MACHEN KRANK. VORURTEILE & DISKRIMINIERUNG - Eine rheingold Grundlagenstudie zur Wirkung von - IKK classic
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
VORURTEILE & DISKRIMINIERUNG MACHEN KRANK. Eine rheingold Grundlagenstudie zur Wirkung von Vorurteilen und Diskriminierung im Alltag. IM AUFTRAG DER
GESUND.MACHEN. VORURTEILE & DISKRIMINIERUNG MACHEN Wir sind die Krankenkasse, die anpackt. Die nicht nur redet, sondern macht: Wenn wir ein Problem erkennen, gehen wir es aktiv an. KRANK. Vorurteile und Diskriminierung sind ein Problem: ein gesellschaftliches und, wie diese Studie zeigt, auch ein medizinisches. Denn Vorurteile und Diskriminierung können krank machen. Darum setzen wir SETZEN WIR uns aktiv gegen sie ein. Diese Studie ist der Startschuss zu einem UNS AKTIV langfristigen Engagement. Aber vor allem ist sie eine Momentaufnahme im Hier und Jetzt. Und wir sehen genau hin, um zu ver GEGEN SIE EIN! stehen und zum Umdenken zu bewegen. Unser Ziel: ein wertschätzender, gesunder Umgang der Menschen untereinander. Denn unser Antrieb ist es, unseren Versicherten, unseren Mitarbeitenden und allen Menschen in unserer Gesellschaft ein gesundes Leben zu ermöglichen.
05 STUDIENDESIGN 06 STUDIENZUSAMMENFASSUNG 10 KAPITEL 1 Verständnis & Entstehung 19 KAPITEL 2 Erleben & Wirkung 33 KAPITEL 3 Prävention & Intervention 38 EPILOG
Studiendesign | 5 Studiendesign DAS Quantitativ STUDIEN- Um die Hypothesen zu überprüfen, erfassten wir standardisierte Daten und Antworten anhand einer DESIGN größeren Fallzahl und repräsentativen Stichprobe. Anzahl: 1.527 Studienteilnehmende Grundgesamtheit: Die Ergebnisse sind repräsentativ für die (deutschsprachige) Bevölkerung Deutschlands ab 16 Jahren. Repräsentative Verteilung der Stichprobe Unsere repräsentative Studie nach: Wohnort (Regionen), Alter, Geschlecht, annähernd repräsentativ nach Bildung, Haushaltssituation, Migrationshintergrund (ca. 26 %). besteht aus einer Kombination aus qualitativer und Explorationsverfahren: Befragung im Online-Panel. Fragebogenlänge: 15 – 20 Minuten. quantitativer Forschung. Quantitative Stichprobe Geschlecht Alter Weiblich 797 18 – 34 Jahre 390 Männlich 725 35 – 54 Jahre 525 Divers 5 55 Jahre + 612 30 % Qualitativ Migrationshintergrund Ohne 978 Eigener oder In 40 Einzelinterviews befragten wir Menschen ab 18 Jahren mit einem von (Groß-)Eltern 458 Partner 129 guten Mix aus Bildungsniveau, Haushaltssituation, Region und Alter. Ziel K. A. 18 waren das tiefere Verstehen von Zusammenhängen und das Aufstellen Sexuelle Orientierung von Hypothesen. Heterosexuell 1.351 Bi-/pansexuell 62 8% Homosexuell 45 Qualitative Stichprobe Intersexuell/nonbinär/queer 6 Transgender 4 LGBTIQ* Jeweils 5 Frauen und 5 Männer der folgenden Zielgruppen („divers“ war erlaubt, kam nicht vor): Sonstiges (asexuell) 7 K. A. 58 ZG 1: Ethnische Zugehörigkeit ZG 3: Sexuelle Orientierung/Identität/LGBTIQ* Personen mit Migrationshintergrund (außerhalb EU) Körperliche Besonderheiten ZG 4: Menschen, die keiner der drei o. g. Gruppen Hohes Gewicht/Übergewicht 846 ZG 2: Körperliche „Besonderheiten“ angehören 55 % Körperliche Einschränkungen 290 Personen mit körperlichen Besonderheiten wie Frauen (Sexismus), klein und blond, höheres Alter, Besonderes Erscheinungsbild 103 71% starkem Übergewicht, Lipödem, roten Haaren, Untergewicht, starke Tätowierungen und auffällige Sehr groß gewachsen 81 körperlichen Beeinträchtigungen Frisuren, „ausländisch“ klingender Nachname Geringes Gewicht 67 Sehr klein gewachsen 51 haben körperliche Sonstiges 30 Besonderheiten Keine 404 K. A. 34
Studienzusammenfassung | 6 Studienzusammenfassung SIE HABEN KEINE VORURTEILE? GLÜCKWUNSCH, SIE SIND EIN MEDIZINISCHES WUNDER. J eder Mensch hat Vorurteile. Dahinter steckt nicht unbedingt Absicht, unser kognitives System nimmt nun mal gerne Abkürzungen. Schwierig wird es, wenn diese Vorurteile anderen Menschen schaden.
Studienzusammenfassung | 7 „Andere stecken mich in eine Schublade, und die ist eng.“ m, 39 WIR ALLE HABEN VORURTEILE. WARUM EIGENTLICH? W ir denken nun mal in Begriffen, Kategorien und Bildern. Von Kindheit an lernen wir auf diese Weise die Welt kennen, uns in ihr zurechtzufinden und unsere eigene Identität zu formen. Dieser grundlegende Prozess ist notwendig, automatisch und unwillkürlich. Bei jedem Menschen. Aus Vorurteilen wird Diskriminierung. Problematisch wird es, wenn diese Bilder von Menschen unflexibel sind und verallgemeinert werden. Das passiert vor allem, wenn wir wenig Informationen und wenig Kontakt zu der anderen Gruppe haben. Dann können diese Bilder unser Urteil verfälschen und schließlich – bewusst oder unbewusst – vorschnell zu Benachteiligung, Abwertung und Zurückweisung führen.
