Mathematisches Grundwissen und -können in der Lehrplangestaltung - math-learning

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Mathematisches Grundwissen und -können in der Lehrplangestaltung - math-learning
Mathematisches
Grundwissen und -können
in der Lehrplangestaltung

„Du fragst mich, welches das Maß des Reichtums sei?
Fürs erste zu haben was nötig ist,
nächst dem, was genug ist.“
(Seneca in seinen Briefen an Lucilius)

                                                      Regina Bruder
                                           Technische Universität Darmstadt
                                            FB Mathematik, AG Fachdidaktik
                                                www.math-learning.com
Mathematisches Grundwissen und -können in der Lehrplangestaltung - math-learning
Überblick

1. Historische Verortung der aktuellen Diskussionen zum Thema
   „Mathematisches Grundwissen“

2. Kurzer begrifflicher Exkurs: Wissen – Kenntnisse – Kenntnisqualitäten

3. Wege zur Darstellung von verfügbaren Grundlagen zur Orientierung
   für die Lehrkräfte

4.     Zusammenfassung

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
                                                                     2
Historisches

BRD prognostizierte eine Bildungskatastrophe: Beschluss der Kulturministerkonferenz zur Modernisierung
des MU Oktober 1968:
          „Der Fortschritt in der Mathematik und das Eindringen moderner mathematischer
          Betrachtungsweisen in Wissenschaften, die für Wirtschaft, Gesellschaft und Staat von
          Bedeutung sind, machen eine Modernisierung des Mathematikunterrichts an allen Schulen
          notwendig. (...)
          Nur wenn der Mensch frühzeitig Einsichten in naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen und
          Verständnis für mathematische Strukturen gewonnen hat, kann er die Probleme lösen, vor die
          er in der modernen, rationalisierten Welt gestellt wird.“

Mitte siebziger Jahre – Stimmungsumschwung in den USA: „Why Jonny can’t add ?“
Parole: „Mengenlehre macht krank“         Reaktion: „back to the basics“- Bewegung

Ende achtziger Jahre: Grafik- bzw. CAS-fähige Taschencomputer führen zu Inhaltsverschiebungen und
zur Reduktion der Kalküle
2004 Mangelndes Anwendenkönnen von Grundlagen in TIMS und PISA führte zu Bildungsstandards und
Kompetenzorientierung

2010 IHK Braunschweig „Notstand in Mathematik“ – verantwortlich sei der Taschencomputer
2017 „Brandbriefe“; die Abiturprüfung und der Übergang Schule-Hochschule werden diskutiert und die
Kompetenzorientierung in Frage gestellt
                                              Reaktion: „back to the basics“ auf neuem Niveau

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Wechsel der Schwerpunkte in der Geschichte
des MU

                                                                Aktuelle Aussöhnungsprobleme:

                                                                Aussöhnung zwischen inner- und
                                                                außermathematischen
                                                                Anwendungen, zwischen
                                                                Argumentieren und Modellieren

                                                                Ausbalanzierung zwischen
                                                                mathematischem Grundwissen
                                                                und Grundkönnen
                                                                und
                                                                den typischen mathematischen
                                                                Handlungen (Argumentieren,
                                                                Modellieren, Operieren versus
                                                                Algorithmieren…)
                                                                als Lerninhalte und -ziele

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Was führt zu diesen Pendelbewegungen?

Die Wichtung unterschiedlicher Zielperspektiven auf mathematisches
Grundwissen und Grundkönnen:

 eine fachwissenschaftlich-systematische Perspektive,

 eine allgemeinbildende-reflexionsorientierte Perspektive und

 eine nützlichkeits- und anwendungsorientierte Perspektive.

Quelle:
Bruder, R., Feldt-Caesar, N., Pallack, A., Pinkernell, G. & Wynands, A. (2015). Mathematisches Grundwissen und Grundkönnen in der Sekundarstufe
II. In W. Blum et al. (Hrsg.), Bildungsstandards aktuell: Mathematik in der Sekundarstufe II. Braunschweig: Schrödel, S. 108-124 .
Historische Entwicklungen – und wie könnte es
weiter gehen?

