Medizin und - Medizinische Hochschule Hannover

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Newsletter aus dem Gleichstellungsbüro

Medizin und
      Geschlecht                                                                          10 | 2020
                           Aktuelles rund um geschlechtersensible Medizin:
                           • Forschungsergebnisse
                           • Ausschreibungen
                           • Veranstaltungen
                           • Literaturempfehlungen

 1                          2                           3                             4
Umfrage zum psy-           5. Männer­­gesund­­         Osteoporose =                 Corona und Geburt
chischen Befinden          heits­konferenz             „Frauenkrankheit“?            >> S.5
und Erleben von            >> S.3                      >> S.3
unterschiedlichen
Formen von Gewalt
>> S.2

                                                                                                                |

                                                                                                    Impressum

                                                                                Herausgeberin:
                                                   Die Gleichstellungsbeauftragte Nadine Pasel
                                            Redaktion: Luzie Klüter | Layout: Dr. Maria Neumann
     Tel.: 0511 532-6521 | MedizinundGeschlecht@mh-hannover.de | www.mhh.de/gleichstellung
Medizin und
                                                                                                    10 |­ 2020 • 2
     Geschlecht

                                                          bal, körperlich, sexualisiert) in den vergangenen vier
    Liebe Leser_innen,                                    Wochen erfahren zu haben und auch, dass sie zu-
    im Folgenden stellen wir Ihnen Ausschreibungen,       genommen hat. Nach der ersten Auswertung, erfolgt
    Veranstaltungen, Forschungsergebnisse und an-         nun die zweite Welle der Erhebung, um die Langzeit-
    deres rund um „Medizin und Geschlecht“ vor.           effekte durch die Corona-Pandemie auf die seelische
    Lassen Sie uns wissen, wenn Sie Ihrerseits auf In-    Gesundheit der Bevölkerung zu untersuchen. Bisher
    teressantes zu diesem Themenfeld aufmerksam           nahmen 3.545 Freiwillige an der Studie teil, wovon
    geworden sind oder wenn Sie selbst in diesem          83 Prozent Frauen und 15,2 Prozent Männer sind.
    Bereich forschen. Ihre Informationen geben wir        Falls Sie Interesse haben an der Studie teilzuneh-
    gerne in einem späteren Newsletter weiter. Die        men, können Sie dies unter folgendem Link: https://
    bibliographischen Angaben zu den vorgestellten        ww2.unipark.de/uc/MHH_Umfrage_COVID-19/ [1].
    Beiträgen finden Sie übrigens in der Randspalte.
    Seit dem 1. August 2020 besetzt Professorin           MG In einer aktuellen Studie testeten Wissen-
    Dr. med. Dr. phil. Sabine Salloch im Rahmen           schaftler_innen der MHH die Hypothese, ob ein
    des Professorinnenprogramms III die W3-Profes-        sechsmonatiges individualisiertes Ausdauertraining,
    sur für Geschichte, Ethik und Philosophie             das teilweise am Arbeitsplatz absolviert wird, die
    der Medizin der MHH. Damit tritt sie nach lan-        Arbeitsfähigkeit von Frauen im Alter von 45-
    ger Vakanz die Nachfolge von Professorin Brigitte     65 Jahren verbessert. Dafür wurden 265 Frauen aus