Studienzusammenfassung | 8 ACHTUNG, SPOILER! Waren Sie selbst in den letzten 5 – 10 Jahren von Vorurteilen oder Diskriminierung betroffen? DIE TOP-4-ERKENNTNISSE DER STUDIE Haben Sie Vorurteile in Bezug auf Ihre Person verspürt oder wurden Sie von anderen diskriminiert? #1 ALLE MENSCHEN 42 % 21 % HABEN VORURTEILE. ABER NUR 38 % SIND SICH 25 % IHRER EIGENEN Ja, ich bin/war stark betroffen Ja, ich bin/war schwach betroffen 13 % BEWUSST. Ja, möglicherweise/ich bin mir unsicher Nein JA. 38 % NEIN. 28 % DIE MEHRHEIT DER MENSCHEN IST ODER WAR VON #2 WEDER NOCH. 34 % Inwiefern stimmen Sie der folgenden VORURTEILEN ODER DISKRIMINIERUNG Aussage zum Thema Vorurteile zu? Ich habe mich schon öfter dabei ertappt, dass ich Vorurteile hatte. BETROFFEN.
Studienzusammenfassung | 9 #4 Waren Sie in den letzten ca. 10 Jahren körperlich oder seelisch erkrankt? Wenn ja, worunter haben Sie gelitten? 30 % Schlafstörungen 70 % 24 % Depressionen 59 % Magen-Darm- Erkrankungen 14 % 32 % JE STÄRKER DIE DISKRIMINIERUNGSERFAHRUNG, Angststörungen/ 13 % Phobien 37 % der stark Diskriminier 70 % Zusammenbrüche/ 9% ten gaben an, in den DESTO WENIGER Burn-out 31 % letzten 10 Jahren Migräne/chronische 9% unter Schlafstörungen GESUND Kopfschmerzen 27 % gelitten zu haben. Essstörungen 5% 27 % FÜHLEN Nicht diskriminiert Stark diskriminiert SICH DIE 30 % BETROFFENEN. der nicht Diskriminier ten gaben an, in den letzten 10 Jahren unter Schlafstörungen gelitten zu haben. Und was entspricht Ihrem aktuellen Gesundheitszustand? Ergebnisse der Kategorie „Rundum gesund“: #3 33 % Nicht diskrimiert 25 % Diskriminierung unsicher ES GIBT EINEN SICHTBAREN ZUSAMMENHANG 23 % Schwach diskriminiert ZWISCHEN DISKRIMINIERUNGS- ERFAHRUNGEN 10 % Stark diskriminiert UND ERKRANKUNGEN.
Verständnis & Entstehung | 11 KEIN PROBLEM MIT VORURTEILEN? DANN GEHÖREN SIE ZU EINER MINDERHEIT. M ehr als jeder zweite in Deutschland lebende Mensch ist oder war in irgendeiner Form von Vorurteilen oder Diskriminierung betroffen – und somit auch von deren möglichen gesundheitlichen Folgen. Umso wichtiger also, das Thema anzugehen.
Verständnis & Entstehung | 12 KURZ VORAB: WORÜBER REDEN WIR GENAU? Vorurteile Vorurteile sind verallgemeinerte Bilder und – meist negative – Bewertungen von Menschen aufgrund einer vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer sozialen Kategorie oder Gruppe. Diskriminierung ist die besondere – meist benachteiligende – Behandlung eines Menschen aufgrund dieser vermeintlichen Zugehörig- keit bzw. Nichtzugehörigkeit zur eigenen Gruppe. Es geht immer um das Fremde und Andere, das man an anderen wahrzunehmen glaubt. Im Vorurteil wertet man dieses Andere ab, in der Diskriminierung lässt man andere diese Abwertung spüren.
Verständnis & Entstehung | 25 13 UNSER GEHIRN LIEBT WUFF ! SCHUBLADEN. Das Denken in Bildern und Kategorien ist ein grundlegender psychischer Prozess. U m die Welt kennenzulernen und zu verstehen, teilt unser Gehirn sie von Kindheit an in Begriffe, Kategorien und Bilder ein: „Das ist eine Kuh, die macht Dieser grundlegende psychische Prozess findet bei jedem Menschen automatisch und ständig statt. Denn auch als Erwachsene bieten Bilder unserem kognitiven Muh.“ So kategorisieren wir nicht nur andere, sondern System Vorteile: Sie ermöglichen schnelles Handeln in ordnen uns auch selbst in dieser Welt ein: „Ich bin ein unsicheren Situationen, reduzieren die Komplexität der Junge, 5 Jahre alt, blond und ich mag Fußball.“ sozialen Welt und helfen uns, unsere eigene Identität zu formen. „DAS MACHT VIELEN MENSCHEN „Es ist schwer, DIE WELT seinen Platz in der EINFACHER.” Gesellschaft zu finden, ohne sich von anderen abzugrenzen.“ w, 21 m, 27
Verständnis & Entstehung | 14 DIE WELT IST NUN MAL NICHT SCHWARZ-WEIß. Unflexible und generalisierte Bilder von Menschen können zum Problem werden. W enn wir Graustufen nicht zulassen, Abweichun- gen nicht akzeptieren und unsere Bilder von anderen nicht erneuern können, verzerren sie unser Ob bewusst oder unbewusst: Unflexible Bilder können schließlich dafür sorgen, dass wir andere vorschnell be- urteilen, abwerten, zurückweisen oder benachteiligen. Urteil: Wir nehmen Nicht-ins-Bild-Passendes nicht wahr, Dem zugrunde liegt oft auch die Suche nach einem überbetonen einzelne Merkmale und erkennen nicht „Sündenbock“ zur Verschiebung negativer Gefühle oder die Verschiedenheit der Menschen innerhalb eines Aufwertung der eigenen Gruppe. Bildes. Zu wenig Information und zu wenig Kontakt zur anderen Gruppe verstärken das Problem.