  Früher: Entwickelt wurden Lehrpläne als Inhaltskataloge
 (wissensbasiert)

  Jetzt: Erarbeitet werden Kerncurricula als Kompetenzkataloge
 (handlungsbasiert)

                Zukunft:
                - notwendig wird eine (erneute) Zusammenführung von Wissen
                und Handeln (Können) z.B. mit Grundwissenskatalogen und
                prototypischen (mathematischen) Anwendungsfeldern
                                 Mögliche Fragestellung für gesellschaftlichen Diskurs:
                                 In welchen Anwendungssituationen/Kontexten sollen sich
                                 Schulabsolvent_innen (mathematisch) auskennen bzw.
                                 handlungsfähig sein?
                                 (Perspektive aller drei Grunderfahrungen einnehmen! Literacy-Konzept greift zu kurz…)

24.1. 2018 | Fachbereich Mathematik | AG Didaktik | Regina Bruder | 24
Relevante „Anwendungskontexte“ in Form von
typischen mathematischen Problemstellungen

• Anteile beschreiben und vergleichen (mit Brüchen, Prozentrechnung, …)

• Entfernung unzugänglicher Punkte bestimmen (mit Beziehungen in rechtwinkligen
  Dreiecken; Strahlensätzen…)

• Optimieren von Prozessen und Objekten (z. B. Verpackungen, Kurvenparameter)

• Beziehungen zwischen Zahlen und Figuren beschreiben; Visualisieren
  algebraischer Zusammenhänge

• Beschreiben von Datensätzen und (lokalen und globalen) Änderungen

• Figuren erzeugen in Ebene und Raum und Eigenschaften untersuchen …
• Zufall beschreiben

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Was ist wesentlich? Orientierung an der
Curriculumspirale

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                                                                                        Die Leitideen
                                                           Abstände                     bereits enger mit
                                                          berechnen                     typ. math.
        Figuren                                                                         Handlungen
                                                                      Datensätze
        erkennen                                                                        verbinden
        untersuchen                                                   beschreiben
        erzeugen                                                      darstellen
        variieren                                                     strukturieren

                                                                                      Objekte (und Prozesse)
                                                                                      optimieren

                          Geometrische Aspekte:
  Algebraische            Raum
  Aspekte: Zahl
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Überblick

1. Historische Verortung der aktuellen Diskussionen zum Thema
   „Mathematisches Grundwissen“

2. Kurzer begrifflicher Exkurs: Wissen – Kenntnisse – Kenntnisqualitäten

3. Wege zur Darstellung von verfügbaren Grundlagen zur Orientierung
   für die Lehrkräfte

4.     Zusammenfassung

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                                                                     9
2. Kurzer begrifflicher Exkurs:
Wissen – Kenntnisse - Kenntnisqualitäten
Weinert unterscheidet zwischen Intelligentem Wissen,
Handlungskompetenzen und Metakompetenzen.

Weinerts frühere Arbeiten zu intelligentem Wissen legen nahe:
Kompetenzen benötigen Wissen als Grundlage:
   ● solide, verfügbar; gut verknüpft; flexibel nutzbar

Dieses Wissen soll angeeignet werden:
    ● aktiv; konstruktiv; in zunehmendem Maße selbstverantwortlich.

                                         „Vorwissen – nicht etwa Motivation, Intelligenz oder
                                         Lernstrategien – ist nach den Befunden psychologischer
                                         Forschung zweifelsfrei der bedeutsamste Einzelfaktor für
                                         das Zustandekommen von Problemlöse- und
                                         Lernleistungen.“ (Renkl 2008)

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Wissen (allgemein) – Kenntnisse (individuell)
Erkenntnistheoretische Unterscheidung
●   Wissen: Gültigkeit, Verankerung im kollektiven Bewusstsein                 (Pippig)

    … in Sätze gegossene Information…(Bartels/Vogeley 2005)

●   Kenntnisse: „individuelle, rationale im Gedächtnis fixierte Abbilder
    objektiver Realität [...], die dem Menschen ermöglichen, sich seiner selbst
    bewusst zu werden, zu allen Erscheinungen der Welt eine Position zu beziehen
    und durch seine Tätigkeit bewusst Beziehungen zur Welt zu realisieren.“ (Pippig 1980)
    (Kontextbezug, Situiertheit…)

(Individuelle) Kenntnisqualitäten
Verfügbarkeit – Exaktheit – Allgemeinheit – Übertragbarkeit (nach Pippig 1985)
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Bildungsanliegen – normativ                                     Individuenebene (SuS)

                                             Wissen             Kenntnisse

                                             Können             Fähigkeiten,
                                                                Fertigkeiten
                                           Volitionen…  Lernmotivation
                                                        Selbstregulation…
                           -------------------------------------------------------
                                  Kompetenz             individuelle Kompetenzfacetten
                                       (i.S.v. Weinert)         zum aktuellen Zeitpunkt

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                                                                                          12
Zwei Fragen wären zu klären:
    - Welche Grundwissenselemente sollen wie beherrscht werden?

