Lösungsskizze Falllösung FS 2021 - "Goldige Investitionen"
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Lösungsskizze Falllösung FS 2021 «Goldige Investitionen» Hinweis: Es handelt sich um eine blosse Lösungsskizze, die nur die wichtigsten Aspekte des Falles zusammenfasst. Frage 1: Anwendungsbereich des KAG Vorbemerkungen Anwendbarkeit des KAG Als kollektive Kapitalanlagen gelten jene Anlageformen, die die Tatbestandsmerkmale von Art. 7 Abs. 1 KAG erfüllen, d.h. Vermögen, die von Anlegern zur gemeinschaftlichen Kapital- anlage aufgebracht und für deren Rechnung verwaltet werden, wobei die Anlegerbedürfnisse gleichmässig befriedigt werden (Art. 7 Abs. 1 KAG, Art. 5 Abs. 1 KKV). Weist ein Anlagevehi- kel die Tatbestandsmerkmale von Art. 7 Abs. 1 KAG nicht auf, ist es vom sachlichen Gel- tungsbereich des KAG von vornherein ausgeschlossen. Sind die Merkmale von Art. 7 Abs. 1 KAG erfüllt, liegen aber die Voraussetzungen einer vom KAG vorgeschriebenen Ausgestal- tungsvariante nicht vor, darf nicht davon ausgegangen werden, dass der Geltungsbereich des KAG nicht eröffnet ist oder die kollektive Kapitalanlage bewilligungsfrei betrieben werden darf. Als kollektive Kapitalanlagen gelten Vermögen, die von Anlegern zur gemeinschaftlichen Ka- pitalanlage aufgebracht und für deren Rechnung verwaltet (Fremdverwaltung) werden, wobei die Anlegerbedürfnisse gleichmässig befriedigt werden müssen (Art. 7 Abs. 1 KAG, Art. 5 Abs. 1 KKV). Ausgeschlossene Anwendbarkeit Dem KAG nicht unterstellt sind die Fälle von Art. 2 Abs. 2 KAG. Vom Anwendungsbereich ebenfalls ausgeschlossen sind die Fälle von Art. 2 Abs. 3 KAG. Teilfrage (a): Investitio Soldi AG Gemäss Art. 2 Abs. 3 KAG unterstehen Investmentgesellschaften in der Form einer schwei- zerischen Aktiengesellschaft dem KAG nicht, sofern sie an einer Schweizer Börse kotiert sind oder sofern ausschliesslich qualifizierte Anleger i.S.v. Art. 10 Abs. 3 und 3ter an ihr beteiligt sind und die Aktien auf Namen lauten. Die Ausnahmebestimmung betrifft nur die SICAF i.S.v. Art. 110 ff. KAG Begriff der Investmentgesellschaft Investmentgesellschaften sind Gesellschaften des schweizerischen Obligationenrechts, de- ren ausschliesslicher Zweck die kollektive Kapitalanlage mit der Erzielung von Erträgen und/oder Kapitalgewinnen ist, ohne dass sie eine unternehmerische Tätigkeit im eigentlichen Sinne verfolgt (Art. 65 Abs. 1 KR SIX). Als kollektive Kapitalanlagen gelten Vermögen, die von Anlegern zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage aufgebracht und für deren Rechnung ver- waltet (Fremdverwaltung) werden, wobei die Anlegerbedürfnisse gleichmässig befriedigt wer- den müssen (Art. 7 Abs. 1 KAG, Art. 5 Abs. 1 KKV). 1
Vermögen: Als Vermögen gilt die Gesamtheit von Aktiven, die einen Geld- oder Marktwert aufweisen, verwertbar und verkehrsfähig sind und der Kapitalanlage dienen. Vorliegend wird regelmässig Buchgeld eingebracht, womit ein Vermögen geschaffen wird. Kapitalanlage: Als Kapitalanlage gilt eine längerfristig geplante Anlage von Geldern zur Erzie- lung von Erträgen bzw. zur Wertsteigerung, zur Erzielung von Wertzuwachs oder zur Erhal- tung der Substanz der Anlage. Vorliegend sollen die eingebrachten Gelder zum Kauf von Unternehmensbeteiligungen, Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten verwendet werden und diese gewinnbringend wiederverkauft werden. Es sollen Erträge erzielt werden. Die Kapitalanlage ist zu bejahen. Gemeinschaftlichkeit: Die Gemeinschaftlichkeit liegt vor, wenn mindestens zwei voneinander unabhängige Anleger ihr Vermögen in einem «Topf» zusammenlegen. Vorliegend