Verständnis & Entstehung | 29 15 MAN WIRD JA WOHL NOCH SAGEN DÜRFEN … Seit den 1980ern sind offene Anfeindungen seltener geworden. Aktuell wird es allerdings schlimmer. I n den letzten Jahrzehnten war die gesellschaftliche Norm, dass Vorurteile und Diskriminierung uner- wünscht sind. Wenn diese stattgefunden haben, dann rassistisch oder homophob motivierten Mordfällen – finden vermehrt im öffentlichen Raum statt. subtiler, oft getarnt oder verklausuliert. Neben der politischen und religiösen Radikalisierung verändern auch die sozialen Medien als enthemmte Aktuell gibt es allerdings deutliche Anzeichen einer Räume zunehmend die Kommunikationsformen. Verschlimmerung. Anfeindungen – von Blicken bis zu „VORURTEILE FÖRDERN BEI DER EIGENGRUPPE EIN GEFÜHL VON ÜBERLEGENHEIT (…).” Aronson et al., 2014, S. 500
Verständnis & Entstehung | 16 Was meinen Sie: Sind Vorurteile und Diskriminierung ein Problem in Deutschland? Das ist ein Problem, weil es zu Ungerechtigkeit, 40 % Benachteiligung und Abwertung führt. Das ist ein großes Problem, 37 % denn viele Menschen leiden darunter. Das ist ein großes Problem, denn Vorurteile und 30 % Diskriminierung können krank machen. Das ist eher ein mittelgroßes Problem, 23 % es gibt Schlimmeres. Das ist kein großes Problem, 7% denn viele Vorurteile sind gerechtfertigt. Das ist kein Problem (mehr), 2% denn das kommt kaum vor. PROBLEM ERKANNT, DOCH NICHT GEBANNT. Vorurteile werden als Problem eingeschätzt – doch ihre Verbreitung wird unterschätzt. M indestens jeder Dritte sieht Vorurteile als großes Problem an. Sie werden auch bei mehr als der Hälfte der Menschen vermutet – allerdings längst nicht bei allen. Interessant ist, dass – neben diskriminierten Menschen – Jüngere unter 35 Jahren und Frauen ein höheres Problembewusstsein haben. 27 % 53 % Was denken Sie, wie viele Menschen 1% in Deutschland haben Vorurteile? (Fast) alle Menschen 19 % Mehr als 50 % Weniger als 50 % (Fast) niemand
Verständnis & Entstehung | 17 SELBSTER- A KENNTNIS IST DER ERSTE SCHRITT. Um eigene Vorurteile abzubauen, muss man erst mal wissen, dass man welche hat. I LLE n der quantitativen Erhebung zeigt sich: Im Schnitt überwiegt das Bewusstsein über eigene Vorurteile nehmen etwa 40 % an, dass ihnen gelegentlich vor- und diskriminierende Handlungen nur leicht: Etwa urteilsbedingte Handlungen unterlaufen sind. Damit 30 % lehnen entsprechende Aussagen über sich ab. Wie häufig sind Ihnen die folgenden (vorurteils bedingten) Handlungen in Bezug auf bestimmte Gruppen oder Kategorien von Menschen schon Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen mal passiert, wenn auch unabsichtlich? zum Thema Vorurteile zu? MENSCHEN 27 % 19 % 26 % 41 % 31 % Bestimmte Begriffe genutzt, die abwertend klingen. 41 % 27 % 30 % Bestimmte Personen länger oder „schief“ angekuckt oder schnell weggeschaut. 10 % 17 % 10 % 8% 5% 6% 2 10 % 18 % 34 % 27 % Ich habe mich schon öfter dabei ertappt, dass ich Vorurteile hatte. 17 % 19 % 28 % 24 % Ich habe schon mal jemanden pauschal beurteilt oder ungerecht behandelt, ohne die Person genauer zu kennen. 17 % 17 % 26 % 20 % 19 % 12 % 12 % Auf bestimmte Gruppen eher ängstlich oder vorsichtig reagiert. H A BEN Bestimmte Gruppen von Menschen mag ich einfach nicht. 22 % 37 % 28 % 10 % 4 21 % 20 % 25 % 21 % 13 % Bestimmte Personen oder Gruppen gemieden oder ausgegrenzt. Ich habe Angst vor bestimmten Gruppen/Arten von Menschen. 36 % 40 % 20 % 3 2 6% 11 % 35 % 32 % 17 % Jemanden benachteiligt, obwohl ich sie/ihn nicht genau kannte (z. B. nicht eingeladen, unfair behandelt). Ich denke, jeder Mensch hat erst einmal Vorurteile gegenüber Menschen, die ihm fremd sind. 16 % 39 % 35 % 8% 2 2 4 20 % 30 % 44 % Über bestimmte Personen getuschelt oder schlecht geredet. Ich finde, jeder sollte bereit sein, über die eigenen Vorurteile nachzudenken VORU RT E I L E . 32 % 32 % 26 % 7% 3 und sie zu überwinden. Diskriminierende Witze zulasten bestimmter Gruppe gemacht. 18 % 22 % 33 % 17 % 10 % 34 % 33 % 23 % 7% 3 Ich habe keine Vorurteile, sondern berechtigte Urteile Den Kontakt zu jemandem abgebrochen. über bestimmte Menschengruppen. 8% 16 % 35 % 27 % 13 % Ich begegne Menschen frei von Vorurteilen. Nie Selten Gelegentlich Häufig Sehr häufig DOCH N U R RU N D 40 % E R K E N N E N Stimme überhaupt nicht zu Stimme voll und ganz zu SI E BE I SICH .
Verständnis & Entstehung | 18 VORURTEILE ERZEUGEN GEGEN- VORURTEILE. Auch Diskriminierte können Vorurteile haben. Manchmal A uch wer selbst von Diskriminierung betroffen ist, kann Vorurteile gegen andere haben. Studien zeigen sogar, dass Diskriminierungserfahrungen sogar verstärkt. diskriminierendes Verhalten verstärken können. Jugendliche mit Migrationshintergrund zum Beispiel, die sich diskriminiert fühlen, werten andere soziale Gruppen stärker ab und äußern öfter Gegenvorurteile, z. B. „Bio-Deutsche haben keinen guten Familienzu- sammenhalt“.
| 19 KAPITEL 2 KAPITEL 2 Erleben & Wirkung
Erleben & Wirkung | 20 WIE FÜHLT ES SICH AN, IN DIESER HAUT F ast alle, die zu einer stigmatisierten Gruppe gehö- ren, haben schon sogenannte Mikroaggressionen wie Getuschel erlebt. Auch solch vermeintliche Kleinig- ZU STECKEN? keiten können auf Dauer die seelische und körperliche Gesundheit beeinträchtigen.