  Bildungsanliegen – normativ                                      Individuenebene (SuS)
Begriffe
Zusammenhänge
Verfahren        Grundwissen
                             > Wissen
                  Reflexionswissen
                        …….
                                                                   Kenntnisse

                 Grundkönnen > Können                              Fähigkeiten,
                       ……..                                        Fertigkeiten

                                              Volitionen…          Lernmotivation
                                                                   Selbstregulation…
                               +
                              -------------------------------------------------------
   Basiskompetenzen                       Kompetenz
              …….                   >     (i.S.v. Weinert 2001)
                                                                   individuelle Kompetenz
                                                                   zum aktuellen Zeitpunkt

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                                                                                             13
Wie sollen die ausgehandelten Grundwissenselemente
    beherrscht werden?
    Verfügbarkeit – Exaktheit – Allgemeinheit – Übertragbarkeit

Verfügbarkeit – Beschreibung –                                      Unterscheidung zwischen exemplarischen,
                                                                    reaktivierbaren und sicheren Kenntnissen
•   Zeitunabhängigkeit und
    Situationsunabhängigkeit
                                                                ●   Automatisierte Verwendung von Kenntnissen ist möglich

•   Einordnung bei Pippig
                                                                ●   Kenntnisse sind dauerhaft ohne äußere Hilfen unter
       •    Dauerhaftigkeit: „Zeitspanne, in der                    vielfältigen Bedingungen verfügbar
            Kenntnisse nach dem Einprägen noch
            reproduzierbar sind.“                               ●   Kenntnisse sind sporadisch verfügbar, Hilfesysteme
       •    Disponibilität: „Anwendbarkeit unter                    können gegebenenfalls selbständig genutzt werden
            unterschiedlichen äußeren                           ●   Kenntnisse sind sporadisch verfügbar, Hilfesysteme
            Bedingungen.“                                           müssen von außen aktiviert werden
       •    Widerstandsfähigkeit: „Resistenz
            gegen äußere Einflüsse.“                            ●   Kenntnisse sind episodisch verfügbar

                                                                ●   Kenntnisse sind nicht verfügbar und nicht reaktivierbar
                                                                    (im engeren Sinne keine Kenntnisse)
                                                                                                           *vgl. auch Sill (2004)
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Begriffsdefinition und Abgrenzungen

„Als Mathematisches Grundwissen bezeichnen wir jene mathematischen
Begriffe, Zusammenhänge und Verfahren, die langfristig und situationsunabhängig,
das heißt insbesondere ohne den Einsatz von Hilfsmitteln, verfügbar sein sollen.
Ein solchermaßen verstandenes Grundwissen umschließt sowohl konzeptionelles
als auch operatives Wissen.“
Feldt-Caesar, N. (2017). Konzeptualisierung und Diagnose von mathematischem Grundwissen und Grundkönnen.
Wiesbaden, Springer.

          Beispiele für mögliche Ergebnisse entsprechender Aushandlungsprozesse:

          Eine geg. quadratische Gleichung bei geg. Lösungsformel lösen.
          (Beispiel bei Sill zu sicherem Wissen und Können)

          Wissen was zu tun ist, um eine geg. math. Begründung bzgl. ihrer
          Korrektheit zu prüfen.
6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Überblick

1. Historische Verortung der aktuellen Diskussionen zum Thema
   „Mathematisches Grundwissen“

2. Kurzer begrifflicher Exkurs: Wissen – Kenntnisse – Kenntnisqualitäten

3. Wege zur Darstellung von verfügbaren Grundlagen zur Orientierung
   für die Lehrkräfte

4.     Zusammenfassung

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                                                                     16
3.     Wege zur Darstellung von verfügbaren
       Grundlagen zur Orientierung für die
       Lehrkräfte
 Beispielmaterial ergänzend zum KC:
        Aufgaben zur hilfsmittelfreien Bearbeitung im Mathematikunterricht
        Gymnasiale Oberstufe im Land Brandenburg (LISUM, 2013)

Gegeben ist eine Funktion f mit f(x) = –(x – 2)² + 4; (x reell).
Geben Sie die Anzahl der Nullstellen an und begründen Sie Ihre Entscheidung.