    Lohff an, die bereits 2013 emeritiert wurde. Da es    verschiedenen Berufsgruppen (medizinisches und
    sich hier um die erste Regelprofessur handelt, die    technisches Personal, Verwaltung, Krankenpflege,
    im Rahmen des Professorinnenprogramms an der          Ärztin/Wissenschaftlerin) in eine Trainings- und eine
    MHH besetzt wird, werden mit dieser Berufung          Kontrollgruppe eingeteilt, um 210 Minuten Ausdau-
    auch zum ersten Mal Mittel für gezielte Gleichstel-   ertraining pro Woche zu absolvieren. Nach sechs Mo-
    lungsmaßnahmen frei. Die MHH hat sich verpflich-      naten hatten sich in der Trainingsgruppe sowohl die
    tet, diese Mittel u.a. für eine Koordinationsstelle   kardiorespiratorische Fitness, das Körpergewicht als
    im Kompetenzzentrum für geschlechtersen-              auch der Fettanteil verbessert. Die Hypothese, dass
    sible Medizin sowie für ein neu zu schaffendes        das Training am Arbeitsort und während der Arbeits-
    Mentoring Programm für Wissenschaftlerinnen in        zeiten, die Arbeitsfähigkeit von Frauen (zw. 45 und 65
    einem frühen Karrierestadium (IPM Junior) zu ver-     Jahren) verbessert, wurde also bestätigt. Weibliche
    wenden. In diesem Rahmen wird das Kompetenz-          Angestellte mit niedriger Basisarbeitsfähigkeit schei-
    zentrum für geschlechtersensible Medizin nun          nen von der Intervention besonders zu profitieren.
    nicht mehr an dem Gleichstellungsbüro angebun-        Außerdem zeigte sich, dass eine beaufsichtigte kör-
    den sein, sondern an dem Institut für Geschichte,     perliche Übungsintervention während der Arbeitszeit
    Ethik und Philosophie der Medizin. Eine enge Zu-      erfolgreicher ist als in der Freizeit zu Hause. Mit zu-
    sammenarbeit mit Professorin Salloch und der Ko-      nehmender Alterung der Erwerbsbevölkerung ist der
    ordinationsstelle wird selbstverständlich erfolgen.   Erhalt der Arbeitsfähigkeit von besonderem Interesse,
                                                          die betriebliche Gesundheitsförderung, bzw. Prä-
                                                          ventionsangebote sind also besonders wichtig. Ute
                                                          Latza, Leiterin der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
   MG Wissenschaftler_innen des Zentrums für              und Arbeitsmedizin (BAuA), betont die Wichtigkeit
   Seelische Gesundheit der MHH haben eine                der Forschung zu Fragen des gendergerech-
   Umfrage zum psychischen Befinden, Stresserleben,       ten Zugangs und der Inanspruchnahme von
   Bewältigungsmechanismen und das Erleben von            Präventionsangeboten. So konzentrierten sich
   unterschiedlichen Formen von Gewalt initiiert. Seit    die durch Krankenkassen geförderten Maßnahmen
   dem Auftreten der Corona-Pandemie gibt es einen        der Betrieblichen Gesundheitsförderung anfänglich
   deutlichen Anstieg von Stress, Angst, depressiven      vor allem auf das verarbeitende Gewerbe, in dem
   Symptomen, Schlafproblemen, Reizbarkeit und Ag-        es einen vergleichsweise hohen Männeranteil gibt.
   gression. Auffällig ist insbesondere, dass 5 Prozent   In einer Erwerbstätigenbefragung des BAuA geben
   der Teilnehmenden angaben, häusliche Gewalt (ver-      Frauen seltener als Männer an, Maßnahmen der be-
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     Geschlecht