Erleben & Wirkung | 21 DISKRIMINIERUNG Erlebte Formen von Diskriminierung IST NICHT IMMER EINDEUTIG. Relative Sicherheit Belästigung, Bedrohung, Nötigung, Körperverletzung Das Erleben von Vorurteilen in der Wahrnehmung/ und Diskriminierung ist „M eiden mich Leute, weil ich schwul bin?“ – „Krieg ich den Job nicht, weil ich alt bin?“ Oft lässt sich nicht eindeutig feststellen, ob es sich um Diskriminie- Einordnung Anfeindung, Beleidigungen, Beschimpfung – von halblaut gemurmelt bis ins Gesicht individuell und von Unsicher- rung handelt. Das verunsichert Betroffene zusätzlich, gesagt/auf der Straße auch weil sie sich dann nicht wehren können. heiten geprägt. Isolierung, Familie oder Freunde brechen Manche Vorfälle, vor allem aus der Kindheit, wurden Kontakt ab, verstoßen einen von Betroffenen auch selbst zunächst nicht als Diskriminierung eingestuft. Physische Benachteiligung/Nichtberück- sichtigung (z. B. Toiletten/Sitze/Mode nicht für Übergewichtige geeignet) Vermeintlich positiv gemeinte Äußerungen/ Handlungen (z. B. ungefragt in den Haaren wuscheln) Ignoranz kultureller Besonderheiten (nur Waren Sie selbst in den letzten 5 – 10 Jahren von christliche Feiertage, Schweinefleisch ser Vorurteilen oder Diskriminierung betroffen? Haben vieren, muslimische Feste ignorieren etc.) Sie Vorurteile in Bezug auf Ihre Person verspürt oder wurden Sie von anderen diskriminiert? Konkrete Benachteiligung (Wohnungs- suche, Jobsuche, Beförderung, Benotung in der Schule) 21 % Große Unsicherheit Mikroaggressionen wie gemieden/nicht beachtet werden, Blicke (verächtlich od. in der Wahrnehmung/ neugierig), tuscheln, unhöfliche Kommuni 42 % Einordnung kation/Tonfall, geringe Deutschkenntnisse unterstellt bekommen, nicht gewählt werden (beim Sport, als Sitznachbar, als 25 % Freund …) Ja, ich bin/war stark betroffen 13 % Ja, ich bin/war schwach betroffen Ja, möglicherweise/ich bin mir unsicher Nein
Erleben & Wirkung | 22 ACHTUNG, TRIGGERWARNUNG! m, 39 „Ein Arzt hat mich allen Ernstes gefragt, ob ich glaube, dass Männer das toll fänden, „EIN LEHRER Für diese Studie haben Betroffene ihre wenn sie bei einer Frau nur SAGTE: Diskriminierungserfahrungen geschildert. Knochen spüren.“ ‚SOLCHE WIE D ie Ergebnisse erschrecken: Fast jeder Dritte erlebte schon einmal körperliche Gewalt. Am Vor allem LGBTIQ* und Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Besonderheiten sind von Mikro- w, 52 IHR BRINGEN häufigsten sind sogenannte Mikroaggressionen wie Tuscheln oder unhöfliche Behandlung, die von über aggressionen betroffen. Menschen mit Migrations hintergrund wurden häufiger bei der Wohnungssuche NUR ÄRGER.‘“ 90 % der Betroffenen erlebt wurden. benachteiligt, schlechter bewertet oder ihnen wurden schlechte Deutschkenntnisse unterstellt. „Ich wollte einem alten Welche Formen von Diskriminierung haben Sie in den letzten 5 – 10 Jahren erlebt? Nachbarn wegen Corona Über mich wurde getuschelt. 23 % 39 % 19 % 10 % mit den Einkäufen helfen. Ich wurde unhöflich behandelt. 28 % 35 % 19 % 9% … Einem anderen Nachbarn Ich wurde angestarrt oder 26 % 31 % 18 % 9% sagte er, dass er nicht habe seltsame Blicke erlebt. Ich bin gemieden worden (andere wollten keinen 33 % 30 % 13 % 4 % will, dass ein Schwuler Kontakt/keine Nähe, haben mich ausgegrenzt o. Ä.). Es wurden unpassende Äußerungen 23 % 29 % 16 % 8% ihm die Tüten trägt.“ oder Witze gemacht. Ich wurde beleidigt oder beschimpft. 29 % 21 % 13 % 9% w, 21 Ich wurde schlechter bewertet/ 21 % 20 % 14 % 6% m, 48 benotet, als es meinen Leistungen entsprach. „Ich wurde in der S-Bahn Ich wurde isoliert oder verstoßen; 23 % 20 % 9% 5% der Kontakt zu mir wurde abgebrochen. von einer Gruppe Ich wurde bei der Jobsuche benachteiligt. 15 % 20 % 14 % 5% „ALS ICH SO betrunkener Frauen DICK WAR, HAT Mir wurden Leistungen, Hilfe, 21 % 19 % 10 % 4 % Services o. Ä. vorenthalten. angegriffen, angespuckt Ich wurde genötigt oder belästigt. 21 % 14 % 7% 4% und zu Boden gestoßen. … Ich wurde bedroht. 18 % 14 % 6% 4% MEIN VATER GESAGT: Niemand der anderen Meine kulturellen/individuellen Besonderheiten wurden ignoriert. 17 % 15 % 7% 3 ‚QUADRATISCH, Fahrgäste hat mir PRAKTISCH, GUT.‘ Ich wurde bei der Wohnungssuche benachteiligt. 11 % 13 % 6% 5% geholfen.“ Ich wurde körperlich verletzt 13 % 8% 5% 3 ICH WAR (geschlagen, gestoßen o. Ä.). Mir wurden geringe 7% 9% 5% 2 Deutschkenntnisse unterstellt. Selten Gelegentlich Häufig Sehr häufig TOTAL FERTIG.“ w, 39