Die Funktion f mit dem Graphen G hat die Gleichung f(x) = - 0,5x² + 5x-10.
Berechnen Sie den Anstieg von G im Punkt P(2|f(2)).
Geben Sie die Gleichung der waagerechten Tangente an den Graphen G an.
        Kommentar
        Die Schülerinnen und Schüler kennen Ableitungen von ganzrationalen Funktionen und
        interpretieren die Ableitung an einer Stelle als Anstieg. Sie nutzen die Bedingung: „Wenn
        xE eine Extremstelle ist, dann muss an dieser Stelle m = 0 gelten.“

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
3.     Wege zur Darstellung von verfügbaren
       Grundlagen zur Orientierung für die
       Lehrkräfte
   Beispielmaterial ergänzend zum KC:
          Aufgaben zur hilfsmittelfreien Bearbeitung im Mathematikunterricht
          Gymnasiale Oberstufe im Land Brandenburg (LISUM, 2013)

   Einbindung in Lernmaterialien – Ausweisen des hilfsmittelfreien Wissens
    und Könnens
                 CAliMERO – Schülermaterial SI und Oberstufe

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Was soll noch „händisch“ gekonnt werden?
   Beispiele für Grundwissen – welche Verfügbarkeit?

                                                        Rechnerfreie Fertigkeiten

1. Sie sollten in der Lage sein, die zweite und dritte Ableitung von ganzrationalen Funktionen und Funktio-
   nenscharen zu berechnen.
2. Sie sollten mit Hilfe der zweiten und ggf. dritten Ableitung Wendepunkte berechnen können, wenn die
   zweite Ableitung eine lineare Funktion ist oder eine quadratische ohne konstantes oder ohne lineares
   Glied.
3. Sie sollten aus dem Verlauf eines Graphen erkennen können, wo ggf. Wendepunkte liegen.
4. Sie sollten aus gegebenen Eigenschaften von Funktionsgraphen Gleichungen zur Bestimmung der
   Funktionsgleichung aufstellen können.
5. Sie sollten einfache Koeffizientenmatrizen mit Hilfe des Gauß-Algorithmus in die Dreiecks- bzw. Zeilen-
   Stufenform umformen können.

                     4. Der Graph der Funktion f hat im Ursprung eine waagerechte Tangente, verläuft durch den Punkt   P(1|1) und hat dort die Steigung 2. Bestimmen Sie den
                        Funktionsterm.

 6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Was soll noch „händisch“ gekonnt werden?
Beispiele für Grundwissen (sicheres Wissen)
                                                        Rechnerfreie Fertigkeiten

 Darstellung im Projekt CAliMERO

                Beschreibende Statistik

                    •    Sie sollen einfache Häufigkeitsverteilungen graphisch in Form von Boxplots und
                         Histogrammen darstellen und wesentliche Kenngrößen (Stichprobenumfang, Lagemaße:
                         Median bzw. arithmetisches Mittel x ) und Streumaße (Minimum, Maximum, Spannweite,
                         Quartilsabstände bzw. empirische Standardabweichung sn) berechnen können.
                    •    Sie interpretieren Häufigkeitsverteilungen in diesen Darstellungsformen.

                Wahrscheinlichkeitsverteilungen

                    •    Sie sollen zu einfachen Wahrscheinlichkeitsverteilungen die Wahrscheinlichkeiten von
                         Ereignissen berechnen und den Erwartungswert sowie die Standardabweichung berechnen
                         können.

                    •    Sie sollen die Bernoulli-Formel zu einer gegebenen Binomialverteilung aufstellen und für
                         einfache n, k und p Wahrscheinlichkeiten berechnen sowie den Erwartungswert und die
                         Standardabweichung.