   trieblichen Gesundheitsförderung angeboten zu be-       tiert, 2012 waren es 1,27 Milliarden Euro. Innerhalb
   kommen. Wenn Frauen Angebote gemacht wurden,            von 5 Jahren sind die Ausgaben für Präventions-
   nehmen sie diese jedoch eher an als ihre männlichen     leistungen über 40 Prozent gestiegen, wodurch sich
   Kollegen. Im Austausch mit andern Arbeitsgruppen        eine wachsende Bedeutung von Präventions- und
   entwickelte Latza eine Gender-Bias-Checkliste, die      Gesundheitsförderung zeigt. Handlungsbedarf gebe
   potenzielle Verzerrungseffekte aufgrund von Sex-/       es etwa bei den psychischen Belastungen und im
   Gender-Aspekten in arbeitsepidemiologischen Stu-        Hinblick auf Bewegungsmangel, da rund die Hälfte
   dien bewertet. Entsprechende Bestrebungen gibt es       der Erwerbstätigen inzwischen im Büro arbeitet [4].
   nun auch in der Betrieblichen Gesundheitsförderung.
   Bedarf an geschlechtersensibler Forschung besteht       MG Osteoporose gilt oft noch immer als eine Art
   aber zum Beispiel auch bei der arbeitsmedizinischen     „Frauenkrankheit“, doch dies kann zu einem dia-
   Vorsorge, beim betrieblichen Eingliederungsmanage-      gnostischen Defizit bei Männern führen. Dirk
   ment und auch bei Kompensationsleistungen [2].          Keiner geht davon aus, dass etwa jeder fünfte Mann
                                                           im höheren Lebensalter an Osteoporose erkrankt.
   MG • Im Januar 2020 fand die 5. Männergesund-           Betroffen ist jede dritte Frau, allerdings meistens im
   heitskonferenz der Bundeszentrale für gesundheit-       jüngeren Alter. Es gibt eine primäre Osteoporose, die
   liche Aufklärung (BZgA) und des Bundesministeriums      durch Hormonmangel und den Alterungsprozess be-
   für Gesundheit (BMG) statt. Thema war die Gesund-       dingt ist. Eine sekundäre ist bedingt durch Medikation
   heit und das Wohlbefinden von Männern im                und chronische Erkrankungen und tritt häufiger bei
   digitalen Zeitalter. Unter anderem wurde der            Männern auf. Da bei Männern mit einer Fraktur sel-
   Frage nachgegangen, wie Männer für Gesundheits-         tener als bei Frauen der Ursache, zum Beispiel durch
   themen durch digitale Angebote und Medien sensibi-      eine Knochendichtemessung, nachgegangen wird,
   lisiert werden können. Die Vermittlung von Gesund-      entsteht ein diagnostisches Defizit. Dies hat zur Fol-
   heitsinformationen durch neue Medien und die so         ge, dass eine u. U. notwendige Osteoporosetherapie
   entstehenden neuen Handlungsoptionen wurden mit         unterbleibt. Die Studienlage dazu ist sehr rar. Keiner
   Interessierten und Expert_innen auf der Konferenz       betont, dass im Rahmen der personalisierten Therapie
   diskutiert. In einem Parcours konnten die Teilnehmen-   die geschlechterspezifischen Aspekte bei einer chro-
   den konkrete Entwicklungen aus der Praxis erkunden      nischen Erkrankung wie der Osteoporose unbedingt
   und direkt mit den Anbieter_innen Kontakt aufneh-       zu beachten sind. Das trifft auf die Behandlung ge-
   men. Vorgestellt wurden unter anderem die Chat-Be-      nauso zu wie auf die pharmazeutische Betreuung [5].
   ratung für schwule Männer (Gay Health Chat), spiele-
   rische Ansätze zur Männergesundheit (Gamifikation)      MG In früheren Newslettern haben wir schon mehr-
   oder auch eine App zum Erkennen von Depressionen.       fach über Geschlechtsunterschiede beim Diabetes
   Auf der Webseite des Männergesundheitsportals           informiert. Eine Studie aus Ontario (Kanada) hat nun
   finden Sie weitere Informationen (Abstracts, Pow-       Erkenntnisse über eine Verbindung zwischen lan-
   erPoint-Präsentation und Graphic Recordings) [3].       gen Arbeitszeiten und Diabetes hervorgebracht.
                                                           Die bisherigen Ergebnisse zeigen ein erhöhtes Risi-
   MG Die Nationale Präventionskonferenz (NPK)             ko bei Frauen an Diabetes zu erkranken, wenn sie
   hat 2019 den alle vier Jahre erscheinenden Präven-      45 Stunden pro Woche oder mehr arbeiten. Dieser
   tionsbericht vorgelegt. Er beschreibt die Leistungen,   Zusammenhang konnte für Männer nicht gefunden
   die die an der NPK beteiligten Institutionen, dar-      werden. Die Autor_innen des Artikels empfehlen für
   unter Bund, Länder und Kommunen zur Prävention          eine gute Diabetesprävention eine regelmäßige Ar-
   und Gesundheitsförderung in Deutschland erbringen.      beitszeit zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche [6].
   Zudem bietet er konkrete Empfehlungen für die Wei-
   terentwicklung von Präventionen. Der Bericht ent-       MG Eine britische Untersuchung beschäftigt sich
   hält erstmals konkrete Zahlen zu den Ausgaben für       mit dem Krebsverlauf. Die Zeit von den ersten
   Gesundheitsförderung und Prävention. So haben die       symptomatischen Erscheinungen bis zur Krebsdiag-
   an der NPK beteiligten Institutionen 2017 über 1,8      nose (diagnostisches Intervall) ist ein wichtiger und
   Milliarden Euro in entsprechende Leistungen inves-      sich verändernder Teil des Krebsverlaufes und kann
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     Geschlecht

