Liebe Führungskräfte: Social Media in einer Behörde ist Arbeit - und braucht (zusätzliche) Stellen - Januar 2019
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W H IT E PA P E R Liebe Führungskräfte: Social Media in einer Behörde ist Arbeit – und braucht (zusätzliche) Stellen 4. Januar 2019 1
„Einmal Social Media ohne Ressourcen bitte!“ In unseren Social Media-Schulungen für Behörden begegne ich häufig Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mir – mehr oder weniger verzweifelt – sagen: „Unser/e Chef/in möch- te, dass wir Social Media machen – aber wir sollen das zusätzlich zu allem anderen machen! Wer sagt ihr/ihm, dass das nicht geht?“ Behördliche Vorgesetzte und Entscheider/innen appellieren ihrerseits: „Sagen Sie uns, wie das, was wir uns vorstellen, möglichst mit den vorhandenen Ressourcen geht!“ In diesem Whitepaper möchte ich daher erörtern, ob Social Media automatisch einen Stel- lenaufwuchs nach sich ziehen muss. Fakt ist zunächst: Social Media im Jahr 2019 ist – wenn man es richtig macht – ernsthafte Kommunikationsarbeit. Sie ist vergleichbar mit der Tätigkeit des Pressesprechers, und das nicht nur qualitativ, sondern auch zeitlich. Vorgesetzte, die sich mit sozialen Netzwerken nicht auskennen, haben oftmals die Vorstellung, dass man ja nur „ab und zu mal einen kurzen Post bei Facebook schreiben muss“ – und viel- leicht später am Tag noch mal einen Kommentar beantworten. Fertig. Das ist natürlich Quatsch und nur dann der Fall, wenn man seine Facebook-Seite stiefmütterlich als „Zweitver- wertungskanal“ betrachtet und dort Inhalte einstellt, die quasi 1:1 die Website abbilden. Nach dem Motto: Wer nicht auf unsere Internet-Seite geht, sieht es dann halt bei Facebook. Das hat mit professioneller Social Media-Arbeit aber wenig zu tun. Social Media bedeutet in erster Li- 2
nie Dialog mit Menschen, in Ihrem Fall Bürgerinnen und Bürgern, die Sie abonniert haben und sich für Ihre Themen interessieren: Ihre Community. Und erfolgreich können Sie nur dann in sozialen Netzwerken agieren, wenn Sie Ihrer Community etwas bieten: Interessante Themen, die spannend au\ereitet sind, und jederzeit ein offenes Ohr für Anliegen, Probleme oder ein- fach mal einen netten Austausch. Wenn Sie einfach Pressemitteilungen und Website-Artikel einstellen und sich dann wieder anderen Dingen zuwenden, werden Sie keinen Erfolg haben, sondern mit relativ wenigen Fans und Followern und geringer Reichweite „dahin dümpeln“. Und dann bringt Ihnen das Ganze eigentlich nichts (und ist Verschwendung von Steuergeld). Warum ist Social Media so viel Arbeit? Warum kann man Facebook, Twitter und Co. nicht „kurz nebenbei machen“? Zunächst mal ist allein das Posten von Beiträgen in den letzten Jahren sehr viel aufwändiger geworden. Facebook, Twitter, Insta- gram und Co. sind keine „Linkschleudern“ mehr, sondern multimediale Platt- formen mit angebundenen Videokanälen und komplett neu erfundenen Formaten wie den „Stories“. Ohne Bewegtbild kommt Social Media-Kommunikation nicht mehr aus. Das bedeutet: Sie müssen in der Lage sein, Videos zu drehen oder alternativ mit Agenturen zusammen zu arbeiten. Gerade die Produktion von Videos (inkl. Untertiteln) oder auch Erklär-Grafiken ist zeitintensiv. Haben Sie niemanden im Haus, der das kann, müssen die Ihre Social Media-Verantwortlichen dies übernehmen und sich ggf. zunächst