legen meh- rere Personen ihr Geld zusammen, so dass eine Individualisierung nicht mehr möglich ist. Die Gemeinschaftlichkeit liegt vor. Fremdverwaltung: Die Fremdverwaltung liegt vor, wenn die Anlageentscheide nicht durch die Anleger selbst getroffen werden. Vorliegend treffen die Verwaltungsräte die Anlageent- scheide autonom. Zudem sind sie nicht Aktionäre, womit Fremdverwaltung zu bejahen ist. Gleichmässige Befriedigung der Anlegerbedürfnisse: Die Anlegerbedürfnisse müssen gleich- mässig befriedigt werden. Dies kann bejaht werden, auch wenn gewisse Unterscheide nach Aktienkategorien bestehen, da die Anleger innerhalb ihrer Kategorie gleichbehandelt werden. Die Investitio Soldi AG betreibt keine weiteren Aktivitäten, insbesondere keine unternehmeri- schen Tätigkeiten. Ihr Zweck liegt ausschliesslich in der kollektiven Kapitalanlage (vgl. auch Art. 2 Statuten Investitio Soldi AG). Die Investitio Soldi AG ist als Investmentgesellschaft zu qualifizieren. Form einer schweizerischen Aktiengesellschaft Art. 2 Abs. 3 KAG verlangt, dass die Gesellschaft die Form einer schweizerischen Aktienge- sellschaft aufweisen muss. Gemäss Art. 1 Statuten Investitio Soldi AG handelt es sich um eine Aktiengesellschaft i.S.v. Art. 620 ff. OR. Ihr Sitz liegt in der Schweiz. Es handelt sich folglich um eine Gesellschaft in Form einer schweizerischen Aktiengesellschaft. Kotierung an einer Schweizer Börse Art. 2 Abs. 3 KAG setzt weiter die Kotierung an einer Schweizer Börse voraus. Als Börsen gelten Einrichtungen zum multilateralen Handel von Effekten, an der Effekten kotiert werden und die den gleichzeitigen Austausch von Angeboten unter mehreren Teilnehmern sowie den Vertragsabschluss nach nichtdiskretionären Regeln bezweckt (Art. 26 lit. b FinfraG). In der Schweiz gelten die SIX Swiss Exchange AG und die BX Swiss AG als bewilligte Börsen i.S. des FinfraG. Als Kotierung gilt die Zulassung der Effekten zum Handel an einer Börse. Ge- mäss h.L. reicht eine Teilkotierung für das Greifen der Ausnahmebestimmung aus. Es spielt folglich keine Rolle, ob alle Aktien oder nur einzelne Aktienkategorien kotiert sind. Es müssen allerdings Aktien kotiert sein, etwaig kotierten Anleihen kommt keine Bedeutung zu. Gemäss Sachverhalt wurden nur die Vorzugsaktien kotiert. Die Stimmrechtsaktien wurden nicht kotiert. Es liegt eine Teilkotierung vor, die ausreicht. Die Kotierung der Vorzugsaktien erfolgte an der SIX Swiss Exchange AG. Die Kotierung an einer Schweizer Börse ist zu beja- hen. 2
Fazit Die Investitio Soldi AG wird vom Ausnahmetatbestand von Art. 2 Abs. 3 KAG erfasst und fällt aufgrund ihrer Börsenkotierung (trotz der blossen Teilkotierung) nicht in den Anwendungsbe- reich des KAG. Hinweis zur Alternative von Art. 2 Abs. 3 KAG Dass nur Aktionärinnen i.S.v. Art. 10 Abs. 3 und 3ter KAG beteiligt sein dürfen, kann dem Sachverhalt und den Statuten nicht entnommen werden und muss daher verneint werden. Die Prüfung der zweiten Ausnahme von Art. 2 Abs. 3 KAG ist aber ohnehin obsolet, da die Börsenkotierung bejaht werden kann. Teilfrage (b): Golden Dollar AG Fälle von Art. 2 Abs. 2 KAG sind dem KAG nicht unterstellt. Für eine Anwendbarkeit von Art. 2 Abs. 2 lit. a bis c und lit. f bis h sowie Abs. 3 KAG bestehen keine Hinweise im Sachverhalt (insbesondere bestehen keine Hinweise auf eine Mehrheitsbeteiligung oder eine Konzern- struktur, sodass die Holdinggesellschaft wegfällt). Sie müssen daher nicht weitergehend ge- prüft werden. Aufgrund der Produktion und des Verkaufs von Möbelstücken ist einzig auf die operative Ge- sellschaft, die eine unternehmerische