Erleben & Wirkung | 23 VON SCHOCK BIS SCHULD. Das Erleben von Diskriminierung löst D ie ersten Reaktionen sind oft Unsicherheit und Irritation. Fragen schwirren durch den Kopf: „War das gegen mich gerichtet? War das ernst gemeint? War unterschiedlichste Gefühle aus. das Diskriminierung?“ Gerade schwere und unerwartete Vorfälle, die einen kalt erwischen, lassen Betroffene oft geschockt und sprachlos zurück. Extrem unangenehm ist das Opfergefühl. Neben Hilf- losigkeit und Ohnmacht empfinden Betroffene auch häufig Scham und Schuld. Scham deutet auf eine zu- mindest teilweise Aneignung der Vorurteile hin. Schuld ist ein seelischer Mechanismus, um aus der Ohnmacht herauszukommen und das Gefühl zu haben, solche Situationen verhindern zu können. „Ich frage mich oft, ob ich falsch rüberkomme, etwas falsch gemacht habe.“ Unsicherheit. m, 53 Irritation. Hilflosigkeit. „Was mich echt umgehauen hat: Ich war mit dem Fahrrad Scham. unterwegs und ein älterer Mann hat mir ‚Schwuchtel‘ ins Schuld. Gesicht gebrüllt.“ m, 21
Erleben & Wirkung | 24 „ICH HABE VON AUSGE- MICH IN MEINEM ZIMMER SCHLOSSENHEIT EINGESCHLOSSEN UND BIN NICHT BIS ANGST. MEHR RAUS- GEGANGEN.” A uf ein Merkmal reduziert und abgestempelt zu werden, fühlt sich unfair an. Die Gruppe oder Gesellschaft bestimmt, wer man ist und ob man dazu- Infolge schlechter Erfahrungen können sich auch Ängste aufbauen: vor Diskriminierung, Menschen oder eigenem Versagen. Betroffene berichten höhere gehört oder nicht. Man fühlt sich ausgeschlossen Empfindsamkeit und Verletzlichkeit, antizipieren und fremdbestimmt. überall Schlechtes. Diese Angstspirale ist schwer zu durchbrechen und prägt Menschen langfristig, auch Unbewusst nagen Vorurteile an einem und nisten wenn Merkmale wie z. B. Übergewicht gar nicht mehr sich ein. Langfristig entstehen dann oft Minderwer- vorhanden sind. tigkeitsgefühle und Selbstzweifel. Vielleicht haben die anderen ja auch recht? „Sobald ich Getuschel höre oder Blicke „ICH WAR NUR vermute, denke ich, DER DICKE, die verurteilen mich.“ DER REST VON w, 21 MIR WAR GAR m, 53 NICHT DA.“ m, 27
Erleben & Wirkung | 25 VON WUT BIS WEINEN. Die vorherrschenden Reaktionen auf Diskriminierung sind Wut, Ungerechtigkeitsempfinden und Trauer. S chwächer Diskriminierte empfinden am häufigsten Wut. Je stärker die Diskriminierung, desto stärker sind Gefühle wie Demütigung, Scham, Traurigkeit Beim Faktor Migrationshintergrund hat das Herkunfts- land Einfluss. Zum Beispiel fühlen sich Menschen mit türkischem Hintergrund häufiger ausgeschlossen; oder Ausgeschlossenheit. Menschen mit asiatischem häufiger entsetzt und entwertet. Jüngere (u. 35) fühlen sich vergleichsweise häufiger verunsichert und ausgeschlossen. Ältere (55 +) fühlen sich häufiger ohnmächtig und hilflos. LGBTIQ* fühlten sich häufiger gedemütigt, beschämt und verunsichert. Wie fühlen bzw. fühlten Sie sich aufgrund der erlebten Diskriminierung? Verärgert, wütend 54 % Ungerecht behandelt 54 % Traurig, deprimiert 49 % Entwertet, herabgesetzt, erniedrigt 41 % Verunsichert 41 % Ausgeschlossen, nicht zugehörig 36 % Gedemütigt, beschämt 36 % Entsetzt, schockiert, sprachlos 35 % Ohnmächtig, hilflos 29 % Angsterfüllt 17 % Sonstiges 2% Kaum betroffen 8%
Erleben & Wirkung | 26 DIE LANGZEIT- FOLGEN VON DISKRIMINIERUNG. Ist die erste Wut verebbt, machen sich Selbstzweifel und Ängste breit. W er Diskriminierung erlebt, beobachtet bei sich langfristig negative Folgen, wie Unsicherheit und Angst. Und je stärker die erlebte Diskriminierung, des- häufiger von Selbstzweifeln, Ängsten und Unsicher- heit. Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund äußern dagegen häufiger, auch ein „dickes Fell“ bekom- to mehr negative Folgen werden berichtet. Bestimmte men und Stärke und Selbstbewusstsein entwickelt zu Gruppen sind dabei besonders betroffen: Gerade Jün- haben. gere und Menschen der LGBTIQ*-Community berichten Welche längerfristigen Auswirkungen haben Sie aufgrund der erlebten Diskriminierung in den letzten 5 – 10 Jahren bei sich selbst beobachtet? Selbstzweifel, geringes Selbstbewusstsein 42 % Unsicherheit in sozialen Situationen 36 % Angst vor (bestimmten) Menschen oder sozialen Situationen 34 % Ich bin „dünnhäutig“/verletzlich/empfindlich geworden 34 % Veränderung des eigenen Charakters 27 % Versagensängste 26 % Ich bin unempfindlicher geworden, habe mir ein „dickes Fell“ zugelegt 24 % Angst, dass ich wieder diskriminiert werde 23 % Ich bin stärker/selbstbewusster geworden 22 % (Neigung zu) Aggressionen 18 % Sonstige 4% Keine Auswirkungen 10 %