zeitaufwändig fortbilden. Außerdem kann die Erstellung eines Videos locker einen halben Tag in Anspruch nehmen. Soll der/die Social Media-Verant- wortliche aber am gleichen Tag auch Presseanfragen beantworten, an mehreren Besprechun- gen teilnehmen und eine Veranstaltung organisieren (gerade in kleinen Behörden sind solche Aufgaben oft auf wenigen Stellen gebündelt), wird es bereits nicht funktionieren. Nun ist aber die Produktion von Inhalten (richtig gelesen: Es geht also nicht um eine reine „Zweitverwertung“ von bereits bestehenden Inhalten) nicht die einzige Aufgabe – sondern macht nach meiner Schätzung höchstens 20% der Gesamtarbeit als Social Media-Verantwort- liche/r in einer Behörde aus. Die restliche Zeit fließt beispielsweise ins Community Manage- ment (das übrigens nicht nur aus dem „Beantworten von Kommentaren“ besteht, sondern aus aktiver Teilnahme an und Pflege der Community), die interne Kommunikation (Abstimmung 3
mit dem Haus), die Konzeption und Weiterentwicklung der Profile und etwa die Koordination von Urheberrechts- und Datenschutzfragen. Das kann – wie eben die Tätigkeit der Pressespre- cherin oder des Pressesprechers – schnell zum Fulltime-Job werden. Auch in Sachen Wochen- end-Bereitschaft und Überstunden bei Krisenkommunikation gleichen sich beide Jobs. Sie sollten daher grob den etwa gleichen Arbeitsaufwand in Stunden veranschlagen wie bei der Pressesprecherin oder dem Pressesprecher. Wie viele Stellen braucht Social Media? Eine grobe Schätzung Sprich: Hat Ihre Behörde eine Größe, die mit einer Stelle für die klassische Pressearbeit aus- kommt (ohne weitere Aufgaben wie Internet, Intranet, Veranstaltungen, Reden oder ähnliches), braucht auch Social Media eine Stelle. Sind Sie eine kleine Behörde und haben eine/ n 50%-Pressesprecher/in mit noch anderen Aufgaben, benötigt wahrscheinlich auch Social Media eine halbe Stelle. Haben Sie mehrere Sprecher/innen, wird auch Ihre Social Media-Ar- beit vernünftigerweise mehrere Stellen in Anspruch nehmen. Eine genaue Bedarfsanalyse soll- ten Sie ihm Rahmen Ihrer Social Media-Konzeption vornehmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit muss diese Stelle bzw. müssen diese Stel- len im Bereich Presse und Öffent- lichkeitsarbeit bzw. Leitungsstab neu geschaffen werden. Denn Social Media ist kein Ersatz für Pressear- beit, auch nicht für das Herausge- ben von Info-Broschüren oder für Veranstaltungen, sondern ein neuer und ergänzender Weg, sich über Sie zu informieren und mit Ihnen zu kommunizieren. Heute reicht es nicht mehr, in einem Medium präsent zu sein – sondern man muss alle seine Zielgruppen be- dienen, die von der Wiege bis zur Bahre sehr verschiedene Medien nutzen. Und man muss In- halte grundsätzlich für jedes Medium separat produzieren (einzelne Synergien können natür- lich genutzt werden). Falls Sie als Vorgesetzte/r bzw. Entscheider/in nicht bereit sind, die notwendigen Personalka- pazitäten zur Verfügung zu stellen, sind auf der einen Seite Ihre Social Media-Auftritte schlecht und auf der anderen Seite Ihre Mitarbeiter/innen zu Recht unzufrieden. Das bedeutet, dass ein wichtiger Strang Ihrer Kommunikationsarbeit nicht funktioniert. 4