Tätigkeit ausübt (lit. d) näher einzugehen. Operative Gesellschaft Operative Gesellschaften, die eine unternehmerische Tätigkeit ausüben, fallen nicht unter die Anwendbarkeit des KAG (Art. 2 Abs. 2 lit. d KAG). Die Frage, wann und ob es sich um eine operative Gesellschaft handelt, führte in Lehre und Rechtsprechung zu erheblichen Unsicher- heiten und zur Ausarbeitung verschiedener Abgrenzungsmerkmale. Der Verordnungsgeber entschied daher, mit einer neuen Verordnungsbestimmung Klärung zu schaffen. Die Abgren- zung ist daher primär anhand der Verordnungsbestimmung vorzunehmen. Nach neuem Art. 1b KKV gelten Unternehmen unabhängig ihrer Rechtsform als operative Gesellschaften, die eine unternehmerische Tätigkeit ausüben, die (1) ihren tatsächlichen oder satzungsmässigen Sitz in der Schweiz haben oder eine Niederlassung in der Schweiz haben, (2) die eine Tätigkeit gewerbsmässig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmän- nischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und (3) deren Hauptzweck die Füh- rung eines Dienstleistungs-, Fabrikations- oder Handelsgewerbes ist (Art. 1b Abs. 1 KKV). Als operative Gesellschaften gelten insbesondere Unternehmen, die Güter und Handelswaren produzieren, kaufen, verkaufen oder tauschen (Art. 1b Abs. 2 lit. c KKV). Zusätzlich zu ihren unternehmerischen Tätigkeiten können sie auch Investitionen zu Anlagezwecken tätigen, so- fern sie zum Hauptzweck nur eine untergeordnete Neben- oder Hilfstätigkeit darstellen (Art. 1b Abs. 5 KKV). Voraussetzungen von Art. 1b KKV Sitz: Die Gesellschaft muss ihren tatsächlichen oder satzungsgemässen Sitz in der Schweiz haben (Art. 1b Abs. 1 lit. a KKV). Die Golden Dollar AG hat ihren Sitz in Zürich in der Schweiz (Art. 1 Statuten Golden Dollar AG). Tätigkeit: Die Tätigkeit muss gewerbsmässig sein oder in einem Umfang betrieben werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (Art. 1b Abs. 1 3
lit. b KKV; Hinweis: Für die volle Punktzahl musste nicht sowohl die Gewerbsmässigkeit als auch der Betreib eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs geprüft werden). Gewerbsmässigkeit Als Gewerbe bzw. als gewerbsmässig kann jede selbständige, auf dauernden Erwerb gerich- tete wirtschaftliche Tätigkeit verstanden werden (Art. 2 lit. a HRegV). Selbständigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen in räumlicher (Arbeitsort), zeitlicher (Arbeitszeit, Urlaub) und perso- neller (Anstellung, Einsatz) Hinsicht frei ist. Es liegt eine unabhängige Rechtseinheit vor, wes- halb dies vorliegend bejaht werden kann. Auf dauernden Erwerb gerichtet ist die Tätigkeit, wenn sie nicht zeitlich beschränkt ist. Die vorliegende Tätigkeit ist nicht zeitlich beschränkt, also auf dauernden Erwerb ausgerichtet. Wirtschaftlichkeit liegt vor, wenn die Tätigkeit auf die Erzielung von Umsatz ausgerichtet ist. Dies Tätigkeit der Golden Dollar AG ist auf die Erzielung von Umsatz ausgerichtet, weshalb dies zu bejahen ist. Gewerbsmässigkeit bzw. das Vorliegen eines Gewerbes kann für die Golden Dollar AG bejaht werden. Umfang, die ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erfordert Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit in einem Umfang betrieben wird, die einen «in kaufmän- nischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs» bzw. Gewerbes erfordern sind quantitative Kriterien wie Personalbedarf, Kapitalbedarf, Umsatz, Komplexität der Organisation oder Ge- schäftsbeziehungen zu berücksichtigen. Vom Vorliegen eines in kaufmännischer Weise ein- gerichteten Gewerbes / Geschäftsbetriebes ist auszugehen, wenn mehr als drei