Erleben & Wirkung | 27 DIE MEHRHEIT Sich wehren, andere zur Rede stellen Überwindung, Bewältigung Offensiv, kreativ, produktiv Sich auf selbst gewählten LEIDET STILL. Feldern beweisen, Stärke entwickeln Sublimierung (Kunst) Anderen helfen Die wenigsten schaffen es, aus Diskriminierung Stärke zu ziehen. Gegenteil beweisen, Vorbilder u/od. Positiv-Vorurteile nutzen E inige Betroffene schaffen es, ihr wahrgenommenes Bild zu überwinden und sich einen positiven Selbst wert sowie eine positive soziale Identität zu erhalten Diese können schließlich zur Internalisierung der Vor- urteile, Fixierung der Opferhaltung sowie zu schwe- rem Leiden und seelischen und physischen Erkran- Unterstützung suchen; Selbstwert stützen, Umgangs- Schützendes, Klischees erfüllen, oder aktiv aufzubauen. kungen führen. formen abgucken akzeptierendes Nischen suchen Umfeld suchen Im Vordergrund stehen allerdings Berichte unproduk- tiver Umgangsfromen mit Vorurteilen und Diskrimi- nierung wie Rückzug, Ignorieren, Verdrängen oder Humor, weglächeln, Vermeiden. Scherze machen Rückzug, Defensiv, unproduktiv bis neurotisch-destruktiv Vermeidung, Verschiebung Wie haben Sie auf die erlebten Vorurteile und Diskriminierungen in den letzten 5 – 10 Jahren reagiert? Flucht, (andere abwerten, Wie sind Sie mit den Diskriminierungen umgegangen bzw. wie gehen Sie aktuell damit um? Was davon Verstecken diskriminieren) haben Sie kurzfristig gemacht und was längerfristig? Ignorieren, aussitzen, Versucht, es zu ignorieren oder zu verdrängen 44 % 39 % verdrängen, leugnen, Schweres Leiden, Erkrankungen Bestimmte Situationen/ umdeuten, abschwächen 40 % 40 % Menschen gemieden Mit Humor/Scherzen reagiert 41 % 26 % Aggressives Agieren Mich zurückgezogen, verschlossen oder abgekapselt 34 % 28 % (schlagen, schreien) Mich aktiv gewehrt 39 % 21 % Privat Unterstützung gesucht Internalisierung, 33 % 25 % (Freunde, Familie o. Ä.) Wendung gegen Mir etwas gesucht, worin ich gut bin und meine Stärke(n) zeigen kann 27 % 30 % das eigene Selbst Viel gelernt, mich gebildet und mich doppelt Somatisierung 27 % 28 % angestrengt, um Stärke zu beweisen Möglichst nur noch mit Menschen Kontakt, 23 % 22 % die einen ähnlichen Hintergrund wie ich haben Anderen geholfen/ 21 % 23 % mich ehrenamtlich engagiert Ein neues Umfeld aufgesucht, Fixierung in Opfer- 17 % 21 % z. B. den Job oder die Schule gewechselt haltung, Leiden, Professionelle/organisierte Unterstützung gesucht (Selbsthilfegruppen, Therapie, Vereine) 16 % 18 % Krankheitsgewinn Hilfe im Internet gesucht (Tipps, Ratschläge, 19 % 8% Kontakt zu anderen Betroffenen o. Ä.) Mich an Lehrkräfte oder 20 % 7% Vorgesetzte gewandt Kurzfristig Längerfristig
Erleben & Wirkung | 28 VORURTEILE & DISKRIMINIERUNG MACHEN KRANK. E inige schaffen es, offensiv mit Diskriminierung umzugehen und sogar Stärke daraus zu ziehen. Die Mehrheit reagiert aber defensiv und frisst negative Gefühle in sich hinein. Langfristig kann das seelisch und körperlich krank machen.
Erleben & Wirkung | 29 Negative Gefühle manifestieren sich in DISKRIMINIERUNG körperlichen und seelischen Symptomen. F indet die seelische Bearbeitung von Diskriminie- rungserfahrungen nicht oder nur unzureichend In der quantitativen Stichprobe wird deutlich: Im Ver- gleich zu nicht Diskriminierten berichteten stark FÜHRT ZU statt, führt das zur Somatisierung, d. h., verdrängte Diskriminierte, häufiger an Krankheiten wie Depres- oder verleugnete Konflikte äußern sich in körperli- sionen, Migräne oder Burn-out gelitten zu haben. Auch chen Symptomen wie Erschöpfung, Schmerzen oder war bei ihnen die Zahl der Krankschreibungen höher Herzrasen. aufgrund von Symptomen, aber auch, um potenziellen RÜCKZUG FÜHRT Aggressoren aus dem Weg zu gehen. ZU ISOLATION Waren Sie in den letzten ca. 10 Jahren körperlich oder seelisch erkrankt? Wenn ja, worunter haben Sie gelitten? 2,3x so oft1 FÜHRT ZU 30 % 41 % Schlafstörungen 45 % 70 % DEPRESSION. 24 % 42 % Depressionen 41 % 59 % 24 % Herz-Kreislauf- 21 % 2,5x Erkrankungen 25 % 24 % so oft1 Magen-Darm- Erkrankungen 14 % 24 % 26 % 2,3x 32 % so oft1 13 % Angststörungen/ 25 % Phobien 23 % 9% 37 % 2,8x Zusammenbrüche/ 16 % so oft1 Burn-out 19 % 31 % 9% 3,4x Migräne/chronische 15 % Kopfschmerzen 20 % 27 % so oft1 5% Essstörungen 14 % 19 % 27 % 3x 11 % so oft1 Sonstiges 8% 10 % 16 % 40 % Nein, ich war nicht 23 % (ernsthaft) erkrankt 24 % 9% Nicht diskriminiert Diskriminierung unsicher Schwach diskriminiert Stark diskriminiert 1 Unterschied zwischen stark Diskriminierten und nicht Diskriminierten.