   durch verschiedene Faktoren wie Alter, Geschlecht         beitragen, die biologischen Basismechanismen aufzu-
   und Art der Symptome beeinflusst werden. Ziel die-        klären, die das Tumorrisiko – und seine Geschlechts-
   ser Studie war die Quantifizierung der Beziehungen        spezifität – bewirken. Außerdem kann die Translation
   des diagnostischen Intervalls zu diesen Variablen         der Ergebnisse aus Tierversuchen ein Ansatzpunkt für
   bei 15 Krebsarten. Die Wissenschaftler_innen fan-         eine wirkungsvolle geschlechtsspezifische Prävention
   den alters- und geschlechtsspezifische Unter-             und/oder therapeutische Intervention für Tumorer-
   schiede in der Zeit bis zur Diagnose bei eini-            krankungen liefern. Die Analyse der Faktoren, die das
   gen, aber nicht bei allen untersuchten Krebsarten.        geschlechtsspezifische Tumorrisiko determinieren, ist
   Mit steigendem Alter ändert sich das diagnostische        eine unabdingbare Voraussetzung für geschlechter-
   Intervall bei Blasen-, Nieren-, Lungen- und Dickdarm-     getrennte Tumorpräventionsstrategien und für eine
   krebs. Bei Frauen ändert es sich bei Blasen-, Dick-       im wahren Sinne personalisierte Tumormedizin [8].
   darm-, Magen-, Lungen- und Lymphknotenkrebs.
   Auch wenn es weitere Forschung benötigt, können           MG In einer großen biologischen Studie, die u. a. die
   diese geschlechts- und altersspezifischen Ergebnis-       Wichtigkeit vom biologischen Geschlecht erforscht,
   se bereits jetzt in die Entwicklung und Bewertung         entdeckten die Wissenschaftler_innen einen großen
   von Maßnahmen einfließen, um eine rechtzeitige            Anteil von den untersuchten Säugetiermerkmalen
   Diagnose und verbesserte Krebstherapien für alle          in den Versuchsmäusen, der vom biologischen Ge-
   Alters- und Geschlechtsgruppen zu erreichen [7].          schlecht beeinflusst ist. Sie fanden heraus, dass das
                                                             Geschlecht oft eine signifikante Quelle von Variatio-
   MG Weltweit gehören Krebserkrankungen zu                  nen und ein Modifikator der Behandlungseffekte ist.
   den häufigsten Todesursachen. Dabei ist zu beob-          Die Autor_innen betonen in einem weiteren Artikel
   achten, dass circa 20 % mehr Männer als Frauen            die Wichtigkeit der Einbeziehung von Frauen
   an Krebs erkranken. Das geschlechtsspezifische            in die biomedizinische Forschung. Sie bieten
   unterschiedliche Tumorrisiko hat sowohl soziokultu-       auch eine Lösung für die Änderung der gegenwär-
   relle als auch genetisch bedingte Gründe. Dem sozio-      tigen Standardpraxis der geschlechtsspezifischen
   kulturellen Geschlecht (Gender) zugehörige Faktoren       Verzerrung in der präklinischen Forschung an. Sie
   sind zum Beispiel der Lebensstil, wie Essensverhalten,    schlagen vor, die Theorie des organisatorischen Wan-
   Alkohol- und Tabakkonsum, der Beruf und auch die          dels als ein Instrument zu nutzen, um Strategien zu
   Inanspruchnahme von Krankheitspräventionsmaß-             entwickeln, die auf individueller und Institutsebene
   nahmen. So kann bezüglich des Übergewichts fest-          benötigt werden, um den Status Quo zu ändern und
   gehalten werden, dass es als erhöhtes Risiko gegen-       ein wissenschaftliches Umfeld zu schaffen, das auto-
   über verschiedenen Krebsarten gilt. So waren 2017         matisch geschlechtssensible Ansätze umsetzt [9].
   in Deutschland rund 52,7 Prozent der Erwachsenen-
   bevölkerung übergewichtig, wobei Männer mit einer         MG Auch die DFG hat in ihrer Stellungnahme vom
   Übergewichts- und Adipositasrate von 62,1 bzw.            23.4.2020 die Wichtigkeit der Geschlechter- und
   18,1 Prozent deutlich häufiger betroffen waren als        Vielfältigkeitsdimension in der Planung und
   Frauen (43,1 bzw. 14,6 Prozent). So betreffen rein        Durchführung von Forschungsprojekten be-
   zahlenmäßig die mit Übergewicht/Adipositas assozi-        tont und zwar unabhängig von der Disziplin. Mit der
   ierten Karzinome (Speiseröhre, Dick- und Enddarm,         Einbeziehung dieser Perspektiven in die Entwicklung
   Niere) häufiger Männer als Frauen. Weiterhin führt        von Forschungsfragen, der Hypothesen- und Theorie-
   Alkoholkonsum zu circa 10.000 zusätzlichen Krebs-         bildung gewinnen Forschungsergebnisse an wissen-
   fällen wovon 3,4 Prozent auf Männer und 0,7 Prozent       schaftlicher Qualität und werden damit ein wichtiger
   auf Frauen entfallen. Hinzukommen noch genetische         Bestandteil der Vorbereitungen eines Forschungsvor-
   Faktoren. X-chromosomale Gene können bei Frauen           habens. Die Reflektion der Bedeutung von Geschlecht
   doppelt so aktiv sein wie bei Männern, die zusätzlich     und Vielfältigkeit für die Forschung ist nun auch Teil
   Y-chromosomale Gene aufweisen. Durch hormonelle           der DFG „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaft-
   Einflüsse unterscheidet sich die Aktivität der Gene auf   licher Praxis“ (2019) [10].
   den Autosomen bei Männern und Frauen. Genom-
   weite Assoziationsanalysen sollen langfristig dazu
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     Geschlecht