beteiligte Personen in Form von Angestellten oder Gesellschaftern vorliegen oder ein Umsatzerlös von CHF 500'000 erzielt wird. Die Tätigkeit der Golden Dollar AG ist auf Dauer gerichtet, selbständig und dient der Erzielung von Gewinn bzw. ist wirtschaftlich. Sie hat 3 Gesellschafterinnen (und 5 Angestellte bzw. 4.5 Vollzeitstellen) und erzielt einen Umsatz von mehr als CHF 100'000 (bzw. einen Umsatz im sechsstelligen Bereich). Die Tätigkeit der Golden Dollar AG erfordert einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Hauptzweck / Nebentätigkeit: Hauptzweck muss die Führung eines Dienstleistungs-, Fabri- kations- oder Handelsgewerbes sein (Art. 1b Abs. 1 lit. c KKV). Die Gewerbsmässigkeit bzw. das Vorliegen eines Gewerbes wurde bereits bejaht. Aufgrund der Produktion von Möbelstü- cken ist von einem Fabrikationsgewerbe auszugehen. Gemäss Art. 1b Abs. 5 KKV dürfen Investitionen zu Anlagezwecken erfolgen, sofern sie zum Hauptzweck nur als untergeordnete Neben- oder Hilfstätigkeit stehen. Vorliegend wir ein Teil der eingebrachten Gelder zu Anlagezwecken in Unternehmen und Edelmetalle investiert. Gemäss Sachverhalt handelt es sich um einen «kleinen Teil». Jährlich kommen CHF 3'000 hinzu, die ebenfalls investiert werden. Die Beträge, die für Anlagezwecke verwendet werden, sind eher gering. Gemäss Sachverhalt wird 95% des Umsatzes mit dem Verkauf der exklusiven Möbelstücke und mit Preisgeldern erzielt. Die Mittel der Gesellschaft stammen folglich fast komplett aus der Produktion und dem Verkauf der Möbelstücke. Die Golden Dollar AG weist zwei Angestellte auf, die in der Produktion tätig sind und drei weitere, die in Produktion, Entwicklung und Administration tätig sind. Die Wertsteigerung erfolgt haupt- sächlich durch handwerkliche Arbeit der Angestellten. Die unternehmerische Eigenleistung ist beträchtlich. Sie tritt am Markt (Online-Shops) und in der Öffentlichkeit (z.B. an Wettbewer- ben) als Produktionsunternehmen auf. Der effektive Hauptzweck ist die Produktion und der Vertrieb der Möbelstücke. Diese Kriterien machen deutlich, dass die Kapitalanlage nur eine untergeordnete Hilfstätigkeit ist. Das Gewerbe stellt den Hauptzweck dar. 4
Fazit Es handelt sich bei der Golden Dollar AG folglich um eine operative Gesellschaft i.S.v. Art. 2 Abs. 2 lit. d KAG i.V.m. Art. 1b KKV. Die Gesellschaft wird nicht vom Anwendungsbereich des KAG erfasst. Frage 2: Massnahmen aufgrund des Verstosses gegen die Bewilligungs- und Genehmigungspflicht Einleitung Als mögliche Massnahmen kommen solche von aufsichtsrechtlicher und strafrechtlicher Natur in Frage. Aufsichtsrechtliche Massnahmen Die FINMA überwacht die Einhaltung der gesetzlichen, vertraglichen, statutarischen und reg- lementarischen Bestimmungen (Art. 132 KAG) und ergreift allfällige notwendige aufsichts- rechtliche Massnahmen. Zuständigkeit Die FINMA ist für die Anordnung der aufsichtsrechtlichen Massnahmen zuständig. Bei der Behörde, die die Verfügung vom 9. Februar 2021 erlassen hat, handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um die FINMA. Gesetzesverletzung Wer, ohne über die notwendigen Bewilligungen und / oder Genehmigungen zu verfügen, eine bewilligungspflichtige Tätigkeit ausübt, d.h. eine kollektive Kapitalanlage verwaltet, aufbe- wahrt, öffentlich anbietet und vertreibt, verletzt das KAG. Zugleich liegt eine Verletzung des FINMAG vor. Vorliegend kann dem Sachverhalt entnommen werden, dass die Goldies GmbH sämtliche Merkmale einer kollektiven Kapitalanlage i.S.v. Art. 7 KAG aufweist und in den Geltungsbe- reich des KAG fällt, sie aber nicht über die