Erleben & Wirkung | 30 DISKRIMINIERUNG Und was entspricht Ihrem aktuellen Gesundheitszustand? 29 % 10 % MACHT DAS 44 44 42 41 der stark Diskrimi- der stark Diskriminierten sind nierten fühlen sich psychisch schwer erkrankt. rundum gesund. LEBEN WENIGER 33 32 31 30 29 26 25 24 23 LEBENSWERT. 17 16 15 12 12 10 10 10 10 10 5 Stark Diskriminierte fühlen sich kränker und unzufriedener Körperlich leicht erkrankt Körperlich schwer erkrankt Psychisch leicht erkrankt Psychisch schwer erkrankt Frührente, erwerbsunfähig o. Ä. Rundum gesund mit ihrem Leben. Nicht diskriminiert Diskriminierung unsicher Schwach diskriminiert Stark diskriminiert M enschen, die stark von Diskriminierung betroffen sind, fühlen sich verglichen mit nicht Diskrimi- nierten nicht nur 3x seltener rundum gesund, sie unzufrieden mit ihrem Leben im Allgemeinen. Die Zugehörigkeit zu einer stigmatisierten Gruppe erhöht also die Wahrscheinlichkeit, an bestimmten Krankheiten bezeichnen sich auch mehr als 7x häufiger als sehr zu leiden, und senkt die generelle Lebensqualität. „Zusammengenommen Wie zufrieden sind Sie alles in allem mit Ihrem Leben? erhöht die Zugehörigkeit zu 26 % einer stigmatisierten Gruppe 44 44 der stark Diskriminierten sind eher zufrieden mit ihrem Leben. 40 … die Gefahr, unter negativen 34 32 28 15 % der stark Diskrimi- nierten sind sehr 27 26 unzufrieden mit Folgen für die psychische ihrem Leben. 17 16 15 und physische Gesundheit 13 13 11 10 9 9 5 … zu leiden.“ 4 2 Sehr zufrieden Eher zufrieden Teils, teils Eher unzufrieden Sehr unzufrieden Nicht diskriminiert Diskriminierung unsicher Schwach diskriminiert Stark diskriminiert Hansen & Sassenberg, 2020
Erleben & Wirkung | 61 31 EIN TRAURIGER TEUFELSKREIS. Vorurteile können bewirken, dass sich Menschen tatsächlich in Richtung der Vorurteile entwickeln. Individuelle Ebene Durch Internalisierung und die erfahrene, spezielle Behandlung können Vorurteile zur selbsterfüllenden Prophezeihung werden: Werde ich für dumm gehalten, werde ich weniger ermutigt, wird mir weniger zugetraut, werde ich schlechter benotet. So erbringe ich tatsächlich geringere schulische/berufliche Leistungen. Gesellschaftliche Ebene Wird eine Gruppe als dumm, faul oder nur für geringe Tätigkeiten geeignet angesehen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Gruppenmitglieder tatsächlich nur gesellschaftlich schlechter angesehene Jobs erhalten. So bestätigt sich für viele subjektiv das Vorurteil. Für Betroffene ist es schwer, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
Erleben & Wirkung | 32 HALT UND STÄRKE FINDEN. Die Menschen im Umfeld beeinflussen die Folgen von Diskriminierung. Positiv und negativ. V iele von Diskriminierung Betroffene finden Halt und Stärke in der eigenen Familie, der Partner- schaft, dem Freundeskreis oder dem selbst gewählten Das direkte Umfeld kann aber auch schwächender Faktor sein: So beschreiben Betroffene auch Erlebnisse mit den eigenen Eltern, dem Lehrpersonal oder der sozialen Umfeld, wo sie Wertschätzung, Akzeptanz Schulklasse, die negative Gefühle verstärkt haben. und Liebe erfahren. Besonders LGBTIQ* profitieren von Jeder Einzelne trägt also mit seinem Verhalten eine Vorbildern. soziale Verantwortung für das Wohlbefinden anderer. „IM NEUEN JOB WAR DAS TEAM EIN BUNTER MIX Wer bzw. was gibt Ihnen Halt und Stärke im Leben? Wer akzeptiert Sie vollständig, unterstützt Sie und steht hinter Ihnen? Mit wem können Sie über alles reden? Welche Erfahrungen geben Ihnen Kraft und Stärke? AUS NATIONALITÄTEN, Eltern/Familie/Kinder 4,1 SCHWULEN, LESBEN, Partner 4,2 DICKEN UND DÜNNEN. Freunde 3,9 Kolleg*innen/Team an Arbeitsstelle 3,0 SEITDEM GEHT ES MIR Vereine/Gruppen Communitys, Foren o. Ä. im Internet 2,2 2,8 VIEL BESSER.” Eine glückliche Kindheit Mein starker Selbstbehauptungswille 3,4 3,7 Meine Durchsetzungskraft 3,7 m, 27 Mein Erfolg (im Job, im Sport o. Ä.) 3,4 Vorbilder (im realen Leben 2,7 oder auch in Filmen oder Serien) 1,0 Gibt mir keinen Halt/keine Stärke Gibt mir sehr viel Halt/Stärke 5,0
| 33 KAPITEL 3 KAPITEL 3 Prävention & Intervention
Prävention & Intervention | 34 FAUSTREGEL: 5 KONTAKTE KÖNNEN 1 VORURTEIL BRECHEN. D as effizienteste Mittel gegen Vorurteile ist Kontakt. Interessanterweise funktionieren auch stellvertretende Kontakte in Serien oder Werbung. Vielleicht haben die Bilder dieser Studie schon geholfen, Vorurteile zu reduzieren?
Prävention & Intervention | 35 DAS BESTE MITTEL GEGEN VORURTEILE: KONTAKT. Kontakt mit anderen baut Vorurteile ab, vor allem wenn er bestimmte Bedingungen erfüllt. A ls grobe Regel gilt: Mindestens fünf Kontakte zu Menschen einer bestimmten sozialen Gruppe sind nötig, um den Einzelnen nicht als Ausnahme zu sehen und das Vorurteil abzubauen. Besonders gut ist der Abbau von Vorurteilen möglich, wenn: • Menschen in der Kontaktsituation gemeinschaftliche Ziele verfolgen bzw. miteinander interagieren müssen, um ihre Ziele zu erreichen • die Beteiligten von etwa gleichem Status sind • Potenzial zum Anknüpfen von Bekanntschaften/ informellem Kontakt gegeben ist • es mehrere Mitglieder in jeder Gruppe gibt • der Kontakt in einem unterstützenden normativen Klima stattfindet Allport, 1954
Prävention & Intervention | 36 71 SERIEN KÖNNEN DIE WELT VERÄNDERN. Auch stellvertreten- der Kontakt durch O b Filme, Serien, Werbung oder unsere Social Media Feeds: Die Art, wie Menschen dort repräsentiert werden, beeinflusst unser Denken. Es lohnt sich also zu die Medien kann überprüfen, wem wir folgen oder was wir auf unsere Watchlist packen. Vorurteile abbauen. Tipps für alle Medienschaffende: •S ichtbare Diversität zeigen! Das beeinflusst, was in einer Gesellschaft als „normal“ und was als „fremd“ empfunden wird. • Freundschaft zeigen! Am größten ist der Effekt, wenn Mitglieder von Fremdgruppen und Eigengruppen freundschaftlich interagieren. •S tereotype brechen! Mitglieder diskriminierter Gruppen sollten auch in nicht stereotypkonformen Rollen gezeigt werden. •P erspektivwechsel anregen! Geschichten und Sichtweisen von Mitgliedern stigmatisierter Gruppen erzeugen Empathie. •H altung zeigen! Die öffentlich bekundete Haltung (noch besser: Verhalten) von Autoritäten hat eine große Wirkung. •N eu kategorisieren! Eine gemeinsame Eigengruppenidentität setzt Unterschiede zwischen Eigengruppe und Fremdgruppe auf ein übergeordnetes Niveau. • Vorbilder zeigen! Betroffene als starke, sympathische, wertvolle Persönlichkeiten zeigen und nicht als Opfer, da sonst Vorurteile reproduziert und indirekt verstärkt werden.