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
3.     Wege zur Darstellung von verfügbaren
       Grundlagen zur Orientierung für die
       Lehrkräfte
      Beispielmaterial ergänzend zum KC:
           Aufgaben zur hilfsmittelfreien Bearbeitung im Mathematikunterricht
           Gymnasiale Oberstufe im Land Brandenburg (LISUM, 2013)

      Einbindung in Lernmaterialien – Ausweisen des hilfsmittelfreien
       Wissens und Könnens
                 CAliMERO – Schülermaterial SI und Oberstufe

      Formulierung von Grundkompetenzen als Grundlage für
       Prüfungsanforderungen – ergänzend zum KC
            Beispiel: Österreich

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Grundkompetenzen für die
standardisierte schriftliche Reifeprüfung
in Mathematik (Österreich) 2013 https://www.bifie.at/node/1442
Algebra und Geometrie
1. Grundbegriffe der Algebra
AG 1.1 Wissen über die Zahlenmengen verständig einsetzen können.
AG 1.2 Wissen über algebraische Begriffe angemessen einsetzen können: Variable, Terme, Formeln,
(Un-)Gleichungen, Gleichungssysteme; Äquivalenz, Umformungen, Lösbarkeit
Anmerkung: Bei den Zahlenmengen soll man die Mengenbezeichnungen und die Teilmengenbeziehungen kennen, Elemente angeben
sowie zuordnen können und die reellen Zahlen als Grundlage kontinuierlicher Modelle kennen. Zum Wissen über die reellen Zahlen
gehört auch dass es Zahlenbereiche gibt die über hinausgehen. Die algebraischen Begriffe soll man anhand von einfachen Beispielen
beschreiben/erklären und verständig verwenden können.

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Grundkompetenzen für die
standardisierte schriftliche Reifeprüfung
in Mathematik (Österreich) 2013 https://www.bifie.at/node/1442
Algebra und Geometrie
1. Grundbegriffe der Algebra
AG 1.1 Wissen über die Zahlenmengen verständig einsetzen können.
AG 1.2 Wissen über algebraische Begriffe angemessen einsetzen können: Variable, Terme, Formeln,
(Un-)Gleichungen, Gleichungssysteme; Äquivalenz, Umformungen, Lösbarkeit
Anmerkung: Bei den Zahlenmengen soll man die Mengenbezeichnungen und die Teilmengenbeziehungen kennen, Elemente angeben
sowie zuordnen können und die reellen Zahlen als Grundlage kontinuierlicher Modelle kennen. Zum Wissen über die reellen Zahlen
gehört auch dass es Zahlenbereiche gibt die über hinausgehen. Die algebraischen Begriffe soll man anhand von einfachen Beispielen
beschreiben/erklären und verständig verwenden können.

2. (Un-)Gleichungen und Gleichungssysteme
AG 2.1 Einfache Terme und Formeln aufstellen, umformen und im Kontext deuten können.
AG 2.2 Lineare Gleichungen aufstellen, interpretieren, umformen/lösen und die Lösung im Kontext deuten
können.
AG 2.3 Quadratische Gleichungen in einer Variablen umformen/lösen, über Lösungsfälle Bescheid wissen,
Lösungen und Lösungsfälle (auch geometrisch) deuten können.
AG 2.4 Lineare Ungleichungen aufstellen, interpretieren, umformen/lösen, Lösungen (auch geometrisch)
deuten können
AG 2.5 Lineare Gleichungssysteme in zwei Variablen aufstellen, interpretieren, umformen/lösen, über
Lösungsfälle Bescheid wissen, Lösungen und Lösungsfälle (auch geometrisch) deuten können.
Anmerkung: Einfache Terme können auch Potenzen, Wurzeln, Logarithmen, Sinus etc. beinhalten. Umformungen von Termen,
Formeln oder Gleichungen, Ungleichungen und Gleichungssystemen beschränken sich auf Fälle geringer Komplexität.
6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Kompetenzmodell

R. Bruder, T. Hascher, T. Linnemann, H.-St. Siller
Kompetenzmodell

R. Bruder, T. Hascher, T. Linnemann, H.-St. Siller
3.     Wege zur Darstellung von verfügbaren
       Grundlagen zur Orientierung für die
       Lehrkräfte
    Beispielmaterial ergänzend zum KC:
         Aufgaben zur hilfsmittelfreien Bearbeitung im Mathematikunterricht
         Gymnasiale Oberstufe im Land Brandenburg (LISUM, 2013)

    Einbindung in Lernmaterialien – Ausweisen des hilfsmittelfreien
     Wissens und Könnens
               CAliMERO – Schülermaterial SI und Oberstufe

    Formulierung von Grundkompetenzen als Grundlage für
     Prüfungsanforderungen – ergänzend zum KC
          Beispiel: Österreich