erforderliche Bewilligung bzw. Genehmigungen verfügt. Die Geschäftsführer bestreiten den Inhalt der Verfügung nicht. Er wird folglich nicht bestritten, dass eine kollektive Kapitalanlage vorliegt und gegen die Vorschriften verstossen wurde. Es fehlt an einer Bewilligung und Genehmigung, obwohl kollektive Kapitalanlagen ge- mäss Art. 13 KAG bewilligungspflichtig und gemäss Art. 15 KAG genehmigungspflichtig wä- ren. Es liegt damit eine Verletzung des KAG und zugleich eine Verletzung des FINMAG vor. Mögliche Massnahmen Die FINMA kann gegen Personen, die ohne Bewilligung bzw. Genehmigung der FINMA tätig werden, die Auflösung verfügen (Art. 135 Abs. 1 KAG). Die Auflösung und aufsichtsrechtliche Liquidation ist die schärfste mögliche Massnahme. Sie kommt zur Anwendung, wenn eine Gesellschaft vorwiegend von illegalen Tätigkeiten lebt und die Gläubiger gefährdet. Sie ist ultima ratio. Die Massnahmen müssen verhältnismässig sein, d.h. sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Wiederherstellung des gesetzeskonformen Zustands nötig ist. 5
Zur Wahrung der Interessen der Anleger kann die FINMA daher auch die Überführung der kollektiven Kapitalanlage in eine gesetzmässige Form vorschreiben (Art. 135 Abs. 2 KAG; alternativ: Art. 31 Abs. 1 FINMAG). Das bedeutet, dass auf eine aufsichtsrechtliche Liquida- tion zu verzichten ist, wo eine Anpassung der Gesellschaft sinnvollerweise möglich erscheint, um den gesetzeskonformen Zustand zu schaffen oder wiederherzustellen, da ansonsten un- nötigerweise wirtschaftliche Werte vernichtet werden. Anpassungen Sind die Tatbestandsmerkmale von Art. 7 Abs. 1 KAG erfüllt, muss für die Bewilligungs- und Genehmigungsfähigkeit beurteilt werden, welche vom KAG vorgegebene Anlageform für das Anlagevehikel einschlägig ist. Damit die Gesetzmässigkeit bejaht werden kann, muss eine Rechtsform des KAG mitsamt den spezifischen Voraussetzungen vorliegen. Die dem KAG unterstehenden Gesellschaften haben folglich eine bestimmte Rechtsform aufzuweisen. Das KAG stellt im Sinne eines numerus clausus der Rechtsformen zwei offene Formen (Art. 8 Abs. 1 KAG; vertraglicher Anlagefonds/SICAV) und zwei geschlossene Formen (Art. 9 Abs. 1 KAG; Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen/SICAF) zur Verfügung. Die Goldies GmbH erfüllt die Tatbestandsmerkmale von Art. 7 Abs. 1 KAG. Ihre Geschäftstä- tigkeit beschränkt sich auf die kollektive Kapitalanlage. Sie ist aber eine GmbH und daher keine nach KAG-bewilligungsfähige Rechtsform. Zudem ist unklar bzw. zweifelhaft, dass sie auch die übrigen Bewilligungsvoraussetzungen von Art. 14 KAG erfüllt. Als Anpassung i.S. einer milderen Massnahme würde die Umwandlung und finanzmarktrecht- liche und gesellschaftsrechtliche Bereinigung (Erfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen) in Frage kommen. Über den Umstand, ob eine Anpassung gewollt ist, hat nicht primär die FINMA zu spekulieren, sondern beurteilt sich nach den Investoren. Gemäss Sachverhalt sind sich die Gesellschafter einig, dass die Tätigkeit beibehalten werden soll, andere Anpassun- gen aber vorgenommen werden können. Daraus kann geschlossen werden, dass die Gesell- schafter zu sämtlichen, notwendigen Änderungen, folglich auch zu einer Umwandlung und zur Erfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen nach Art. 14 KAG bereit wären. Da die Ge- sellschafter zu sämtlichen notwendigen Änderungen bereit sind, ist eine Erreichung des ge- setzeskonformen Zustands denkbar. Fazit Die Goldies GmbH hat mit einer Anordnung der FINMA zur Überführung in eine gesetzmäs- sige Form zu rechnen. Mit einer