Prävention & Intervention | 37 WIR WOLLEN GESUND.MACHEN. Als tatkräftige Krankenkasse werden wir krank machende Vorurteile bekämpfen. A kut unterstützen wir als Krankenkasse selbst verständlich dabei, dass Betroffene unkompliziert die nötige Behandlung erhalten, z. B. mit unserer in der Gesellschaft zu reduzieren. Hierfür werden wir in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren weiter für das Thema sensibilisieren und konkrete 24-h-Hotline oder der Therapeutensuche. Maßnahmen entwickeln. Langfristig wollen wir aber nicht nur die Symptome, Auch als Unternehmen leben wir diese Haltung: Wir sondern auch die Ursachen bekämpfen: Vorurteile und stellen uns möglichst divers auf, fördern ein offenes Diskriminierung. Diese Studie ist daher für uns nur und inklusives Arbeitsumfeld, achten auf eine stereo- der Startschuss zu einem langfristigen Engagement, typfreie Kommunikation und werden insbesondere um dabei zu helfen, Vorurteile und Diskriminierung auch unbewusste Vorurteile, die jeder von uns hat, weiter bekämpfen.
Epilog | 38 Epilog WENIGER VORURTEILE. WENIGER KRANKHEITEN. M achen wir die Welt ein bisschen gesünder! Damit kann jeder in seinem eigenen Kopf anfangen. Und dabei helfen wir gerne. Mehr dazu auf Vorurteile-machen-krank.de
DANKE! Wir bedanken uns bei dem IKK classic-Team, Scholz & Friends, rheingold, C3, Wavemaker und allen Teilnehmenden der Studie. Darüber hinaus bedanken wir uns bei allen Menschen, politischen wie privaten Institutionen, Vereinen und Organisationen, die sich heute schon für das gleiche Ziel einsetzen: einen gesünderen und wertschätzenden Umgang von uns Menschen untereinander. DENN GESUNDHEIT IST UND BLEIBT DAS WICHTIGSTE IM LEBEN.
Impressum Autoren Zuständige Aufsichtsbehörde Copyright rheingold institut Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) Diese Studie des rheingold Instituts ist Uwe Hambrock und Stephan Urlings Friedrich-Ebert-Allee 38 von der IKK classic beauftragt worden und 53113 Bonn urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer- rheingold GmbH und Co. KG Telefon: 0228 619-0 tung außerhalb der engen Grenzen des Kaiser-Wilhelm-Ring 46 Fax: 0228 619-1870 Urheberrechtsgesetzes ist ohne vorherige 50672 Köln, Deutschland poststelle@bas.bund.de schriftliche Zustimmung der IKK classic Telefon: 0221 912 777-0 nicht gestattet und löst Unterlassungs- und Fax: 0221 912 777-55 Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Schadensersatzansprüche aus. Zudem ist rheingold@rheingold-online.de DE 283 627 786 die Urheberrechtsverletzung auch strafbar. rheingold-marktforschung.de Verantwortlicher im Sinne Haftungsausschluss Herausgeber des Presserechts Das Ziel der IKK classic ist es, aktuelle und IKK classic Maren Soehring genaue Informationen in diesem Medium info@ikk-classic.de maren.soehring@ikk-classic.de bereitzustellen. Allerdings kann nicht garan- Service-Hotline: 0800 455 1111 tiert werden, dass die in diesem Medium Fax: 0800 800 4551 Datenschutzbeauftragter verfügbaren Angaben tatsächlich aktuell, ikk-classic.de IKK classic umfassend, komplett oder genau sind. Bei Postanschrift Jörn Gerber den bereitgestellten Informationen handelt IKK classic datenschutz@ikk-classic.de es sich um Informationen allgemeiner Art, Tannenstraße 4 b die nicht auf die besonderen Bedürfnisse 01099 Dresden Umsetzung/Design bestimmter Personen oder Unternehmen abgestimmt sind. Insbesondere soll durch Die IKK classic ist eine Körperschaft Gestaltung sie keine rechtliche, sozialrechtliche oder des öffentlichen Rechts. Scholz & Friends Düsseldorf GmbH gesundheitliche Beratung i. S. v. § 14 SGB I Vertretungsberechtigt erfolgen. Illustrationen Frank Hippler Malte Müller Vorstandsvorsitzender Kai Swoboda Abbildungen Stellvertretender Vorstandsvorsitzender Shutterstock, gettyimages, AdobeStock Die Zahlenwerte der – in diesem Werk enthaltenen – Diagramme wurden aus Darstellungs- gründen auf ganze Zahlen gerundet. Dadurch kann es an entsprechenden Stellen gegebe- nenfalls zu minimalen Abweichungen kommen, die dazu führen, dass Gesamtwerte leicht über oder unter 100 % liegen. Entsprechende Aussagen in diesem Werk basieren jedoch auf den originalen Zahlenwerten.
WIR WOLLEN GESUND.MACHEN. Mehr auf Vorurteile-machen-krank.de
Sie können auch lesen