    Einbinden eines Übergangsprofils SI – SII mit notw. Voraussetzungen
          Beispiel: KC Hessen
6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Anschlussprofil von 9G in die gymnasiale
Oberstufe (Hessen, 2005)
Voraussetzung und Grundlage für eine erfolgreiche Mitarbeit im Fach Mathematik in der
gymnasialen Oberstufe sind die in der Sekundarstufe I erworbenen Qualifikationen und
Kenntnisse. Diese sollten für einen kontinuierlich aufeinander aufbauenden Unterricht als
mathematische Werkzeuge zur Verfügung stehen oder - falls notwendig - durch eine in den
laufenden Unterricht integrierte, dennoch weitgehend selbstständige Wiederholung wieder
verfügbar gemacht werden können.
                                                                                     Idee: +
Zahlbereiche IN, Z, Q, IR                                                            Umsetzung: - -
Sichere Beherrschung der Grundrechenarten (mit Bruchzahlen und Dezimalzahlen);
Betrags- und Größenvergleich
Teilbarkeit, Primzahlen, Primfaktorzerlegung
Proportionale und antiproportionale Funktionen
Prozentrechnung; Zinsrechnung
Funktionsgleichung; Definitionsbereich, Wertebereich, Graph einer proportionalen und antiproportionalen
Funktion
Quotienten- und Produktgleichheit
Grundaufgaben der Prozent- und Zinsrechnung; vermehrter bzw. verminderter Grundwert
Anwendungen der Prozent- und Zinsrechnung z. B. in Naturwissenschaften und Wirtschaft
Termumformungen Distributivgesetz…
6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Mögliche Optionen zur Weiterentwicklung der
Rahmenpläne/KC:

Weiterentwicklung der Anforderungsbereiche:

 Orientierung an Kompetenzstufenmodellen für eine langfristige
  Anreicherung von Wissen und Können

 Integration von Reflexionswissen und Ausweisen von Grundwissen mit
  Verfügbarkeitsstufen - Übergangsprofil

 Ausweisen von Themenfeldern/Kontextbereichen, in denen
  Anwendungsfähigkeit von Grundwissen und Grundkönnen erwartet wird
 Abgrenzung vom Qualifikationsrahmen

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Zusammenfassung

1. Extreme Pendelausschläge vermeiden!
   Beides ermöglichen und angemessen fördern:
        Sichere, reaktivierbare und exemplarische Mathematikkenntnisse
        für alle und deren vielseitiges Anwenden mit typischen
        mathematischen Tätigkeiten („Kompetenzorientierung“)

2. In den Kerncurricula Inhaltsaspekte (Leitideen) und Handlungsaspekte
   (prozessbezogene Kompetenzen) nicht künstlich trennen, sondern möglichst
   zusammenführen (Bsp. Grundkompetenzen in Österreich, SII KC in Niedersachsen – ohne Lernbereiche)