aufsichtsrechtlichen Liquidation muss nicht gerechnet wer- den. Strafrechtliche Sanktion Die strafrechtlichen Folgen werden in Hinblick auf die Einhaltung des Zwecks des KAG aus- gesprochen, sollen folglich der Transparenz, der Funktionsfähigkeit des Marktes und dem Anlegerschutz dienen. Die Strafbestimmungen des FINMAG und des KAG kommen parallel zur Anwendung. Zuständigkeit Gemäss Art. 50 Abs. 1 FINMAG sind für die Widerhandlungen gegen Strafbestimmungen des FINMAG oder der Finanzmarktgesetze das BG über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar, soweit nichts Gegenteiliges vorgesehen wird. Das KAG gehört zu den Finanzmarktgesetzen 6
(Art. 1 Abs. 1 lit. c FINMAG) und sieht keine andere Regelung vor, weshalb das Verwaltungs- strafrecht (VStR) vorliegend Anwendung findet. Die verfolgende und urteilende Behörde ist das Eidgenössische Finanzdepartement EFD. Hält dieses die Voraussetzungen für eine Freiheitsstrafe als gegeben, werden die Akten der Bundesanwaltschaft zuhanden des Bundesstrafgerichts überwiesen. Von dieser Folge ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen, da die fahrlässige Begehung nur mit Busse bestraft wird (Art. 44 Abs. 2 FINMAG und Art. 148 Abs. 2 KAG). Für das Strafverfahren ist daher vorliegend von der Zuständigkeit des EFD auszugehen. Strafrechtliche Verantwortlichkeit Gemäss Art. 6 Abs. 1 VStrR sind die Strafbestimmungen auf diejenigen natürlichen Personen anzuwenden, die die Tat verübt haben. Das Einholen allfälliger Bewilligungen bzw. die geset- zeskonforme Ausgestaltung einer Gesellschaft liegt in der Verantwortlichkeit des Exekutivor- gans. Die Strafbestimmungen sind daher auf die Geschäftsführer der GmbH anwendbar. Art. 102 Abs. 1 StGB ist subsidiär zu Art. 6 VStrR und kommt vorliegend nicht zur Anwen- dung, da die strafrechtlich verantwortlichen Personen ausfindig gemacht werden können. Art. 49 FINMAG ist nicht einschlägig, da für eine Anwendung des Art. 49 FINMAG eine Busse von maximal CHF 50'000 in Betracht fallen dürfte. Art. 44 Abs. 2 und Art. 148 Abs. 2 KAG sehen aber höhere Bussen vor. Art. 44 FINMAG Nach Art. 44 Abs. 1 FINMAG macht sich strafbar, wer vorsätzlich ohne Bewilligung, Anerken- nung, Zulassung oder Registrierung eine nach den Finanzmarktgesetzen bewilligungs-, an- erkennungs-, zulassungs- oder registrierungspflichtige Tätigkeit ausübt. Die Strafte lautet auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Fahrlässigkeit wird nach Art. 44 Abs. 2 FINMAG mit Busse bestraft. Objektiver Tatbestand Die Strafbarkeit setzt eine gesetzliche Bewilligungspflicht voraus. Diese findet sich in Art. 13 KAG. Unter den Begriff des Tätigwerdens fällt jede Tätigkeit, die eine Gefahr für den Anleger- oder den Funktionsschutz darstellt. Die Goldies GmbH ist gemäss Sachverhalt als kollektive Kapitalanlage i.S.v. Art. 7 KAG zu qualifizieren. Aus dem Sachverhalt geht hervor, dass sie die gesetzlichen Vorschriften, die eine kollektive Kapitaleinlage einzuhalten hätte, nicht eingehalten hat. Sie haben insbeson- dere gegen die Bewilligungs- und Genehmigungspflicht verstossen. Die Geschäftsführer der Goldies GmbH bestreiten dies nicht und zeigen sich einsichtig. Die Goldies GmbH wurde als kollektive Kapitalanlage i.S.v. Art. 7 KAG tätig, hat sich aber nicht vom Anwendungsbereich des KAG erfasst gesehen. Die Anleger kommen somit nicht in den Genuss der vom KAG vorgesehenen Schutzvorschriften und es besteht eine Gefahr für die Anleger und die Funkti- onsfähigkeit des Marktes für kollektive Kapitalanlagen. Ein Tätigwerden i.S.v. Art. 44 FINMAG ist zu bejahen. Der objektive Tatbestand von Art. 44 FINMAG ist erfüllt. Subjektiver Tatbestand Vorsätzlich handelt, wer mit Wissen und Willen um die objektiven Tatbestandsmerkmale eine Tat begeht. Gemäss Sachverhalt müssen sich die Geschäftsführer eingestehen, dass sie keine genaueren Abklärungen zur Anwendbarkeit des KAG getroffen und das Thema an- 7