   MG In ihrem Artikel beschreiben Gogos et al. die            MG Aufgrund der aktuellen Corona-Situation und
   geschlechtsspezifischen Unterschiede in Be-                 die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen
   zug auf Prävalenz, Ausbruch, Symptomprofile                 kann es je nach Krankenhaus sein, dass Schwangere
   und Krankheitsausgang, die sich bei drei psych-             teilweise alleine bei der Geburt sind. Doch Begleit-
   iatrischen Störungen zeigen: Schizophrenie, bi-             personen sind wichtig, um die Frau bei der Geburt und
   polare Störung (BD) und posttraumatische                    in den folgenden Tagen zu unterstützen. Ängste von
   Belastungsstörung (PTSD). Auf der Grundlage                 Schwangeren, die von Fachleuten zunehmend beob-
   ihrer Erkenntnisse scheint die Variation der weib-          achtet werden, werden durch diese kompensiert und
   lichen Hormone bei Schizophrenie, BD und PTSD               eine mögliche Isolation überwunden. Alleingeburten
   zu ähnlichen Symptomprofilen zu führen. Eine Er-            können unter Umständen pathologische, interven-
   klärung dieser Geschlechtsunterschiede sind Gona-           tionsreiche und mitunter traumatisierende Verläufe
   denhormone. In dem Artikel werden die klinischen            begünstigen. Besonders gefährdet sind psychisch
   Belege für eine Dysregulation von Östradiol und             vorbelastete Frauen mit Ängsten, Traumatisierungen
   Progesteron bei Frauen mit diesen psychiatrischen           und Depressionen. Auch im Wochenbett könnten ab-
   Störungen ausführlich beschrieben und der Schluss           geschlossene Familienzimmer möglich gemacht wer-
   gezogen, dass niedrige Östradiolspiegel das Ri-             den. Wenn Kliniken Partner_innen den Zutritt verwei-
   siko der Krankheitsentwicklung erhöhen und die              gern, sollten sich Familien Unterstützung und Hilfe bei
   Schwere der Symptome verschlimmern können.                  ihrer_ihrem Frauenärzt_in oder Hebamme holen [13].
   Darüber hinaus fordern die Autor_innen, Forscher_
   innen und Kliniker_innen dazu auf, zumindest an-            MG Das QueerNetzwerk der Charité hat ge-
   zuerkennen, dass es geschlechtsspezifische Unter-           meinsam mit dem Bundesverband Trans* e.V.
   schiede gibt. Geschlechtsunterschiede wurden bei            ein Erklärvideo produziert, welches für einen inter*-
   vielen Krankheiten beobachtet, von psychiatrischen          und trans*-freundlichen Umgang in der Medi-
   Störungen bis hin zu Demenz und Stoffwechsel-               zin sensibilisieren soll. Das Video ist unter folgendem
   störungen, was die Notwendigkeit unterstreicht,             Link sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch verfüg-
   das Geschlecht in allen Bereichen der präklinischen         bar: 10.17169/refubium-27253. In diesem Rahmen
   Forschung zu berücksichtigen. Daher sollten zu-             möchten wir Ihnen auch den Erklärfilm der FU Berlin
   künftige Studien in Bezug auf das Geschlecht aus-           zu gender- und diversitätsbewusste Lehre vor-
   gewogen sein, und in der Klinik müssen Frauen               stellen. In dem Video wird u. a. gezeigt warum gen-
   möglicherweise vor Beginn der Behandlung nach               der- und diversitätsbewusste Hochschullehre wichtig
   ihrem Hormonstatus eingruppiert werden [11].                ist und was es für unterschiedliche Ansatzpunkte für
                                                               gute Lehre gibt. Schauen Sie doch mal dort vorbei,
   MG Wissenschaftler_innen konnten ein Tiermodell             vielleicht finden Sie neue Ideen für Ihre Lehre [14]!
   für die genetische Dissektion der multiplen Zysten-
   bildung aufstellen. Es ist ihnen gelungen drei Quan-
   titative Trait Loci zu identifiziert, die mit der kutanen    Haben Sie schon gewusst, dass…
   Zystenbildung assoziiert sind, darunter auch der Ho-
   molog eines menschlichen Locus (TRICY1). Sie haben           …die Deutsche Gesellschaft für Geschlechtsspezi-
   unter anderem eine Studie über die genetische Archi-         fische Medizin e.V. die Weiterbildung als Gen-
   tektur der geschlechtsabhängigen Schilddrü-                  dermediziner*in anbietet? Es gibt einen prakti-
   senkrebsentwicklung durchgeführt. Von den 142                schen und einen theoretischen Teil der Fortbildung.
   männlichen und 140 weiblichen Ratten wiesen 117              Weitere Informationen finden Sie auf folgender
   (82%) bzw. 63 (45%) kutane Zysten auf. Darüber hi-           Webeseite: https://www.dgesgm.de/aus-weiter-
   naus neigten männliche Ratten dazu, mehr kutane              bildungen.html.
   Zysten pro Tier zu entwickeln als weibliche Ratten.
   Zukünftige Studien dieses Modells und Korrelationen
   mit menschlichen Daten werden wahrscheinlich die
   Gene identifizieren, die für die Bildung von Haut-
   zysten prädisponieren und daran beteiligt sind [12].
Medizin und
                                                                                                                                            10 |­ 2020 • 6
     Geschlecht

