eher kurzen Hospitation findet sich
der Besucherkreis wieder im Konferenzraum zusammen. Viele Schulen, die wir besucht
hatten, hatten uns um Feedback gebeten, in Alsdorf glich die Reflexion eher einem
Werbegespräch. Vor allem die anderen Besuchergruppen, die die Schule besuchten
um die Konzepte in ihrer eigenen Schule umzusetzen, waren nicht interessiert über
Schulentwicklung und Aspekte einer guten Schule zu diskutieren. Was ja auch nicht
schlimm war, bloß unterschieden sich hier unsere Interessen.

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Der Schulleiter Bock versicherte uns auch, dass in seiner Vorstellung, Schule ein Pro-
dukt sei, das sie
verkaufen wollen.
Seine Schule müsse
nicht für jeden Le-
rnenden funktion-
ieren.     Niemand
müsse auf seine
Schule gehen. Das
waren dann doch
Aussagen,      denen
wir kritisch begeg-
neten, da man als
staatliche    Schule
einen gesellschaft-
lichen      Bildung-
sauftrag für alle
Schüler_innen hat.
Am Ende überze-
ugt uns die Schule
als Lernort, an dem
Schüler_innen die
Möglichkeit haben
innovativ, individu-
ell und mit kompetenter Lernbegleitung zu lernen. Wir bedanken uns auch bei der
Schule und all ihren Mitgestaltern für eine offene und authentische Präsentation, die
uns weitergeholfen hat neue Lernlandschaften zu ergründen.

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