schliessend wieder vergessen haben. Sie haben aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht er- kannt, dass die Goldies GmbH eine kollektive Kapitalanlage ist und unter den Anwendungs- bereich des KAG fällt bzw. keine weiteren Abklärungen getätigt. Sie handelten fahrlässig, womit der subjektive Tatbestand von Art. 44 Abs. 2 FINMAG erfüllt ist (Hinweis: den Studie- renden entsteht kein Nachteil, wenn stattdessen Eventualvorsatz bejaht wurde). Fazit Die Geschäftsführer der Goldies GmbH haben sich der (fahrlässigen) Ausübung einer bewil- ligungspflichtigen Tätigkeit ohne Bewilligung i.S.v. Art. 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FINMAG schul- dig gemacht. Die Geschäftsführer haben bei Bejahung der Fahrlässigkeit mit einer Verurtei- lung zu einer Busse zu rechnen. Konkurrenzen Art. 44 FINMAG geht Art. 148 Abs. 1 lit. b KAG vor, wenn die kollektive Kapitalanlage nicht nur gebildet, sondern auch tätig wurde, was vorliegend der Fall ist. Art. 148 Abs. 1 lit. b KAG muss folglich nicht geprüft werden. Art. 148 Abs. 1 lit. d KAG Gemäss Art. 148 Abs. 1 lit. d KAG wird bestraft, wer kollektive Kapitalanlagen, die nicht ge- nehmigt sind, nicht qualifizierten Anlegern anbietet. Fahrlässigkeit wird gemäss Art. 148 Abs. 2 KAG mit Busse bestraft. Objektiver Tatbestand Als Anbieten gilt jede Tätigkeit, die den Erwerb von Anteilen kollektiver Kapitalanlagen be- zweckt. Als nicht qualifizierte Anleger gelten jene, die nicht unter Art. 10 Abs. 3 (i.V.m. Art. 4 Abs. 3-5 oder Art. 5 Abs. 1 und 4 FILDEG) und Abs. 3ter KAG fallen. Der Tatbestand setzt eine gesetzliche Genehmigungspflicht voraus. Diese ist mit Art. 15 KAG vorhanden ist. Vorliegend geht aus dem Sachverhalt hervor, dass die Goldies GmbH als kollektive Kapital- anlage zu qualifizieren ist, sie aber über keine Genehmigung (und auch keine Bewilligung) verfügt. Das sich zur Verfügung stellen zur Entgegennahme von Geldern kann als Anbieten i.S.v. lit. d qualifiziert werden. Es bestehen keine Hinweise zur Qualifikation der Anleger. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um qualifizierte, sondern «nor- male» Anleger handelt. Der objektive Tatbestand von Art. 148 Abs. 1 lit. d KAG ist damit er- füllt. Subjektiver Tatbestand Hinsichtlich subjektiven Tatbestands liegt Fahrlässigkeit vor, indem die Geschäftsführer aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht erkannt haben, dass für die Goldies GmbH eine Geneh- migungspflicht gilt (Hinweis: den Studierenden entsteht kein Nachteil, wenn stattdessen Eventualvorsatz bejaht wurde). Der subjektive Tatbestand ist folglich erfüllt. Fazit Die Geschäftsführer der Goldies GmbH haben sich des Anbietens von ungenehmigten kol- lektiven Kapitalanlagen an nicht qualifizierte Anleger i.S.v. Art. 148 Abs. 1 lit. d i.V.m. Abs. 2 KAG schuldig gemacht. Sie handelten mindestens fahrlässig. Die Geschäftsführer haben bei Bejahung der Fahrlässigkeit mit einer Verurteilung zu einer Busse zu rechnen. 8
Weitere Tatbestände Für die Prüfung weiterer Tatbestände wie der Verstoss gegen Publikationspflichten fehlen notwendige Angaben, weshalb diese nicht geprüft werden können und müssen. Die Frage- stellung zielt auch nicht auf die Prüfung anderer Tatbestände ab. 9
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