   Quellen:                                                                               of how to change the status quo. British Jour-
                                                                                          nal of Pharmacology. DOI: 10.1111/bph.14539.
   1. h t t p s : / / w w w. m h h . d e / k l i n i ke n - u n d - s p e -
      z i a l z e n t r e n / k l i n i k - f u e r- p s y c h i a t r i e - s o -   10. https://www.dfg.de/download/pdf/foerde-
      zialpsychiatrie-und-psychotherapie/                                                rung/grundlagen_dfg_foerderung/vielfa-
      blog/buehne-ankuendigungen#c22295                                                  eltigkeitsdimensionen/stellungnahme.pdf.
   2. Stenner, H.T., Eigendorf, J., Kerling, A. et al. (2020):                       11. Gogos, Andrea/Ney, Luke/Seymour, Natasha/
      Effects of six month personalized endurance trai-                                  Van Rheenen, Tamsyn E./Felmingham, Kim L.
      ning on work ability in middle-aged sedentary wo-                                  (2019): Sex differences in schizophrenia, bipolar
      men: a secondary analysis of a randomized con-                                     disorder, and post‐traumatic stress disorder:
      trolled trial. Journal of Occupational Medicine and                                Are gonadal hormones the link? British Jour-
      Toxicology. DOI: 10.1186/s12995-020-00261-4                                        nal of Pharmacology. DOI: 10.1111/bph.14584.
      sowie https://gendermed.info/Prof-Ute-Latza-
      Nichts-spricht-gegen-die-Frau.2254.0.2.html.                                   12. Cosgarea, Ioana/Koelsch, Bernd/Fischer, Chris-
                                                                                         tine/Griewank, Klaus G./van den Berg, Linda/
   3. https://www.maennergesundheitsportal.de/ver-                                       Kutritz, Anja/Schadendorf, Dirk/Kindler-Röhr-
      anstaltungen/5-maennergesundheitskonferenz/.                                       born, Andrea. DOI: 10.1016/j.jid.2019.03.1154.
   4. https://www.gkv-spitzenverband.de/media/                                       13. https://www.arbeitskreis-frauengesund -
      dokumente/krankenversicherung_1/praeven-                                           heit.de/2020/04/01/bei-geburten-sind-
      tion__selbsthilfe__beratung/praevention/prae-                                      auch-in-der-corona-krise-die-partner-ge-
      vention_npk/praeventionsbericht_1/NPK-Pra-                                         f r a g t - p r e s s e i n f o r m a t i o n - d e r- d g p f g / .
      ventionsbericht_2019_WEB_barrierefrei.pdf
                                                                                     14. ttps://www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/
   5. https://gendermed.info/Dr-Dirk-Keiner-M-                                           toolbox/1-Starterkit/1-Erklaerfilm/index.html.
      nnliche-Osteoporose-ndash.2257.0.2.html.
   6. Gilbert-Ouimet, Mahée/Huiting, Ma/Glazier, Rick                                 TEDx Talk:
      et al. (2018): Adverse effect of long work hours
      on incident diabetes in 7065 Ontario workers fol-                               Gender and Sex Conscious Medicine:
      lowed for 12 years. BMJ Open Diabetes Research                                  www.youtube.com/watch?v=Il5lEsKyPRA.
      and Care. DOI: 10.1136/bmjdrc-2017-000496.                                      Podcasts:
   7. Din, Nafees U./Ukoumunne, Obioha/Rubin, Greg                                    Dieses Jahr fand der Kongress Armut und Gesund-
      et al. (2015): Age and Gender Variations in Cancer                              heit leider nicht wie gewohnt statt, doch es gibt
      Diagnostic Intervals in 15 Cancers:Analysis of Data                             zahlreiche Informationen auf der Webseite, zum
      from the UK Clinical Practice Research Datalink.                                Beispiel den Public Health Podcast „Armut und
      PLoS One. DOI: 10.1371/journal.pone.0127717.                                    Gesundheit“, bei dem die Folgen 14 bis 16 einen
   8. https://www.aerzteblatt.de/archiv/212910/                                       Gender-Fokus haben. Schauen Sie doch einmal
      Krebsrisiko-Bei-Frauen-und-Maennern-unter-                                      vorbei und erfahren Sie Neues über systemrele-
      schiedlich-ausgepraegt sowie https://de.sta-                                    vante Gruppen, den §218/§219 oder auch Woh-
      tista.com/statistik/daten/studie/233449/                                        nungsnot: https://www.armut-und-gesundheit.de/
      umfrage/entwicklung-von-uebergewicht-und-                                       podcast.
      adipositas-in-deutschland-bei-maennern/.                                        Einen weiteren interessanten Podcast finden Sie
   9. Karp, Natasha/Mason, Jeremy/Beaudet, Arthur L.                                  auf der Seite https://feminem.org/series/closing-
      et al. (2017): Prevalence of sexual dimorphism                                  the-gap/ , bei dem es um verschiedenste Themen
      in mammalian phenotypic traits. In: Nature                                      geht. Sei es „Gender Bias Affects Patient Care“
      Communications. DOI: 10.1038/ncomms15475                                        oder „Implicit Bias Leads to Inequalities in the
      sowie Karp, Natasha/Reavey, Neil (2019): Sex                                    Workplace“ sowie vieles mehr.
      bias in preclinical research and an exploration
Medizin und
                                                                                                    10 |­ 2020 • 7
     Geschlecht