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Backup und Literatur
 Bruder, R. (1990). Orientierung auf das Wesentliche im Mathematikunterricht mit Hilfe von „Grundaufgaben“ fur jedes
  Stoffgebiet. Wissenschaftliche Zeitschrift der Padagogischen Hochschule Potsdam, 34, 155–159.
 Bruder, R., Feldt-Caesar, N., Pallack, A., Pinkernell, G. & Wynands, A. (2015). Mathematisches Grundwissen und
  Grundkönnen in der Sekundarstufe II. In W. Blum et al. (Hrsg.), Bildungsstandards aktuell: Mathematik in der
  Sekundarstufe II. Braunschweig: Schrödel, S. 108-124.
 Druke-Noe, C., Moller, G., Pallack, A., Schmidt, S., Schmidt, U., Sommer, N. & Wynands, A. (2011). Basiskompetenzen
  Mathematik fur den Alltag und Berufseinstieg am Ende der allgemeinen Schulpflicht (mit CD-ROM). Berlin: Cornelsen.
 Feldt-Caesar, N. (2017). Konzeptualisierung und Diagnose von mathematischem Grundwissen und Grundkönnen.
  Wiesbaden, Springer.
 Fischer, R. (2001). Hohere Allgemeinbildung. In A. Fischer (Hrsg.), Situation und Ursprung von Bildung (S. 151–161).
  Leipzig: Universitatsverlag.
 Peschek, W. (2011). Zentralmatura Mathematik: Sicherung von mathematischen Grundkompetenzen fur alle.
  Internationale Mathematische Nachrichten, 216, 15–30.
 Pinkernell, G. & Bruder, R. (2011). CAliMERO (2005–2010): CAS in der Sekundarstufe I – Ergebnisse einer
  Langsschnittstudie. Beitrage zum Mathematikunterricht (S. 627–630). Munster: WTM.
 Pinkernell, G. & Greefrath, G. (2011). Mathematisches Grundwissen an der Schnittstelle Schule-Hochschule.Der
  mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht, 64 (2), 109–113.
 Sill, H.-D. (2010). Probleme und Erfahrungen mit „Mindeststandards“. GDM-Mitteilungen, 88, 5–11.
 Sill, H.-D., Kowaleczko, E., Kretzschmar, H., Lindstedt, E., Muller, V. & Sabelus, H. (2005). Sicheres Wissen und Konnen,
  Geometrie im Raum, Sekundarstufe I. http://www.math.uni-rostock.de/~didaktik/sichertxt-dateien/SWK_raeumliche_Geometrie.pdf
 Sill, H.-D. & Sikora, C. (2007). Leistungserhebung im Mathematikunterricht. Theoretische und empirische Studien.
  Hildesheim: Franzbecker.
 Siller, H.-S., Bruder, R., Hascher, T., Linnemann, T., Steinfeld, J. & Schodl, M. (2013). Stufenmodellierung mathematischer
  Kompetenz am Ende der Sekundarstufe II. In G. Greefrath, Fr. Kapnick & M. Stein (Hrsg.), Beitrage zum
  Mathematikunterricht (S. 950–953). Munster: WTM.
6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Quellenverzeichnis lerntheoretischer Hintergrund

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Vorstellung einzelner Konzepte
               - Basiskompetenzen

Druke-Noe, C., Moller, G., Pallack, A., Schmidt, S., Schmidt, U., Sommer, N. & Wynands, A. (2011). Basiskompetenzen
Mathematik fur den Alltag und Berufseinstieg am Ende der allgemeinen Schulpflicht (mit CD-ROM). Berlin: Cornelsen.

    Basiskompetenzen

     „Als Basiskompetenzen in Mathematik bezeichnen wir die mathematischen
      Kompetenzen, über die alle Schülerinnen und Schüler aller Bildungsgänge
       am Ende der allgemeinen Schulpflicht mindestens und dauerhaft verfügen
       müssen. Sie sind Voraussetzung für eine eigenständige Bewältigung von
        Alltagssituationen und die aktive Teilhabe als mündige Bürgerinnen und
         Bürger am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Sie sind ebenso
              Voraussetzung für einen Erfolg versprechenden Beginn einer
              Berufsausbildung und die Ausübung beruflicher Tätigkeiten.

   Wer nicht über die Basiskompetenzen verfügt, wird vermutlich nicht hinreichend in der Lage sein, in
    jenen Situationen ohne Hilfe zurechtzukommen. Diese Schülerinnen und Schüler müssen rechtzeitig
                                             besonders intensiv gefördert werden."

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Sicheres Wissen und Können bei H.-D. Sill

●     Grundsätzliches zur Entwicklung des Konzepts:
       ●    Beginn 2002 nach Schockerlebnis in Vergleichsarbeiten
       ●    Forderung nach Mindeststandards bei Klieme als Ausgangspunkt
       ●    Umfassende Aufgabenkataloge mit didaktischen Kommentaren zu
            Themengebieten der Sek. I (Bsp. Größen 2004), 2009 umfassender
            Katalog im Rahmen der Kerncurricula zur Sek. II

●      Wichtigste Eckpunkte
      ●    Sicheres Wissen und Können umfasst „sichere inhaltliche
           Grundvorstellungen, Grundfertigkeiten und Grundkenntnisse.“ Damit sollen
           „die Wissens- und Könnenselemente beschrieben werden, die bei jedem
           Schüler so ausgebildet sein sollen, dass er sie jederzeit ohne weitere
           Vorbereitung abrufen kann. Dabei wird vorausgesetzt, dass er in der Regel
           keine weiteren Hilfsmittel zur Verfügung hat.“
      ●    Abgrenzung zu Reaktivierbarem Wissen (mit gezielter Vorbereitung
           verfügbar) und Exemplarischem Wissen (einprägsame Beispiele)

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Sicheres Wissen und Können bei Hans-Dieter
Sill (3)

      Schreibe als Term.
      a) die Summe aus 25 und x
      b) das Produkt aus y und 5,3
      c) das Quadrat von a
      d) das Fünffache der Summe aus a und b
      e) das Doppelte von z
      f) die Hälfte von x vermehrt um 9,5

                                                                Aus Bücherregalen der Länge 40 cm und 80 cm
                                                                 kann eine Regalwand zusammengestellt
                                                                werden. Gib einen Term an, mit dem die Länge
                                                                der Regalwand allgemein beschrieben
                                                                werden kann.