„Wir bekommen keine Stellen“: Welche Alternativen gibt es? Es gibt trotzdem Alternativen zu einem offiziellen Stellenaufwuchs in der Organisationseinheit. Falls zusätzliche Stellen nicht realistisch sind oder deren Genehmigung und Bereitstellung eine Zeit dauern wird, gibt es beispielsweise die Möglichkeit, Volontäre auszubilden. Diese sind be- kanntlich fertig studiert in einem kommunikativen/journalistischen Beruf und bleiben für meh- rere Jahre bei Ihnen. Sie können Social Media-Erfahrung zum Auswahlkriterium machen – und den Bereich „Soziale Medien“ zur eigenen Zuständigkeit der Volontärin oder des Volontärs. Ähnliches funktioniert mit Werkstudentinnen oder Werkstudenten bzw. Praktikantinnen oder Praktikanten – letztere natürlich aber nicht aus der Schule, denn nicht umsonst gibt es das ge- flügelte Wort „Man darf Social Media halt nicht dem Praktikanten überlassen…“. Studierende in Kommunikationsberufen, die ein halbes Jahr oder länger bei Ihnen bleiben und von Ihnen gut ausgewählt werden, können hingegen gute, unterstützende Mitarbeit in Ihrem Presse- und So- cial Media-Team sein. Volontariate, Werkstuden- tenverhältnisse und Praktika sind gerade auch dann eine Überlegung wert, wenn Sie in Ihrem Kernteam niemanden haben, der wirklich Lust auf den Job hat. Eine weitere gangbare Alter- native ist, einen Teil der Soci- al Media-Arbeit an Dienst- leister/innen abzugeben. Dann werden eben Euro statt Personaläquivalente inves- tiert, und die Leistung von außen muss natürlich von Ihrem Team koordiniert werden. Auch das ist Arbeit. Sie haben aber dann die Chance, professionell über soziale Netzwerke zu kommuni- zieren, ohne die ganze Arbeit selbst zu machen. Schwierig, aber nicht unmöglich ist es, ein dezentrales Team aufzubauen. In dem Fall wäre je- mand aus dem Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Social Media-Verantwortliche/r und hätte den Hut auf, die Arbeit würde aber auf ein Team aus verschiedensten Fachbereichen ver- teilt. Sie könnten zu diesem Zweck Mitarbeiter/innen suchen, die bereits Social Media-Erfah- rung haben (z.B. im ehrenamtlichen Bereich, einer Nebentätigkeit oder einem Hobby). Selbst- verständlich müsste auch ihnen Zeit freigeschaufelt werden, um in Ihrem Team mitzuarbeiten, und die Teamarbeit wird nicht eben leichter, wenn man räumlich nicht dauerhaft zusammen 5
sitzt. Mit der richtigen Organisation und dem erklärten Willen des Hauses kann aber auch dies der richtige Weg sein. Fazit Der Aufwand für professionelle Social Media-Kommunikation (und die sollte genau so selbstverständlich sein wie professioneller Umgang mit Journalisten) ist höher, als Unkun- dige denken und auch höher, als er noch vor ein paar Jahren war, da auch die Plattformen sich verändert und weiterentwickelt haben. Da zusätzliche Stellen in Behörden meistens eine Herausforderung bedeuten, muss das Thema von Anfang an auf den Tisch und mit bedacht werden. Die Frage darf dabei nicht sein, ob, sondern wie der zusätzliche Personalbedarf abgedeckt wird. Nehmen Sie gerne Kontakt auf, wenn Sie dazu weitere Fragen haben! Dieses Whitepaper wird herausgegeben von der Amt 2.0 Akademie GbR Christiane Germann & Linda Dietze Potsdamer Str. 107, 10785 Berlin www.amtzweinull.de Autorin: Christiane Germann Alle Rechte vorbehalten. Bildnachweise: shutterstock.com/Zentangle (Seite 2), shutterstock.com/Gorodenkoff (Seite 3), shutterstock.com/Monkey Business Images (Seite 4), shutterstock.com/ESB Professional (Seite 5) 6
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