                                                                son why, according to scientists: https://
    Literaturempfehlungen:                                      www.weforum.org/agenda/2020/06/covid19-
    •   Cosgarea, Ioana/Koelsch, Bernd/ Fischer, Chris-         mortality-rates-men-women/?utm_sour-
        tine/Griewank, Klaus G./van den Berg, Linda/            ce=sfmc&utm_medium=email&utm_cam-
        Kutritz, Anja/Schadendorf, Dirk/Kindler-Röhr-           paign=2723288_Agenda_weekly-19Ju-
        born, Andrea (2019): An Animal Model of                 ne2020&utm_term=&emailType=Newsletter.
        Cutaneous Cyst Development Enables the              •   Oertelt-Prigione, Sabine (2020): Putting gender
        Identification of Three Quantitative Trait Loci,        into sex- and gender-sensitive Medicine. DOI:
        Including the Homologue of a Human Locus                https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2020.100305.
        (TRICY1). Journal of Investigative Dermatology.
        DOI: 10.1016/j.jid.2019.03.1154.
                                                            •   Smith, Julia (2019): Overcoming the ‘tyranny of
    •   Döll, Michaela (2020): Frauenherzen schlagen            the urgent’: integrating gender into disease out
        anders. Warum Frauen in der Medizin falsch be-
        handelt werden und wie sie die richtige Thera-      Veranstaltungen:
        pie bekommen.
                                                            •   Gesundheit in der Pflege – gute Projekte im Fo-
    •   Feiler, Julia (2020): Social Freezing – Reproduk-
                                                                kus, 8. Oktober 2020, Sarstedt.
        tionsmedizin im Spannungsfeld zwischen Risi-
        ko, Moral und Verantwortung.
                                                            •   Gesundheitsförderung auf dem Land, 27. Okto-
    •   Hornberg, Claudia/Pauli, Andrea/Wrede, Britta           ber 2020 (online)
        (2018): Gendersensibilität und Geschlechter-
        wissen als Kernkompetenz in der Medizin.            •   XXX. Suchtkonferenz 2020, 27. Oktober 2020
        Voraussetzung und Chance für eine geschlech-            (online)
        tergerechte Gesundheitsversorgung. In: Gass-
        ner, Ulrich/Hayek, Julia von/Manzei, Alexandra/     •   Satellitensymposium „Osteoporose – Mythen
        Steger, Florian: Geschlecht und Gesundheit.             und Fakten“,6. November 2020, Hygienemu-
        Gesundheitsforschung. Interdisziplinäre Pers-           seum Dresden.
        pektiven.
                                                            •   #FemHealth2020: Digitalisierung und Frauen-
    •   Kindler-Röhrborn, Andrea (2020): Krebsrisiko:           gesundheit, 7. November 2020, Hygienemu-
        Bei Frauen und Männern unterschiedlich ausge-           seum Dresden.
        prägt. DOI: 10.3238/PersOnko.2020.03.13.02.
    •   Legato, Marianne (2017): Principles of Gender       •   10. Interdisziplinärer Niedersächsischer Dokto-
        Specific Medicine. 3. Auflage.                          rand_innentag Gender Studies der LAGEN, 12.
                                                                November 2020 (Digitales Veranstaltungsfor-
    •   McGregor, Alyson J. (2020): Sex Matters: How            mat).
        Male-Centric Medicine Endangers Women’s
        Health and What We Can Do About It.                 •   LAGEN-Jahrestagung „Geschlechterforschung
                                                                in Transformation - Inhalte, Strukturen und Pro-
    •   Moeser, Adam (2020): COVID-19 affects men               zesse“, 13. November 2020.
        more than women and this could be the rea-
Medizin und
                                                                     10 |­ 2020 • 8
     Geschlecht