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Grundwissen bei Fischer/Peschek (2)

      Eigenschaften von Grundwissen
      ●    Fachlich grundlegend, gesellschaftlich relevant (im Sinne der
           Kommunikationsfähigkeit)
      ●    Grundwissen vs. Grundkompetenzen
      ●    Längerfristige Verfügbarkeit und auch massenhafte
           Überprüfbarkeit der Grundkompetenzen
    Zielstellungen
      ●    Entscheidungs-, Kommunikationsfähigkeit
    Identifizierung/Konstruktion von Grundwissen
      ●    Demokratische Aushandelung
      ●    Expertenbasierte Erarbeitung anhand des
           Bildungsverständnisses

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Grundwissen bei Fischer/Peschek
(3) Typische Aufgabe bei Fischer

        Bei der letzten Wahl gewann die XPÖ 30 % der Stimmen.
           Eine Blitzumfrage von 100 Personen ergab einen Anteil
           von 23 %. Wenn sich der Anteil nicht geändert hat, hat
           dieses Ergebnis eine Wahrscheinlichkeit von 6 % (kann
           man Errechnen). Was folgt daraus auf dem
           Signifikanzniveau 0,95:

        A Die Partei hat in der Wählergunst abgenommen.
        B Aus dem Testergebnis kann nicht geschlossen werden, daß
           die Partei Stimmen verloren hat.
        C Die Partei hat in der Wählergunst nicht abgenommen, denn
           die Abweichung ist mit 94 % zufällig.
        D Die Partei hat in der Wählergunst nicht abgenommen, denn
           der Stichprobenumfang ist zu gering.

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Grundwissen bei Fischer/Peschek
(4) Aufgabe bei Kröpfl/Peschek

 Grundkompetenz: Den typischen Verlauf des Graphen einer linearen Funktion
 kennen. Die Wirkung der Parameter k und d kennen und die Parameter in
 unterschiedlichen Kontexten deuten können.

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Vergleichende Beispielaufgaben
Basiskompetenzen - Drüke-Noe et al 2011

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Vergleichende Beispielaufgaben
Sicheres Wissen und Können - Sill

      Fülle die Lücken aus und löse folgende Aufträge für die Funktion mit der Gleichung
      y = 3x - 2.
      Dem Argument x = 4 wird der Funktionswert y =..... zugeordnet.
      Der Funktionswert y = 7 gehört zum Argument x =..... .
      Eine Funktion mit dieser Funktionsgleichung heißt ....................... Funktion.
      Ihre graphische Darstellung im Koordinatensystem ergibt stets eine ……….………….
      Um den Graphen der Funktion zu zeichnen, könnte man wie folgt vorgehen: …..........
      Zeichne den Graphen der Funktion. [...]

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Vergleichende Beispielaufgaben
Grundwissen - Fischer/Peschek
   Aus den Grundkompetenzen:

 Aus der Dissertation von Kröpfl:

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Quadratische Gleichungen in den
verschiedenen Konzepten

●     Sill (Sicheres Wissen und Können): SuS „können die Lösung
     quadratischer Gleichungen der Form x²+px+q = 0 mithilfe der
     Lösungsformel bestimmen, wenn die Lösungsformel gegeben
     ist ...“
●     Drüke-Noe (Basiskompetenzen): Thema quadratische
     Gleichungen bei funktionalen Zusammenhängen inhaltlich
     begrenzt – Bremsweg
●     Fischer/Peschek (Grundkompetenzen): „Quadratische
     Gleichungen in einer Variablen umformen/lösen, über
     Lösungsfälle Bescheid wissen, Lösungen und Lösungsfälle
     (auch geometrisch) deuten können“

6. Februar 2018 | Cosh Stuttgart | Regina Bruder TU Darmstadt
Sie können auch lesen