                  Gleichstellungsbüro der MHH

                  OE 0013
                  K 5-S0 Personaleingang, 1. Gang links
                  Fax: 0511 532-3441
                  Gleichstellung@mh-hannover.de
                  www.mh-hannover.de/Gleichstellung.html

                  Nadine Pasel
                  Die Gleichstellungsbeauftragte
                  Tel.: 0511 532-6501

                  Iris Wieczorek
                  Assistenz der Gleichstellungsbeauftragten
                  Koordinatorin Ellen-Schmidt-Programm
                  Tel.: 6501

                  Luzie Klüter
                  Referentin der Gleichstellungsbeauftragten
                  Tel.: 6521

                  Sina Eilering
                  Ansprechpartnerin für sexualisierte Diskriminie-
                  rung und Gewalt; pflegende Angehörige
                  Tel.: 6474

                  Andrea Klingebiel
                  Koordinatorin audit familiengerechte hochschule,
                  Familien-LOM
                  Tel.: 6474

                  Claudia Froböse
                  Koordinatorin Gleichstellung in DFG-Forschungs-
                  verbünden
                  Tel.: 6502

                  Ina Pidun
                  Koordinatorin DigiMedfF
                  Tel. 6521

                  Dr. Maria Neumann
                  Koordinatorin Ina-Pichlmayr-Mentoring
                  Tel.: 6502
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